Baurecht

Nutzungsuntersagung für ein Einzelhandelsgeschäft

Aktenzeichen  AN 17 S 20.01411

Datum:
21.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24957
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1, Art. 76 S. 2, S. 3
BauGB § 1 Abs. 6 Nr. 11
BayVwZVG Art. 36

 

Leitsatz

Der Wechsel von der bislang genehmigten Nutzung als Ladengeschäft für Heimdekor in die Nutzung als Einzelhandelsgeschäft für Schuhe bedarf einer Baugenehmigung. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgelegt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtschutz gegen eine für sofort vollziehbar erklärte sowie mit einer Zwangsgeldandrohung verbundene Untersagung der Nutzung eines Einzelhandelsgeschäftes für Heimdekor als Einzelhandelsgeschäft für Schuhe sowie gegen eine für sofort vollziehbar erklärte und mit einer Zwangsgeldandrohung verbundene Anordnung, einen Bauantrag für diese Nutzung zu stellen.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstückes Flur-Nr. …, Gemarkung …, … Straße …, … … Das Grundstück liegt in einem Ortsteil der Stadt … Auf dem Grundstück befindet sich ein Gebäude, welches Einzelhandelsgeschäfte sowie Lager- und Büroräume beherbergt. Das Gebäude wurde in der Vergangenheit von Herrn … als einem der Geschäftsführer der Antragstellerin in einem Teil als Einzelhandelsgeschäft für Heimdekor und in einem anderen Teil als Einzelhandelsgeschäft für Boote und Bootszubehör genutzt. Herr … hat altersbedingt beide Einzelhandelsgeschäfte aufgegeben, wobei die Flächen, welche dem Einzelhandelsgeschäft für Heimdekor dienten, von der Antragstellerin an die … Warenvertriebs GmbH vermietet werden. Die Mieterin betreibt dort seit dem 2. Juli 2020 ein Einzelhandelsgeschäft für Schuhe. Die Stadt … hat ein Einzelhandels- und Zentrenkonzept vom 18. Dezember 2018 beschlossen. Ziel des Konzepts ist u.a. die Stärkung und der Schutz des zentrenrelevanten Versorgungsbereiches „Innenstadt“. Am 18. Juli 2020 trat eine am 16. Juli 2020 beschlossene Veränderungssperre für den Bereich des sich in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes „… Mitte“ in Kraft (Bekanntmachung Nr. 168/2020 der Stadt …*). Ziel des sich in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes ist die Umsetzung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts für die Stadt … vom 18. Dezember 2018, um den zentrenrelevanten Versorgungsbereich „Innenstadt“ zu schützen und zu erhalten.
Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom 16. Juli 2019 erstmals an den Antragsgegner und fragte nach, ob eine angedachte künftige Nutzung des Objekts für zwei unterschiedliche, voneinander unabhängige Einzelhandelsgeschäfte für Schuhe beziehungsweise Freizeitartikel/Outdoorbekleidung/Textil, einer Nutzungsänderungsgenehmigung bedürfe, wobei die jeweiligen Verkaufsflächen 800 m2 nicht überschreiten würden.
Mit Schreiben vom 12. August 2019 teilte der Antragsgegner mit, dass es sich bei der Sortimentsänderung um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handele. Des Weiteren wäre bei fehlender baulicher Trennung der beiden Einzelhandelsgeschäfte von einem Einzelhandelsgroßprojekt auszugehen, welches eine Bauleitplanung sowie die Stellungnahme der Regierung … erforderlich machen würde.
Die Antragstellerin führte mit Schreiben vom 26. August 2019 nochmals aus, dass der Sortimentswechsel unschädlich sei, da eine Baugenehmigung zur Nutzung des Objekts als Verkaufshalle, Lager und für Büroräume vorliege und eine Bindung an ein Sortiment nicht gegeben sei. Die vollständige Trennung der (neuen) Einzelhandelsgeschäfte durch eine Brandschutzmauer solle erhalten bleiben, ebenso bleibe es bei den beiden, 40 m voneinander entfernt liegenden Eingängen.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 2019 wandte sich die Antragstellerin nochmals an den Antragsgegner und beantragte, einen Feststellungsbescheid zu erlassen, welcher die Genehmigungsfreiheit der Nutzung feststelle. Hierfür bestehe auch ein Rechtschutzbedürfnis, da die Stadt … durch Erlass einer Veränderungssperre mit entsprechendem Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan für das Grundstück der Mandantschaft die geplanten, vom Bestandsschutz umfassten Änderungen verhindern wolle. Telefonisch wurde der Antragstellerin vom Antragsgegner am 15. November 2019 mitgeteilt, dass weiterhin von einer Genehmigungspflichtigkeit ausgegangen werde. Eine förmliche Entscheidung erging nicht.
Mit Schreiben des Antraggegners vom 26. Juni 2020 an die Antragstellerin stellte der Antragsgegner nochmals klar, dass in der Baubeschreibung das zu erwartende Sortiment festgelegt worden sei. Bei einer Ortsbesichtigung am 26. Juni 2020 sei zudem festgestellt worden, dass Einrichtungsarbeiten stattfinden würden, wonach Bereiche, welche in der ursprünglichen Baugenehmigung als Lagerbeziehungsweise Büroflächen genehmigt worden seien, als zusätzliche Verkaufsfläche genutzt würden. Diese zusätzlichen Verkaufsflächen seien von keiner Genehmigung gedeckt. Die Antragstellerin wurde nochmals aufgefordert, für die Nutzungsänderungen einen Bauantrag zu stellen. Andernfalls würde eine kostenpflichtige Anordnung mit Zwangsgeldandrohung erfolgen. Im Falle der Nutzungsaufnahme wurde die Anordnung einer Nutzungsuntersagung mit Zwangsgeldandrohung angedroht und Gelegenheit zur Stellungnahme, Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG, gegeben.
Am 2. Juli 2020 wurde in dem Gebäude von der Mieterin der Räumlichkeiten auf der Fläche des ehemaligen Einzelhandelsgeschäfts für Heimdekor das Einzelhandelsgeschäft für Schuhe eröffnet und zwar zunächst auch auf Flächen, die in der ursprünglichen Baugenehmigung als Lagerhalle genehmigt worden sind. In einem Vor-Ort-Termin bei Ladenöffnung übergab ein Vertreter des Antragsgegners den Geschäftsführern der Antragstellerin und den Geschäftsführern der Mieterin den jeweils für sie bestimmten (anderes Adressfeld) streitgegenständlichen Bescheid vom 2. Juli 2020 mit folgendem Inhalt:
. Der … GmbH & Co. KG, vertreten durch die … … GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer … und … …, wird die Nutzung des Gebäudes auf Flur-Nr. …, Gemarkung …, … Str. …, … … als Einzelhandelsgeschäft für Schuhe mit sofortiger Wirkung untersagt. Die Nutzungsuntersagung umfasst die Gebäudeteile, welche mit Bescheid vom 21. Juni 1973, Az. …, genehmigt wurden und von der jetzigen Nutzungsänderung zum Einzelhandelsgeschäft für Schuhe betroffen sind.
