Baurecht

Höhenbezogener Mindestabstand für Windkraftanlagen als Voraussetzung für deren bauplanungsrechtliche Privilegierung

Aktenzeichen  Vf. 14-VII/14, Vf. 3-VIII/15 ,Vf. 4-VIII/15

Datum:
9.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2016, 625
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB §§ 1 VII, 35 I Nr. 5; III 3, 249 III
BayBO Art. 82 I, II, 84 S. 3
BayLTGeschO § 173

 

Leitsatz

1. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof nur dann, wenn noch ein objektives Interesse an der Feststellung besteht, ob sie mit der Bayerischen Verfassung vereinbar waren. Ein solches Interesse fehlt im Hinblick auf Art. 84 Satz 3 BayBO, der durch § 3 Nr. 2 des Änderungsgesetzes vom 24. Juli 2015 (GVBI S. 296) aufgehoben worden ist. (amtlicher Leitsatz)
2. Verstöße gegen die Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag berühren die Wirksamkeit gefasster Gesetzesbeschlüsse grundsätzlich nicht. Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn die Geschäftsordnung Verfassungsrecht konkretisiert. Das ist bei der in § 173 BayLTGeschO geregelten Informationsgewinnung durch Anhörung u. a. von Sachverständigen nicht der Fall. (amtlicher Leitsatz)
3. Der in Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO geregelte höhenbezogene Mindestabstand für Windkraftanlagen als Voraussetzung für die bauplanungsrechtliche Privilegierung im Außenbereich (sog. 10 H-Regelung) ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Ebenfalls verfassungsgemäß sind die Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 1 BayBO, die Sonderregelung in Art. 82 Abs. 3 BayBO für gemeindefreie Gebiete, die Bestandsschutzregelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Flächennutzungspläne und das Unterlassen einer vergleichbaren Bestimmung für Regionalpläne. (amtlicher Leitsatz)
4. Die dem Landesgesetzgeber durch die Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB eingeräumte Gesetzgebungsbefugnis zur Bestimmung eines Mindestabstands ist nicht unbegrenzt. Die bundesrechtliche Grundentscheidung für eine Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich darf durch eine landesrechtliche Abstandsregelung weder rechtlich noch faktisch ausgehebelt werden. Die durch den bayerischen Landesgesetzgeber normierte Festlegung des Mindestabstands zu allgemein zulässigen Wohngebäuden auf die 10-fache Anlagenhöhe überschreitet den bundesrechtlich eröffneten Gestaltungsrahmen nicht; zwar wird der räumliche Anwendungsbereich für den Privilegierungstatbestand erheblich eingeschränkt, nicht aber beseitigt. Grundrechte der Bayerischen Verfassung werden hierdurch ebenfalls nicht verletzt. (amtlicher Leitsatz)
5. Die Regelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Darstellungen von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen in Flächennutzungsplänen berührt auch insoweit nicht den Schutzbereich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV), als sie “Bestandsschutz” nur unter der Voraussetzung vorsieht, dass eine betroffene Nachbargemeinde der Fortgeltung der Darstellung bis zum 21. Mai 2015 nicht widerspricht. (amtlicher Leitsatz)
6. Verfassungswidrig ist die in Art. 82 Abs. 5 BayBO den Gemeinden auferlegte Pflicht, bei der Aufstellung von Bauleitplänen, die für Vorhaben der Windenergienutzung einen geringeren als den Mindestabstand festsetzen wollen, im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken. Diese Regelung steht in einem offensichtlichen und schwerwiegenden Widerspruch zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes und verstößt deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

1. Art. 82 Abs. 5 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBI S. 588, BayRS 21321), die zuletzt durch § 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2015 (GVBI S. 296) geändert worden ist, verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV (Rechtsstaatsprinzip) und ist nichtig.
2. Im Übrigen werden die Anträge in den Verfahren Vf. 3-VIII-15 und Vf. 4-VIII-15 abgewiesen. Der Antrag im Verfahren Vf. 14-VII-14 wird insgesamt abgewiesen.
3. Den Antragstellerinnen im Verfahren Vf. 3-VIII-15 ist jeweils ein Fünftel und der Antragstellerin im Verfahren Vf. 4-VIII-15 ein Sechstel der ihnen durch das Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten.

Gründe

I.
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren betreffen die Frage, ob die Vorschriften des Art. 82 Abs. 1 bis 5, des Art. 83 Abs. 1 und des Art. 84 Satz 3 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in der Fassung des § 1 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Gesetzes über die behördliche Organisation des Bauwesens, des Wohnungswesens und der Wasserwirtschaft vom 17. November 2014 (GVBI S. 478) über einen höhenbezogenen Mindestabstand für Windkraftanlagen als Voraussetzung für deren bauplanungsrechtliche Privilegierung – sogenannte 10 H-Regelung -gegen die Bayerische Verfassung verstoßen.
1. Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen (Windenergie- oder Windkraftanlagen), zählen zu den Vorhaben, die nach dem Baugesetzbuch des Bundes im Außenbereich privilegiert zulässig sind (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB). Während sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB im Einzelfall zugelassen werden können, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt, sind die in § 35 Abs. 1 BauGB aufgezählten Vorhaben – vorbehaltlich einer gesicherten Erschließung – bereits dann zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Öffentliche Belange stehen einer Windkraftanlage gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Regel auch entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Dieser Planvorbehalt ermöglicht es den Gemeinden und den Trägern der Regionalplanung, durch positive Standortzuweisungen auf bestimmten Konzentrationsflächen den übrigen Planungsraum von den privilegierten Windkraftanlagen frei zu halten.
Der Bundesgesetzgeber hat durch Gesetz vom 15. Juli 2014 (BGBl I S. 954) eine Länderöffnungsklausel zur Vorgabe von Mindestabständen zwischen den Windenergieanlagen und zulässigen Nutzungen in das Baugesetzbuch aufgenommen. Nach dem am 1. August 2014 in Kraft getretenen § 249 Abs. 3 BauGB können die Länder durch bis zum 31. Dezember 2015 zu verkündende Landesgesetze bestimmen, dass § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung findet, wenn sie einen bestimmten Abstand zu den im Landesgesetz bezeichneten zulässigen baulichen Nutzungen einhalten (Satz 1). Die Einzelheiten, insbesondere zur Abstandsfestlegung und zu den Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen und Raumordnungsplänen, sind in den Landesgesetzen zu regeln (Satz 2). Die Länder können in den Landesgesetzen auch Abweichungen von den festgelegten Abständen zulassen (Satz 3).
2. Der bayerische Landesgesetzgeber hat von der Länderöffnungsklausel durch Gesetz vom 17. November 2014 (GVBI S. 478) Gebrauch gemacht und die angegriffenen Bestimmungen in die Bayerische Bauordnung eingefügt. Diese haben folgenden Wortlaut:
Art. 82
Windenergie und Nutzungsänderung ehemaliger landwirtschaftlicher Gebäude
(1) § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB findet auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung, wenn diese Vorhaben einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB), innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) – sofern in diesen Gebieten Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind -und im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB einhalten.
(2) 1Höhe im Sinn des Abs. 1 ist die Nabenhöhe zuzüglich Radius des Rotors. 2Der Abstand bemisst sich von der Mitte des Mastfußes bis zum nächstgelegenen Wohngebäude, das im jeweiligen Gebiet im Sinn des Abs. 1 zulässigerweise errichtet wurde bzw. errichtet werden kann.
(3) Soll auf einem gemeindefreien Gebiet ein Vorhaben nach Abs. 1 errichtet werden und würde der in Abs. 1 beschriebene Mindestabstand auch entsprechende Wohngebäude auf dem Gebiet einer Nachbargemeinde einschließen, gilt hinsichtlich dieser Gebäude der Schutz der Abs. 1 und 2, solange und soweit die Gemeinde nichts anderes in einem ortsüblich bekannt gemachten Beschluss feststellt.
(4) Abs. 1 und 2 finden keine Anwendung,
1. wenn in einem Flächennutzungsplan für Vorhaben der in Abs. 1 beschriebenen Art vor dem 21. November 2014 eine Darstellung für die Zwecke des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erfolgt ist,
2. soweit und sobald die Gemeinde der Fortgeltung der Darstellung nicht bis einschließlich 21. Mai 2015 in einem ortsüblich bekannt gemachten Beschluss widerspricht und
3. soweit und sobald auch eine betroffene Nachbargemeinde der Fortgeltung der Darstellung nicht bis einschließlich 21. Mai 2015 in einem ortsüblich bekannt gemachten Beschluss widerspricht; als 1. betroffen gilt dabei eine Nachbargemeinde, deren Wohngebäude in Gebieten im Sinn des Abs. 1 in einem geringeren Abstand als dem 10-fachen der Höhe der Windkraftanlagen, sofern der Flächennutzungsplan jedoch keine Regelung enthält, maximal in einem Abstand von 2 000 m, stehen.
(5) 1Bei der Aufstellung von Bauleitplänen, die für Vorhaben nach Abs. 1 einen geringeren als den dort beschriebenen Mindestabstand festsetzen wollen, ist im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken. 2Abs. 4 Nr. 3 Halbsatz 2 gilt entsprechend.
Art. 83
Übergangsvorschriften
(1) Soweit vor Ablauf des 4. Februar 2014 bei der zuständigen Behörde ein vollständiger Antrag auf Genehmigung von Anlagen zur Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie eingegangen ist, finden Art. 82 Abs. 1 und 2 keine Anwendung.
Art. 84
Inkrafttreten, Außerkrafttreten … 3Art. 83 Abs. 1 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.
Das Änderungsgesetz vom 17. November 2014 beruht auf einem Entwurf der Staatsregierung vom 27. Mai 2014 (LT-Drs. 17/2137). Der Gesetzentwurf war vom Landtag in erster Lesung am 4. Juni 2014 dem Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie (Wirtschaftsausschuss) als federführendem Ausschuss überwiesen worden. Dieser führte am 3. Juli 2014 eine Anhörung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 BayLTGeschO durch und behandelte den Gesetzentwurf zunächst am 10. Juli 2014 in erster Beratung und zusammen mit den inzwischen aus den Reihen der CSU eingebrachten Änderungsanträgen (LT-Drs. 17/3415, 17/3416, 17/3417) in zweiter Beratung am 16. Oktober 2014. Zur zweiten Beratung hatten acht Ausschussmitglieder aus den Reihen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter Hinweis auf die Änderungsanträge die Durchführung einerweiteren Anhörung nach § 173 Abs. 1 Satz 2 BayLTGeschO beantragt. Dieser Antrag stand auf der Nachtragstagesordnung. Bei seiner Behandlung in der Sitzung am 16. Oktober 2014 führte der Ausschussvorsitzende aus, der Antrag sei unvollständig, weil ihm kein Fragenkatalog und keine Sachverständigenliste beigefügt seien, und hielt nach Aussprache fest, dass der Antrag von der Tagesordnung genommen werde. In der Sache stimmte der Ausschuss mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Gesetzentwurf der Staatsregierung mit der Maßgabe zu, dass die in den Änderungsanträgen enthaltenen Änderungen vorgenommen würden. In der Sitzung am 6. November 2014 beschäftigte sich der Wirtschaftsausschuss erneut mit dem Antrag auf Durchführung einer Anhörung nach § 173 Abs. 1 Satz 2 BayLTGeschO. Er fasste einstimmig den Beschluss, eine solche Anhörung durchzuführen. Hinsichtlich des Termins wurde der Antrag, die Anhörung vor Verabschiedung des Gesetzes durchzuführen, mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt. In der ebenfalls am 6. November 2014 durchgeführten Sitzung des endberatenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen wurde ein entsprechender Antrag, die weitere Beratung des Gesetzentwurfs auf die Zeit nach der im Wirtschaftsausschuss beschlossenen Anhörung zu vertagen, wiederum abgelehnt. Dieser Ausschuss stimmte – ebenfalls mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – dem Gesetzentwurf der Staatsregierung in der Fassung der Änderungsanträge mit der Maßgabe von weiteren Änderungen zu. Der Landtag beriet den Gesetzentwurf und die Änderungsanträge in der Plenarsitzung am 12. November 2014 in zweiter und dritter Lesung und stimmte ihnen in der vom Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfohlenen Fassung mit einer weiteren redaktionellen Änderung mit der Mehrheit seiner Stimmen zu. Im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens hatten Abgeordnete aus den Reihen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gerügt, das Änderungsgesetz sei unter Verletzung des Minderheitenrechts aus § 173 Abs. 1 Satz 2 BayLTGeschO zustande gekommen und in der Sache verfassungswidrig, weil es Bundesrecht widerspreche und sowohl das Recht der kommunalen Selbstverwaltung als auch die Grundrechte der Investoren verletze.
Das Änderungsgesetz wurde am 20. November 2014 im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet und trat am 21. November 2014 in Kraft.
Die Vorschrift des Art. 84 Satz 3 BayBO über das Außerkrafttreten der Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO wurde durch § 3 Nr. 2 des Änderungsgesetzes vom 24. Juli 2015 (GVBI S. 296) mit Wirkung zum 1. August 2015 aufgehoben.
1. Verfahren Vf. 14-VII-14
Die Antragsteller wenden sich mit der am 20. November 2014 eingegangenen und mit Schriftsatz vom 24. März 2015 erweiterten Popularklage gegen Art. 82 Abs. 1 bis 5, Art. 83 Abs. 1 und Art. 84 Satz 3 BayBO. Diese Bestimmungen verstoßen ihrer Meinung nach gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) und gegen die Grundrechte der Handlungsfreiheit (Art. 101 BV), auf Eigentum (Art. 103 BV) sowie auf Gleichbehandlung (Art. 118 BV), ferner gegen das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV). Nach Aufhebung des Art. 84 Satz 3 BayBO durch Änderungsgesetz vom 24. Juli 2015 haben die Antragsteller ihre Popularklage mit Schriftsatz vom 18. August 2015 insoweit umgestellt; sie beantragen nunmehr die Feststellung, dass diese Vorschrift gegen die Bayerische Verfassung verstoßen hat.
a) Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) sei wegen eines offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoßes der angegriffenen Bestimmungen gegen Bundesrecht verletzt.
aa) Die zentrale Regelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO führe in bundesrechtswidriger Weise zu einer kompletten Entprivilegierung von Windkraftanlagen in Bayern. Nach dem heutigen Stand der Technik erreichten gängige Anlagen eine Gesamthöhe von etwa 200 m. Kleinere Windkraftanlagen mit etwa 100 bis 140 m Gesamthöhe ließen sich nicht wirtschaftlich betreiben. Lege man als Mindestabstand zur geschützten Wohnbebauung die 10-fache Höhe solcher Anlagen, also 2.000 m, zugrunde, reduziere sich die für Windkraftanlagen zur Verfügung stehende Fläche auf 0,05% der Gesamtfläche Bayerns. Berücksichtige man zudem, dass diese abstrakt zur Verfügung stehende Fläche nicht immer ausreichend windhöffig sei oder dort öffentliche Belange einer Windkraftanlage entgegenstünden, verbleibe tatsächlich nur noch eine (Netto-)Potenzialfläche von unter 0,01% der Landesfläche. Bei einem durchschnittlichen Flächenbedarf von 10 ha je Anlage bleibe theoretisch Raum für maximal 70 neue Windenergieanlagen, der teilweise aber bereits entsprechend genutzt werde. Während im Jahr 2014 noch über 300 Genehmigungsanträge eingereicht worden seien, belaufe sich die Anzahl im Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2015 auf nur noch 10 Anträge. Eine solche komplette Entprivilegierung sei eindeutig nicht von der Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB gedeckt. Diese Vorschrift ermächtige die Länder lediglich dazu, den bundesrechtlichen Privilegierungstatbestand in angemessener Weise zu beschränken, nicht aber vollständig auszuhebeln. Die tatsächlichen Auswirkungen der Entprivilegierung würden nicht dadurch gemindert, dass den Gemeinden die Möglichkeit verbleibe, Bebauungspläne für Windkraftanlagen mit einem geringeren als dem gesetzlichen Mindestabstand aufzustellen. Das sei für die Gemeinden mit einem hohen sachlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Da auch kein Anspruch auf Erlass eines Bebauungsplans bestehe, könne die faktische Entprivilegierung von Windkraftanlagen mithilfe des Bauplanungsregimes auch nicht ansatzweise ausgeglichen werden.
bb) Mit Bundesrecht unvereinbar seien ferner Art. 82 Abs. 4 Nrn. 2 und 3 BayBO.
Der Landesgesetzgeber ermögliche durch Art. 82 Abs. 4 Nrn. 1 und 2 BayBO einer Gemeinde, die vor dem Inkrafttreten der angegriffenen Bestimmungen in einem Flächennutzungsplan Konzentrationsflächen im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ausgewiesen habe, an dieser Planung festzuhalten und damit die Anwendung von Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO auszuschließen. Dass die planende Gemeinde allerdings auf der Grundlage des Art. 82 Abs. 4 Nr. 2 BayBO ihre geltende Bauleitplanung durch einfachen Gemeinderatsbeschluss aufheben und dadurch die neue Mindestabstandsregelung zur Anwendung bringen könne, überschreite die Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB. Bundesrecht verlange nach Maßgabe des § 1 Abs. 8 BauGB ein gesondertes Aufhebungsverfahren insbesondere unter Beteiligung der Öffentlichkeit nach §§ 3, 4 a BauGB.
Für den Fall, dass die planende Gemeinde an ihrem Flächennutzungsplan festhalte, gebe Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO zudem in bundesrechtswidriger Weise einer betroffenen Nachbargemeinde das Recht, der Fortgeltung der früheren Planung bis zum 21. Mai 2015 zu widersprechen und dadurch die Regelungen über den Mindestabstand uneingeschränkt zur Anwendung zu bringen. Die Rechtsfolge beschränke sich nicht etwa auf geschützte Wohnbereiche der widersprechenden Nachbargemeinde; diese dürfe für das gesamte Gemeindegebiet der planenden Gemeinde die Geltung der 10 H-Regelung anordnen. Das bedeute einen besonders krassen Eingriff in das Recht der planenden Gemeinde. Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO führe zu einer Aufhebungsmöglichkeit von Flächennutzungsplänen durch eine Nachbargemeinde außerhalb eines Aufhebungsverfahrens nach § 1 Abs. 8 BauGB oder einer gerichtlichen Normenkontrolle. Dieser Eingriff sei nicht durch § 249 Abs. 3 BauGB gedeckt. Zugleich sei darin ein verfassungswidriger Eingriff in das durch Art. 11 Abs. 2 BV geschützte Recht auf Selbstverwaltung zu erblicken.
cc) Mit Bundesrecht sei nicht vereinbar, dass der Landesgesetzgeber keine Regelung dazu getroffen habe, wie sich die neue Abstandsregelung auf geltende Regionalpläne auswirke. Eine Reihe von Regionalen Planungsverbänden habe bereits entsprechend den Vorgaben im Landesentwicklungsprogramm Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung festgelegt. Ein Großteil davon stehe nunmehr nicht mehr zur Verfügung, weil der inzwischen geforderte Mindestabstand nicht eingehalten werden könne. Für Regionalpläne fehle eine Bestandsgarantie, wie sie für Flächennutzungspläne zumindest ansatzweise in Art. 82 Abs. 4 BayBO festgelegt sei. Damit laufe zum einen deren Steuerungswirkung im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB leer. Zum anderen entstehe eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gegenüber einer entsprechenden Darstellung in einem Flächennutzungsplan. Ein solches Ergebnis lasse § 249 Abs. 3 BauGB nicht zu, weil er ausdrücklich eine Regelung zu den Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen sowohl in Flächennutzungsplänen als auch in Raumordnungsplänen verlange.
dd) Für die in Art. 82 Abs. 5 BayBO getroffene Regelung stehe dem Landesgesetzgeber ebenfalls keine Kompetenz zu. Dort werde der planenden Gemeinde aufgegeben, bei der Aufstellung von Bauleitplänen, die für Windkraftanlagen einen geringeren als den Mindestabstand festsetzen wollten, im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken. Das betreffe einen Bereich, der bundesrechtlich abschließend geregelt sei und durch § 249 Abs. 3 BauGB den Ländern nicht geöffnet werde. Mit dem Erfordernis einer einvernehmlichen Festlegung werde zudem in das Selbstverwaltungsrecht der planenden Gemeinde verfassungswidrig eingegriffen.
b) Durch die angegriffenen Bestimmungen werde das Eigentumsgrundrecht des Art. 103 BV verletzt.
