Aktenzeichen M 8 K 18.2286
BauVorlV § 3 Nr. 1, § 5, § 7
BauGB § 31 Abs. 2
VwGO § 114
Leitsatz
1. Dass die Bauvorlagen infolge des Fehlens von Bauteilen im Katasterwerk nicht die tatsächlichen Verhältnisse wiedergeben, kann nicht dem jeweiligen Bauherrn angelastet werden. Es obliegt neben den beteiligten Behörden dem jeweiligen Grundstückseigentümer, dafür Sorge zu tragen, dass die sein Grundstück betreffenden Darstellungen im Katasterwerk den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
2. Anlagen, die nur bis zur Geländeoberfläche reichen, sind als ebenerdige oder unterirdische bauliche Anlagen oder Gebäudeteile ohne Einschränkung in den Abstandsflächen von Gebäuden bzw. gebäudegleichen Anlagen und ohne eigene Abstandsflächen zulässig. Sie sind abstandsflächenrechtlich ohne Bedeutung und können in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht auch im Hinblick auf die Nachbarbebauung nicht relevant sein. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die fehlende Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften indiziert grundsätzlich nicht die Rücksichtlosigkeit des Gebäudes gegenüber dem Grenznachbarn, gegenüber dessen Grenze eine die Vorgaben des Art. 6 BayBO nicht wahrende Außenwand liegt (vgl. VGH München BeckRS 2018, 4362). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die zulässige Anfechtungsklage gegen die Antworten auf die Fragen 1.2 und 2.2. in dem dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid vom 16. April 2018 ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin wird durch die angegriffenen Antworten des Vorbescheids auf die Fragen 1.2 und 2.2 nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Gemäß Art. 71 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) kann vor Einreichung eines Bauantrages auf Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest. Er entfaltet insoweit während seiner Geltungsdauer – in der Regel drei Jahre (Art. 71 Satz 2 BayBO) – Bindungswirkung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren.
Dritte können sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 13.6.1969 – IV C 234.65 – juris Rn. 15; U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – juris Rn. 25; U.v. 19.9.1986 – 4 C 8/84 – juris Rn. 9; U.v. 26.9.1991 – 4 C 5/87 – juris Rn. 18) gegen eine Baugenehmigung/einen Vorbescheid nur insoweit mit Erfolg zur Wehr setzen, als die angefochtene Baugenehmigung/der angefochtene Vorbescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit gerade (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20; B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 – juris Rn. 21). Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn die Baugenehmigung/der Vorbescheid gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren auch keine umfassende Rechtskontrolle statt; vielmehr hat sich die gerichtliche Prüfung im Rahmen eines Nachbarrechtsbehelfs darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung/den angefochtenen Vorbescheid drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch vermitteln, verletzt werden. Eine Verletzung drittschützender Normen durch eine Baugenehmigung/einen Vorbescheid kommt zudem nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung der Baugenehmigung/des Vorbescheids reicht. Soweit das Prüfprogramm der Bauaufsichtsbehörde aufgrund entsprechender gesetzlicher Normen – etwa durch Art. 59 Bayerische Bauordnung (BayBO), der auch das Prüfprogramm eines Vorbescheids beschränkt – und/oder den Gegenstand der Vorbescheidsfrage(n) eingeschränkt ist, scheidet eine Verletzung außerhalb des Prüfprogramms liegender drittschützender Normen zu Lasten eines Nachbarn aufgrund der entsprechenden Beschränkung der Feststellungswirkung der Baugenehmigung bzw. des Vorbescheids aus.
2. Gemessen hieran ist eine Verletzung von Rechten der Klägerin durch die streitgegenständlichen Antworten auf die Fragen 1.2 und 2.2 des Vorbescheids vom 16. April 2018 nicht ersichtlich.
a) Insbesondere folgt eine Verletzung von Rechten der Klägerin nicht aus der Unvollständigkeit der vom Beigeladenen im Vorbescheidsverfahren eingereichten Bauvorlagen.
aa) Gemäß Art. 71 Satz 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayBO ist ein Vorbescheid ist zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben, soweit seine Zulässigkeit mit dem Vorbescheid abgefragt wird, keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Vorbescheidsverfahren zu prüfen sind. Dies setzt voraus, dass die einzelnen Vorbescheidsfragen auf der Grundlage des Vorbescheidsantrags und der Bauvorlagen (Art. 71 Satz 4, Art. 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO) am Maßstab der heranzuziehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft werden können. Nichts anderes gilt im Fall eines Vorbescheidsantrags auf Inaussichtstellung einer Befreiung im Sinne von § 31 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) oder einer Abweichung im Sinne von Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Denn Art. 71 Satz 4, Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmen ohne Einschränkung, dass mit dem Vorbescheidsantrag alle für die Beurteilung der gestellten Vorbescheidsfragen und die Bearbeitung des Vorbescheidsantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), Art. 80 Abs. 4 BayBO. Nach § 5 BauVorlV sind im Rahmen eines Verfahrens auf Erteilung eines Vorbescheids diejenigen Bauvorlagen vorzulegen, die zur Beurteilung der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen des Bauvorhabens erforderlich sind. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein, was insbesondere für die Darstellungen im Lageplan im Sinne von § 7 Abs. 3 BauVorlV gilt (vgl. Gaßner in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 75 ; VG München, U.v. 24.11.2014 – M 8 K 13.5076 – juris Rn. 20; U.v. 11.4.2016 – M 8 K 14.4953 – juris Rn. 23; U.v. 29.2.2016 – M 8 K 15.3184 – juris Rn. 26). Zudem muss ein Vorbescheid – wie eine Baugenehmigung – nach Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) inhaltlich hinreichend bestimmt sein, sodass er vollständig, klar und unzweideutig ist. Dies bedeutet, dass Inhalt, Reichweite und Umfang des vorweggenommenen Teils einer Baugenehmigung für die Beteiligten des Verfahrens – gegebenenfalls nach Auslegung (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 – 4 C 9/97 – juris Rn. 19) – eindeutig zu erkennen sein müssen, damit die mit dem Vorbescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Ungenauigkeiten und sonstige Unrichtigkeiten in den eingereichten Bauvorlagen gehen daher zu Lasten des Bauherrn bzw. Vorbescheidsantragstellers (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 ).
Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bau- bzw. Vorbescheidsantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Gaßner, Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 84 ). Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit eines Vorbescheids bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang des Vorbescheids nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; B.v. 25.7.2019 – 1 CS 19.821 – juris Rn. 14; VGH BW, B.v. 23.11.2017 – 3 S 1933/17 – juris Rn. 8; VG München, U.v. 24.11.2014 – M 8 K 13.5076 – juris Rn. 24). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4; B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; jeweils m.w.N.). Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich dabei nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG NRW, U.v. 6.6.2014 – 2 A 2757/12 – juris Rn. 73; NdsOVG, B.v. 26.1.2012 – 1 ME 226/11 – juris Rn. 22).
Wenn der Vorbescheid selbst oder die diesem zu Grunde liegenden Bauvorlagen wegen Ungenauigkeiten bzw. wegen ihres Fehlens keine Entscheidung zulassen, ob die Anforderungen derjenigen Vorschriften gewährleistet sind, die zum Prüfprogramm des konkreten bauaufsichtlichen Verfahrens gehören und die Nachbarschutz vermitteln, kann eine Nachbarrechtsverletzung zur Aufhebung eines Vorbescheids führen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16). Betrifft die Unbestimmtheit oder Unrichtigkeit der Bauvorlagen solche Vorschriften, deren Verletzung im konkreten Fall subjektiv-öffentliche Abwehrrechte des Klägers begründen können, ist eine mögliche Rechtsverletzung des Klägers hierdurch zu bejahen (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1175 – Rn. 11 m.w.N.; B.v. 20.6.2008 – 15 CS 08.1088 – juris Rn. 10 u. 12; VG München, U.v. 26.10.2015 – M 8 K 13.3325 – juris Rn. 13 f., 32; U.v. 29.2.2016 – M 8 K 15.3184 – juris Rn. 20, 27; B.v. 7.2.2017 – M 8 SN 16.4985 – juris Rn. 73 ff.; B.v. 10.11.2016 – M 8 SN 16.3499 – juris Rn. 69).
bb) Dies zugrunde gelegt sind die vom Beigeladenen vorgelegten Bauvorlagen nicht unvollständig oder unrichtig und verletzt der auf diese Bauvorlagen gestützte Vorbescheid daher auch insofern nicht Rechte der Klägerin.
aaa) Nach § 5 i.V.m. § 3 Nr. 1 BauVorlV gehören in einem Vorbescheidsverfahren wie dem vorliegenden, mit dem die Inaussichtstellung einer Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten Zahl der Vollgeschosse und die Inaussichtstellung einer Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 6 BayBO abgefragt wird, zu den zur Beurteilung der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen erforderlichen Bauvorlagen ein aktueller Auszug aus dem Katasterwerk und der Lageplan. Der Auszug aus dem Katasterwerk muss gemäß § 7 Abs. 2 Satz 4 von der katasterführenden Behörde beglaubigt oder durch ein automatisiertes Abrufverfahren abgerufen worden sein. Gemäß Art. 7 Abs. 3 BauVorlV muss der Lageplan, soweit dies zur Beurteilung des Bauvorhabens bzw. der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen erforderlich ist, u.a. gemäß Nr. 4 die vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück und den benachbarten Grundstücken mit Angabe ihrer Nutzung, First- und Außenwandhöhe, Dachform und Art der Außenwände und der Bedachung und gemäß Nr. 13 die Abstände der geplanten baulichen Anlage zu anderen baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück und auf den benachbarten Grundstücken, zu den Nachbargrenzen sowie die Abstandsflächen der geplanten baulichen Anlagen und der bestehenden baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück und den Nachbargrundstücken enthalten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Lageplan gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BauVorlV auf der Grundlage des Auszugs aus dem – gemäß Art. 7 Vermessungs- und Katastergesetz (VermKatG) laufend aktualisierten – Katasterwerk zu erstellen ist. Dadurch soll insbesondere verhindert werden, dass die Lagepläne hinsichtlich der Darstellung der vorhandenen baulichen Anlagen (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 BauVorlV) unvollständig sind (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, Art. 64 Rn. 93 ).
Vorliegend sind zwar in den vom Beigeladenen zum Vorbescheidsantrag vom 21. Dezember 2017 eingereichten Bauvorlagen die Terrasse und das darunter liegende Tiefparterre an der Südseite des klägerischen Anwesens nicht eingezeichnet. Dadurch sind die Bauvorlagen jedoch nicht unvollständig oder unrichtig. Sie verstoßen trotz Fehlens von Terrasse und Tiefparterre des klägerischen Anwesens nicht gegen § 7 Abs. 3 Nr. 4 oder 13 BauVorlV. Denn zum Zeitpunkt des Vorbescheidsantrags vom 21. Dezember 2017 (ebenso wie zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag) waren die Terrasse und das darunter liegende Tiefparterre an der Südseite des klägerischen Anwesens unstreitig (noch) nicht im damals aktuellen Katasterwerk, d.h. in der (amtlichen) Flurkarte im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 BauVorlV eingetragen. Insofern musste auch der Lageplan, der gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Nr. 1 BauVorlV auf der Grundlage des damals aktuellen und gemäß § 7 Abs. 2 Satz 4 BauVorlV amtlich beglaubigten oder zum Abruf freigegebenen Auszugs aus dem Katasterwerk zu erstellen war, diese Bauteile nicht berücksichtigen. Dass die Bauvorlagen infolge des Fehlens von Terrasse und Tiefparterre im Katasterwerk nicht die tatsächlichen Verhältnisse wiedergeben, kann gerade wegen des Sinn und Zwecks der Verpflichtung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BauVorlV, die Unvollständigkeit bzw. Unrichtigkeit der Bauvorlagen hinsichtlich der Darstellung der vorhandenen baulichen Anlagen zu vermeiden, nicht dem jeweiligen Bauherrn angelastet werden; andernfalls würde die Verpflichtung aus § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 4 BauVorlV ad absurdum geführt. Es obliegt – neben den beteiligten Behörden (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 93 ) – vielmehr dem jeweiligen Grundstückseigentümer, dafür Sorge zu tragen, dass die sein Grundstück betreffenden Darstellungen im Katasterwerk den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Dementsprechend hat auch die Klägerin nach Abschluss des mit Antrag vom 21. Dezember 2017 eingeleiteten Vorbescheidsverfahrens die Darstellung der baulichen Anlagen auf ihrem Grundstück im Katasterwerk ändern lassen.
