Baurecht

Gültigkeit einer Veränderungssperre

Aktenzeichen  Au 5 K 15.1146

Datum:
14.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 6, § 8 Abs. 3, § 14 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 16 Abs. 1, § 29, § 30 Abs. 1, § 31, § 36
BauNVO BauNVO § 1 Abs. 4-9, § 8 Abs. 3 Nr. 1
BayBO BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 67 Abs. 4, Art. 68 Abs. 1 S. 1, Art. 71 Abs. 1 S. 2, S. 4
BayGO BayGO Art. 46 Abs. 2 S. 2
GG GG Art. 14 Abs. 1 S. 2
KommZG KommZG Art. 22 Abs. 2

 

Leitsatz

Es stellt grundsätzlich ein hinreichend bestimmtes Planungsziel dar, das mit einer Veränderungssperre gesichert werden kann, dass ausnahmsweise zulässige Betriebsleiterwohnungen nur noch in bestimmten Gebietsbereichen zulässig sind und gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO in den übrigen Gebieten ausgeschlossen werden sollen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.
III.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist in ihrem Hauptantrag zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Soweit die Klägerin einen Hilfsantrag auf Feststellung erhoben hat, ist dieser bereits unzulässig.
1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 10. September 2015 und auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids zu, da das Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist. Der ablehnende Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Rechtsgrundlage des beantragten Bauvorbescheids ist Art. 71 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO). Danach ist dem Bauherrn auf Antrag, vor Einreichung des Bauantrags, ein Vorbescheid bezüglich einzelner Fragen zu erteilen. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO gilt gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 4 BayBO entsprechend. Das heißt, dem Bauherrn ist der Bauvorbescheid zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind. Der Bauvorbescheid bewirkt keine Baufreigabe, er entfaltet jedoch im Umfang der Fragestellung Bindungswirkungen für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren. Die Geltungsdauer beträgt nach Art. 71 Satz 2 BayBO in der Regel drei Jahre.
Das nach Art. 55 Abs. 1 BayBO als bauliche Anlage genehmigungspflichtige Bauvorhaben ist nicht genehmigungsfähig, da es an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit fehlt.
a) Der Genehmigungsfähigkeit steht die am 21. April 2015 beschlossene und am 24. April 2015 ortsüblich bekannt gemachte Veränderungssperre für den Aufstellungs- und Änderungsbeschluss ebenfalls vom 21. April 2015 bezüglich des Bebauungsplans Nr. … entgegen. Dieser sieht in seinem Geltungsbereich bezüglich des Gewerbegebiets …, in dem das streitgegenständliche Baugrundstück liegt, die Unzulässigkeit von Betriebsleiterwohnungen vor.
b) Die Veränderungssperre ist formell rechtmäßig. Der Beigeladene war gemäß Art. 22 Abs. 2 KommZG i. V. m. § 4 Abs. 2 Nr. 1 und § 5 der Verbandssatzung für den Erlass der Veränderungssperre zuständig.
Der Beschluss über den Erlass der Veränderungssperre als Satzung gemäß § 16 Abs. 1 BauGB wurde in einem ordnungsgemäßen Verfahren gefasst.
Die Verbandsmitglieder wurden nach Auffassung der Kammer ordnungsgemäß geladen. Nach Art. 46 Abs. 2 S. 2 BayGO i. V. m. § 9 Abs. 1 der Verbandssatzung kann die Ladungsfrist bei Dringlichkeit auf 24 Stunden verkürzt werden. Vorliegend wurden mit Ergänzungsladung vom 17. April 2015 die Punkte „Aufstellungsbeschluss zur 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. …“ und „Erlass einer Veränderungssperre“ in die Tagesordnung aufgenommen. Objektiv dringlich ist eine Angelegenheit dann, wenn mit ihrer Behandlung nicht bis zur nächsten Sitzung gewartet werden kann, ohne dass dadurch ein wesentlicher Nachteil für die Gemeinde entsteht (Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, 92. Ergänzungslieferung April 2009, Art. 46 Rn. 7). Eine solche objektive Dringlichkeit kann wegen der bevorstehenden Erteilung der Baugenehmigung unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens angenommen werden. Des Weiteren sind – selbst wenn man einen Ladungsmangel annehmen sollte – die Voraussetzungen für eine Heilung des Mangels durch einen Rügeverzicht gegeben. Es waren bei der Sitzung am 21. April 2015 alle acht Verbandsmitglieder nach § 8 Abs. 1 der Verbandssatzung anwesend. Das Stimmergebnis lautete acht zu null Stimmen für den Beschluss der Veränderungssperre.
Ebenso wurde die Veränderungssperre am 24. April 2015 ortsüblich bekannt gemacht.
c) Des Weiteren ist die materielle Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre gegeben.
Das planerische Instrument der Veränderungssperre dient dem Schutz der Planungshoheit der Gemeinde. § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bestimmt, dass die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen kann, dass Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen.
Der künftige Inhalt der zu sichernden Planung muss für das Plangebiet bereits in einem Mindestmaß bestimmt und absehbar sein (BVerwG, B.v. 16.12.2013 – 4 BN 18/13 – ZfBR 2014, 390; BVerwG, B.v. 25.11.2003 – 4 BN 60/03 – BayVBl 2004, 278). Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt (BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16/03 – BVerw…20, 138 Rn. 28). Die Anforderungen an die Konkretisierung dürfen im Interesse eines effektiven Schutzes der gemeindlichen Planung aber nicht überspannt werden (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16/03 – DVBl 2004, 950 Rn. 31). Eine hinreichende konkretisierte Planungsabsicht der Gemeinde kann sich dabei nicht nur aus dem Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes, sondern auch aus der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung, in der die Veränderungssperre beschlossen wurde, sowie aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben (vgl. BVerwG, B.v. 1.10.2009 – 4 BN 34/09 – BauR 2010, 65).
Die gegenständliche Veränderungssperre hat den Aufstellungsbeschluss vom 21. April 2015 zur Grundlage. Dieser bezieht sich auf die erste Änderung des Bebauungsplanes Nr. … in der Form, dass ausnahmsweise zulässige Betriebsleiterwohnungen nur noch in den Gebietsbereichen …, …, … und … zulässig sind. Betriebsleiterwohnungen sollen gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO in den übrigen Gebieten ausgeschlossen werden. Dies stellt grundsätzlich ein hinreichend bestimmtes Planungsziel dar, das mit einer Veränderungssperre gesichert werden kann.
Weiterhin ist im Rahmen der Sicherung einer konkreten und hinreichend bestimmten Planung unproblematisch, dass der Aufstellungsbeschluss und der Beschluss über die Veränderungssperre in derselben Sitzung ergingen (vgl. VGH BW, U. v. 5.8.2014 – 3 S 1673/12 – VBlBW 2015, 239). Ebenso ist die zeitgleiche Bekanntmachung der Beschlüsse unschädlich (vgl. VGH BW, B.v. 9.2.1998 – 8 S 2770/97 – VBlBW 1998, 310).
Grundlage eines mit einer Veränderungssperre zu sichernden Aufstellungsbeschlusses darf jedoch keine reine Negativplanung sein. Dies widerspricht dem Grundsatz der städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung aus § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
Es ist der planenden Gemeinde demgegenüber keinesfalls verwehrt, auf anhängige Bauanträge mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes zu reagieren, der den Bauanträgen die materielle Rechtsgrundlage entzieht. Der Zweck des Einvernehmenserfordernisses nach § 36 BauGB besteht auch gerade darin, der Gemeinde aus Anlass eines konkreten Bauantrages die Möglichkeit zu geben, die rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit des Vorhabens noch zu verändern (BVerwG, B.v. 18.12.1990 – 4 NB 8/90 – BayVBl 1991, 280; U.v. 7.2.1986 – 4 C 43/83 – BayVBl 1986, 729). Allein aus dem Umstand, dass ein Bebauungsplan nach seiner Entstehungsgeschichte einen zeitlichen und sachlichen Bezug zu dem zu verhindernden Vorhaben aufweist, können keine Schlüsse auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der zu sichernden Planung hergeleitet werden. Vielmehr kommt es maßgeblich darauf an, ob eine bestimmte Planung – auch wenn sie durch den Wunsch, ein konkretes Vorhaben zu verhindern, ausgelöst worden ist – für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, wobei der Gemeinde ein weites städtebauliches Planungsermessen eingeräumt ist (BVerwG, B. v. 18.12.1990, a. a. O.).
