Baurecht

Nachbarklage gegen Umbau und Erweiterung einer Physiotherapiepraxis

Aktenzeichen  AN 17 K 20.00708

Datum:
11.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 38993
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 5 Abs. 2 Nr. 2, § 34 Abs. 2
BauNVO § 4, § 13
BayBO Art. 68 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärte Änderung einer Baugenehmigung ist unbeachtlich, weil die Baugenehmigung der Schriftform bedarf, Art. 68 Abs. 2 S. 1 BayBO. Die gerichtliche Protokollierung ersetzt die vorgeschriebene Form nur im Fall eines gerichtlichen Vergleichs. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch in einem faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB besteht ein Gebietserhaltungsanspruch, so dass sich ein Eigentümer auch dann gegen die Zulassung einer gebietsfremden Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Prägung eines Gebiets durch eine aufgegebene Nutzung dauert fort, solange mit einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen ist. Innerhalb welcher zeitlichen Grenzen Gelegenheit besteht, an die früheren Verhältnisse anzuknüpfen, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung. Diese rechnet im ersten Jahr stets mit der Wiederaufnahme. Im zweiten Jahr spricht hierfür eine Regelvermutung. Nach Ablauf von zwei Jahren kehrt sich die Vermutung um. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch formell nicht genehmigte und materiell nicht zu genehmigende Bauten sind bei der Einordnung der näheren Umgebung zu betrachten. Sie bleiben nur außer Betracht, wenn die Baubeseitigung konkret im Raum steht. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Begriff der Anlagen für gesundheitliche Zwecke i.S. der BauNVO ist auf Gemeinbedarfsanlagen i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB beschränkt. Eine Physiotherapiepraxis fällt nicht darunter. Die Zulässigkeit einer Physiotherapiepraxis im allgemeinen Wohngebiet richtet sich nach § 13 BauNVO. (Rn. 59 – 60) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Bescheid des Landratsamtes … vom 18. März 2020 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu je ½, sie tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 18. März 2020. Zwar hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts erklärt, den gestellten Bauantrag hiermit dahingehend abzuändern, dass auf das Anbringen der Dämmung am Anbau verzichtet wird. Der Beklagte hat hierzu zu Protokoll erklärt: „Soweit der Bauantrag hiermit verändert bzw. das Vorhaben verkleinert wird, passen wir unseren Baugenehmigungsbescheid entsprechend an und nehmen das Wärmeverbundsystem aus der Baugenehmigung aus.“ Die Klägerseite erklärte wiederum, mit der Herausnahme nicht einverstanden zu sein.
Unabhängig davon, ob in den abgegebenen Erklärungen eine Klageänderung zu sehen ist und ob diese zulässig wäre, ist die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärte Änderung der Baugenehmigung durch den Vertreter des Beklagten unbeachtlich, denn die Baugemehmigung bedarf der Schriftform, Art. 68 Abs. 2 Satz 1 BayBO, woran es hier fehlt. Ein schriftlicher Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder Beauftragten enthalten (Art. 37 Abs. 3 BayVwVfG). Diesem Formerfordernis wird die vom Bevollmächtigten des Beklagten zu Protokoll erklärte Bescheidsänderung nicht gerecht. Diese in der vorläufigen Protokollaufzeichnung (vgl. § 160a Abs. 1 ZPO) festgehaltene Erklärung ist vom Bevollmächtigten des Beklagten weder unterschrieben (also eigenhändig unterzeichnet) noch durch seine Namenswiedergabe (darunter ist die maschinengeschriebene, faksimilierte oder auch gedruckte, beglaubigte Namenswiedergabe zu verstehen – vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, 138. EL September 2020, Art. 68 Rn. 455) gedeckt (vgl. BayVGH, U.v. 30.8.1984 – 2 B 83 A. 1265 – juris). Auch der Umstand, dass diese Erklärung zu Protokoll des erkennenden Gerichts abgegeben wurde, genügt dem Schriftformerfordernis nicht (vgl. BayVGH, U.v. 30.8.1984 – 2 B 83 A. 1265, B.v. 17.12.1991 – 2 CS 91.3208 – beide juris). Die gerichtliche Protokollierung ersetzt die vorgeschriebene Form nur im Fall eines gerichtlichen Vergleichs, § 127a, § 126 Abs. 4 BGB (vgl. BayVGH, U.v. 30.8.1984 – 2 B 83 A. 1265 – juris).
Die somit nicht formgerecht erklärte Bescheidsänderung wurde überdies nicht wirksam bekanntgegeben, Art. 43 BayVwVfG. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber dem Adressaten und den sonst von ihm Betroffenen in dem Zeitpunkt wirksam, in denen er ihnen bekanntgegeben wird (Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG). Bei Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakts ist, sofern nicht ein anderer Zeitpunkt gesetzlich bestimmt ist (vgl. z. B. Art. 41 Abs. 2 BayVwVfG), nicht der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Empfänger Kenntnis nimmt, sondern (entsprechend § 130 BGB) der Zeitpunkt, in dem das bekanntzugebende Schriftstück in seinen Machtbereich gelangt und bei gewöhnlichem Verlauf und normaler Gestaltung der Verhältnisse mit der Kenntnisnahme durch den Empfänger zu rechnen ist (vgl. BayVGH, U.v. 30.8.1984 – 2 B 83 A. 1265 – juris). Da in dem für die Beurteilung maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine schriftliche Fertigung der zu Protokoll erklärten Bescheidsänderung zugegangen ist, fehlt es somit außerdem an der Bekanntgabe der Bescheidsänderung, die deshalb keine Wirksamkeit erlangt hat.
Im Übrigen genügt auch die zu Protokoll abgegebene Erklärung der Beigeladenen, den Bauantrag zu ändern, nicht der erforderlichen Schriftform, Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBO (vgl. Gaßner/Reuber in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 64 Rn. 49 mit weiteren Nachweisen).
