Baurecht

Kein Rechtsmissbrauch, wenn in einem Bebauungsplanverfahren lediglich ein Konzept zur Niederschlagswasserbeseitigung ausgelegt wird, nicht aber das entsprechende Gutachten

Aktenzeichen  1 NE 21.2369

Datum:
14.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41393
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 6
BauGB § 3 Abs. 2 S. 1, § 13b

 

Leitsatz

Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in Form der unterlassenen Auslegung (hier: entgegen § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB) eines ingenieurgeologischen Gutachtens kann nicht darin gesehen werden, dass eine Gemeinde das Konzept zur Niederschlagswasserbeseitigung (hier: vom 27.03.2019, basierend auf den Erkenntnissen des entsprechenden Gutachtens vom 21.09.2018) ausgelegt hat. Das gilt insbesondere dann, wenn die Gemeinde den Bevollmächtigten der Antragsteller zu seinen Einwendungen im Verfahren nach § 3 Abs. 1 BauGB über den wesentlichen Inhalt des ingenieurgeologischen Gutachtens unterrichtet hat (hier: mit Schreiben vom 16.03.2021)        (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller zu 1 und 2, die Antragsteller zu 3 und 4 sowie die Antragsteller zu 5 und 6 tragen jeweils ein Drittel der Verfahrenskosten als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller wenden sich gegen den am 3. August 2021 als Satzung beschlossenen und am 26. August 2021 bekanntgemachten Bebauungsplan „K …weg …“. Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB erstellt.
Das ca. 0,2 ha große Planungsgebiet besteht aus dem bislang unbebauten Grundstück FlNr. …, Gemarkung B …, sowie den beiden als Verkehrsfläche dienenden Grundstücken FlNr. … und … und liegt am südwestlichen Stadtrand von B … Es grenzt in seinem östlichen Bereich an die zweireihige Bebauung auf den Grundstücken FlNr. … und … an. Südlich schließen sich Grünflächen an. Nördlich befindet sich getrennt durch den K …weg weitere Bebauung. Der Bebauungsplan weist ein allgemeines Wohngebiet mit Baugrenzen für drei Wohngebäude mit insgesamt zehn Wohneinheiten aus. Er setzt für den östlichen Baukörper eine maximale Wandhöhe von 7,70 m und für die anderen beiden Baukörper eine maximale Wandhöhe von 8,20 m fest. Für die Grundstücke FlNr. … und … sieht er eine öffentliche Verkehrsfläche vor. Der Bebauungsplan enthält in B.11 den Hinweis, dass laut Baugrundgutachten vom 21. September 2018 in dem Planungsgebiet von einer geringen Wasserdurchlässigkeit des Bodens auszugehen sei, eine Versickerung des Niederschlagswassers deshalb nicht möglich sei und nach dem Konzept zur Niederschlagswasserbeseitigung vom 27. März 2019 das Niederschlagswasser gesammelt und gedrosselt in den städtischen Regenwasserkanal abgeleitet werden solle.
Die Antragsteller zu 1 und 2 sind Eigentümer des mit einem denkmalgeschützten Gebäude bebauten Grundstücks FlNr. …, das sich getrennt durch den K …weg nordöstlich des Planungsgebiets befindet. Die Antragsteller zu 3 und 4 sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. …; die Antragsteller 5 und 6 sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Diese Grundstücke grenzen östlich jeweils unmittelbar an das Planungsgebiet an und sind jeweils mit einem Wohngebäude bebaut.
Am 13. September 2021 stellten die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan und beantragten zugleich,
den Bebauungsplan „K …weg …“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen.
