Baurecht

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Aktenzeichen  RO 2 K 17.782

Datum:
3.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39992
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 14 Abs. 1
BV Art. 103 Abs. 1
BayStrWG Art. 6

 

Leitsatz

Tenor

I.    Der Beklagte wird verurteilt, es zu dulden, dass der Kläger die Straßenbestandteile der Ortsstraße MO … entfernt, soweit sie sich auf seinem Grundstück FlNr. 132 Gemarkung … befinden.
II.    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III.    Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger kann beanspruchen, dass der Beklagte die Entfernung der Straßenbestandteile, die auf seinem Grundstück liegen, duldet.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere als allgemeine Leistungsklage statthaft. Sie ist gerichtet auf schlicht-hoheitliches Handeln (Duldung) des Beklagten. Als Eigentümer des von Straßenbaumaßnahmen betroffenen Grundstücks kann der Kläger die auch im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage erforderliche Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) geltend machen (vgl. Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz – GG -, Art. 103 Abs. 1 Bayerische Verfassung – BV -).
Auch liegt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Klage vor. Der Kläger hat beim Beklagten einen Antrag auf Beseitigung der Verkehrsfläche, die auf seinem Grundstück liegt, gestellt. Der Beklagte hat nicht nur diesen Antrag abgelehnt, sondern macht auch geltend, dass der Kläger die Verkehrsfläche auf seinen Grundstück dauerhaft hinzunehmen habe. Da dem Kläger nicht gestattet ist, eine verbotene Selbsthilfe (§ 229 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -) vorzunehmen, ist er daher auf gerichtliche Klärung und Durchsetzung seines Duldungsanspruchs angewiesen. Durch das vorliegende Gerichtsverfahren, dessen Gegenstand der vom Kläger erhobene Duldungsanspruchs ist, wird verbotene Selbsthilfe gerade ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 10.01.2013 – 8 B 12.305 -, juris Rn. 20).
2. Die Klage ist auch begründet, denn der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Duldung der Entfernung derjenigen Straßenbestandteile der Orts straße MO …, die auf seinem Grundstück FlNr. 132 liegen.
2.1 Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger gegen den Beklagten auch einen Folgenbeseitigungsanspruch dahingehend geltend machen kann oder konnte, dass der Beklagte zur Beseitigung der streitgegenständlichen Verkehrsfläche verpflichtet ist. Insbesondere kann offenbleiben, ob ein solcher Anspruch verjährt ist. Der Kläger hat zum Gegenstand seiner Klage ausschließlich einen Anspruch auf Duldung des Beklagten hinsichtlich der Entfernung der betreffenden Straßenbestandteile durch den Kläger selbst als Eigentümer des Grundstücks gemacht. Der Duldungsanspruch ist dabei kein „minus“ zum Folgenbeseitigungsanspruch, sondern ein „aliud“. Er verlangt vom Hoheitsträger nämlich gerade nicht, die Folgen seines rechtswidrigen Vorgehens zu beseitigen, sondern lediglich hinzunehmen, dass vom Eigentümer selbst ein rechtmäßiger Zustand wiederhergestellt wird (vgl. BVerwG, B.v. 12.07.2013 – 9 B 12/13 -, juris Rn. 5). Ein derartiger Duldungsanspruch unterliegt – anders als der Folgenbeseitigungsanspruch – nicht der Verjährung. Er ist auf die Herstellung des Gebrauchs des Eigentumsrechts gerichtet und dessen unmittelbarer Inhalt. Kraft der grundgesetzlichen Gewährleistung verjähren das Recht am Eigentum und die Ausübung dieses Rechts jedoch nicht. Im Zivilrecht ergibt sich das aus § 902 BGB (vgl. BVerwG, B.v. 12.07.2013 – 9 B 12/13 -, juris Rn. 5 m.w.N.). Dementsprechend ist auch in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu öffentlich-rechtlichen Anlagen, die rechtswidrig verlegt oder errichtet wurden, anerkannt, dass der in seinem Eigentum Gestörte auch nach Eintritt der Verjährung eines Beseitigungsanspruchs die Beseitigung des rechtswidrig geschaffenen Zustands auf eigene Kosten durchführen darf. Dies gilt auch bei nicht gewidmeten Straßenteilen (vgl. BayVGH, B.v. 10.01.2013 – 8 B 12.305 -, juris Rn. 19).
2.2 Der Beklagte hat die Beseitigung der streitgegenständlichen Straßenbestandteile durch den Kläger zu dulden:
2.2.1 Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass eine Teilfläche der Fahrbahn der Gemeinde straße MO …, einer Orts straße i.S.d. Art. 46 Nr. 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG), auf dem Grundstück FlNr. 132 des Klägers liegt. Entgegen der Annahme des Beklagten handelt es sich dabei jedoch insoweit nicht um eine nach Art. 6 Abs. 1 BayStrWG gewidmete Verkehrsfläche. Nach den Angaben des Beklagten, die in Einklang mit den vorgelegten Unterlagen stehen, wurde die Straße erstmals feststellbar mit Verfügung vom 15.12.1991 als Orts straße gewidmet. Über frühere Widmungen liegen weder Erkenntnisse noch Unterlagen vor. Sowohl die Widmungsverfügung als auch die darauf fußende Eintragung in das Bestandsverzeichnis weisen als von der Widmung betroffene Grundstücke ausschließlich die FlNrn. 37 und 122 (teilweise) aus. Das Grundstück des Klägers FlNr. 132 ist darin aber nicht genannt. Die Widmung einer Straße entfaltet ihre Rechtswirkungen regelmäßig nur für solche Grundstücke, deren Flurnummern in der Widmungsverfügung ausdrücklich aufgeführt sind. Damit soll bei unklarem Wegeverlauf ein Hinausgreifen auf nicht gewidmetes, also unbelastetes Privateigentum verhindert werden (vgl. BayVGH, B.v. 09.01.2018 – 8 ZB 17.473 -, juris Rn. 15). Dies ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil der Widmungsakt das bürgerlich-rechtliche Eigentum an dem Straßengrundstück zu einer weitgehend inhaltsleeren Hülse reduziert. So bestimmt Art. 13 Abs. 1 BayStrWG, dass dem Träger der Straßenbaulast, selbst wenn er nicht Eigentümer der für eine (gewidmete) Straße in Anspruch genommenen Grundstücke ist, die Ausübung der Rechte und Pflichten des Eigentümers einschließlich der Befugnisse aus Art. 22 (Sondernutzungen nach bürgerlichem Recht) in dem Umfang zustehen, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert. Auch berühren bürgerlich-rechtliche Verfügungen oder Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung über das der Straße dienende Grundstück die Widmung nach Art. 6 Abs. 5 BayStrWG nicht (vgl. BayVGH, U.v. 15.09.1999 – 8 B 97.1349 -, juris Rn. 41). In Ausnahmefällen kann es zwar genügen, wenn der Verlauf und Umfang des Wegs eindeutig festliegen, etwa durch eine Beschreibung oder durch die Darstellung in einem Lageplan oder in einer Karte (BayVGH, B.v. 15.03.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 12). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Flurbereinigungsplan vom 28.09.1970 und der hierzu von Beklagtenseite vorgelegten Karte eindeutig, dass die Ortstraße lediglich auf dem genannten Grundstück FlNrn. 37 und einem (früheren) Teil der FlNr. 122 (Straßengrundstück) anzulegen war. Dabei handelt es sich um eine gemeinschaftliche Anlage i.S.d. § 39 Abs. 1 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG). Von Festsetzungen des bestandskräftigen Flurbereinigungsplans, die im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten oder im öffentlichen Interesse getroffen wurden, kann die Gemeinde im Übrigen ohnehin nicht ohne Weiteres abweichen, wie sich aus § 58 Abs. 4 FlurbG ergibt. Die Widmung der Ortsstraße OS … (nun MO …) und ihre Eintragung unter Nr. 129 im Bestandsverzeichnis entsprechen den Vorgaben des Flurbereinigungsplans und es ist in keiner Weise ersichtlich, dass, wie und in welchem Umfang sie ausnahmsweise auch die nicht genannte FlNr. 132 erfassen sollte und könnte. Insbesondere bestehen hinsichtlich der erfassten Flächen keine Unklarheiten, die ein ausnahmsweises Abweichen von dem Grundsatz rechtfertigen könnten, dass eine Widmung ausschließlich die mit Flurnummern bezeichneten Grundstücke erfasst.