Anhaltspunkte dahingehend, dass die Beigeladene mit ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung, den Bauantrag abzuändern, gleichzeitig erklärt hat, auf den ursprünglichen Bauantrag bzw. die erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2020 zu verzichten, sind nicht ersichtlich. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Bauherr nicht ohne weiteres sein beantragtes Bauvorhaben aufgibt, mit der Folge, dass das Rechtschutzbedürfnis entfällt, wenn er z. B. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren seine Bereitschaft zur Abänderung erklärt, da er einen entsprechenden Antrag auch für weitere vom ursprünglichen Vorhaben abweichende Vorhaben stellen kann (vgl. Gaßner/Reuber in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 64 Rn. 51). Im Übrigen hat die Beigeladene bereits mit der Verwirklichung des Vorhabens aufgrund der Baugenehmigung vom 18. März 2020 begonnen.
Da somit die Baugenehmigung vom 18. März 2020 weiter fortbesteht und die Beigeladene hieraus weiter Rechte ableitet, ist die Baugenehmigung vom 18. März 2020 maßgeblicher Streitgegenstand der Klage.
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Die fristgerecht erhobene Klage ist auch im Übrigen zulässig.
a) Die Kläger haben das Klagerecht nicht verwirkt. Der Umstand, dass die Kläger bis zum jetzigen Verfahren keine Einwände gegen den seit 2015 laufenden Betrieb der Physiotherapiepraxis erhoben haben, führt nicht etwa dazu, dass sich die Kläger auf ihr Klagerecht nicht mehr berufen können. Die prozessuale Verwirkung des Klagerechts durch Zeitablauf ist ein Fall unzulässiger Rechtsausübung und setzt einen längeren, bewusst nicht zur Klageerhebung genutzten Zeitraum voraus, an den der rechtlich Verpflichtete das Vertrauen knüpfen durfte und auch erkennbar knüpfte, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht werde (vgl. BVerwG, U.v. 10.8.2000 – 4 A 11/99 – juris; Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018 – § 74 Rn. 56 ff.). Hieran fehlt es hier ganz ersichtlich. Den Klägern ist es unbenommen, den streitgegenständlichen Umbau der Physiotherapiepraxis mit Erweiterung und den Neubau einer Wohnung über der Praxis mit Rechtsmitteln anzugreifen und dies auch mit dem Einwand der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit hinsichtlich der Art der Nutzung. Ein Vertrauen der Beigeladenen, dass die Kläger sich gegen den Betrieb der Physiotherapiepraxis nicht mehr wenden werden, kann nämlich – wenn überhaupt – allenfalls gegenüber dem seit 2015 bestehenden Betrieb der Praxis in den Erdgeschoßräumen des Anbaus angenommen werden. Die Beigeladene konnte aber gerade nicht darauf vertrauen, dass die Kläger gegen die nun streitgegenständliche Baugenehmigung für den Umbau und die Erweiterung der Physiotherapiepraxis und den Neubau einer Wohnung über der Physiopraxis nicht mehr vorgehen werden, ganz abgesehen davon, dass für die bestehende Physiotherapiepraxis bislang kein Baurecht erteilt wurde.
b) Das Klagerecht ist auch nicht durch die seitens der Beigeladenen vorgetragene Zustimmung des Rechtsvorgängers der Kläger zu dem 1967 genehmigten Ladenanbau des Rechtsvorgängers der Beigeladenen entfallen, denn eine erteilte Zustimmung betrifft immer nur das Bauvorhaben, zu dem zugestimmt wurde. So bleiben die Nachbarrechte bestehen, wenn die unterschriebenen Bauvorlagen vom Bauherrn/Behörde in nachbarrechtlich bedeutsamer Weise geändert werden (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 66 Rn. 155). Nicht anders liegt es hier. Die vorgetragene Zustimmung des seinerzeitigen Rechtsvorgängers der Kläger betraf einzig den Anbau als Laden und nicht die jetzt streitgegenständliche Erweiterung und den Umbau der Physiopraxis mit Neubau einer Wohnung über der Praxis. Wenn vorgetragen wird, dass seinerzeit die Abstandsfläche mit 3,70 m (so die mit Schriftsatz vom 22.6.2020 vorgelegte Anlage B8) bemessen wurde, so wird dadurch allenfalls deutlich, dass das Bauvorhaben planwidrig errichtet wurde oder aber die damals vorgelegten Pläne nicht den tatsächlichen Grenzverlauf wiedergeben.
c) Auch das Rechtsschutzbedürfnis liegt vor. Wie bereits ausgeführt, ist die Baugenehmigung vom 18. März 2020 durch die Erklärungen von Beigeladener und Beklagtem in der mündlichen Verhandlung unangetastet geblieben und entfaltet weiter Rechtswirkungen. Schließlich ist das Rechtschutzbedürfnis auch nicht durch die fehlende Antragstellung seitens der Kläger in der mündlichen Verhandlung entfallen. Eine versehentlich unterbliebene Antragstellung aller Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ist unschädlich, denn in diesem Fall gelten, wie beim Fehlen eines Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, die schriftsätzlich angekündigten Anträge (vgl. hierzu: Brüning in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 55. Ed. Stand: 01.01.2020, § 101 Rn. 13). Insbesondere kann hieraus nicht auf ein fehlendes Rechtschutzinteresse der Kläger geschlossen werden, was in der Regel anzunehmen ist, wenn ein Kläger in der mündlichen Verhandlung, trotz Aufforderung zur Antragstellung, keinen Sachantrag stellt (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 28.01.2009 – 15 ZB 08.3062 – juris).
2. Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 18. März 2020 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die objektive Verletzung einer Rechtsnorm allein genügt für den Erfolg der Nachbarklage nicht. Im gerichtlichen Verfahren findet keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt, die Prüfung hat sich im Falle der Drittanfechtungsklagen vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften (Schutznormtheorie, vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris), die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris). Weiter ist nur die Verletzung von Normen maßgeblich, die zum Prüfungsumfang im bauaufsichtlichen Verfahren gehören. Bei dem Bauvorhaben der Beigeladenen handelt es sich um keinen Sonderbau, sondern um ein Gebäude der Gebäudeklasse 2 (Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBO). Somit kommt das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zur Anwendung.
a) Die Kläger können sich auf die Verletzung drittschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts, das zum Prüfumfang im vereinfachten Genehmigungsverfahren gehört (Art. 59 Satz 1 Nr. 1a BayBO), berufen. Der Gebietserhaltungsanspruch der Kläger ist verletzt. Das Bauvorhaben der Beigeladenen ist im faktischen allgemeinen Wohngebiet seiner Art nach bauplanungsrechtlich unzulässig, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO i.V.m. § 13 BauNVO. § 34 Abs. 2 BauGB kommt nachbarschützende Funktion zu. Auf die individuelle Betroffenheit des Nachbarn kommt es nicht an. Vielmehr gilt hinsichtlich des Nachbarschutzes dasselbe wie bei einer Festsetzung eines Baugebietes durch einen Bebauungsplan. Auch in einem faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB besteht ein Gebietserhaltungsanspruch, so dass sich ein Eigentümer auch dann gegen die Zulassung einer gebietsfremden Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.2011 – 4 B 32.11 – juris, B.v. 13.12.1995 – 4 B 245/95 – juris Rn. 5).
(1) Ausgangspunkt der bauplanungsrechtlichen Beurteilung ist § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist ein – wie hier – im unbeplanten Innenbereich gelegenes Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung allerdings einem der Baugebiete, die in der aufgrund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen ist § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden (§ 34 Abs. 2 BauGB). Dann richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig ist, § 34 Abs. 2 BauGB. Es bedarf diesbezüglich gerade keiner Prüfung mehr, ob sich das Vorhaben in seine Umgebung einfügt (vgl. BVerwG, B.v. 12.2.1990 – 4 B 240/89 – juris).
Nach Überzeugung des Gerichts entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO, denn das Gebiet dient vorwiegend dem Wohnen.
Die Fragen, wie die nähere Umgebung abzugrenzen und wie ihre Eigenart zu bestimmen ist, beantworten sich in gleicher Weise wie bei § 34 Abs. 1 BauGB. Zur Beurteilung, wie weit die nähere Umgebung reicht, ist maßgebend darauf abzustellen, wie weit sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und wie weit die Umgebung den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – juris). Welcher räumliche Bereich im Rahmen dieser wechselseitigen Prägung die „nähere Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB umfasst, lässt sich deshalb nicht schematisch, sondern nur nach der jeweiligen tatsächlichen städtebaulichen Situation bestimmen, in die das Vorhabengrundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris, VGH BW, B.v. 11.5.2015 – 3 S 2420/14 – juris). Auch kann die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenzum Außenbereich auf die Abgrenzung der näheren Umgebung i.S.d § 34 Abs. 1 sinngemäß übertragen werden. Bei Berücksichtigung topographischer Gegebenheiten kann sich z. B. ergeben, dass unmittelbar aneinandergrenzende Grundstück gleichwohl unterschiedlichen Baugebieten angehören, etwa wenn einem Steilhang im Grenzbereich eine trennende Funktion zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1999 – 4 B 79.98 – juris). Auch eine Straße und ihr Verkehrslärm können eine Abgrenzung der näheren Umgebung bedeuten (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1994 – 4 C 13.93 – juris). Für diese Beurteilung ist alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10/18 – juris Rn. 15).
Der maßgebende Bereich der näheren Umgebung wird einerseits abgegrenzt durch die … Straße, eine Staatsstraße, die optisch eine abtrennende Wirkung hat. Die nähere Umgebung erstreckt sich weiter entlang des …, dessen Bebauung beidseitig der Straße in die Betrachtung miteinbezogen wird. Südwestlich des Vorhabengrundstücks findet sich eine deutliche optische Zäsur aufgrund der nicht vorhandenen Bebauung in diesem Bereich. Auch die Bebauung beidseitig der … gehört zum maßgebenden Bereich der näheren Umgebung und zwar bis auf Höhe der Hausnummer *. Der noch weiter südlich gelegene Abschnitt der … und der … sind aufgrund der Entfernung und dem mangelnden wechselseitigen Einfluss von Umgebungsbebauung und Vorhabengrundstück nicht mehr zu betrachten. Die beklagtenseits genannten weiter entfernt liegenden durch Bebauungsplan festgesetzten Gebiete sind ebenso nicht von Belang, haben aber im Übrigen nach Vortrag des Beklagten auch die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes zum Inhalt.
Auch der von dem Beklagten erwähnte landwirtschaftliche Betrieb befindet sich nicht mehr in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks. Wie der Ortsaugenschein ergeben hat, kann man lediglich auf Höhe des Anwesens …, auf Höhe der Garage der Beigeladenen, über das gegenüberliegende Anwesen hinweg das rote Dach eines tiefer liegenden landwirtschaftlichen Betriebs in einiger Entfernung sehen. Weder hat das Vorhabengrundstück Auswirkungen auf den landwirtschaftlichen Betrieb noch prägt dieser den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks und dies bereits aufgrund der Entfernung, der Baulücke zwischen der Bebauung entlang des … und dem landwirtschaftlichen Anwesen, der Straßenführung und den topographischen Begebenheiten.
Die maßgebliche nähere Umgebung i.S.v. § 34 Abs. 2 BauGB entspricht einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO. Allgemeine Wohngebiete dienen überwiegend dem Wohnen, § 4 Abs. 1 BauNVO. Im allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig sind Wohngebäude, die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften und nicht störende Handwerksbetriebe sowie Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, § 4 Abs. 2 BauNVO. Ausnahmsweise zugelassen werden können Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe und Tankstellen, § 4 Abs. 3 BauNVO.
