Baurecht

Nachbarklage gegen den Beigeladenen erteilte isolierte Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans

Aktenzeichen  AN 17 K 20.00444

Datum:
6.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 14542
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 74 Abs. 1 S. 2, § 86 Abs. 1 S. 1
BauGB § 31 Abs. 2, § 34 Abs. 1
BayBO Art. 6, Art. 57 Abs. 1 Nr. 7a, Art. 63 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1
BayVwVfG Art. 41 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Bekanntgabefiktion des Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG beinhaltet nicht die Vermutung, ob und wann der Verwaltungsakt zur Post aufgegeben wurde. Dass dieser Zeitpunkt feststeht, ist vielmehr Voraussetzung der Zugangsvermutung. Beweispflichtig ist insoweit die Behörde. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Basis für die Abmessung der maximal zwei Höhenmeter für Bauvorhaben im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a) BayBO ist die natürliche oder festgelegte Geländeoberfläche und zwar auch dann, wenn das Nachbargrundstück tiefer liegt als das Baugrundstück. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung  vermitteln Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Planungswillen der Gemeinde diese Funktion haben sollen, was im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln ist. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie nicht gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO verfristet. Nach dieser Vorschrift muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Da der Beklagte ausweislich der Behördenakten über keinen Nachweis für die Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids vom 27. Januar 2020 an den Kläger verfügt, sondern lediglich in einer tabellarischen Zusammenstellung des Schriftverkehrs in der Streitsache „…-Marktgemeinde …“ die Versendung an den Kläger am 27. Januar 2020 notiert hat, der Kläger aber vorträgt, dass ihm der Bescheid erst am 11. Februar 2020 (Poststempel vom 10. Februar 2020) zugestellt worden sei, kann nicht auf die Bekanntgabefiktion des Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG zurückgegriffen werden. Nach dieser gilt zwar ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Jedoch beinhaltet Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG nicht die Vermutung, ob und wann der Verwaltungsakt zur Post aufgegeben wurde. Dass dieser Zeitpunkt feststeht, ist vielmehr Voraussetzung der Zugangsvermutung. Beweispflichtig ist insoweit die Behörde (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 41 Rn. 119 f.). Die tabellarische Übersicht des Beklagten über die wechselseitigen Korrespondenzen in der Streitsache genügt nicht, um dieser Beweispflicht gerecht zu werden. Dort ist in Zeile 27 lediglich notiert, dass am 27. Januar 2020 ein Abdruck des Bescheids an den Kläger verschickt worden sei. Einen Anscheinsbeweis, dass ein Bescheid am Tage seiner Herstellung oder Datierung zur Post aufgegeben wurde, gibt es nicht (Stelkens a.a.O.).
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2020 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Eine Anfechtungsklage hat nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nämlich nur dann Erfolg, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Dafür genügt nicht die objektive Verletzung einer Rechtsnorm. Die Rechtsverletzung muss sich aus einer Norm ergeben, die zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient (Schutznormtheorie, s. BayVGH, B.v. 23.6.2017 – 15 ZB 16.920 – BayVBl 2019, 596 Rn. 8). Zudem müssen die als verletzt gerügten Normen Teil des Prüfprogramms der genehmigenden Behörde sein.
a) In formeller Hinsicht war der beklagte Markt … für die isolierte Befreiungsentscheidung hinsichtlich der Festsetzungen seines Bebauungsplans Nr. * „…“ vom … zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 63 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO, nach dem über Ausnahmen und Befreiungen nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO bei verfahrensfreien Bauvorhaben die Gemeinde nach Maßgabe der Art. 63 Abs. 1 und 2 BayBO entscheidet. Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO wiederum regelt das Erfordernis eines gesonderten schriftlichen und begründeten Antrags u.a. für Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans.
Es handelt sich auch um ein verfahrensfreies Bauvorhaben im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a) BayBO, der Mauern einschließlich Stützmauern und Einfriedungen, Sichtschutzzäune und Terrassentrennwände mit einer Höhe bis zu 2 m umfasst. Die Basis für die Abmessung der maximal zwei Höhenmeter ist die natürliche oder festgelegte Geländeoberfläche und zwar auch dann, wenn das Nachbargrundstück tiefer liegt als das Baugrundstück (OVG RhPf, B.v. 6.6.2011 – 8 A 10377/11 – NVwZ-RR 2011, 757; Lechner/Busse in Busse/Kraus, BayBO, 140. EL Februar 2021, Art. 57 Rn. 216; Weinmann in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 18. Ed. 1.4.2021, Art. 57 BayBO Rn. 118).
