Baurecht

Nachbarklage gegen Erlaubnis zur Anlage einer Kurzumtriebskultur (Aufforstungserlaubnis)

Aktenzeichen  W 5 K 15.1172

Datum:
2.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BWaldG BWaldG § 2 Abs. 2 Nr.1
VwGO VwGO § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1
BayWaldG Art. 4 Nr. 7, Art. 16 Abs. 1, Abs. 2
BGB BGB §§ 2032 ff.

 

Leitsatz

1 Erhebliche Nachteile für umliegende Grundstücke iSv Art. 16 Abs. 2 BayWaldG liegen nur dann vor, wenn wesentliche Ertragseinbußen zu befürchten sind. (redaktioneller Leitsatz)
2 Maßgebend für die Frage der Erheblichkeit der Nachteile und die Beeinträchtigung der Ertragsfähigkeit eines benachbarten Grundstücks sind allein die Einbußen des Bodenertrags. (redaktioneller Leitsatz)
3 Auf andere in Art. 16 Abs. 2 BayWaldG genannte, eine Versagung der Erstaufforstungserlaubnis rechtfertigende Gesichtspunkte als den der erheblichen Nachteile für umliegende Grundstücke können sich private Dritte nicht berufen.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage hat keine Aussicht auf Erfolg. Die nach § 42 Abs. 2 VwGO allenfalls teilweise zulässige Klage ist jedenfalls unbegründet.
1. Die von der Klägerin als Nachbarin erhobene Klage ist insoweit unzulässig, als sie geltend macht, erhebliche Nachteile für ihre Grundstücke Fl.Nr. …4/1 und 276/9 der Gemarkung S* … zu erleiden. Denn der Klägerin steht insoweit die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger eine Verletzung seiner Rechte geltend macht.
Die für die Erteilung der Erlaubnis zur Erstaufforstung bzw. hier zur Anlage einer Kurzumtriebskultur maßgebliche Vorschrift des Art. 16 Abs. 2 des Waldgesetzes für Bayern (BayWaldG) i.d.F. der Bek. vom 22. Juli 2005, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Juli 2014 gewährt dem Eigentümer eines Grundstücks, das dem aufzuforstenden Grundstück benachbart ist, prinzipiell ein Abwehrrecht. Art. 16 Abs. 2 BayWaldG lässt nämlich aus der Formulierung „… oder erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu erwarten sind“ einen Schutzzweck erkennen, der es rechtfertigt, den betroffenen Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht zuzubilligen.
Die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO schränkt den Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten damit in zweierlei Hinsicht ein. Zum einen bindet § 42 Abs. 2 VwGO den Rechtsschutz an das subjektive Recht (Klagebefugnis). Zum anderen muss der Kläger dieses Recht als sein eigenes Recht geltend machen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 71). Letzteres betrifft die aktive Prozessführungsbefugnis, also die Berechtigung des Klägers, den prozessualen Anspruch in eigenem Namen geltend zu machen. Dies schließt zum einen Klagen aus, in denen sich der Kläger auf subjektive Rechte Dritter beruft und zum anderen schließt dies aus, Rechte alleine (prozessual) geltend zu machen, über die er nur zusammen mit anderen verfügungsberechtigt ist, die also nicht dem Einzelnen, sondern nur einer Gemeinschaft zustehen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO § 42 Rn. 76; Schmidt-Kötters in Beck‘scher Online-Kommentar VwGO, 40. Edition 2016, § 42 Rn. 115).