Hinzukommt, dass den vom Beigeladenen vorgelegten Bauvorlagen, auch wenn in ihnen das vor der Südfassade des klägerischen Anwesens gelegene Tiefparterre mit darauf liegender Terrasse nicht dargestellt ist, der Inhalt und der Umfang der abgefragten und auch in Aussicht gestellten Abweichung von der Einhaltung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 durch die nördliche Außenwand des streitgegenständlichen Bauvorhabens zulasten des klägerischen Grundstücks eindeutig zu entnehmen sind. Denn die insoweit maßgeblichen Höhen der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Bauvorhabens und die Gebäude- bzw. Grenzabstände des streitgegenständlichen Bauvorhabens nach Norden sind in den Bauvorlagen vollständig und eindeutig dargestellt. Auch zur Beurteilung der Reichweite der in Aussicht gestellten Abweichung bedarf es keiner Angaben, die in den vom Beigeladenen vorgelegten Bauvorlagen nicht enthalten sind. Aufgrund des Vorbescheids und der ihm zugrunde liegenden Bauvorlagen kann vielmehr ausgeschlossen werden, dass die Antworten auf die Vorbescheidsfragen 1.2 und 2.2 gegen nachbarschützendes Recht verstoßen.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden und gebäudegleichen Anlagen Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden bzw. gebäudegleichen Anlagen freizuhalten. Das Abstandsflächenrecht will Freiflächen zwischen Gebäuden im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBO bzw. gebäudegleichen Anlagen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO sichern, die grundsätzlich nicht mit oberirdischen baulichen Anlagen überbaut werden sollen. Das Abstandsflächenrecht zielt jedoch nicht darauf ab, Freiflächen zwischen baulichen Anlagen jedweder Art zu gewährleisten. Durch die Freiflächen zwischen Gebäuden bzw. gebäudegleichen Anlagen sollen insbesondere eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung, der soziale Wohnfriede und der Brandschutz gewährleistet werden. Daneben dienen die durch das Abstandsflächenrecht gewährleisteten Freiflächen auch der Unterbringung von Nebenanlagen wie Terrassen oder Stellplätzen (vgl. BayVGH, U.v. 14.10.1985 – 14 B 85 A.1244 – BayVBl. 1986, 143 ; B.v. 21.10.1991 – 2 CS 91.2446 – BeckRS 1991, 09074 m.w.N.; B.v. 30.11.2005 – 1 CS 05.25235 – BeckRS 2005, 17740; Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 1 f. ), die als ebenerdige bauliche Anlagen andere Gebäude nicht beeinträchtigen. Ebenso wenig kann die Einhaltung einer Abstandsfläche durch diese Nebenanlagen die Belichtung oder Belüftung der Anlage selbst verbessern (vgl. Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 7 ). Anlagen, die, wie beispielsweise ebenerdige Terrassen, nur bis zur Geländeoberfläche reichen, sind daher als ebenerdige oder unterirdische bauliche Anlagen oder Gebäudeteile ohne Einschränkung in den Abstandsflächen von Gebäuden bzw. gebäudegleichen Anlagen und ohne eigene Abstandsflächen zulässig. Sie sind abstandsflächenrechtlich ohne Bedeutung (vgl. Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 20 ). Wenn nun aber derartige nicht-oberirdische Anlagen in den Abstandsflächen von Gebäuden bzw. gebäudegleichen Anlagen und ohne eigene Abstandsflächen verwirklicht werden dürfen, können sie in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht auch im Hinblick auf die Nachbarbebauung nicht relevant sein. Dies gilt gemäß Art. 6 BayBO unabhängig von der geographischen Ausrichtung derartiger Anlagen.
Vorliegend ist zwar das der Südfassade des klägerischen Anwesens vorgelagerte Tiefparterre mit darauf liegender Terrasse aufgrund der von der Klägerin angegebenen und vom Gericht in Augenschein genommenen Gesamthöhe dieser Anlage gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO abstandsflächenrelevant. Allerdings ist das vorliegend als Keller genutzte Tiefparterre im Hinblick auf die nachbarlichen Schutzzwecke des Abstandsflächenrechts von geringer Bedeutung. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es, wenn ebenerdige Terrassen abstandsflächenrechtlich ohne Bedeutung sind, bei der Bewertung der Qualität einer Abstandsflächenüberschreitung durch ein Nachbarbauvorhaben grundsätzlich keinen Unterschied machen kann, ob eine von der Außenwand des (geplanten) Nachbargebäudes über die Nachbargrenze hinaus geworfene Abstandsfläche auf einer Freifläche, einer ebenerdigen Terrasse oder einer, beispielsweise unter Nutzung eines Tiefparterres, höhergelegten Terrasse zum Liegen kommt, da jeweils dieselbe Nutzungsart von der Abstandsflächenüberschreitung betroffen ist. Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass es vorliegend für die zutreffende Einschätzung und Bewertung der Reichweite und damit der Qualität der Abstandsflächenüberschreitung der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Vorhabens nicht entscheidend darauf ankommt, ob und inwieweit die von der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Vorhabens geworfene Abstandsfläche auf die Südterrasse des klägerischen Anwesens fällt. Angesichts der Lage des streitgegenständlichen Grundstücks sowie des klägerischen Grundstücks in einem – jedenfalls im Vergleich zu ländlich strukturierten Gebieten – dicht bebauten städtischen Bereich gilt dies auch im Hinblick auf die Beurteilung der Anforderungen des Rücksichtnahmegebots.
Vor diesem Hintergrund sind Angaben zum Tiefparterre des klägerischen Anwesens und der darauf befindlichen Terrasse nicht gemäß § 7 Abs. 3 BauVorlV zur Beurteilung des Bauvorhabens erforderlich; ihr Fehlen macht die Bauvorlagen daher nicht unvollständig.
bbb) Dem Gebot des § 7 Abs. 3 Nr. 13 BauVorlV, soweit erforderlich, im Lageplan die Abstände der geplanten baulichen Anlage zu anderen baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück und auf den benachbarten Grundstücken, zu den Nachbargrenzen sowie die Abstandsflächen der geplanten baulichen Anlagen und der bestehenden Anlagen auf dem Baugrundstück und den Nachbargrundstücken darzustellen, und dem Gebot des § 7 Abs. 3 Nr. 4 BauVorlV, soweit erforderlich, im Lageplan die vorhandenen baulichen Anlagen auch auf den benachbarten Grundstücken mit Angabe ihrer Nutzung, First- und Außenwandhöhe, Dachform, Art der Außenwände und der Bedachung darzustellen, ist der Beigeladene ausweislich der Angaben in den vorgelegten Plänen mit den Nummern 001 und 007 bzw. 005 und 008 für beide Varianten des Vorbescheids nachgekommen. Dass die in § 7 Abs. 3 Nr. 4 und 13 BauVorlV genannten Angaben nicht alle in einem Lageplan, sondern z.B. die Abstände der geplanten baulichen Anlage auf dem Baugrundstück und auf dem benachbarten Grundstücken sowie zu den Nachbargrenzen und die First- und Außenwandhöhen der Nachbarbebauung mittels einer gesonderten Darstellung auf Plan Nr. 001 angegeben werden, ist dabei unschädlich. Da die von der Bauvorlagenverordnung verlangten Angaben im Lageplan kein Selbstzweck sind, was § 7 Abs. 3 BauVorlV durch die Erforderlichkeit der in § 7 Abs. 3 BauVorlV enthaltenen Angaben zur Beurteilung des Bauvorhabens eindeutig zum Ausdruck bringt, genügt es, wenn die erforderlichen Angaben zwar nicht unmittelbar im bzw. in einem Lageplan enthalten sind, sich aber aus dem sonstigen Inhalt der Bauvorlagen vollständig und richtig ablesen und insofern der gebotenen Prüfung zugrunde legen lassen, was vorliegend – auch im Hinblick auf die vom geplanten Bauvorhaben sowie vom klägerischen Anwesen geworfenen Abstandsflächen – der Fall ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2019 – 1 CS 19.821 – juris Rn. 14; Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 91 ).
