Baurecht

Nachbarklage gegen Neubau eines Doppelhauses

Aktenzeichen  M 1 K 17.2541

Datum:
28.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 43214
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 59
BauGB § 31 Abs. 2
BauNVO § 15 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Aufrechterhaltung einer ungeschmälerten Aussicht stellt lediglich eine Chance dar, die dem Baunachbarn keine rechtlich geschützte Anspruchsposition vermittelt. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Festsetzung von Baugrenzen als Regelung zur überbaubaren Grundstücksfläche ist grundsätzlich städtebaulicher Natur und entfaltet drittschützende Wirkung nur dann, wenn dies dem planerischen Willen ausnahmsweise eindeutig zu entnehmen ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Stellplätze sind Nebenanlagen, die keine Abstandsflächen einhalten müssen, weil sie keine Gebäude sind und keine Außenwände haben. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO vermittelt neben der Wahrung des Rücksichtnahmegebots auch einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
1. Die Zulässigkeit der Klage scheitert nicht bereits an fehlender Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Obwohl das Grundstück des Klägers nicht an das Baugrundstück angrenzt, sondern südlich versetzt auf der gegenüber liegenden, westlichen Seite der ca. 6,5 m breiten Anwohnerstraße „… …“ liegt, ist die Möglichkeit einer Verletzung des Klägers in eigenen nachbarschützenden Rechten nicht von vornherein ausgeschlossen. Entscheidend für die Nachbareigenschaft im Baurecht ist der Einwirkungsbereich des Bauvorhabens. Auch der Eigentümer eines jenseits der Straße gelegenen Grundstücks kann, je nach Art des Gebiets, der Verkehrsbedeutung der Straße und nach Art und Auswirkungen des Vorhabens im baurechtlichen Sinne Nachbar sein (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 131. EL Oktober 2018, Art. 66 Rn. 65 ff.). Überdies liegen das Kläger- und das Baugrundstück im Geltungsbereich desselben Bebauungsplans, woraus sich ebenfalls drittschützende Rechte ergeben können.
2. Die Klage ist unbegründet, weil die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung und die Befreiung vom 9. Mai 2017 den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ein Nachbar kann sich als Dritter gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg wehren, wenn diese rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. bereits BVerwG, U.v. 25.2.1977 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122 ff. juris Rn. 24 ff. ; BayVGH, B.v. 20.9.2017  22 CS 17.1471 juris Rn. 12; B.v. 24.3.2009  14 CS 08.3017 juris Rn. 20; B.v. 2.9.2013 – 14 ZB 13.1193 – juris Rn. 11). Eine Verletzung drittschützender Normen durch eine Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde kommt dabei nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung dieser Entscheidung reicht (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2009  14 ZB 09.1244 juris Rn. 6; VG München, U.v. 20.6.2016  M 8 K 15.2869 juris Rn. 34).
a) Soweit der Kläger die Verletzung von Nachbarrechten betreffend die ihm nicht gehörenden nördlich und südlich des Baugrundstücks gelegenen Nachbargrundstücke geltend macht, kann das seiner Klage schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil er zur Geltendmachung dieser Rechte nicht befugt ist. Er kann sich einzig auf ihn persönlich betreffende Nachbarrechtsverletzungen berufen.
b) Auch eine Berufung auf die Verletzung von Abstandsflächenvorschriften verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
Für die Begründetheit der Nachbaranfechtungsklage kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung, also am 9. Mai 2017, und somit auf die damals gültige Fassung von Art. 59 BayBO an, wonach die Abstandsflächen gemäß Art. 6 BayBO nicht zum Prüfprogramm des vereinfachten Genehmigungsverfahrens und damit auch nicht zum Regelungsgegenstand der Baugenehmigung zählten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Art. 6 Abs. 1 BayBO nur vor den Außenwänden von Gebäuden die Freihaltung von Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden verlangt. Mag auch der – nicht nachbarschützende – § 19 Abs. 4 BauNVO städtebaulich die Berücksichtigung u.a. von Stellplätzen und Zufahrten bei der Ermittlung der Grundfläche vorsehen, sind doch versiegelte Flächen auf dem Baugrundstück, die nicht Gebäude sind und keine Außenwände aufweisen, wie Zufahrten, Stellplätze oder Zugänge, abstandsflächenrechtlich irrelevant. Zudem hat das Baugrundstück mit dem Grundstück des Klägers keine gemeinsame Grundstücksgrenze, weshalb eine den Kläger berührende Abstandsflächenverletzung von vornherein ausscheidet.