Das unmittelbar in nördlicher Richtung an das „aufzuforstende“ Grundstück gelegene Grundstück Fl.Nr. …4/1 steht – wie sich dem in der Gerichtsakte enthaltenen Grundbuchauszug entnehmen lässt und wie dies auch von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde – im Gesamthandseigentum der Klägerin und acht weiterer Personen nach §§ 2032 ff. BGB. Die Klägerin gehört nämlich insoweit einer ungeteilten Erbengemeinschaft an, deren Mitglieder nach Maßgabe der §§ 2032 ff. BGB in Bezug auf den Nachlass grundsätzlich nur zu gemeinschaftlichem Handeln berechtigt bzw. verpflichtet sind. Gemäß § 2038 Abs. 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben bis zur Auseinandersetzung gemeinschaftlich zu. Die in den § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 und § 2039 Satz 1 BGB enthaltenen Ausnahmen von diesem Grundsatz, die einen Miterben unter den dort genannten Voraussetzungen berechtigen, in eigenem Namen und aus eigenem Recht ohne Mitwirkung der anderen Miterben zu Gunsten der Gesamthandsgemeinschaft zum Nachlass gehörende, auch öffentlich-rechtliche, Ansprüche geltend zu machen und zu diesem Zweck auch Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einzulegen, liegen nicht vor; noch liegt ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft nach § 2039 Satz 1 BGB vor (vgl. BayVGH, U.v. 24.8.2007 – 22 B 05.2870 – BayVBl 2008, 405). Bei einer Mehrheit von Grundstückseigentümern wie bei einer Erbengemeinschaft (§ 2038 BGB) ist der einzelne Miterbe grundsätzlich nicht dazu befugt, Nachbarrechte geltend zu machen. Die Klägerin ist deshalb auch nicht befugt, allein Rechtsmittel gegen die einem Nachbarn erteilte Aufforstungserlaubnis einzulegen. § 42 Abs. 2 VwGO schließt es aus, Rechte geltend zu machen, über die der Kläger nicht alleine, sondern nur in notwendiger Streitgenossenschaft mit anderen (z.B. Erbengemeinschaft) verfügen kann (zur vergleichbaren Situation der Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand Aug. 2016, Art. 66 Rn. 91; BayVGH, B.v. 30.7.1999 – 15 ZB 99.275 – BayVBl 2000, 182).
Hinsichtlich des Wohngrundstücks Fl.Nr. 276/9 ist die Klägerin nach ihren eigenen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht Alleineigentümerin („bin ich nicht Alleineigentümerin, das Grundstück gehört auch meiner Tochter“). Letztlich kann offenbleiben, ob die Klägerin hier als Wohnungseigentümerin (§ 1 Abs. 2 WEG) Nachbarrechte wegen Beeinträchtigung ihres Sondereigentums in vollem Umfang und aus eigenem Recht (§ 13 Abs. 1 Halbsatz 2 WEG) geltend macht oder eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums. Letztere kann sie nur in den engen Grenzen einer Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) und nur in Prozessstandschaft für die Eigentümergemeinschaft abwehren (vgl. BayVGH, B. v. 2.10.2003 – 1 CS 03.1785 – NVwZ-RR 2004, 248; Happ in Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 76). Denn das fragliche Grundstück weist einen Abstand von ca. 70 m zu dem „aufzuforstenden“ Grundstück auf. Bei einem derart großen Abstand, mit zwei noch dazwischen liegenden Grundstücken, kann nicht davon gesprochen werden, dass das Wohngrundstück der Klägerin sich im „Einwirkungsbereich“ der streitgegenständlichen Kurzumtriebskultur befinden würde. Die tatsächlichen Auswirkungen einer Aufforstung auf Nachbargrundstücken beschränken sich i. d. R. auf einen Randstreifen von 20 m bis 25 m Tiefe, gemessen an der Aufforstungsgrenze (BayVGH, U.v., 16.10.1996 – 19 B 94.814 – juris; Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst/Stöckel, Forstrecht in Bayern, Stand Februar 2008, Art. 16 BayWaldG Rn. 12). Nachdem dieser „Einwirkungsbereich“ hier um das dreifache überschritten wird, können Nachteile von vornherein ausgeschlossen werden. Insoweit handelt es sich bei der Klägerin nicht um eine Nachbarin im Sinne des Waldrechts. Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. …6/9 kann mithin die Klägerin schon nicht geltend machen, dass eine Verletzung ihrer Rechte möglich ist, vielmehr scheidet insoweit offensichtlich und eindeutig aus, dass „erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu erwarten sind“. Das Grundstück Fl.Nr. …6/9 vermittelt der Klägerin damit ebenfalls keine Klagbefugnis.
Soweit die Klägerin eine Beeinträchtigung ihres Grundstücks Fl.Nr. …4/2 geltend macht, das in ihrem Alleineigentum steht und unmittelbar an das aufzuforstende Grundstück angrenzt, nämlich durch dieses erhebliche Nachteile zu erleiden, ist ihr die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zuzusprechen. Anders liegt dies jedoch, soweit die Klägerin sich auf weitere Gesichtspunkte wie Verstärkung der Geruchsbelastung, Beeinträchtigung des Ortsbilds sowie der Verkehrssicherheit, usw. bezieht (vgl. BayVGH, U.v. 12.2.1998 – 19 B 96.1858 – juris).