Die nähere Umgebung des Vorhabens zeichnet sich aus durch eine Wohnbebauung mit Ein- und vereinzelt Zweifamilienhäusern. Abzustellen ist auf die vorhandene Bebauung (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2020 – 15 CS 19.2013 – juris). Nach dem Ergebnis des Ortsaugenscheins ist fraglich, ob die in der von der Beigeladenen übersandten Liste von Gewerben genannten Gewerbe überhaupt vorhanden sind. Doch selbst bei Annahme ihrer Existenz hindern diese die Einordnung der näheren Umgebung als faktisches allgemeines Wohngebiet nicht. Die Wohnnutzung überwiegt dennoch zahlenmäßig deutlich. Zum Anwesen …, einem größeren Haus mit einem Glasvorbau, gibt die Beigeladene unwidersprochen an, dass hier bis zum 31. September 2019 ein Blumengeschäft bestanden habe. Von dem in der Gewerbeliste für dieses Anwesen aufgeführten Kfz-Handel ist keinem der Beteiligten etwas bekannt und auch vor Ort nichts ersichtlich. Eine Beschilderung o.ä. ist nicht vorhanden. Dennoch verliert auch die aufgegebene Nutzung als Blumengeschäft nicht automatisch die prägende Kraft. Die Prägung dauert fort, solange mit einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen ist. Innerhalb welcher zeitlichen Grenzen Gelegenheit besteht, an die früheren Verhältnisse wiederanzuknüpfen, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung (vgl. BVerwG, B.v.2.10.2007 – 4 B 39/07 – juris Rn. 2). Danach rechnet die Verkehrsanschauung im ersten Jahr stets mit dem Wiedernahme. Im zweiten Jahr spricht für die Annahme, dass die Verkehrsauffassung einen Wiedernahme noch erwartet, eine Regelvermutung, die im Einzelfall entkräftet werden kann. Nach Ablauf von zwei Jahren kehrt sich diese Vermutung um (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2007 – 26 B 05.3141 – juris Rn. 16). Aufgrund der weniger als ein Jahr zurückliegenden Aufgabe des Blumenladens ist nach der zitierten Rechtsprechung von einer Prägung der Umgebung weiter auszugehen. Andererseits ist in keinster Weise substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Nutzung wiederaufgenommen werden soll. Vielmehr ist wohl ein Kfz-Handel angedacht gewesen, der aber nicht verwirklicht wurde. Letztlich kann die Frage offenbleiben, denn selbst bei Annahme einer Prägung der Umgebung durch den Blumenladen, hindert dieser die Einordnung des Gebiets als allgemeines Wohngebiet keineswegs. Ein Blumenladen ist ein zulässiger Laden im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO (vgl. hierzu: OVG Saarland, B.v. 4.12.1995 – 2 W 45/95 – juris Rn. 10 f.) und wäre überdies jedenfalls ausnahmsweise zulässig (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Die gelistete Photovoltaikanlage am Anwesen … ist unproblematisch zulässig, § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BauNVO. Dasselbe gilt für das beim Ortstermin für den … genannte Steuerbüro, § 13 BauNVO, wobei auch hier fraglich ist, ob dieses besteht, denn vor Ort ergab sich hierauf keinerlei Hinweis. Am Anwesen … – laut Gewerbeliste ist ein Gewerbe für Textil- und Holzdruck angemeldet – findet sich keinerlei Hinweis auf eine gewerbliche Nutzung. Einzig am Vorhabengrundstück selbst ist ein Hinweisschild auf den gelisteten Garten- und Landschaftsbaubetrieb angebracht, ohne dass aber sonst in irgendeiner Weise ersichtlich ist, dass dieses Gewerbe tatsächlich betrieben wird. Selbst bei Existenz der genannten Gewerbebetriebe hindern diese jedenfalls die Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebietes nicht, denn ohnehin sind sonstige nicht störende Gewerbebetriebe ausnahmsweise zulässig, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bzw. ergibt sich die Zulässigkeit aus § 13 BauNVO. Entscheidend ist, dass die ausnahmsweise zulässigen Vorhaben Ausnahmen bleiben und somit den Gebietscharakter nicht prägen, was der Fall ist, denn die Wohnnutzung überwiegt in der näheren Umgebung zahlenmäßig ganz deutlich. Selbst bei Inbezugnahme der vom Vorhabengrundstück bereits in einiger Entfernung liegenden Anwesen … und …, wo laut Gewerbeliste ein Discjockey und ein IT-Service gemeldet sind, ist von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet auszugehen, denn diese sind gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO oder § 13 BauNVO unproblematisch zulässig.
Schließlich ändert auch das zwischen …, … und der Staatsstraße, der … Straße, befindliche Gebäude, das optisch den Eindruck einer Scheune macht, nichts an der Einordnung der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks als allgemeines Wohngebiet, denn nicht jede vorhandene Bebauung bestimmt den Charakter der näheren Umgebung. Die Scheune ist optisch deutlich abgesetzt von der übrigen Bebauung im … und in Richtung … Straße ausgerichtet. Sie wird insbesondere in Richtung des Vorhabengrundstücks von optisch trennenden Grünfläche umgeben. Das Gebäude ist zudem in Richtung Vorhabengrundstück nahezu vollständig von Pflanzen überwuchert. Das Gebäude hat daher nach Auffassung der Kammer keine prägende Wirkung (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 12/86 – juris) auf das Bauvorhaben und umgekehrt. Im Hinblick auf die übrige homogene, überwiegend wohngenutzte Umgebung stellt sich dieses Grundstück mit seiner Nutzung als Fremdkörper dar.