Der Einwand des Beklagten, der Kläger bzw. sein Rechtsvorgänger hätten der Widmung zugestimmt, jedenfalls aber nicht widersprochen, ist insoweit schon deshalb unbehelflich, weil eine Widmung der streitigen Fläche gerade nicht verfügt wurde. Eine tatsächliche oder konkludente Widmung einer Straße gibt es nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz nicht (vgl. BayVGH, B.v. 15.03.2017 – 8 ZB 15.1610 -, juris Rn. 11 m.w.N.). Selbst eine vorliegende Zustimmung des Grundstückseigentümers, einen Verkehrsweg auf seine Eigentumsfläche zu erstrecken, macht den nach Art. 6 Abs. 2 BayStrWG erforderlichen förmlichen Widmungsakt nicht entbehrlich.
Eine (fiktive) Widmung der streitigen Fläche nach Art. 6 Abs. 8 BayStrWG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Wird eine Straße verbreitert, begradigt, unerheblich verlegt oder ergänzt, so gilt danach der neue Straßenteil durch die Verkehrsübergabe als gewidmet, sofern die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 BayStrWG vorliegen. Die Regelung dient als Ausnahme vom Grundsatz der Formstrenge der Widmung der Verwaltungsvereinfachung bei lediglich unwesentlichen Änderungen einer Straße. Die Vorschrift setzt daher ihrem Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck nach voraus, dass die gennannten Maßnahmen an einer bereits bestehenden und gewidmeten Straße durchgeführt werden. Sie ist aber nicht anwendbar auf Straßen, deren Verlauf von der Widmung von vornherein nicht erfasst wird und die von Anfang an auf der falschen Grundstücksfläche angelegt wurden. Darin liegt ein hoheitlicher Eingriff in fremdes Eigentum, ohne dass es dabei auf ein willentliches Moment oder ein Verschulden der Bediensteten der Beklagten ankommt (vgl. BayVGH, U.v. 15.09.1999 – 8 B 97.1349 -, juris Rn.34). Die erstmalige Herstellung einer Straße auf einer Trasse (vor ihrer Widmung) ist weder eine Verbreiterung, noch eine Begradigung, unerhebliche Verlegung oder Ergänzung und fällt daher nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 8 BayStrWG. Erfolgt die grundlegende Widmung nach Herstellung der Straße (vgl. Art. 47 Abs. 2 BayStrWG), bedarf es keiner verwaltungsvereinfachenden Widmungsfiktion. Vielmehr muss die Widmungsverfügung alle Flächen und Bestandteile der Straße, die die Eigenschaft als öffentliche Verkehrsfläche erhalten sollen, mit der erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit umfassen. Der Beklagte selbst beruft sich darauf, dass die streitgegenständliche Fahrbahn bereits in den 1970er Jahren im Rahmen des damaligen Flurbereinigungsverfahrens angelegt wurde. Wann sie asphaltiert wurde, kann allerdings nicht mehr nachvollzogen werden. Später sei lediglich eine Einmündung etwas verbreitert worden. Aber auch dies geschah nach Lage der Dinge bereits vor der Widmung im Jahr 1991. Spätere Veränderungen der Fahrbahn namentlich im Bereich des klägerischen Grundstücks sind dem Beklagten nicht bekannt und auch nicht ersichtlich. Damit ist kein Anwendungsfall des Art. 6 Abs. 8 BayStrWG dargetan. Vielmehr spricht alles dafür, dass beim Bau der Straße – jedenfalls aber bei der Asphaltierung – die räumlichen Festlegungen des Flurbereinigungsplans und die Grundstücksgrenzen nicht beachtet wurden und das Grundeigentum des Klägers bzw. seines Rechtsvorgängers widerrechtlich in Anspruch genommen wurde. Zudem erfordert auch eine fiktive Widmung nach Art. 6 Abs. 8 BayStrWG, dass die Verfügungsbefugnis des Straßenbaulastträgers i.S.d. Art. 6 Abs. 3 BayStrWG vorliegt, was ebenfalls nicht anzunehmen ist. Schließlich ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Widmungsfiktion des Art. 6 Abs. 8 BayStrWG in zeitlicher Hinsicht ohnehin nur für unwesentliche Änderungen des Straßenverlaufs greift, die nach Inkrafttreten des vierten Straßenrechtsänderungsgesetzes am 01.10.1981 vorgenommen worden sind. Solche sind aber nicht feststellbar. Zudem muss auch bei der Widmungsfiktion der neu hinzukommende Straßenteil in das Straßen- oder Bestandsverzeichnis eingetragen werden, sofern keine Ausnahme nach der Verzeichnisverordnung vorliegt (vgl. Häußler in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 6 Rn. 83). Vorliegend wird der auf dem klägerischen Grundstück liegende Fahrbahnteil jedoch weder von der Widmung 1991 erfasst, noch ist er aus dem Bestandsverzeichnis ersichtlich.