2. Letztlich könnte die Frage der Zulässigkeit sogar dahinstehen, weil die (Nachbar-)Klage der Klägerin sich jedenfalls als unbegründet erweist.
Denn der Bescheid des AELF Bad Neustadt a. d. Saale vom 13. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dem Beigeladenen steht die erteilte Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 und 2 BayWaldG zu.
Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung ist vorliegend Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayWaldG, wonach die – hier vom Beigeladenen beabsichtigte – Anlage einer Kurzumtriebskultur der Aufforstungserlaubnis bedarf. Derartige Kulturen sind nach geltendem Landesrecht in Übereinstimmung mit Bundesrecht zwar nicht als „Wald (Forst) im Sinne dieses Gesetzes“ eingestuft (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Bundeswaldgesetzes – BWaldG und Art. 2 Abs. 1 BayWaldG). Kurzumtriebskulturen sind nach Art. 4 Nr. 7 BayWaldG Anpflanzungen mit schnellwachsenden Baumarten, insbesondere zur Erzeugung von Holz zur Energiegewinnung, mit einer Umtriebszeit von (in Abweichung von § 2 Abs. 2 Nr. 1 BWaldG: 20 Jahren) höchstens zehn Jahren.
Die somit für die streitgegenständliche Kurzumtriebskultur des Beigeladenen erforderliche Erlaubnis darf nach Art. 16 Abs. 2 Satz 1 BayWaldG nur versagt werden, wenn die Aufforstung Plänen im Sinne des Art. 3 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) widerspricht, wenn wesentliche Belange der Landeskultur oder des Naturschutzes und der Landschaftspflege gefährdet werden, der Erholungswert der Landschaft beeinträchtigt wird, oder erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu erwarten sind. Die Voraussetzungen, unter denen eine Erstaufforstung nach Art. 16 Abs. 2 BayWaldG versagt werden darf, sind, wie sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut ergibt („nur“), abschließender Natur (vgl. VG Ansbach, B.v. 5.12.2006 – AN 15 S. 06.03550 – BeckRS 2006, 30159)
Vorliegend liegt schon tatbestandlich kein Versagungsgrund vor, auf den die Klägerin sich berufen könnte.
2.1. Eine Verletzung eigener Klägerrechte hätte zur Voraussetzung, dass die in Art. 16 Abs. 2 BayWaldG aufgeführte letzte Alternative „… oder erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu erwarten sind“ in Bezug auf die Grundstücke Fl.Nr. …4/2, …4/1 oder …6/9 der Gemarkung S* … erfüllt wären. Selbst wenn die Einwendungen hierzu zulässig sein sollten (siehe hierzu oben unter 1.), erweisen sie sich jedenfalls als unbegründet.
Denn die Klägerin hat durch die streitgegenständliche Kurzumtriebskultur keine erhebliche Nachteile für die „umliegenden Grundstücke“ zu erwarten. Dies setzt eine Prüfung in zwei Stufen voraus: Es müssen (1) Nachteile vorliegen, die (2) erheblich sind.
Fraglich ist hier bereits, ob die Klägerin durch die Anlage der Kurzumtriebskultur überhaupt „Nachteile“ i.S.d Art. 16 Abs. 2 BayWaldG zu erwarten hat. Jedenfalls ist für das Wohngrundstück, das ca. 70 m entfernt liegt, ein Nachteil nicht ersichtlich. Für das Grundstück Fl.Nr. …4/1 kann sie – allein – einen Nachteil nicht geltend machen, da insoweit Gesamthandseigentum gegeben ist (s.o. unter 1.). Allenfalls für Grundstück Fl.Nr. …4/2 könnte die Anlage der Kurzumtriebskultur Nachteile in diesem Sinn mit sich bringen. Letztlich kann dies offenbleiben, da jedenfalls die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten wird.