ccc) Soweit der Lageplan nach § 7 Abs. 3 Nr. 11 BauVorlV die Höhenlage der Eckpunkte des Baugrundstücks und der Eckpunkte der geplanten baulichen Anlage mit Bezug auf das Höhenbezugssystem angeben soll, ist ebenfalls keine Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der vom Beigeladenen vorgelegten Bauvorlagen ersichtlich. Die im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens vorgelegten Pläne geben die Höhe der Oberkante des fertigen Fußbodens im Erdgeschoss („OKFFB EG“) mit 524,70 m m.ü.NN und die Höhenlage der Eckpunkte des geplanten Wohngebäudes sowie der Eckpunkte des Vorhabengrundstücks mit Bezug hierauf an. Obwohl die Bayerische Vermessungsverwaltung am 30. Juni 2017 einen neuen Höhenbezugsrahmen eingeführt und das amtliche Höhenbezugssystem vom Deutschen HauptHöhenNetz 1912 (DHHN12) mit Höhen über NormalNull (NN-Höhe) auf das Deutsche HauptHöhenNetz 2016 (DHHN2016) mit Höhen über NormalHöhenNull (NHN-Höhe) umgestellt hat, genügen die Angaben in den vom Beigeladenen eingereichten Bauvorlagen den Anforderungen des § 7 Abs. 3 Nr. 11 BauVorlV. Denn den Bauvorlagen sind trotz Bezugnahme auf ein veraltetes Höhenbezugssystems, das jedoch einheitlich angewendet wurde, wegen des unveränderten Verhältnisses einzelner Höhenangaben zueinander die für die Prüfung der vorliegend streitgegenständlichen Vorbescheidsfragen relevanten Angaben zu Gebäude- bzw. Wandhöhen und Gebäude- bzw. Grenzabständen zutreffend und vollständig zu entnehmen.
b) Soweit die Klägerin die grundsätzliche bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des streitgegenständlichen Wohnhauses, einen Verstoß des geplanten Bauvorhabens gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … zur Anzahl der Vollgeschosse sowie zur Zulässigkeit von Dachaufbauten, das Fehlen von Pavillonabständen im Sinne von Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO und die Rechtswidrigkeit der Situierung des Tiefgaragenaufzugs direkt gegenüber der Südterrasse des klägerischen Anwesens aufgrund des damit verbundenen Lärms rügt, ist eine Rechtsverletzung der Klägerin ebenfalls nicht erkennbar. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind allein die im Rahmen der von der Klägerin erhobenen Anfechtungsklage angegriffenen Antworten auf die Fragen 1.2 und 2.2 im Vorbescheid vom 16. April 2018. In diesen hat die Beklagte nicht die generelle bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Bauvorhabens festgestellt, sondern in bauplanungsrechtlicher Hinsicht lediglich eine Befreiung von der planlich festgesetzten Zahl der Vollgeschosse für ein zusätzliches Vollgeschoss in Aussicht gestellt. Wie gerade anhand dieser in Aussicht gestellten Befreiung vom Maß der baulichen Nutzung deutlich wird, hat die Beklagte in den Antworten auf die Fragen 1.2 und 2.2 des Vorbescheids ebenso wenig festgestellt, dass das vom Beigeladenen geplante Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … zur Zahl der Vollgeschosse entspricht. Auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der den vorgelegten Plänen zu entnehmenden Aufzugsüberfahrt geht der streitgegenständliche Vorbescheid in den Antworten auf die Fragen 1.2 und 2.2 mit keinem Wort ein. Dasselbe gilt hinsichtlich der Zulässigkeit des Tiefgaragenaufzugs an der der Klägerin zugewandten Seite des Bauvorhabens. Schließlich stellt der Vorbescheid vom 16. April 2018 in den streitgegenständlichen Antworten auf die Fragen 1.2 und 2.2 nicht fest, dass die von der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Bauvorhabens geworfenen Abstandsflächen aufgrund der umgebenden Bebauung und deren einheitlich abweichender Abstandflächentiefen kraft Gesetzes gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO eine von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO abweichende, geringere Tiefe haben. Die Beklagte hat vielmehr lediglich die Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO zugrunde liegende Wertung im Rahmen der Entscheidung über die Inaussichtstellung der beantragten Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 BayBO (Frage 2.2) berücksichtigt (vgl. zu Orientierung an der vorhandenen Bausubstanz bei der Entscheidung über eine Abweichung BayVGH, B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris Rn. 17; B.v. 26.9.2016 – 15 CS 16.1348 – juris Rn. 34). Da, wie erläutert, eine Verletzung drittschützender Normen durch einen Vorbescheid bzw. den streitgegenständlichen Teil eines Vorbescheids nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung des Vorbescheids bzw. seines streitgegenständlichen Teils reicht, kann die Klägerin durch die zu Beginn dieses Absatzes genannten, von ihr gerügten Rechtsverstöße des streitgegenständlichen Vorbescheids nicht in ihren Rechten verletzt sein.
c) Die Klägerin wird auch durch die in Antwort auf Frage 1.2 in Aussicht gestellte Befreiung von der planlich festgesetzten Zahl der Vollgeschosse nicht in ihren Rechten verletzt.
aa) Eine Rechtsverletzung der Klägerin ergibt sich insbesondere nicht unter dem Aspekt der Unbestimmtheit der in Aussicht gestellten Befreiung.