Die Frage, ob es sich bei der streitigen Fläche um eine „tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche“ handelt, ist für das Vorliegen einer Widmung unerheblich. Seit Inkrafttreten des BayStrWG können öffentliche Straßen i.S.d. des Art. 1 BayStrWG nur durch Widmung nach Art. 6, 67 Abs. 4 BayStrWG entstehen. Wie bereits dargelegt, gibt es nach dem BayStrWG keine tatsächliche oder konkludente Widmung einer Straße. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Kläger oder sein Rechtsvorgänger diesen Zustand über Jahre geduldet haben, was ohnehin fraglich ist (s.u.). Die verfügte und im Bestandsverzeichnis eingetragene Widmung der Orts straße MO … erfasst mit ihrem räumlichen Geltungsbereich das klägerische Grundstück nicht, unbeschadet der Frage, ob seine Einbeziehung in die Widmung rechtlich zulässig gewesen wäre.
2.2.2 Die Orts straße MO … des Beklagten, die ausschließlich auf den im Bestandsverzeichnis genannten Grundstücken verlaufen müsste, nimmt in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung auf einer größeren Fläche das von der Widmung nicht erfasste Grundstück des Klägers in Anspruch. Dies stellt einen hoheitlichen Eingriff in das Eigentum des Klägers dar. Der Beklagte ist insoweit – jedenfalls nach Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens – sowohl als zuständige Straßenbaubehörde (Art. 10 Abs. 1, 58 Abs. 2 Nr. 3 BayStrWG) als auch als Straßenbaulastträger (Art. 47 Abs. 1 BayStrWG) dafür verantwortlich, dass die Grenzen des gewidmeten Straßengrundstücks eingehalten werden. Er ist dem Grunde nach zur Beendigung dieses noch andauernden rechtswidrigen Zustands verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob die Straße von vorneherein auf dem Grundstück des Klägers angelegt wurde oder ob sich diese erst im Nachhinein – etwa im Zuge von Erneuerungs- und Unterhaltsmaßnahmen – verlagert hat. Dementsprechend hat er auch die Beseitigung der Eigentumsstörung durch den Kläger selbst zu dulden.
2.2.3 Der Beklagte kann der Forderung des Klägers auch nicht entgegenhalten, dieser sei weiterhin zur Duldung des bestehenden Zustands verpflichtet.
Soweit der Beklagte geltend macht, der Vater des Klägers sei als sein Rechtsvorgänger mit der Errichtung der Straße auf dem Grundstück FlNr. 132 einverstanden gewesen, gibt es hierfür keine Belege oder auch nur hinreichenden Anhaltspunkte. Insoweit trägt der Beklagte die materielle Beweislast. Sein Vorbringen ist aber nicht geeignet, eine Zustimmung des damaligen Grundstückseigentümers i.S.d. Art. 6 Abs. 3 BayStrWG zu belegen. Der Beklagte stützt sich zum einen darauf, dass der Vater des Klägers als Grundstückseigentümer Kenntnis vom Überbau gehabt haben müsse, und zum anderen, dass er bei dem Flurbereinigungsverfahren Funktionsträger gewesen sei.
Sollte eine Zustimmung i.S.d. Art. 6 Abs. 3 BayStrWG des damaligen Eigentümers zur Inanspruchnahme seines Grundstücks für Zwecke der Straßenbaus vorgelegen und nach wie vor Geltung haben, könnte sich eine Duldungspflicht seines Rechtsnachfolgers möglicherweise dann ergeben, wenn der Beklagte zur Widmung des Straßenbestandteils noch berechtigt wäre. Eine solche Situation liegt aber nicht vor. Die Zustimmung des Eigentümers zur Widmung einer Straße auf seinem Grundstück ist eine empfangsbedürftige, grundsätzlich nach Zugang unwiderrufliche Willenserklärung, für die keine Form vorgeschrieben ist. Auch wenn sie dem öffentlichen Recht angehört, sind bei ihrer Auslegung die Grundsätze der §§ 133 ff. BGB anwendbar. Aus der Formfreiheit der Zustimmung folgt, dass sie sowohl schriftlich als auch mündlich als auch nonverbal, z. B. durch schlüssiges Verhalten, gegeben werden kann. In einem solchen Fall muss dann mangels eindeutiger sprachlicher Festlegung die Sinnbestimmung eines Erklärungsinhalts durch den konkreten Geschehenszusammenhang unter der Berücksichtigung der Verkehrssitte erfolgen. So liegt selbst bei einem fehlenden Erklärungsbewusstsein eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werde. Schon im Hinblick auf die erheblichen Auswirkungen der Zustimmung für den Grundstückseigentümer muss ihr aber ein dem Art. 6 Abs. 3 BayStrWG entsprechender Erklärungsinhalt eindeutig und unzweifelhaft zu entnehmen sein, d.h., die – ausdrücklich oder konkludent gegebene – Zustimmung muss das Einverständnis des Grundstückseigentümers enthalten, dass auf einer näher bestimmten Fläche mit seiner Billigung öffentlicher Verkehr stattfinden soll und die Zustimmung zur Widmung erteilt wird. Ist eine Erklärung in sich widersprüchlich oder nicht hinreichend klar, so kann sie nicht die Voraussetzungen für eine straßenrechtliche Widmung bilden (vgl. BayVGH, U.v. 28.08.2002 – 8 B 97.2432 -, juris Rn. 15 m.w.N.). Vorliegend kann schon nicht unterstellt werden, dass der Vater des Klägers den Überbau in sein Grundstück bei Anlegung der Straße bemerkt hat, zumal der Überbau lediglich einen Randbereich des großen Grundstücks in Anspruch nimmt. Es erschließt sich daher schon nicht, worin eine (ausdrückliche oder konkludente) Erklärung im vorgenannten Sinne gesehen werden könnte. Nach dem Vortrag des Klägers wurde seinem Vater dieses Grundstück auch erst im Rahmen der Flurbereinigung zugewiesen. Dass der Vater des Klägers oder auch dieser selbst von dem bogen- und streifenförmigen Überbau tatsächlich Kenntnis hatten, ist nicht belegt, auch nicht mit hinreichenden Indizien. Die bloße Kenntnis vom Straßenverlauf genügt nicht, denn eine (allseitig) fehlerhafte Vorstellung über den Grenzverlauf ist keineswegs ausgeschlossen oder auch nur unwahrscheinlich, zumal die maßgeblichen Grenzzeichen beim Straßenbau (oder bereits vorher) offensichtlich verdeckt bzw. entfernt wurden. So ging auch der Beklagte selbst bis zum Hinweis des Klägers im Jahr 2015 davon aus, dass die Straße die Grenzen des Grundstücks FlNr. 37 einhalten würde. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, der Vater des Klägers hätte von dem Überbau Kenntnis haben müssen, stellt sich dies nicht nur als bloße Behauptung dar. Vielmehr ist dem Beklagten insoweit entgegenzuhalten, dass offensichtlich der für die ordnungsgemäße Anlegung allein verantwortliche Straßenbaulastträger auch in früheren Jahren ebenfalls keine Kenntnis von der Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks hatte und weder der Straßenbaulastträger noch die Straßenbaubehörde entgegen ihrer Verpflichtung dafür Sorge trugen, dass die Straße nur auf dem hierfür vorgesehenen und zur Verfügung stehenden Grundstück errichtet wird. Auch sah der Beklagte, der den Straßenverlauf ebenfalls kannte, offenkundig über die Jahre hinweg keine Veranlassung, den Grenzverlauf nachzuprüfen. So spricht das Verhalten des Beklagten selbst eindeutig dafür, dass er auch im Zeitpunkt der Widmung 1991 keine Kenntnis vom Übergreifen der Straße in das Grundstück des Klägers hatte oder er sich zumindest bewusst war, dass diese Fläche nicht zu widmen war. Er ging bei der Widmungsverfügung 1991, also über ein Jahrzehnt nach Anlegung der Straße, offensichtlich ebenfalls davon aus, dass nur seine Grundstücke FlNrn. 37 und 122 betroffen und zu widmen sind. Ansonsten wäre seine Verfügung, die das Grundstück FlNr. 132 gerade nicht (auch nicht teilweise) einbezieht, schlichtweg unverständlich. Im Übrigen ist eine Gemeinde straße nach Art. 47 Abs. 2 BayStrWG zu widmen, wenn sie „ordnungsgemäß hergestellt“ ist. Auch daraus lässt sich schließen, dass die Straßenbaubehörde bei der Widmung davon ausging, die Straße sei ordnungsgemäß auf den hierfür vorgesehenen und in der Widmung genannten Grundstücken hergestellt worden. Zudem spricht die 1991 ausdrücklich auf die Grundstücke FlNrn. 37 und 122 beschränkte Widmung ebenfalls deutlich dagegen, dass gegenüber dem Beklagten die erforderliche Zustimmung i.S.d. Art. 6 Abs. 3 BayStrWG zur Widmung der streitigen Fläche durch den Kläger oder seinen Rechtsvorgänger ausdrücklich oder konkludent vorgelegen hat und/oder davon Gebrauch gemacht werden sollte. Auch gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass etwa der Vater des Klägers die Übernahme des Grundstücksteils nach Art. 13 Abs. 2 BayStrWG gefordert hätte oder der Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt an den Rechtsvorgänger des Klägers herangetreten wäre, um die Grundstücksituation zu bereinigen. Schließlich gibt es keinen greifbaren Grund für die Annahme, dass der damalige Eigentümer den überbauten Grundstücksteil ohne weiteres entschädigungslos für Zwecke des Straßenbaus zur Verfügung gestellt hätte. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für das Grundstück mit dem Ausgreifen der Straße irgendein Vorteil verbunden gewesen wäre. Im Gegenteil stellt es sich so dar, dass hierdurch dem klägerischen Grundstück ausschließlich Bewirtschaftungsfläche entzogen wurde und diesem Nachteil kein adäquater Vorteil gegenüber steht. Die vom Beklagten angebotene Zeugin zur angeblichen Kenntnis des Vaters des Klägers „in Bezug auf die bewilligte Straßenführung und manifestieren dieser Straßenführung durch die dann gesonderte Teerung dieser Straße“ war nicht zu hören. Es ist völlig offen, welche konkreten entscheidungsrelevanten Tatsachen diese aufgrund eigener Feststellungen letztlich bezeugen könnte. Dass eine „gesonderte Teerung“ stattgefunden hätte, ist auch nach eigenen Angaben des Beklagten schon nicht feststellbar. Die Beweisanregung des Beklagten ist daher offensichtlich auf Ausforschung ausgerichtet. Auch fehlt es bei der dargestellten Sachlage an konkreten Anhaltspunkten, die eine weitere Aufklärung veranlassen und ermöglichen könnten.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei Vorliegen einer Zustimmung des damaligen Grundstückseigentümers ihre Fortgeltung fraglich wäre. Zwar ist eine Zustimmung i.S.d. Art. 6 Abs. 3 BayStrWG nach deren Zugang grundsätzlich unwiderruflich. Dies besagt jedoch noch nicht, dass sich ein Straßenbaulastträger bzw. eine Straßenbaubehörde zeitlich unbeschränkt und immerwährend auch mit Wirkung gegenüber sämtlichen Rechtsnachfolgern auf diese Erklärung berufen könnten. Ansonsten würde unabhängig von der weiteren Entwicklung und dem Verhalten der Straßenbaubehörde die Gefahr einer Entkernung der Eigentümerposition durch straßenrechtliche Widmung dauerhaft und für jeglichen Rechtsnachfolger auch in ferner Zukunft über dem Grundstück schweben. So stellt sich vorliegend die Frage, ob ein Grundstückseigentümer an seiner Zustimmung zur Widmung auch dann noch festgehalten werden kann, wenn die Straßenbaubehörde von dieser Zustimmung keinen Gebrauch macht und das betreffende Grundstück letztendlich nicht in die Widmung einbezieht. So ist vorliegend denkbar, dass bei der Widmung etwa im Hinblick auf die verbindlichen Festlegungen des Flurbereinigungsplans auf eine Einbeziehung des klägerischen Grundstücks verzichtet wurde. Die Zustimmung zu einer Widmung entspricht ihrem Inhalt nach einem Angebot des Grundstückseigentümers, sein Grundeigentum in Besitz und als öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch zu nehmen und zu widmen. Nimmt die Behörde dies bei der nachfolgenden Widmung der Straße nicht an, spricht vieles dafür, dass die Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 146 bzw. § 151 Satz 2 BGB erlischt. Insoweit ist auch die Verpflichtung der Straßenbaubehörde gemäß Art. 47 Abs. 2 BayStrWG beachtlich, eine Gemeindestraße nach ordnungsgemäße Herstellung unverzüglich (vollständig) zu widmen. Jedenfalls aber wirft der vorliegende Vorgang die Frage auf, ob es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben vereinbar wäre, sich trotz des langen Zeitablaufs und der seit Jahrzehnten bestehenden anderweitigen Widmung, die das Grundstück des Klägers nicht erfasst, sich darauf zu berufen, eine Erweiterung der Widmung könne aber nach wie vor erfolgen. Andererseits wird die Fläche auf dem Grundstück des Klägers seit Jahren für den öffentlichen Verkehr genutzt. Letztendlich können die damit zusammenhängenden Fragen offenbleiben, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine Erklärung des damaligen oder jetzigen Grundstückseigentümers vorgelegen hat oder vorliegt, die eine Zustimmung zur Widmung einer Teilfläche seines Grundstücks FlNr. 132 als öffentliche Straße beinhalten könnte.
