Baurecht

isolierte Befreiung für Errichtung eines Zauns, unzulässige Rechtsausübung

Aktenzeichen  AN 3 K 21.00017

Datum:
30.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12027
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 31 Abs. 2
BGB § 242

 

Leitsatz

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte oder Beigeladene zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Kläger mit der Klage gegen den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen (§ 242 BGB) und im Übrigen die isolierte Befreiung rechtmäßig ist und die Kläger insofern nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Kläger als Dritte können sich mit ihrer Anfechtungsklage nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen eine isolierte Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Dritten zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. u.a. BayVGH, B.v. 30.7.2021 – 1 CS 21.1506 – juris Rn. 9 m.w.N.).
1. Ein Berufen auf eine subjektive Rechtsverletzung ist nach dem Gedanken der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) immer dann ausgeschlossen, wenn der Beschwerte in gleicher Art und Weise auf das Nachbarschaftsverhältnis einwirkt wie der Nachbar, dem einwirkenden Nachbarn dieses Recht aber selbst verwehren will (BVerwG, U.v. 9.8.2018 – 4 C 7/17 – juris Rn. 24 m.w.N. = BVerwGE 162, 363). Da die Verwehrung des Rechtsschutzes unter Verweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben nur ausnahmsweise in Betracht kommt, ist Voraussetzung, dass der durch den Beigeladenen ausgelöste Widerspruch des Bauplanungsrecht in etwa in gleicher Art und Weise durch den Kläger selbst verwirklicht wird.
So liegt der Fall hier. Die Kläger haben aktenkundig mit Bescheid vom 23. Oktober 2020 selbst eine isolierte Befreiung für einen Sichtschutzzaun mit einer Höhe von 1,80 m auf 6 m Länge antragsgemäß erteilt bekommen. Dieser Sichtschutzzaun ist zwar laut Auskunft in der mündlichen Verhandlung noch nicht errichtet worden, jedoch ist auch nicht erkennbar, dass die Kläger auf diese Befreiung endgültig verzichten wollten.
Die Beigeladene hat mit streitgegenständlichem Bescheid dagegen „nur“ eine Befreiung für einen Stabmattenzaun mit einer Höhe von 1,60 m auf 6 m Länge erteilt bekommen. Für das Gericht ist insofern schon aus den baulichen Dimensionen klar, dass die Kläger sogar stärker auf das Nachbarverhältnis einwirken als die Beigeladene.
Die dagegen in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente, dass die Sachverhalte nicht vergleichbar seien, tragen nicht. Dass der Sichtschutzzaun der Kläger nicht an der gleichen Stelle errichtet wurde wie der Stabmattenzaun der Beigeladenen, macht den Sachverhalt nicht wesentlich ungleich im obigen Sinne. Was die Auswirkungen von Zäunen auf das baurechtliche Nachbarschaftsverhältnis anbetrifft, ist ihre Hauptwirkung („Verschattung“ oder „Riegelwirkung“) im Wesentlichen identisch. Die von den Klägern angesprochene Intention hinter der Errichtung ist hier nicht weiter relevant, da es baurechtlich nicht darauf ankommt, ob das Interesse der Kläger und ihrer Kinder vor dem „nackten Nachbarn“ höher zu bewerten ist als der Schutz vor Wild seitens der Beigeladenen. Dies gilt schon deswegen, weil das Baurecht grundstücksbezogen und nicht personenbezogen auszulegen ist. Aus diesem Grund ist bei vielen Beeinträchtigungen vom Maßstab eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ auszugehen, wohingegen individuelle Besonderheiten außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 – 4 C 6/98 – juris Rn. 29 = BVerwGE 109, 314).
2. Selbst wenn man keine unzulässige Rechtsausübung annehmen wollte, hätte die Klage keinen Erfolg, da die erteilte Befreiung nicht in einem drittschützenden Aspekt rechtswidrig ist und die Kläger somit nicht in eigenen Rechten verletzt sind.
