Baurecht

Herstellungsbeitrag für Wasserversorgung

Aktenzeichen  20 B 18.1346

Datum:
19.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2020, 94
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5 Abs. 1
BGS-WAS § 5 Abs. 1, Abs. 3
VwGO § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1
BayBO Art. 2 Abs. 2

 

Leitsatz

Eine Biogasanlage löst nach typisierender Betrachtungsweise unabhängig davon, ob zur Fermentation der eingesetzten Stoffe der Zusatz von Wasser notwendig ist oder nicht, einen Anschlussbedarf an die Wasserversorgung aus. (Rn. 30 – 38)

Verfahrensgang

RO 8 K 15.1597 2016-05-23 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf deren Durchführung verzichtet haben, §§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO.
Gegenstand der Berufung des Klägers ist das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit es die Klage abgewiesen hat. Dies ergibt die Auslegung der klägerseits im Zulassungsverfahren und im Berufungsverfahren abgegebenen Erklärungen. Denn der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde zwar unbeschränkt gestellt, unter Berücksichtigung der Antragsbegründung war er aber von vornherein beschränkt auf den die Klage abweisenden Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Soweit der Klage stattgegeben wurde, also bezüglich des einen Herstellungsbeitrag von 16.987,98 € übersteigenden Betrags, ist der Kläger im Übrigen auch nicht beschwert und die Berufung wäre insoweit unzulässig gewesen. Von Seiten des Beklagten wurde kein Antrag auf Zulassung der Berufung hinsichtlich des der Klage stattgebenden Teils des verwaltungsgerichtlichen Urteils gestellt.
In dem dargestellten Umfang ist die Berufung zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung des Beklagten erfüllt die Berufungsbegründung die Mindestanforderungen nach § 124a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO, da sie einen bestimmten Antrag und die zu seiner Begründung angeführten Gründe enthält (vgl. BVerwG, B.v. 9.7.2019 – 9 B 29.18 – juris 1. Leitsatz). Dass sie sich im Wesentlichen mit dem Wortlaut der Begründung des Zulassungsantrags deckt, ist unschädlich. Der Bescheid des Beklagten vom 4. November 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. September 2015 ist rechtmäßig, soweit der Kläger zu einem Herstellungsbeitrag i.H.v. 16.987,98 € herangezogen wurde.
1. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) können Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der gemeindlichen Einrichtungen einen besonderen Vorteil bietet. Der Beklagte betreibt eine Wasserversorgungseinrichtung als öffentliche Einrichtung. Mit Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Marktes … (BGS-WAS) vom 17. August 2004 hat der Beklagte von der Ermächtigung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG Gebrauch gemacht. Anhaltspunkte für die Nichtigkeit dieser Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach § 2 BGS-WAS wird der Beitrag u.a. für bebaute Grundstücke erhoben, wenn für sie nach § 4 der Wasserabgabesatzung ein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung besteht. Dies ist vorliegend der Fall, da das streitgegenständliche Grundstück i.S.v. § 4 Abs. 2 WAS unstreitig durch eine Versorgungsleitung erschlossen ist.
Bei bebauten Grundstücken im Außenbereich ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Beitragstatbestand insoweit einzuschränken, als nur dann eine Beitragspflicht entsteht, wenn mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks ein Anschlussbedarf (hier bzgl. der Wasserversorgung) verbunden ist (BayVGH, U.v. 23.6.1998 – 23 B 96.4116 – juris Rn. 24 und Orientierungssätze 1 und 3). Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Frage, ob ein Gebäude oder ein selbstständiger Gebäudeteil nach der Art seiner Nutzung einen Bedarf nach Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung oder Entwässerungsanlage auslöst, nach objektiven Gesichtspunkten typisierend zu entscheiden (BayVGH, B.v. 11.9.2001 – 23 ZB 01.401 – juris Rn. 4 m.w.N.; B.v. 11.11.2002 – 23 ZB 02.1417 – BeckRS 2002, 26693; BayVerfGH v. 30.9.2002 – Vf 81-VI-01 – juris). Maßgebend für die Frage, ob ein vorhandenes Gebäude nach seiner bestimmungsgemäßen Nutzung eines Wasseranschlusses bedarf, ist grundsätzlich die erteilte Baugenehmigung, die eine bestimmte Nutzung festschreibt (BayVGH, U.v. 22.10.1998 – 23 B 97.3505 – juris Rn. 43). Auf die konkret im Einzelfall praktizierte Betriebsweise kommt es nicht an (BayVGH, U.v. 10.3.1999 – 23 B 97.1221 – BeckRS 1999, 26656).