Aus der Übernahme einer Funktion im Flurbereinigungsverfahren durch den Vater des Klägers kann der Beklagte ebenfalls keine für ihn günstige Rechtsposition herleiten. Selbst wenn der Vater des Klägers sich mit der Frage des im Flurbereinigungsplans vorgesehenen Verkehrsweges beschäftigt haben sollte, was völlig offen ist, gab es für ihn keinen Grund, hiergegen etwas zu erinnern. Der Plan sah die Anlegung der Straße ausschließlich auf gemeindlichen Grundstücken außerhalb des Grundstücks FlNr. 132 vor, eine Betroffenheit dieses Grundstück war daher nicht erkennbar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass von den insoweit verbindlichen Festsetzungen des Flurbereinigungsplans bewusst abgewichen worden wäre, aus welchen Gründen und mit welcher Berechtigung dies geschehen sein sollte und dass der Vater des Klägers darin in irgendeiner Weise involviert gewesen wäre. Eine das Grundstück des Klägers einbeziehende „bewilligte Straßenführung“ ist daher entgegen dem Vorbringen des Beklagten nicht ersichtlich. Auch ergibt sich aus dem vorgelegten Kartenmaterial, dass sich die Grundstücksgrenzen zum klägerischen Grundstück hin seither in dem betreffenden Bereich nicht verändert haben. Es gab für den Vater des Klägers daher keine Veranlassung, dem im Flurbereinigungsplan festgelegten Straßenbau zu widersprechen. Unabhängig davon ist offen, ob die Straße bereits durch die Teilnehmergemeinschaft auf dem Grundstück FlNr. 132 angelegt wurde oder ob das Grundstück erst durch eine spätere bauliche Änderung (vor der Widmung) in Anspruch genommen wurde. Im Zeitpunkt der Widmung wiederum war der Vater des Klägers nach dessen unwidersprochenem und mittels Übergabevertrag belegtem Vorbringen schon nicht mehr Grundstückseigentümer. Der Kläger, der damals Eigentümer war, hatte aber ebenfalls keinerlei Veranlassung, gegen die Widmung vorzugehen. Sie betraf und betrifft ausschließlich Grundstücke im Eigentum des Beklagten und berührt das Eigentum des Klägers in keiner Weise. Folgerichtig greift der Kläger auch nunmehr nicht die Widmung der Straße MO … an, sondern er begehrt die Duldung der Beseitigung derjenigen Verkehrsfläche, die jenseits des gewidmeten Bereichs liegt.
Schließlich kann auch aus dem Umstand, dass der streitgegenständliche Grundstücksstreifen seit Jahrzehnten als öffentliche Verkehrsfläche genutzt wird, nicht auf eine Zustimmung des Grundstückseigentümers im Sinne des Art. 6 Abs. 3 BayStrWG geschlossen werden. Art. 6 Abs. 3 BayStrWG erfordert die Zustimmung gerade zur Widmung oder den Besitzübergang des betreffenden Grundstücks durch Vertrag, Einweisung oder einem sonstigen gesetzlich geregelten Verfahren. In der Duldung einer ohne Vorliegen der Widmungsvoraussetzungen entstandenen tatsächlich-öffentlichen Verkehrsfläche durch den Grundstückseigentümer kann eine solche Zustimmung nicht gesehen werden. Damit lässt der Eigentümer zwar (widerruflich oder unwiderruflich) zu, dass sein Grundstück verkehrlich genutzt wird. Damit verbunden ist aber nicht gleichsam automatisch die darüber hinausgehende (unwiderrufliche) Zustimmung, über sein Grundstück dergestalt zu verfügen, dass es zu einer öffentlichen Straße mit all den daran geknüpften rechtlichen Folgen gewidmet wird. Ansonsten könnten tatsächlich-öffentliche Verkehrsflächen stets gewidmet werden nach Art. 6 BayStrWG, um einem Widerruf der Freigabe durch den Grundstückseigentümer oder einem Begehren auf Sperrung oder Beseitigung der Verkehrsfläche die Grundlage zu entziehen.
Dem Kläger kann auch nicht entgegen gehalten werden, er habe die Inanspruchnahme seines Grundstücks für Zwecke des öffentlichen Verkehrs geduldet und er müsse dies auch weiterhin, so dass er nicht zur Beseitigung der Verkehrsfläche berechtigt sei. Zwar ist in tatsächlicher Hinsicht eine Fläche entstanden, die für Zwecke des öffentlichen Verkehrs genutzt wird. Von einer sog. tatsächlich-öffentlichen Verkehrsfläche, auf die das Straßenverkehrsrecht Anwendung findet, ist in der Regel auszugehen, wenn eine Fläche, die straßenrechtlich nicht gewidmet ist, vom Grundstückseigentümer zumindest stillschweigend bzw. durch konkludentes Verhalten dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt wurde, er es also duldet, dass auf seinem Grundstück öffentlicher Verkehr stattfindet. Offenbleiben kann vorliegend, ob eine solche Duldung voraussetzt, dass der betreffende Grundstückseigentümer weiß oder zumindest wissen muss, dass öffentlicher Verkehr auf seinem Grundstück stattfindet, also die betreffende Fläche in seinem Eigentum steht. Dies ist vorliegend durchaus zweifelhaft, weil nicht festgestellt werden kann, dass dem Kläger oder seinem Rechtsvorgänger die Lage der Straße auf dem Grundstück FlNr. 132 bekannt war. Letztendlich kommt es hierauf jedoch nicht an, weil der Kläger die Freigabe des Grundstückssteifens für Zwecke des öffentlichen Verkehrs jedenfalls widerrufen kann. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Freigabe eines Grundstücks als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche grundsätzlich widerrufen werden kann, sofern sie nicht unwiderruflich erklärt wurde. Dieses unverjährbare Recht zum Widerruf der Freigabe ist aus dem Eigentumsrecht abzuleiten (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2020 – 8 ZB 20.1579 -, juris Rn. 10 unter Hinweis auf § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 903 Satz 1 BGB). Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger oder sein Vater den Grundstücksstreifen konkludent als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche zur Verfügung gestellt hat, gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise unwiderruflich erfolgt wäre.