Zwar macht der Vorbescheid in seiner Antwort auf Frage 1.2 die in Aussicht gestellte Befreiung von der planlich festgesetzten Zahl der Vollgeschosse ausweislich der von der Beklagten gewählten Formulierung („Die Befreiung kann aus städtebaulichen Gründen und aus Gründen des Denkmalschutzes nur unter der Voraussetzung in Aussicht gestellt werden, dass für die Baukörperausbildung insgesamt eine Lösung gefunden wird […]“) von einer nicht abschließend bestimmten oder auch nur bestimmbaren Lösung für die Baukörperausbildung insgesamt abhängig und empfiehlt insofern eine Änderung der bislang vorgesehenen Dachform.
Berücksichtigt man jedoch die gesamte Antwort auf Frage 1.2 und legt diese unter Anwendung der auch hier maßgeblichen Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus, wird deutlich, dass die Beklagte in ihrer Antwort auf die Vorbescheidsfrage 1.2 die abgefragte Befreiung hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse und der sich daraus ergebenden Höhe des Bauvorhabens – gerade auch im Hinblick auf die nachbarlichen Belange (vgl. letzter Absatz der Antwort auf Frage 1.2) – verbindlich und vorbehaltlos in Aussicht gestellt hat. Insoweit kann die Antwort gemäß Art. 71 Satz 2 BayBO in Bindungswirkung erwachsen und infolgedessen grundsätzlich auch Rechte der Klägerin verletzen. Zur Baukörperausbildung des geplanten Vorhabens im Übrigen, d.h. insbesondere hinsichtlich Dachform, Fassadengestaltung und Materialität, die auch nicht Gegenstand der Frage 1.2 waren, trifft der Vorbescheid dagegen keinerlei und daher auch keine nicht hinreichend bestimmte Entscheidung und nimmt insoweit auch keinen Teil einer späteren Baugenehmigung vorweg, der die Klägerin in ihren Rechten verletzen könnte. Die in ihrer Bewertung ausdrücklich einem späteren Baugenehmigungsverfahren vorbehaltenen gestalterischen Anforderungen, insbesondere die Fragen der Dachgestaltung, Fassadengestaltung und Materialität und sonstige städtebauliche und denkmalschutzrechtliche Aspekte der Baukörperausbildung des geplanten viergeschossigen Baukörpers werden in der Antwort auf Frage 1.2 gerade nicht im Sinne eines vorweggenommenen Teils einer Baugenehmigung abschließend beantwortet und nehmen daher nicht an der Feststellungswirkung des Vorbescheids teil. Der in der Antwort auf Frage 1.2 enthaltene unbestimmte „Vorbehalt“ einer Lösung für die Baukörperausgestaltung insgesamt enthält insofern den lediglich klarstellenden Hinweis darauf, dass mit der Inaussichtstellung der Befreiung von der planlich festgesetzten Zahl der Vollgeschosse nicht die Zulässigkeit die Baukörperausbildung im Übrigen festgestellt wird. Daher ist, trotz der insoweit gegebenen Unbestimmtheit der Ausführungen zu Frage 1.2 des Vorbescheids, wegen der insoweit gleichzeitig bestehenden Unverbindlichkeit des Vorbescheids eine Nachbarrechtsverletzung durch die Unbestimmtheit entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen ausgeschlossen.
bb) Ebenso wenig ist eine Rechtsverletzung der Klägerin ersichtlich, soweit sie rügt, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Festsetzung des Bebauungsplans Nr. … zur maximalen Zahl der Vollgeschosse (Frage 1.2) für ein weiteres Vollgeschoss nicht vorliegen.
Entgegen der zutage getretenen Ansicht der Klagepartei kann ein Nachbar die (mögliche) Rechtswidrigkeit von Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht generell in jeder Hinsicht rügen. Vielmehr hängt bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans der Umfang des Rechtsschutzes eines Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von denen dem jeweiligen Beigeladenen eine Befreiung erteilt wurde, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine, d.h. irgendeine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 3). Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, werden Nachbarrechte dagegen nur verletzt, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 8/84 – juris Rn. 15 ff.; B.v. 8.7.1998 – 4 B 64.98 – juris Rn. 5 f; B.v. 9.8.2018 – 4 C 7/17 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 25 m.w.N.; B.v. 18.12.2017 – 9 CS 17.345 – juris Rn. 15; VGH Baden-Württemberg, B.v. 23.11.1995 – 3 S 3071/95 – juris Rn. 7).
Die Festsetzung des Bebauungsplans Nr. … zur maximalen Zahl der Vollgeschosse ist nicht zugunsten der Klägerin drittschützend.
aaa) Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zu denen solche zur Zahl der Vollgeschosse gehören (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO), sind grundsätzlich nach einhelliger Rechtsprechung ebenso wenig wie solche zur überbaubaren Grundstücksfläche und zur Bauweise nachbarschützend (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.1995 – 4 B 52/95 – juris Rn. 3 f.; B.v. 19.10.1995 – 4 B 215/95 – juris Rn. 3; B.v. 11.3.1994 – 4 B 53/94 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 27.1.1976 – 258 I 75 – juris Leitsatz 1; B.v. 29.9.2008 – 1 CS 08.2201 – juris Rn. 1; 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327 – juris Rn. 9; B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 3; B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 3; B.v. 30.9.2014 – 2 ZB 13.2276 – juris Rn. 4; B.v. 12.7.2016 – 15 ZB 14.1108 – juris Rn. 11; vgl. gerade zur Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse BayVGH, U.v. 27.1.1976 – 258 II 75; 14.4.1970 – 77 I 69). Eine andere Beurteilung gilt nur, wenn im Bebauungsplan ein besonderer Anhalt zugunsten des (ausnahmsweise) auch nachbarschützenden Zwecks der Festsetzung gegeben ist (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2014 – 9 CS 14.84 – juris Rn. 17; B.v. 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 – juris Rn. 15; B.v. 12.7.2016 – 15 ZB 14.1108 – juris Rn. 11; B.v. 8.11.2016 – 1 CS 16.1864 – juris Rn. 4; B.v. 18.12.2017 – 9 CS 17.345 – juris Rn. 16; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 363 ).