Sie seien antragsbefugt, weil sie durch die Verwirklichung des angegriffenen Bebauungsplans in ihren Rechten verletzt seien. Die begehrte einstweilige Anordnung sei zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten. Der Bebauungsplan sei offensichtlich rechtsfehlerhaft, sodass sein Vollzug nicht hinnehmbar sei. Es fehle dem Bebauungsplan bereits an der städtebaulichen Erforderlichkeit. Der Planungsanlass des anhaltenden Wohnraumbedarfs der Antragsgegnerin sei vorgeschoben. Die Wohnungen würden tatsächlich als Mitarbeiterwohnungen für ein in L … ansässiges Unternehmen dienen. Weiter schließe sich das Planungsgebiet nicht an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil an. Der Bebauungsplan lasse aufgrund der topographischen Lage eine rücksichtslose erdrückende Wirkung gegenüber der Bestandsbebauung zu. Der Bebauungsplan befasse sich auch nicht mit der Konfliktsituation der Niederschlagswasserbewältigung, der Oberflächenwasserableitung und der Grundwassersituation. Das Volumen der nach dem Bebauungsplan zulässigen Bebauung, insbesondere die vorgesehene Tiefgarage, gebe Anlass zu der erheblichen Besorgnis, dass insbesondere das Grundstück FlNr. … durch die Umlenkung von Grundwasserströmen massiv betroffen werde. Der Boden sei nahezu wasserundurchlässig, sodass Oberflächenwasser hangabwärts fließe. Aufgrund der Topographie richte sich die Fließrichtung des Oberflächenwassers sowie des im Untergrund befindlichen Hang/Schichtwassers in Richtung der östlichen Grundstücke und in weiterer Folge in nordöstlicher Richtung. Es liege insoweit ein vollständiger Ermittlungs- und Bewertungsausfall vor. Dies gelte auch bezüglich der in unmittelbarer Nachbarschaft zum Planungsgebiet liegenden Baudenkmäler. Zudem sei die verkehrstechnische Situation defizitär behandelt worden. Der Bebauungsplan sei weiter fehlerhaft, da die Festsetzungen zur Höhe der baulichen Anlagen nicht hinreichend bestimmbar seien, für die zwischen den Hauptgebäuden platzierte Tiefgaragenzufahrt fehle es an einer Höhenangabe.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Bebauungsplan sei zu Recht im beschleunigten Verfahren aufgestellt worden, da der Planungsbereich an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil anschließe. Dem Bebauungsplan fehle es auch nicht an der Erforderlichkeit. Die Schaffung von Wohnraum stelle ein städtebaulich gerechtfertigtes Anliegen dar. Die Festsetzungen zur Höhe der baulichen Anlagen seien hinreichend bestimmt. Abwägungsfehler lägen nicht vor. Eine erdrückende Wirkung der durch den Bebauungsplan zugelassenen Bebauung gehe für die Bestandsbebauung nicht aus. Die Gemeinde habe den zu erwartenden Zusatzverkehr fehlerfrei ermittelt. Der Bebauungsplan sehe maximal zehn Wohneinheiten vor, sodass die Verkehrszunahme hinnehmbar sei. Es liege auch hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung kein Ermittlungsdefizit vor. Die Bodenverhältnisse seien durch ein ingenieurgeologisches Gutachten, das der Grundstückseigentümer in Auftrag gegeben habe, untersucht worden. Dieses sei durch die Stadtverwaltung geprüft und der Abwägung zu Grunde gelegt worden. Es bestehe ein ausreichendes Konzept zur Entwässerung des Niederschlagswassers, auf das in den Hinweisen zum Bebauungsplan Bezug genommen werde.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Normaufstellungsakten sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO bleibt ohne Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere sind die Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsteller müssen hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt werden. Der Eigentümer eines Grundstücks, für das der Bebauungsplan Festsetzungen trifft, ist grundsätzlich nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 – 4 BN 17.17 u.a. – BauR 2018, 814). Der Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücks ist antragsbefugt, wenn er eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots geltend machen kann. Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die Abwägung erheblich sind (vgl. BVerwG, B.v. 13.11.2020 – 4 BN 23.12 – juris Rn. 4; B.v. 17.7.2019 – 3 BN 2.18; B.v. 17.7.2019 – 3 BN 2.18 – NVwZ-RR 2019, 1027; B.v. 22.8.2000 – 4 BN 38.00 – NVwZ 2000, 1413). Die Antragsbefugnis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2015 – 4 BN 30.14 – BauR 2015, 967; B.v. 10.7.2012 – 4 BN 16.12 – BauR 2012, 1771).