2. Der … … GmbH, … Straße, … … an der …, vertreten durch Herrn … … …, …, … … an der …, und Herrn … …, Im …, … …, wird die Nutzung sämtlicher angemieteter Räumlichkeiten zum Zwecke des Einzelhandels mit Schuhen und Begleitsortiment in der … Str. …, … …, mit sofortiger Wirkung untersagt.
3. Für die genehmigungspflichtige Nutzungsänderung der bestehenden Verkaufshalle zu einem Einzelhandelsgeschäft für Schuhe ist ein Bauantrag in dreifacher Ausfertigung über die Stadt … beim Landratsamt …, bis spätestens 1. September 2020 zu stellen. Im Falle einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung verlängert sich die Frist auf zwei Wochen ab Bestandskraft dieses Bescheides.
4. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 3 dieses Bescheides wird angeordnet.
5. Falls das Gebäude entgegen der Ziffer 1 dieses Bescheides weiterhin als Einzelhandelsgeschäft für Schuhe genutzt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR zur Zahlung fällig.
6. Falls die Räumlichkeiten entgegen der Ziffer 2 dieses Bescheides von dem Mieter weiterhin genutzt wird, ist vom Mieter ein Zwangsgeld in Höhe von 8.000,00 EUR zur Zahlung fällig.
7. Falls der erforderliche Bauantrag nicht fristgerecht bei der Stadt … eingeht, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 800,00 EUR zur Zahlung fällig.
8. Die … GmbH & Co. KG (…) tragen als Veranlasser der Amtshandlung die Gesamtkosten des Verfahrens (ggf. als Gesamtschuldner).
Zur Begründung wird im Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin als Bauherrin Zustandsstörerin i.S.d. Art. 9 Abs. 2 LStVG sei und die erforderliche Baugenehmigung nicht eingereicht worden sei. Eine Nutzungsuntersagung sei auszusprechen, denn aufgrund der Genehmigungspflichtigkeit des Vorhabens bestünde ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften sei gegeben, wenn eine genehmigungspflichtige bauliche Anlage (Art. 55 Abs. 1 BayBO) errichtet, geändert oder deren Nutzung geändert werden soll, obwohl hierfür noch keine Genehmigung erteilt wurde (Art. 68 Abs. 5 BayBO). Ein anderes Gestattungsverfahren nach Art. 56 BayBO oder eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 4 liege nicht vor. Eine Verfahrensfreiheit sei nur gegeben, wenn an Verkaufsflächen keine anderen rechtlichen Anforderungen gestellt würden als an Lager- und Büroräume. Durch die Änderung der Verkaufsflächen ergebe sich zumindest eine Neuberechnung der Stellplätze, ebenso wäre in diesem Fall der Brandschutz zu den anderen Nutzungseinheiten erneut zu prüfen. Auch sei nicht klar, ob durch die Verkaufsflächenerweiterung ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb entstehe und dadurch landesplanerische Belange beeinträchtigt würden. Ein Genehmigungsfreistellungsverfahren nach Art. 58 BayBO komme nicht in Betracht, da das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich liege. Bei der geplanten Nutzungsänderung handele es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO. Eine solche sei gegeben, wenn die tatsächliche Variationsbreite der vorhandenen Genehmigung überschritten werde und der neuen Nutzung öffentlich-rechtliche Vorschriften einer anderen Qualität zukommen. Ebenso führe das geänderte Sortiment zur Nutzungsänderung. Durch die Baukontrolle sei festgestellt worden, dass entgegen der Genehmigung von 1973 Teile der damaligen Lager- und Büroflächen als Verkaufsflächen genutzt werden sollten. An die erweiterten Verkaufsflächen würden andere rechtliche Anforderungen als an Büro- und Lagerräume gestellt. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig. Die Anordnung sei möglich, geeignet, erforderlich und es bestehe kein milderes Mittel. Die Anordnung erfolge auch nach pflichtgemäßem Ermessen. Aufgrund der fehlenden Prüfung des Brandschutzes, der fraglichen Großflächigkeit des Einzelhandelsbetriebes sowie einer hohen Anzahl zu erwartenden Kunden und der daraus resultierenden hohen Anzahl potentieller gefährdeter Personen, seien keine Punkte erkannt worden, die besondere Umstände rechtfertigen würden, bei der hier vorliegenden Sachlage von einer Nutzungsuntersagung abzusehen. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften überwiege das finanzielle Interesse der Antragstellerin an der Vermietung des Gebäudes ohne die erforderliche Baugenehmigung.
Die Anordnung der Planvorlage stütze sich auf Art. 76 Satz 3 BayBO. Die Stellung eines Bauantrages könne bereits dann verlangt werden, wenn erst mit seiner Hilfe geklärt werden könne, ob eine Baugenehmigungspflicht bestehe. Die Anforderung von Bauvorlagen diene außerdem der Prüfung, ob eine Baugenehmigung erteilt werden könne. Auch die Frist zur Einreichung der Bauvorlagen sei angemessen, denn in dieser Frist sei es der Antragstellerin zumutbar, einen Bauantrag durch einen Bauvorlageberechtigten erstellen zu lassen und bei der Stadt … einzureichen. Auch sei die Verhältnismäßigkeit gegeben, insbesondere gehe aus den eingereichten Unterlagen zu den Anfragen nicht hervor, welche Teile des Gebäudes umgenutzt werden sollen. Nur mit Hilfe eines Bauantrages könne die Genehmigungsfähigkeit überprüft werden und eine Baugenehmigung erteilt werden.
Der sofortige Vollzug der Nutzungsuntersagung und der Vorlage eines Bauantrages sei im öffentlichen Interesse geboten, da die Bestandskraft der Nutzungsuntersagung und der Anordnung zur Vorlage eines Bauantrages nicht abgewartet werden könne. Die öffentlich-rechtliche Notwendigkeit, baurechtlich rechtswidrige Nutzungen zu unterbinden, überwiege das Interesse der Antragstellerin und sämtlicher Mieter an der Einlegung von Rechtsmitteln vor Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Anordnung. Andernfalls seien fortlaufende Verstöße gegen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu erwarten und die Antragstellerin könne einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Geschäftsleuten erlangen, wenn sie die Nutzung ohne vorherige Genehmigung aufnehme, während andere mit der Aufnahme ihres Betriebs bis zur Genehmigung warten würden.
Die Antragstellerin erhob mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 7. Juli 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am selben Tag, Klage gegen den Bescheid vom 2. Juli 2020 mit dem Ziel, diesen aufzuheben (Az.: AN 17 K 20.01287) und beantragte mit einem weiteren Schreiben vom 7. Juli 2020 bei dem Antragsgegner, die Vollziehung auszusetzen, da die Antragstellerin der falsche Adressat des Bescheides sei.
Am 7. Juli 2020 fand zudem eine Besprechung der Mieterin mit dem Antragsgegner statt. Die Mieterin trug vor, dass nunmehr nur noch die Flächen zum Schuhverkauf genutzt würden, die in der Baugenehmigung von 1973 als Verkaufsfläche genehmigt worden seien. Der Antragsgegner legte dar, dass auch nach diesem Rückbau der Verkaufsflächen auf die mit Baugenehmigung von 1973 genehmigten Flächen eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliege.
Eine Aussetzung der Vollziehung, welche zuvor bei dem Antraggegner beantragt war, erfolge nicht.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2020 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass der Vollzug nicht ausgesetzt werde.