Von Bedeutung sind insoweit in erster Linie Benachteiligungen, die durch die Aufforstung bzw. Anlage der Kurzumtriebskultur hinsichtlich der Ertragsfähigkeit und der betriebswirtschaftlichen Bearbeitung angrenzender Grundstücke entstehen können, so etwa durch Schattenwurf, übergreifende Zweige und Wurzeln, Einwirkung von Laub- und Nadelstreu, Änderung des Kleinklimas (vgl. Endres, BWaldG, 2013, § 10 Rn. 32). Dies kommt dann in Frage, wenn bspw. das benachbarte Grundstück als Folge der Aufforstung nicht mehr in der herkömmlichen Weise bewirtschaftet werden kann oder wenn wesentliche Ertragseinbußen zu befürchten sind (vgl. Endres, BWaldG, § 10 Rn. 32; Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst/Stöckel, Forstrecht in Bayern, Art. 16 BayWaldG Rn. 12d). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (vgl. z.B. U.v. 6.10.1996 – 19 B 94.810 und U.v. 29.11.2000 – 19 B 97.690 – beide juris), der sich die erkennende Kammer anschließt, liegen erhebliche Nachteile im Sinne der vg. Vorschrift (nur) dann vor, wenn wesentliche Ertragseinbußen zu befürchten sind.
Nach der Kommentarliteratur kann von einer wesentlichen Ertragseinbuße noch nicht gesprochen werden, wenn der Ertrag nur bis 20% gemindert ist (vgl. Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst/Stöckel, Forstrecht in Bayern, Art. 16 Rn. 12d; Endres, BWaldG, § 10 Rn. 32). Dem schließt sich die Rechtsprechung an (vgl. VGH Mannheim, U.v. 29.4.1992 – 5 S 2922/90 – juris), wonach eine Ertragsminderung von ca. 18% nicht als erheblich anzusehen sei (s.a. BayVGH, U.v. 29.11.2000 – 19 B 97.690 – juris; VG Ansbach – B.v. 5.12.2006 – AN 15 S. 06.03550 – BeckRS 2006, 30159). Dabei soll für die Beurteilung die Länge der gemeinsamen Grenze zwischen Aufforstungsgrundstück und Nachbargrundstück sowie die Tiefe des Nachbargrundstücks und die Lage des Aufforstungsgrundstücks (Himmelsrichtung) und die Art des Nachbargrundstücks (Grünland oder Ackerland) maßgeblich sein. Unter der Erheblichkeitsschwelle liegende Beeinträchtigungen sind im Rahmen des Rücksichtnahmegebots der Grundstücksnachbarn dagegen hinzunehmen. Danach steht der Verpflichtung des Aufforstenden, den Grenzbereich nicht bzw. nur eingeschränkt forstlich zu nutzen, die Verpflichtung des Nachbarn gegenüber, im Grenzbereich eine Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeiten hinzunehmen, bzw. eine gewünschte Bodennutzung nicht bis zur Grundstücksgrenze auszudehnen. Der Umstand, dass in Art. 16 Abs. 3 BayWaldG nur als Kannvorschrift vorgesehen ist, den relativ geringen gesetzlichen Grenzabstand nach dem Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch – AGBGB – von 4 m (Art. 48 Abs. 1 AGBGB) zu vergrößern, zeigt, dass die Erheblichkeitsschwelle für den betroffenen Nachbarn nicht zu gering angesetzt werden darf (VG Ansbach, U.v. 17.5.2006 – AN 15 K 04.03581 – juris).