Aus der Begründung des Aufstellungsbeschlusses geht hervor, dass die ausnahmsweise zulässigen Betriebsleiterwohnungen in den kleinteiligen Planbereichen ausgeschlossen werden sollen. Dies beruht auf der Erwägung, dass aufgrund der kleinteiligen Vermarktung in den Planbereichen … bis … und … so viele Wohnungen entstehen könnten, dass sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen und damit ein Kippen des Gebietscharakters zu befürchten ist. Diese Erwägungen stellen ein planerisches, städtebauliches Konzept dar, das sich nicht in einer reinen Negativplanung erschöpft, sondern vielmehr den bestehenden Gebietscharakter zu bewahren versucht. Der Ausschluss von grundsätzlich im Rahmen einer Ausnahme zulässigen Nutzungen stellt ein nach § 1 Abs. 6 BauNVO zulässiges Mittel der Bauleitplanung dar. Positive Planungsziele können nicht nur durch positive, sondern auch durch negative Beschreibungen, etwa zur Abgrenzung und zur genaueren Darstellung des Gewollten, festgesetzt werden (BVerwG, B. v. 18.12.1990, a. a. O.). Denn die Möglichkeiten der § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO gestatten grundsätzlich den Ausschluss bestimmter Nutzungen durch negative Festsetzungen (VG Augsburg, U.v. 18.10.2012 – Au 5 K 12.1131 – juris Nr. 44). Der Bauantrag der Klägerin stellt sich mithin als Auslöser, aber nicht als vorherrschender Grund des Handelns des Beigeladenen dar.
Eine Veränderungssperre wäre weiterhin dann unwirksam, wenn die im Aufstellungsbeschluss manifestierte Planung der Gemeinde offensichtlich rechtswidrig und der Mangel schlechterdings nicht behebbar wäre (BVerwG, B.v. 21.12.1993 – 4 NB 40/93 – NVwZ 1994, 685; BayVGH, B.v. 24.5.2000 – 26 N 99.969 – BayVBl 2000, 722, B.v. 9.10.2012 – 15 N 11.1857 – juris Rn. 19).
Nach den dargelegten materiellen Voraussetzungen erweist sich die mit dem Aufstellungsbeschluss verfolgte Planung des Beigeladenen als rechtswirksam. Nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind, nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden. Der Ausschluss von Betriebsleiterwohnungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in den … bis … und … begegnet vorliegend keinen rechtlichen Bedenken. Dieses Planungsziel ist städtebaulich gerechtfertigt im Sinne einer Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Was städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.1995 – 4 NB 30/94 – BayVBl 1995, 632). Im Rahmen ihrer Planungshoheit besitzt die Gemeinde dabei ein weites Ermessen, in welcher Weise und in welchem Umfang sie die Bauleitplanung konkret umsetzt.
Der städtebauliche Grund, der sich dem gegenständlichen Aufstellungsbeschluss entnehmen lässt, nämlich die Bewahrung des Gebietscharakters, genügt den Anforderungen an die städtebauliche Rechtfertigung. Die Beschränkung der Änderung auf bestimmte Baugebiete im Plangebiet, die sich aus Sicht des Beigeladenen als besonders gefährdet darstellen, lässt den Schluss auf eine durchdachte planerische Vorstellung zu. In den übrigen Gewerbegebieten im Plangebiet sind Betriebsleiterwohnungen weiterhin ausnahmsweise zulässig, da die Änderung des Bebauungsplans Nr. … durch den Beschluss des Beigeladenen im Sinne der Erforderlichkeit auf das Notwendige beschränkt wurde.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB. Nach dieser Vorschrift kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist aufgrund einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange zu ermitteln. Zu den öffentlichen Belangen, die einem Vorhaben im Sinne dieser Regelung entgegenstehen können, gehört nicht zuletzt der mit der Veränderungssperre verfolgte Sicherungszweck. Ein Vorhaben, das mit dem Sicherungszweck der Veränderungssperre nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder sie wesentlich erschweren würde, darf im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Anderenfalls könnte die Veränderungssperre ihre Aufgabe als Sicherungsinstrument nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 9.2.1989, 4 B 236/88 – BauR 1989, 432).
Die beantragte Betriebsleiterwohnung widerspricht dem Sicherungszweck der Veränderungssperre. Dieser besteht gerade darin, Wohnvorhaben im Gewerbegebiet zu verhindern, um den Gebietscharakter zu bewahren. Das Bauvorhaben würde die städtebauliche Planung des Beigeladenen damit wesentlich erschweren und unter Umständen einen unerwünschten Bezugsfall bezüglich weiterer Bauanträge im Baugebiet darstellen. Ein solches Vorgehen würde die Veränderungssperre in der Folge funktionslos werden lassen.
3. Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist bereits unzulässig. Zwar ist der Antrag, festzustellen, dass der Beklagte unmittelbar vor Inkrafttreten der Veränderungssperre verpflichtet war, den Antrag der Klägerin auf Erlass des Bauvorbescheids unter Ersetzung des Einvernehmens des Zweckverbands positiv zu bescheiden, als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft. Das Inkrafttreten der Veränderungssperre stellt hierbei eine Erledigung des Verwaltungsakts im weiteren Sinne dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 110). Die Klägerin hat das notwendige Feststellungsinteresse jedoch nicht substantiiert vorgetragen.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog ist, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der von ihr begehrten Feststellung hat. Bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, die der Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens vor dem Zivilgericht dienen soll, ist das Feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist und die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich ist (OVG NRW, B.v. 23.1.2003 – 13 A 4859/00 -, NVwZ – RR 2003, 696; BayVGH, B.v. 13.6.2014 – 15 ZB 14.448 – juris; OVG NRW, U.v. 25.3.2014 – 2 A 2679/12 – juris). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung darf außerdem nicht offensichtlich aussichtslos sein.
Nach Auffassung der Kammer genügt der Vortrag nicht zur Darlegung eines berechtigten Interesses an der von der Klägerin begehrten Feststellung. Die Klägerin muss von sich aus substantiiert darlegen, was konkret angestrebt wird, welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen sie im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2014 – 15 ZB 12.1562 – juris Rn. 12; B.v. 13.6.2014 – 15 ZB 14.448 – juris Rn. 10; OVG NRW, U.v. 25.3.2014 – 2 A 2679/12 – juris Rn. 47). Zwar bedarf es hierfür regelmäßig keiner Vorlage einer genauen Schadensberechnung. Jedoch muss der Vortrag zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass ein Amtshaftungsprozess tatsächlich angestrebt wird und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine zumindest annähernde, individualisierte Angabe der Schadenshöhe (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2014 – 15 ZB 14.448 – juris Rn. 10; B.v. 24.10.2011 – 8 ZB 10.957 – juris Rn. 13). Die Klägerin hat keine substantiierten Angaben zu etwaigen Schadenspositionen, beispielsweise zu entgangenem Gewinn oder getätigten Aufwendungen, gemacht. Es fehlt hierbei sowohl an den Angaben zu den einzelnen Positionen, als auch an der Angabe einer geschätzten Schadenshöhe. In der mündlichen Verhandlung blieb zudem offen, wen die Klägerin als Anspruchsgegner überhaupt in Regress nehmen will. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung lagen damit über eine bloße Absichtserklärung hinaus noch keinerlei konkrete Vorstellungen über einen späteren Amtshaftungsprozess vor.
Des Weiteren kommt ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse aufgrund eines angestrebten Amtshaftungsprozesses bei einer Erledigung vor Klageerhebung – wie im vorliegenden Fall – in der Regel nicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. BVerwG, U.v. 20.1.1989 – 8 C 30/87 – BVerwGE 81, 226). Der hinter dieser Fallgruppe des Feststellungsinteresses stehende Gedanke der Prozessökonomie kann in einem solchen Fall nicht zum Tragen kommen.
4. Im Ergebnis hat die Klage damit sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag keinen Erfolg und war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da der Beigeladene einen Antrag auf Klageabweisung gestellt und sich somit dem prozessualen Risiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass seine außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt werden (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. Nrn. 9.1.1.1 und 9.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


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