Mit weiterem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 22. Juli 2020, hier eingegangen am selben Tag, stellte die Antragstellerin einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Die aufschiebende Wirkung der Klage bzw. die Aussetzung der Vollziehung sei anzuordnen, da der Bescheid sich in der Hauptsache als voraussichtlich rechtswidrig erweise. Außerdem sei das Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 3 VwGO nicht ausreichend begründet, insbesondere sei die Anordnung des Zwangsgeldes entgegen der gesetzlichen Regelung nicht zunächst angedroht worden.
Die Antragstellerin führte im Wesentlichen aus, dass sich die Nutzungsuntersagung gegen den falschen Adressaten richte, denn die Antragstellerin betreibe keinen Verkauf in den streitgegenständlichen Flächen. Sie könne die Nutzung daher nicht einstellen und auch nicht veranlassen, dass die Betreiberin die Nutzung einstelle. Sie sei dazu weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage. Der Bescheid sei, jedenfalls in Bezug auf die derzeitige Nutzung, beschränkt auf die „Verkaufshalle“ im Bereich Heimdekor des Anwesens, rechtswidrig, da die Änderung des Sortiments aufgrund des Bestandsschutzes der Baugenehmigung aus 1973 keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstelle. Der nun maßgebliche Bereich (Verkaufshalle) sei als Verkaufshalle bauaufsichtlich genehmigt mit einem umbauten Raum von 675 m2. Genau auf dem in diesem Plan als „Verkaufshalle“ angegeben Flächen werde derzeit Verkauf betrieben. Der jetzige Verkauf von Schuhen bewege sich innerhalb der Variationsbreite der Baugenehmigung aus 1973. Unter Heranziehung der damaligen Rechtslage und dem Fehlen von § 34 BauGB und § 11 BauNVO sei die damalige Baugenehmigung ohne Einschränkung des Sortiments auszulegen. Der Feststellungsbereich der Baugenehmigung sei generell auf Verkauf gerichtet. Eine Begrenzung auf Sortimente könne dem Bescheid, aber insbesondere auch den Planunterlagen sowie der „ortsrechtlichen Bestätigung“ nicht entnommen werden. Zwar werde in der Baubeschreibung auch erwähnt, dass insbesondere der Verkauf von Textilien, Bodenbelägen, Vorhängen und Farben beabsichtigt sei, eine Begrenzung auf bestimmte Sortimente könne allerdings, auch unter Berücksichtigung der Rechtslage von 1973, nicht gesehen werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Auflagen zum Bescheid. Dies werde insbesondere dadurch bestätigt, dass auch zum genehmigten damaligen Tankstellenbetrieb ebenfalls keine Regelungen enthalten seien, die den dortigen Shop-Verkauf beträfen. Der nun maßgebliche Bereich von 675 m2 sei folglich schon durch Bescheid vom 21. Mai 1973 genehmigt worden. Weiter sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig. Die Antragstellerin verschaffe sich keinen Wettbewerbsvorteil, denn einen solchen Wettbewerb zwischen Vermietern von Gewerbeimmobilien gäbe es in … nicht. Es läge die Vermutung nahe, der Antragsgegner habe die Bearbeitung der Anfragen nach der Baugenehmigungspflichtigkeit verschleppt. Hätte der Antragsgegner verbindlich mitgeteilt, dass eine Baugenehmigung erforderlich sei, hätte das Baugenehmigungsverfahren längst in die Wege geleitet werden können. Hätte der Antragsgegner also pflichtgemäß gehandelt, wäre kein Vollzugsbedürfnis gegeben. Überdies könnten rein prophylaktische Bauanträge für alle möglichen Verwendungen aus Praktikabilitätserwägungen nicht gestellt werden, so dass die Vermietung vor Bauantragsstellung erfolgen müsse. Auch das Zwangsgeld sei nicht zunächst angedroht bzw. generell angedroht worden. Es hätte gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwZVG schriftlich unter Setzung einer angemessenen Frist angedroht werden müssen. Eine Zwangsmittelandrohung ohne Fristsetzung sei nichtig. Der Bescheid sei zudem in Ziffer 1 zu unbestimmt, wenn angeordnet werde, dass die Nutzungsuntersagung die Gebäudeteile umfasse, die mit Bescheid vom 21. Mai 1973 genehmigt worden seien und von der jetzigen Nutzungsänderung zum Einzelhandelsgeschäft für Schuhe betroffen seien. Zuletzt sei die Vollziehung fraglich, denn ein Duldungsbescheid fehle.
Die Antragstellerin beantragt,
1.Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 7. Juli 2020 gegen den Bescheid vom 2. Juli 2020 wird wiederhergestellt.
2.Die Vollziehung wird ausgesetzt.
Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 30. Juli 2020, den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen, und führte im Wesentlichen aus, dass die Nutzungsuntersagung rechtmäßig sei, da die Variationsbreite der Genehmigung von 1973 durch die derzeitige Nutzung verlassen würde und eine Genehmigung für die derzeitige Nutzung nicht vorliege. Auch sei die neue Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Antragstellerin sei richtiger Adressat des Bescheides. Sie habe von der Genehmigungspflichtigkeit gewusst. Da die Gefahr bestehe, dass bei einem Vorgehen gegen den Mieter das Objekt von den Vermietern anderweitig vermietet werde, sei auch gegen den Eigentümer und Vermieter vorzugehen, um eine dauerhafte rechtswidrige Nutzung zu verhindern. Dem Eigentümer könne zugemutet werden, alle ihm zivilrechtlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu ergreifen, um die baurechtswidrige Nutzung zu untersagen. Auch sei gegenüber dem Mieter ebenfalls eine Nutzungsuntersagung ergangen. Durch die baulichen Änderungen, dem Sortimentswechsel und dem städtebaulichen Entwicklungskonzept würden bodenrechtliche bzw. städtebauliche Belange neu berührt, so dass die derzeitige Nutzung nicht von der Variationsbreite der Baugenehmigung von 1973 gedeckt sei. Bei dem Ortstermin am 26. Juni 2020 sei festgestellt worden, dass entgegen der Genehmigung von 1973 bauliche Veränderungen sowie eine Vergrößerung der Verkaufsfläche vorgenommen worden seien. Trennwände seien entfernt und Bürosowie Lagerräume als zusätzliche Verkaufsräume genutzt worden. An Lager- und Büroflächen würden andere rechtliche Anforderungen gestellt als an Verkaufsflächen. Allein durch diese Abweichungen sei das Landratsamt berechtigt, Unterlagen zu fordern, aus denen die baulichen Veränderungen hervorgehen. Durch die Umbaumaßnahmen würden an die neue Nutzung andere rechtliche Anforderungen gestellt (Stellplatzschlüssel, Brandschutz, Frage der Großflächigkeit). Aufgrund der Umbauarbeiten könne sich nicht auf den Bestandschutz berufen werden. Des Weiteren werde auch durch die Änderung des Sortiments die Variationsbreite der Genehmigung verlassen. Es seien nicht nur der Betreff des jeweiligen Bescheides und der Tenor ausschlaggebend, sondern auch der Inhalt der Baugenehmigung sowie die dazugehörigen Bauvorlagen und sonstige Unterlagen. Es müssten daher auch die genehmigten Pläne sowie die Baubeschreibung herangezogen werden. Der Verkauf von Schuhen sei in keinster Weise vorgesehen gewesen. Auch die erfolgte Verringerung der Verkaufsflächen könne nicht zur Folge haben, dass der Verkauf von Schuhen von der Genehmigung gedeckt sei. Eine Nutzungsänderung läge auch dann vor, wenn durch die Verwirklichung des Vorhabens bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen Aspekten neu stelle. Der Flächennutzungsplan sehe für das betroffene Gebiet eine gemischte Baufläche vor. Ein Bebauungsplan, welcher eine Sortimentsbeschränkung beinhalte, befinde sich derzeit in Aufstellung. Solange die Verkaufsfläche des Outlets die Sondergebietsgrenze von 800 m2 nicht übersteige und eine Geschossfläche von höchstens 1.200 m2 aufweise, gelte es nicht als großflächig. Letzteres sei indes eine Regelvermutungsgrenze, d.h. eine Großflächigkeit könne bei innenstadtrelevanten spezifischen Sortimenten auch früher erreicht sein. Entsprechende Planunterlagen zur Prüfung der Großflächigkeit lägen nicht vor. Auch werde die Variationsbreite der Genehmigung verlassen, wenn die Nutzungsänderung bodenrechtlich relevant sei, d.h. wenn die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange berührt seien. Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB sei ein beschlossenes städtebauliches Entwicklungskonzept ein solcher zu würdigender Belang, welcher die Genehmigungsfrage einer Nutzungsänderung neu aufwerfe. Die Stadt … habe mit dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept ein entsprechendes Entwicklungskonzept beschlossen und bekanntgemacht. Gemäß diesem Konzept sei ein Verkauf in der nun realisierten Randlage nicht vorgesehen. Dies spiegele auch die derzeitige Aufstellung eines Bebauungsplanes im betroffenen Gebiet wieder, welche eine Sortimentsbeschränkung für die Einzelhandelsbetriebe im Bereich des Bebauungsplanes vorsehe. Darüber hinaus wäre bei einer angenommenen Großflächigkeit der Verkaufsfläche eine überregionale Relevanz gegeben und das Vorhaben sondergebietspflichtig. Auch der Sofortvollzug sei rechtmäßig, insbesondere sei unerheblich, ob es einen Wettbewerb zwischen Vermietern von Gewerbeobjekten gebe. Auch sei falsch, dass über den Feststellungsantrag nicht entschieden worden sei. Ein förmlicher Bescheid sei nicht ergangen, aber auch nicht erforderlich. Mit Schreiben vom 12. August 2019 und dem Telefongespräch vom 15. November 2019 sei klar kommuniziert worden, dass eine Nutzungsänderung notwendig sei. Für den Sofortvollzug sei ausschlaggebend, dass bei einem Abwarten bis zur Bestandskraft Geschäftstreibende zur Nachahmung veranlasst würden. Auch werde andernfalls die präventive Kontrolle der Bauaufsichtsbehörde unterlaufen. Ohnehin entspreche es ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung eine Nutzungsuntersagung in der Regel gerechtfertigt sei. Auch das Zwangsgeld sei ordnungsgemäß angedroht worden, eine Fristsetzung sei entbehrlich gewesen, Art. 36 Abs. 2 VwZVG. Die Anordnung in Ziffer 1 sei bestimmt genug. Es sei klar, dass etwaige Lagerflächen und Büroräume von der Nutzungsänderung nicht betroffen seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren AN 17 K 20.01287 sowie die Behördenakte und die vorgelegten Unterlagen der Stadt … verwiesen.
II.
Gegenstand des vorliegenden Antrages ist unter sachgerechter Auslegung des Gemeinten, §§ 88, 122 VwGO, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 7. Juli 2020 gegen den streitgegenständlichen Bescheid hinsichtlich der Ziffern 1 und 3 des Bescheides.
Auch findet sich in der Antragstellung in 1. lediglich der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, jedoch ergibt sich aus der Begründung des Antrages, in der auch Ausführungen zum angedrohten Zwangsgeld gemacht werden, dass diesbezüglich auch beantragt wird, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Ziffern 5 und 7 des Bescheides anzuordnen.
Mangels anderweitiger Anhaltspunkte geht das Gericht unter sachgemäßer Würdigung des Gemeinten, §§ 88, 122 VwGO, davon aus, dass in Ziffer 2 der Antragschrift („Die Vollziehung wird ausgesetzt“) ein Antrag auf Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzugs aufgrund eines formell nicht ordnungsgemäß angeordneten Sofortvollzugs gemeint ist, denn eine gerichtlich angeordnete Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzugs ist wirkungsgleich mit einer „Aussetzung der Vollziehung“. Die Annahme einer Antragstellung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO (Vollzugsfolgenbeseitigung) erscheint wenig sinnhaft, zumal sich diesbezüglich keine Begründung in der Antragsschrift findet.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Die aufschiebende Wirkung der fristgerecht erhobenen Klage der Antragstellerin gegen die Ziffern 1 und 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 2. Juli 2020 ist entfallen, weil der Antragsgegner in Ziffer 4 des Bescheides die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Mit einem gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaften Antrag kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.
b) Soweit der Antrag gegen die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 5 und 7 des streitgegenständlichen Bescheides gerichtet ist, ist er ebenfalls zulässig. Nach Art. 21a VwZVG haben Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen.
c) Auch soweit die Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzuges beantragt ist, ist dies zulässig. Nach h.M. (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 – 2 CS 98.2373 – juris Rn. 15 – mit weiteren Nachweisen) hebt das Gericht bei einer unzureichenden Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges diesen auf und stellt die aufschiebende Wirkung der Klage nicht her (es sei denn, der angegriffene Verwaltungsakt erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtswidrig). Genügt die Begründung einer Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht den sich aus § 80 Abs. 3 VwGO ergebenden formellen Anforderungen, führt dies allein noch nicht zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, sondern nur zur Aufhebung der Vollzugsanordnung. In einem solchen Fall ist die Behörde rechtlich nicht gehindert, erneut die sofortige Vollziehbarkeit ihres Bescheids anzuordnen, wenn hierfür ein besonderes Vollzugsinteresse vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 – 2 CS 98.2373 – juris Rn. 15).
2. Der Antrag ist unbegründet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Interessenabwägung des Gerichts ergibt ein Überwiegen des Vollzugsinteresses des Antragsgegners gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine maßgebliche Rolle. Die im Rahmen des Eilverfahrens durchgeführte summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage führt zu dem Ergebnis, dass die Hauptsacheklage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird.
a) Vorliegend genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 und 3 den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie weist keine formellen Fehler auf, die zu einer entsprechenden Aufhebung der Anordnung führen würden.
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO muss die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich begründen. Eine inhaltliche Kontrolle dergestalt, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt an dieser Stelle nicht (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2).