c) Bereits in seinem Urteil vom 13. Juni 1969 (4 C 80.67 – juris Rn. 20) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Aufrechterhaltung einer ungeschmälerten Aussicht lediglich eine Chance ist, die dem Baunachbarn keine rechtlich geschützte Anspruchsposition vermittelt. Dem folgt die Rechtsprechung und auch das entscheidende Gericht seither durchgängig. Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der einschlägige Bebauungsplan „…“ der Gemeinde … auf dem Baugrundstück bereits in seiner ursprünglichen Fassung von 1967 ein Baufenster und somit eine Beschränkung der Sicht nach Osten vorsieht, welches das streitige Vorhaben durch die Balkone lediglich auf der vom Kläger abgewandten Seite nach Osten überschreitet. Die Situierung von Garage und Carport an der nördlichen und südlichen Grundstücksgrenze der FlNr. …/… entspricht der Festsetzung A2 neu im Deckblatt Nr. 3 zum Bebauungsplan vom 2. Mai 2007.
d) Das genehmigte Vorhaben überschreitet durch die Balkone an der Ostseite die im Bebauungsplan „…“ festgesetzte Baugrenze. Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Befreiung „vom Bebauungsplan „…“ ist bestimmt genug im Sinne von Art. 37 BayVwVfG, denn das streitige Vorhaben widerspricht dem Bebauungsplan nur in diesem einen Punkt (s. sogleich). Der Kläger kann hieraus keine die Klage begründende Verletzung in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten herleiten.
Bei Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ist hinsichtlich des Nachbarsschutzes danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit wird. Ist das der Fall, kann das Vorhaben nur zugelassen werden, wenn die Abweichung vom Bebauungsplan nach § 31 Abs. 2 BauGB rechtmäßig ist. Im Falle eines Abweichens von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (BayVGH, B.v. 8.11.2016 – 1 CS 16.1864 juris Rn. 3 m.w.N.).
Die Festsetzung von Baugrenzen als Regelung zur überbaubaren Grundstücksfläche ist grundsätzlich städtebaulicher Natur und entfaltet drittschützende Wirkung nur dann, wenn dies dem planerischen Willen ausnahmsweise eindeutig zu entnehmen ist (vgl. VG München, U.v. 6.12.2016  M 1 K 16.3351 juris Rn. 24 m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Der Bebauungsplan „…“ enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass die planende Gemeinde bei der Festsetzung der Baugrenzen die Rechte Dritter im Blick gehabt hätte. Insbesondere war ihr erkennbar nicht daran gelegen, bestimmte Sichtachsen freizuhalten, denn die Baugrenzen verlaufen jeweils auf voller Breite quer über die Grundstücke und geben keine konkrete Situierung von Baukörpern innerhalb dieses Bandes vor; seitliche Baugrenzen gibt es nicht. Zwar ist im Plan in die einzelnen Parzellen jeweils ein Baukörper eingezeichnet, was jedoch nur einen Bebauungsvorschlag darstellt, der offenkundig aufgenommen wurde, um darin die Firstrichtung und ein Planzeichen zur Höhenentwicklung der Bebauung vorgeben zu können.
Die mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung von der Baugrenze ist deshalb im Rahmen der vorliegenden Nachbarklage nur am baurechtlichen Gebot der Rücksichtnahme zu messen. Ein Verstoß hiergegen scheidet unter jedem denkbaren Gesichtspunkt aus, denn die Balkone des auf der dem Klägergrundstück gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen streitigen Vorhabens liegen zudem auf der vom Kläger weggewandten, für ihn nicht einmal sichtbaren Ostseite des Vorhabens.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die im angefochtenen Bescheid genehmigte Wohnnutzung der Festsetzung des Bebauungsplans zur Art der baulichen Nutzung (reines Wohngebiet) entspricht. Dass eine teilgewerbliche Nutzung im Raume stehen könnte ist eine bloße Mutmaßung des Klägers, die nicht entscheidungserheblich ist. Allein die Verwendung der Bezeichnung „Büro“ für einen Raum im Plan, gestattet keine gewerbliche Nutzung des Wohnbauvorhabens; ein häuslicher Arbeitsraum ist von der Wohnnutzung gedeckt. Sollten die Beigeladenen eine nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige Nutzung aufnehmen, kämen bauaufsichtliche Maßnahmen in Betracht.