Der Grundstückseigentümer ist allerdings selbst dann, wenn die Nutzung der Fläche durch die Allgemeinheit ohne seine Zustimmung erfolgt oder die Zustimmung nach ihrer Erteilung widerrufen wird, nicht ohne Weiteres berechtigt, den Weg zu beseitigen oder zu sperren. Dies würde eine unzulässige Selbsthilfe (§ 229 BGB) und verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) darstellen. Dies hindert ihn aber nicht, zur Wahrnehmung seiner Rechte die von der Rechtsordnung vorgesehenen behördlichen und gerichtlichen Mittel zu ergreifen und so einen Folgenbeseitigungsanspruch gegen den Straßenbaulastträger oder seine Befugnis zur Ausübung seiner Eigentümerrechte durch Beseitigung oder Sperrung der Wegeflächen auf eigene Kosten durchzusetzen. Voraussetzung ist jedoch stets, dass der Grundstückseigentümer – wie vorliegend – zunächst die erforderlichen behördlichen oder gerichtlichen Schritte ergreift und sich einen entsprechenden Rechtstitel verschafft. Dass die tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche durch das Straßenverkehrsrecht geschützt ist, ist unerheblich, weil die Zustimmung des Verfügungsberechtigten zur Nutzung der Fläche durch die Allgemeinheit eben grundsätzlich jederzeit widerrufen werden kann, wenn sie nicht unwiderruflich erteilt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2020 – 8 ZB 20.1579 -, juris Rn. 33).
Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, dass das Widerrufsrecht verwirkt wäre. Die Verwirkung, eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der auch im öffentlichen Recht anwendbar ist, erfasst sämtliche subjektiv-öffentlichen Rechte eines Betroffenen, sofern nicht der Gesetzgeber bestimmte Rechtspositionen ausdrücklich ausgenommen hat. Die Verwirkung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, weil seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts unter Berücksichtigung des beim Verpflichteten oder bei einem Dritten daraus erwachsenden Vertrauens als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Seit der Entstehung des Rechts und der Möglichkeit seiner Geltendmachung muss längere Zeit verstrichen sein (Zeitmoment) und der Berechtigte muss unter Verhältnissen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass etwas zur Wahrung des Rechts unternommen wird (Umstandsmoment). Erst hierdurch wird eine Situation geschaffen, auf die ein Beteiligter vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (Vertrauensmoment). Zeit-, Umstands- und Vertrauensmoment sind nicht präzise voneinander zu trennen. Maßgeblich ist eine Gesamtbewertung aller zeitlichen und sonstigen Umstände. Die Schutzwürdigkeit des Verpflichteten besteht insbesondere nicht, wenn er die Untätigkeit des Berechtigten in unredlicher Weise veranlasst hat oder er davon ausgehen muss, dass der Berechtigte von dem ihm zustehenden Anspruch keine Kenntnis hat. Zu den in die Gesamtbewertung einzustellenden Gesichtspunkten gehört damit auch der Aspekt, ob und inwieweit der Berechtigte von der Existenz des ihm zustehenden Rechts, auf dessen Nichtausübung der Verpflichtete – oder ein begünstigter Dritter – vertraut, überhaupt Kenntnis hatte. Jedenfalls ist die Festsetzung einer festen zeitlichen Grenze, bei deren Überschreitung die jeweilige prozessuale Befugnis oder das materielle Recht verwirkt ist und die den Kenntnisstand des Berechtigten hinsichtlich der ihm zustehenden Rechte unberücksichtigt lässt, nicht möglich (vgl. BVerwG, B.v. 15.01.2020 – 2 B 38/19 -, juris Rn. 12 m.w.N.). An die Verwirkung des Widerrufsrechts der Freigabe einer privaten Wegfläche für den allgemeinen Verkehr sind hohe Anforderungen zu stellen. Eine solche kommt nur in Betracht, wenn der Eigentümer den Weg für den öffentlichen Verkehr mit Wissen und Wollen hingenommen und einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, diese Freigabe nicht mehr zu widerrufen. Allein aus dem Einverständnis mit der Benutzung eines Wegs durch die Allgemeinheit kann regelmäßig nicht auf eine Verwirkung des Widerrufsrechts geschlossen werden, auch wenn es über längere Zeit hinweg bestanden hat (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2020 – 8 ZB 20.1579 -, juris Rn. 10 m.w.N.). Gemessen daran ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger die – unterstellte – Freigabe infolge Verwirkung nicht mehr widerrufen kann. Wie bereits mehrfach dargelegt, gibt es bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Rechtsvorgänger des Klägers oder dieser selbst vor der Vermessung und Abmarkung im Jahr 2015 davon Kenntnis hatte, dass und in welchem Maße die Fahrbahn der Ortsstraße auf seinem Grundstück liegt. Die bloße Kenntnis über den tatsächlichen Straßenverlauf genügt hierfür nicht, weil zusätzlich auch die Kenntnis des Grenzverlaufs zwischen den Grundstücken erforderlich ist. Dessen Feststellung wiederum wurde durch die Überbauung bzw. Entfernung von Grenzzeichen erheblich erschwert. Dabei liegt es in der Verantwortung des Straßenbaulastträgers und der Straßenbaubehörde, mithin des Beklagten und nicht des benachbarten Grundstückseigentümers, beim Bau und der Unterhaltung einer Straße sicherzustellen, dass die Grenzen des Straßengrundstücks gesichert eingehalten werden. Eine Behörde, die die Ordnungsgemäßheit eines Straßenbaus zu verantworten und unter Kontrolle zu halten hat und die selbst über Jahre hinweg keine Veranlassung sieht, den vorhandenen Straßenverlauf nachzuprüfen, kann sich redlicherweise nicht darauf berufen, dass es Aufgabe und Verantwortungsbereich des Grundstückseigentümers sei, die Betroffenheit seines Grundstücks zu erkennen bzw. zu erforschen und sodann unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen. Somit besteht vorliegend schon keine Situation, in der vernünftigerweise zu erwarten war, dass der Kläger etwas zur Wahrung des Rechts unternimmt. Im Gegenteil vermittelt die 1991 ausgesprochene Widmung Dritten und somit auch dem Kläger gegenüber vielmehr den Eindruck, dass das Grundstück FlNr. 132 von der Verkehrsfläche gerade nicht betroffen ist. Nach Feststellung des Grenzverlaufs auf Initiative des Klägers hat er sich unverzüglich an die Beklagte mit der Aufforderung zur Beseitigung der streitigen Verkehrsfläche gewandt. Ergänzend ist darzulegen, dass der bloße Zeitablauf und das bloße Untätigsein über Jahre hinweg nicht genügen für die Annahme eines Umstandsmoments, das beim Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend erweckt haben könnte, der Kläger werde öffentlichen Verkehr auf Dauer auf seinem Grundstück zulassen. Dagegen spricht bereits, dass offenkundig auch der Beklagte keine Kenntnis vom Überbau und dessen Ausmaß hatte, wie die auf die FlNrn. 37 und 122 beschränkte Widmung im Jahr 1991 zeigt. Vertrauen in die Beibehaltung einer tatsächlich-öffentlichen Verkehrsfläche kann sich nur bilden, wenn die Existenz und der Rechtscharakter als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche bekannt ist.