Für die Frage des Rechtsschutzes Dritter gegen Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt es zunächst darauf an, ob die Festsetzungen des Bebauungsplans, von denen befreit werden soll, selbst drittschützenden Charakter haben (BayVGH, B.v. 24.7.2020 – 15 CS 20.1332 – juris Rn. 21 = NVwZ-RR 2020, 960). Bei drittschützenden Festsetzungen kommt dem Nachbarn ein Vollüberprüfungsanspruch der Voraussetzungen von § 31 Abs. 2 BauGB mit der Folge zu, dass jeder Verstoß gegen Tatbestandselemente des § 31 Abs. 2 BauGB zum Erfolg der Klage führt (BayVGH, B.v. 28.1.2019 – 15 ZB 17.1833 – juris Rn. 2 m.w.N.). Bei Befreiungen von nicht drittschützenden Festsetzungen kommt den Nachbarn lediglich der Anspruch auf „Würdigung der nachbarlichen Belange“ zu, was auf einen Anspruch auf Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme hinausläuft (BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64/98 – juris Rn. 5 m.w.N. = NVwZ-RR 1999, 8). Weitergehende Ansprüche im Fall nicht drittschützender Festsetzungen, insbesondere einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung im Übrigen, hat der Nachbar nicht (BVerwG a.a.O.).
Drittschutz ist immer dann anzunehmen, wenn die Festsetzung in ein wechselseitiges (nachbarliches) Austauschverhältnis gestellt (BVerwG, U.v. 9.8.2018 – 4 C 7/17 – juris Rn. 15 m.w.N. = BVerwGE 162, 363) und damit vergleichbar einem Gebietserhaltungsanspruch eine „bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft“ gebildet werden sollte. Ob eine Festsetzung drittschützende Wirkung hat oder nicht, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei auf die konkrete Anordnung von Drittschutz in der Festsetzung, auf die Begründung des Plans, Unterlagen des Aufstellungsverfahrens oder die Bewertung des Zusammenhangs der Festsetzungen abgestellt werden kann (BayVGH, B.v. 24.7.2020 – 15 CS 20.1332 – juris Rn. 23 = NVwZ-RR 2020, 960).
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung im Regelfall keinen Drittschutz vermitteln sollen, sondern aus gestalterischen Gründen geregelt werden (BayVGH, B.v. 26.2.2014 – 2 ZB 14.101 – juris Rn. 4 = BayVBl 2015, 170; B.v. 5.8.2019 – 9 ZB 16.1276 – juris Rn. 5). Ein Drittschutz der hier maßgeblichen textlichen Festsetzung Nr. 6, welche eine Höhenbegrenzung darstellt und damit ebenfalls eine Maßfestsetzung regelt, ist weder von der Klägerseite behauptet noch sonst irgendwie ersichtlich. Die Festsetzung geht wohl letztlich schon auf eine vergleichbare Vorschrift in der ersten Fassung des Bebauungsplans von 1964 zurück. Die damalige Regelung (§ 6) lässt keinen Drittschutzbezug erkennen und befasst sich teilweise auch mit der Optik der entsprechenden Zäune sowie der Zulässigkeit von Zäunen im Vorgartenbereich, weshalb von einem ortsgestalterischen Charakter auszugehen ist.
Damit kommt den Kläger nur ein Anspruch auf Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme im Sinne der Würdigung nachbarlicher Belange zu. Eine Verletzung dieses Gebots, durch die Befreiung ist nicht ersichtlich. Dabei ist zu betonen, dass der Schutz durch das Gebot der Rücksichtnahme durch den Regelungsumfang der Baugenehmigung begrenz ist (BayVGH, B. v. 24.7.2014 – 15 CS 14.949 – juris Rn.15 = ZMR 2015, 499). Somit kommt es etwa auf die hier genügte Überschreitung der Höhen- oder Langemäße des Zauns gegenüber der erteilten Befreiung nicht an.
2.1 Auf eine mangelnde Anhörung können sich die Kläger nicht berufen, denn eine solche ist schon bei einer Baugenehmigung nach Art. 66 Abs. 2 Satz 2 BayBO nicht vorgesehen. Zwar fehlt eine entsprechende Verweisung bei der hier in Frage stehenden isolierten Befreiung in Art. 63 Abs. 2 Satz 2 BayBO, aber es ist kein Grund ersichtlich, warum ausgerechnet bei einer isolierten Befreiung eine Anhörung erforderlich sein sollte, wenn dies schon bei einer Baugenehmigung im Übrigen nicht erforderlich ist (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 19.11.2012 – W 5 K 12.402 – juris Rn. 31).