Im Hinblick auf die planbedingte Verkehrszunahme zeigt die Antragsbegründung keine Möglichkeit der Rechtsverletzung auf. Eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms unterhalb der Grenzwerte kann zwar grundsätzlich auch zum Abwägungsmaterial gehören (vgl. BVerwG, B.v. 1.7.2020 – 4 BN 49.19 – juris Rn. 8 m.w.N.). Ist der Lärmzuwachs allerdings nur geringfügig, geht er mithin nicht über die Bagatellgrenze hinaus oder wirkt er sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück aus, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 1.7.2020 a.a.O.). Hier liegt die Verkehrszunahme durch die ausgewiesenen Wohngebäude mit insgesamt zehn Wohneinheiten unterhalb der Bagatellgrenze und ist daher abwägungsirrelevant (vgl. für sechs Wohngebäude mit 12 Wohneinheiten: BayVGH, U.v. 16.5.2017 – 15 N 15.1485 – BayVBl 2018, 307), sodass hierauf eine Antragsbefugnis nicht gestützt werden kann.
Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass es bei Umsetzung des Bebauungsplans zu einer unzumutbaren erdrückenden, abriegelnden oder einmauernden Wirkung zu Lasten der bestehenden Wohngebäude kommen könnte. Eine erdrückende Wirkung in Folge des Nutzungsmaßes eines Bauvorhabens kann nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl. 1981, 928: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl. 1986, 1271: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück). Angesichts dieser Maßgaben liegt eine abriegelnde oder gar erdrückende Wirkung der zugelassenen Baukörper in Bezug auf die Anwesen der Antragsteller fern. Eine „erdrückende Wirkung“ für das nordöstlich des Planungsgebiets tiefer gelegene Grundstück FlNr. … scheidet bereits angesichts der Entfernung von 20 m zwischen dem dortigen Gebäude und dem nächstgelegenen Baufenster 1a/1b im Bebauungsplan, für das eine maximale Wandhöhe von 7,70 bzw. eine maximale Firsthöhe von 9,10 m festgesetzt ist, aus. Auch für das Grundstück FlNr. … ist eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht ersichtlich. Zwar beträgt der Abstand von der Grundstücksgrenze bis zum Baufenster 1a nur 3,20 m. Allerdings lässt dieses Baufenster lediglich einen Baukörper mit einer Länge von 11 m zu, sodass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine ausreichende Belichtung und Belüftung nicht gewährleistet ist. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass der bayerische Gesetzgeber – ähnlich wie in anderen Bundesländern – mit dem ab 1. Februar 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus eine Anpassung der regulären Abstandsfläche vorgenommen hat und davon ausgeht, dass bei einer Tiefe der Abstandsflächen von 0,4 H regelmäßig eine ausreichende Belichtung und Besonnung der Bebauung gewährleistet ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den geltend gemachten topographischen Besonderheiten der Hanglage, da hier der Höhenunterschied des Geländes nicht gravierend ins Gewicht fällt. Selbiges gilt für das Grundstück FlNr. … Das Baufenster 2a weist bei einer Länge des Baukörpers von 11,50 m einen Abstand von 7,60 m zur Grundstücksgrenze auf, die festgesetzte Wandhöhe beträgt maximal 8,20 m. Auch hier ist aufgrund topographischer Besonderheiten keine erdrückende Wirkung ersichtlich.
Eine Antragsbefugnis kann jedoch im Hinblick auf die geltend gemachten Ermittlungsdefizite zur Entwässerung des überplanten Gebiets bejaht werden. § 1 Abs. 7 BauGB verlangt, dass der Bauleitplanung eine Erschließungskonzeption zugrunde liegt, nach der das im Planungsgebiet anfallende Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen – auch außerhalb des Planungsgebiets – keinen Schaden nehmen. Für die Antragsbefugnis ist es ausreichend, dass die Antragsteller geltend machen, der Boden sei im Planungsgebiet nicht versickerungsfähig und das Planungsgebiet liege erhöht. Die Frage des Vorliegens eines ausreichenden Konzepts zur Niederschlagswasserbeseitigung bleibt der Begründetheitsprüfung vorbehalten (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174).