Wie bereits dargestellt, ist hinsichtlich der Einordnung der näheren Umgebung auf die vorhandene Bebauung abzustellen, damit auch auf die auf dem Vorhabengrundstück vorhandene Bebauung (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10.18 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 7.2.2020 – 15 CS 19.2013 – juris Rn. 37). Das Vorhabengrundstück ist mit einem Wohnhaus mit Anbau bebaut. Aus dem Jahr 1967 liegt bezüglich des Anbaus eine Baugenehmigung zum Neubau eines Ladens vor. Der Anbau wurde nach unwidersprochenen Angaben der Beigeladenen zunächst als Laden und Metzgerei genutzt worden, seit Mitte der 90er Jahre bis 2011 dann als „Bundeswehrladen“. Von Juni 2011 bis Oktober 2012 sei einerseits der Ausverkauf des Bundeswehrshops erfolgt, andererseits habe die Tochter der Kläger unter der Bezeichnung „…“ einen Reiterladen bis September 2013 betrieben. Danach seien die Räumlichkeiten bis Juli 2015 leergestanden. Seit Juli 2015 wird der Anbau als Physiopraxis genutzt. Eine Baugenehmigung für diese Nutzung ist nicht vorhanden.
Auch formell nicht genehmigte und sogar materiell nicht zu genehmigende Bauten sind bei der Einordnung der näheren Umgebung zu betrachten. Sie bleiben nur außer Betracht, wenn die Baubeseitigung konkret im Raum steht (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2020 – 15 CS 19.2013 – juris Rn. 31), was hier jedoch nicht der Fall ist.
Der auf dem Vorhabengrundstück befindliche Anbau bleibt hier dennoch bei der Einordnung der näheren Umgebung unberücksichtigt. Bei der Prüfung nach § 34 Abs. 2 BauGB, ob die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete nach der Baunutzungsverordnung entspricht, ist ein bereits verwirklichtes Vorhaben nicht zu berücksichtigen, das selbst Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Beurteilung ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10/18 – juris Rn. 17). Der Wortlaut des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB unterscheidet zwischen dem Vorhaben und der näheren Umgebung. Das Vorhaben selbst ist nicht Teil seiner näheren Umgebung, sondern muss sich in diese einfügen. Ungenehmigte Anlagen und Nutzungen mögen daher zwar für andere Vorhaben Teil der näheren Umgebung sein, sie sind aber selbst nicht zugleich Vorhaben und Umgebung. Bei der Ermittlung des Gebietscharakters ist ein Bauvorhaben daher unbeachtlich, das als Gegenstand der Prüfung nicht zugleich Prüfungsmaßstab sein kann. Diese Grundsätze gelten auch und gerade im Baunachbarstreit (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10/18 – juris Rn. 17 mit weiteren Nachweisen). Der Bauherr legt durch seinen Genehmigungsantrag den Inhalt des Vorhabens fest (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10/18 – juris Rn. 25). Das streitgegenständliche Bauvorhaben besteht laut Bauantrag und den vorgelegten Bauunterlagen in einem Umbau des bestehenden, derzeit als Physiotherapiepraxis genutzten Anbaus mit baulicher Erweiterung und dem Neubau einer Wohnung über bestehendem Anbau, wobei auch das Dachgeschoss des Erweiterungsbaus als Wohnung genutzt werden soll. Damit ist der streitgegenständliche Anbau, in dem sich bereits die Physiotherapiepraxis befindet, gerade auch Gegenstand der Prüfung und muss daher bei der Beurteilung nach § 34 Abs. 2 BauGB außer Betracht bleiben. Überdies führte selbst der Bevollmächtigte der Beigeladenen aus, dass das Landratsamt bei der nun streitgegenständlichen Baugenehmigung den Gesamtbetrieb der Physiotherapiepraxis einer bauaufsichtlichen Prüfung unterzogen habe und den Gesamtbetrieb der Physiotherapiepraxis genehmigt habe. Zudem entspricht die Nichtberücksichtigung des Anbaus besonders auch in Fällen wie dem hier zu entscheidenden der Billigkeit, denn andernfalls könnte ein Bauherr durch eigenmächtiges Schaffen von Fakten den Gebietscharakter der näheren Umgebung ändern und sich damit zu einem Baurecht verhelfen, das ihm sonst nicht zustehen würde. Die bis 2013 vorhandenen gewerblichen Nutzungen sind bereits deshalb ohne Belang, da sie schon mehrere Jahre aufgegeben wurden und nicht mehr mit einer Wiederaufnahme zu rechnen ist (vgl. hierzu: BayVGH, U.v. 21.6.2007 – 26 B 05.3236 – juris).
Selbstverständlich ebenso außer Betracht bleibt der bereits aufgrund der erteilten Baugenehmigung vom 18. März 2020 geschaffene Erweiterungsbau und die sonstigen bereits durchgeführten baulichen Maßnahmen. Ein Bauherr kann vor der Entscheidung über den Nachbarrechtsbehelf ein Vorhaben errichten, das zwar in dem bisherigen faktischen Baugebiet i.S.v. § 34 Abs. 2 BauGB unzulässig wäre, dessen Vollendung aber eine Gemengelage schafft. Ungeachtet der Möglichkeit behördlichen oder gerichtlichen Eilrechtsschutzes ist es mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes jedoch unvereinbar, einem Nachbarn entgegen zu halten, jedenfalls im Moment der gerichtlichen Entscheidung sei sein aus § 34 Abs. 2 BauGB folgender Gebietserhaltungsanspruch durch die entstandene Gemengelage entfallen (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10/18 – juris mit weiteren Nachweisen).