bbb) Ein solcher ist vorliegend jedoch jedenfalls für die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse nicht erkennbar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … zur zulässigen Zahl der Vollgeschosse nach der Konzeption des Plangebers in einem wechselseitigen, die Planbetroffenen zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbindenden Austauschverhältnis stehen, mit der Folge, dass ihnen nach ihrem objektiven Gehalt eine Schutzfunktion zugunsten der an dem Austauschverhältnis beteiligten und insofern die Klägerin mit einschließenden Grundeigentümer zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2018 – 4 C 7/17 – juris Rn. 15; OVG Hamburg, B.v. 25.6.2019 – 2 Bs 100/19 – juris Rn. 18). Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass die Begründung des Bebauungsplans Nr. … das Ziel des Bebauungsplans, die gegenüber den …anlagen an der Ostseite der …-Straße bestehende charakteristische offene Bauweise zu erhalten und am …grün partizipieren zu lassen sowie das parkartige Grün des …hochufers über die Vorgärten und Pavillonzwischenräume hinweg bis ins Innere des Bauquartiers fortzusetzen, zweimal ausdrücklich als städtebauliches Ziel bezeichnet und darüber hinaus keinen gerade auch die Grundstückseigentümer im Plangebiet umfassenden Schutzzweck der städtebaulichen Satzung nennt. Vielmehr nennt die Begründung des Bebauungsplans als weitere Schutzobjekte neben der städtebaulichen Entwicklung lediglich das angesichts des benachbarten …grünzugs besonders empfindliche Ortsbild sowie die Fassade der „…villa“. Hinzu kommt auch, dass mit der Festsetzung allein der zulässigen Zahl von Vollgeschosse ohne gleichzeitige Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO), wie gerade der vorliegende Fall verdeutlicht, die für die nachbarlichen Belange insbesondere relevante Entwicklung der tatsächlichen Höhen baulicher Anlagen nur in bedingtem Maße gesteuert werden kann, da einzelne Geschosse sehr unterschiedlich hoch sein können. Dies spricht – gerade in Kombination mit der ausdrücklichen Benennung einer rein städtebaulichen Zielsetzung – ebenfalls gegen die Annahme eines zumindest auch drittschützenden Zwecks der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse.
Selbst wenn der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse entlang der …-Straße und damit insbesondere auch der Festsetzung von drei Vollgeschossen (+ Dachgeschossausbau) für das Grundstück Fl.Nr. … grundsätzlich nachbarschützende Wirkung beimessen wäre, vermittelte diese Festsetzung jedenfalls keinen Drittschutz dahingehend, dass durch die Festsetzung der Zahl der zulässigen Vollgeschosse den jeweiligen Nachbarn der Ausblick auf das Maximilianeum gewährleistet werden soll. Denn das Maximilianeum und damit erst Recht der Blick auf dasselbe werden im Bebauungsplan und dessen Begründung nicht im Ansatz erwähnt, sodass nicht ersichtlich ist, woraus sich ein hierauf bezogener Drittschutz ergeben könnte. Schließlich ist, auch wenn der Bebauungsplan Nr. … entgegen den obigen Darlegungen zumindest auch darauf gerichtet sein sollte, den Eigentümern der Grundstücke an der Ostseite der …-Straße den Ausblick auf die im Bebauungsplan ausdrücklich genannten …anlagen und das parkartige Grün des …hochufers zu gewährleisten, jedenfalls nicht erkennbar, dass und inwiefern dieser Drittschutz gerade durch die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse vermittelt wird. Denn von der jeweiligen Westseite (Straßenseite) der Gebäude entlang der Ostseite der …-Straße ist unabhängig von der Nachbarbebauung entlang der Ostseite der …-Straße und deren Geschosszahl ein Blick auf die …anlagen und das parkartige Grün des …hochufers möglich. Von der jeweiligen Süd-, Nord- und – erst Recht – Ostseite der Gebäude entlang der Ostseite der …-Straße ist dagegen wiederum unabhängig von der Höhe der Nachbargebäude schon aufgrund der Ausrichtung der Gebäude und des dadurch bedingten Blickwinkels kein (uneingeschränkter) Ausblick auf die westlich gelegenen Grünanlagen möglich. Zudem ist eine (weitgehend) einheitliche Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse ohne gleichzeitige Festsetzung einer (echten) Höhenbegrenzung und -staffelung auch nicht geeignet, einer (weiteren) Verschlechterung der Ausblickmöglichkeiten auf die …anlagen und das Grün des …hochufers von der Nord- bzw. Südseite der jeweiligen Gebäude entlang der …-Straße zumindest teilweise vorzubeugen. Insofern ist im Hinblick auf die Gewährleistung des Ausblick auf die …anlagen und das parkartige …grün keine zumindest auch drittschützende Zielsetzung der Festsetzung zur Zahl der zulässigen Vollgeschosse zugunsten der jeweiligen Grundstückseigentümer entlang der …-Straße und damit auch der Klägerin erkennbar.
Eine Rechtsverletzung der Klägerin durch die in Aussicht gestellte Befreiung von der planlich festgesetzten Zahl der Vollgeschosse kommt insofern nur unter dem Aspekt einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots in Betracht.
cc) Die in der Antwort auf Frage 1.2 in Aussicht gestellte Befreiung von der planlich festgesetzten Zahl der Vollgeschosse ist gegenüber der Klägerin nicht rücksichtslos.
aaa) Das Gebot der Rücksichtnahme ist grundsätzlich als objektiv-rechtliche Anforderung zu verstehen und verleiht daher grundsätzlich auch keine subjektiv-öffentlichen Rechte. Es gewährt jedoch ausnahmsweise dann Nachbarschutz, soweit in dadurch qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf besondere Rechtspositionen Dritter Rücksicht zu nehmen ist oder, unabhängig von der besonderen rechtlichen Schutzwürdigkeit der Betroffenen, ihr Betroffensein wegen der gegebenen Umstände so handgreiflich ist, dass dies die notwendige Qualifizierung, Individualisierung und Eingrenzung bewirkt (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – juris Rn. 28).
Dies gilt unabhängig davon, ob das Rücksichtnahmegebot § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB oder § 31 Abs. 2 BauGB zu entnehmen ist, da seine Anforderungen in all diesen Fällen inhaltlich identisch sind (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, mög-lichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – juris Rn. 22; U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 17; U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – juris Rn. 20; U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 – juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich – umgekehrt – um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9 m.w.N.). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – juris Rn. 22).
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass auch aus dem Rücksichtnahmegebot kein Recht des Nachbarn abzuleiten ist, dass in seiner Nachbarschaft nur objektiv rechtmäßige Bauvorhaben entstehen (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 11; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 26). Das Rücksichtnahmegebot legt dem Bauherrn zudem auch keine Pflicht auf, generell die für den Nachbarn am wenigsten beeinträchtigende Alternative für seine Bauabsicht zu wählen (BVerwG, B.v. 26.6.1997 – 4 B 97/97 – juris Rn. 6). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn schließlich auch nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Denn eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12; B.v. 7.2.2012 – 15 CE 11.2865 – juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 14; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7).