Die in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB angelegte Privilegierung von Windkraftanlagen stelle ein vom Eigentumsgrundrecht geschütztes subjektives öffentliches Recht dar. In diese Eigentumsposition griffen Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO in einer Weise ein, die völlig unverhältnismäßig sei. Der Landesgesetzgeber verfolge bereits keinen legitimen Zweck. Denn aus der Gesetzesbegründung gehe unmissverständlich hervor, dass durch einen „großzügig bemessenen Regelmindestabstand“ der privilegierten Windenergienutzung in Bayern komplett der Boden entzogen werden solle. Lediglich dort, wo planende Gemeinden über einen Bebauungsplan positive Genehmigungsmöglichkeiten schaffen wollten, solle offensichtlich überhaupt noch eine Windkraftnutzung zulässig sein. Dieses Ziel bewege sich außerhalb des durch die Länderöffnungsklausel ermöglichten angemessenen Ausgleichs zwischen der Windkraftnutzung im Außenbereich und den Interessen der angrenzenden Wohnbevölkerung. Auch die weitere Annahme des Gesetzgebers, durch mehr Abstand zur Wohnbebauung werde die Akzeptanz von Windkraftanlagen gesteigert, sei, wie empirische Studien ergeben hätten, schlichtweg falsch. Die Mindestabstandsregelung sei im Übrigen weder geeignet noch erforderlich. Auch ohne sie sei Wohnbebauung, und zwar nicht nur gebietsbezogen, sondern auch hinsichtlich einzelner Wohnstandorte, gegenüber der Zulassung von Windkraftanlagen durch das Bauplanungs- und Immissionsschutzrecht ausreichend geschützt. Das gelte sowohl für den von Windkraftanlagen ausgehenden Lärm als auch mit Blick auf die optisch bedrängende Wirkung. Aufgrund der durch die Rechtsprechung entwickelten Vorgaben habe ein Anlagenbetreiber vor dem Inkrafttreten der angegriffenen Bestimmungen im Regelfall erst ab einem Mindestabstand der dreifachen Gesamthöhe mit der Zulassung seiner Anlage rechnen können.
Entscheidend komme hinzu, dass mit dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine ausreichende rechtliche Steuerungsmöglichkeit durch die Gemeinden und regionalen Planungsverbände vorhanden sei. Durch die Ausweisung von Konzentrationsflächen könne das gesamte restliche Gemeindegebiet von der Windenergienutzung frei gehalten werden. Sofern ein bestimmter Mindestabstand gewünscht sei, könne er durch den Planungsträger in ausreichender Weise selbst herbeigeführt werden. Zusätzlichen Anforderungen, wie sie Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO aufstellten, fehle die Erforderlichkeit. Die Mindestabstandsregelung sei darüber hinaus in krasser Weise unverhältnismäßig, weil sie den Interessenausgleich völlig einseitig zulasten der privilegierten Außenbereichsnutzung und zugunsten der Anwohner löse. Das gelte umso mehr, als es keinen Rechtsanspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans für Windkraftanlagen gebe. In diesem Zusammenhang dürften die Vorgaben zur Energiewende und zur Förderung der erneuerbaren Energien nicht unberücksichtigt bleiben. Da die Windkraftnutzung, die ihrer Natur nach im Außenbereich zu erfolgen habe, ein energiepolitisches Kernelement der Energiewende darstelle, sei ihre komplette Entprivilegierung in Bayern nicht zu rechtfertigen.
c) Die Bestimmungen des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO griffen zudem in verfassungswidriger Weise in die durch Art. 101 BV geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit ein. Als Berufsausübungsregelung wären sie nur zulässig, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wären. Das sei nicht der Fall, weil letztlich jegliche Windenergienutzung im Freistaat Bayern unterbunden werde.
d) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) werde durch die Mindestabstandsregelung in mehrfacher Hinsicht verletzt:
Für jeden in der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Gebietstyp werde ein einheitlicher Schutzabstand festgelegt. Dies sei unzulässig, da in keiner Weise Rücksicht auf die unterschiedliche Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der einzelnen Gebiete genommen werde. Die Abstandsregelung gelte nur für Windkraftanlagen, nicht aber für andere privilegierte Außenbereichsvorhaben oder sonstige Bauvorhaben im beplanten oder unbeplanten Innenbereich, obwohl von diesen möglicherweise identische oder sogar noch gravierendere Auswirkungen ausgingen, wie etwa von Stromtrassen oder einem Hochhaus. Eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung liege ferner darin, dass der Gesetzgeber zwar in Art. 82 Abs. 4 BayBO die Auswirkungen des neuen Mindestabstands auf Ausweisungen von Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen in bestehenden Flächennutzungsplänen geregelt habe, nicht aber die Auswirkungen auf entsprechende Darstellungen in bestehenden Regionalplänen. Beide Planarten würden indes durch § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gleichgestellt.
e) Die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO trage dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht ausreichend Rechnung und sei unverhältnismäßig.
Der Gesetzgeber habe das eigentumsrechtlich geschützte Vertrauen potenzieller Anlagenbetreiber auf den Fortbestand des bundesrechtlichen Privilegierungstatbestands für Windkraftanlagen und des mit ihm verbundenen grundsätzlichen Anspruchs auf Erteilung einer Genehmigung beseitigt. Dieses Vertrauen sei deshalb besonders schutzbedürftig, weil ein durchschnittliches Genehmigungsverfahren für solche Anlagen üblicherweise 18 bis 24 Monate, nicht selten auch vier Jahre und länger dauere und der potenzielle Betreiber noch vor dem Einreichen des Genehmigungsantrags hohe (fünf- bis sechsstellige) Beträge unter anderem für die erforderlichen Gutachten und Unterlagen investieren müsse. So setze etwa die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung einen festgelegten Kartierungszeitraum für die Erfassung möglicherweise beeinträchtigter besonders geschützter Tierarten voraus, wobei die Untersuchung nach dem Bayerischen Windkrafterlass den Zeitraum Mitte März bis Ende August umfassen solle. In das geschützte Vertrauen auf den Fortbestand der ursprünglichen Regelung greife die Übergangsbestimmung auch gemessen am Maßstab für eine unechte Rückwirkung in verfassungswidriger Weise ein.
Mit dem 4. Februar 2014 habe der Gesetzgeber einen nicht tragfähigen Stichtag gewählt und zudem mit dem Erfordernis eines vollständigen Antrags eine überzogene Anforderung gestellt. Das verkenne nicht nur die lange Dauer der Genehmigungsverfahren, sondern auch den Umstand, dass die Vollständigkeit der Genehmigungsunterlagen von nahezu keiner Genehmigungsbehörde bescheinigt und der Nachweis vollständiger Unterlagen dem Antragsteller in der Regel nur schwer gelingen werde. Der Stichtag sei unangemessen früh gewählt. Nach der Gesetzesbegründung habe an diesem Tag der Ministerrat die Eckpfeiler der bayerischen Regelung über einen Mindestabstand beschlossen und der Öffentlichkeit bekannt gegeben. Es habe sich hierbei aber lediglich um die Ankündigung einer Gesetzesinitiative zu einem Zeitpunkt gehandelt, als das Bundesrecht eine solche gesetzliche Regelung noch gar nicht ermöglicht habe. Angesichts der hohen Investitionen und der langen Dauer von Genehmigungsverfahren müsse auch derjenige Vertrauensschutz genießen, der erst nach dem 4. Februar 2014 die vollständigen Antragsunterlagen beigebracht habe. Das gelte umso mehr, als das Bundeskabinett den Gesetzentwurf einer Länderöffnungsklausel erst am 8. April 2014 beschlossen habe. Allerdings habe auch dieser Gesetzentwurf das Vertrauen auf eine grundsätzliche, wenn auch beschränkte Fortgeltung des bundesrechtlichen Privilegierungstatbestands nicht erschüttern können.
f) Verfassungswidrig sei schließlich erst recht die durch Änderungsgesetz vom 24. Juli 2015 wieder aufgehobene Bestimmung des Art. 84 Satz 3 BayBO gewesen, wonach die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft trete. Sie habe die unzureichende Übergangsregelung zusätzlich in unzumutbarer Weise eingeschränkt.
2. Verfahren Vf. 3-VIII-15
Die Landtagsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER machen mit ihrem am 6. März 2015 eingegangenen Antrag gegenüber der CSU-Landtagsfraktion und der Bayerischen Staatsregierung geltend, Art. 82 Abs. 1 bis 5 BayBO verstießen aus den bereits im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens geltend gemachten Gründen gegen die Bayerische Verfassung.
a) Die streitigen Rechtsvorschriften seien schon in formeller Hinsicht verfassungswidrig.
aa) Die Regelungen des Art. 82 Abs. 1, 4 Nr. 3 und Abs. 5 BayBO lägen offensichtlich außerhalb der Gesetzgebungskompetenz des Freistaates Bayern, was zugleich einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV darstelle.
Der Landesgesetzgeber habe zwar durch die Länderöffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB in bundesverfassungsrechtlich unbedenklicher Weise die Kompetenz erhalten, den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB für Windkraftanlagen von der Einhaltung eines bestimmten Abstands zu zulässigen baulichen Nutzungen abhängig zu machen. Allerdings sei der Landesgesetzgeber bei der Nutzung dieser zurück übertragenen Gesetzgebungskompetenz nicht völlig frei, sondern an die Grundentscheidungen des Bundesgesetzgebers im Baugesetzbuch gebunden. Dazu gehöre insbesondere der Privilegierungstatbestand zugunsten der Windenergie als solcher, den der Bundesgesetzgeber als Grundsatzentscheidung aufrechterhalten habe. Den Ländern sei lediglich die Kompetenz eingeräumt, die Privilegierung von bestimmten Abstandsmodalitäten abhängig zu machen. Ihnen sei es hingegen verwehrt, den Abstand zwischen Windkraftanlagen und baulichen Anlagen so auszugestalten, dass die Regelung einer Abschaffung des Privilegierungstatbestands gleichkomme.
(1) Mit der in Art. 82 Abs. 1 BayBO festgelegten Abstandsregelung habe der bayerische Landesgesetzgeber die ihm eröffnete Kompetenz offensichtlich überdehnt.
Der geforderte Mindestabstand bewirke zum einen faktisch eine nahezu vollständige Entprivilegierung von Windkraftanlagen in Bayern. Lege man die heute übliche Höhe moderner und effizienter Windkraftanlagen von 200 m einer Flächenpotenzialanalyse zugrunde, kämen unter Berücksichtigung von Tabu- und Ausschlussflächen (Naturschutzgebiete, FFH-Gebiete, usw.), wie die Sachverständigenanhörung im Wirtschaftsausschuss gezeigt habe, nur mehr etwa 0,05% der Fläche für eine privilegierte Errichtung von Windenergieanlagen in Betracht. Bei dem bislang üblichen Abstand von 800 m wären es demgegenüber 5,17% der Fläche. Damit sei die Errichtung von Windkraftanlagen im planungsrechtlichen Außenbereich nur noch in wenigen Einzelfällen möglich. Denn mangels Privilegierung richte sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Windenergieanlage nach § 35 Abs. 2 BauGB, womit die Genehmigungsfähigkeit im Ergebnis regelmäßig ausgeschlossen sei und das Außenbereichsregime seine Funktionsfähigkeit verliere. Der bayerische Gesetzgeber habe damit den Privilegierungstatbestand zugunsten von Windkraftanlagen, an dem der Bundesgesetzgeber ausdrücklich festgehalten habe, im Ergebnis aufgehoben. Die Festlegung eines Mindestabstands der 10-fachen Höhe sei auch keineswegs naheliegend oder notwendig. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass das Problem der mit Windkraftanlagen verbundenen optisch bedrängenden oder gar erdrückenden Wirkung nicht neu, sondern von der fachgerichtlichen Rechtsprechung bereits im Rahmen des Rücksichtnahmegebots gelöst worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei eine optisch bedrückende Wirkung regelmäßig nur gegeben, wenn der Abstand zwischen Wohngebäude und Windenergieanlage weniger als das Doppelte der Höhe der Anlage betrage. Liege der Abstand zwischen der doppelten und der dreifachen Höhe, komme es auf den Einzelfall an. Betrage der Abstand mehr als das Dreifache der Höhe, so sei in der Regel von einer optisch bedrängenden oder erdrückenden Wirkung der Windkraftanlage nicht auszugehen. Angesichts dieser gefestigten und auch von anderen Oberverwaltungsgerichten vertretenen Rechtsprechung, die letztlich denselben Interessenkonflikt lösen wolle wie das streitige Gesetz, erscheine es weder erforderlich noch gar angemessen, wenn der Gesetzgeber die Bodennutzungskonflikte nunmehr durch die Festlegung eines pauschalen Abstands der 10-fachen Höhe zu lösen suche.
Mit Art. 82 Abs. 1 BayBO überdehne der Gesetzgeber zudem die ihm eingeräumte Gesetzgebungskompetenz insofern, als dadurch das in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehene Planungssystem für Windkraftanlagen im Außenbereich faktisch beseitigt werde. Das bundesrechtlich vorgesehene Instrument, für Windkraftanlagen im Außenbereich Konzentrationsflächen auszuweisen und damit deren Zulassung positiv wie negativ zu steuern, stehe den Gemeinden aufgrund der Abstandsregelung des Art. 82 Abs. 1 BayBO weitgehend nicht mehr zur Verfügung. Denn infolge der faktischen Abschaffung des Privilegierungstatbestands für Windkraftanlagen entfalle eine wesentliche Voraussetzung für die Ausweisung von Konzentrationsflächen. Gebe es nämlich im Gemeindegebiet keine Flächen des Außenbereichs mehr, auf denen privilegierte Windenergieanlagen errichtet werden könnten, sei damit auch die Voraussetzung für die Ausweisung von Konzentrationsflächen entfallen. Eine gleichwohl erfolgende Konzentrationsflächenausweisung wäre unwirksam, weil dort mangels Privilegierung kein substanzieller Raum für Windenergie entstehen könne.
(2) Auch für Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO habe der bayerische Gesetzgeber offensichtlich keine Gesetzgebungskompetenz. Art. 82 Abs. 4 BayBO bezwecke der Sache nach eine Bestandsschutzregelung für bestehende Konzentrationsflächenausweisungen in Flächennutzungsplänen. Mit Nr. 3 mache das Gesetz diesen Bestandsschutz vom Nichtwiderspruch der Nachbargemeinde abhängig. Das sei durch die Länderöffnungsklausel nicht gedeckt. Die angegriffene Regelung führe ein dem Baugesetzbuch unbekanntes Beteiligungsinstrument zugunsten der Nachbargemeinde ein. Zwar kenne das Baugesetzbuch in § 2 Abs. 2 das interkommunale Abstimmungsgebot beim Erlass von Bauleitplänen. Dieses sehe jedoch weder die Notwendigkeit einer Zustimmung der Nachbargemeinde zu einer bestimmten Bauleitplanung vor noch die Möglichkeit eines Widerspruchs im Sinn eines Vetos, schon gar nicht gegen eine bestehende Bauleitplanung.
(3) Vergleichbare kompetenzrechtliche Bedenken bestünden gegen Art. 82 Abs. 5 BayBO. Diese Vorschrift unterwerfe die Gemeinde, die in einem Bebauungsplan ein Sondergebiet für Windenergieanlagen mit einem geringeren als dem in Art. 82 Abs. 1 BayBO vorgeschriebenen Mindestabstand ausweisen wolle, einer gesteigerten interkommunalen Abstimmungspflicht. Die Normierung einer Pflicht, auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken, lasse § 249 Abs. 3 BauGB nicht zu. Die landesrechtliche Pflicht zum Hinwirken sei auch keine bloße Wiederholung des in § 2 Abs. 2 BauGB enthaltenen Abstimmungsgebots. Es handle sich um unterschiedliche, abgestufte Beteiligungsmodalitäten.
bb) Die streitigen Rechtsvorschriften litten zudem an einem Fehler im Gesetzgebungsverfahren, der zu ihrer Verfassungswidrigkeit führe.
Während der Beratungen im federführenden Wirtschaftsausschuss des Landtags sei die Vorschrift des § 173 Abs. 1 Satz 2 BayLTGeschO verletzt worden. Der Wirtschaftsausschuss hätte nach dieser Vorschrift auf den Antrag der Oppositionsfraktionen eine weitere Anhörung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung durchführen müssen. Er habe zwar, nachdem die Antragstellerinnen sich an die Präsidentin des Landtags gewandt hätten, in seiner Sitzung am 6. November 2014 beschlossen, eine weitere Anhörung durchzuführen, zugleich aber den Antrag, die Anhörung vor Verabschiedung des Gesetzes durchzuführen, abgelehnt. Das Gesetzgebungsverfahren sei vielmehr weitergeführt und das Gesetz beschlossen worden, ohne dass zuvor die beantragte weitere Anhörung stattgefunden habe. Darin liege ein Verstoß gegen § 173 BayLTGeschO. Denn es sei offensichtlich, dass die beantragte Anhörung nur dann Sinn ergebe, wenn über den Beratungsgegenstand noch nicht abschließend entschieden sei.
Der Verstoß gegen die Geschäftsordnungsvorschrift führe zur Verfassungswidrigkeit des vom Landtag beschlossenen Gesetzes. Bei der verletzten Geschäftsordnungsvorschrift handle es sich nicht um eine bloße Ordnungsbestimmung, sondern um eine beschlussrelevante und potenziell inhaltsbeeinflussende Verfahrensvorschrift, ohne deren Verletzung das Gesetz möglicherweise nicht oder mit anderem Inhalt verabschiedet worden wäre. Denn die zweite Anhörung habe sich insbesondere auf die neuen tatsächlichen und rechtlichen Fragen beziehen sollen, welche die von Seiten der CSU-Fraktion eingebrachten Änderungsanträge aufgeworfen hätten. Es sei also gerade nicht um eine bloße Wiederholung der bereits durchgeführten Anhörung gegangen. Schließlich sei § 173 Abs. 1 Satz 2 BayLTGeschO im Zusammenhang mit den durch Art. 16 a BV gestärkten Oppositionsrechten zu sehen. Das Parlament habe im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie sicherzustellen, dass die in Art. 16 a BV getroffene Wertentscheidung zugunsten der Opposition im parlamentarischen Alltag mit Leben erfüllt werde. Wenn es dabei in Gestalt des § 173 Abs. 1 Satz 2 BayLTGeschO bestimmte Minderheitenrechte festlege, dann sei ein Verstoß gegen eine solche Regelung nicht nur eine Verletzung der Geschäftsordnung selbst, sondern auch der verfassungsrechtlichen Vorschrift, deren Realisierung sie dienen solle.
b) Die zur Prüfung gestellten Vorschriften seien auch materiell verfassungswidrig.
aa) Die durch Art. 82 Abs. 1 BayBO bewirkte weitgehende Entprivilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich verletze sowohl das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 BV) als auch die Berufsfreiheit (Art. 101 BV) der potenziellen Betreiber.
Durch Festlegung eines Mindestabstands des 10-fachen der Höhe als Voraussetzung für die Privilegierung einer Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB habe der Gesetzgeber keinen angemessenen Ausgleich der betroffenen gegenläufigen Interessen gefunden. Er habe vielmehr den eigentumsrechtlich geschützten Raum für die Errichtung von Windkraftanlagen faktisch weitgehend verschlossen, ohne die Gründe darzutun, weshalb der Abstand mehr als das Dreifache dessen betragen müsse, was die Rechtsprechung im Rahmen des Rücksichtnahmegebots für ausreichend und zumutbar erachte. Damit werde der Gesetzgeber dem Postulat praktischer Konkordanz nicht gerecht. Das gelte umso mehr, als der Gesetzgeber zur Erreichung seiner Zwecksetzung eine pauschalierende Abstandsregelung unabhängig vom Einzelfall gewählt habe. Damit räume er dem von ihm verfolgten Zweck auch in solchen Konstellationen umfassende und uneingeschränkte Priorität ein, in denen ein geringerer Abstand der Windkraftanlage zur Wohnbebauung ohne Weiteres ausreichend wäre. Das sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Die pauschalierende Abstandsregelung lasse sämtliche Kriterien unbeachtet, die für die Frage einer optisch bedrängenden Wirkung im Einzelfall maßgeblich seien. Sie gelte unabhängig von der topografischen Lage, also auch dann, wenn die Windkraftanlage von der benachbarten Wohnbebauung aus bei einem Abstand von weniger als der 10-fachen Höhe überhaupt nicht zu sehen wäre.
Aus denselben Gründen werde die Handlungsfreiheit in beruflicher und wirtschaftlicher Hinsicht, die auch den kommerziellen Betrieb von Windkraftanlagen mit einer ökonomisch sinnvollen Höhe umfasse, unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig beschränkt.
bb) Die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden sei in mehrfacher Hinsicht verletzt:
Die nahezu vollständige Entprivilegierung von Windkraftanlagen, die aufgrund der faktischen Wirkung des Art. 82 Abs. 1 BayBO eintrete, mache den Gemeinden die Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergie in Teilflächennutzungsplänen unmöglich. Damit werde faktisch das Planungsinstrument beseitigt, das der Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den Gemeinden zur Verfügung gestellt habe. Wie bei den Grundrechten sei es auch für Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie unerheblich, ob diese zielgerichtet oder faktisch erfolgten. Ein solcher Eingriff sei verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn er zur Erreichung eines legitimen Zwecks erfolge und dazu geeignet, erforderlich sowie verhältnismäßig im engeren Sinn sei. Daran fehle es mit Blick auf die Gemeinden ebenso wie im Verhältnis zu den potenziellen Anlagenbetreibern.
Der in Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO geregelte Nichtwiderspruchsvorbehalt zugunsten der Nachbargemeinde im Hinblick auf die „Bestandskraft“ von Konzentrationsflächenausweisungen in Flächennutzungsplänen verstoße ebenfalls gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie. Durch die gesetzliche Regelung habe es die Nachbargemeinde in der Hand, den in Art. 82 Abs. 1 BayBO potenziell liegenden Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinde durch einen Widerspruch wirksam werden zu lassen. Es sei nicht ersichtlich, welchem verfassungsrechtlich legitimen Zweck dieses Widerspruchsrecht dienen solle. Der Gesetzgeber habe das Widerspruchsrecht der Nachbargemeinde vielmehr völlig unabhängig von jeglichen sachlichen Kriterien gestellt. Im Gesetz seien weder formelle noch matehelle Gründe benannt, aufgrund derer die Nachbargemeinde dem Bestandsschutz für die Konzentrationsflächenausweisung der jeweils anderen Gemeinde widersprechen dürfe. Damit unterwerfe der Gesetzgeber die Bestandsschutzregelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO einem willkürgeneigten Widerspruchsrecht der Nachbargemeinde. Die Planung der Gemeinde gerate daher unter eine sachlich nicht legitimierte Fremdbestimmung durch die Nachbargemeinde.
Aus ähnlichen Erwägungen stelle die in Art. 82 Abs. 5 BayBO geregelte Pflicht, auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken, einen verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie dar. Lehne die Nachbargemeinde aus welchen Gründen auch immer die Kooperation und damit das Hinwirken auf eine einvernehmliche Lösung ab, wäre ein gleichwohl aufgestellter Bebauungs- oder Flächennutzungsplan rechtswidrig, weil das Hinwirken auf ein Einvernehmen das beiderseitige Hinwirken und damit auch Nachgeben erfordere. Die planende Gemeinde sei daher vom „Wohlwollen“ der Nachbargemeinde abhängig und gerate damit unter deren Fremdbestimmung.
3. Verfahren Vf. 4-VIII-15
Die SPD-Fraktion begehrt mit ihrem am 9. März 2015 eingereichten und ebenfalls gegen die Fraktion der CSU und die Bayerische Staatsregierung gerichteten Antrag die Feststellung, dass Art. 82 Abs. 1,3,4 Nrn. 2 und 3, Abs. 5 sowie Art. 83 Abs. 1 BayBO gegen die Bayerische Verfassung verstoßen und nichtig sind. Wie von Abgeordneten aus ihren Reihen im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens gerügt worden sei, verletzten diese Vorschriften das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 BV), das kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 11 Abs. 2 BV) und das Eigentumsgrundrecht potenzieller Investoren von Windkraftanlagen (Art. 103 BV).
a) Das Rechtsstaatsprinzip sei verletzt, weil die Bestimmungen des Art. 82 Abs. 1, 3, 4 Nrn. 2 und 3 BayBO offenkundig und schwerwiegend gegen Bundesrecht verstießen.
aa) Die Abstandsregelung des Art. 82 Abs. 1 BayBO sei mit der Länderöffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB nicht vereinbar, weil sie durch die Wahl eines Abstandsparameters der 10-fachen Höhe einer Windkraftanlage zu einer praktisch vollständigen Entprivilegierung solcher Vorhaben führe.
Durch die Einführung der Entprivilegierung habe sich die privilegiert nutzbare Fläche auf weniger als ein Tausendstel bis auf ein Zehntausendstel der ursprünglich verfügbaren Fläche verringert. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung beziffere sie auf 0,86% der Landesfläche. Der Bundesverband Windenergie komme auf einen Wert von „nahezu Null“. Nach neuesten Ermittlungen durch die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr solle die nicht entprivilegierte Fläche unter Berücksichtigung sonstiger Ausschlusskriterien für Windkraft nur noch 0,01% der Landesfläche umfassen. Mit dieser Auswirkung lasse Art. 82 Abs. 1 BayBO für Windkraftanlagen das bundesrechtliche System der §§ 30 bis 35 BauGB leerlaufen.
Zudem sei es mit dem Wortlaut des § 249 Abs. 3 BauGB nicht vereinbar, dass in Art. 82 Abs. 1 BayBO lediglich ein relationaler Abstandsparameter normiert werde. Denn dadurch sei der Abstand zwischen Anlage und Wohnbebauung lediglich bestimmbar, entgegen der bundesgesetzlichen Vorgabe aber nicht bestimmt. Außerdem führe die Festlegung des Abstands in Abhängigkeit von der Höhe dazu, dass im Rahmen der Bauleitplanung konkrete Höhenvorgaben für Windkraftanlagen gemacht werden müssten. Dadurch sei die gewünschte Dynamisierung in Abhängigkeit von der technischen Entwicklung nicht mehr möglich.
Der vom Landesgesetzgeber festgelegte Abstandsparameter sei unangemessen und lasse sich nicht durch das Ziel rechtfertigen, eine größere Akzeptanz für Windkraftanlagen in der Bevölkerung zu erreichen. Eine Abstandsregelung der 10-fachen Höhe einer Windkraftanlage überschreite die Angemessenheitsgrenze um das Doppelte, weil die von Windkraftanlagen ausgehenden Emissionen, auch unter Berücksichtigung von optischer Erdrückungswirkung, Schattenwurf, Blendreflexion und Infraschall, unabhängig von der Höhe einer Anlage einen Radius von 800 bis 1.000 m nicht überschreiten würden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei davon auszugehen, dass bei einem Abstand der dreifachen Anlagenhöhe zwischen Windkraftanlage und Wohnbebauung eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots in der Regel zu verneinen sei.
bb) Seine bundesrechtlich eingeräumte Kompetenz habe der Landesgesetzgeber auch durch die Regelungen des Art. 82 Abs. 3 und 4 Nrn. 2 und 3 BayBO überschritten. Danach könnten sowohl die planende Gemeinde als auch eine betroffene Nachbargemeinde der Darstellung einer Konzentrationsfläche im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in einem Flächennutzungsplan durch einen bloßen Beschluss widersprechen. Einem solchen Beschluss komme die Rechtswirkung eines actus contrarius zum Satzungsbeschluss zu. Für die Aufhebung von Bauleitplänen habe der Bundesgesetzgeber aber in § 1 Abs. 8 BauGB abschließend vorgegeben, dass dies nach den für die Aufstellung geltenden Regeln zu erfolgen habe.
cc) Diese Verstöße gegen Bundesrecht seien schwerwiegend und träten offen zutage. Denn zum einen werde durch die Abstandsregelung die Arbeit der Planungsträger, die Konzentrationsflächen für die Windkraftnutzung ausgewiesen hätten oder in diesem Planungsprozess schon weit fortgeschritten seien, entwertet. Zum anderen werde in die Eigentums- und Handlungsrechte der Investoren eingegriffen, die für die Planung von Windkraftanlagen finanzielle Mittel aufgewendet hätten. Der Windkraftanlagenindustrie werde in Bayern die Betätigungsgrundlage praktisch vollständig entzogen.
b) Das kommunale Selbstverwaltungsrecht werde durch die Regelungen in Art. 82 Abs. 3, 4 Nr. 3 und Abs. 5 BayBO verletzt.
Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO gebe einer betroffenen Nachbargemeinde die Möglichkeit, durch einfachen Gemeinderatsbeschluss die Rechtswirkung einer Entprivilegierung für die in einem Flächennutzungsplan einer anderen Gemeinde enthaltenen Konzentrationsflächen herbeizuführen. Sie könne damit, ohne dass unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihr Gebiet in Rede stünden, auf die abgeschlossene Planung einer anderen Gemeinde einwirken. Das überschreite den Rahmen des § 249 Abs. 3 BauGB, widerspreche der in § 2 Abs. 2 BauGB normierten nachbargemeindlichen Abstimmungspflicht und greife ohne Rechtfertigung in die verfassungsrechtlich gewährleistete Planungshoheit ein.
Gegen das kommunale Selbstverwaltungsrecht verstoße auch Art. 82 Abs. 3 BayBO, wonach die an ein gemeindefreies Gebiet angrenzende Gemeinde die Möglichkeit habe, dort die gesetzlich angeordnete Entprivilegierungswirkung nicht eintreten zu lassen. Das überschreite wiederum den durch die Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB gezogenen Rahmen und sei zudem systemwidrig, weil es eine Befreiung von den Vorgaben des Art. 82 Abs. 1 BayBO ermögliche, dies aber nicht in das Ermessen der Genehmigungsbehörde stelle, sondern die Entscheidungsbefugnis auf die betroffene Nachbargemeinde verlagere. Damit werde deren Planungshoheit auf ein nicht zur Gemeinde gehörendes Gebiet ausgeweitet, mithin überdehnt.
Die Regelung des Art. 82 Abs. 5 BayBO verletze, soweit ihr ein eigener Regelungsgehalt zukommen sollte, ebenfalls das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Eine einvernehmliche Festlegung von Mindestabständen zwischen planender und betroffener Nachbargemeinde sei bundesrechtlich nicht vorgesehen. Wenn das landesrechtliche Gebot, auf eine einvernehmliche Festlegung hinzuwirken, nicht über das bundesrechtliche Abstimmungsgebot hinausgehe, laufe es leer. Wenn es darüber hinausgehen sollte, greife der Landesgesetzgeber ungerechtfertigt in die Planungshoheit beider betroffenen Gemeinden ein, weil eine eigenständige Planungsentscheidung nicht mehr möglich sei.
c) Eine Verletzung der Eigentumsgarantie sei darin zu erblicken, dass die Abstandsregelung des Art. 82 Abs. 1 BayBO in Bayern praktisch eine weitere Nutzung von Grund und Boden zum Zweck der Errichtung und des Unterhalts von Windkraftanlagen verhindere. Diese weit überzogene Einschränkung stelle sich nicht als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar, weil sie zur Vermeidung städtebaulicher Spannungen oder zum Schutz der Nachbarschaft nicht erforderlich und schon wegen ihrer Generalisierung nicht verhältnismäßig sei.
d) Die in Art. 83 Abs. 1 BayBO angeordnete unechte Rückwirkung der Entprivilegierung verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Der Gesetzgeber habe lediglich das Vertrauen solcher Anlagenbetreiber als schutzwürdig angesehen, die vor Ablauf des 4. Februar 2014 einen vollständigen Antrag auf Genehmigung bei der zuständigen Behörde eingereicht hätten. Die Wirkungen der Entprivilegierung beträfen mithin alle Vorhaben, für die mehr als neun Monate vor dem Inkrafttreten des Gesetzes noch keine vollständigen Genehmigungsanträge vorgelegen hätten. Für diesen Zeitpunkt fehle es aber an der Vorhersehbarkeit des Gesetzesbeschlusses, weil die dafür erforderliche Länderöffnungsklausel noch nicht geltendes Recht gewesen sei. Das Vertrauen des Landesgesetzgebers darauf, der Bundesgesetzgeber werde schon eine Ermächtigungsgrundlage schaffen, sei nicht schützenswert, jedenfalls dann nicht, wenn der Bundesgesetzgeber seinerseits keine Rückwirkungsregelung treffe. Hinzu komme, dass die Staatsregierung durch die Energieinitiative und die Pläne, weitere 1.000 bis 1.500 Windkraftanlagen in Bayern errichten zu lassen, einen eigenen, gegenläufigen Vertrauenstatbestand gesetzt habe.
III.
1. Der Bayerische Landtag hält mehrheitlich die Anträge für unbegründet.
Ein wesentlicher Gedanke bei der Schaffung der Abstandsregelung sei der Schutz der Bürger vor unnötigen Belastungen gewesen. Das Gesetz sei deshalb so ausgestaltet worden, dass nachbarschaftliche Konflikte „vor Ort“ geregelt werden müssten, und zwar nicht nur zwischen einer Gemeinde und den ortsansässigen Bürgern, sondern auch zwischen Gemeinden. Das Recht der Gemeinde in ihrem Bereich und das Abwägungsgebot würden nicht berührt. Verlangt werde lediglich das Hinwirken auf eine einvernehmliche Lösung, womit eine Auslegungshilfe gegeben werde.
Ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie liege nicht vor. Eine Abstandsfestsetzung sei notwendig und erforderlich. Der Vertrauensschutz sei durch die Wahl des 4. Februar 2014 als Stichtag nicht verletzt, weil dem Interesse der Investoren durch frühzeitige Information schon mit dem an diesem Tag bekannt gegebenen Kabinettsbeschluss zur beabsichtigten Einführung einer landesrechtlichen Abstandsregelung Rechnung getragen worden sei.
2. Die Bayerische Staatsregierung ist der Auffassung, dass im Popularklageverfahren Vf. 14-VII-14 hinsichtlich des Art. 84 Satz 3 BayBO kein öffentliches Interesse an der Fortführung des Verfahrens bestehe, weil diese Vorschrift weder vor ihrer Aufhebung noch danach Wirkungen entfaltet habe oder noch entfalten könne. Im Übrigen hält sie die Anträge für unbegründet.
a) Die Bestimmungen über den Mindestabstand für die bauplanungsrechtliche Beurteilung von Windenergieanlagen in Art. 82 Abs. 1 bis 3 BayBO betreffend das Außenbereichsregime und in Art. 82 Abs. 5 BayBO betreffend das Bauplanungsregime seien mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.
aa) Das Rechtsstaatsprinzip sei nicht wegen eines Widerspruchs zum Bundesrecht verletzt.
(1) Art. 82 Abs. 1 bis 3 BayBO enthielten eine durch § 249 Abs. 3 BauGB gedeckte abstandsbezogene Einschränkung der fortbestehenden bundesrechtlichen Privilegierungsregelung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB.
Die angegriffenen Bestimmungen bewirkten keine vollständige Entprivilegierung der Windenergienutzung im Außenbereich, sondern eine abstandsbezogene Einschränkung. Der Länderöffnungsklausel ließen sich weder eine Grundsatzentscheidung zugunsten des fortgesetzten Ausbaus der Windenergienutzung im Außenbereich noch irgendwelche inhaltlich einschränkenden Kategorien wie „Angemessenheit“ oder „auch künftig bestehende wirtschaftliche Realisierbarkeit“ entnehmen. § 249 Abs. 3 BauGB verpflichte den Landesgesetzgeber auch nicht dazu, der Windenergie in substanzieller Weise Raum zu belassen.
Im Übrigen verschaffe der Freistaat Bayern der Windenergienutzung auch weiterhin substanziell Raum. Zum einen würden ihr mittels Art. 82 Abs. 5 BayBO durch teilweise Überführung in das Bauplanungsregime zusätzliche Räume eröffnet. Zum anderen sei in Art. 82 Abs. 4 BayBO eine Übergangsregelung zugunsten bereits bestehender Festlegungen von Konzentrationsflächen in Flächennutzungsplänen geschaffen worden. Allein aufgrund dieser Vorschrift bleibe die Realisierung von 700 Anlagen möglich, ohne dass die 10 H-Regelung gelte. Zudem sehe sich die Staatsregierung auch weiterhin an die früher getroffenen Festlegungen im Energiekonzept „Energie innovativ“ sowie an die im gegenwärtig geltenden Landesentwicklungsprogramm formulierte Zielsetzung gebunden, dass erneuerbare Energien verstärkt zu erschließen und zu nutzen seien.
(2) Die Hinwirkungspflicht des Art. 82 Abs. 5 BayBO sei ebenfalls mit Bundesrecht vereinbar.
Diese Regelung, die die Situation nach teilweiser Überführung der Windenergienutzung in das Bauplanungsregime betreffe, stelle keine zusätzlichen Anforderungen jenseits des bestehenden Abwägungsgebots, sondern sei ausdrücklich innerhalb des Rahmens der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB verortet. Es handle sich ausweislich der Gesetzesbegründung um eine Klarstellung oder Auslegungshilfe. Art. 82 Abs. 5 BayBO lege den Gemeinden keine Verpflichtungen auf, die sich nicht schon bundesrechtlich aus § 1 Abs. 7 und § 2 Abs. 2 BauGB ergäben und nicht durch § 249 Abs. 3 BauGB gedeckt wären. Es werde keine Zustimmungsbedürftigkeit im Sinn eines Vetorechts zugunsten der Nachbargemeinde begründet. Verlangt werde von der planenden Gemeinde, dass sie im Hinblick auf den nunmehr landesgesetzlich begründeten Schutz des Außenbereichs vor einer Bebauung mit Windenergieanlagen innerhalb eines Abstands der 10-fachen Höhe mit der betroffenen Nachbargemeinde den Kontakt mit dem Ziel einer möglichst konsensualen Abstandsfestlegung suche. Diese Hinwirkungspflicht habe sowohl eine verfahrensmäßige als auch eine materielle Komponente, beziehe sich aber nicht auf die durch § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 2 BauGB abschließend geregelte planerische Abwägung, sondern auf die Inhaltsbestimmung eines Teils des Abwägungsmaterials. Für die Einführung einer solchen Pflicht besitze der Landesgesetzgeber aufgrund des § 249 Abs. 3 BauGB die Gesetzgebungskompetenz. Denn Art. 82 Abs. 5 BayBO erweise sich als Teil des Abstandsfolgenrechts.
Aus diesen Gründen liege in Art. 82 Abs. 5 BayBO auch kein Eingriff in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung.
bb) Durch Art. 82 Abs. 1 bis 3 BayBO würden keine Grundrechte der Bayerischen Verfassung verletzt.
(1) Ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Eigentum liege nicht vor. Zwar würden die Eigentümer von bislang für die Windenergienutzung privilegierten Grundstücken im Außenbereich durch die angegriffenen Vorschriften in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsposition beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung stelle aber weder eine komplette Aushöhlung noch eine komplette Entprivilegierung dar. Zudem betreffe sie nur eine einzige von vielen im Außenbereich in Betracht kommenden Nutzungsarten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die 1997 vom Bundesgesetzgeber getroffene Entscheidung, die Windenergienutzung überhaupt in den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB aufzunehmen, einer autonomen politischen Entscheidung entsprungen sei. Demzufolge müsse es nunmehr auf der Grundlage der Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB dem Landesgesetzgeber auch möglich sein, die damals getroffene Entscheidung einzuschränken. Das gelte umso mehr, als das Baurecht vom Grundsatz der Planmäßigkeit beherrscht werde und der Außenbereich grundsätzlich vor Bebauung zu schützen sei.
Die Belange der bislang mit einer Nutzung ihrer Außenbereichsgrundstücke für Zwecke der Windstromerzeugung rechnenden Grundstückseigentümer könnten daher keine unüberwindbare Schranke gegenüber dem reformwilligen Gesetzgeber aufrichten. Die Eigentumseinschränkung sei durch die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele, die Akzeptanz von Windenergieanlagen im Interesse der Anlieger und des Friedens in den betroffenen Gemeinden zu steigern und damit geordnete städtebauliche Verhältnisse zu schaffen, gerechtfertigt. Die Hinweise der Antragsteller auf die immissionsschutz- und baurechtliche Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot übersähen, dass der Gesetzgeber nicht durch eine auf das bisher geltende Recht bezogene Rechtsprechung gebunden sei, sondern grundsätzlich über das Mandat verfüge, die Verschiebung der Abstandsfläche politisch zu entscheiden.
(2) In das Grundrecht der Handlungsfreiheit in seiner Ausprägung als Berufsfreiheit werde ebenfalls nicht in verfassungswidriger Weise eingegriffen. Maßnahmen, welche die Grundstücksnutzung reglementierten, seien insoweit grundsätzlich nicht als rechtfertigungsbedürftige Eingriffe anzusehen. Verfassungsrechtlicher Maßstab sei vielmehr allein die Eigentumsgarantie. Aufgrund ihrer Grundstücksbezogenheit fehle den bauplanungsrechtlichen Restriktionen die „berufsregelnde Tendenz“. Im Übrigen wären die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden Anforderungen an bloße Berufsausübungsregelungen gewahrt.
(3) Die Regelungen des Art. 82 Abs. 1 bis 3 BayBO seien auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. Dieser verbiete dem Gesetzgeber nicht, für Windkraftanlagen andere Privilegierungsregelungen vorzusehen als etwa für Starkstromtrassen. Jeder der in § 35 Abs. 1 BauGB enthaltenen Privilegierungstatbestände sei in seinen eigenen Kontext eingebettet und beruhe auf unterschiedlichen gesetzgeberischen Zielsetzungen. Ein Gebot, dass im Hinblick auf die Abstandsfestlegung sämtliche Privilegierungstatbestände gleich behandelt werden müssten, sei der Rechtsordnung nicht zu entnehmen.
b) Die Regelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO sei ebenfalls mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.
aa) Diese Bestimmung betreffe ausschließlich vorhandene Flächennutzungspläne mit Konzentrationsflächen für Windenergie gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, auf denen Windkraftanlagen bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung am 21. November 2014 auch innerhalb des nunmehrigen Mindestabstands möglich gewesen seien. Sie gewährleiste, dass dort entsprechende Vorhaben weiterhin unter Inanspruchnahme der vormaligen uneingeschränkten Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB realisiert werden könnten. Dafür stelle Art. 82 Abs. 4 BayBO zwei Voraussetzungen auf. Zum einen dürfe die Gemeinde, die den Flächennutzungsplan aufgestellt habe, der Fortgeltung der Darstellungen nicht bis einschließlich 21. Mai 2015 widersprechen; zum anderen dürfe von einer betroffenen Nachbargemeinde kein entsprechender Widerspruch erhoben werden. Der drohende „Verlust“ der Vorhabenrealisierung im Außenbereichsregime werde nicht etwa durch den Widerspruch der Nachbargemeinde ausgelöst, sondern bereits dadurch, dass der Landesgesetzgeber grundsätzlich mit Wirkung ab 21. November 2014 durch Art. 82 Abs. 1 bis 3 BayBO die bislang bestehende Privilegierung zugunsten der Windenergienutzung im Außenbereich eingeschränkt habe. Diese gesetzgeberische Maßnahme habe die Steuerungswirkung bestehender Flächennutzungspläne beseitigt, während die Übergangsregelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO die Perspektive einer möglicherweise doch fortbestehenden uneingeschränkten Privilegierung eröffne.
Mit diesem Inhalt stehe Art. 82 Abs. 4 BayBO nicht im Widerspruch zur bundesrechtlichen Vorschrift des § 1 Abs. 8 BauGB, wonach die Vorschriften über die Aufstellung von Bauleitplänen auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung anzuwenden seien. Denn sowohl ein etwaiger Widerspruch der den Flächennutzungsplan aufstellenden Gemeinde als auch ein etwaiger Widerspruch der Nachbargemeinde ließen Bestand und Inhalt des betroffenen Flächennutzungsplans unberührt. Die Rechtsfolge solcher Widersprüche bestehe vielmehr darin, dass die durch Art. 82 Abs. 4 Nr. 1 BayBO überhaupt erst geschaffene Möglichkeit des fortwirkenden Außenbereichsregimes innerhalb des Mindestabstands auf der Grundlage eines bestehenden Flächennutzungsplans verloren gehe, nicht aber der Flächennutzungsplan selbst.
bb) Keine verfassungsrechtlichen Bedenken ergäben sich daraus, dass der Landesgesetzgeber zwar eine Übergangsregelung im Hinblick auf bestehende Flächennutzungspläne, nicht aber im Hinblick auf Ausweisungen in bestehenden Regionalplänen getroffen habe. Letztere enthielten keine höhenbezogenen Festlegungen und seien in Zukunft je nach ihrem Inhalt (Vorrang- oder Vorbehaltsgebietsfestsetzung) weiterhin von den Gemeinden in Anbetracht der neuen Abstandsregelung zu beachten und von den Planungsträgern fortzuschreiben. Die Nichtaufnahme einer entsprechenden Bestandsschutzregelung sei der Überlegung geschuldet, die angestrebte inhaltliche Neuregelung nicht noch weiter aufzuschieben. Hierin liege kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot. Zum einen stehe keine Ungleichbehandlung von Grundrechtsträgern infrage. Zum anderen unterschieden sich Regionalpläne in mehrfacher Hinsicht von den deutlich kleinteiligeren Flächennutzungsplänen. Insbesondere würden die von den Regionalen Planungsverbänden aufgestellten Regionalpläne im Unterschied zu den von den Gemeinden aufgestellten Flächennutzungsplänen nicht von der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung erfasst.
Die Nichteinbeziehung der Regionalpläne verstoße auch nicht gegen die Länderöffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB. Dessen Satz 2 ermächtige die Länder, die Einzelheiten unter anderem zu den Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen und Raumordnungsplänen zu regeln, normiere aber keine unbedingte Regelungspflicht. Selbst wenn man eine solche Pflicht annehmen wollte, würde diese nur entstehen, wenn die Neuregelung konkrete rechtliche Folgen für die Regionalpläne auslösen würde, was aber nicht der Fall sei.
cc) Die durch Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO zugunsten der Nachbargemeinde eröffnete befristete Widerspruchsbefugnis verstoße ebenfalls nicht gegen § 249 Abs. 3 BauGB. Diese Regelung ermächtige die Länder dazu, die Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen zu regeln. Sie ermögliche damit zugleich, eine Übergangsregelung zu treffen und diese wiederum von verschiedenen Voraussetzungen abhängig zu machen, darunter der Nichtausübung einer den betroffenen Nachbargemeinden eingeräumten Widerspruchsbefugnis. Selbst wenn man hierin einen Verstoß gegen Bundesrecht erblicken wollte, handle es sich jedenfalls nicht um einen offensichtlichen, in besonders krasser Weise die Rechtsordnung verletzenden Verstoß.
dd) Die Einräumung einer Widerspruchsbefugnis zugunsten der betroffenen Nachbargemeinde, von der im Übrigen nur in 21 Fällen Gebrauch gemacht worden sei, stelle auch keinen verfassungswidrigen Eingriff in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung dar.
Deren Schutzbereich sei nicht berührt, soweit es um die durch Art. 82 Abs. 3 BayBO geregelte Widerspruchsbefugnis einer Nachbargemeinde im Hinblick auf Vorhaben in einem gemeindefreien Gebiet gehe. Denn im gemeindefreien Gebiet gelte die Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht.
Durch die Widerspruchsbefugnis gegen die Fortgeltung der Ausweisung im Flächennutzungsplan einer anderen Gemeinde sei zwar deren verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit berührt. Es liege aber kein Eingriff in die Eigenverantwortlichkeitsgarantie vor. Die Ausübung der befristeten Widerspruchsbefugnis bewirke nämlich keineswegs, dass über die Bauleitplanung einer anderen Gemeinde entschieden werden dürfe oder die Steuerungswirkung der Windkraftplanung einer anderen Gemeinde aufgehoben werden könne. Im Verhältnis zu der alternativ möglichen gesetzgeberischen Entscheidung, gar keine Übergangsregelung im Hinblick auf bestehende Flächennutzungspläne vorzusehen, stelle die Einräumung einer überdies befristeten Widerspruchsbefugnis zugunsten der betroffenen Nachbargemeinden eine deutlich mildere Maßnahme dar. Es sei der Gesetzgeber selbst, der den bestehenden Flächennutzungsplänen durch die in Art. 82 Abs. 1 bis 3 BayBO getroffene Abstandsregelung grundsätzlich die Steuerungswirkung innerhalb des Außenbereichsregimes nehme. Zudem könne die Ausübung der Widerspruchsbefugnis die Gemeinde, die den hierdurch suspendierten Flächennutzungsplan aufgestellt habe, nicht daran hindern, ein neues Verfahren zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans nebst daraus zu entwickelndem Bebauungsplan einzuleiten. Ein Widerspruch der Nachbargemeinde könne damit nicht dauerhaft verhindern, dass die Windkraftnutzung auf den nicht mehr privilegierten Flächen durch Überführung in das Bauplanungsregime verwirklicht werde. Es sei nicht ersichtlich, dass die kommunale Planungshoheit gerade darauf bezogen sei, bestimmte Vorhaben im Außenbereichs- statt im Bauplanungsregime verwirklicht zu sehen.
Selbst wenn die Widerspruchsbefugnis zugunsten der betroffenen Nachbargemeinde als Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der planenden Gemeinde anzusehen sein sollte, wäre dieser jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die Auswirkung, die die Ausübung der Widerspruchsbefugnis zeitige, sei außerordentlich gering. Denn die Gemeinde könne ihre beispielsweise auf die Windkraftnutzung innerhalb des Mindestabstands zielenden planerischen Vorstellungen jederzeit durch einen Wechsel in das Bauplanungsregime verwirklichen. Jedenfalls wäre ein Eingriff durch das Ziel des Gesetzgebers gerechtfertigt, den neu eingeführten Mindestabstand nicht gegen den Willen betroffener Nachbargemeinden zu suspendieren, um eine Akzeptanzsteigerung zugunsten der Windenergie zu fördern.
c) Die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO sei verfassungsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden.
Sie bilde neben Art. 82 Abs. 4 BayBO den zweiten Baustein, mit dem der Gesetzgeber einen Übergangsschutz zugunsten der Investoren habe bewirken wollen. Bei dem gewählten Stichtag handle es sich um einen vertrauenszerstörenden Zeitpunkt, weil der Ministerrat an diesem Tag die Eckpfeiler der bayerischen Regelung beschlossen und der Öffentlichkeit mitgeteilt habe. Mit Art. 83 Abs. 1 BayBO habe der Gesetzgeber, ohne durch die Verfassung hierzu verpflichtet zu sein, eine Übergangsregelung geschaffen, mit der er dem Umstand Rechnung tragen wolle, dass die Abstandsflächenregelung teilweise auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte einwirke. Daran sei er verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht gehindert, solange bei einer Gesamtabwägung nicht die Grenze der Zumutbarkeit überschritten werde. Dafür sei nichts ersichtlich. Auf Seiten der Investoren und Grundstückseigentümer stünden nur vergleichsweise schwache Rechtspositionen im Raum, bei denen sich sogar bezweifeln ließe, ob sie überhaupt die Grundlage für entstandenes Vertrauen bilden könnten. Denn die bloße Antragstellung bei der zuständigen Behörde begründe noch kein Vertrauen auf die Erteilung der angestrebten Genehmigung. Auf der anderen Seite der Gesamtabwägung stehe das vom Gesetzgeber mit dem möglichst frühzeitigen und unbeschränkten Inkrafttreten der Neuregelung verfolgte Ziel der Akzeptanzsteigerung beim weiteren Ausbau der Windenergie. Dass bei der Gesamtabwägung die Grenze der Zumutbarkeit überschritten worden wäre, läge selbst dann nicht auf der Hand, wenn der Gesetzgeber die Neuregelung übergangslos in Kraft gesetzt hätte. Jedenfalls aber handle es sich bei dem Übergangsschutz durch Art. 83 Abs. 1 BayBO um eine zumutbar ausgestaltete Stichtagsregelung.
d) Aus dem Gesetzgebungsverfahren ergäben sich keine Mängel, die zur Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Bestimmungen führten. Es sei nicht gegen § 173 BayLTGeschO und damit zugleich gegen Art. 16 a BV verstoßen worden.
Der federführende Wirtschaftsausschuss habe eine Anhörung durchgeführt und sei durch § 173 Abs. 1 Satz 2 BayLTGeschO nicht dazu verpflichtet gewesen, die Durchführung einer zweiten Anhörung zu beschließen. Gemeint sei mit dieser Geschäftsordnungsbestimmung, dass zwei verschiedene Gegenstände pro Kalenderjahr auf Verlangen der parlamentarischen Minderheit in jeweils einer Anhörung behandelt werden müssten. Gehe es, wie hier, um einen Gesetzentwurf oder verschiedene weitere Beschlüsse im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens, sei zu berücksichtigen, dass dieses in Art. 71 ff. BV als einheitlicher Vorgang ausgestaltet sei, der durch die Geschäftsordnung nicht in Teilgegenstände zerlegt werde. Gegenstand der Beratung sei der durch die eingebrachte Gesetzesvorlage konturierte und sodann im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens durch die verschiedenen Beschlüsse und Änderungsanträge konkretisierte Gegenstand des werdenden Gesetzes. Dass nunmehr § 173 Abs. 2 BayLTGeschO in der ab 10. Dezember 2014 geltenden Fassung die Vorschrift über die obligatorische Durchführung einer Anhörung nach Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich für nicht anwendbar erkläre, wenn eine erneute Anhörung zu demselben Beratungsgegenstand beantragt werde, habe daher lediglich klarstellende Funktion.
Selbst wenn aber der Beschluss über die Durchführung einer zweiten Anhörung geboten gewesen sein sollte und die Geschäftsordnung ihm einen Suspensiveffekt für das Gesetzgebungsverfahren zubilligen sollte, würde das gleichwohl keinen beachtlichen Mangel im Gesetzgebungsverfahren begründen und nicht zur Verfassungswidrigkeit des vom Landtag beschlossenen Gesetzes führen. Denn ein Suspensiveffekt des Durchführungsbeschlusses einer zweiten Anhörung sei weder ausdrücklich in der Verfassung vorgeschrieben noch gehöre er im Sinn der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu den unabdingbaren Grundsätzen der demokratischen rechtsstaatlichen Ordnung. Daran ändere sich durch Art. 16 a BV nichts.
3. Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag hält die Anträge ebenfalls für unbegründet und schließt sich der Stellungnahme der Staatsregierung an.
IV.
1. Die Popularklage Vf. 14-VII-14 ist zulässig, soweit sie sich gegen Art. 82 Abs. 1 und 2, Art. 83 Abs. 1 BayBO und das Unterlassen einer dem Art. 82 Abs. 4 Nr. 1 BayBO vergleichbaren Regelung für Regionalpläne richtet. Unzulässig ist sie, soweit sie Art. 82 Abs. 3, 4 Nrn. 2 und 3, Abs. 5 BayBO sowie den inzwischen aufgehobenen Art. 84 Satz 3 BayBO a. F. zum Gegenstand hat.
a) Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dazu zählen die von den Antragstellern angegriffenen Vorschriften der Bayerischen Bauordnung.
b) Eine Popularklage ist nur zulässig, wenn der Antragsteller die angefochtenen Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts im Einzelnen bezeichnet und darlegt, inwiefern sie seiner Meinung nach zu einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung in Widerspruch stehen (Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG). Sind mehrere Normen angegriffen, so muss dies für jede einzelne von ihnen ersichtlich sein (VerfGH vom 28.6.2013 VerfGHE 66, 101/109 f. m. w. N.).
Die Antragsteller haben sowohl für die Grundregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO über das Erfordernis eines Mindestabstands für Windkraftanlagen im Außenbereich als Voraussetzung für die privilegierte Zulassung wie auch für die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO und deren – ursprüngliche -zeitliche Beschränkung durch Art. 84 Satz 3 BayBO jeweils ausreichend dargelegt, dass diese Bestimmungen ihrer Meinung nach die Grundrechte der Handlungsfreiheit (Art. 101 BV), des Eigentums (Art. 103 Abs. 1 BV) und der Gleichbehandlung (Art. 118 Abs. 1 BV) verletzen.
Keine eigenständigen, über die Folgen der behaupteten Verfassungswidrigkeit des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO hinausgehenden Einwände richten die Antragsteller gegen Art. 82 Abs. 3 BayBO und die Bestandsschutzregelung des Art. 82 Abs. 4 Nr. 1 BayBO für Flächennutzungspläne, in denen für Windenergieanlagen vor dem 21. November 2014 eine Darstellung für die Zwecke des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erfolgt ist. Mit Blick auf Art. 82 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist allerdings die Rüge zu berücksichtigen, das Unterlassen einer vergleichbaren Bestandsschutzregelung für entsprechende Ausweisungen durch Regionalpläne verletze das Gleichbehandlungsgebot des Art. 118 Abs. 1 BV. Denn auch ein Unterlassen des Gesetzgebers kann zulässiger Gegenstand einer Popularklage sein, wenn – wie hier – in substanziierter Weise geltend gemacht wird, der Normgeber sei aufgrund einer Grundrechtsbestimmung der Bayerischen Verfassung zum Erlass einer bestimmten Regelung verpflichtet (vgl. VerfGH vom 25.2.2013 VerfGHE 66, 6/13 m. w. N).
Im Hinblick auf Art. 82 Abs. 4 Nrn. 2 und 3 sowie Abs. 5 BayBO fehlt es an einer Grundrechtsrüge. Auf eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) wegen des von den Antragstellern insoweit in erster Linie geltend gemachten Verstoßes gegen Bundesrecht kann eine Popularklage für sich allein nicht gestützt werden, weil diese Verfassungsnorm kein Grundrecht verbürgt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.6.2004 VerfGHE 57, 62/65; vom 23.8.2012 BayVBI 2013, 17/18). Soweit die Antragsteller weiter rügen, Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 BayBO verletzten das in Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV verankerte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden, können sie darauf die Popularklage ebenfalls nicht in zulässiger Weise stützen. Insoweit handelt es sich nicht um ein Grundrecht, das dem Schutz des einzelnen Bürgers dient (VerfGH vom 19.4.2007 VerfGHE 60, 80/87; vom 29.10.2012 VerfGHE 65, 247/255).
c) Soweit sich die Popularklage gegen Art. 84 Satz 3 BayBO richtet, ist sie unzulässig geworden, weil der Gesetzgeber diese Vorschrift durch § 3 Nr. 2 des Änderungsgesetzes vom 24. Juli 2015 (GVBI S. 296) aufgehoben hat.
Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Prüfung, ob eine Rechtsvorschrift verfassungswidrig ist, seiner Beurteilung grundsätzlich den Rechtszustand im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nur dann, wenn noch ein objektives Interesse an der Feststellung besteht, ob sie mit der Bayerischen Verfassung vereinbar waren (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.11.1996 VerfGHE 49, 153/157; vom 25.6.2010 VerfGHE 63, 83/93 f.). Ein solches objektives Interesse besteht dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Rechtsnorm noch rechtliche Wirkungen entfalten kann, etwa weil sie für künftige (z. B. gerichtliche) Entscheidungen noch rechtlich relevant ist (vgl. VerfGH vom 3.7.1973 VerfGHE 26, 87/93; vom 4.5.2012 VerfGHE 65, 73/80; vom 7.8.2012 VerfGHE 65, 143/149; vom 12.7.2013 VerfGHE 66, 125/131 ff.).
Das ist bei Art. 84 Satz 3 BayBO nicht der Fall. Die Vorschrift hatte bestimmt, dass die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO zugunsten von Vorhaben, für die vor Ablauf des 4. Februar 2014 bei der zuständigen Behörde ein vollständiger Genehmigungsantrag eingegangen ist, mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft tritt. Da Art. 84 Satz 3 BayBO bereits – deutlich -vor dem mit ihm angeordneten „Verfallsdatum“ aufgehoben wurde, können sich aus der ursprünglichen zeitlichen Beschränkung der Übergangsregelung keine rechtlichen Wirkungen mehr ergeben.
d) Soweit die Popularklage in zulässiger Weise erhoben ist (also mit Blick auf Art. 82 Abs. 1 und 2, Art. 83 Abs. 1 BayBO und das Unterlassen einer dem Art. 82 Abs. 4 Nr. 1 BayBO vergleichbaren Regelung für Regionalpläne), erstreckt der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, selbst wenn sie nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie – wie das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) – keine Grundrechte verbürgen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.9.2012 VerfGHE 65, 152/161; vom 16.6.2015 BayVBI 2015, 707 Rn. 32).
2. Die Anträge in den Verfahren Vf. 3-VIII-15 und Vf. 4-VIII-15 sind als Meinungsverschiedenheiten zulässig.
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach Art. 75 Abs. 3 BV Meinungsverschiedenheiten darüber, ob durch ein Gesetz die Verfassung geändert wird oder ob ein Antrag auf unzulässige Verfassungsänderung vorliegt. Meinungsverschiedenheiten in diesem Sinn liegen gemäß Art. 49 Abs. 1 VfGHG auch dann vor, wenn – wie hier – Streit darüber besteht, ob durch ein Gesetz die Verfassung verletzt wird (vgl. VerfGH vom 12.8.1994 VerfGHE 47, 184/189; vom 21.2.2002 VerfGHE 55, 28/35). Die Meinungsverschiedenheit muss zwischen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organen oder Teilen derselben entstanden sein. Ihnen stehen Fraktionen gleich, die in sich die Mehrheit der mit gegenteiligen Auffassungen sich gegenüberstehenden Abgeordneten vereinigen. Die Meinungsverschiedenheit muss bereits im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar geworden sein (VerfGH vom 27.7.1972 VerfGHE 25, 97/107 ff.; vom 19.10.1994 VerfGHE 47, 241/252 f.).
Die Landtagsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER (Vf. 3-VIII-15) sowie der SPD (Vf. 4-VIII-15) sind demnach antragsberechtigt (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 VfGHG). Sie haben als Antragsgegnerinnen zutreffend die Landtagsfraktion der CSU und die Staatsregierung benannt. Mit den Stimmen der ersteren wurden die streitgegenständlichen gesetzlichen Bestimmungen gegen die Stimmen aus den Reihen der Antragstellerinnen beschlossen (Plenarprotokoll 17/29 vom 12. November 2014 S. 2079 und Anlage 1). Letztere hat den zugrunde liegenden Gesetzentwurf nach Art. 71 BV eingebracht (LT-Drs. 17/2137), zu dem wiederum Abgeordnete aus der CSU-Fraktion drei in den Gesetzesbeschluss aufgenommene Änderungsanträge gestellt haben (LT-Drs. 17/3415, 3416 und 3417).
Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Antragstellerinnen und den Antragsgegnerinnen über die Verfassungsmäßigkeit von Art. 82 Abs. 1 bis 5 BayBO (Verfahren Vf. 3-VIII-15) bzw. Art. 82 Abs. 1, 3, 4 Nrn. 2 und 3, Abs. 5 sowie Art. 83 Abs. 1 BayBO (Verfahren Vf. 4-VIII-15) sind bereits während des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar geworden (Plenarprotokoll 17/29 vom 12. November 2014 S. 2043 ff., 2066 ff.). Zwischen den Rügen, die von einzelnen Abgeordneten der antragstellenden Fraktionen während der Landtagsberatung erhoben worden sind, und den verfahrensgegenständlichen Meinungsverschiedenheiten besteht Identität sowohl nach den in Streit stehenden Vorschriften als auch nach den als verletzt gerügten Verfassungsnormen (vgl. VerfGHE 25, 97/109 f.; 47, 241/252 f.; 55, 28/35).
V.
Die Popularklage Vf. 14-VII-14 ist – im Rahmen ihrer Zulässigkeit – insgesamt unbegründet. Die Anträge in den Verfahren Vf. 3-VIII-15 und Vf. 4-VIII-15 sind nur zum Teil begründet.
Das Änderungsgesetz vom 17. November 2014 (GVBI S. 478), durch dessen § 1 die in Streit stehenden Vorschriften in die Bayerische Bauordnung eingefügt worden sind, ist verfassungsgemäß zustande gekommen (1.). Inhaltlich mit der Bayerischen Verfassung vereinbar sind die Grundregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO sowie die Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 1 BayBO zur Einführung eines höhenbezogenen Mindestabstands für Windkraftanlagen als Voraussetzung für die bauplanungsrechtliche Privilegierung im Außenbereich (2.). Verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden sind die Sonderregelung in Art. 82 Abs. 3 BayBO für gemeindefreie Gebiete (3.), die Bestandsschutzregelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Flächennutzungspläne (4.) und das Unterlassen einer vergleichbaren Bestimmung für Regionalpläne (5.). Verfassungswidrig ist hingegen die in Art. 82 Abs. 5 BayBO den Gemeinden auferlegte Pflicht, bei der Aufstellung von Bauleitplänen, die für Vorhaben der Windenergienutzung einen geringeren als den Mindestabstand festsetzen wollen, im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken; diese Vorschrift steht in einem offensichtlichen und schwerwiegenden Widerspruch zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes und verstößt deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung (6.).
1. Das Änderungsgesetz vom 17. November 2014 (GVBI S. 478) ist entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen im Verfahren Vf. 3-VIII-15 verfassungsgemäß zustande gekommen.
Dem steht nicht entgegen, dass der federführende Wirtschaftsausschuss dem Antrag der Opposition auf Durchführung einer zweiten Anhörung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung vor der abschließenden Behandlung im Landtag am 12. November 2014 nicht nachgekommen ist. Die Ablehnung dieses Antrags in zeitlicher Hinsicht durch die Ausschussmehrheit in der Sitzung am 6. November 2014 dürfte allerdings gegen die Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag (BayLTGeschO) in der bis 9. Dezember 2014 geltenden Fassung vom 14. August 2009 (GVBI S. 420) verstoßen haben. Nach § 173 Abs. 1 Satz 2 BayLTGeschO a. F. war der Ausschuss auf Verlangen eines Fünftels seiner Mitglieder aus den Fraktionen, die nicht die Staatsregierung stützen, verpflichtet, bis zu zwei Anhörungen pro Kalenderjahr zu beschließen. Dieses Minderheitenrecht hat nach dem Wortlaut der Regelung grundsätzlich auch auf einen Beratungsgegenstand Anwendung gefunden, zu dem – wie hier – bereits eine Anhörung durchgeführt worden war. Die Geschäftsordnung lässt erst in der ab 10. Dezember 2014 geltenden Fassung (GVBI S. 594) eine solche erneute Anhörung nur noch aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses zu und schließt die Anwendung des Minderheitenrechts insoweit ausdrücklich aus (§ 173 Abs. 2 BayLTGeschO n. F.). Auch ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antrag allein auf Zeitverzögerung gerichtet und deshalb missbräuchlich gewesen sein könnte; denn nach Durchführung der ersten Anhörung am 3. Juli 2014 waren aus den Reihen der CSU-Fraktion noch drei Änderungsanträge eingebracht worden, die vom Wirtschaftsausschuss in seine Beschlussempfehlung aufgenommen wurden und zu einer nicht unerheblichen Ergänzung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung geführt haben. Schließlich dürfte es nach Sinn und Zweck des Minderheitenrechts geboten gewesen sein, die beantragte weitere Anhörung vor der abschließenden Behandlung im Landtag durchzuführen und nicht in eine rückblickende Evaluation des beschlossenen und in Kraft getretenen Gesetzes umzufunktionieren.
Das kann jedoch letztlich dahinstehen. Verstöße gegen die Geschäftsordnung berühren nämlich die Wirksamkeit gefasster Gesetzesbeschlüsse grundsätzlich nicht (VerfGH vom 15.12.1982 VerfGHE 35, 148/162). Ein Gesetz, das unter Verstoß gegen Geschäftsordnungsvorschriften zustande kommt, ist noch nicht allein wegen dieses Verstoßes verfassungswidrig (vgl. BVerfG vom 14.10.1970 BVerfGE 29, 221/234). Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Geschäftsordnungsbestimmung Verfassungsrecht konkretisiert; denn dann liegt im Verstoß gegen die Geschäftsordnungsbestimmung gleichzeitig ein Verstoß gegen die Verfassung selbst (Brandner, NVwZ 2009, 211/212; Meermagen/Schultzky, VerwArch 2010, 539/541). Das ist bei der in § 173 BayLTGeschO geregelten Informationsgewinnung durch Anhörungen von Sachverständigen, Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern und anderen Auskunftspersonen nicht der Fall. Weder Art. 72 Abs. 1 noch andere Bestimmungen der Bayerischen Verfassung verpflichten zur Durchführung solcher Anhörungen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens (Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 72 Rn. 11). Auch zum Schutz der parlamentarischen Minderheit ist ein solches institutionalisiertes Informationsrecht in der Verfassung weder ausdrücklich noch als Gewohnheitsrecht noch gar als Bestandteil der unabdingbaren Grundsätze der demokratischen rechtsstaatlichen Ordnung enthalten. Es ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 16 a BV, weil dieser die verfassungsmäßigen Rechte der Opposition und der Fraktionen lediglich festgeschrieben, aber nicht verändert oder erweitert hat (VerfGHE 55, 28/35 f.).
2. Die Grundregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO sowie die Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 1 BayBO zur Einführung eines höhenbezogenen Mindestabstands für Windkraftanlagen als Voraussetzung für die bauplanungsrechtliche Privilegierung im Außenbereich sind inhaltlich mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.
a) Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ist entgegen dem Haupteinwand der Antragsteller nicht wegen eines Widerspruchs dieser Vorschriften zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes verletzt.
Prüfungsmaßstab in den Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist allein die Bayerische Verfassung. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Frage, ob der bayerische Gesetzgeber höherrangiges Bundesrecht verletzt hat, nur am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung überprüft werden. Dieses erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder Verstoß gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Art. 3 Abs.1 Satz 1 BV ist vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (vgl. VerfGH vom 21.12.2011 VerfGHE 64, 224/228; vom 16.6.2015 BayVBI 2015, 707 Rn. 43). Das gilt auch für die Beurteilung der Frage, ob der Landesgesetzgeber die bundesrechtliche Kompetenzordnung des Grundgesetzes eingehalten hat (VerfGH vom 18.4.2002 VerfGHE 55, 57/64; vom 15.5.2014 BayVBI 2014, 688 Rn. 69).
Ein solcher offenkundiger und schwerwiegender Verstoß lässt sich nicht feststellen. Die Grundregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO sowie die Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 1 BayBO halten sich innerhalb des Gestaltungsspielraums, den der Bund den Ländern durch § 249 Abs. 3 BauGB eröffnet hat.
aa) § 249 Abs. 3 BauGB, der mit Gesetz vom 15. Juli 2014 (BGBl I S. 954) in das Baugesetzbuch eingefügt wurde, ermächtigt die Länder, durch bis zum 31. Dezember 2015 zu verkündende Landesgesetze zu bestimmen, dass § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung findet, wenn sie einen bestimmten Abstand zu den im Landesgesetz bezeichneten zulässigen baulichen Nutzungen einhalten (Satz 1). In den Landesgesetzen sind die Einzelheiten, insbesondere zur Abstandsfestlegung und zu den Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen und Raumordnungsplänen, zu regeln (Satz 2). Die Länder können auch Abweichungen von den festgelegten Abständen zulassen (Satz 3).
Mit dieser Öffnungsklausel ermöglicht der Bund im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) den Ländern, den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB für Windenergieanlagen durch Festlegung von Mindestabständen insbesondere zu Wohnbebauung einzuschränken. Durch eine solche Abstandsregelung kann der Landesgesetzgeber das maßgebliche bundesrechtliche Zulässigkeitsregime für Windenergieanlagen im Außenbereich abstandsbezogen steuern: Nur wenn ein Vorhaben den landesrechtlich festgelegten Abstand einhält, richtet sich seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, wie bisher, nach der Regelung des § 35 Abs. 1 BauGB; es ist danach als sogenanntes privilegiertes Vorhaben – vorbehaltlich einer ausreichenden Erschließung – bereits zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Hält es den Abstand hingegen nicht ein, fällt es als sonstiges Vorhaben in den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 2 BauGB. Es kann dann nur zugelassen werden, wenn seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. In beiden Fällen finden die übrigen neben dem Bauplanungsrecht einschlägigen Rechtsvorschriften für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen weiterhin uneingeschränkt Anwendung, wie etwa diejenigen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und die sich daraus mittelbar ergebenden Abstandserfordernisse. Eine landesrechtliche Abstandsregelung auf der Grundlage des § 249 Abs. 3 BauGB bewirkt demnach lediglich eine bauplanungsrechtliche „Entprivilegierung“ der den Abstand nicht einhaltenden Vorhaben. Diese werden damit nicht zwangsläufig unzulässig, sondern unterliegen nur deutlich – strengeren Genehmigungsvoraussetzungen. Eine solche (Rück-)Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder für einen speziellen Teilbereich eines durch den Bund erschöpfend geregelten Gegenstands der konkurrierenden Gesetzgebung ist bundesverfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG vom 30.10.1990 BVerfGE 83, 24/30). Mit ihr soll angesichts der gewachsenen Gesamthöhe von Windenergieanlagen dem Umstand Rechnung getragen werden, dass einerseits die Akzeptanz von Windenergieanlagen vielfach von deren Entfernung zu Wohnnutzungen abhängt und dass andererseits sich die Ausgangslage in den einzelnen Ländern auch aufgrund der topografischen Verhältnisse unterscheidet (vgl. BT-Drs. 18/1310 S. 1, 6).
Schon wegen der kompetenziellen Ausgangslage betrifft § 249 Abs. 3 BauGB nicht bauordnungsrechtliche Abstandsflächen und Abstände, wie sie die Länder nach dem Grundsatz des Art. 70 Abs. 1 GG in eigener Gesetzgebungszuständigkeit regeln können und wie sie der bayerische Gesetzgeber in Art. 6 BayBO normiert hat. Die Ermächtigung bezieht sich vielmehr auf bauplanungsrechtliche Abstände, die vornehmlich der Steuerung möglicher Nutzungskonflikte dienen und mithin dem Bodenrecht als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung zuzuordnen sind (Grüner, NVwZ 2015, 108/110). In diesem Rahmen räumt die Öffnungsklausel den Ländern hinsichtlich der Einführung und Reichweite einer Abstandsregel sowie zur Größe des Abstands – also sowohl hinsichtlich des Ob als auch des Wie -Flexibilität ein (BT-Drs. 18/1310 S. 6). Sie enthält weder hinsichtlich der zu schützenden „zulässigen baulichen Nutzungen“ noch mit Blick auf den von Windenergieanlagen hierzu einzuhaltenden „Abstand“ weitere inhaltliche Vorgaben. Die Ausfüllung dieser Begriffe bleibt dem Landesgesetzgeber überlassen, der dabei allerdings deren Vorprägung durch die allgemeinen Grundsätze des bundesrechtlichen Bauplanungsrechts und die durch die Verfassung gezogenen Grenzen zu beachten hat. Entscheidet der Landesgesetzgeber sich für eine Abstandsregelung, sind von ihm gemäß § 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB die Einzelheiten, insbesondere zur Abstandsfestlegung und zu den Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen und Raumordnungsplänen, zu regeln.
Als Schutzobjekt und Bezugspunkt des Abstands darf nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift jede Art von baulicher Nutzung gewählt werden, die zulässig ist. Die Zulässigkeit der zu schützenden baulichen Nutzungen bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 30 bis 35 BauGB. Die Gesetzgebungsbefugnis ist dabei nicht auf den Schutz genehmigter und vorhandener baulicher Nutzungen beschränkt. Die landesrechtliche Abstandsregel kann sich auch auf noch nicht verwirklichte bauliche Nutzungen beziehen, wenn auf deren Zulassung ein Rechtsanspruch besteht (Söfker in BeckOK, BauGB, § 249 Rn. 25; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 26). Insofern kommt auch eine gebietsbezogene Ausgestaltung in Betracht. Wie der Abstand festgelegt wird, überlässt die Öffnungsklausel ebenfalls dem Landesgesetzgeber. Die Festlegung kann durch absolute Entfernungsangaben oder in Abhängigkeit zur Höhe der Windenergieanlage erfolgen. Das Bundesrecht lässt auch eine differenzierte Abstandsregelung je nach zu schützender Nutzung zu (Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 45).
Insbesondere bleibt es grundsätzlich allein der Entscheidungskompetenz des Landesgesetzgebers überlassen, die Reichweite des Mindestabstands und damit mittelbar den Umfang der Entprivilegierung von Windenergieanlagen zu bestimmen. Die durch § 249 Abs. 3 BauGB eingeräumte Gesetzgebungsbefugnis zur Bestimmung eines Mindestabstands ist jedoch nicht unbegrenzt.
Eine Begrenzung der Regelungsbefugnis des Landesgesetzgebers ergibt sich allerdings nicht bereits im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Zusammenhang mit dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Danach muss eine verbindliche Konzentrationsflächenplanung mit der damit verbundenen Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für den übrigen Planraum in substanzieller Weise Raum für die Nutzung der Windenergie schaffen; ansonsten ist das Planungsergebnis rechtswidrig (vgl. BVerwG vom 13.12.2012 BVerwGE 145, 231 Rn. 9 ff. und 18; vom 31.1.2013 BVerwGE 146, 40 Rn. 22). Diese Planungsaufgabe richtet sich als spezielle Ausprägung des Verbots der Verhinderungsplanung an die Gemeinden und die Träger der Regionalplanung im Vollzug des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Sie betrifft die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Planungsträger durch Flächennutzungs- oder Raumordnungspläne die Standorte von solchen privilegierten Vorhaben steuern können, die der Gesetzgeber in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB dem Außenbereich zugeordnet hat. Diese Rechtsprechung zu dem planungsrechtlichen Gebot, der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen, kann auf die vorgelagerte, allein dem Gesetzgeber vorbehaltene Entscheidung, ob und in welchem Umfang Windenergieanlagen im Außenbereich überhaupt privilegiert zulässig sein sollen, schon im Ansatz nicht übertragen werden (vgl. Grüner, NVwZ2015, 108/110 f.; Grünewald, DVBI 2015, 1353/1354). Ein Gebot solchen Inhalts ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2014) vom 21. Juli 2014 (BGBl I S. 1066), das zuletzt durch Art. 2 Abs. 10 des Gesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl I S. 2498) geändert worden ist. Zwar bringen die in § 1 EEG 2014 normierten Ziele und der in § 3 EEG 2014 festgelegte Ausbaupfad für die einzelnen Technologiearten das hohe öffentliche Interesse an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zum Ausdruck. Wie diese Ziele konkret erreicht werden sollen, wird indes nicht verbindlich vorgeschrieben.
Will der Landesgesetzgeber den durch die Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB eingeräumten Spielraum ausfüllen, so darf ersieh nicht in Widerspruch zum bestehenden bundesrechtlichen Regelungsgefüge setzen. Der Bundesgesetzgeber hat den Privilegierungstatbestand für Windenergieanlagen im Außenbereich beibehalten und ihn den Ländern lediglich zur abstandsbezogenen Einschränkung geöffnet. Diese bundesrechtliche Grundentscheidung darf durch eine landesrechtliche Abstandsregelung weder rechtlich noch faktisch ausgehebelt werden. Der Landesgesetzgeber ist deshalb gehindert, einen so hohen Mindestabstand festzulegen, dass praktisch keine Flächen für die Anwendung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zugunsten von Windenergieanlagen verbleiben und dieser – fortbestehende bundesrechtliche Privilegierungstatbestand dadurch in dem jeweiligen Land ausgehöhlt wird (Würfel/Werner, BayVBI 2015, 109/111). Dessen Anwendungsbereich darf durch Landesgesetz nur eingeschränkt, nicht aber ganz oder nahezu vollständig ausgeschlossen werden (Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 14).
bb) Weder die Grundregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO noch die Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO als die zentralen Vorschriften der fristgerecht vor dem 31. Dezember 2015 verkündeten bayerischen Abstandsregelung überschreiten den Gestaltungsrahmen, den der Bund den Ländern durch § 249 Abs. 3 BauGB eröffnet hat.
(1) Die zulässigen baulichen Nutzungen, denen gegenüber Windenergieanlagen den Mindestabstand einhalten müssen, sind bundesrechtskonform festgelegt.
Der bayerische Landesgesetzgeber hat den Schutz nicht auf sämtliche in Betracht kommenden zulässigen baulichen Nutzungen im Sinn des § 249 Abs. 3 Satz 1 BauGB erstreckt, sondern gemäß Art. 82 Abs. 1 BayBO auf Wohngebäude in bestimmten, abschließend bezeichneten Gebieten beschränkt. Geschützt sind zunächst Wohngebäude in Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB) und innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB), sofern in diesen Gebieten Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind. Mit diesem Vorbehalt greift die Abstandsregelung für Bebauungsplangebiete wie für den unbeplanten Innenbereich (vgl. § 34 Abs. 2 BauGB) auf den in der Baunutzungsverordnung verwendeten Begriff „Wohngebäude“ (z. B. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) und die dort festgelegten Arten von Baugebieten (§ 1 Abs. 2 BauNVO) mit den jeweils zulässigen baulichen Anlagen (§§ 2 bis 14 BauNVO) zurück. Dabei nimmt sie ausdrücklich solche – geplanten oder faktischen – Baugebiete aus, in denen Wohngebäude nicht allgemein, sondern nur ausnahmsweise zugelassen werden können, wie insbesondere Gewerbe- und Industriegebiete (vgl. §§ 8, 9 BauNVO). Erweitert wird der Schutz auf Wohngebäude im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB (sog. Außenbereichssatzungen). Durch Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayBO wird klargestellt, dass der Abstand gegenüber jedem Wohngebäude einzuhalten ist, das in einem der geschützten Gebiete „zulässigerweise errichtet wurde bzw. errichtet werden kann“. Der Schutz erstreckt sich demnach auch auf solche Wohngebäude, die zwar noch nicht verwirklicht sind, auf deren Zulassung aber ein Rechtsanspruch besteht.
Mit dieser Ausgestaltung als gebietsabhängiger Schutz von allgemein zulässigen Wohngebäuden hält sich die Abstandsregelung im Rahmen des den Ländern eröffneten Gestaltungsspielraums. Die Beschränkung auf Wohnnutzung entspricht der Zielsetzung des Bundesgesetzgebers (vgl. BT-Drs. 18/1310 S. 1, 6). Dass nicht jede auch nur ausnahmsweise zulässige Wohnnutzung geschützt wird, sondern nur die nach den Regelungen der Baunutzungsverordnung allgemein zulässige, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Dieses verbietet andererseits nicht die Einbeziehung von Wohngebäuden im Geltungsbereich von Außenbereichssatzungen.
(2) Der von Windenergieanlagen einzuhaltende Abstand ist in Übereinstimmung mit den bundesrechtlichen Vorgaben im Einzelnen hinreichend bestimmt festgelegt.
Der Mindestabstand wird durch Art. 82 Abs. 1 BayBO in Abhängigkeit von der Anlagenhöhe festgelegt, die als Nabenhöhe zuzüglich Radius des Rotors definiert ist (Abs. 2 Satz 1). Der Abstand bemisst sich von der Mitte des Mastfußes bis zum nächstgelegenen geschützten Wohngebäude (Abs. 2 Satz 2). Damit ist der Abstand landesrechtlich in einer Weise festgelegt, die dem Regelungsauftrag des § 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB und dem darin konkretisierten verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot ohne Weiteres genügt. Zwar mögen gewisse Vollzugsprobleme auftreten, wenn das maßgebliche nächstgelegene Wohngebäude noch nicht verwirklicht (aber zulässig) ist. Denn dann muss der Standort bestimmt werden, an dem ein Wohngebäude in einem der nach Art. 82 Abs. 1 BayBO geschützten Gebiete zulässig errichtet werden darf. Das bereitet vor allem dann Schwierigkeiten, wenn, wie insbesondere im unbeplanten Innenbereich, Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstücksflächen fehlen. Auch in diesen Fällen lässt sich allerdings der Endpunkt des Abstands in Auslegung des Begriffs „zulässigerweise“ unter Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen der §§ 30 bis 35 BauGB und der Baunutzungsverordnung bestimmen (dazu im Einzelnen Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 50 ff.). Das genügt dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, weil mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewonnen werden kann (vgl. VerfGH vom 28.3.2003 VerfGHE 56, 28/45; BayVBI 2014, 688 Rn. 92).
(3) Die pauschale Festlegung des Mindestabstands auf das 10-fache der jeweiligen Anlagenhöhe überschreitet ebenfalls nicht die den Ländern durch § 249 Abs. 3 BauGB übertragene Gesetzgebungsbefugnis.
Mit dieser Ausdehnung kann die Abstandsregel – noch – ihre bundesgesetzlich vorgegebene bodenrechtliche Funktion erfüllen, mögliche Nutzungskonflikte zwischen Windenergieanlagen und Wohnnutzung zu steuern. Zwar geht die fachgerichtliche Rechtsprechung in Auslegung und Anwendung des bauplanungsrechtlichen Begriffs der öffentlichen Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB davon aus, dass von einer Windkraftanlage in der Regel bereits dann keine optisch bedrängende, das Gebot der Rücksichtnahme verletzende Wirkung zulasten der Wohnnutzung ausgeht, wenn der Abstand mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der Windkraftanlage beträgt (vgl. OVG NW vom 9.8.2006 DVBI 2006, 1532 ff.; BVerwG vom 11.12.2006 BayVBI 2007, 250 f.; BayVGH vom 29.5.2009 BayVBI 2010, 114 f.; vom 27.5.2015 – 22 ZB 15.630 – juris Rn. 24). Der Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, für die vorgelagerte Frage, welche Vorhaben im Außenbereich privilegiert zulässig sein sollen, ein im Vergleich zur Einzelfallsteuerung durch das Rücksichtnahmegebot weitaus strengeres, pauschalierendes Abstandserfordernis zugunsten bestimmter Wohnnutzungen einzuführen. Mit der Wahl eines Mindestabstands des 10-fachen der Anlagenhöhe hält sich der Landesgesetzgeber mit Blick auf die Besonderheiten von Windkraftanlagen im Bereich bodenrechtlicher Relevanz. Denn diese Anlagen werden nicht nur wegen ihres Bauvolumens und ihres Turms, sondern insbesondere wegen der in großer Höhe wahrzunehmenden Drehbewegung des Rotors vielfach als störend und wohnwertmindernd empfunden.
Der nach Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO einzuhaltende Abstand führt nicht dazu, dass der bundesrechtliche Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in Bayern faktisch ausgehebelt wird. Es verbleiben ausreichend Flächen für seine Anwendung zugunsten von Windenergieanlagen. Das ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass das Gesetz den Gemeinden die Möglichkeit belässt, entprivilegierten Windkraftanlagen auch innerhalb des Mindestabstands durch Aufstellung eines Bebauungsplans Baurecht zu verschaffen. Wenn Bundesrecht, wie oben ausgeführt, verbietet, dass der Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB ganz oder nahezu vollständig ausgeschlossen wird, so erfordert das notwendigerweise das Vorhandensein von Flächen im Außenbereich, die außerhalb des landesrechtlich vorgeschriebenen Mindestabstands liegen. Diesem Erfordernis kann nicht durch die Aussicht auf eine – im Umfang zudem ungewisse -gemeindliche Bauleitplanung Rechnung getragen werden. Andererseits genügt es den Vorgaben des § 249 Abs. 3 BauGB, wenn der landesrechtliche Mindestabstand so bemessen ist, dass in einem nicht völlig unerheblichen Umfang Außenbereichsflächen außerhalb des Abstands zu geschützten Wohngebäuden verbleiben, die einen räumlichen Anwendungsbereich für § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB bilden. Dem trägt die bayerische Abstandsregelung ausreichend Rechnung.
Durch die Festlegung des Mindestabstands auf die 10-fache Anlagenhöhe wird der räumliche Anwendungsbereich für den Privilegierungstatbestand zwar erheblich eingeschränkt, nicht aber beseitigt. Die verbleibende Fläche für die Anwendung des Privilegierungstatbestands fällt umso größer aus, je niedriger die Windkraftanlage ist. Nach einer Untersuchung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung für Bayern kommt beispielsweise ein Anteil von ca. 4% der Landesfläche für die Errichtung von Windkraftanlagen in Betracht, wenn man eine Höhe von 150 m und damit einen Abstand von 1.500 m zu geschützten Wohngebäuden zugrunde legt (vgl. Zaspel-Heisters, Hintergrundpapier Länderöffnungsklausel im BauGB – Länderspezifische Mindestabstände für Windenergieanlagen und ihre räumlichen Auswirkungen, Mai 2014, S. 2 f.). Zwar mag eine Gesamthöhe von 200 m nach dem heutigen Stand der Technik üblich sein, um eine Anlage bei durchschnittlichen Windverhältnissen möglichst rentabel zu betreiben. Abzustellen ist indes nicht auf die bestmögliche Ausnutzung der technischen Möglichkeiten. Für die Frage, ob der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB durch die landesrechtliche Abstandsregelung ganz oder nahezu vollständig ausgeschlossen wird, kommt es allein darauf an, ob ein sinnvoller Anwendungsbereich verbleibt. Dabei können Windkraftanlagen niedrigerer Höhe nicht außer Betracht bleiben, auch wenn diese gegenwärtig, zumal mit Blick auf die Absenkung der finanziellen Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014, weniger rentabel sein mögen.
Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass moderne Windkraftanlagen eine Höhe von 200 m erreichen und dementsprechend einen Mindestabstand von 2.000 m zu geschützten Wohngebäuden einhalten müssen, verbleibt eine Restfläche von 1,7% der Landesfläche (vgl. Zaspel-Heisters, a. a. O.). Daraus ergibt sich bei einer Gesamtfläche Bayerns von 70.550 km2 ein Bereich von ca. 1.199 km2, in dem mögliche Standorte für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB weiterhin zur Verfügung stehen. Hinzu kommen diejenigen Außenbereichsflächen, die zwar innerhalb des Mindestabstands liegen, auf welchen die Abstandsregelung aber wegen der Bestandsschutzregelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Flächennutzungspläne mit der Ausweisung von Konzentrationszonen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB mangels fristgemäßen Widerspruchs der planenden Gemeinde und der betroffenen Nachbargemeinden keine Anwendung findet (dazu unten 4.).
Die demnach in ausreichendem Umfang verbleibenden „Bruttoflächen“ für eine privilegierte Zulassung von Windkraftanlagen im Außenbereich verringern sich freilich erheblich, wenn von ihnen diejenigen Bereiche abgezogen werden, in denen Windenergieanlagen trotz ihrer Privilegierung rechtlich – aus anderen Gründen als dem fehlenden Abstand – nicht zugelassen oder aus tatsächlichen Gründen nicht sinnvoll betrieben werden können. So hat der Bundesverband Wind-Energie – Landesverband Bayern in seiner Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren die verbleibende (Nettopotenzial-)Fläche, ausgehend allerdings von einem Mindestabstand von 2.000 m, auf 0,05% der Landesfläche beziffert (vgl. Anlage 2 zum Wortprotokoll über die Anhörung im Wirtschaftsausschuss am 3. Juli 2014 S. 97 f.). Die Antragstellern im Verfahren Vf. 4-VIII-15 trägt vor, die verbleibende privilegierte Fläche solle nach Ermittlungen durch die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr unter Berücksichtigung sonstiger Ausschlusskriterien sogar nur 0,01% der Landesfläche umfassen. Es ist indes für die Frage der Vereinbarkeit von Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO mit Bundesrecht unerheblich, dass Vorhaben im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB an anderen Hindernissen rechtlicher oder tatsächlicher Art scheitern können. Für den Landesgesetzgeber ergibt sich aus der bundesrechtlichen Öffnungsklausel nicht die Verpflichtung, die in Betracht kommenden Außenbereichsflächen in Bayern wie ein Planungsträger im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf ihre Eignung für Windenergienutzung zu bewerten und nach einer Abwägung als Planergebnis den Mindestabstand so festzulegen, dass der Windenergie substanziell Raum verschafft wird.
(4) Die Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 1 BayBO hält sich ebenfalls im Rahmen der Kompetenz, die den Ländern durch § 249 Abs. 3 BauGB übertragen worden ist.
Nach Art. 83 Abs. 1 BayBO findet die Grundregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO keine Anwendung auf Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, soweit vor Ablauf des 4. Februar 2014 bei der zuständigen Behörde ein vollständiger Antrag auf Genehmigung eingegangen ist. Das betrifft sämtliche Windkraftanlagen, die einer baurechtlichen (vgl. Art. 55 ff. BayBO) oder bei einer Gesamthöhe von mehr als 50 m einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG i. V. m. § 1 Abs. 1 und Nr. 1.6 des Anhangs 1 der 4. BlmSchV). Damit wird nicht etwa die Rechtsfolge der landesrechtlichen Abstandsvorschrift auf einen Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten der bundesrechtlichen Öffnungsklausel am 1. August 2014 vorverlagert. Das Landesrecht beansprucht vielmehr nur Geltung ab seinem Inkrafttreten am 21. November 2014 für die Zukunft. Es erfasst damit auch solche Vorhaben, für die in diesem Zeitpunkt die erforderliche Genehmigung noch nicht erteilt war, und nimmt davon nur diejenigen Vorhaben aus, für die ein vollständiger – je nach Gesamthöhe der Anlage baurechtlicher oder immissionsschutzrechtlicher -Genehmigungsantrag bei der zuständigen Behörde vor dem festgelegten Stichtag eingegangen war. Nur für letztere verbleibt es auch nach dem Inkrafttreten der landesrechtlichen Abstandsregelung bei der früheren Rechtslage. Genehmigungen, die bereits vordem Inkrafttreten der Abstandsregelung erteilt worden sind, werden von der Abstandsregelung nicht berührt.
Die solchermaßen beschränkte Erstreckung des neuen Rechts auf offene Genehmigungsverfahren steht nicht in Widerspruch zu Bundesrecht. Das Änderungsgesetz vom 15. Juli 2014 (BGBl I S. 954) enthält keine besondere Überleitungsregelung zu § 249 Abs. 3 BauGB. In den allgemeinen Überleitungsbestimmungen der §§ 233 ff. BauGB fehlt eine Vorschrift zur Zulässigkeit von Bauvorhaben bei Gesetzesänderungen. Maßgeblich sind mithin die jeweiligen Verfahrensnormen. Im Baugenehmigungsverfahren, dessen Regelung dem Landesgesetzgeber obliegt, auch soweit über die bodenrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben entschieden wird (vgl. BVerwG vom 3.2.1984 BVerwGE 69, 1/2; vom 1.4.2008-4 B 26.08-juris Rn. 11), kommt es für die Frage, ob ein Vorhaben gemäß §§ 29 ff. BauGB zulässig ist, nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Genehmigungsbehörde über den Antrag an (vgl. Lechner in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 68 Rn. 141 ff.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 233 Rn. 3). Änderungen der Rechtslage nach Einleitung des Verfahrens gehen mithin zulasten oder wirken zugunsten des Antragstellers. Das gilt, wie § 67 Abs. 4 BlmSchG zeigt, in entsprechender Weise für das bundesrechtlich geregelte immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Auch insoweit findet das neue Recht vorbehaltlich spezieller Überleitungsvorschriften auf laufende Verfahren in vollem Umfang Anwendung (Jarass, BlmSchG, 11. Aufl. 2015, § 67 Rn. 30 ff.). Von diesen Grundsätzen geht Art. 83 Abs. 1 BayBO aus und trifft zugunsten derjenigen Vorhabenträger, die vor Ablauf des 4. Februar 2014 einen vollständigen Genehmigungsantrag bei der zuständigen Behörde eingereicht haben, eine spezielle, kompetenziell unbedenkliche Überleitungsregelung, um den im Vertrauen auf den Fortbestand der früheren Rechtslage getätigten Investitionen besonderen Schutz zu gewähren (vgl. LT-Drs. 17/2137 S. 8).
b) Weder die Abstandsregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO noch die Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO verstößt gegen sonstige Vorschriften der Bayerischen Verfassung.
Wird der landesrechtliche Normgeber aufgrund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig, muss er die darin enthaltenen Vorgaben beachten. Eine Prüfung der abgeleiteten Norm auf ihre Vereinbarkeit mit dem Landesverfassungsrecht ist nur insoweit eröffnet, als die bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage dem landesrechtlichen Normgeber einen Gestaltungsspielraum einräumt. Das ist vorliegend im Hinblick auf das Ob und das Wie einer Abstandsregelung der Fall (oben a) aa). Im Rahmen dieser Festlegung muss der Gesetzgeber auch die ihn bindenden Vorschriften der Bayerischen Verfassung beachten (VerfGH vom 16.6.2015 BayVBI 2015, 707 Rn. 57; Brechmann in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 55 Rn. 29).
aa) Das Eigentumsgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 BV ist nicht verletzt.
(1) Das Eigentumsgrundrecht schützt das Recht des Eigentümers, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze baulich zu nutzen (VerfGH vom 26.1.1996 BayVBI 1997, 45/46; vom 23.1.2012 VerfGHE 65, 1/13). Dieser Schutz umfasst auch rechtlich eröffnete Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks, die noch nicht ins Werk gesetzt worden sind (Wendt in Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 14 Rn. 45). Die Abstandsregelung berührt dieses Recht, indem sie Vorhaben der Windenergienutzung im Außenbereich innerhalb des festgelegten Abstands „entprivilegiert“, ihre Zulässigkeit also vorbehaltlich der Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 1 BayBO ab dem Inkrafttreten der Neuregelung auch für bereits laufende Genehmigungsverfahren (oben a) bb) (4) von der Nichtbeeinträchtigung (§ 35 Abs. 2 BauGB) statt von dem Nichtentgegenstehen (§ 35 Abs. 1 BauGB) öffentlicher Belange abhängig macht. Mit diesem Inhalt beschränken die angegriffenen Vorschriften die zuvor eröffneten Nutzungsmöglichkeiten von Außenbereichsgrundstücken und gestalten den Inhalt der Eigentumsposition für die Zukunft um.
Die Befugnis und die Aufgabe des Gesetzgebers, solche Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums zu treffen, haben ihre Grundlage insbesondere in der von der Verfassung eingeforderten Sozialbindung des Eigentums (vgl. Art. 103 Abs. 2, Art. 158 BV). Der Gesetzgeber ist bei der Ausgestaltung des Eigentumsrechts nicht unbeschränkt frei. Er ist vielmehr dafür verantwortlich, die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Eine verfassungswidrige Eigentumsbeschränkung liegt daher nicht vor, wenn der Normgeber in Ausübung seiner Befugnis, die Eigentumsordnung im Dienst des Gemeinwohls festzulegen, den Inhalt des Eigentums allgemeinverbindlich abgrenzt. Er darf dabei allerdings das Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt nicht antasten und den Eigentümern keine unzumutbaren, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in Einklang stehenden Beschränkungen auferlegen (vgl. VerfGH vom 28.7.1988 VerfGHE 41, 83/91 f.; vom 22.4.2005 VerfGHE 58, 94/98; vom 29.1.2008 VerfGHE 61, 9/12; BayVBI 2015, 707 Rn. 59). Hinsichtlich der Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. VerfGHE 66, 125/137; BVerfG vom 28.2.1980 BVerfGE 53, 257/293; vom 12.12.2006 BVerfGE 117, 163/189).
Zu den Funktionen der Eigentumsgarantie gehört, dem Einzelnen Rechtssicherheit hinsichtlich der durch sie geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsgemäßen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen (vgl. BVerfG vom 15.10.1996 BVerfGE 95, 64/82). Aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung kann allerdings nicht hergeleitet werden, dass eine vom Eigentumsrecht umfasste, vom Berechtigten ausgeübte Befugnis nach ihrem Entstehen für alle Zukunft uneingeschränkt erhalten bleiben müsste oder nur im Wege der Enteignung wieder genommen werden dürfte. Der Gesetzgeber steht bei der Neuordnung eines Rechtsgebiets nicht vor der Alternative, alte Rechtspositionen zu konservieren oder gegen Entschädigung zu entziehen. Er kann vielmehr durch eine angemessene und zumutbare Überleitungsregelung individuelle Rechtspositionen umgestalten; er kann insbesondere, ohne seinen Gestaltungsspielraum zu überschreiten, bestimmen, dass die neuen Vorschriften mit ihrem Inkrafttreten für die bisherigen Rechte und Rechtsverhältnisse gelten, wenn das durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (VerfGH vom 23.8.2011 VerfGHE 64, 149/155).
(2) Die Grundregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO bestimmt Inhalt und Schranken des Eigentums in verhältnismäßiger Weise, ohne den Kernbereich der Eigentumsgarantie zu berühren.
Mit ihr verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Akzeptanz von Windkraftanlagen in der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Energiewende und dem dadurch erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern (vgl. LT-Drs. 17/2137 S. 1, 6). Mit dieser Zielsetzung hält sich der Gesetzgeber, zumal mit Blick auf die technische Entwicklung hinsichtlich der Rotorengröße und der Gesamthöhe von Windkraftanlagen und der dadurch ausgelösten bodenrechtlichen Spannungen und politischen Diskussionen (befürchtete „Verspargelung“ der Landschaft), unabhängig von einer empirischen Belegbarkeit durch Meinungsumfragen im Rahmen seines Gestaltungsspielraums. Zur Erreichung dieses legitimen Ziels ist die Entprivilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich innerhalb eines Abstands des 10-fachen der Anlagenhöhe zu den geschützten Wohngebäuden geeignet, weil durch sie der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Der Gesetzgeber darf die Abstandsregelung unter Berücksichtigung seiner Einschätzungsprärogative auch für erforderlich halten. Denn ein anderes, gleich wirksames, aber das Eigentum weniger beeinträchtigendes Mittel steht nicht zur Verfügung. Eine Verringerung des vom Gesetzgeber bewusst „großzügig bemessenen Regel-Mindestabstands“ (LT-Drs. 17/2137 S. 6) wäre zwar aus dem Blickwinkel der bauwilligen Grundeigentümer ein milderes Mittel, aber zur Verfolgung der genannten Allgemeinwohlziele nicht von gleicher Wirksamkeit, und zwar weder hinsichtlich der zu schützenden Wohngebäude noch mit Blick auf die angestrebte Akzeptanzförderung von Windenergieanlagen. Dem steht nicht entgegen, dass die speziellen Abstandserfordernisse, die sich aus dem Immissionsschutzrecht oder aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme ergeben (oben a) bb) (3), weit unter dem durch Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO festgelegten Mindestabstand des 10-fachen der Anlagenhöhe liegen (a. A. Albrecht/Zschiegner, NVwZ 2015, 1093/1095 f.; zweifelnd Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 30). Denn Bezugspunkt der Erforderlichkeit ist das vom Landesgesetzgeber angestrebte Ziel einer allgemeinen Akzeptanzförderung durch einen „großzügigen“ Mindestabstand generellabstrakter Art, nicht aber die (bloße) Abwehr unzumutbarer Einwirkungen auf die Nachbarschaft im Einzelfall.
Die Entprivilegierung von Windenergieanlagen innerhalb des festgelegten Abstands ist auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Der mit ihr verbundene Eingriff in die ursprünglich eröffneten Nutzungsmöglichkeiten und die mit ihm verfolgten legitimen Zwecke stehen im Hinblick auf das Gewicht und die Bedeutung der Eigentumsgewährleistung zueinander in einem angemessenen Verhältnis. Das Eigentum an Außenbereichsgrundstücken ist durch das bundesrechtliche System der §§ 30, 34 und 35 BauGB schwächer ausgestaltet als das Eigentum an Grundstücken im bauplanerischen Innenbereich. Im Anwendungsbereich des § 35 BauGB, der vom Leitgedanken größtmöglicher Schonung des Außenbereichs beherrscht wird (vgl. BVerwG vom 20.6.2013 BVerwGE 147, 37 Rn. 14), sind einer Bebaubarkeit enge Grenzen gesetzt. Dieser Vorbehalt gilt nicht nur für sonstige Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 2 BauGB, sondern gleichermaßen für privilegierte Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 1 BauGB (BVerwG vom 17.12.2002 BVerwGE 117, 287/303 f.). Daher vermittelt § 35 BauGB auch keinen Schutz gegen neu auftretende öffentliche Belange (BVerwG vom 16.4.2015 NVwZ 2015, 1540 Rn. 13). Windenergieanlagen weisen zudem die Besonderheit auf, dass sie zwar seit dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 30. Juli 1996 (BGBl I S. 1189) am 1. Januar 1997 privilegiert zulässig, seit diesem Zeitpunkt aber zugleich dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unterworfen sind. War die Eigentumsposition demnach bereits unter verschiedenen Aspekten eingeschränkt, so wird sie durch das zusätzliche Abstandserfordernis keineswegs völlig entwertet. Windkraftanlagen sind auch innerhalb des festgelegten Abstands nicht etwa verboten. Ihnen wird nur die besondere Vorzugsstellung genommen, die privilegierte Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 1 BauGB genießen (vgl. BVerwGE 117, 287/292); sie bleiben weiterhin auch innerhalb des Mindestabstands zulässig, wenn die in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft aufgezählten öffentlichen Belange nicht beeinträchtigt werden. Die durch Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO bewirkte Aufhebung der Privilegierung innerhalb des festgelegten Abstands zu geschützten Wohngebäuden führt also lediglich auf die bauplanungsrechtliche Ausgangslage zurück, die vor dem 1. Januar 1997 gegolten hat (dazu BVerwG vom 16.6.1994 BVerwGE 96, 95 ff.). Diese Beschränkung der Bebaubarkeit mit Windkraftanlagen hält sich im Rahmen zulässiger Sozialbindung. Sie geht nicht weiter als der Schutzzweck reicht, den der Gesetzgeber verfolgt. Durch sie wird weder die Verfügungsbefugnis angetastet noch die Privatnützigkeit des Eigentums infrage gestellt, zumal alle anderen durch § 35 BauGB eröffneten Nutzungsmöglichkeiten im Außenbereich unberührt bleiben. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Art. 103 Abs. 1 BV schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (vgl. BVerfG vom 2.3.1999 BVerfGE 100, 226/242 f.).
(3) Die Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO ist ebenfalls mit dem Eigentumsgrundrecht vereinbar. Die beschränkte Anwendung der Abstandsregelung auf bei ihrem Inkrafttreten bereits laufende, aber noch nicht abgeschlossene Genehmigungsverfahren (oben a) bb) (4) begegnet auch unter dem Gesichtspunkt der Rückwirkung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
(a) Die allgemeinen rechtsstaatlichen Regeln über die Rückwirkung von Rechtsnormen, die im Rechtsstaatsprinzip wurzeln und in Art. 103 Abs. 1 BV eine besondere Ausprägung erfahren haben, enthalten für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen. Zu unterscheiden ist zwischen der echten Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) und der unechten Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung). Eine echte Rückwirkung liegt in einer Anordnung des Gesetzgebers, eine für den Bürger nachteilige Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten. Dadurch knüpft die Norm an abgeschlossene Tatbestände nachträglich andere, ungünstigere Rechtsfolgen als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Demgegenüber betrifft die unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm, also mit Wirkung für die Zukunft ein; deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung „ins Werk gesetzt“ wurden. Eine unechte Rückwirkung knüpft den Eintritt der Rechtsfolgen der später geschaffenen Norm an Gegebenheiten aus der Zeit vor deren Verkündung an. Sie liegt typischerweise dann vor, wenn eine Rechtsposition nachträglich durch Vorschriften verschlechtert wird, die auf aus der Vergangenheit stammende, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte angewandt werden (vgl. VerfGH vom 4.6.2003 VerfGHE 56, 99/105 f.; VerfGHE 66, 101/116; vom 11.11.2015-Vf. 2-VIIjuris Rn. 51).
(b) Die Abstandsregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO entfaltet insoweit unechte Rückwirkung, als sie die Rechtsposition des Eigentümers (oder Investors) auch dann verkürzt, wenn er bei ihrem Inkrafttreten am 21. November 2014 mit der Planung des Vorhabens bereits begonnen und entsprechende Investitionen getätigt, aber eine behördliche Genehmigung noch nicht erhalten hat. Die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO nimmt davon nur diejenigen Fallgestaltungen aus, in denen ein vollständiger Genehmigungsantrag vor Ablauf des 4. Februar 2014 bei der zuständigen Behörde eingegangen ist, und belässt es insoweit aus Gründen des Vertrauensschutzes (vgl. LT-Drs. 17/2137 S. 8) bei der früheren Rechtslage. Das ist entgegen der Ansicht der Antragsteller in den Verfahren Vf. 14-VII-14 und Vf. 4-VIII-15 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Grundsatz des Vertrauensschutzes geht nicht so weit, den Bürger für die Zukunft vor jeder nachteiligen Änderung einer bisher gewährten Rechtsposition zu bewahren. Auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte darf der Normgeber deshalb mit Wirkung für die Zukunft grundsätzlich einwirken. Aus dem Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich auch in Fällen einer unechten Rückwirkung verfassungsrechtliche Grenzen für belastende Vorschriften. Das Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand einer Regelung ist aber weit weniger geschützt als bei einer echten Rückwirkung. Es ist die Bedeutung des Anliegens des Normgebers für das Wohl der Allgemeinheit gegen das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand der Rechtslage abzuwägen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 31.7.1996 VerfGHE 49, 120/123 f.; VerfGHE 56, 99/106; 66, 101/117).
Es begegnet bereits erheblichen Zweifeln, ob das Vertrauen des ein Vorhaben planenden Bauherrn auf den Fortbestand der Rechtslage bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung überhaupt schutzwürdig ist (vgl. BVerwG vom 4.7.1980 DÖV 1980, 921 f. zur Verschärfung des § 34 BauGB durch das Änderungsgesetz vom 18. August 1976, BGBl I S. 2221). Denn sowohl im baurechtlichen wie im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gilt, wie oben ausgeführt (a) bb) (4), der allgemeine Grundsatz, dass es für die Frage, ob das Vorhaben mit den öffentlichrechtlichen Vorschriften vereinbar ist, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Genehmigungsbehörde über den Antrag ankommt. Der Bauherr plant demnach auch nach Einleitung des Genehmigungsverfahrens grundsätzlich auf eigenes Risiko und muss jederzeit damit rechnen, dass die Genehmigung an einer Änderung der Sach- oder Rechtslage scheitert. Das gilt insbesondere für Vorhaben im Außenbereich, deren Zulässigkeit von dem Nichtentgegenstehen bzw. der Nichtbeeinträchtigung öffentlicher Belange abhängt, deren Reichweite zu Beginn der Planung nur bedingt absehbar ist. Ein besonderer Vertrauensschutz ergibt sich nicht allein daraus, dass die Planung einer Windkraftanlage mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann. Das Gesetz stellt mit dem Vorbescheid (§ 9 BlmSchG, Art. 71 BayBO) ein Instrument zur Verfügung, um einzelne Genehmigungsvoraussetzungen, wie den Standort, vorab verbindlich klären zu lassen, um unnötige Detailplanungen und entsprechenden Kostenaufwand zu vermeiden.
Selbst wenn das Vertrauen des Eigentümers (oder Investors) auf den Fortbestand der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gleichwohl bereits vor Erteilung einer Genehmigung wegen der Planungskosten schutzwürdig sein sollte, so hat es nur geringes Gewicht. Einer solchen – unterstellten -Schutzwürdigkeit hat der Gesetzgeber bei Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten und möglichst einheitlichen Durchsetzung der Abstandsregelung mit der Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO ausreichend Rechnung getragen. Mit der Wahl des Stichtags 4. Februar 2014, bis zu dem ein vollständiger Genehmigungsantrag bei der zuständigen Behörde eingegangen sein muss, um die Anwendung der Neuregelung auszuschließen, hält der Gesetzgeber sich angesichts der allenfalls geringen Schutzwürdigkeit des enttäuschten Vertrauens im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums, der ihm für die konkrete Ausgestaltung einer Übergangsregelung zur Verfügung steht (vgl. VerfGH vom 15.7.2004 VerfGHE 57, 84/97).
Als vertrauenszerstörendes Ereignis hat er die an diesem Tag bekannt gegebene Presseerklärung der Bayerischen Staatskanzlei über einen Beschluss des Ministerrats zu „Neuregelungen bei Windenergieanlagen“ ansehen dürfen. Zwar fehlte damals noch die Landeskompetenz für eine entsprechende gesetzliche Regelung; denn die Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB wurde vom Bundestag erst am 11. Juli 2014 beschlossen und ist am 1. August 2014 in Kraft getreten. Ferner konnte die von der Staatsregierung angekündigte Neuregelung nur – nach Inkrafttreten der bundesrechtlichen Öffnungsklausel – durch den Landtag im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz beschlossen werden. Gleichwohl können auch Ankündigungen der mit Gesetzesinitiativrecht ausgestatteten Staatsregierung ausreichen, um schutzwürdiges Vertrauen zu beseitigen (vgl. BVerfG vom 3.12.1997 BVerfGE 97, 67/82). Mit Blick auf eine – allenfalls – geringe Schutzwürdigkeit des in Rede stehenden Vertrauens war der Gesetzgeber nicht gehindert, auf diesen frühen Stichtag abzustellen. Aus der Presseerklärung geht unmissverständlich hervor, „dass die Bundesregierung … bis zum 9. April 2014 einen Gesetzentwurf für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Länderöffnungsklausel im BauGB zum Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Wohnbebauung vorlegen will“ und dass „die Staatsregierung … unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Ausfüllung dieser bundesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage vorlegen (wird), mit dem Ziel, diesen ebenfalls im August 2014 in Kraft zu setzen“. Wenn Grundstückseigentümer oder Investoren nach dieser konkreten und auf ein zügiges Gesetzgebungsverfahren hinweisenden Ankündigung Genehmigungsanträge für Windkraftanlagen gestellt haben, um den Gesetzesänderungen zuvorzukommen, schützt die Verfassung ihr Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage nicht.
bb) Am Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV), dessen Schutz den beruflichen und wirtschaftlichen Bereich sowohl der Grundstückseigentümer als auch der – potenziellen – Betreiber von Windkraftanlagen umfasst (vgl. VerfGHE 66, 101/118; VerfGH vom 25.9.2015 BayVBI 2016, 81 Rn. 174), sind Art. 82 Abs. 1 und 2 sowie Art. 83 Abs. 1 BayBO nicht zu messen. Denn dieses Grundrecht wird unter den vorliegenden Umständen durch das sachnähere Eigentumsgrundrecht verdrängt. Die Berufsfreiheit schützt den Erwerb, mithin die Betätigung selbst, während die Eigentumsgarantie das Erworbene schützt, also die Ergebnisse der Erwerbsbetätigung zum Gegenstand hat (vgl. VerfGH vom 24.5.2012 VerfGHE 65, 88/100; VerfGHE 66, 101/122). Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO regeln unmittelbar Inhalt und Schranken des Eigentums an Außenbereichsgrundstücken, weshalb der Schutzbereich des Art. 103 BV berührt ist. Die damit verbundene Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit insbesondere für Anlagenbetreiber ist nur mittelbare Folge der Eigentumsbeschränkung.
cc) Der Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV ist nicht verletzt.
(1) Der Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln; dagegen ist wesentlich Ungleiches nach seiner Eigenart verschieden zu regeln. Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. Er verlangt keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Dem Gesetzgeber bleibt es überlassen, nach seinem Ermessen zu entscheiden, in welcher Weise er dem allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung tragen will. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind, d. h. wenn für die getroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 14.2.2011 VerfGHE 64, 10/19; vom 23.7.2014 BayVBI 2014, 751 Rn. 25).
(2) Die Abstandsregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO genügt diesen Anforderungen.
(a) Dass sie nur für Windenergieanlagen im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, nicht aber für andere bauliche Vorhaben gilt und aufgrund der beschränkten Kompetenzübertragung in § 249 Abs. 3 BauGB nicht gelten darf, verletzt entgegen der Ansicht der Antragsteller im Verfahren Vf. 14-VII-14 nicht den Gleichheitssatz. Diese unterschiedliche Behandlung rechtfertigt sich aus den baulichen Besonderheiten dieser Anlagen und dem daraus resultierenden spezifischen Störpotenzial. Windenergieanlagen unterscheiden sich von sonstigen baulichen Anlagen (wie einem Hochhaus) nicht nur durch ihre Bauform mit einem mehr oder weniger hohen Turm, sondern vor allem durch die in der Höhe wahrzunehmende Drehbewegung des Rotors. Störend können sie nicht nur wegen der von ihnen ausgehenden Emissionen im Sinn des § 3 Abs. 3 BlmSchG (wie etwa Lärm oder Schattenwurf mit Helligkeitsschwankungen durch Rotordrehungen) wirken, sondern in besonderer Weise wegen ihrer weithin sichtbaren und durch den drehenden Rotor Aufmerksamkeit erzwingenden Erscheinung, die das Orts- und Landschaftsbild weiträumig und erheblich beeinflusst. Diesen Besonderheiten darf der Gesetzgeber durch spezielle bauplanungsrechtliche Abstandsvorschriften als Voraussetzung für die privilegierte Zulassung von Windenergieanlagen im Außenbereich Rechnung tragen.
(b) Es stellt ferner keinen Gleichheitsverstoß dar, dass der Mindestabstand gegenüber der geschützten Wohnbebauung in sämtlichen Baugebieten, in denen Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind, einheitlich auf das 10-fache der Anlagenhöhe festgelegt ist. Zwar werden die Baugebiete der Baunutzungsverordnung durch die gesetzlichen Grenz- und Richtwertsysteme in unterschiedlichem Maß gegen Immissionen, namentlich gegen die verschiedenen Formen von Lärm, geschützt (vgl. BVerwG vom 3.5.1996 BayVBI 1996, 634 f.); so ist der Schutz der Wohnnutzung gegen Lärmbeeinträchtigungen in einem reinen Wohngebiet stärker ausgeprägt als in einem Mischgebiet. Das zwingt den Gesetzgeber aber schon deshalb nicht zu einer entsprechenden Differenzierung bei der Abstandsregelung für Windkraftanlagen, weil diese nicht der Abwehr von Immissionen im Sinn des § 3 Abs. 2 BlmSchG dient, sondern auf die besondere, viel weiträumiger wirkende spezifische Erscheinung von Windkraftanlagen abzielt. Der Gesetzgeber hält sich im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit, wenn er die bauplanungsrechtliche Privilegierung von Windenergieanlagen wegen deren Besonderheiten typisierend an einen einheitlichen Mindestabstand zu sämtlichen geschützten allgemein zulässigen Wohngebäuden knüpft (a. A. Albrecht/Zschiegner, NVwZ2015, 1093/1096).
(c) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Art. 82 Abs. 1 BayBO den Schutz auf Wohngebäude im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB erstreckt. Eine solche Außenbereichssatzung regelt zwar lediglich die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Vorhaben im Außenbereich, die grundsätzlich weniger schutzwürdig sind als Vorhaben in einem geplanten oder faktischen Baugebiet. Sie kommt allerdings nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB nur in Betracht, wenn bebaute Bereiche im Außenbereich vorliegen, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist. Voraussetzung für die Aufstellung einer Außenbereichssatzung ist zudem nach § 35 Abs. 6 Satz 4 Nr. 1 BauGB, dass sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist. Sind damit aber in ihrem Geltungsbereich zwangsläufig bereits mehrere Wohngebäude vorhanden, die dem mit § 35 BauGB im Außenbereich verfolgten Zweck zuwiderlaufen und auf eine Entwicklung zu einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich hindeuten (vgl. BVerwG vom 13.7.2006 BVerwGE 126, 233 Rn. 14), darf der Gesetzgeber eine Gleichstellung mit allgemein für Wohnnutzung vorgesehenen Baugebieten als Bezugspunkt für den von Windkraftanlagen einzuhaltenden Abstand als sachgemäß ansehen.
dd) Die Abstandsregelung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO ist mit dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden vereinbar.
(1) Nach Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV haben die Gemeinden das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten. Kennzeichnend für das Selbstverwaltungsrecht ist die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden in jedem einzelnen Tätigkeitsbereich des eigenen Wirkungskreises (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 50, 181/203; VerfGH vom 15.7.2002 VerfGHE 55, 98/121). Es umfasst, wie die Erwähnung der „Ortsplanung“ in Art. 83 Abs. 1 BV zeigt, auch die kommunale Planungshoheit, deren Ziele mit den Mitteln der Bauleitplanung nach dem Baugesetzbuch umgesetzt werden können (VerfGH vom 14.6.1985 VerfGHE 38, 51/66; VerfGHE 65, 152/166).
Das Selbstverwaltungsrecht ist gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet. Die Einzelausgestaltung von Inhalt und Umfang des Selbstverwaltungsrechts unterliegt der Entscheidung des Gesetzgebers; diesem steht dabei ein weiter normativer Ermessensspielraum zu. Die Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit ergeben sich daraus, dass das Selbstverwaltungsrecht in seinem Wesensgehalt und Kernbereich unangetastet bleiben muss (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 55, 98/121). Regelungen, die das Selbstverwaltungsrecht – außerhalb des Kernbereichs -berühren, müssen, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen, generell von einer Abwägung zwischen den Belastungen für die gemeindliche Selbstverwaltung und den für die Regelungen maßgebenden, am öffentlichen Wohl orientierten, sachlichen Gesichtspunkten getragen sein (vgl. VerfGHE 55, 98/121 m. w. N.).
(2) Gemessen an diesen Anforderungen begegnet die Grundregel des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO keinen Bedenken.
Die Antragstellerinnen im Verfahren Vf. 3-VIII-15 sehen einen verfassungswidrigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darin, dass die durch Art. 82 Abs. 1 BayBO faktisch bewirkte „quasi vollständige Entprivilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich“ den Gemeinden „die Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergie in Teilflächennutzungsplänen unmöglich“ mache und damit dieses durch § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eröffnete Planungsinstrument faktisch beseitige. Abgesehen davon, dass eine nahezu vollständige Entprivilegierung nicht festgestellt werden kann (oben a) bb) (3), überzeugt das Argument auch in seiner Schlussfolgerung nicht. Denn insoweit ist bereits der Schutzbereich der Planungshoheit nicht berührt.
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt die Gemeinden als Träger der Flächennutzungsplanung in die Lage, die bauliche Entwicklung der nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhaben im Außenbereich verbindlich planerisch zu steuern. Die Vorhaben sind nicht mehr nur dann unzulässig, wenn ihnen öffentliche Belange im Sinn von § 35 Abs. 1 und 3 Satz 1 BauGB entgegenstehen, sondern auch dann, wenn für sie durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Die planersetzende Regelung des Gesetzgebers in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB, die bestimmte privilegierte Vorhaben generell dem Außenbereich zuweist, kommt damit nur mehr nach Maßgabe der gemeindlichen Planungsvorstellungen zum Tragen. Die im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationszonen entfalten kraft gesetzlicher Anordnung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf der Ebene der Vorhabenzulassung eine – dem Flächennutzungsplan sonst fehlende – rechtliche Außenwirkung. Der Flächennutzungsplan erfüllt im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB demnach eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funktion (vgl. BVerwG vom 26.4.2007 BVerwGE 128, 382 Rn. 16). Anders als dieser entfaltet eine Konzentrationszonendarstellung allerdings keine anlagenzulassende Wirkung, die ihr durch die von Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO bewirkte bauplanungsrechtliche Entprivilegierung bei Unterschreitung des Mindestabstands wieder genommen werden könnte (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 23).
Soweit Vorhaben der Windenergienutzung durch die landesrechtliche Abstandsregelung auf der Grundlage des § 249 Abs. 3 BauGB entprivilegiert werden, entfällt nach der gesetzlichen Konzeption sowohl der Raum als auch das Bedürfnis für das besondere Steuerungsinstrument des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Denn es fehlt eine gesetzliche Zuordnung zum Außenbereich, die durch gemeindliche Standortplanung zu steuern wäre. Den Gemeinden verbleibt aber weiterhin uneingeschränkt die Möglichkeit, durch eine entsprechende Bauleitplanung nach den allgemeinen Regelungen der §§ 1 ff. BauGB Baurechte für Windenergieanlagen unabhängig von den Vorgaben des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO, d. h. auch innerhalb des Abstands, zu schaffen. Auf der Ebene der Bebauungsplanung können zudem schon mit Blick auf den Katalog möglicher Festsetzungen (vgl. § 9 BauGB) städtebaulich bedeutsame Fragen umfassender geklärt werden als durch die Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan mit der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für das übrige Gemeindegebiet (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 123). Die Gemeinden verlieren im Anwendungsbereich des Art. 82 Abs. 1 BayBO demnach nicht etwa ihre allgemeinen Planungsmöglichkeiten in Bezug auf Windkraftanlagen, sondern je nach Ausmaß der Entprivilegierung allenfalls das besondere Planungsinstrument des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Dieses dürfte zwar im Regelfall mit weniger Aufwand verbunden sein als die Aufstellung eines aus dem Flächennutzungsplan zu entwickelnden (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB) Bebauungsplans erfordert; es ist aber in den Einwirkungsmöglichkeiten schwächer ausgestaltet. Dass die Abstandsregelung als mittelbare Folge höheren Planungsaufwand verursachen und mit Blick auf vorhandene Flächennutzungsplanungen gegebenenfalls Anpassungsbedarf auslösen kann, berührt nicht den Schutzbereich der Planungshoheit. Denn der Schutzzweck der Selbstverwaltungsgarantie zielt nicht darauf ab, den Gemeinden eine möglichst einfache, mühelose, aber schwache Mitwirkungsmöglichkeit zu verschaffen, sondern eine möglichst starke (vgl. BVerfG vom 7.5.2001 BVerfGE 103, 332/372 f.).
3. Die Sonderregelung des Art. 82 Abs. 3 BayBO für gemeindefreie Gebiete ist ebenfalls verfassungsgemäß.
a) Sie steht nicht in Widerspruch zur bundesrechtlichen Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB.
Nach Art. 82 Abs. 3 BayBO gilt für den Fall, dass eine Windkraftanlage auf einem gemeindefreien Gebiet errichtet werden soll und den Mindestabstand zu geschützten Wohngebäuden auf dem Gebiet einer Nachbargemeinde nicht einhalten würde, hinsichtlich dieser Gebäude der Schutz des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO nur, solange und soweit die Nachbargemeinde nichts anderes in einem ortsüblich bekannt gemachten Beschluss feststellt. Damit ermöglicht der Gesetzgeber für gemeindefreie Gebiete eine Unterschreitung des Mindestabstands mit der Folge, dass die Errichtung der betreffenden Windkraftanlage auch innerhalb des Mindestabstands – weiterhin – unter den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB fällt (vgl. LT-Drs. 17/3415 S. 1). Es handelt sich um eine Abweichung von dem festgelegten Mindestabstand, zu der § 249 Abs. 3 Satz 3 BauGB die Länder ausdrücklich ermächtigt. Weder die bundesrechtliche Öffnungsklausel noch der rechtsstaatliche Vorbehalt des Gesetzes (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 55 Nr. 1 BV) hindern den Landesgesetzgeber, die Entscheidung über die Abweichung im Einzelfall ohne besondere materielle Vorgaben der Nachbargemeinde zu übertragen, auf deren Gebiet sich die innerhalb des Mindestabstands gelegenen und durch Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO geschützten Wohngebäude befinden.
b) Für eine Verletzung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) ist ebenfalls nichts ersichtlich.
Dass der Gesetzgeber die Entscheidung über die Abweichung, also die ausnahmsweise Geltung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB für Vorhaben innerhalb des durch Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO angeordneten Mindestabstands, der Nachbargemeinde überlässt, berührt die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nicht. Da es um die Errichtung von Windkraftanlagen in dem Teil des Staatsgebiets geht, der ausnahmsweise keiner Gemeinde zugewiesen ist (vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BV), kann die Entscheidung der Nachbargemeinde die Planungshoheit einer anderen Gemeinde nicht beeinträchtigen. Auf Seiten der Nachbargemeinde werden die Entscheidungsbefugnisse entgegen der Ansicht der Antragstellerin im Verfahren Vf. 4-VIII-15 nicht in Widerspruch zu Art. 11 Abs. 2 BV „überdehnt“. Art. 82 Abs. 3 BayBO ermöglicht der Nachbargemeinde lediglich, den Schutz des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO hinsichtlich der auf ihrem eigenen Gebiet gelegenen Wohngebäude zu suspendieren. Das stärkt ihre Planungshoheit für das eigene Gebiet gegenüber Einwirkungen von außen, ohne sie aber in einer verfassungsrechtlich bedenklichen Weise auf gemeindefremdes Gebiet zu erweitern.
4. Die Bestandsschutzregelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Flächennutzungspläne ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.
a) Die Vorschrift steht (jedenfalls) nicht in einem offenkundigen und schwerwiegenden Widerspruch zu Bundesrecht, der das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung verletzen würde.
Art. 82 Abs. 4 BayBO enthält eine Überleitungsregelung für Darstellungen in Flächennutzungsplänen im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu den Standorten von Windkraftanlagen im Außenbereich. Ist bei Inkrafttreten der Neuregelung am 21. November 2014 eine solche – wirksame – Darstellung in einem allgemeinen Flächennutzungsplan (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB) oder in einem sachlichen Teilflächennutzungsplan (§ 5 Abs. 2 b BauGB) vorhanden, ordnet Art. 82 Abs. 4 BayBO unter den in Nrn. 2 und 3 genannten Voraussetzungen an, dass Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO keine Anwendung finden. Insoweit wird bestehenden Darstellungen von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen in Flächennutzungsplänen „Bestandsschutz“ (vgl. LT-Drs 17/3416) vermittelt. Dieser lässt den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zugunsten von Windkraftanlagen innerhalb der Konzentrationszone uneingeschränkt fortbestehen (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 25).
Mit dieser Rechtsfolge werden die Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen geregelt. Dazu hat der Bundesgesetzgeber die Länder durch § 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB ausdrücklich und ohne besondere inhaltliche Einschränkung ermächtigt. Auf eine eigene Regelung, wie sie etwa § 245 a Abs. 3 BauGB für die Änderung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB durch Gesetz vom 11. Juni 2013 (BGBl I S. 1548) enthält, hat er verzichtet. Der Landesgesetzgeber hat den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum durch die Ausgestaltung des Art. 82 Abs. 4 BayBO nicht überschritten.
Die Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB verlangt nicht die uneingeschränkte Fortgeltung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB bei bestehenden Darstellungen im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (vgl. Grüner, NVwZ 2015, 108/109). Bundesrecht nimmt es vielmehr – in Abwendung von dem Grundsatz über die Fortgeltung von wirksam gewordenen Plänen bei Gesetzesänderungen (vgl. § 233 Abs. 3 BauGB) – hin, dass die landesrechtlichen Abstandsregelungen bisherige Standortplanungen auf der Grundlage des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verdrängen können. Das ist keineswegs systemwidrig, sondern entspricht dem inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB und dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (oben 2. b) dd). Entfällt die gesetzliche Zuordnung zum Außenbereich, entfällt zugleich das Bedürfnis nach einem sie flankierenden (vgl. BT-Drs. 13/4978 S. 7) besonderen Steuerungsinstrument für die Gemeinden.
§ 249 Abs. 3 Satz 3 BauGB verbietet den Ländern ferner nicht, die Entscheidung über die Fortgeltung der Konzentrationsflächenplanung im Einzelfall der planenden Gemeinde und den betroffenen Nachbargemeinden zu überlassen. Zwar stehen die in Art. 82 Abs. 4 Nrn. 2 und 3 BayBO normierten Voraussetzungen für einen „Bestandsschutz“ in einem gewissen Spannungsverhältnis zu den bundesrechtlichen Vorschriften über die Bauleitplanung. Zum einen setzt Nr. 2 voraus, dass die planende Gemeinde „der Fortgeltung der Darstellung“ (für die Zwecke des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB), also ihrer eigenen Standortplanung, nicht bis zum 21. Mai 2015 in einem ortsüblich bekannt gemachten Beschluss widersprochen hat. § 1 Abs. 8 BauGB ordnet demgegenüber an, dass für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung eines Flächennutzungsplans die Vorschriften des Baugesetzbuchs über seine Aufstellung gelten. Zum anderen verlangt Nr. 3, dass auch eine betroffene Nachbargemeinde der Darstellung nicht bis zum selben Stichtag in einem ortsüblich bekannt gemachten Beschluss widersprochen hat. Ein solches Widerspruchsrecht der Nachbargemeinde sehen die bundesrechtlichen Vorschriften über die Bauleitplanung nicht vor. Gleichwohl kann daraus nicht, jedenfalls nicht ohne Weiteres, auf einen Widerspruch zu Bundesrecht geschlossen werden (a. A. Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 68 ff., 74; Grünewald, DVBI 2015, 1353/1357; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 62, 70). Auch wenn dem Widerspruch der planenden Gemeinde oder einer betroffenen Nachbargemeinde der Sache nach bauleitplanerischer Charakter zukommt, regelt Art. 82 Abs. 4 BayBO seiner Rechtsfolge nach nicht die Bauleitplanung als solche, sondern ausschließlich die Auswirkungen der Abstandsregelung und der damit einhergehenden Entprivilegierung von Windkraftanlagen auf vorhandene Flächennutzungspläne mit positiver Standortzuweisung und gleichzeitiger Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Das aber hat der Bundesgesetzgeber gemäß § 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB ohne weitere inhaltliche Bindung der Gesetzgebungskompetenz der Länder überlassen. Sollte ein Widerspruch vorliegen, so ist er jedenfalls weder offenkundig noch schwerwiegend, weshalb ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung in jedem Fall ausscheidet.
b) Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden ist durch die Überleitungsvorschrift ebenfalls nicht verletzt. Art. 82 Abs. 4 BayBO berührt bereits nicht den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV.
Das gilt zunächst für Art. 82 Abs. 4 Nr. 2 BayBO, der bei bestehenden Darstellungen in Flächennutzungsplänen mit der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die Anwendung der Abstandsregelung in das Ermessen der planenden Gemeinden stellt. Denn dadurch bestätigt das Gesetz gerade die Planungshoheit der Gemeinden. Der Schutzbereich wird aber auch nicht durch Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO berührt, wonach der „Bestandsschutz“ dieser Flächennutzungsplanungen zudem davon abhängt, dass auch die betroffene Nachbargemeinde der Fortgeltung der Darstellung für die Zwecke des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bis zum 21. Mai 2015 nicht widerspricht (a. A. Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 74; Grünewald, DVBI 2015, 1353/1357 f.). Denn der Widerspruch einer Nachbargemeinde führt nach Art. 82 Abs. 4 BayBO lediglich zur Anwendung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO und damit zur Entprivilegierung der innerhalb des gesetzlichen Mindestabstands geplanten Windkraftanlagen. Wegen dieser Rechtsfolge können zwar die Darstellungen im Flächennutzungsplan nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls ihre Steuerungswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB einbüßen (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 24). Das berührt aber, wie die Abstandsregelung als solche (oben 2. b) dd) (2), nicht den Schutzbereich der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie. Denn der planenden Gemeinde bleibt trotz des Widerspruchs der Nachbargemeinde uneingeschränkt die Möglichkeit, durch eine entsprechende Bauleitplanung nach den allgemeinen Regelungen der §§ 1 ff. BauGB Baurechte für Windenergieanlagen unabhängig von den Vorgaben des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO – also auch innerhalb des Mindestabstands -zu schaffen. Dass es hierzu unter Umständen der Anpassung des bestehenden Flächennutzungsplans und gegebenenfalls der Aufstellung eines Bebauungsplans bedarf, berührt auch in diesem Zusammenhang das Selbstverwaltungsrecht nicht. Dass der dadurch unter Umständen „frustrierte“ Planungsaufwand und künftige Kosten für etwaige neue Bauleitplanungen ein das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht beeinträchtigendes Ausmaß erreichen könnten, ist nicht ersichtlich.
5. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber keine dem Art. 82 Abs. 4 BayBO vergleichbare Regelung zu den Auswirkungen des festgelegten Abstands auf vorhandene Raumordnungspläne getroffen hat.
a) Das Unterlassen einer solchen Vorschrift steht nicht in einem das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung verletzenden offenkundigen und schwerwiegenden Widerspruch zum Bundesrecht.
Die Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB enthält insoweit allerdings einen Regelungsauftrag („… sind … zu regeln“). Zwar trifft Art. 82 BayBO anders als zu Flächennutzungsplänen keine ausdrückliche Aussage zu bestehenden Raumordnungsplänen, die flächenmäßige Ausweisungen zur Windenergienutzung mit den Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthalten. Dem Gesetz ist aber eindeutig zu entnehmen, dass der in Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO festgelegte Mindestabstand insoweit – als späteres Gesetz – uneingeschränkt Geltung beansprucht und Ausweisungen in Raumordnungsplänen keinen „Bestandsschutz“ genießen. Das ergibt sich aus dem Fehlen einer dem Art. 82 Abs. 4 BayBO vergleichbaren Bestimmung, obwohl dem Landesgesetzgeber das Problem ausweislich der Gesetzesmaterialien bewusst war (vgl. LT-Drs. 17/2137 S. 2). Wenn der Landesgesetzgeber demnach – durch beredtes Schweigen -Raumordnungsplänen keinen „Bestandsschutz“ gewährt, ist damit entsprechend dem Auftrag des § 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB ebenfalls eine Auswirkung geregelt (Grünewald, DVBI 2015, 1353/1358, a. A. Scheidler, UPR 2014, 214/219; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 80). Dass bestehende Raumordnungspläne als Folge der Abstandsregelung und der durch sie bewirkten Entprivilegierung von Windkraftanlagen unter Umständen ihre Steuerungskraft nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verlieren können und gegebenenfalls angepasst werden müssen, ist in § 249 Abs. 3 BauGB angelegt und bundesrechtlich daher unbedenklich.
b) Der Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV wird nicht dadurch verletzt, dass Art. 82 Abs. 4 BayBO lediglich bei bestehenden Flächennutzungsplänen, nicht aber bei Raumordnungsplänen einen „Bestandsschutz“ für Ausweisungen im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorsieht.
Die ungleiche Behandlung rechtfertigt sich bereits aus den unterschiedlichen Ebenen, denen die jeweiligen Planungen zuzuordnen sind. Raumordnungspläne, also das Landesentwicklungsprogramm und die aus diesem zu entwickelnden Regionalpläne, werden von den Landesplanungsbehörden und den Regionalen Planungsverbänden in Wahrnehmung einer staatlichen Aufgabe aufgestellt (vgl. Art. 1 Abs. 4 BayLpIG). Flächennutzungsplanung wird demgegenüber als Teil der Bauleitplanung von den Gemeinden in eigener Verantwortung wahrgenommen (vgl. § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) und von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV umfasst. Der Gesetzgeber hält sich im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, wenn er nur für die bei Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung bereits vorhandene gemeindliche Standortplanung die Anwendung der Abstandsregelung nach Maßgabe des Art. 82 Abs. 4 BayBO ausschließt.
6. Art. 82 Abs. 5 BayBO verletzt demgegenüber das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV, weil er offenkundig und schwerwiegend gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes verstößt.
Nach dieser Vorschrift haben Gemeinden bei der Aufstellung von Bauleitplänen, die für Windkraftanlagen einen geringeren als den in Art. 82 Abs. 1 BayBO festgelegten Mindestabstand festsetzen wollen, im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken. Diese Regelung überschreitet die den Ländern durch § 249 Abs. 3 BauGB übertragene Gesetzgebungsbefugnis in offenkundiger und schwerwiegender Weise (oben 2. a). Der Bund hat den Ländern lediglich die Möglichkeit eröffnet, den bundesrechtlichen Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB für Windenergieanlagen im Außenbereich durch landesrechtliche Festlegung von Mindestabständen einzuschränken.
Art. 82 Abs. 5 BayBO regelt indes weder die Einzelheiten des Mindestabstands als Voraussetzung für die privilegierte Zulassung im Außenbereich noch die Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen und Raumordnungsplänen (§ 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB) oder einen Annex hierzu. Er betrifft vielmehr die künftige gemeindliche Bauleitplanung. Für diese ordnet er eine besondere Hinwirkungspflicht an mit dem Ziel, „im Sinne eines Konsenses vor Ort die Belange der Nachbargemeinde bei einer Unterschreitung des Abstands von 10 H durch die Beleggemeinde stärker einzubeziehen“ (LT-Drs. 17/3417). Für solche Vorgaben zu der von § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB verlangten planerischen Abwägungsentscheidung eröffnet § 249 Abs. 3 BauGB den Ländern keine Gesetzgebungskompetenz, auch nicht für den Fall, dass mit der Bauleitplanung Baurecht für Windkraftanlagen innerhalb des Mindestabstands geschaffen werden soll (vgl. Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 82; Grünewald, DVBI 2015, 1353/1359; Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 34; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 82 Rn. 76).
Hinzu kommt, dass das in Art. 82 Abs. 5 BayBO der Sache nach enthaltene Gebot der interkommunalen Abstimmung bundesrechtlich in § 2 Abs. 2 BauGB abschließend geregelt ist. Ob die landesrechtliche Regelung hiervon inhaltlich abweicht oder, wovon die Gesetzesbegründung ausgeht (vgl. LT-Drs. 17/3417), lediglich eine „Klarstellung“ und „Auslegungshilfe“ geben soll, kann dahinstehen. Hat der Bund, wie hier, einen Sachbereich in Wahrnehmung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz abschließend geregelt, so tritt die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG für eine Regelung der Länder in diesem Sachbereich unabhängig davon ein, ob die landesrechtlichen Regelungen den bundesrechtlichen Bestimmungen widerstreiten oder sie nur ergänzen, ohne ihnen zu widersprechen (VerfGH vom 21.1.2016 – Vf. 66-IX-15 – juris Rn. 42; BVerfG vom 10.2.2004 BVerfGE 109, 190/230 m. w. IM.).
Die Nichtigkeit des Art. 82 Abs. 5 BayBO führt nicht zur Nichtigkeit der übrigen in Streit stehenden Vorschriften. Denn er ist nach seinem objektiven Gehalt mit diesen nicht zu einer untrennbaren Gesamtregelung verbunden, die ihren Sinn und ihre Rechtfertigung verliert, wenn man einzelne Bestandteile herausnimmt (vgl. VerfGHE 65, 1/21 f. m. w. N.).
Die Verfahren sind kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Es ist angemessen, den Antragstellerinnen im Verfahren Vf. 3-VIII-15 jeweils ein Fünftel und der Antragstellerin im Verfahren Vf. 4-VIII-15 ein Sechstel der durch das Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten (Art. 27 Abs. 5 VfGHG). Die Antragsteller im Verfahren Vf. 14-VII-14 können keine Kostenerstattung verlangen, weil ihre Popularklage teils unzulässig und im Übrigen unbegründet ist (vgl. Art. 27 Abs. 3 VfGHG).


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