Eine Biogasanlage löst unabhängig davon, ob zur Fermentation der eingesetzten Stoffe der Zusatz von Wasser notwendig ist oder nicht, einen Anschlussbedarf an die Wasserversorgung nach typisierender Betrachtungsweise aus (i.E. ebenso VG Augsburg, U.v. 7.11.2018 – Au 6 K 17.572 – GK 2019, Nr. 93; a.A. VG Ansbach, U.v. 17.12.2013 – AN 1 K 13.205 – juris). Dies ergibt sich zum einen aus der europarechtlich vorgeschriebenen Notwendigkeit zur Vorhaltung von Reinigungsgeräten (hierzu a)) und daneben auch aus der Notwendigkeit der Vorhaltung umfangreicher Mengen an Löschwasser (hierzu b)).
a) Ausgangspunkt der typisierenden Betrachtungsweise zur Feststellung des Anschlussbedarfs an die öffentliche Wasserversorgung ist die Baugenehmigung vom 7. September 2009, die als Art der Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks eine solche als Biogasanlage festschreibt. Diese enthält in Ziff. II 3 die Auflage, dass „geeignete Einrichtungen zur Reinigung und Desinfektion von Fahrzeugen und Behältern“ zur Verfügung stehen müssen. Was hierunter genau verstanden wird bzw. was der Zweck dessen ist, wird in der Baugenehmigung jedoch nicht explizit erläutert. Ausweislich des in der beigezogenen Baugenehmigungsakte des Landratsamts befindlichen Schreibens des Sachgebiets 34 des Landratsamts vom 2. September 2009 findet die Auflage ihre Rechtsgrundlage in Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (Tierische Nebenprodukte-VO; ABl. L 273 v. 10.10.2002). In dieser Bestimmung ist die Zulassungspflicht für Biogasanlagen geregelt. Nach Art. 15 Abs. 2 der Tierische Nebenprodukte-VO müssen Biogasanlagen, um zugelassen zu werden, folgende Auflagen erfüllen: Einerseits müssen sie die Anforderungen nach Anhang VI Kapitel II Abschnitt A erfüllen (Buchst. a) und andererseits müssen sie tierische Nebenprodukte nach Anhang VI Kapitel II Abschnitte B und C behandeln (Buchst. b). Gülle fällt nach Art. 2 Abs. 1 lit. a) und c), Art. 5 Abs. 1 lit. a) der Tierische Nebenprodukte-VO unter den Begriff des Tierischen Nebenprodukts. Anhang VI Kapitel II Abschnitt A Nr. 1 Buchst. b verlangt, dass Biogasanlagen u.a. über geeignete Einrichtungen zur Reinigung und Desinfektion von Fahrzeugen und Behältern beim Verlassen der Biogasanlage verfügen müssen. Nach Anhang VI Kapitel II Abschnitt B Nr. 6 müssen Container, Behälter und Fahrzeuge, in denen unbehandeltes Material befördert wurde, an einem entsprechend ausgewiesenen Ort gesäubert werden. Nr. 8 des gleichen Abschnitts verlangt, dass für alle Bereiche der Anlage Reinigungsverfahren festgelegt und dokumentiert sind. Geeignete Putzgeräte und Reinigungsmittel sind zur Verfügung zu halten. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass entgegen dem klägerischen Vorbringen eine bloße Reinigung mit Schaufel und Besen und damit ohne Verwendung von Wasser nach der Tierische Nebenprodukte-VO nicht ausreichend ist. Denn diese ermöglichen allenfalls eine Grobreinigung, aber keine vollständige Reinigung und Desinfektion von Fahrzeugen und Behältern vor dem Verlassen der Biogasanlage, wie sie die Tierische Nebenprodukte-VO verlangt. Da diese Bestimmungen für alle Biogasanlagen gelten, sind sie im Rahmen der zur Feststellung des Anschlussbedarfs anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise heranzuziehen. Ein Anschlussbedarf liegt damit bei jeder Biogasanlage schon aufgrund des in der Tierische Nebenprodukte-VO begründeten Reinigungs- und Desinfektionsbedarfs vor.