In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des geneh-migten Vorhabens aufgrund seiner Höhe bzw. seines Volumens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ würde (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris Rn. 38; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – juris Rn. 15).
bbb) Gemessen hieran ist die dem Beigeladenen in Aussicht gestellte Befreiung von der planlich festgesetzten Zahl von drei Vollgeschossen + Dachgeschossausbau für ein Bauvorhaben mit vier Vollgeschossen, wobei das 3. Obergeschoss als im Norden und Süden zurückgesetztes Terrassengeschoss ausgestaltet wird und die Wandhöhe insgesamt 13,25 m + 0,05 m (wegen der abweichenden Geländehöhe) beträgt, nicht rücksichtslos.
Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit sich die Klägerin, deren Gebäude in der …-Straße 4a nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung im Erdgeschoss zu gewerblichen Zwecken und im Obergeschoss zu Wohnzwecken genutzt wird, aufgrund der möglicherweise jedenfalls teilweisen formellen Illegalität der Nutzung des Gebäudes überhaupt auf das Rücksichtnahmegebot berufen kann (vgl. BVerwG, U.v. 14.1.1993 – 4 C 19/90 – juris Rn. 27 m.w.N.; BayVGH, B.v. 11.4.2012 – 14 CS 12.294 – juris Rn. 25 m.w.N.; VG München – M 8 K 19.243 – juris Rn. 51 ff.). Denn auch wenn man die derzeitige Nutzung des klägerischen Anwesens als gemischte Nutzung zu Wohn- und gewerblichen Zwecken insgesamt als schutzwürdig erachtet, ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht ersichtlich.
(1) Insbesondere hat die dem Beigeladenen als befreiungsfähig in Aussicht gestellte Geschossigkeit des geplanten Bauvorhabens nach der insoweit maßgeblichen Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. zur Einschlägigkeit dieses Maßstabs BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12; B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 31; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13) keine erdrückende oder einmauernde Wirkung zu Lasten des klägerischen Gebäudes mit gewerblicher und Wohnnutzung.
Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „erdrückenden“ bzw. „abriegelnden“ Wirkung sind die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – juris Rn. 14; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30; B.v. 10.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 27). Eine solche Wirkung kommt daher vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – juris Rn. 23; B.v. 5.7.2011 – 14 CS 11.814 – juris Rn. 21; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 9; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12; B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 31; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 28; B.v. 10.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 27). Ein Vorhaben übt grundsätzlich dann „erdrückende“ bzw. „einmauernde“ Wirkung gegenüber dem Nachbarn aus, wenn es in Höhe und Volumen ein Übermaß besitzt und auch nicht annähernd den vorhandenen Gebäuden gleichartig (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 5 m.w.N.) ist. Für die Annahme einer „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes besteht insofern grundsätzlich schon dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – Rn. 5; B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – juris Rn. 14; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30). Dies gilt insbesondere dann, wenn beide Gebäude im dicht bebauten städtischen Bereich liegen (vgl. BayVGH, v. 20.4.2010 – 2 ZB 07.3200 – juris Rn. 3; B.v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – juris Rn. 5; U.v. 7.10.2010 – 2 B 09.328 – juris Rn. 22; B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9).
Gemessen hieran hat das streitgegenständliche Bauvorhaben in beiden – aufgrund der Zahl der Vollgeschosse und der Ausgestaltung des dritten Obergeschosses als Terrassengeschoss sowie der Länge des Baukörpers an der Grenze zum klägerischen Grundstück identischen – Varianten keinen „einmauernden“ oder „abriegelnden“ Effekt zu Lasten der Klägerin. Das Vorhaben weicht ausweislich der vorgelegten Pläne und des im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins gewonnenen Eindrucks hinsichtlich überbauter Grundfläche und Höhenentwicklung nicht derart gravierend von der Umgebungsbebauung ab‚ dass es dieser gegenüber rücksichtslos wäre. Vor allem die Bestandsgebäude in der …straße 1 und in der … Straße 13 sind ebenfalls etwas höher als das klägerische Haupthaus. Das streitgegenständliche Bauvorhaben erreicht nach den Bauvorlagen durch die vier Vollgeschosse (über die Zulässigkeit der Dachterrasse entsprechend der Variante des Vorbescheids trifft die Antwort auf Frage 1.2 keine Aussage) eine Gesamthöhe von 13,25 m (+ 0,05 m), die Firsthöhe des Hauptgebäudes der Klägerin beträgt nach den vom Beigeladenen vorgelegten Bauvorlagen 14,58 m. Die Wandhöhe des Hauptgebäudes der Klägerin beträgt nach den vom Beigeladenen vorgelegten Unterlagen 13,25 m, nach dem (für das Gericht nicht nachvollziehbaren) Vortrag der Klägerin 13,10 m. Auch bei Annahme einer Wandhöhe des klägerischen Haupthauses von 13,10 m kann insofern insbesondere unter Berücksichtigung der sonstigen Gebäude im Geviert für das streitgegenständliche Bauvorhaben keine extreme Gebäudehöhe festgestellt werden; ebenso wenig ein erheblicher Höhenversatz im Vergleich zum Hauptgebäude der Klägerin. Zudem weisen das streitgegenständliche Bauvorhaben (ca. 26,20 m gemäß Vermaßung im Lageplan 1:200 auf dem Plänen Nr. 001 und 007) und das Hauptgebäude der Klägerin (ca. 26 m, abgegriffen aus dem Lageplan 1:200 auf dem Plan Nr. 001) in ihrer maximalen Länge gemessen an der West-Ost-Achse (unter Berücksichtigung des gemäß den Feststellungen des Augenscheins massiven Erkers an der Süd-Ost-Ecke des klägerischen Haupthauses) beinahe dieselbe Länge auf. Auch hinsichtlich seines Volumens ist das geplante Bauvorhaben jedenfalls mit den Nachbargebäuden in der …straße 1 und der … Straße 13 unmittelbar vergleichbar. Ferner hält das mit der Vorbescheidsfrage 1.2 abgefragte viergeschossige Gebäude in beiden Varianten einen mittleren Abstand von ca. 5,45 m zur Grenze zum klägerischen Grundstück ein und beträgt der Grenzabstand des klägerischen Hauptgebäudes zur südlichen Grundstücksgrenze (ohne Berücksichtigung des Tiefparterres) ebenfalls nur 6,80 bis maximal 8,00 m (abgegriffen aus dem Lageplan 1:200 auf dem Plan Nr. 001). Zur Grenze zum nördlich angrenzenden Grundstück Fl.Nr. … hält das klägerische Haupthaus aufgrund des leichten Auskragens