2.2 Eine Unbestimmtheit des Bescheides mangels exakter Bestimmung des konkreten Orts der Errichtung des Zauns ist ebenfalls nicht anzunehmen. Die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei auch auf in Bezug genommene Unterlagen abzustellen ist (BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – juris Rn. 13 = BVerwGE 145, 145). Insofern ist hier aus den Bauvorlagen – insbesondere dem beigegebenen Plan (Bl. 5 d.A.) – exakt zu entnehmen, wo der Zaun errichtet werden soll. Im Übrigen wäre nicht ersichtlich, inwiefern eine Unbestimmtheit im Hinblick auf die Lage des Zauns hier eine Nachbarrechtsverletzung begründen soll, denn nach Meinung des Gerichts ist dieser Zaun schon an der bisherigen Stelle zulässig. Damit wäre er gegenüber den Klägern auch an jeder anderen Stelle des Beigeladenengrundstücks zulässig.
2.3 Soweit die Klägerseite Ermessensfehler im Übrigen rügen will, ist sie auf obige Rechtsprechung zu verweisen, wonach den Klägern bei nicht drittschützenden Festsetzungen eben kein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zukommt (BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64/98 – juris Rn. 7 = NVwZ-RR 1999, 8)
2.4 Das Gebot der Rücksichtnahme ist auch nicht aufgrund der Ausmaße des streitgegenständlichen Zauns verletzt. Insbesondere ist keine abriegelnde oder erdrückende Wirkung erkennbar. Die Kammer konnte auch keine „Gefängnishofsituation“ erkennen.
Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer vom Baukörper ausgehenden „abriegelnden“ oder „erdrückenden“ Wirkung kann ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung als unzumutbare Beeinträchtigung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl. 1981, 928 = juris Rn. 32 ff.: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl. 1986, 1271 = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem 7 m breiten Nachbargrundstück). Es besteht diesbezüglich kein Recht des Nachbarn, vor jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung seines Grundstücks verschont zu bleiben (BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12). Insbesondere besteht für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes grundsätzlich dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes oder wenn die Gebäude so weit voneinander entfernt liegen, dass eine solche Wirkung ausgeschlossen ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30; B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 22; B.v. 23.8.2018 – 1 NE 18.1123 – juris Rn. 24; VGH BW, U.v. 15.9.2015 – 3 S 975/14 – BauR 2015, 1984 = juris Rn. 29). Auch wenn aus einer Nichteinhaltung bauordnungsrechtlich geforderter Abstandsflächen nicht automatisch auf eine unzumutbare Beeinträchtigung und damit auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden kann (BayVGH, B.v. 5.4.2019 – 15 ZB 18.1525 – BeckRS 2019, 7160 Rn. 10 m.w.N.), scheidet eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots regelmäßig aus tatsächlichen Gründen aus, wenn die Vorgaben des Art. 6 BayBO eingehalten sind (zu dieser Indizwirkung vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 15.2.2019 – 9 CS 18.2638 – juris Rn. 23 m.w.N.). Das Rücksichtnahmegebot kann allerdings auch dann verletzt sein, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind. Da das Abstandsflächenrecht im Hinblick auf die Belichtung, Belüftung und Besonnung von Nachbargrundstücken aber zumindest indizielle Bedeutung auch für die Einhaltung des Rücksichtnahmegebots hat, kommen für seine Verletzung nur seltene Ausnahmefälle in Betracht. Ein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme unter dem Aspekt der „Einmauerung“ setzt nach allgemeiner Rechtsprechung voraus, dass die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d.h. dort ein Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishofsituation“ hervorruft (vgl. BayVGH, U.v. 11.4.2011 – 9 N 10.1373 – juris Rn. 56; B.v. 22.8.2012 – 14 CS 12.1031 – juris Rn. 13; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 – 8 B 10304/15 – juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B.v. 27.2.2012 – OVG 10 S 39.11 – juris Rn. 4).