Der Sofortvollzug ist bei einer auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützten Maßnahme regelmäßig schon dann gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung aller Voraussicht nach vorliegen. Das öffentliche Interesse, dass die Genehmigungspflicht beachtet wird, überwiegt im Allgemeinen das private Interesse, die rechtswidrige Nutzung vorläufig fortsetzen zu dürfen. Im Fall der baurechtlichen Nutzungsuntersagung einer formell illegalen und nicht offensichtlich genehmigungsfähigen Nutzungsänderung sind mit Blick auf die negative Vorbildwirkung formell rechtswidriger Nutzungen sowie auf die Kontrollfunktion des Bauordnungsrechts nur geringe Anforderungen an die Begründung der Vollziehungsanordnung zu stellen (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 9; B.v. 17.10.2012 – 2 CS 12.1835 – juris; B.v. 7.7.2005 – 25 CS 05.1192 – juris; B.v. 19.8.2010 – 1 CS 10.1430 – juris). Die sofortige Vollziehung einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung liegt regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, da sie die Vorbildwirkungen einer formell illegalen Nutzung bekämpft, dem „Schwarzbauer“ sowie dem „Schwarznutzer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert.
Der Antragsgegner hat in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 2. Juli 2020 das von ihm angenommene überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung hinreichend einzelfallbezogen begründet. Er hat hinreichend auf die Gefahr von fortlaufenden Verstößen verwiesen, die es gebiete, unzulässige bzw. ungenehmigte Nutzungen möglichst bald zu unterbinden. Er hat außerdem in erforderlichem Maße zum Ausdruck gebracht, dass auch im vorliegenden Fall ein zeitnahes Handeln geboten gewesen ist, um demjenigen, der Räumlichkeiten für ungenehmigte Nutzungen vermietet, die daraus entstehenden Wettbewerbsvorteile zu nehmen. Die Ausführungen der Antragstellerin, dass es gar keinen Wettbewerb hinsichtlich des Vermietens von gewerblichen Immobilien gebe, sind ebenso wenig zielführend wie die Ausführungen zu einer vorgetragenen Verschleppung der Antragsbearbeitung durch den Antragsgegner. Ohnehin hat der Antragsgegner, wie sich den Gerichts- und Behördenakten entnehmen lässt, bereits 2019 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass von der Genehmigungspflichtigkeit der angestrebten Nutzung ausgegangen wird. Auch die antragstellerseits angeführte praktische Notwendigkeit, dass zuerst vermietet und dann ein Bauantrag gestellt werden müsse, vermag an der Rechtmäßigkeit der Begründung des angeordneten Sofortvollzuges nichts zu ändern. Es oblag gerade der Antragstellerin sich rechtstreu zu verhalten. Das öffentliche Interesse an der Unterbindung einer nichtgenehmigten Nutzung überwiegt das finanzielle Interesse des Vermieters mit dem Objekt Gewinn zu erzielen. Ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug ist hinreichend einzelfallbezogen dargelegt. Eine darüber hinaus gehende Begründung des Sofortvollzugs wäre allenfalls dann erforderlich gewesen, wenn die Behörde den illegalen Zustand mit Wissen und Wollen über einen längeren Zeitraum geduldet hätte (vgl. BayVGH, B.v. 17.10.2012 – 2 CS 12.1835 – juris Rn. 2 m.w.N.), was nicht der Fall ist. Vielmehr ist sie am Tag der Nutzungsaufnahme eingeschritten.
Nichts anderes gilt hinsichtlich des in Ziffer 3 des Bescheides angeordneten Sofortvollzugs. Der Antragsgegner hat hinreichend dargetan, dass die Vorlage eines Bauantrages im öffentlichen Interesse geboten und die Bestandskraft dieser Anordnung nicht abgewartet werden könne. Die Anordnung, einen Bauantrag zu stellen, ist regelmäßig für sofort vollziehbar zu erklären (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 76 Rn. 350). Anhaltspunkte, warum dies nicht der Fall sein könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es liegt regelmäßig im Interesse des Pflichtigen, möglichst rasch Klarheit über die Genehmigungsfähigkeit der Anlage zu erhalten.
b) Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung führt zu einem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses des Antragsgegners gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Die Hauptsacheklage bleibt aller Voraussicht nach erfolglos. Der Bescheid des Antragsgegners vom 2. Juli 2020 erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
(1) Die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind erfüllt, Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt grundsätzlich schon bei sogenannter formeller Rechtswidrigkeit vor, wenn also die untersagte Nutzung ein gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtiges Vorhaben betrifft, dem die erforderliche Baugenehmigung fehlt. Eine lediglich formell rechtswidrige Nutzung darf mit Blick auf das im Rahmen des behördlichen Ermessens zu berücksichtigende Übermaßverbot nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 21; B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris Rn. 33).
Wie bei dem Ortstermin am 26. Juni 2020 und bei der Eröffnung des Schuhgeschäfts am 2. Juli 2020 von dem Antragsgegner festgestellt, fanden in den von der Antragstellerin vermieteten Räumlichkeiten Umbau- und Einrichtungsarbeiten und ab dem 2. Juli 2020 die Nutzung als Ladengeschäft für Schuhe und damit eine geänderte Nutzung statt.
Der Antragsgegner ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Wechsel von der bislang genehmigten Nutzung als Ladengeschäft für Heimdekor in die vorliegende Nutzung als Einzelhandelsgeschäft für Schuhe einer Baugenehmigung gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO bedarf und damit formell illegal vorgenommen worden ist. Ein Genehmigungsfreistellungsverfahren nach Art. 58 BayBO kommt nicht in Betracht, da das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich liegt. Die Verfahrensfreiheit der Nutzungsänderung ergibt sich auch nicht aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO. Danach ist eine Änderung der Nutzung von Anlagen verfahrensfrei, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 BayBO als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen. Die Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO sind nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Eine solche liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird und wenn für die geänderte Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 14, B.v. 28.6.2016 – 15 CS 15.44 – juris Rn. 18; U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – juris Rn. 31). Voraussetzung für eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ist dagegen nicht, dass tatsächlich andere Anforderungen an die geänderte Nutzung gestellt werden, sondern nur, dass derartige Anforderungen in Betracht kommen können und die Frage, ob dies tatsächlich der Fall ist, in einem Genehmigungsverfahren geprüft werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 28.6.2016 – 15 CS 15.44 – juris Rn. 18). Handelt es sich aber um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, dann ist die neue Nutzung auch nicht vom Bestandsschutz gedeckt, den die frühere genehmigte Nutzung genoss (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – juris Rn. 31).
Die neue Nutzung der Verkaufshalle als Einzelhandelsgeschäft für Schuhe ist demnach genehmigungspflichtig, auch wenn wohl davon auszugehen ist, dass nach dem 2. Juli 2020 nur noch die Verkaufshalle (675 m2) im ehemaligen Bereich Heimdekor zum Zwecke des Schuhverkaufs verwendet wird und nicht außerdem die im Baugenehmigungsbescheid aus 1973 als Lager- und Büroflächen bezeichneten Flächen. Die Genehmigungspflichtigkeit ergibt sich jedenfalls daraus, dass die mit der Baugenehmigung vom 21. Mai 1973 gewährte Variationsbreite der Nutzung überschritten ist und die neue Nutzung des Gebäudes bodenrechtliche Belange berührt. Eine Nutzung als Einzelhandelsgeschäft für Schuhe lässt sich somit nicht aus einem Bestandsschutz herleiten.
Die Variationsbreite der Nutzung des Gebäudes ist dem ursprünglichen Genehmigungsverfahren zu entnehmen. Aus dem Betreff der maßgeblichen Baugenehmigung von 21. Mai 1973 ergibt sich eine Nutzung als Verkaufshalle, Lager- und Büroräume. Eine Regelung des Sortiments der Verkaufshalle ist dem Betreff oder Tenor des Bescheides nicht zu entnehmen. Jedoch ist für die Festlegung der Variationsbreite der Genehmigung nicht lediglich auf die Bezeichnung des Vorhabens im Betreff des (jeweiligen) Bescheids bzw. im Tenor des Bescheids abzustellen. Der Inhalt der Baugenehmigung und damit das genehmigte Vorhaben bestimmt sich nach der Bezeichnung und den Regelungen im Bescheid sowie durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen (vgl. BayVGH, B.v. 9.9.2013 – 14 ZB 12.1899 – juris Rn. 7). In der eingereichten Baubeschreibung zur maßgeblichen Baugenehmigung vom 21. Mai 1973 wird unter „Beschreibung der Nutzung“ der „Verkauf und Lagerung von textilen Bodenbelägen, Vorhängen und Farben“ angegeben. Die Baubeschreibung, auf welche die Baugenehmigung sich bezieht, enthält daher eine konkrete Beschreibung des beabsichtigten Sortiments. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass sich die Baubehörde diese Beschreibung nicht zu Eigen gemacht hat. Überdies sind im Eingabeplan, der Bestandteil der Baugenehmigung ist, räumlich eigene Bereiche für Tapeten, Vorhänge, Teppiche, Läufer, Folien, Farben, Teppichböden und PVS-Filzbelag eingetragen. Auch dies ist demnach Inhalt des Baugenehmigungsbescheides. Soweit die Antragstellerin vorbringt, dass im Bescheid konkrete Auflagen, beispielsweise zu Quadratmetern sowie zu den jeweiligen Sortimenten fehlen, ergibt sich hieraus nach dem oben Gesagten keine sortimentsunabhängige Genehmigung. Nichts anderes gilt hinsichtlich des Vorbringens, dass auch hinsichtlich der ebenfalls genehmigten Tankstelle keine Regelungen zum Sortiment des Shops enthalten sind, denn hinsichtlich der Verkaufshalle sind jedenfalls sowohl in der Baubeschreibung als auch in dem Eingabeplan konkrete Sortimentsangaben enthalten.
Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass eine Auslegung der Baugenehmigung entsprechend der Rechtslage in 1973, als es weder die entsprechenden Regelungen in § 34 BauGB noch in § 11 BauNVO gegeben habe, ergebe, dass der Feststellungsbereich der Baugenehmigung allein auf Verkauf gerichtet sei, ist dies nicht überzeugend. Allein aus dem Fehlen der Normen zur damaligen Zeit lässt sich diese Schlussfolgerung nicht begründen. Es ist fernliegend, dass Baugenehmigungen vor Erlass dieser Normen unbegrenzt gelten sollten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Genehmigungsbehörde sich die Baubeschreibung des damaligen Begünstigten zu Eigen machen wollte. Dass dies anders sein könnte, hat die Antragstellerin weder substantiiert dargetan noch ist dies dem Gericht sonst ersichtlich (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2001 – 14 ZB 00.1476 – juris Rn. 2 – zur materiellen Beweislast hinsichtlich des Bestandschutzes).
Die Genehmigungspflichtigkeit ergibt sich aber nicht nur aus der Überschreitung der Variationsbreite. Vielmehr muss kumulativ eine Berührung baurechtlicher Belange möglich sein, was zu bejahen ist. Im vorliegenden Fall liegt eine Berührung bauplanungsrechtlicher Belange vor. Die Änderung der Einzelhandelsnutzung von textilen Bodenbelägen, Vorhängen und Farben zum Verkauf von Schuhen berührt im vorliegenden Fall bodenrechtliche Belange. Die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ist ein wichtiger Bestandteil des Bodenrechts (vgl. Herz/von der Groeben, NVwZ 2015, 480, 482). Dieser hat sowohl in § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB als auch in § 34 Abs. 3 BauGB Einzug genommen und wird von der Nutzungsänderung berührt. Auch die in § 1 Abs. 6 Nr. 8 a) genannten Belange der „Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung“, als bodenrechtlicher Belang ist berührt. Ebenso verhält es sich mit den § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB erwähnten Belang der Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes. Die Stadt … hat mit dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept aus 2018 ein entsprechendes Entwicklungskonzept beschlossen. Danach ist Ziel der Gemeinde der „Schutz und die Stärkung der Attraktivität und Einzelhandelsfunktion der Innenstadt“. Zu diesem Zweck wurde in dem Konzept die „… Liste“ erstellt, die die Sortimente in die Kategorien zentrenrelevant (ja oder nein) und nahversorgungsrelevant einteilt. Das Sortiment „Schuhe“ wird als zentrenrelevant eingestuft, „Teppiche“, „Teppichauslegewaren“, „Rollläden“, „Rollos“, „Markisen“, „Gardinen und Zubehör“ und „Bodenbeläge“ dagegen als nicht zentrenrelevant eingestuft. Die Ansiedlung eines Einzelhandelsgeschäfts für Schuhe in dem Außenort … könnte daher zur Schwächung des Einzelhandels im Zentrum … führen, ein bodenrechtlicher Belang ist demnach berührt. Dies spiegelt auch die derzeitige Aufstellung des Bebauungsplanes „…-Mitte“ wider, zu dessen Sicherung die Veränderungssperre, § 14 BauGB, vom 18. Juli 2020 erlassen wurde. Nach diesem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan, in dessen Geltungsbereich sich das streitgegenständliche Grundstück ebenso befindet wie im Geltungsbereich der Veränderungssperre, sind Einzelhandelsnutzungen mit zentrenrelevanten Sortimenten, und damit auch Schuhen, untersagt.
Aus dem kumulativen Zusammenwirken der Überschreitung der genehmigten Variationsbreite und dem Berühren bodenrechtlicher Belange ergibt sich die Genehmigungspflicht der angestrebten Nutzungsänderung. Die Nutzungsänderung ist formell rechtswidrig erfolgt.
Schließlich ist Ziffer 1 des Bescheides nicht unbestimmt. Ein Verwaltungsakt entspricht dem Bestimmtheitsgebot, wenn der Inhalt der getroffenen Regelung aus dem Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen für den Adressaten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz liegt dagegen vor, wenn der Inhalt des Verwaltungsaktes auch durch Auslegung – maßgeblich ist der Empfängerhorizont – nicht zweifelsfrei ermittelt werden kann (vgl. OVG Saarland, B.v. 27.7.2020 – 2 B 113/20 – juris Rn. 15). Aus der Ziffer 1 geht klar hervor, dass nur diejenigen Flächen, die mit Bescheid vom 21. Mai 1973 genehmigt wurden, nicht mehr genutzt werden dürfen, die zum Verkauf von Schuhen genutzt werden, während alle anderen Räumlichkeiten im Gebäude (wie Lagerflächen, Büros), die ebenfalls mit Bescheid vom 21. Mai 1973 genehmigt wurden, von der Nutzungsuntersagung nicht betroffen sind. Ein Lageplan, der den räumlichen Geltungsbereich einer Nutzungsuntersagung darstellt, ist nicht zwingend erforderlich.
Der Umstand, dass im Betreff des Bescheids als Bauherr nicht die Antragstellerin, sondern einer der Geschäftsführer genannt ist, ist unschädlich. Aus Tenor und Inhalt des Bescheides geht klar hervor, dass sich dieser gegen die Antragstellerin richtet.
Die Nutzungsuntersagung ist zudem ermessensfehlerfrei ergangen (§ 114 Satz 1 VwGO).
Im Hinblick auf die Ermessensentscheidung ist zu beachten, dass das öffentliche Interesse grundsätzlich ein Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände im Wege der Nutzungsuntersagung gebietet. Dem Ermessen in Art. 76 Satz 2 BayBO ist deshalb die Tendenz zu eigen, die in der Natur der Sache liegende Pflicht zum Einschreiten zu verwirklichen (sog. intendiertes Ermessen). Die Anordnung einer Nutzungsuntersagung stellt daher grundsätzlich eine ermessensgerechte Entscheidung dar (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10.18 – juris Rn. 28; BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 16.1774 – juris Rn. 35; U.v. 16.2.2015 – 1 B 13.648 – juris). Zudem hat der Antragsgegner weitergehende Ermessenserwägungen angestellt und dargelegt, dass keine Anhaltspunkte gegeben sind, die es rechtfertigen würden, von einer Nutzungsuntersagung abzusehen. Eine atypische Fallkonstellation lag gerade nicht vor.
Auch die Inanspruchnahme der Antragstellerin als Vermieterin (und Eigentümerin) der Räumlichkeiten erfolgte ermessensfehlerfrei. Mangels eigener Normen zur Störerwahl in der BayBO ist auf die Vorschriften des LStVG zurückzugreifen, § 9 LStVG. Nach diesen sind die Maßnahmen primär gegen den Handlungsstörer zu richten und nur bei fehlender Zugriffsmöglichkeit gegen den Zustandsstörer. Begründung dafür ist der Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr (vgl. BayVGH, U.v. 10.1.2005 – 24 BV 04.456 – juris Rn 45). Es ist nicht zu beanstanden, dass (auch) die Antragstellerin als Vermieterin und damit als Zustandsstörerin in Anspruch genommen wird. Das Gericht folgt der Einschätzung des Antragsgegners, dass ansonsten die Gefahr besteht, dass die Vermieterin, wenn gegen sie keine Nutzungsuntersagung ergeht, das Gebäude anderweitig – mit derselben rechtswidrigen Nutzung – an einen anderen Mieter vermieten könnte. In der Folge gebietet es der Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr auch gegen die Vermieterin, die eine Anlage wissentlich – wie es hier der Fall ist – zu einem nicht genehmigten Zweck vermietet, eine Nutzungsuntersagung auszusprechen. Auch ist die Antragstellerin im Vorfeld der Nutzungsaufnahme wie eine Bauherrin aufgetreten und hat sich bei dem Antragsgegner mehrfach hinsichtlich der Genehmigungspflichtigkeit erkundigt, so dass es jedenfalls nicht klar ist, ob nun die Mieterin oder die Vermieterin Bauherrin des Objektes und damit Handlungsstörerin ist bzw. der Antragsgegner davon ausgehen konnte, dass die Antragstellerin Bauherrin und damit auch Handlungsstörerin ist, so dass auch aus diesem Grund die Störerauswahl nicht zu beanstanden ist. Die Eigenschaft als Handlungsstörerin kann zudem aus der wissentlichen Vermietung an einen Dritten zu einem nicht genehmigten Zweck gefolgert werden.
Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Pflichtigen auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt und somit nicht genehmigungsfähig ist. Ist die Nutzungsänderung jedoch offensichtlich genehmigungsfähig, so scheidet eine Nutzungsuntersagung im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung aus (vgl. etwa BayVGH, B.v. 4.8.2004 – 15 CS 04.1648 – juris; B.v. 26.2.2007 – 1 ZB 06.2296 – juris). Nach Sinn und Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ist die Bauaufsichtsbehörde zudem nicht gehalten, nach den Maßstäben für ein Baugenehmigungsverfahren zu prüfen; es genügt eine Offensichtlichkeitsprüfung. Es ist nicht Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde, in einem Verfahren, in dem durch die Ausübung baurechtlicher Eingriffsbefugnisse die ungenehmigte Nutzung unterbunden werden soll, gleichsam insoweit die Prüfung in einem künftigen Genehmigungsverfahren vorwegzunehmen. Die Eingriffsbefugnis nach Art. 76 Satz 2 BayBO soll sicherstellen, dass genehmigungspflichtige Vorhaben nicht ohne die Durchführung des erforderlichen Genehmigungsverfahrens verwirklicht werden und eine baurechtlich nicht zulässige Nutzung unterbunden werden kann.
Vorliegend kann von einer Offensichtlichkeit in diesem Sinne nicht ausgegangen werden. Die inmitten stehende Nutzungsänderung ist im Hinblick auf die im Rahmen der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit nicht ohne Weiteres zu klärenden Rechtsfragen nicht als offensichtlich genehmigungsfähig anzusehen. So ist zu klären, ob die erwähnten bodenrechtlichen Belange der Genehmigung entgegenstehen. Auch die Veränderungssperre, deren Wirksamkeit vorausgesetzt, könnte einer Genehmigung im Wege stehen (wobei Ausnahmen möglich sind, § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB), ebenso die vom Antragsgegner erwähnten Belange Brandschutz, Großflächigkeit (die trotz Unterschreitens der 800 m2 im Einzelfall ausnahmsweise einschlägig sein könnte) und die hohe Anzahl von erwarteten Kunden (ein Schuhgeschäft hat nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine höhere Kundenfrequenz als ein Raumausstatter) und ein evtl. damit in Zusammenhang stehender weiterer Stellplatzbedarf, sind Belange, die einer Prüfung bedürfen – und dies selbst bei einer angenommenen Beschränkung des Verkaufs auf die 675 m2 der schon bisher als Verkaufshalle genehmigten Fläche. Durch die im Vorfeld der Eröffnung durchgeführten Bauarbeiten, u. a. wurden auch Trennwände entfernt, könnten Fragen des Brandschutzes zudem durchaus relevant sein. Selbst wenn es sich um ein Vorhaben handelt, bei dem das vereinfachte Genehmigungsverfahren zur Anwendung kommt, Art. 59 BayBO, ist es der Baugenehmigungsbehörde nicht verwehrt, weitergehende, nicht im Prüfungsumfang enthaltene Vorschriften zu prüfen, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BayBO.
(2) Die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 3 BayBO als Befugnisnorm sind erfüllt, Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
Nach Art. 76 Satz 3 BayBO kann die Behörde verlangen, dass ein Bauantrag gestellt wird. Dies kommt in Betracht, wenn ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben ohne die erforderliche Baugenehmigung ausgeführt werden soll oder bereits, wie hier, ausgeführt wurde. Die Nutzungsänderung in ein Einzelhandelsgeschäft für Schuhe ist, wie bereits ausgeführt, genehmigungspflichtig. Die Antragstellerin hat jedoch bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides einen Bauantrag nicht gestellt. Wie bei der Nutzungsuntersagung ist es ausreichend, dass die in Streit stehende Maßnahme formell rechtswidrig ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.1995 – 15 B 94.1156 – juris).