Durch die nach dem Erlass der für die streitgegenständliche Biogasanlage geltenden Baugenehmigung erfolgte Änderung des diesbezüglichen europäischen Rechts ist eine Änderung für die hier interessierende Frage des Anschlussbedarfs nicht eingetreten. So wurde die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 am 4. März 2011 aufgehoben und durch die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) (ABl. L 300 v. 14.11.2009, S. 1) ersetzt (Art. 54, 55 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009). Diese sieht in Art. 24 Abs. 1 Buchst. g weiterhin eine Zulassungspflicht von Biogasanlagen vor, regelt selbst die materiellen Voraussetzungen für deren Zulassung und die beim Betrieb einzuhaltenden Vorgaben aber nur noch in allgemeiner Weise in den Art. 25 bis 27. Genauere Regelungen trifft die Verordnung (EU) Nr. 142/2011 der Kommission vom 25. Februar 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte sowie zur Durchführung der Richtlinie 97/78/EG des Rates hinsichtlich bestimmter gemäß der genannten Richtlinie von Veterinärkontrollen an der Grenze befreiter Proben und Waren (ABl. L 54/1 v. 26.2.2011), die u.a. auf Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 gestützt ist. Nach deren Art. 10 Abs. 2 erteilt die zuständige Behörde Biogasanlagen nur dann eine Zulassung, wenn sie die in Anhang V genannten Anforderungen erfüllen. In Kapitel II des Anhangs V sind wiederum Hygieneanforderungen an Biogasanlagen geregelt. Nach dessen Nr. 2 Abs. 1 müssen Container, Behälter und Fahrzeuge, in denen unbehandeltes Material befördert wurde, an einem entsprechend ausgewiesenen Ort gesäubert und desinfiziert werden. Nr. 4 verlangt, dass für alle Bereiche der Anlage Reinigungsverfahren festgelegt und dokumentiert sind. Geeignete Reinigungsgeräte und Mittel sind zur Verfügung zu stellen. Damit trifft die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 i.V.m. der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 die gleichen Anforderungen an Biogasanlagen wie die aufgehobene Verordnung (EG) Nr. 1774/2002. Ein Anschlussbedarf an die Wasserversorgung besteht also auch nach der europarechtlichen Neuregelung nach typisierender Betrachtungsweise für alle Biogasanlagen.
Der Umstand, dass im konkreten Fall die notwendige Reinigung auf der benachbarten Hofstelle erfolgt, ist dabei ohne Belang, denn der Reinigungsbedarf und damit auch der Wasserbedarf entsteht auf dem Betriebsgrundstück der Biogasanlage.
b) Nach typisierender Betrachtungsweise besteht für eine Biogasanlage unabhängig von ihrer konkreten Betriebsweise ein Anschlussbedarf an die Wasserversorgung auch wegen des typischerweise vorhandenen Löschwasserbedarfs (ebenso VG Augsburg, U.v. 7.11.2018 – Au 6 K 17.572 – GK 2019, Nr. 93).
Das in Biogasanlagen erzeugte Biogas ist (trotz gewisser Unterschiede aufgrund der im Einzelfall bestehenden Zusammensetzung) grundsätzlich hoch entzündlich (vgl. Fachverband Biogas e.V., Arbeitshilfe A-016, Brandschutz auf Biogasanlagen, Arbeitshilfe für Eigentümer, Betreiber, Fachplaner und Feuerwehren, Stand Oktober 2018 (im Folgenden: Fachverband Biogas, Arbeitshilfe A-016), Ziff. 2.1; technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 529, Tätigkeiten bei der Herstellung von Biogas, Ausgabe Februar 2015, GMBl 2015, S. 190 ff., Ziff. 3.2.1 (1)). Daher besteht beim Betrieb von Biogasanlagen eine nicht unerhebliche Explosions- und Brandgefahr, der mit Maßnahmen des Brandschutzes begegnet werden muss. Hierfür existiert eine Vielzahl von technischen Regeln und Handlungsempfehlungen, die inhaltlich zwar in den Einzelheiten voneinander abweichen, die aber alle einen Bedarf der Versorgung der Biogasanlage mit Löschwasser bestätigen.