Nach diesen Maßstäben ist eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung durch den 1,60 m hohen Stabmattenzaun ausgeschlossen. Ausgehend von den von den Beteiligten vorgelegten Lichtbildern und den Lichtbildern in der Behördenakte ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Zaun nicht rücksichtslos gegenüber den Klägern ist. Der Zaun reicht nicht annähernd an die Höhe des klägerischen Gebäudes heran und es kann bei diesem nicht von einem übergroßen Baukörper ausgegangen werden. Er erstreckt sich auch nur auf einer Länge von 6 m entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze und erreicht keine Höhe, bei welcher von einer erdrückenden Wirkung gesprochen werden könnte. Dies gilt umso mehr als nach Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BayBO grundsätzlich geschlossene Einfriedungen bis zu einer Höhe von 2 m in den Abstandsflächen sowie ohne eigene Abstandsflächen zulässig sind. Der Gesetzgeber ging demnach davon aus, dass Einfriedungen bis zu einer Höhe von 2 m an der Grundstücksgrenze für den Nachbarn noch als zumutbar hinzunehmen sind. Diese Höhe unterschreitet der streitgegenständliche Zaun deutlich. In der Gesamtschau sind bauliche Situationen, wie sie hier für die Klägerin durch die Errichtung des Zauns entstanden, in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen nicht ungewöhnlich.
2.5 Hinsichtlich der vorgetragenen versperrten Einsichtsmöglichkeit auf das Grundstück der Kläger bei der Ausfahrt aus dem Grundstück der Beigeladenen durch den errichteten Zaun sowie der damit korrespondierenden, behaupteten Gefährdungen für die Kläger und deren Kinder ist die Kammer davon überzeugt, dass die Beigeladene bei der Ausfahrt aus ihrem Grundstück nicht wesentlich in ihrer Sicht eingeschränkt ist. Überdies wäre selbst bei einer Annahme einer verschlechterten Einsehbarkeit nicht von einer Rücksichtslosigkeit auszugehen.
Dabei ist zu beachten, dass, wer aus einem Grundstück auf eine Straße einfahren will, sich nach § 10 StVO dabei so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls hat er sich einweisen zu lassen. Der Einfahrende muss ohnehin durch besonders vorsichtige Fahrweise Rücksicht auf den fließenden Verkehr nehmen, weil er davon ausgehen muss, dass der fließende Verkehr sich im Allgemeinen darauf verlässt, dass ein aus einem Grundstück Ausfahrender besonders vorsichtig ist. In diesem Zusammenhang kann eine verkehrswidrige bzw. unangepasste Fahrweise anderer Verkehrsteilnehmer nicht der beigeladenen Bauherrin angelastet werden; ihr ist mit sicherheitsbehördlichen oder polizeilichen Maßnahmen zu begegnen (BayVGH, B.v. 17.6.2010 – 15 CS 10.1077 – juris Rn. 7 ff.).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist keine Rücksichtslosigkeit gegenüber den Klägern erkennbar.
Ausgehend von den aktenkundigen Lichtbildern der örtlichen Straßenverhältnisse ist die Kammer davon überzeugt, dass ein gefahrloses Ausfahren vom Grundstück der Beigeladenen aus möglich und die Einsehbarkeit nicht relevant eingeschränkt ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Errichtung des Stabmattenzauns eine Situation hervorruft, die nicht mit einer an §§ 1 und 10 StVO orientierten und angepassten Fahrweise kompensiert werden könnte. Die Sicht bei einem rückwärtigen Ausfahren nach hinten bleibt weiterhin vollständig gewährleistet. Dass die Sicht zu den Seiten durch den Zaun schlechter ist als vorher, ändert nichts daran, dass dies mit angepasster Geschwindigkeit problemlos kompensiert werden kann. Einen unlösbaren Konflikt vermag das Gericht nicht zu erkennen. Enge und fast nicht einsehbare Ausfahrten sind besonders in Innenstadtlagen häufig anzutreffen. Dagegen ist die hier zu beurteilende Einsehbarkeit noch als durchaus gut zu bewerten.
Soweit hier auf die angeblichen Besonderheiten der Fahrweise der Beigeladenen und ihres Lebensgefährten hingewiesen wurde, ist auf obige Ausführungen zu verweisen. Persönliche Besonderheiten spielen schon deswegen keine Rolle, weil das Baurecht grundstücks- und nicht personenbezogen ausgelegt wird.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Da sich die Beigeladene durch Stellung eines Sachantrags auf Klageabweisung selber einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ihr einen Kostenerstattungsanspruch zuzusprechen. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben