Baurecht

Planfeststellung für den Bau einer Ortsteilumgehung

Aktenzeichen  8 ZB 16.2559

Datum:
11.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 14512
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4
BayStrWG Art. 3 Abs. 1, Art. 36 Abs. 2, Art. 46 Nr. 1
BayVwVfG Art. 72

 

Leitsatz

1. Zur Frage der Einteilung von Straßen nach Art. 3 Abs. 1 BayStrWG. Der bloße Umstand, dass eine Gemeindeverbindungsstraße eine Bundes- mit einer Staatsstraße verbindet, genügt noch nicht, um eine Netzfunktion bejahen zu können. (Rn. 9 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die fachplanerische Alternativenprüfung ist gerichtlicher Kontrolle nur beschränkt zugänglich. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 K 14.239 2016-06-10 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger, eine anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 11. März 2014 für den Bau der Ortsteilumgehung L…-H… von Baukm 0+425 bis Baukm 2+545 mit Anschlussstrecke zur H… Straße von Baukm 0+875 bis Baukm 1+189 im Gebiet der Beigeladenen, einer kreisfreien Stadt.
Mit Urteil vom 10. Juni 2016 hat das Verwaltungsgericht Bayreuth die Klage abgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er beruft sich auf ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten, Verfahrensfehler sowie auf eine grundsätzliche Bedeutung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Akten verwiesen.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2). Das Darlegungsgebot (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfordert, die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Dies bedarf einer substanziierten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2017 – 19 ZB 17.952 – juris Rn. 4; B.v. 1.3.2018 – 8 ZB 17.1486 – juris Rn. 11 m.w.N.).
Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
1.1 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klassifizierung der streitgegenständlichen Ortsteilumgehung als Gemeindeverbindungsstraße keinen Bedenken begegnet, weil dem streitgegenständlichen Straßenabschnitt eine entsprechende Verkehrsbedeutung zukommt.
Für die Einteilung der Straßen kommt es gemäß Art. 3 Abs. 1 BayStrWG auf die Verkehrsbedeutung an. Gemeindeverbindungsstraßen sind gemäß Art. 46 Nr. 1 BayStrWG Straßen, die den nachbarlichen Verkehr der Gemeinden oder der Gemeindeteile untereinander oder deren Verbindung mit anderen Verkehrswegen vermitteln. Der Rückschluss aus Art. 36 Abs. 2 BayStrWG zeigt, dass solche Straßen auch Zubringerstraßen zu Bundesfernstraßen sein können. Dagegen sind Staatsstraßen Straßen, die innerhalb des Staatsgebiets zusammen mit den Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und dem Durchgangsverkehr zu dienen bestimmt sind (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG) und Kreisstraßen Straßen, die dem überörtlichen Verkehr innerhalb eines Landkreises, dem Verkehr zwischen benachbarten Landkreisen und kreisfreien Gemeinden oder dem erforderlichen Anschluss von Gemeinden an das überörtliche Verkehrsnetz dienen oder zu dienen bestimmt sind (Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG). Zu den anzulegenden Maßstäben hat der Senat in seinem Urteil vom 20. Dezember 2016 (Az.: 8 B 15.884 – BayVBl 2017, 705 = juris Rn. 42) ausgeführt:
„Maßgeblicher Faktor für die Verkehrsbedeutung einer Straße im Sinne von Art. 3 Abs. 1 BayStrWG sind die von ihr vermittelten räumlichen Verkehrsbeziehungen. Diese bemessen sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats danach, welche Funktion eine Straße innerhalb des Gesamtstraßennetzes erfüllt, nämlich zwischen welchen Räumen der Verkehr vermittelt werden soll. Wegen der häufig auftretenden Mischung verschiedener Verkehrsarten kommt es dabei in aller Regel auf ein relatives Überwiegen einer bestimmten Verkehrsbeziehung an (Häußler in Zeitler, BayStrWG, Stand Oktober 2015, Art. 3 Rn.19 f. m.w.N.). Nach den Klassifizierungsmerkmalen des Art. 46 Nr. 1 BayStrWG dienen Gemeindeverbindungsstraßen dem örtlichen Verkehr im Gemeindegebiet oder zwischen Gemeinden, wobei ihnen hauptsächlich Erschließungs- und Zubringerfunktion zukommt (Schmid in Zeitler, BayStrWG, Art. 46 Rn. 4 m.w.N.). Anders als Bundesfern- und Staatsstraßen sowie Kreisstraßen kommt ihnen keine Netzfunktion in Bezug auf das überörtliche Verkehrsnetz zu (BayVGH, U.v. 24.2.1999 – 8 B 98.1627 – BayVBl 2000, 242/243).“
Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen und hat die für die Einstufung vorrangig maßgebliche Netzfunktion (vgl. BayVGH, U.v. 8.8.2001 – 8 N 00.690 – BayVBl 2002, 495 = juris Rn. 17) nachvollziehbar verneint. Der Kläger kann sich dagegen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Straße eine Verbindung zwischen der Staatsstraße St 2192 und der Bundesstraße B 173 bildet. Der bloße Umstand, dass eine Gemeindeverbindungsstraße eine Bundesmit einer Staatsstraße verbindet, genügt noch nicht, um eine Netzfunktion bejahen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 8.8.2001 – 8 N 00.690 – a.a.O. Rn. 18). Andere überzeugende Gründe, die für eine Netzfunktion (vgl. BayVGH, U.v. 24.2.1999 – 8 B 98.1627 – BayVBl 2000, 242/243 = juris Rn. 28 ff.; U.v. 30.9.2014 – 8 B 13.72 – juris Rn. 34 ff.) und gegen eine Klassifizierung als Gemeindeverbindungsstraße sprechen würden, hat der Kläger nicht vorgetragen. Der Beklagte hat demgegenüber nachvollziehbar dargelegt, dass angesichts der Abwicklung der Durchgangsverkehre über die Bundesautobahnen A 9, A 72 und A 93 sowie in Ost-West-Richtung über die St 2192 und die B 173 kein Netzzusammenhang im Sinn des Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG gegeben ist. Er hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der Frage, ob eine Straße dem Anschluss einer Gemeinde an ein überörtliches Verkehrsnetz im Sinn des Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG dient oder zu dienen bestimmt ist, zu berücksichtigen ist, ob der Hauptort bereits an eine oder mehrere Bundes-, Staats- oder Kreisstraßen angeschlossen ist oder sogar von diesen durchfahren wird (vgl. BayVGH, U.v. 8.8.2001 – 8 N 00.690 – a.a.O. Rn. 18). Ein solcher Anschluss der Beigeladenen ist sowohl durch die B 173 als auch durch die St 2192 bereits gegeben, die beide die Innenstadt von H… vor allem mit der im Osten verlaufenden Autobahn A 93 verbinden. Die streitgegenständliche Straße stellt im Übrigen auch keine direkte Verbindung zwischen den beiden übergeordneten Straßen im Sinn einer reinen Umgehungsstraße dar. Vielmehr bindet sie nur den an der B 173 gelegenen Industriepark H…G… nach Süden (an die Staatsstraße St 2192 und die südlichen Stadtteile Hofs) sowie den Stadtteil um die Fachhochschule über die E…- …-Straße sowohl an die St 2192 im Süden als auch an die B 173 im Norden an. Dabei dient sie der Entlastung der bisherigen Durchfahrten der Ortsteile L… und H… Sie vermittelt daher lediglich eine Verbindung der Gemeinde bzw. von Gemeindeteilen mit anderen Verkehrswegen im Sinn des Art. 46 Nr. 1 BayStrWG.
Im Übrigen hat der Kläger selbst in seiner Klageschrift argumentiert, dass der „weit überwiegende Teil der Fahrzeuge“ nach seiner Einschätzung „die Zufahrt von der B 173 oder von der St 2192 aus [nutzt], um in L… sodann Richtung Hochschule bzw. des Hochschulviertels abzubiegen“ (Akte des Verwaltungsgerichts, S. 95). Weiter heißt es dort, dass eine Verbindung der B 173 mit der St 2192 „ohnehin keinen Sinn“ ergebe, weil man auf beiden Straßenzügen in westlicher Richtung in die Stadt H… und in östlicher Richtung zur Autobahn A 93 gelange. Auch dies legt nahe, dass die neue Straße im Wesentlichen eine Verbindung von Gemeindeteilen mit anderen Verkehrswegen vermittelt und gerade nicht die Funktion einer Verbindung von überörtlichen Straßen erfüllt.
1.2 Der Einwand des Klägers, es habe im September 2014 bauliche Veränderungen an der St 2192 gegeben, die nicht berücksichtigt worden seien, ist schon deshalb irrelevant, weil es im Planfeststellungsrecht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit auf die Sach- und Rechtslage im Erlasszeitpunkt des Verwaltungsakts ankommt (stRspr., vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 4 A 2.15 – BVerwGE 155, 81 Rn. 27 f.; BayVGH, U.v. 27.7.2017 – 8 A 16.40019 – juris Rn. 83 jeweils m.w.N.). Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss datiert vom 11. März 2014 und wurde bereits Mitte März 2014 zugestellt bzw. bekannt gemacht. Warum Verkehrsprognosen aufgrund von Ereignissen, die erst im September stattgefunden haben, unrichtig sein sollen, erschließt sich daher nicht.
1.3 Ernstliche Zweifel zeigt der Kläger auch bezüglich der Abwägung der widerstreitenden Belange nicht auf. Soweit er pauschal behauptet, das Gericht habe Abwägungsdefizite nicht erkannt, legt er nicht hinreichend dar, welche Mängel nach seiner Ansicht vorliegen und welche konkreten Belange im Planfeststellungsbeschluss verkannt worden sein sollen. Die Darlegung von Zulassungsgründen erfordert eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2016 – 21 ZB 16.374 – juris Rn. 6 m.w.N.). Daran fehlt es.
Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich vor allem auch mit den in der Zulassungsbegründung genannten fachlichen Zielen des Regionalplans (Bestand an Feuchtgebieten soll nicht verringert werden; Talabschnitte ohne Straßen sollen weiterhin freigehalten werden; Hohlwege, Bachtäler und andere natürliche Geländeeinschnitte sollen erhalten und nicht verfüllt werden) ebenso auseinander (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 37) wie mit den von Klägerseite zitierten Inhalten des Landschaftsentwicklungskonzepts O…- … (besonders schützenswerte Landschaftsbestandteile sollen grundsätzlich von einer Bebauung freigehalten werden; Darlegung der Schutzwürdigkeit des L…bachtals) einschließlich der Zielsetzungen, die Erholungswirksamkeit zu verbessern und eine Siedlungsentwicklung östlich von L… zu unterlassen (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 37 f.). Zugleich wird dort auch auf Wert und Bedeutung der Landschaftsbestandteile eingegangen, es ist ein Ausgleichskonzept vorgesehen (vgl. etwa Planfeststellungsbeschluss, S. 44 ff. und die naturschutzrechtlichen Unterlagen 12.1 bis 12.4, die vom Plan umfasst sind) und die Belange wurden nachvollziehbar abgewogen (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 46, 52). Es hätte daher einer eingehenden Auseinandersetzung im Zulassungsverfahren mit den umfangreichen Ausführungen zu den Belangen des Natur- und Umweltschutzes im Planfeststellungsbeschluss (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 36 – 46) sowie in den vom Plan umfassten Unterlagen bedurft, um darzulegen, dass Abwägungsfehler vorliegen, die das Verwaltungsgericht nicht erkannt hat.
1.4 Das Zulassungsvorbringen stellt auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft infrage, dass die Alternativenprüfung unter keinen beachtlichen Rechtsfehlern leidet. Der Senat hat in seinem Urteil vom 4. April 2017 (Az.: 8 B 16.43 – juris Rn. 32 ff.) zu diesem Prüfungspunkt ausgeführt:
„Im Rahmen der fachplanerischen Alternativenprüfung ist es Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich ein wertendes Gesamturteil über in Betracht kommende Planungsalternativen zu bilden und dabei einen Belang einem anderen vorzuziehen. Gerichtlicher Kontrolle ist die Variantenauswahl nur begrenzt zugänglich. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vielmehr erst überschritten, wenn eine andere Alternative sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Alternative darstellen würde, sich diese Lösung der Behörde also hätte aufdrängen müssen (BVerwG, U.v. 28.1.2009 – 7 B 45.08 – NVwZ 2009, 521 Rn. 31 unter Bezugnahme auf B.v. 12.4.2005 – 9 VR 41.04 – NVwZ 2005, 943/947; U.v. 30.1.2008 – 9 A 27.06 – NVwZ 2008, 678 Rn. 36).
Von einer Alternative kann jedoch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn eine Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft (vgl. etwa BVerwG, U.v. 6.11.2012 – 9 A 17.11 – BVerwGE 145, 40 Rn. 70). Dies ist namentlich der Fall, wenn ein mit dem Vorhaben verbundenes wesentliches Ziel mit einer Alternative nicht erreicht werden kann (BVerwG, B.v. 16.7.2007 – 4 B 71.06 – juris Rn. 42 m.w.N). Zumutbar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, Abstriche vom Zielerfüllungsgrad in Kauf zu nehmen. Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbstständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht dagegen nicht berücksichtigt zu werden (BVerwG, U.v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 Rn. 143).
Bei der fachplanerischen Alternativenprüfung kann die Planfeststellungsbehörde in Stufen vorgehen. So entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn die Planfeststellungsbehörde bei der Alternativenprüfung in einer ersten Stufe diejenigen Varianten ausscheidet, die nicht näher zu untersuchen sind, weil sie bereits nach einer Grobanalyse nicht geeignet sind, die Planungsziele in zumutbarer Weise zu erfüllen (vgl. nur BVerwG, U.v. 4.4.2012 – 4 C 8.09 u.a. – NVwZ 2012, 1314 Rn. 128 m.w.N). Namentlich auch bei der Planung von Ortsumgehungen ist die Planfeststellungsbehörde nicht verpflichtet, jede nur denkbare Variante genauer zu untersuchen. Insbesondere ist sie nicht genötigt, Alternativen (wie beispielsweise die Beschränkung auf verkehrslenkende Maßnahmen) zu prüfen, die auf ein anderes Projekt hinauslaufen (vgl. BVerwG, B.v. 30.10.2013 – 9 B 18.13 – juris Rn. 6 m.w.N.).“
Das Verwaltungsgericht hat diese Maßstäbe im Ergebnis zugrunde gelegt und zutreffend relevante Fehler verneint. Auf die missverständlichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen zur Null-Variante kommt es dabei nicht entscheidungserheblich an. Maßgeblich ist insofern die Überlegung, dass sich die von Klägerseite befürwortete Variante nicht hätte aufdrängen müssen und dass auch die Alternative, die bisher bestehenden Verkehrsverbindungen statt eines Ausbaus durch verkehrslenkende Maßnahmen zu beschränken oder zu unterbrechen, ohne Abwägungsfehler verworfen wurde. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht als Planungsziele neben der Entlastung der Ortsdurchfahrten von H… und L… auch die Schaffung sicherer und leistungsfähiger Verkehrsführungen angesehen und dargelegt, dass die Klägerseite die planerischen Vorstellungen durch ihre eigene Konzeption ersetzen will, was unzulässig ist. Im Planfeststellungsbeschluss wird dazu ausgeführt, dass zwar das Ziel der Entlastung der Ortsdurchfahrten von H… und L… mit der von der Klägerseite geforderten Alternative erreicht werden könnte, dass aber die Beschränkung der Ortsdurchfahrten auf Anlieger das Planungsziel einer leistungsfähige Anbindung von Ortsteilen an das Verkehrsnetz (vgl. oben), das der Planung ebenfalls zugrunde liege, verfehlen würde (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 31, 34 und Erläuterungsbericht, S. 10). Soweit der Kläger weiterhin einwendet, eine Verkehrsentlastung könne auch dadurch eintreten, dass die Zufahrt von der Staatsstraße 2192 nach L… unterbrochen (ohne weiteren Ausbau) oder – wie bei der Ausbaualternative vorgesehen – auf Anliegerverkehr beschränkt wird, handelt es sich – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt – um andere Projekte, die nicht der angestrebten, leistungsfähigen Verkehrsführung dienen. Diese stellt ein wesentliches planerisches Teilziel dar.
Warum sich die Alternativtrasse dennoch hätte aufdrängen sollen, wird aus dem Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht ersichtlich. Der Kläger geht weder auf deren vermeintlichen Vorteile ein noch auf die gegen diese Alternative sprechenden Gesichtspunkte, etwa den Umstand, dass die Bauausführung bei der gewählten Variante ohne Beeinträchtigung des laufenden Verkehrs erfolgen kann (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 31 und Erläuterungsbericht, S. 10). Entgegen der klägerischen Auffassung begegnet es keinen Bedenken, dass die Planfeststellungsbehörde von einem teilweise rechtwinkligen und damit aus technischer Sicht ungünstigen Straßenverlauf ausgegangen ist. Ein solcher liegt nicht nur dem in der Akte befindlichen Alternativvorschlag zugrunde, der ausweislich der Unterschriftslisten auch von Klägern des erstinstanzlichen Verfahrens (Az.: B 1 K 14.239) gefordert worden war (Akte Stellungnahme der Beigeladenen zum Erörterungstermin, S.1 ff.). Vielmehr hat ein Vertreter der Kreisgruppe des B… im Erörterungstermin dargelegt, dass in diesem Fall eine Neubaustrecke auf lediglich rund 300 m erforderlich sei (Protokoll des Erörterungstermins, Verfahrensakte der Regierung, S. 161). Angesichts der Entfernung von rund 300 m Luftlinie (ausweislich des Übersichtslageplans, Unterlage 3) zwischen dem Ende der im Industriepark gelegenen W…- …-Straße einerseits und dem Ende des von der H…straße nach Osten abzweigenden Straßenstücks andererseits, ist nicht ersichtlich, wie eine solche Planung ohne entsprechend ungünstige Kurvenradien hätte erfolgen sollen. Hinzu kommt, dass als Vorteil der geringe Flächenverbrauch aufgrund der nur 300 m langen Neubaustrecke betont und auch als solcher in die Abwägung einbezogen wurde. Der Kläger kann sich nicht einerseits auf eine konkret im Planfeststellungsverfahren vorgeschlagene Alternative stützen und andererseits einzelne damit verbundene Nachteile unter Berufung auf die Möglichkeit, eine solche Planung zu modifizieren, in Abrede stellen. Auf die übrigen vom Verwaltungsgericht angeführten Gesichtspunkte (fehlende Entwässerung, geringe Fahrbahnbreite, unbefestigte Bankette, fehlender frostsicherer Ausbau, fehlende Trennung der Verkehrsarten) kommt es demgegenüber nicht entscheidungserheblich an. Es handelt sich lediglich um weitere Erwägungen. Selbst wenn diese Aspekte unberücksichtigt bleiben, wird aus den genannten Gründen nicht ersichtlich, warum sich die Alternative hätte aufdrängen sollen.
Schließlich wurden auch sonst keine konkreten Abwägungsfehler dargelegt, die das Verwaltungsgericht übersehen hätte. Die Planfeststellungsbehörde hat im Übrigen in der Sache eine nicht zu beanstandende Abwägung der Alternativen vorgenommen (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 128 ff., m.w.N.).
2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.).
Das ist nicht der Fall. Die auftretenden Rechtsfragen (vgl. oben Nr. 1.) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz lösen oder sind in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt. Aus den weiteren klägerischen Ausführungen, die im Wesentlichen einen vermeintlichen Aufklärungsmangel zum Gegenstand haben, sind keine Gründe für besondere tatsächliche Schwierigkeiten zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 jeweils m.w.N.). Die grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn eine Rechtsfrage sich ohne Weiteres aus der Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – NVwZ 2010, 1482 = juris Rn. 62).
Nach diesen Maßstäben ergibt sich aus den vom Kläger bezeichneten Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung. Sie bedürfen entweder keiner Klärung oder betreffen nicht die die Entscheidung tragende Begründung (vgl. oben Nr. 1). Hinsichtlich der Frage, ob eine konkrete Straße als Gemeindeverbindungsstraße einzuordnen ist, fehlt es schon an der Verallgemeinerungsfähigkeit. Der Kläger hat insoweit keine über den zu entscheidenden Einzelfall hinausreichende Fragestellung formuliert. Zudem lässt sich die dahinterstehende Problematik auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats ohne Weiteres lösen (vgl. oben 1.1). Hinsichtlich des zweiten Fragekomplexes fehlt es bereits an einer hinreichend nachvollziehbaren Fragestellung, die sich über den Einzelfall hinaus stellt. Es wird nicht verdeutlicht, was die Klägerseite unter negativer Beurteilung der „Überprüfung der Nullvariante“ versteht. Die sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen sind im Übrigen durch die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung geklärt (vgl. oben 1.4).
4. Der Kläger hat schließlich keinen Verfahrensfehler in einer dem § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise geltend gemacht, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein solcher Mangel muss nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen. Der Kläger beruft sich lediglich darauf, dass seiner Ansicht nach ein Augenschein notwendig gewesen wäre, ohne dies näher zu substanziieren.
Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Die Tatsache, dass ein förmlicher Beweisantrag – wie hier (vgl. die Niederschrift, Akte des Verwaltungsgerichts, S. 173 ff.) – nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts (im konkreten Einzelfall) auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6 f.; B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7). Die Geltendmachung eines derartigen Verfahrensmangels setzt wiederum eine hinreichend substanziierte Darlegung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2007 – 9 B 1.07 – juris Rn. 2). Hieran fehlt es.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO (zur Nichterstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen im Zulassungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2017 – 8 ZB 15.2664 – juris Rn. 24; B.v. 17.5.2018 – 8 ZB 16.1977 – juris Rn. 45 m.w.N.).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG unter Orientierung an Nr. 1.1.3, 1,2, 34.4 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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