Gemäß der durch die Beigeladenen mit dem Antrag auf die Erteilung einer isolierten Befreiung eingereichten Bauzeichnungen sowie der im Ortstermin händisch vorgenommenen Messungen hält die geplante Einfriedung eine maximale Höhe von 2 m ein. Soweit der Kläger pauschal vorbringt, die Beigeladenen hätten ihr Grundstück rechtswidrig aufgeschüttet, womit die den Bauzeichnungen zugrundeliegende natürliche Geländeoberfläche zu hoch angesetzt sei, dringt er damit nicht durch. Denn der Bebauungsplan Nr. „…“ des Beklagten sieht in dessen § 8 vor, dass Aufschüttungen und Abgrabungen bis zu 1,0 m ab vorhandenem Gelände zulässig seien. Eine solche im Südteil ihres Gartens vorgenommen zu haben, tragen die Beigeladenen selbst vor. Diesbezüglich liegt auch eine Anzeige an den Markt … vom 4. Mai 2017 vor, in der die Beigeladenen unter Eingabe einer händischen Zeichnung das Anlegen einer Stützmauer zur Grundstücksbegrenzung sowie ein Auffüllen im Bereich vor der Stützmauer in einer maximalen Höhe von 0,65 m ankündigten. Wenn aber der Bebauungsplan selbst eine Aufschüttung gestattet, dann kann die zulässigerweise veränderte Geländeoberfläche, wie sie sich vor der Ausführung des Bauvorhabens darstellt, als Basispunkt für die Höhe der baulichen Anlage herangezogen werden (Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 51. Update März 2021, Art. 2 Rn. 96). Dafür, dass die Beigeladenen im Sinne des § 8 des Bebauungsplans Nr. „…“ diesbezüglich oder im Übrigen unzulässige Aufschüttungen vorgenommen und folglich eine unzutreffende Linie des Urgeländes in den Bauzeichnungen eingetragen hätten, spricht von der pauschalen Behauptung der Klägerseite abgesehen nach der Aktenlage unter Einbezug der Bauakten zum renovierten Bestandsgebäude der Beigeladenen und den im Rahmen der Inaugenscheinnahme getroffenen Feststellungen nichts. Zwar hat das Verwaltungsgericht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO unter Heranziehung der Beteiligten die Pflicht zur Amtsermittlung, jedoch sind in tatsächlicher Hinsicht nur dann weitere Aufklärungsmaßnahmen veranlasst, wenn sich diese nach den Umständen des Einzelfalls dem Gericht aufdrängen mussten (Dawin in Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 86 Rn. 61 ff. m.w.N.), was hier nicht der Fall ist.
Selbst wenn man aber mit dem Kläger davon ausgehen würde, dass die Einfriedung der Beigeladenen wegen eines unzutreffenden Ausgangspunkts für die Höhenmessung eine Höhe von 2 m überschritte und damit keine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a) BayBO mehr gegeben und somit ein reguläres (vereinfachtes) Baugenehmigungsverfahren durch das Landratsamt durchzuführen gewesen wäre, so begründete dies keine Rechtsverletzung des Klägers. Dieser hat keinen Anspruch auf die Durchführung eines bestimmten Genehmigungsverfahrens, sondern nur darauf, dass seine materiellen Rechten gewahrt werden (BayVGH, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.397 – juris Rn. 19; VG Würzburg, U.v. 6.3.2014 – W 5 K 13.1017 – juris Rn. 25; Weinmann in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 18. Ed. 1.4.2021, Art. 63 Rn. 56).
b) Der Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2020 zugunsten der Beigeladenen verletzt den Kläger auch in materieller Hinsicht nicht in seinen Rechten.
aa) Der Prüfungsmaßstab ist hier allein, ob der Kläger im in § 31 Abs. 2 BauGB verankerten Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist und nicht, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB für eine Befreiungsentscheidung im Einzelnen vorliegen. Denn bei § 7 des Bebauungsplans Nr. * „…“ des Beklagten – „Einfriedung“ -, auf den sich der Kläger beruft, handelt es sich nicht um eine nachbarschützende Festsetzung des Bebauungsplans, von der befreit wurde (BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14/87 – juris; BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 13; B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 33 ff.; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, Vorbm. zu §§ 29-38 Rn. 63 f.).
Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, wie in § 7 des Bebauungsplans Nr. * „…“, haben nicht schon kraft Gesetzes nachbarschützende Funktion. Solche Festsetzungen vermitteln Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Planungswillen der Gemeinde diese Funktion haben sollen, was im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln ist (BayVGH, B.v. 25.9.2013 – 14 ZB 12.2033 – juris Rn. 21; Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 140. EL Februar 2021, Art. 66 Rn. 356 ff.). Der textlichen Festsetzung in § 7 des Bebauungsplans Nr. „…“ lässt sich ein dahingehender Planungswille des Beklagten nicht entnehmen. Die Festsetzungen zur maximal zulässigen Höhe der Einfriedung sowie deren Sockel und zum Verbot des Abtreppens lassen keinen nachbarschützenden Charakter erkennen. Vielmehr ergibt sich in einer Zusammenschau mit den übrigen in § 7 enthaltenen Festsetzungen, nämlich, dass grelle Farben unzulässig sind und dass, sollte die Einfriedung aus einer Hecke bestehen, diese regelmäßig zu schneiden ist und dornige Gewächse nicht gestattet sind, dass es der Gemeinde um eine einheitliche Gestaltung des Ortsbildes im Plangebiet ging, also um einen im öffentlichen Interesse liegenden städtebaulichen Aspekt. Dafür spricht auch, dass sich der Begründung zum Bebauungsplan Nr. „…“, die zu seiner Auslegung herangezogen werden kann (Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 9 Rn. 233 f.), keinerlei Anhaltspunkte für eine drittschützende Aufladung der Festsetzungen aus § 7 entnehmen lassen (so im Ergebnis in einem vergleichbaren Fall BayVGH, U.v. 7.8.2009 – 15 B 09.1239 – juris Rn. 26).
Das insofern maßgebliche Gebot der Rücksichtnahme ist nicht zulasten des Klägers verletzt. Das drittschützende Rücksichtnahmegebot wird aktiviert, „wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist“ (BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5/12 – NVwZ 2014, 370 Rn. 21). Die Anforderungen, die das Rücksichtnahmegebot an die Zulässigkeit des Vorhabens stellt, hängen wesentlich von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des durch das Vorhaben Betroffenen ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er sich in Rücksichtnahme üben. Es ist also darauf abzustellen, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 15; B.v. 5.4.2019 – 15 ZB 18.1525 – BeckRS 2019, 7160 Rn. 9; s.a. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 140. EL Oktober 2020, § 34 Rn. 141).
Im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung kommt es wie bei der Prüfung des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht auf die „Feinheiten der Berechnungsregeln“ der BauNVO an, sondern auf die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zur Umgebungsbebauung und die absoluten Maße, insbesondere Grundfläche, Geschosszahl, Höhe und Volumen des Baukörpers (BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18/92 – NVwZ 1994, 1006; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 34 Rn. 28 m.w.N.). Eine Verletzung des drittschützenden Rücksichtnahmegebots liegt nach der Rechtsprechung allerdings erst dann vor, wenn dem Vorhaben in der Gesamtschau eine „erdrückende“ oder „abriegelnde“ Wirkung zukommt (BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12). Dies kann vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden anzunehmen sein (BayVGH, a.a.O.). Bejaht hat die Rechtsprechung eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots etwa für ein 12-geschossiges Gebäude in einer Entfernung von 15 m zum 2 ½-geschossigen Nachbarwohnhaus (BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris Rn. 32 ff.), drei 11,5 m hohe Düngekalksilos im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnhaus (BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – juris Rn. 12 ff.), hingegen verneint für einen Höheunterschied von wenigen Metern bei einem Abstand zwischen beiden Gebäuden von etwa 2 m (SächsOVG, B.v. 17.12.2014 – 1 B 216/14 – juris Rn. 10 ff.; w.N. zur Rspr. bei Söfker in EZBK, BauGB, 140. EL Oktober 2020, § 34 Rn. 142).