Die sechs straßenseitig vor dem Doppelhaus genehmigten Stellplätze außerhalb der Baugrenze sind nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO i.V.m. Art. 6 BayBO zulässig (zur Anwendbarkeit von § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 4 C 15.11 – juris Rn. 17). Stellplätze sind Nebenanlagen, die keine Abstandsflächen einhalten müssen, weil sie keine Gebäude sind und keine Außenwände haben (s.o. 2.b). Der Bebauungsplan enthält auch keine ausdrücklichen Festsetzungen zu Stellplätzen.
Zur Ausdehnung der Baukörper und zur zulässigen Zahl der Wohneinheiten enthält der Bebauungsplan keine Festsetzungen, gegen die verstoßen worden wäre. Die Festsetzung, dass wegen der Hanglage des Baugrundstücks auf der Talseite eine Höchstbebauung mit zwei Vollgeschoßen einzuhalten ist, wird nicht verletzt, denn nach dem genehmigten Plan handelt es sich bei dem zusätzlich genehmigten Dachgeschoß nicht um ein Vollgeschoß. Im Übrigen entfalten Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung nach einhelliger Rechtsprechung ohnehin keine drittschützende Wirkung.
Ebenso wenig führt die Abwesenheit einer straßenseitigen Einfriedung vor dem Vorhaben zu einer Begründetheit der Nachbarklage. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Gemeinde … der Festsetzung des Bebauungsplans über Einfriedungen an öffentlichen Verkehrsflächen drittschützende Wirkung beilegen wollte. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine gestalterische Festsetzung, die bereits nach Art. 107 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 BayBO in der Fassung vom 1. August 1962 in einem Bebauungsplan erfolgen konnte und deren Zweck einzig die Ortsgestaltung ist. Die Auslegung ergibt zudem, dass die Festsetzung Einfriedungen nicht zwingend vorschreibt, sondern lediglich Vorgaben zur Gestaltung etwaiger Einfriedungen macht.
e) Der Einwand, das Bauvorhaben überschreite die gemäß dem dritten Deckblatt des Bebauungsplans „…“ vom 2. Mai 2007 zulässige Grundflächenzahl von maximal 0,35 verhilft der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die zulässige Grundfläche haben grundsätzlich keine drittschützende Wirkung, es sei denn, es ließe sich eindeutig ein dahin gehender planerischer Wille erkennen, was hier nicht der Fall ist. Auch entspricht das Vorhaben dem Bebauungsplan i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO. Hiernach darf die zulässige Grundfläche durch die Grundflächen der in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeichneten Anlagen (Garagen, Stellplätze, Zufahrten, Nebenanlagen) bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundfläche von 0,8. Das heißt dass hier durch Garage, Carport, Stellplätze und Zufahrten die höchstzulässige Grundflächenzahl von 0,35 um 50%, also um 0,175 überschritten werden darf. Nach der Grundflächenberechnung, die mit dem Bauantrag eingereicht wurde, beansprucht bei einer Grundstücksgröße von 899 m² das Vorhaben insgesamt eine Grundfläche von 408,51 m² = 0,45. Auf die Wohnnutzung entfällt eine Grundfläche von 231,31 m² = rund 0,26. Die Nebenanlagen beanspruchen eine Grundfläche von 177,2 m² = rund 0,19. Die zulässige Grundflächenzahl von 0,35 wird durch die Garage, den Carport, die Stellplätze und die Zufahrten um weniger als 50 vom Hundert, nämlich nur um 35 vom Hundert = 0,1 überschritten und bleibt auch hinter 0,8 zurück.
f) Ein Gebot des „Einfügens“ in die Eigenart der näheren Umgebung, gegen das hätte verstoßen werden können, gibt es nur im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB, nicht jedoch in Bebauungsplangebieten, in denen sich die Zulässigkeit von Bauvorhaben allein danach bemisst, ob sie den Festsetzungen des Bebauungsplan entsprechen.
g) Anhaltspunkte dafür, dass der teils sog. Gebietsprägungsbewahrungsanspruch oder das Recht auf Beachtung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots aus § 15 Abs. 1 BauNVO verletzt wären, sind nicht ersichtlich.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Teilweise wird hieraus ein sog. Gebietsprägungsbewahrungsanspruch hergeleitet. Die dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vermittelt als eine die §§ 2 bis 14 BauNVO ergänzende Regelung zur Art der baulichen Nutzung neben der Wahrung des Rücksichtnahmegebots auch einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86.01 – NVwZ 2002, 1384 – juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 9.12.2015 – 15 CS 15.1935 – ZfBR 2016, 169 – juris Rn. 20). Ein Widerspruch des Vorhabens zur Eigenart des reinen Wohngebiets ist hier jedoch nicht erkennbar. Zwar geht § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO davon aus, dass im Einzelfall Quantität in Qualität umschlagen kann, dass also die Größe einer baulichen Anlage oder der Umfang ihrer Nutzung die Art der baulichen Nutzung erfassen kann (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3.94 – NVwZ 1995, 899 – juris Rn. 17). Das ist aber bei dem zur Entscheidung stehenden Doppelhaus mit den Ausmaßen von insgesamt 18,52 m auf 12,49 m und einer straßenseitigen Höhenentwicklung von E+D mit einer Wandhöhe zur Straße von 4,17 m nach Auffassung der Kammer nicht der Fall.
Ein Verstoß gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Rücksichtnahmegebot durch die Stellplätze des Vorhabens oder den An- und Abfahrtsverkehr der Bewohner scheidet ebenfalls aus, weil diese mit dem Wohnen einhergehende Nutzung grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen ist. Das lässt sich bereits aus § 12 Abs. 2 BauNVO herleiten, wonach die Errichtung von Stellplätzen und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf auch in reinen Wohngebieten zulässig ist. Die gewöhnlicher Weise zu erwartenden Immissionen zulässiger Stellplätze und Garagen müssen prinzipiell von den Nachbarn geduldet werden (VGH BW, B.v. 20.7.1995 – 3 S 3538/94 juris).
h) Auch mit dem Argument, sein Grundstück werde durch das Nachbarbauvorhaben nicht unerheblich an Wert verlieren, dringt der Kläger nicht durch. Zum einen ist schon nicht nachvollziehbar, woraus die Wertminderung sich ergeben soll; eine intensivere Bebaubarkeit hat nach der Verkehrsanschauung eher eine Wertsteigerung denn eine Wertminderung zur Folge.
Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 13. November 1997 (4 B 195/97 juris Rn. 6) klargestellt, dass Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung nicht für sich genommen einen Maßstab dafür bilden, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden, gibt es nicht. Eine Schutzgewähr besteht insoweit nur nach Maßgabe des einschlägigen Rechts. Entscheidend ist die Schutzwürdigkeit der baurechtlichen Stellung des Betroffenen. Zu fragen ist, ob die zugelassene Nutzung zu einer  unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen – unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des anderen Grundstücks führt (vgl. auch BVerwG, U.v. 23.8.1996 – 4 C 13/94 – juris Rn. 73). Hier sind Kläger und Beigeladene als Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich desselben Bebauungsplans zu einer Schicksalsgemeinschaft verbunden, die den grundsätzlich gleichen baurechtlichen Vorgaben unterworfen ist. Die den Beigeladenen genehmigte Nutzung schränkt den Kläger nicht in unzumutbarer Weise in den gleich weit gehenden Nutzungsmöglichkeiten für sein eigenes Grundstück ein. Da insoweit mit dem drittschützenden Rücksichtnahmegebot auch eine den Inhalt des Eigentums bestimmende gesetzliche Regelung vorhanden ist, besteht ein Abwehranspruch unmittelbar aus Art. 14 GG ebenfalls nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sie einen eigenen Antrag gestellt und sich so auch einem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.


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