2. Der Antrag ist unbegründet. Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ist weder zur Abwehr schwerer Nachteile noch aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten.
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen zwingend geboten ist. Erweist sich, dass der Normenkontrollantrag zulässig und voraussichtlich begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – BauR 2015, 968). Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (BVerwG, B.v. 30.4.2019 – 4 VR 3.19 – juris Rn. 4). Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung des Vollzugs von Rechtsvorschriften hat, ist dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.1995 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 93, 181; BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 1 NE 19.1502 – juris Rn. 14).
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Normenkontrollantrag voraussichtlich keinen Erfolg.
2.1 Der Erlass des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren auf der Grundlage des § 13b BauGB begegnet anhand der Aktenlage keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Nach § 13b BauGB (in der bis zum 22. Juni 2021 geltenden Fassung, vgl. § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB) gilt bis zum 31. Dezember 2019 als Zeitpunkt für die formelle Einleitung des Aufstellungsverfahrens die Regelung des § 13a BauGB entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche von weniger als 10.000 m², durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Diese Voraussetzungen des § 13b BauGB sind hier voraussichtlich erfüllt. Die Antragsteller ziehen hier allein die Tatbestandsvoraussetzung des „Sich-Anschließens“ in Zweifel. Der Begriff des Sich-Anschließens im Sinn des § 13b BauGB erfordert einen räumlichen Zusammenhang zwischen dem Planungsgebiet und der anschlussfähigen Bestandsbebauung. Anders als bei einer Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB sieht der Gesetzeswortlaut des § 13b BauGB eine Prägung der ausgewiesenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs nicht vor. Ebenso wenig stellt die Vorschrift darauf ab, dass die Flächen wie in den Fällen des § 246 Abs. 9 BauGB innerhalb des Siedlungsbereichs liegen (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2021, § 13b Rn. 12). Das beschleunigte Verfahren soll sich auch nicht nur auf einzelne Außenbereichsflächen beziehen, sondern ermöglicht einen beachtlichen Bebauungsplanumgriff (zur Wirksamkeit der festgelegten überbaubaren Grundfläche: vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2018 – 2 NE 17.2528 – NuR 2019, 421). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein „Anschließen“ im Sinn von § 13b BauGB jedenfalls voraussetzt, dass das Planungsgebiet in nennenswerter Breite an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil angrenzt (vgl. SächsOVG, U.v. 9.7.2020 – 1 C 25.19 – juris Rn. 42; B.v. 18.6.2020 – 1 B 232/20 – juris Rn. 48; VGH BW, B.v. 14.4.2020 – 3 S 6/20 – juris Rn. 66) und sich davon ausgehend in den Außenbereich erstreckt, ohne sich räumlich in wesentlich andere Bereiche auszudehnen oder zu verspringen. Zur Beurteilung hierzu ist einzelfallbezogen eine städtebaulich-wertende Betrachtung erforderlich, die eine umfassende Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten unter Berücksichtigung der vorhandenen städtebaulichen Struktur des Ortsteils erfordert. In diese wertende Betrachtung ist insbesondere einzustellen, ob sich die ausgewiesenen Flächen als Fortsetzung des Ortsteils darstellen oder ob durch die Ausweisung ein neuer Siedlungsbereich im bisherigen Außenbereich entsteht, der sich vom bestehenden Ortsrand ersichtlich „absetzt“ und deshalb einen qualitativ neuen Ansatz für künftige Siedlungserweiterungen vorgibt (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2021 – 1 NE 21.1820 – juris Rn. 19; B.v. 4.5.2018 – 15 NE 18.382 – juris Rn. 30).