Diesen Maßstab zugrunde gelegt, ist keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zulasten des Klägers ersichtlich, weil der Einfriedung der Beigeladenen keine in diesem Sinne erdrückende, abriegelnde Wirkung, gleich einer Gefängnishofsituation, zukommt (so die Formulierung bei NdsOVG, B.v. 15.1.2007 – 1 ME 80/07 – juris Rn. 13, s.a.: „Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden.“). Ein derartiger Eindruck hat sich der Kammer im Rahmen der Inaugenscheinnahme nicht offenbart. Im südlichen Bereich des klägerischen Gartens an der Grenze zu den Beigeladenen befindet sich signifikanter Baumbewuchs, der die Einfriedung der Beigeladenen in Form eines Holzzaunes um mehrere Meter überragt. Auf der Höhe des Zaunes befindet sich in diesem Bereich überdies noch dichtes Grün. Der Zaun der Beigeladenen ist also zu einem Gutteil durch den Bewuchs im klägerischen Garten ver- und bedeckt und hat keineswegs eine optisch erdrückende Wirkung. Im nördlichen Teil des Gartens des Klägers befindet sich zudem grenznah ein Gewächshaus, dessen Giebelseite zur Einfriedung der Beigeladenen zeigt. Noch weiter nördlich und durch Treppen abgestuft weiter obenliegend steht noch ein 2,30 m firsthoher Taubenstall. Auch diese beiden Gebäude nehmen dem Zaun der Beigeladenen eine etwa erdrückende Wirkung, wenn auch in diesem Teil des Gartens der Bewuchs dünner als im südlichen Abschnitt ausfällt. Eine drohende Verschattung des klägerischen Gartens ist nicht zu befürchten. Zugegeben hält die Einfriedung der Beigeladenen zu einem gewissen Teil die Einstrahlung durch die Nachmittagssonne auf das Klägergrundstück ab, allerdings nicht in einem Maße, das sich zu einer Verletzung des Rücksichtnahmeverbots verdichten würde. Insofern ist nämlich auch in Rechnung zu stellen, dass der stattliche Baumbewuchs auf dem klägerischen Grundstück in Grenznähe zu den Beigeladenen ebenfalls deren Besonnung aus östlicher bis südöstlicher Richtung mindern dürfte. Schließlich spricht gegen die Verletzung des Rücksichtnahmegebots, dass die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen eine diesbezügliche Verletzung in der Regel ausschließt (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2019 – 15 NE 19.551, 15 NE 19.579 – juris Rn. 35). Wenn nun aber der Landesgesetzgeber in Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BayBO (vormals Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO a.F.) Stützmauern und geschlossene Einfriedungen mit einer Höhe bis zu 2 m innerhalb der Abstandsflächen und ohne eigene Abstandsflächen gestattet, bringt er damit typischerweise zum Ausdruck, dass derlei Anlagen keine unzumutbare Beeinträchtigung der Belange Belichtung, Belüftung und sozialer Wohnfriede mit sich bringen.
bb) Soweit der Kläger auf eine Verletzung des Abstandsflächenrechts, Art. 6 BayBO, rekurriert, ist er hiermit im Rahmen der Klage gegen die Erteilung einer isolierten Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB bereits deshalb ausgeschlossen, weil Art. 6 BayBO überhaupt nicht Prüfungsprogramm des beklagten Marktes … war, sondern eben nur die Voraussetzungen der bauplanungsrechtlichen Regelung des § 31 Abs. 2 BauGB.
Im Übrigen läuft der abstandsflächenrechtliche Einwand auch inhaltlich ins Leere, da die geplante Einfriedung der Beigeladenen gemäß Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BayBO (vormals Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO a.F.) innerhalb der Abstandsflächen und ohne eigene Abstandsflächen gestattet ist.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Nachdem die Beigeladenen einen Antrag gestellt, sich durch Sachvortrag am Verfahren beteiligt und sich damit dem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten ersetzt erhalten, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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