Baurecht

Kein Anspruch für Werbeanlage bei Bahnübergang

Aktenzeichen  AN 9 K 15.01468

Datum:
28.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 34 Abs. 1 S. 1
BayBO BayBO Art. 68 Abs. 1
BayStrWG BayStrWG Art. 23 Abs. 1, Abs. 2 S. 2, Art. 24 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Eine bunte und auffällige Werbeanlage, die sich direkt hinter dem Bahnübergang auch beim Nähern des Bahnübergangs in das Blickfeld gleichzeitig mit dem Andreaskreuz schiebt, trägt dazu bei, die Aufmerksamkeit des Kraftfahrers abzulenken. Eine auffallende Werbeanlage, die unmittelbar straßenseitig und frontal zur Fahrbahn in einem Abstand von 15 m zum Bahnübergang errichtet werden soll, ist geeignet, die Aufmerksamkeit der Kraftfahrer abzulenken und zu einer Gefahrensituation im Kreuzungsbereich mit dem Schienenverkehr beizutragen.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung und ist durch deren Versagung nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind; nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BayBO darf die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Im vorliegend durchzuführenden vereinfachten Genehmigungsverfahren ist gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO Prüfungsmaßstab die Vorschriften über die planungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 ff. BauGB) sowie die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO prüft die Bauaufsichtsbehörde darüber hinaus andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird.
Ist – wie vorliegend – eine Ausnahme von dem Verbot der Errichtung baulicher Anlagen an Straßen (Anbauverbote) nach Art. 23, 24 BayStrWG erforderlich, so erfolgt die Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren durch die Untere Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Straßenbaubehörde (vgl. Art. 23 Abs. 2 Satz 2, Art. 24 Abs. 3 Satz 1 BayStrWG).
Nachdem sich der Beklagte als Ablehnungsgrund unter anderem auf das Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO berufen hat, ist auch diese Vorschrift im gerichtlichen Verfahren Prüfungsgegenstand (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO).
Nach dem Ergebnis des durchgeführten Augenscheins widerspricht die streitgegenständliche Werbeanlage bauplanungsrechtlichen Vorschriften sowohl hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung (vgl. nachfolgend 1.), als auch hinsichtlich der Einhaltung überbaubarer Grundstücksflächen (vgl. nachfolgend 2.). Darüber hinaus hat der Beklagte im Einvernehmen mit der Straßenbaubehörde die Errichtung der streitgegenständlichen Werbeanlage unmittelbar an der Grundstücksgrenze und quer zur Fahrbahn in einem Abstand von ca. 15 m zum Bahnübergang aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nach Art. 24 Abs. 1 BayStrWG zu Recht abgelehnt (vgl. nachfolgend 3.). Auf eine weiter geltend gemachte Verunstaltung des Straßen- und Ortsbildes nach Art. 8 Satz 2 BayBO kommt es darüber hinausgehend nicht an (vgl. nachfolgend 4.).
1. Das streitgegenständliche Vorhaben widerspricht im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlichen Vorschriften.
Das Baugrundstück und seine Umgebung liegen nach dem Ergebnis des durchgeführten Augenscheins innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, so dass sich mangels eines Bebauungsplans die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB beurteilt. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der aufgrund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB).
Die nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebende nähere Umgebung reicht so weit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und soweit die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch mit beeinflusst (vgl. BayVGH, B. v. 20.9.2012 – 15 ZB 11.460 – juris, Rn. 6). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich dabei nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris). Prägend für das Baugrundstück kann nicht nur die Bebauung wirken, die gerade in dessen unmittelbarer Nachbarschaft überwiegt, sondern auch diejenige der weiteren Umgebung. Für die räumliche Abgrenzung der näheren Umgebung kann etwa eine natürliche oder künstliche Trennlinie, aber auch eine unterschiedliche Siedlungsstruktur maßgeblich sein (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003, a. a. O.).
Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall als maßgebliche Umgebung die beiderseitige Bebauung der … bis zum Einmündungsbereich der … anzusehen. Unter Berücksichtigung der Siedlungsstruktur der östlich vom Vorhabenstandort befindlichen, von der Staatsstraße zurückversetzten Wohngebiete weist die Bahnlinie insoweit eine trennende Wirkung auf. Die maßgebliche Umgebungsbebauung ist – abgesehen von dem gegenüberliegenden Autohaus nebst Kfz-Werkstatt – in überwiegendem Maße durch kleinräumige Wohnbebauung geprägt. Das Vorhabengrundstück selbst, das sowohl in nördlicher Richtung als auch nach Westen von Wohngrundstücken umgeben ist, ist mit Nebengebäuden (Garagen) bebaut und wird augenscheinlich zur Ablagerung von Unrat oder abgemeldeten Pkws genutzt. Eine gewerbliche Nutzung bzw. ein Zusammenhang zu dem gegenüberliegenden Betrieb des Autohauses ist nach der augenscheinlichen Nutzung nicht erkennbar, wenngleich nach Angaben des Beigeladenenvertreters das Grundstück im Eigentum des Besitzers des Autohauses steht. Nach Angaben des Beklagtenvertreters werde eine möglicherweise baurechtswidrige Nutzung zur Ablagerung von Abfällen von Seiten des Beklagten aufgegriffen. Abgesehen von einer Fahrschule auf dem Grundstück … und dem auf dem Grundstück Fl. Nr. … der Gemarkung … gelegenen Autohaus nebst Kfz-Werkstatt finden sich in der maßgeblichen näheren Umgebung ausschließlich Wohnnutzungen.
Die vorhandene und zu berücksichtigende Umgebungsbebauung stellt unter Berücksichtigung der prägenden Wirkung des gegenüberliegenden Autohauses nebst Kfz-Werkstatt kein Gebiet im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO dar, sondern ist als stark durch Wohnnutzung geprägte Gemengelage anzusehen. Gegen die Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebietes gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO spricht die zumindest mitprägende Wirkung des dem Vorhabenstandort gegenüberliegenden Autohauses nebst Kfz-Werkstatt, die insoweit unter Berücksichtigung der Größe des Betriebs als ein die Wohnruhe störender Gewerbebetrieb anzusehen ist (vgl. BayVGH, B. v. 22.1.2013 – 15 CS 12.2005 – juris, Rn. 20; OVG Berlin, U. v. 15.8.2003 – 2 B 18/01 -, NVwZ-RR 2004, 556). Dies und auch die fehlende gleichgewichtige Durchmischung von Gewerbe- und Wohnnutzung spricht auch gegen die Annahme eines faktischen Mischgebiets gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO. Da nach Auffassung des Gerichts somit von einer stark durch Wohnnutzung geprägten Gemengelage auszugehen ist, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB.
§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB knüpft die Zulässigkeit an Voraussetzungen, die sich an der vorhandenen Umgebungsbebauung zu orientieren haben. Die Vorschrift ist somit keine Garantie dafür, dass die Eigenart des Gebiets auf Dauer unangetastet bleibt und bietet keine Handhabe, überkommene Strukturen zu perpetuieren. Das Erfordernis des Einfügens hindert somit zwar nicht schlechthin daran, eine bislang nicht vorkommende bauliche Nutzung zu verwirklichen. Es hindert jedoch daran, den vorgegebenen Rahmen in einer Weise zu überschreiten, die – sei es schon selbst oder sei es infolge der Vorbildwirkung – geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche und erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BayVGH, B. v. 17.6.2016 – 9 ZB 14.1092 – juris, Rn. 8; U. v. 6.2.2009 – 2 B 08.2714 – juris, Rn. 15). Nach diesen Maßstäben ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die in der maßgeblichen Umgebung überwiegend vorhandene, kleinräumige Wohnbebauung zusätzlich zu den bereits bestehenden immissionsrechtlichen Störwirkungen des Autohauses nebst Kfz-Werkstatt durch Zulassung des streitgegenständlichen Vorhabens darüber hinaus optischen Störwirkungen ausgesetzt wäre. Das Vorhabengrundstück ist sowohl in nördlicher als auch in westlicher Richtung eingerahmt von Wohnbebauung. Darüber hinaus würde die Zulassung des Vorhabens – nach den Angaben des Beigeladenenvertreters das erste dieser Art in der dörflich geprägten Gemeinde – geeignet sein, aufgrund seiner negativen Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche und ausgleichsbedürftige Spannungen zu erzeugen oder zu erhöhen. Der Annahme einer Störwirkung auf die umgebende Wohnbebauung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass das streitgegenständliche Vorhaben mit der Ansichtsfläche der Werbeanlage nach Osten gerichtet ist.
Die Zulassung einer neuartigen gewerblichen Nutzung mit erheblichem, zumindest optischem Störpotential für die umgebende Wohnbebauung würde somit vorliegend bodenrechtliche Spannungen sowie eine negative Vorbildwirkung begründen, so dass sich das streitgegenständliche Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die als Gemengelage mit starken Wohnanteilen zu qualifizierende Umgebungsbebauung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfügt.