Bei der anzustellenden wertenden Betrachtung schließt das ausgewiesene Baugebiet an den vorhandenen Ortsteil an. Das Planungsgebiet grenzt unmittelbar an die östlich gelegene zweireihige Bebauung an und setzt diese entlang des K …wegs in westlicher Richtung fort. Dabei greift es die Bebauungstiefe der östlich gelegenen Bebauung auf und geht auch in südlicher Richtung nicht über diese hinaus. Nördlich grenzt das Planungsgebiet unmittelbar an die Straße an, auf deren gegenüberliegender Seite sich etwas tiefer gelegen weitere Bebauung befindet. In westlicher Richtung bleibt es hinter der Bebauung auf dem Grundstück FlNr. … zurück, sodass sich das Planungsgebiet nach Aktenlage als städtebaulich gerechtfertigte Fortsetzung des bestehenden Ortsteils darstellt. Dass das Gelände nach Süden bzw. Südwesten hin ansteigt bzw. nach der Reliefdarstellung im BayernAtlas Plus sich insgesamt als bewegt darstellt, steht dieser Bewertung nicht entgegen. Der Hang steigt bereits von den östlich gelegenen bebauten Grundstücken in Richtung Süden bzw. Südwesten an (vgl. auch die dargestellten Höhenlinien und Systemschnitte in der 1. Änderung des Bebauungsplans „K …weg“ vom 29.7.2008).
2.2 Beachtliche formelle Fehler im Aufstellungsverfahren sind nicht dargetan. Die Antragsteller machen geltend, dass das ingenieurgeologische Gutachten vom 21. September 2018 entgegen § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht ausgelegt worden sei. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die nach der Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen mit dem Bebauungsplan öffentlich auszulegen. Diese Vorschrift eröffnet der Gemeinde einen Einschätzungs- oder Beurteilungsspielraum bezüglich der Frage, welche der bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen „wesentlich“ und daher auszulegen sind (SächsOVG, B.v. 23.3.2021 – 1 B 406/20 – juris Rn. 128; OVG NW, U.v. 13.3.2008 – D 34/07.NE – juris Rn. 66). Dieser Beurteilungsspielraum ist hier voraussichtlich nicht überschritten. Die Antragsgegnerin hat das Konzept zur Niederschlagswasserbeseitigung vom 27. März 2019 ausgelegt, in das die Erkenntnisse des Gutachtens vom 21. September 2018 eingeflossen sind. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in Form der unterlassenen Auslegung kann darin nicht gesehen werden, zumal die Antragsgegnerin den Bevollmächtigten der Antragsteller mit Schreiben vom 16. März 2021 zu seinen Einwendungen im Verfahren nach § 3 Abs. 1 BauGB über den wesentlichen Inhalt des ingenieurgeologischen Gutachtens unterrichtet hat (Normaufstellungsakte Bl. 77).
2.3 Dem Bebauungsplan fehlt es auch nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Nach der Begründung des Bebauungsplans dient der Bebauungsplan der Deckung des anhaltenden Wohnraumbedarfs in der Stadt B … Damit verfolgt die Antragsgegnerin ein städtebauliches Ziel im Sinn von § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB. Ob – wie von den Antragstellern vorgetragen – dort vorwiegend Mitarbeiter eines in L … ansässigen Unternehmens wohnen werden, ist städtebaulich nicht relevant.
2.4 Soweit die Antragsteller geltend machen, dass die Höhenmaße der Tiefgarage bzw. ihrer Zufahrt nicht bestimmbar seien, lassen sie unberücksichtigt, dass die Antragsgegnerin hierzu keine Festsetzungen treffen muss. Es gelten insoweit die zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben. Zudem ist die Tiefgaragenzufahrt nahe der öffentlichen Verkehrsfläche gelegen, die Höhe der Tiefgaragenüberdeckung ist durch die Höhenkote des Fertigfußbodens eingegrenzt.
2.5 Ein Verstoß gegen landes- bzw. regionalplanerische Ziele wird lediglich in einem Satz behauptet. Er ist auch vor dem Hintergrund, dass die Regierung von Oberbayern als höhere Landesplanungsbehörde im Aufstellungsverfahren keine Einwände erhoben hat, nicht nachzuvollziehen.
2.6 Der Bebauungsplan ist voraussichtlich auch nicht abwägungsfehlerhaft.
Abwägungsfehler – insbesondere in Form eines Ermittlungsdefizits – im Zusammenhang mit der Beseitigung des im Planungsgebiet auftretenden Niederschlagswassers bzw. hinsichtlich der Auswirkungen auf die Grundwassersituation sind nicht ersichtlich.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 21.3.2002 – 4 CN 14.00 – BVerwGE 116, 144) vermittelt das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot den Anwohnern in der Umgebung des Planungsgebiets einen eigentumsrechtlichen Drittschutz, soweit die planbedingten Beeinträchtigungen (Nachteile, Gefahren) in einem adäquat-kausalen Zusammenhang mit der Planung stehen und nicht von geringfügiger Art sind. Der Planung muss eine Erschließungskonzeption zugrunde liegen, nach der das im Plangebiet anfallende Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen diesseits und jenseits der Plangrenzen keinen Schaden nehmen. Überschwemmungen und Wasserschäden als Folge der Planverwirklichung müssen die Nachbarn des Plangebiets ebenso wenig hinnehmen wie die Bewohner des Plangebiets selbst. Zur Vermeidung von Überschwemmungen und Wasserschäden muss der Planungsträger daher Vorkehrungen treffen, durch die sichergestellt wird, dass die Beeinträchtigungen das zumutbare Maß nicht überschreiten (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 a.a.O.). Welche Anforderungen an die Planungskonzeption zu stellen sind, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.
Hieran gemessen begegnet der Bebauungsplan keinen rechtlichen Bedenken. Der Antragsgegnerin stand zur Beurteilung der Entwässerungssituation ein ingenieurgeologisches Gutachten vom 21. September 2018 zur Verfügung. Unerheblich ist, dass das Gutachten im Auftrag des Grundstückeigentümers erstellt wurde, denn die Gemeinde kann sich auch auf bereits vorhandene Erkenntnisquellen stützen. Die Antragsgegnerin hat sich dieses Gutachten nach Prüfung zu Eigen gemacht und ihrer Abwägung zu Grunde gelegt (vgl. Normaufstellungsakte Bl. 159). Die aus dem Gutachten gewonnenen Erkenntnisse sowie das daraus entwickelte Konzept zur Niederschlagswasserbeseitigung (Ingenieurbüro H … vom 27.3.2019) sind in die Hinweise unter B.11 des Bebauungsplans eingeflossen. Nach dem ingenieurgeologischen Gutachten ist bis zu einer Tiefe von 6,90 m kein Grundwasser vorhanden, sodass kein Aufstau des Grundwassers zu erwarten steht. Ebenso wurde nach dem Gutachten bei den Sondierungsbohrungen kein Schichtwasser angetroffen. Hierzu wird weiter ausgeführt, dass Schichtwasser zwar witterungsbedingt vorkommen könne, es aber keinen Einfluss auf die Nachbarbebauung habe, da es nur lokal vorhanden sein werde. Substantiierte Einwendungen gegen die Richtigkeit des Gutachtens haben die Antragsteller nicht erhoben.
Die Antragsteller zeigen auch keine Abwägungsfehler im Zusammenhang mit der Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange auf. Das im Aufstellungsverfahren beteiligte Bayerische Landesamt für Denkmalpflege sowie die untere Denkmalschutzbehörde haben keine Einwendungen erhoben. Eine Beeinträchtigung denkmalpflegerischer Belange ist hier nicht erkennbar und wird von den Antragstellern auch nicht substantiiert dargelegt. Die Aufzählung der in der Umgebung vorhandenen Denkmäler genügt hierfür nicht.
Da der Normenkontrollantrag voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, fällt auch die Interessenabwägung zu Lasten der Antragsteller aus.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 1.1.3 und 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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