Schließlich kann dem Klagebegehren des Klägers auch nicht entgegengehalten werden, die von ihm angestrebte Entfernung der Verkehrsfläche auf seinem Grundstück sei für den Beklagten nicht zumutbar. Unerheblich ist, dass der Beklagte den jetzigen Straßenverlauf in verkehrlicher Hinsicht für sachgerecht und günstiger hält, als dies bei ordnungsgemäßer Erstellung der Straße auf dem hierfür vorgesehenen Grundstück der Fall wäre. Eine solche Überlegung vermag die nach Art. 14 Abs. 1 GG, § 903 BGB geschützte Rechtsposition des Klägers nicht zu überwinden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es dem Beklagten nicht möglich wäre, eine den Verkehrsbedürfnissen entsprechende Straße auf dem hierfür vorgesehenen Grundstück FlNr. 37 anzulegen. Zu Recht weist der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass das im Flurbereinigungsplan vorgesehene und von der Widmung erfasste Grundstück FlNr. 37 teilweise vom Straßenbau verschont geblieben ist zu Lasten des klägerischen Grundstücks. Auch wenn für eine Verlegung der Fahrbahn eine vorhandene Böschung angepasst bzw. geändert werden müsste und die Anpassung von Einmündungen erforderlich wäre, führt dies nicht zur Annahme der Unzumutbarkeit. Dass insoweit unüberwindbare rechtliche Hindernisse bestünden, ist nicht ersichtlich. Vielmehr sind die erforderlichen Maßnahmen dem Umstand geschuldet, dass die Straße nicht wie vorgesehen errichtet, sondern in das Grundstück des Klägers hinein verlegt wurde. Gleiches gilt für die Nutzlosigkeit der Aufwendungen, die der Straßenbau auf dem Grundstück des Klägers verursacht hat sowie die nunmehr voraussichtlich anfallenden Kosten für eine Verlegung der Fahrbahn auf das gewidmete Grundstück. Es ist zwar anerkannt, dass im Einzelfall ein öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch und dementsprechend auch ein Anspruch auf Duldung einer Beseitigung scheitern können, wenn die Beseitigung mit unverhältnismäßigen, vernünftigerweise nicht zumutbaren Aufwendungen verbunden wäre. Nach dem hier anzuwendenden Rechtsgedanken des § 275 BGB kann eine Leistung verweigert werden, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Anspruchsinhabers steht. Bei den zumutbaren Anstrengungen ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat. Ergibt sich bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Leistungsinteresse des Gläubigers und dem mit der Anspruchserfüllung verbundenen Aufwand des Schuldners ein grobes Missverhältnis, die ein besonders krasses, nach Treu und Glauben untragbares Ausmaß erreicht, kann sich der Leistungsschuldner im Einzelfall auf Unzumutbarkeit berufen. Der Einwand der Unzumutbarkeit ist allerdings einem Straßenbaulastträger in der Regel zu versagen, wenn die Überbauung auf grob fahrlässigem Verhalten beruht. Auch ein Straßenbaulastträger verhält sich, nicht anders als ein privater Grundstückseigentümer, der bewusst im Bereich der Grundstücksgrenze baut, in der Regel grob fahrlässig, wenn er sich vor der Bauausführung nicht, ggf. durch Hinzuziehung eines Vermessungsingenieurs, vergewissert, dass die für die Bebauung vorgesehene Fläche ihm gehört, oder er während der Bauausführung nicht darauf achtet, dass die Grenzen seines Grundstücks nicht überschritten werden (vgl. BGH, U.v. 19.09. 2003 – V ZR 360/02 -, BGHZ 156, 170-172). Der Beklagte vermochte nichts darzulegen, was der Annahme eines grob fahrlässigen Verhaltens bei Anlegung der Straße oder einer späteren Asphaltierung auf dem Grundstück des Klägers entgegenstünde. Sollte bereits die Teilnehmergemeinschaft des Flurbereinigungsverfahrens die Verkehrsfläche auf dem Grundstück FlNr. 132 angelegt haben, ist dies dem Straßenbaulastträger dennoch zuzurechnen, sofern er die Straße ohne Beanstandung unverändert übernimmt. Im Fall einer grob fahrlässigen Überbauung eines fremden Grundstücks kann einem Beseitigungsbegehren der Einwand der Unzumutbarkeit allenfalls entgegengehalten werden, wenn die Überbauung einen geringen Umfang aufweist und der Nutzen eines Rückbaus für den betroffenen Grundstückseigentümer marginal ist (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2012 – 8 ZB 12.116 -, juris Rn. 16). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Der Beklagte selbst schätzt die überbaute Fläche auf 30 bis 40 m², der Klägerbevollmächtigte errechnet eine Fläche von ca. 41 m², die der landwirtschaftlichen Nutzung durch den Eigentümer entzogen wurde. Insoweit kann es nicht darauf ankommen, dass es sich gemessen an der Gesamtfläche des Buchgrundstücks um einen geringen Teil handelt. Auch geht durch das bogenförmige Ausgreifen der Fahrbahn in das Grundstück des Klägers hinein der Vorteil der geradlinigen Grenzziehung verloren. Von einem lediglich geringen Umfang der Überbauung und marginalem Nutzen des Rückbaus kann daher nicht gesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 09.01.2018 – 8 ZB 17.43 -, juris Rn. 19 zu einer Überbauung von ca. 22 m Länge u. 1,8 m Breite). Andererseits fehlt es aber auch bereits an substantiiertem Vorbringen von Seiten des Beklagten, welcher finanzielle Aufwand erforderlich sein wird, den durch die Beseitigung verlorengehenden Teil der Fahrbahn auf den hierfür vorgesehenen und zur Verfügung stehenden Grundstücken zu ersetzen.
Es ist auch nicht zu unterstellen, dass der Straßen- und Wegeplan des Flurbereinigungsverfahrens hinsichtlich der streitgegenständlichen Straße eine fehlerhafte Planung aufweist, die die Verwirklichung der vorgesehenen Verkehrsverbindung aus tatsächlichen Gründen von vornherein ausschließen würde. Im Übrigen hätte es in diesem Fall aber ohnehin an der Beklagten als Straßenbaulastträger und Straßenbaubehörde gelegen, auf eine Änderung des Plans hinzuwirken oder eine Anpassung des Verkehrsweges neu zu planen und sich die hierfür erforderlichen Grundflächen mit rechtsstaatlich vorgesehenen Mitteln zu verschaffen. Nicht zulässig ist es hingegen, bei der tatsächlichen Ausführung sowohl den Flurbereinigungsplan als auch das Eigentumsrecht Dritter schlichtweg zu missachten und die Fahrbahn nach eigenem Gutdünken anzulegen. Faktische Macht darf sich gegenüber dem Bürger nicht deshalb durchsetzen, weil sie vollzogen wurde, sondern weil sie von der Rechtsordnung hierzu legitimiert ist. Der Gesetzgeber regelt durch einfachgesetzliche Verfahren im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht nur Inhalt und Schranken des Eigentums; vielmehr sollen hierfür geschaffene Verfahren auch durch ihre spezifische Ausgestaltung – gewissermaßen im Vorfeld der materiellen Entscheidung – einen Grundrechtsschutz vermitteln (vgl. BVerwG, U.v. 26.08.1993 – 4 C 24/91 -, juris Rn 52). Darüber kann sich ein Hoheitsträger nicht ohne weiteres hinwegsetzen, indem er ohne Beachtung der hierfür vorgesehenen Verfahren und der inmitten stehenden Rechtspositionen vollendete Tatsachen schafft, um sich dann darauf zu berufen, dass ihm eine Rückgängigmachung nicht zuzumuten sei. Auch dies ist im Rahmen der abzuwägenden Gesichtspunkte hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit entsprechend zu berücksichtigen.
Auch die Bereitschaft des Beklagten, die betroffene Fläche vertraglich zu erwerben, lässt die Forderung des Klägers nicht unzumutbar erscheinen. Ob der Kläger einem solchen Angebot näher tritt, obliegt seiner freien Entscheidung als Grundstückseigentümer. Den Weg eines Enteignungsverfahrens hat der Beklagte nicht beschritten.
3. Da der Kläger danach einen Anspruch gegen den Beklagten auf Duldung der Beseitigung der streitgegenständlichen Verkehrsfläche hat, der weder verjährt noch verwirkt ist und dem Unzumutbarkeit nicht entgegengehalten werden kann, war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben und der Beklagte zur begehrten Duldung zu verurteilen.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf entsprechender Anwendung des § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Zwar ist die hier gegebene allgemeine Leistungsklage in § 167 Abs. 2 VwGO nicht genannt. Die Kammer schließt sich jedoch der in Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Auffassung an, dass bei Klagen auf schlicht-hoheitliches Handeln, die nicht auf Geldleistung gerichtet sind, eine entsprechende Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO veranlasst ist und auch diese Klagen nur hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind. Insbesondere liegt hier mit der Klage auf Duldung durch den Hoheitsträger eine vergleichbare Situation vor, wie bei einer vorbeugenden Klage auf Unterlassung eines Verwaltungsakts, der drohen würde, wenn der Kläger ohne Rechtstitel mit der Sperrung und Beseitigung der Verkehrsfläche beginnen würde (vgl. BayVGH, B.v. 14.07.2010 – 8 ZB 10.475 -, juris Rn 5). § 167 Abs. 2 VwGO soll im Interesse der Sicherung der Gewaltenteilung gewährleisten, dass in die Amtsführung der Behörde grundsätzlich nur mit rechtskräftigen Entscheidungen eingegriffen wird. So soll verhindert werden, dass die staatliche Verwaltung durch ein Urteil zu hoheitlichem Handeln angehalten wird, dessen Bestand – mangels Rechtskraft – noch in Frage steht. Bei Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Anliegens kann es aber nicht entscheidend darauf ankommen, ob das hoheitliche Verwaltungshandeln in der Form eines Verwaltungsakts erfolgt; vielmehr gelten diese Grundsätze gleichermaßen, wenn eine Behörde durch ein Leistungsurteil – wie hier – verpflichtet werden soll, die Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit zu unterlassen oder hoheitliche Maßnahmen vorzunehmen, so dass § 167 Abs. 2 VwGO insoweit auch auf Urteile im Rahmen von allgemeinen Leistungsklagen entsprechend anzuwenden ist. Einer solchen erweiternden Anwendung steht der Wortlaut des § 167 Abs. 2 VwGO, der Leistungsklagen nicht ausdrücklich erwähnt nicht entgegen. Denn der Gesetzgeber ist beim Erlass des § 167 Abs. 2 VwGO davon ausgegangen, mit dieser Vorschrift alle verwaltungsgerichtlichen Urteile erfasst zu haben, die ein hoheitliches Handeln zum Gegenstand haben und ihrer Art nach vollstreckbar sind. Zum Zeitpunkt des Erlasses des § 167 Abs. 2 VwGO war die allgemeine Leistungsklage allenfalls als Geldleistungsklage geläufig, während die auf Vornahme oder Unterlassung schlicht hoheitlicher Handlungen gerichtete Leistungsklage erst später in das Blickfeld von Rechtsprechung und Schrifttum gelangte (vgl. zum Ganzen u.a.: OVG LSA, B.v. 03.02.2016 – 1 P 8/16 -, juris; VGH BW, B.v. 03.11.2011 – 6 S 2904/11 -, juris; NdsOVG, U.v. 18.01.2000 – 11 L 87/00 -, juris; Pietzner/Möller in Schoch/Schneider, VwGO, Werkstand: 39. EL Juli 2020, § 167 Rn. 135 f.; Kraft in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 167 Rn. 26; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 167 Rn. 21; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 167 Rn. 11). Vorliegend kommt hinzu, dass bei vorläufiger Vollstreckung der Verurteilung des Beklagten zur Duldung und Durchführung der Maßnahmen durch den Kläger die einmal erfolgte Duldung nicht mehr rückgängig zu machen wäre (vgl. HessVGH, U.v. 16.09.2014 – 10 A 500/13 -, juris Rn. 63).


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