Doch selbst bei Einbeziehung der im Anbau bereits vorhandenen Physiotherapiepraxis und unterstellter in einem allgemeinen Wohngebiet gebietsfremder Nutzung ändert sich nichts an der Einordnung der Eigenart der näheren Umgebung als allgemeines Wohngebiet. Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt den Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Es muss alles außer Betracht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind solche Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter nicht oder nur am Rande wahrnehmt (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 23/86 – juris). Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Derartige Anlagen dürfen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung aber nur dann als „Fremdkörper“ ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 23/86 – juris; OVG NRW, U.v. 21.11.2005 – 10 A 11/6604 – juris). Allein aus dem Umstand, dass ein Gewerbebetrieb seine Umgebung stört, folgt aber noch nicht, dass er den Gebietscharakter mitprägt. Grundsätzlich sprechen große Qualitätsunterschiede zwischen einer Anlage und ihrer im wesentlichen homogenen Umgebung dafür, dass die Anlage als ein für die Eigenart der Umgebung unbeachtlicher Fremdkörper zu werten ist. Diese Regel wird nur dann durchbrochen, wenn die Anlage ihre Umgebung beherrscht oder aus anderen Gründen, wie etwa eine Zeche im Verhältnis zur Zechensiedlung, trotz der Andersartigkeit mit ihr eine Einheit bildet (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 23/86 – juris).
Die vorhandene Physiopraxis ist ein Fremdkörper in der ansonsten nahezu homogenen Wohnbebauung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks. Sie beeinflusst wegen ihrer Andersartigkeit ihre Umgebung gerade nicht und erreicht auch von der Größe und ihren Auswirkungen kein solches Gewicht, dass eine Prägung anzunehmen ist. Von einer Beherrschung der Umgebung durch die Physiopraxis kann keine Rede sein.
(2) Im allgemeinen Wohngebiet ist die hier beantragte Nutzung als Physiotherapiepraxis ihrer Art nach unzulässig. Nichts anderes würde gelten, wenn man zu der Annahme eines faktischen reinen Wohngebiets, wie die Kläger meinen, kommt.
Die geplante und von dem Ehemann der Beigeladenen bereits bisher (schon) ausgeübte Tätigkeit als Physiotherapeut stellt einen freien Beruf dar (vgl. Stock in EZBK, BauGB, 139. EL August 2020, § 13 Rn. 18; Hornmann in BeckOK BauNVO, 23. Edition Stand: 15.09.2020, § 13 Rn. 21). Die Zulässigkeit des beantragten Bauvorhabens richtet sich damit nach § 13 BauNVO und nicht etwa, wie der Beklagte anfangs noch ausführte, nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO. Zwar dient eine Physiotherapiepraxis ebenso wie z. B. eine Arztpraxis im umgangssprachlichem Sinne gesundheitlichen Zwecken. Der Begriff der Anlagen für gesundheitliche Zwecke im Sinne der Baunutzungsverordnung (vgl. z.B. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) ist allerdings auf Gemeinbedarfsanlagen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB beschränkt. Eine Physiotherapiepraxis fällt nicht darunter (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1996 – 4 C 17/95; OVG LSA, B.v. 10.10.2018 – 2 M 53/18 – beide juris; Hornmann in BeckOK BauNVO, 22. Ed. 15.6.2020, § 4 Rn. 90 ff. mit weiteren Nachweisen).
Die Vorschrift des § 13 BauNVO stellt eine abschließende Regelung dar, die einen Rückgriff auf andere Vorschriften ausschließt (vgl. BayVGH, U.v. 2.1.2008 – 1 BV 04.2737 – juris Rn. 33; i.E. auch BVerwG, U.v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 – juris). Die Zulässigkeit der Physiotherapiepraxis im allgemeinen Wohngebiet richtet sich daher nach § 13 BauNVO.
Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Weise ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig, § 13 BauNVO. Damit ist das geplante Bauvorhaben seiner Art nach im allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig, denn die Physiotherapiepraxis soll nicht in Räumen, sondern in einem Gebäude i.S.d. § 13 BauNVO betrieben werden und ist somit unzulässig.
Die Beschränkung in § 13 BauNVO auf Räume macht deutlich, dass trotz der Inanspruchnahme für freiberufliche oder gewerbliche Zwecke, der Charakter als Wohngebäude erhalten bleiben muss. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn die Wohnfläche weit überwiegend wohnfremd genutzt wird. Die primäre Wohnnutzung darf nicht in den Hintergrund gedrängt werden, da andernfalls bei gehäufter Berufung auf § 13 BauNVO eine Veränderung des Gebietscharakters drohen würde (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.1995 – 4 B 245/95 – juris Rn. 3).
§ 13 BauNVO definiert nicht, was unter einem Gebäude zu verstehen ist. Die Vorschrift nimmt aber Bezug auf die Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Dem in § 2 bis § 9 BauNVO jeweils enthaltenen Zulässigkeitskatalog lässt sich entnehmen, dass der Gebäudebegriff als Unterfall von dem allgemeinen Begriff der (baulichen) Anlage mitumfasst ist, auf den auch § 29 BauGB abstellt. Dies schließt es aus, unselbständige Teile einer baulichen Anlage als Gebäude zu qualifizieren. Wesentliches Abgrenzungskriterium zur Frage, ob Gebäude oder Räumlichkeiten im Sinne des § 13 BauNVO vorliegen, ist damit das Kriterium der selbständigen Benutzbarkeit, das auch bei der Bestimmung des bauordnungsrechtlichen Gebäudebegriffs eine Rolle spielt. Erforderlich ist, dass das Gebäude jedenfalls tatsächlich unabhängig von sonstigen Anlagen genutzt werden kann. Durch eine etwaige bauliche Verbindung wird die Selbständigkeit nicht in Frage gestellt. Auch wenn der Eindruck von Haupt- und bloßem Anbau hervorgerufen wird, handelt es sich um verschiedene Gebäude, sofern jedes von ihnen unabhängig vom anderen zugänglich ist (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.1995 – 4 B 245/95 – juris Rn. 4).
Für die Einordnung des Anbaus in der geplanten Form als bloße Räumlichkeit spricht zwar, dass es sowohl für das bestehende Wohnhaus als auch für den Anbau in seiner geplanten Form nur eine Heizungsanlage sowie eine Wasser- und Stromversorgung gibt bzw. geben wird. Auch der Umstand, dass sich die Gebäude auf einem einzigen Buchgrundstück befinden, könnte ein Indiz für ein einheitliches Gebäude sein, wirkt sich hier aber nicht aus. Die Argumente, welche für die Einordnung als Gebäude sprechen, überwiegen deutlich. Maßgeblich abzustellen ist auf die voneinander unabhängige Zugänglichkeit von Anbau und bestehendem Wohnhaus. Letzteres hat seinen Eingang nach Norden zum … hin. Die (geplante) Physiotherapiepraxis wird von der … aus auf der nach Süden gewandten Seite betreten. Zusätzlich ist noch eine Tür im Anbau (Altbau) Richtung Hof vorhanden, wie der Ortsaugenschein ergeben hat. Die geplante Wohnung über der Physiotherapiepraxis wird schließlich getrennt hiervon über eine außen verlaufende Treppe, die im Hof des Anwesens beginnt, betreten. Zwar sind der Anbau und das bestehende Wohnhaus an einer Stelle aneinandergebaut, es gibt jedoch noch nicht einmal eine Verbindungstür zwischen den Gebäuden und zwar weder im Keller-, noch im Erd-, noch im Dachgeschoß, was ebenfalls gegen die Annahme, dass es sich bei den für die Physiopraxis vorgesehenen Räumlichkeiten um Räume i.S.d. § 13 BauNVO handelt, spricht. Der Zweck der Beschränkung der freiberuflichen Nutzung auf Räume liegt darin, die Prägung der Gebiete nach den § 2 bis 4 BauNVO durch Wohnnutzung zu erhalten. Ob es sich bei dem Vorhaben um ein noch zulässiges Wohngebäude mit auch freiberuflicher Nutzung handelt oder um zwei selbständige Gebäude, wovon eines auch als Physiotherapiepraxis genutzt wird, muss daher nach der tatsächlich die Umgebung prägenden Gesamtwirkung des Vorhabens beurteilt werden. Der Eindruck getrennter eigenständiger Gebäude, der durch die separaten Eingänge und Treppenhäuser entsteht, überwiegt deutlich. Bei Verwirklichung des Bauvorhabens würde angesichts der Ausmaße und der Gestaltung der zu errichtenden Praxis samt Dachgeschoss noch nicht einmal mehr der Eindruck von bloßem Anbau und Haupthaus entstehen.
Aufgrund der Einordnung des Anbaus samt Erweiterungsbau als Gebäude verbietet sich die Berücksichtigung der Wohnnutzung im bestehenden Wohnhaus, so dass es unerheblich ist, wenn rein rechnerisch die Wohnflächen im bestehenden Wohnhaus und die im neu zu errichtenden Dachgeschoß über dem Alt- und Erweiterungsbau der Physiotherapiepraxis größer wären als die Nutzfläche der Physiotherapiepraxis (so der Beklagte).
Es sind daher allein die Wohn-/Nutzflächen im als selbständiges Gebäude einzuordnenden Anbau samt Erweiterungsbau in der geplanten Form zu betrachten. So wird regelmäßig angenommen, dass in Mehrfamilienhäusern als Obergrenze für Nutzungen im Sinne des § 13 BauNVO grundsätzlich die halbe Anzahl der Wohnungen und nicht mehr als die Hälfte der Gesamtwohnfläche anzusetzen ist. Wesentlich ist, dass das Gesamterscheinungsbild des Gebäudes von der im Übrigen ausgeübten Wohnnutzung geprägt bleibt, was hier zu verneinen ist. Die Nutzung im Sinne von § 13 BauNVO überwiegt flächenmäßig deutlich. So wird im Bauantrag eine Wohnfläche nach Wohnflächenverordnung von 147,62 m2 angenommen, während die gewerbliche Nutzfläche mit 233,76 m2 angegeben wird. Nichts anderes gilt, wenn man die bei der Berechnung der Geschossfläche in den Bauunterlagen angegebenen Größen ansetzt, nämlich 241,31 m2 für die Physiotherapiepraxis im Erdgeschoss und 225,92 m2 für die Wohnung über der Physiotherapiepraxis im Dachgeschoss, zumal bei der Praxis noch die für die Physiotherapiepraxis genutzten Räume im Keller hinzuzurechnen sind, oder bei Ansatz der in der vorgelegten Nutz- und Wohnflächenberechnung nach DIN 277 angesetzten Größen. Auch unter Berücksichtigung, dass der Flächenvergleich auf solche Räume zu beschränken ist, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind und entsprechend genutzt werden sollen und unter der Maßgabe, dass die 50%-Grenze nicht als starre Grenze zu verstehen ist, kann von einer zulässigen wohnartigen Nutzung ganz eindeutig nicht mehr die Rede sein.
(3) Soweit die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung ausführt, man habe die Physiotherapiepraxis seit 2015 unbeanstandet betrieben, so lässt sich auch hieraus nicht die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens seiner Art nach etwa aus Bestandsschutzerwägungen herleiten. In der Umnutzung des Ladens zur Physiotherapiepraxis liegt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, denn durch diese Umnutzung wird die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen und es kommen für die geänderte Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 14, B.v. 28.6.2016 – 15 CS 15.44 – juris Rn. 18; U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – juris Rn. 31). Eine Baugenehmigung hierfür liegt nicht vor. Es ist weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich, dass das Landratsamt … der Beigeladenen die Auskunft erteilt hat, eine Baugenehmigung sei nicht nötig. Überdies würde es sich bei dieser Aussage nicht um eine Zusicherung, Art. 38 BayVwVfG, handeln. Auch als Rechtsauskunft wäre sie jedenfalls unverbindlich (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 37. EL Juli 2020, Rn. 23 f.). Aus der Baugenehmigung für den Laden lässt sich ebenfalls kein Bestandsschutz herleiten, denn dieser endet mit der endgültigen Aufgabe der zugrundeliegenden Nutzung (vgl. BVerwG, B.v. 21.11.2000 – 4 B 36/00 – juris) und damit spätestens bei Inbetriebnahme der Physiotherapiepraxis in 2015. Nach einer Auffassung liegt Bestandsschutz nur dann vor, wenn das Vorhaben formell und materiell rechtmäßig ist bzw. war, woran es hier gerade fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.1998 – 4 C 10/97 – juris; Decker in Simon/Busse, BayBO, 138. EL September 2020, Art. 76 Rn. 116 ff. mit weiteren Nachweisen). Nach anderer Ansicht genügt das Vorliegen einer Genehmigung oder Genehmigungsfähigkeit (vgl. BVerfG, .B.v. 24.7.2000 – 1 BvR 151/99 – juris Rn. 8). Im Übrigen obliegt die Beweislast dem, der sich auf den Bestandsschutz beruft (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2001 – 14 ZB 00.1476 – juris Rn. 2 – zur materiellen Beweislast hinsichtlich des Bestandschutzes). Welcher Auffassung zu folgen ist und ob materielle Genehmigungsfähigkeit hinsichtlich des Altbestandes vorliegt, kann jedoch dahinstehen, denn auch ein etwa gegebener Bestandsschutz für bauliche Anlagen erfasst jedenfalls nicht Bestands- oder Funktionsänderungen, weil diese über den genehmigten Zustand hinausgreifen würden (vgl. BVerfG, B.v. 15.12.1995 – 1 BvR 1713/92 – juris). Es gibt gerade keinen auf Bestandschutz gegründeten Anspruch auf Zulassung von Veränderungen oder Erweiterungen baulicher Anlagen (vgl. BVerwG, B.v. 18.7.1997 – 4 B 116/97 – juris) und gerade hierum geht es mit dem geplanten Vorhaben.
(4) Die Regelung des § 34 Abs. 3a BauGB, wonach in bestimmten Fällen von der Erforderlichkeit des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Abs. 1 Satz 1 abgesehen werden kann, ändert an der Unzulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art nichts, denn zum einen bedarf es im Fall des § 34 Abs. 2 BauGB bezüglich der Art der Nutzung gerade keiner Prüfung des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung (vgl. BVerwG, B.v. 12.2.1990 – 4 B 240/89 – juris), zum anderen müsste ein zulässiger Weise errichteter Gewerbe- oder Handwerksbetriebes (§ 34 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 a BauGB) vorliegen, was nach oben Gesagten bezüglich der Nutzung als Physiotherapiepraxis zu verneinen ist. Überdies handelt es sich bei der Physiotherapiepraxis ohnehin nicht um einen Gewerbe- oder Handwerksbetrieb i.S.d. Vorschrift und es wurde schon gar keine Abweichung diesbezüglich erteilt.
(5) Die Kläger sind auch nicht etwa deshalb gehindert, sich auf den Gebietserhaltungsanspruch zu berufen, weil ihre Garage die Grundstücksgrenze zu der Beigeladenen hin um einige Zentimeter überbaut. Ein Nachbar kann sich nach Treu und Glauben gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück den Anforderungen dieser Vorschrift nicht entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu – gemessen am Schutzzweck der Vorschrift – schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, B.v. 27.7.2017 – 1 CS 17.918 – juris Rn. 10). Zum einen verletzen die Kläger abstandsflächenrechtliche Vorschriften, während die unzulässige Art der Nutzung seitens der Beigeladenen bauplanungsrechtliche Belange betrifft, insofern ist also nicht der erforderliche Zusammenhang zwischen den beidseitig verletzten Normen bzw. Belange gegeben. Zum anderen verletzt die Beigeladene den Gebietserhaltungsanspruch der Kläger und zugleich tritt durch das geplante Vorhaben eine Abstandsflächenverletzung in nicht nur unerheblicher Weise ein, so dass jedenfalls von einem Gleichgewicht der beidseitigen Abweichungen oder Rechtsverletzungen keine Rede sein kann, ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Kläger durch Erhebung der Klage also ausscheidet.
b) Aufgrund der bereits vorliegenden bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen kommt es auf die übrigen geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht an. Offen bleiben kann schließlich auch, ob sich aus den unrichtigen Bauvorlagen – der vorhandene Anbau in Richtung des klägerischen Grundstücks ist nur 2,76 m von der Grundstücksgrenze entfernt und nicht, wie in den Planunterlagen zum Bauantrag angegeben, ca. 2,95 m – bereits die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung und eine damit einhergehende Rechtsverletzung der Kläger zur Folge hat (vgl. hierzu: BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1175 – juris Rn. 11 m.w.N.).
c) Die Kostenentscheidung folgt §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3 VwGO und richtet sich nach dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens. Die versehentlich unterbliebene Antragstellung aller Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ist, wie bereits ausgeführt, unschädlich, denn dann gelten, wie beim Fehlen eines Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, die schriftsätzlich angekündigten Anträge (vgl. hierzu: Brüning BeckOK VwGO, Posser/Wolff, 55. Ed. Stand: 01.01.2020, § 101 Rn. 13). Sowohl Kläger, Beklagter als auch die Beigeladene haben schriftsätzlich Anträge gestellt. Aus ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, bei dem sämtliche Beteiligten das Verfahren aktiv betrieben haben, ist auch ersichtlich, dass die schriftsätzlich gestellten Anträge maßgeblich sind. Aus diesem Grund ist es insbesondere auch sachgerecht, der Beigeladenen, die das Verfahren aktiv betrieben hat, die Kosten anteilig aufzuerlegen, § 154 Abs. 3 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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