So führt die von der Kommission für Anlagensicherheit nach § 51a BImschG erarbeitete sicherheitstechnische Regel „Sicherheitstechnische Anforderungen an Biogasanlagen (TRAS 120)“ (Bundesanzeiger AT v. 21.1.2019, S. 1 ff.) in Ziff. 2.2.2 unter der Überschrift „Abwehrender Brandschutz“ aus, dass die erforderliche Löschwassermenge für Biogasanlagen entsprechend dem DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches)-Arbeitsblatt W405 mindestens 96 m³/h betrage. Für Anlagen mit geringen Brandlasten könnten nach Abstimmung mit der zuständigen Brandschutzbehörde 48 m³/h ausreichend sein. Die Löschwasserversorgung sei für mindestens zwei Stunden sicherzustellen. Die erste jederzeit zugängliche Entnahmestelle für Löschwasser dürfe gemäß DVGW-Arbeitsblatt W405 in einem Radius von 300 m liegen. Vor dem Hintergrund der örtlichen Lage vieler landwirtschaftlicher Biogasanlagen im Zuständigkeitsbereich freiwilliger Feuerwehren sei dies nicht ausreichend, da die notwendigen Schlauchlängen häufig nicht mitgeführt würden. Die Entfernung zur Entnahmestelle und die Sicherstellung der Löschwasserversorgung seien daher mit der zuständigen Brandschutzbehörde abzustimmen und im Brandschutzkonzept festzulegen. Die TRAS 120 gilt nach deren eigener Ziff. 1.3 zwar direkt nur für Biogasanlagen, die der Störfallverordnung unterliegen. Daneben gilt sie für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Biogasanlagen, die der Störfallverordnung nicht unterliegen. Ob die streitgegenständliche Biogasanlage der Störfallverordnung unterliegt, lässt sich nach dem bisherigen Streitstand nicht bestimmen. Allerdings unterliegt sie, obwohl sie zunächst nur nach Baurecht genehmigt worden war, aufgrund einer Betriebserweiterung inzwischen jedenfalls der Genehmigungspflicht nach Immissionsschutzrecht, sodass die TRAS 120 jedenfalls anwendbar ist. Nach der Fußnote 1 zur Ziff. 1.3 der TRAS 120 dokumentiert diese den Stand der Technik bzw. den Stand der Sicherheitstechnik sowohl für neu zu errichtende als auch für bereits bestehende Anlagen. Im Übrigen wird nach Ziff. 1.3 (3) die sinngemäße Anwendung der TRAS 120 für alle immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Biogasanlagen empfohlen, sodass auch für diese Biogasanlagen – zu der die streitgegenständliche gehört, da sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme „nur“ nach Baurecht genehmigt war – ein Anschlussbedarf an die Wasserversorgung nach typisierender Betrachtungsweise aufgrund des Löschwasserbedarfs besteht.
In ähnlicher und den Anschlussbedarf an die Wasserversorgung bestätigender Weise führt die Arbeitshilfe A-016 des Fachverbands Biogas in Ziff. 3.2.3 aus, dass der Löschwasserbedarf entsprechend der vorhandenen Anlage und einer Bedarfsermittlung, zugeschnitten auf die Risikosituation des jeweiligen Betriebes, gem. DVGW W405 und ggf. der Baugenehmigung festgelegt werde. Nach genaueren Vorgaben einer in der Arbeitshilfe abgedruckten Tabelle müsse eine Löschwassermenge von 96 m³/h für eine Löschzeit von zwei Stunden aus öffentlichen Hydranten entnommen werden können. In Löschwasserteichen nach DIN 14210, in Löschwasserbrunnen nach DIN 14220 und in Löschwasserbehältern nach DIN 14230 müsse diese Menge für drei Stunden vorgehalten werden.