2. Darüber hinaus fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben, das unmittelbar an der Grundstücksgrenze straßenseitig verwirklicht werden soll, auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die maßgebliche Umgebungsbebauung, insbesondere hinsichtlich der in ihr festzustellenden faktischen Baugrenze ein (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB i. V. m. § 23 BauNVO). In wertender Betrachtung der maßstabsbildenden Straßenfront bleibt vorliegend die Bebauung mit Hauptgebäuden durchgehend einige Meter vom Straßengrundstück zurück. Die Zulassung einer grenzständischen Errichtung der streitgegenständlichen Werbeanlage würde damit die Realisierung eines bislang vorbildlosen Vorhabens bedeuten und möglicherweise einen Ansatz für nachfolgende vergleichbare Bauwünsche bieten.
Für den Planbereich enthält § 23 BauNVO Regelungen zur überbaubaren Grundstücksfläche. So darf nach § 23 Abs. 3 BauNVO eine festgesetzte Baugrenze durch bauliche Anlagen nicht überschritten werden. Nach der Rechtsprechung dürfen nicht nur Gebäude und Gebäudeteile, sondern auch alle anderen baulichen Anlagen, mithin auch Werbeanlagen, eine Baugrenze nach § 23 Abs. 3 BauNVO nicht überschreiten (vgl. BVerwG, U. v. 7.6.2001 – 4 C 1.01 – ZfBR 2001, 558).
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass zur Konkretisierung der Einfügungsanforderungen des § 34 BauGB bezüglich überbaubarer Grundstücksflächen auf § 23 BauNVO zurückgegriffen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2005 – 1 CS 04.3461 – juris; U. v. 11.11.2014 – 15 B 12.2765 – juris, Rn. 13). Der für das Einfügensmerkmal der überbaubaren Grundstücksfläche maßgebliche Bereich der „näheren Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist in der Regel enger zu begrenzen als etwa bei dem Merkmal der Art der baulichen Nutzung (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2005 – 1 CS 04.3461 – juris, Rn. 18). Als demnach maßgebliche Umgebung ist vorliegend insbesondere das benachbarte Grundstück Fl. Nr. …, dessen Wohngebäude zumindest einen Abstand von mehreren Metern zur Grundstücksgrenze hin aufweist, sowie die Grundstücke Fl. Nrn. … und … der Gemarkung … anzusehen, deren Wohngebäude einen noch weitergehenden vorgelagerten unbebauten Bereich aufweisen. Die in diesem Bereich vorgefundene städtebauliche Situation ist somit geprägt durch das Vorhandensein eines Grünstreifens zwischen der Bebauung und der Straße, ohne dass es darauf ankommt, ob dieser von Bebauung freigehaltene Bereich jeweils gleich breit ist (vgl. BayVGH, B. v. 6.2.2006 – 26 ZB 05.1470 – juris; U. v. 7.7.2004 – 26 B 03.2798 – juris). Trotz unterschiedlicher Breiten erscheinen die relevanten Nachbargrundstücke hinsichtlich ihrer überbauten Grundstücksflächen klar abgegrenzt von den zur Straße hin vorgelagerten unbebauten Flächen. Die grenzständig zu errichtende geplante Werbeanlage als gewerbliche Hauptnutzung überschreitet somit eindeutig den hinsichtlich des Merkmals „überbaute Grundstücksfläche“ in der näheren Umgebung vorhandenen Rahmen. Eine ausnahmsweise Zulässigkeit dieses rahmenüberschreitenden Vorhabens kommt aufgrund der zu befürchtenden negativen Vorbildwirkung und der damit einhergehenden städtebaulichen Spannungen nicht in Betracht (vgl. BayVGH, U. v. 11.11.2014, a. a. O.).
3. Darüber hinaus widerspricht das in einem Abstand von 15 m zum Bahnübergang zu errichtende Vorhaben aufgrund der damit einhergehenden Gefährdung des Straßenverkehrs bzw. der Beeinträchtigung des ungestörten Verkehrsablaufs dem im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO zu prüfenden straßenrechtlichen Anbauverbot nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, Art. 23 Abs. 2 Satz 2 BayStrWG.
Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG darf das Einvernehmen zur Errichtung baulicher Anlagen im Erschließungsbereich von Staatsstraßen nur verweigert werden, soweit dies für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, besonders wegen der Sichtverhältnisse, Verkehrsgefährdung, Bebauungsabsichten und Straßenbaugestaltung erforderlich ist. In Abgrenzung zur bauordnungsrechtlichen Verkehrsgefährdung nach Art. 14 Abs. 2 BayBO geht das straßenrechtliche Anbauverbot nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über das Ziel hinaus, eine im Einzelfall bestehende gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Es komme nicht allein darauf an, ob Gefahren oder Schäden für die Verkehrsteilnehmer eintreten könnten; geschützt werden solle auch ein normaler Verkehrsablauf, ohne dass die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen bestehen müsse (vgl. BayVGH, B. v. 25.10.2011 – 15 ZB 10.2590 – juris, Rn. 3 zu § 9 FStrG).
Nach diesen Maßstäben ist die streitgegenständliche Werbeanlage, die dem von Osten herannahenden Verkehrsteilnehmer gleichzeitig mit den Warnzeichen des Bahnübergangs in das Blickfeld gerät, aufgrund ihrer Ablenkungswirkung geeignet, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, insbesondere einen ungehinderten Verkehrsablauf, zu beeinträchtigen. Dass Bahnübergänge vom Gesetzgeber als besonders gefährlich angesehen werden, zeigt sich darin, dass vor Bahnübergängen zunächst in einiger Entfernung das besondere Gefahrenzeichen 151 (Bahnübergang, § 40 Abs. 7 StVO) aufzustellen ist, das zu erhöhter Aufmerksamkeit im Hinblick auf die mit Bahnkreuzungen einhergehende Gefahrensituation mahnen soll. An Bahnübergängen mit Andreaskreuz (Zeichen 201) haben Schienenfahrzeuge regelmäßig Vorrang vor dem Straßenverkehr. Eine bunte und auffällige Werbeanlage, die sich direkt hinter dem Bahnübergang auch beim Nähern des Bahnübergangs in das Blickfeld gleichzeitig mit dem Andreaskreuz schiebt, trägt dazu bei, die Aufmerksamkeit des Kraftfahrers abzulenken. Eine auffallende Werbeanlage, die unmittelbar straßenseitig und frontal zur Fahrbahn in einem Abstand von 15 m zum Bahnübergang errichtet werden soll, ist geeignet, die Aufmerksamkeit der Kraftfahrer abzulenken und zu einer Gefahrensituation im Kreuzungsbereich mit dem Schienenverkehr beizutragen (vgl. VG München, U. v. 9.10.2014 – M 11 K 13.5300 – juris, Rn. 21). Auch wenn mit Rücksicht auf die Fülle der Eindrücke im städtischen Straßenverkehr Werbeanlagen in der Regel keine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit im Sinne einer verkehrsgefährdenden Ablenkung ausüben mögen, sind sie in einer Verkehrssituation, in der die Verkehrsteilnehmer besonders gefordert sind und die mit einer generellen Gefährlichkeit einhergeht, bei einer entsprechenden Beeinträchtigung als unzulässig anzusehen (vgl. VG Ansbach, U. v. 12.7.2006 – AN 9 K 05.01969 – juris, Rn. 21).
Die streitgegenständliche Werbeanlage, die grenzständig und unmittelbar am Straßenrand in einer Entfernung von 15 m hinter dem Bahnübergang errichtet werden soll und durch die frontale Ausrichtung vor Überqueren des Bahnübergangs sich in das Blickfeld der Verkehrsteilnehmer drängt, ist nach Auffassung des Gerichts geeignet, die generell am Bahnübergang bestehende Gefahrensituation zu verschärfen. Die Voraussetzungen zur Verweigerung des Einvernehmens nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG lagen somit vor.
4. Offenbleiben kann darüber hinaus, ob die streitgegenständliche Werbeanlage, wie von dem Beklagten geltend gemacht, auch zu einer Verunstaltung des Straßen- und Ortsbildes nach Art. 8 Satz 2 BayBO führt. Unter Berücksichtigung der kleinräumigen Umgebungsbebauung um den Vorhabenstandort spricht vieles dafür, dass das trotz des Vorhandenseins des Autohauses gegebene ruhige und ländliche Straßenbild insoweit verunstaltet würde, als eine großflächige Werbetafel vom Durchschnittsbetrachter als Fremdkörper und damit als grob unangemessen empfunden würde (vgl. VGH BW, U. v. 26.7.2016 – 3 S 1241/15 – juris, Rn. 24).
Das streitgegenständliche Vorhaben erweist sich somit als nicht genehmigungsfähig, so dass die Klage abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.


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