Maßgebend für die Frage der Erheblichkeit der Nachteile und die Be-einträchtigung der Ertragsfähigkeit eines benachbarten Grundstücks sind allein die Einbußen des Bodenertrags. Diese können daher ihren Anknüpfungspunkt nur in der Gesamtfläche des Buchgrundstücks haben. Nur bei der Fläche des Gesamtgrundstücks, auf das Art. 16 Abs. 2 BayWaldG schon nach seinem Wortlaut abstellt, und der hierauf bezogenen Nachteile kann sich die Frage der Erheblichkeit stellen (vgl. zu allem BayVGH, U.v. 12.2.1998 – 19 B 96.1858 – juris). Dabei ist davon auszugehen, dass sich eine Aufforstung maximal bis zu einer Entfernung von 25 m ab Waldkante auswirkt (vgl. BayVGH, U.v. 29.11.2000 – 19 B 97.690; U.v. 12.2.1998 – 19 B 96.1856 – beide juris; Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst/Stöckel, Forstrecht in Bayern, Art. 16 BayWaldG Rn. 12d legen 20 m zugrunde). Nach der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 6.10.1996 – 19 B 94.810 – juris), der sich das erkennende Gericht anschließt, ist für die Bestimmung des Begriffs „erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke“ jeweils die Gesamtfläche des Buchgrundstücks maßgeblich, wenn der Umfang der durch die Erstaufforstung zur erwartenden Beeinträchtigung festgestellt werden soll. Nach dem Inhalt der Vorschrift des Art. 16 Abs. 2 BayWaldG kann Maßstab für die Beurteilung der Beeinträchtigung immer nur das Verhältnis der Betroffenheit zum gesamten Grundstück sein. Nur bei der Fläche des Gesamtgrundstücks und der hierauf bezogenen Beeinträchtigung kann sich nämlich die Frage der Erheblichkeit stellen.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann nach Überzeugung der Kammer kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die durch die Anlage einer Kurzumtriebskulturfür die Grundstücke der Klägerin verursachten Nachteile weit unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegen und deshalb von der Klägerin hinzunehmen sind.
So ist hinsichtlich des Wohngrundstücks Fl.Nr. …6/9, das in 70 m Entfernung von der Kurzumtriebskultur liegt, nicht der geringste Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung erkennbar. Wie angesichts dieser Entfernung auf diesem Grundstück eine Beschattung oder ein Wurzeldruck entstehen soll, erschließt sich der Kammer nicht. Im Übrigen ist eine Ertragseinbuße von vornherein ausgeschlossen, da es an einer landwirtschaftlichen Nutzung fehlt.
Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. …4/2 ist eine Ertragseinbuße schon nach dem Vortrag der Klägerin nicht gegeben. Diese hat in der mündlichen Verhandlung insoweit erklärt, dass das Grundstück schon seit Jahren brach liege und das Heu ein bis zwei Mal im Jahr abgefahren und verwertet werde. Von einem Ertrag war von Klägerseite an keiner Stelle die Rede. Folgerichtig wurde von Klägerseite weder schriftsätzlich noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass Ertagseinbußen zu befürchten seien.
Auch hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. …4/1 hat die Klägerin den Grad der Beeinträchtigung überhaupt nicht beziffert, sie hat auch nicht angegeben, ob und wenn ja, welche Erträge überhaupt erzielt werden. Vollkommen pauschal ist hier auch das Vorbringen, wonach „Ertragsminderung, Verschlechterung von Kauf- und Pachtpreisen“ zu befürchten seien.
Unabhängig davon bleibt festzuhalten, dass ausweislich der Stellungnahme der Fachbehörde (vgl. Schreiben des AELF Bad Neustadt a.d. Saale vom 5.8.2015, Bl. 4 der Behördenakte) unter Berücksichtigung des geforderten Grenzabstands von 4 m und einer 3-reihige Hecke sowie auch der geforderten Wuchshöhenbegrenzung von 10 m keine erheblichen Nachteile für das nördlich gelegene Grundstück zu erkennen sind. Die Kammer hat insoweit nicht den geringsten Anlass, an diesen Feststellungen der Fachbehörde zu zweifeln, zumal das Vorbringen der Klägerseite bzgl. Schattenwurfs und Schmälerung des Sonnenlichteinfalls, Wurzeldrucks von Seiten des Aufforstungsgrundstücks, Änderung des Kleinklimas und des damit verbundenen stärkeren Pilzdrucks, Veränderung des Kaltluftabflusses, Einwirkung von Pollenflug und Laubstreu, Nährstoffentzug und veränderter Wasserführung vollkommen unsubstantiiert ist. Es handelt sich insoweit um ein völlig pauschales Vorbringen, ohne dass überhaupt auch nur ansatzweise konkretisiert würde, wo (auf welchem Grundstück und auf welchem Teil dieser Grundstücke) und in welchem Ausmaß die vorgebrachten nachteiligen Wirkungen auftreten sollen.
2.2. Auf andere in Art. 16 Abs. 2 BayWaldG genannte, eine Versagung der Erstaufforstungserlaubnis rechtfertigende Gesichtspunkte als den der erheblichen Nachteile für umliegende Grundstücke, nämlich den Widerspruch zu Plänen im Sinn des Art. 3 BayNatSchG, die Gefährdung wesentlicher Belange der Landeskultur oder des Naturschutzes und der Landschaftspflege, der Beeinträchtigung des Erholungswerts der Landschaft können sich private Dritte und somit auch die Klägerin nicht berufen, denn diese Belange sind dem Planungs- bzw. Sicherheitsrecht zuzurechnen und dienen damit allgemeinen öffentlichen Interessen, nicht unmittelbar dem Individualschutz. Darüber hinaus liegen die vg. Voraussetzungen – jedenfalls unter Berücksichtigung der von der Genehmigungsbehörde gesetzten Auflagen – auch nicht vor.
Soweit sich die Klägerin auf eine massive Veränderung des Eindrucks des gesamten Ortsteils S* … und damit wohl auf Belange der Landeskultur und möglicherweis auch des Naturschutzes und der Landschaftspflege beruft, kann sie nach den obigen Darlegungen nicht in eigenen Rechten verletzt sein. Gleiches gilt hinsichtlich des weiteren Vorbringens, dass die Gemeinde und die Anwohner sich gegen die Aufforstung ausgesprochen hätten. Durch die Genehmigung werden auch weder wesentliche Belange der Landeskultur oder des Naturschutzes und der Landschaftspflege gefährdet noch wird der Erholungswert der Landschaft beeinträchtigt. Das Gericht sieht insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt den hierzu gemachten Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Eine rechtlich erhebliche Beeinträchtigung der klägerischen Grundstücke infolge einer etwaigen Verstärkung einer von der Schweinemastanlage gelegentlich mehr oder minder auftretenden Geruchsbelästigung stellt offensichtlich keinen Nachteil i.S.d. Art. 16 Abs. 2 BayWaldG dar, der der von dem Beigeladenen geplanten Kurzumtriebskultur zuzurechnen wäre. Grundsätzlich sind nämlich etwaige Geruchsbelästigungen dem Verursacher und damit dem Landwirt zuzuordnen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn durch die geplante Kurzumtriebskultur ein zusätzliches Moment hinzukommen würde, das eine Zunahme oder Verstärkung von Geruchsbelästigungen befürchten lassen könnte. Solches ist aber jedenfalls nach den Feststellungen des AELF Bad Neustadt a.d. Saale offensichtlich nicht der Fall. Dies ist auch ohne Weiters nachvollziehbar, da die Schweinemastanlage im Nordosten der Ortschaft S* … liegt, während die Kurzumtriebskultur im Südosten angelegt werden soll.
Auch für den weiteren Einwand, es werde zu einer höheren Unfallgefahr aufgrund eines erhöhten Wildwechsels kommen, fehlt es an der Geltendmachung bzw. Verletzung eigener Rechte. Zum einen handelt es sich hierbei um Belange, die dem Sicherheitsrecht zuzuordnen sind. Solche sind aber Belange der Allgemeinheit; sie führen für den Einzelnen allenfalls zu einem Rechtsreflex, räumen ihm indessen keine geschützte Rechtsposition ein, die er selbst im Klageweg geltend machen könnte. Zum anderen handelt es sich dabei um völlige Spekulation.
2.3. Liegen nach allem keine Versagungsgründe i.S. des Art. 16 Abs. 2 BayWaldG vor, besteht ein Anspruch des Beigeladenen auf die Erteilung der begehrten Erlaubnis.
Fehl geht damit die Klägerin, wenn sie vortragen lässt, es bestehe ein Ermessensausfall bzw. die streitgegenständliche Entscheidung des AELF Bad Neustadt a.d. Saale sei ermessensfehlerhaft. Denn auf die Erteilung der Erlaubnis besteht grundsätzlich ein Rechtsanspruch. Die Erlaubnis darf nur unter den im Gesetz (Abs. 2) genannten Voraussetzungen versagt oder durch Auflagen eingeschränkt werden (vgl. Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst, Forstrecht in Bayern, Art. 16 Rn. 10). Da diese Voraussetzungen hier jedenfalls nicht vorliegen, hatte die Behörde keinerlei Ermessen und war viel mehr verpflichtet, dem Rechtsanspruch des Beigeladenen folgend die Aufforstung zu genehmigen (vgl. Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst, Forstrecht in Bayern, Art. 16 Rn. 10; Endres, BWaldG, § 10 Rn. 18). Den für die Erteilung der Erlaubnis zuständigen Behörden ist es selbst bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 BayWaldG nicht freigestellt, sich wahlweise für die Versagung oder Einschränkung durch Auflagen zu entscheiden. Wenn der mit Art. 16 Abs. 2 BayWaldG verfolgte Zweck auch durch eine Auflage erreicht werden kann, darf die Erlaubnis nicht versagt werden (vgl. Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst/Stöckel, Forstrecht in Bayern, Art. 16 BayWaldG Rn. 13; Endres, BWaldG, § 10 Rn. 18 m.w.N. zur Rspr und Lit.).
2.4. Die Einwendung der Klägerseite, dass der Beigeladene nicht Grundstückseigentümer des „aufzuforstenden“ Grundstücks sei und deshalb zu befürchten sei, dass auf der für eine Kurzumtriebskultur genehmigten Fläche ungenehmigt Wald entstehen könnte, ist genauso unbehelflich wie das weitere Vorbringen, dass eine regelmäßige Aberntung und damit die Wuchshöhenbegrenzung nicht durchzusetzen sei.
Denn zum einen ist Prüfungsgegenstand des vorliegenden Verfahrens ausschließlich die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids – genauer der Rechtsverletzung der Klägerin hierdurch – und nicht die Frage, wie wahrscheinlich es ist, ob gegen den Bescheid verstoßen werden könnte. Letzteres betrifft die Frage des Bescheidsvollzugs, nicht die der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids. Die Nebenbestimmungen zum Bescheid wie Festsetzung einer maximalen Wuchshöhe, aber auch Länge der Umtriebszeit können mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies nicht geschehen würde, wenn sich der Beigeladene bescheidswidrig verhalten sollte, wofür im Übrigen ohnehin nicht das Geringste ersichtlich ist, zumal auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine Kurzumtriebskultur in finanzieller Hinsicht mehr abwirft als ein Wald.
Darüber hinaus verkennt die Klägerin die Bedeutung des Begriffes des „Umtriebs“, der im Sinne eines „Nutzungsintervalls“ zu verstehen ist. Dies bedeutet nicht, dass danach die Kurzumtriebskultur aufzulösen wäre; es handelt sich um eine Genehmigung auf Dauer, nicht auf Zeit (siehe hierzu auch § 2 Abs. 2 Nr. 1 BWaldG). Damit entbehrt aber auch die Forderung der Klägerin nach Rodung der Wurzelstöcke und Wiederherstellung des früheren Zustands einer jeglichen Rechtsgrundlage.
2.5. Nicht durchdringen kann die Klägerseite schließlich mit ihrer Einwendung, wonach der streitgegenständliche Bescheid vom Sachbearbeiter „weder i.V. noch im Auftrag unterschrieben“ worden sei.
Es ist schon nicht ersichtlich, wie hierdurch Rechte der Klägerin als Dritte verletzt sein könnten. Im Übrigen liegt hierin auch kein Verstoß gegen die formelle Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes i.S.v. Art. 39 BayVwVfG. Absatz 3 Satz 1 dieser Vorschrift verlangt lediglich, dass ein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten muss. Dies ist hier unstreitig der Fall.
Entgegen der Ansicht der Klägerseite ist nach der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern vom 12. Dezember 2000 (GVBl S. 873, zuletzt geändert durch Bek. vom 14.9.2010, GVBl S. 706 – AGO) der früher übliche Zusatz „i. V.“, mit der der Vertreter des Behördenleiters unterschrieben hat, oder „i. A.“, mit der der sonst Unterschriftsberechtigte unterschrieben hat, nicht mehr erforderlich (vgl. § 26 Abs. 5 der Allgemeinen Dienstordnung vom 1.9.1971 – ADO, außer Kraft seit 1.1.2001). Die Zusätze können unterbleiben, weil sie für die Rechtswirksamkeit keinerlei Bedeutung haben (vgl. Stimpfl in Praxis der Kommunalverwaltung Bayern, Beck-Online, Art. 24 AGO Rn. 2).
Nachdem die Klägerin durch die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis nicht in ihren Rechten verletzt ist, steht ihr auch kein Anspruch auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids zu.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene sich nicht durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Aufwendungen selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.


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