Schließlich bestätigt auch das Umweltbundesamt in seiner Veröffentlichung „Stand der Technik beim Bau und Betrieb von Biogasanlagen – Bestandsaufnahme 2008“ den Anschlussbedarf an die Wasserversorgung. Diese hat ausweislich der Ziff. 1 der Veröffentlichung die Beschreibung des aktuellen Standes der Technik der Biogasgewinnung und -nutzung zum Ziel. Für zukünftige Biogasprojekte solle das vorliegende Papier eine Bestandsaufnahme auf Basis des aktuellen Standes der Technik sein, um Basisinformationen für eine Effizienzsteigerung bei der Produktion des Energieträgers Biogas bei gleichzeitiger Emissionsminderung im Anlagenbetrieb bereitzustellen. Die Beschreibung gehe insbesondere auf Fragen der Umweltverträglichkeit, Betriebssicherheit und Leistungsfähigkeit von Anlagenkomponenten ein. Unter Ziff. 5.2.2 „Brandschutz“ wird ausgeführt, dass bereits während der Planung einer Biogasanlage die Belange des Brandschutzes zu berücksichtigen seien. Als Brandschutzmaßnahmen zur Minimierung der Gefahr eines Brandes könnte u.a. die Prüfung nutzbarer Löschwassereinrichtungen (z.B. Hydrant, Löschwasserteich) mit dem Nachweis der erforderlichen Löschwassermenge zum Einsatz gelangen. Damit zeigt auch diese sachverständige Stellungnahme, dass zur Deckung des notwendigen Bedarfs an Löschwasser grundsätzlich ein Anschlussbedarf an die öffentliche Wasserversorgung besteht.
Ob dieser Bedarf im Fall der konkreten Biogasanlage durch nicht auf dem Betriebsgrundstück liegende Hydranten oder Löschwasserteiche oder ähnliches gedeckt wird, ändert nichts am Wasserbedarf, den die Biogasanlage auslöst. Aus diesem Grunde konnte der Senat auch über den Fall entscheiden, obwohl der Kläger entgegen der gerichtlichen Aufforderung das Brandschutzkonzept für seine Anlage nicht vorgelegt hatte. Denn dass nach typisierender Betrachtungsweise ein Anschlussbedarf besteht, steht auch ohne Kenntnis von dem im konkreten Fall aufgestellten Brandschutzkonzept fest.
c) Im Übrigen wird der Anschlussbedarf an die Wasserversorgung durch die am 23. Mai 2019 erfolgte Ortseinsicht der streitgegenständlichen Biogasanlage bestätigt. Denn diese hat gezeigt, dass das Grundstück vom Kläger tatsächlich über sein neben dem Betriebsgrundstück befindliches Wohn- und landwirtschaftliches Betriebsgrundstück an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen ist, sodass auf dem gesamten Betriebsgrundstück der Biogasanlage an mehreren Stellen Wasserentnahmemöglichkeiten zu sehen waren. Insbesondere hat die Ortseinsicht auch ergeben, dass das Waschbecken im Technikraum mitnichten, entgegen der Behauptungen des früheren Bevollmächtigten des Klägers, nur aus der Heizungsanlage befüllt werden kann. Denn nach den ausdrücklichen Bekundungen des Klägers ist dieses tatsächlich an die Wasserleitung, die über das Wohn- und landwirtschaftliche Betriebsgrundstück auf das Betriebsgrundstück der Biogasanlage geführt wurde, an die Wasserversorgung des Beklagten angeschlossen.
Nach alledem kommt es auf die vor allem vom Kläger thematisierte Frage, ob der Einsatz von Wasser zur Fermentation der eingesetzten Stoffe in der klägerischen Biogasanlage notwendig oder möglicherweise gar schädlich ist, nicht an. Gleichermaßen unerheblich ist, ob die jeweilige Biogasanlage nach dem Prinzip der Nass- oder Trockenfermentation betrieben wird.
2. Für die Berechnung der Beitragshöhe ist die BGS-WAS des Beklagten in der im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld maßgeblichen Fassung zugrunde zu legen. Die Beitragsschuld ist vorliegend mit der Inbetriebnahme der Biogasanlage, die laut der in der Bauakte befindlichen polizeilichen Mitteilung vom 1. Mai 2010 am 22. Dezember 2009 erfolgte, entstanden. Zu diesem Zeitpunkt galt die BGS-WAS vom 17. August 2004 in der Fassung der 2. Änderungsfassung vom 25. August 2008.
a) Nach § 5 Abs. 1 BGS-WAS wird der Beitrag nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können Grundstücke im Außenbereich als bebaubar nur zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen werden, soweit sie tatsächlich mit Bauwerken bebaut sind, die an die kommunale Einrichtung angeschlossen sind oder eines solchen Anschlusses entsprechend der baurechtlich genehmigten oder tatsächlich gefestigten Nutzung bedürfen (BayVGH, B.v. 8.12.2005 – 23 ZB 05.1637 – BeckRS 2005,39647; U.v. 12.11.1997 – 23 B 96.741 – juris Rn. 30 und GK 1998 Nr. 158; U.v. 15.12.1999 – 23 B 98.3206 – juris Rn. 62). Derart bebaute Grundstücke sind mit einem angemessenen Umgriff zur vorhandenen Bebauung als bebaubar anzusehen und unterliegen insoweit der Beitragspflicht. Im Übrigen gelten sie weiterhin als nicht bebaubar (BayVGH, B.v. 8.12.2005 – 23 ZB 05.1637 – BeckRS 2005,39647; U.v. 15.11.2001 – 23 B 01.1165 – BeckRS 2001, 14722, Rn. 26). Der Umgriff bemisst sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unter Einbeziehung der erforderlichen Abstandsflächen um die den Anschlussbedarf auslösenden Gebäude, der befestigten Flächen (wie Hoffläche, Zufahrt und Ähnliches) unter Einbeziehung aller Gebäude, die in einem räumlich funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes stehen (BayVGH, B.v. 22.8.2006 – 23 ZB 06.1544 – BeckRS 2008, 33310, Rn. 7; Thimet in Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Teil IV a, Frage 8, Ziff. 8.1, 68. Ergänzungslieferung Februar 2017). Die Umgriffsbildung ist ein Instrument zur Bestimmung des Grundstücks und hat daher auch einen engen Bezug zur wirtschaftlichen Einheit, die das beitragspflichtige Grundstück gerade nicht nach der Flurnummer, sondern nach einem funktionalen Zusammenhang bestimmt (BayVGH, B.v. 7.1.2015 – 20 CS 14.2414 – BeckRS 2015, 41185, Rn. 14). Dabei können in einem gewissen Umfang auch Glättungen und Rundungen der Umgriffsfläche vorgenommen werden, ohne dass dies zur Rechtswidrigkeit des angesetzten Umgriffs führt.
Die in § 5 Abs. 1 Satz 2 BGS-WAS enthaltene Flächenbegrenzung für übergroße Grundstücke betraf in der hier maßgeblichen Fassung der BGS-WAS (i.d.F. der 2. Änderungssatzung vom 25. August 2008) schon nach ihrem Wortlaut nur Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich nach § 34 BauGB und war auf das streitgegenständliche, im baurechtlichen Außenbereich liegende Grundstück schon aus diesem Grunde nicht anzuwenden. Im Übrigen ist die mit der 3. Änderungssatzung vom 6. Oktober 2010 erfolgte Erweiterung dieser Regelung auf auch im Außenbereich gelegene Grundstücke nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 22.8.2006 – 23 ZB 06.1544 – juris Rn. 9) rechtswidrig und damit nichtig, da diese Satzungsbestimmung zur Bestimmung eines angemessenen Umgriffs nicht geeignet ist.
Das Verwaltungsgericht hat vorliegend das gesamte, nach Inbetriebnahme der Biogasanlage mit Wirkung vom 26. Mai 2011 gebildete neue Grundstück mit der Flur-Nr. … als Umgriffsfläche herangezogen. Dies entspricht der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats und ist daher nicht zu beanstanden. Die Angemessenheit dieser Umgriffsbildung wurde durch den beim Ortstermin des Senats am 23. Mai 2019 gewonnenen Eindruck bestätigt. Insbesondere greift der klägerseits vorgebrachte Einwand gegen die Umgriffsbildung, dass die Heranziehung der ganzen Grundstücksfläche wegen des Ringwegs um die Grundstücke nicht „geboten“ gewesen sei, schon deshalb nicht, als die Heranziehung von befestigten Flächen als Teil des Umgriffs gerade der Rechtsprechung des Senats entspricht (s.o.). Aus dem gleichen Grunde kann auch das südlich gelegene, kleinste Fahrsilo nicht aus dem Umgriff herausgenommen werden, da es sich auch dabei um eine befestigte und damit zu berücksichtigende Fläche handelt.
Daher war eine Grundstücksfläche von 9.946 m² der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Der Beitragssatz pro Quadratmeter betrug entsprechend der 1. Änderungssatzung zur BGS-WAS vom 15. September 2004 1,55 € pro Quadratmeter Grundstücksfläche.
b) Daneben wird der Beitrag nach § 5 Abs. 1 BGS-WAS nach der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil zutreffend ausgeführt hat, konnte der Beklagte sich entgegen dem streitgegenständlichen Bescheid insoweit nicht auf § 5 Abs. 3 BGS-WAS stützen. Danach wird bei Grundstücken, für die eine gewerbliche Nutzung ohne Bebauung zulässig ist, als Geschossfläche ein Viertel der Grundstücksfläche in Ansatz gebracht; das gleiche gilt, wenn auf einem Grundstück die zulässige Bebauung im Verhältnis zur gewerblichen Nutzung nur untergeordnete Bedeutung hat. Der 1. Halbsatz dieser Bestimmung greift bereits aus dem Grunde nicht ein, da auf dem im Außenbereich gelegenen Grundstück nach baurechtlichen Vorschriften eine gewerbliche Nutzung ohne Bebauung nicht zulässig ist. Auf den 2. Halbsatz des § 5 Abs. 3 BGS-WAS kann sich der Beklagte nicht stützen, da diese Satzungsregelung anders als die Mustersatzung 2008 (vgl. hierzu Thimet in Wuttig/Thimet, a.a.O., Teil VI a, Frage 7, Ziff. 5.5, Stand 62. Ergänzungslieferung März 2015) allein darauf abstellt, dass die auf einem Grundstück zulässige Bebauung im Verhältnis zur gewerblichen Nutzung nur untergeordnete Bedeutung hat. Zulässige Bebauung in diesem Sinn sind hier aber sämtliche baulichen Anlagen auf dem streitgegenständlichen Grundstück unabhängig von der Frage, ob es sich um Gebäude i.S.d. § 5 Abs. 1 BGS-WAS handelt. Daher kann aufgrund des schieren Ausmaßes der Biogasanlage im Verhältnis zum Gesamtgrundstück nicht von einer nur untergeordneten Bedeutung der Biogasanlage gesprochen werden (vgl. hierzu auch VG Regensburg, U.v. 12.12.2011 – RO 8 K 11.549 – juris Rn. 15 f.).
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BGS-WAS ist die Geschossfläche nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Geschossen zu ermitteln. Gebäude i.S.v. Art. 2 Abs. 2 BayBO ist hier nur das Technikgebäude. Da § 5 Abs. 2 BGS-WAS andere bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, zur Beitragsbemessung nicht heranzieht, war nur die Geschossfläche des Technikgebäudes anzusetzen. Diese Fläche war wiederum mit dem Beitragssatz der 1. Änderungssatzung zur BGS-WAS vom 18. August 2004 von 4,11 €/m² Geschossfläche anzusetzen.
Der rechtmäßige Herstellungsbeitrag beläuft sich damit hinsichtlich der zu veranlagenden Grundstücksfläche auf 15.876,62 € (9.946 m² x 1,55 €/m²) und hinsichtlich der Geschossfläche auf 460,32 € (112 m² x 4,11 €/m²). Unter Berücksichtigung der 7%-igen Mehrwertsteuer ergibt sich ein Gesamtbeitrag von 16.987,98 €. Da das Verwaltungsgericht der Klage nur insoweit stattgegeben hat, soweit der Kläger zu einem diesen Betrag übersteigenden Herstellungsbeitrag herangezogen wurde, ist die Berufung des Klägers unbegründet.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.


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