Aus dem Bescheid wird auch hinreichend deutlich, dass die Verpflichtung aus Ziffer 3 die Antragstellerin und nicht etwa die Mieterin betrifft. Der Bescheid ist hinreichend bestimmt. Wie bereits dargelegt, reicht es aus, wenn der Inhalt der getroffenen Regelung aus dem Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen für den Adressaten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann (vgl. OVG Saarland, B.v. 27.7.2020 – 2 B 113/20 – juris Rn. 15). Dem ist Genüge getan. Zwar wird im Tenor der Ziffer 3 nicht erwähnt, wer verpflichtet werden soll, den Bauantrag zu stellen. Allerdings ergibt sich aus der Begründung des Bescheides hinreichend deutlich, dass nur die Antragstellerin durch Ziffer 3 verpflichtet wird. Dies ergibt sich aus den Ausführungen auf S. 8, 3. Absatz des Bescheides, wo die … … GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer … und … …, genannt wird. In Absatz 6 auf S. 8 ist von „Eigentümern“ die Rede. Eigentümerin ist die Antragstellerin. Auch aus den Ausführungen auf S. 10 und 11 des Bescheides wird in der Begründung zur Kostenentscheidung deutlich, dass sich die Anordnung zur Planvorlage allein an die Antragstellerin richtet.
Ebenso ist die Heranziehung der Antragstellerin als Eigentümerin und Vermieterin der Räumlichkeiten nicht zu beanstanden. Adressat ist grundsätzlich der Handlungsstörer. Der Eigentümer eines Grundstückes kann als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden, wenn ein Handlungsstörer nicht feststellbar ist, was insbesondere dann gilt, wenn Unklarheit darüber besteht, ob der Mieter oder der Vermieter/Eigentümer Bauherr ist. Die Antragstellerin ist im Vorfeld der Nutzungsaufnahme gegenüber dem Antragsgegner wie eine Bauherrin aufgetreten und hat sich bei dem Antragsgegner mehrfach hinsichtlich der Genehmigungspflichtigkeit erkundigt, so dass es jedenfalls nicht klar ist, ob nun die Mieterin oder die Vermieterin Bauherrin des Objektes und damit Handlungsstörerin ist. Ohnehin konnte der Antragsgegner davon ausgehen, dass die Antragstellerin Bauherrin und damit auch Handlungsstörerin ist, da sie sich im Vorfeld so gerierte (vgl. auch: Decker in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, § 76 Rn. 320), so dass auch aus diesem Grund die Störerauswahl nicht zu beanstanden ist.
Gemäß Art. 76 Satz 3 BayBO steht das Verlangen zur Stellung eines Bauantrags im Ermessen der Behörde. Stellt diese fest, dass ein genehmigungspflichtiges Vorhaben ohne erteilte Baugenehmigung errichtet wurde, entspricht es regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, den Bauherrn zur Einreichung eines Bauantrags aufzufordern (sog. intendiertes Ermessen). Die Anordnung zur Bauantragsstellung ist allerdings dann ermessensfehlerhaft, wenn offensichtlich ist, dass die Bauvorhaben zwar genehmigungsbedürftig, aber nicht genehmigungsfähig sind. In diesem Fall würde es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, wenn die Behörde die Pläne anfordert, obwohl die Unzulässigkeit der Bauvorhaben bereits feststeht (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.1996 – 15 ZB 93.1602 – BeckRS 1996, 16909; Decker in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 76 Rn. 323 f.). Die nachträgliche Genehmigung der Nutzungsänderung ist jedenfalls nicht von vornherein und gänzlich ausgeschlossen. Zwar wurde von der Stadt … am 16. Juli 2020, bekanntgemacht am 18. Juli 2020, eine Veränderungssperre hinsichtlich des Gebietes, in dem auch das streitgegenständliche Grundstück liegt, erlassen. Jedoch können von der Veränderungssperre, deren Wirksamkeit vorausgesetzt, auch Ausnahmen zugelassen werden, § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Zudem lässt selbst der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan „… Mitte“ Ausnahmen von der generellen Unzulässigkeit zentrenrelevanter Nutzungen zu und zwar nämlich dann, wenn die Unbedenklichkeit der geplanten Nutzung für den zentralen Versorgungsbereich von … zweifelsfrei nachgewiesen ist, § 2 Satz 4 Bebauungsplan-Entwurf „… Mitte“.
(3) Die in Ziffern 5 bis 7 des Bescheids verfügten Zwangsgeldandrohungen erweisen sich als rechtmäßig. Es sind sowohl die allgemeinen als auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben. Die Androhungen entsprechen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach den Vorschriften der Art. 29 ff. VwZVG. Gemäß Art. 36 Abs. 2 Satz 2 VwZVG soll eine Zwangsgeldandrohung mit dem Grundverwaltungsakt verbunden werden, wenn für diesen die sofortige Vollziehung angeordnet wird, wie es hier der Fall ist. Eine schriftliche Androhung ist also erfolgt. Auch kann bei einer bloßen Nutzungsuntersagung die Setzung einer Frist zur Erfüllung unterbleiben, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG, also mit sofortiger Wirkung angeordnet werden, weil sie sich in einem bloßen Unterlassen erschöpft. Eine Handlung bzw. eventuelle Vorkehrungen müssen gerade nicht getroffen werden. Daher bedurfte es keiner Fristsetzung. Ein Unterlassen kann billigerweise sofort zugemutet werden.
Durch die ebenfalls gegenüber der Mieterin angeordnete Nutzungsuntersagung mit sofortiger Wirkung (Ziffer 2 des Bescheides), hinsichtlich derer ebenso die sofortige Vollziehung angeordnet wurde (Ziffer 4 des Bescheides), wird die Antragstellerin als Vermieterin auch privatrechtlich in die Lage versetzt, der Anordnung nachzukommen. Mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung ist die Mieterin nämlich verpflichtet, mit sofortiger Wirkung die Nutzung einzustellen, obwohl sie nach dem Mietvertrag ein privatrechtliches Besitz- und Nutzungsrecht hat. Der Vollziehung der Nutzungsuntersagung stehen damit keine rechtlichen Hindernisse im Weg (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 6.12.2001 – 15 CS 11.2402 – juris Rn. 11). Die Ausführungen der Antragstellerseite zur fehlenden Duldungsanordnung, die einer sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung gegenüber der Antragstellerin im Wege stünde, gehen damit ins Leere.
Ebenso ist insbesondere auch die gesetzte Frist zur Stellung des Bauantrages bis spätestens 1. September 2020 nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat demnach nahezu zwei Monate Zeit (Übergabe des Bescheides am 2. Juli 2020), die Hilfe eines Bauvorlageberechtigten in Anspruch zu nehmen und ordnungsgemäße Bauantragsunterlagen zu erstellen und einzureichen.
3. Mithin kann der angegriffene Bescheid insgesamt nicht beanstandet werden, so dass die noch anhängige Anfechtungsklage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird und demgemäß im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens auch kein überwiegendes Interesse der Antragstellerin für eine Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung erkennbar ist. Auch für eine Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzugs aufgrund eines formell nicht ordnungsgemäß angeordneten Sofortvollzugs bleibt aufgrund dessen Rechtmäßigkeit kein Raum.
4. Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nummern 1.1.1, 1.5 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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