des Bauteils am östlichen Ende der nördlichen Außenwand teilweise nur einen Grenzabstand von ca. 3,80 m ein (abgegriffen aus dem Lageplan 1:200 auf dem Plan Nr. 001). Einen noch kleineren Grenzabstand zur südlichen Grundstücksgrenze weist das Gebäude in der …-Straße 6 auf. Ein Grenzabstand von mehr als 8,00 m zu den nördlichen bzw. südlichen Grundstücksgrenzen ist bei der sich in ihrer Höhe nicht wesentlich, d.h. in Form von optisch auffälligen Versätzen, unterscheidenden Bebauung in der Umgebung des streitgegenständlichen Vorhabens entlang der …-Straße nicht zu finden. Insofern ist nach den insoweit maßgeblichen Hauptkriterien nicht im Ansatz ersichtlich, inwiefern das streitgegenständliche Gebäude aufgrund seiner Kubatur und seiner Situierung auf dem Grundstück zulasten des klägerischen Haupthauses einen unzumutbaren „einmauernden“ oder „erdrückenden“ Effekt haben könnte, zumal es sich hierbei nicht um ein reines Wohngebäude handelt und dieses insoweit etwas weniger schutzwürdig ist. Bei den gegebenen Abständen und nicht erheblich unterschiedlichen Wand- bzw. Gebäudehöhen – der Unterschied der Wandhöhen beträgt auch nach dem Vortrag der Klägerin maximal 0,20 m – sowie unter Berücksichtigung der West-Ost-Ausdehnung des streitgegenständlichen Bauvorhabens sowie des klägerischen Villengebäudes kann weder von einer erdrückenden bzw. abriegelnden Wirkung noch von einem Einmauerungseffekt zulasten der Klägerin gesprochen werden. Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass das vierte Obergeschoss an der dem klägerischen Anwesen zugewandten Nordseite (ebenso wie an der Südseite) um 3,00 m zurückversetzt ist und daher in seiner Massivität abgemildert wird. Hinzukommt, dass sich das streitgegenständliche Grundstück und auch das Anwesen der Klägerin jedenfalls im Vergleich zu dünn besiedelten ländlichen Regionen im ohnehin dicht besiedelten städtischen Bereich befinden. Zudem bestehen nach dem Eindruck des Augenscheins offensichtlich auch keine speziellen Geländeverhältnisse, etwa in Form eines deutlichen Höhenunterschieds zwischen dem streitgegenständlichen Grundstück und dem der Klägerin, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten. Besonders deutlich wird das Fehlen einer „Einmauerung“ zulasten der Klägerin, wenn man die Fälle in Blick nimmt, in denen die Rechtsprechung das Vorliegen einer „erdrückenden“ bzw. „abriegelnden“ bejaht bzw. ebenfalls verneint hat (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris Rn. 32 ff.: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalbgeschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; BayVGH, B.v. 5.2.2015 – 2 CS 14.2456 – juris Rn. 33: keine erdrückende Wirkung eines ca. 160 m langen Baukörpers mit einer Höhe von 6,36 m bis 10,50 m und einem Abstand von 13 – 16 m zum Gebäude des Nachbarn; BayVGH, B.v. 4.7.2016 – 15 ZB 14.891 – juris Rn. 9: keine erdrückende Wirkung eines 33,3 m langen Baukörpers mit einer maximalen Höhe von 11 m und einem Abstand von mindestens 15 m zur Baugrenze auf dem Nachbargrundstück). Bei der vorliegenden Sachlage ist nicht ersichtlich, dass das streitgegenständliche Wohnbauvorhaben dem benachbarten Wohn- und Geschäftshaus der Klägerin förmlich „die Luft nimmt“, weil es derartig übermächtig wäre, dass das Nachbargebäude der Klägerin nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würde (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 28).
(2) Zudem folgt eine Rücksichtslosigkeit der in der Antwort auf Frage 1.2 in Aussicht gestellten Befreiung hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse auch nicht zwingend daraus, dass die von der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Bauvorhabens geworfenen Abstandflächen nicht gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO vollständig auf dem Vorhabengrundstück selbst liegen. Denn die fehlende Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften indiziert grundsätzlich nicht die Rücksichtlosigkeit des Gebäudes gegenüber dem Grenznachbarn, gegenüber dessen Grenze eine die Vorgaben des Art. 6 BayBO nicht wahrende Außenwand liegt (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 17; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017- juris Rn. 11; B.v. 10.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 26).
(3) Die von dem vom Beigeladenen geplanten Bauvorhaben ausgehende Verschattungswirkung ist – auch wenn man die Südterrasse auf dem Tiefparterre des klägerischen Haupthauses und den Schattenwurf des streitgegenständlichen Vorhabens auf diese berücksichtigt – gegenüber der Klägerin ebenfalls nicht rücksichtslos.
Ein Verschattungseffekt als typische Folge der Bebauung ist insbesondere in inner-gemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen, in welchen sich auch das Grundstück der Klägerin und das streitgegenständliche Grundstück befinden, bis zu einer im Einzelfall zu bestimmenden Unzumutbarkeitsgrenze in der Regel nicht rücksichtslos und daher hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – juris Rn. 24; B.v. 16.10.2012 – 1 CS 12.2036 – juris Rn. 5; U.v. 18.7.2014 – 1 N 13.2501 – juris Rn. 34; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7 f.; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 31; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 28 m.w.N.; OVG Bremen, B.v. 19.3.2015 – 1 B 19/15 – juris Rn. 19; SächsOVG, B.v. 4.8.2014 – 1 B 56/14 – juris Rn. 19). Dass diese Grenze vorliegend aufgrund einer besonderen Belastungswirkung im konkreten Fall überschritten sein könnte, ist nicht ersichtlich. Dies gilt erst Recht angesichts der im Vergleich zu einer reinen Wohnnutzung insoweit weniger schutzwürdigen gewerblichen Nutzung des Erdgeschosses des klägerischen Anwesens und der zu diesem gehörenden Terrasse. Ferner ist hier zu berücksichtigen, dass in der Rechtsprechung im Hinblick auf die Lichtverhältnisse anerkannt ist, dass die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsräumen, der vorliegend entsprechend der vorgelegten Pläne gegeben ist, grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO 1974) (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – juris Rn. 14 unter Bezugnahme auf BayVGH, B.v. 9.6.2011 – 2 ZB 10.2289 – juris Rn. 5; U.v. 20.9.2011 – 2 B 11.761 – juris Rn. 26). Zudem ist die vom streitgegenständlichen Vorhaben ausgehende Verschattungswirkung auf das klägerische Villengebäude auch dadurch bedingt, dass das klägerische Villengebäude selbst den von Art. 6 Absatz 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO vorgesehenen und gerade auch einer ausreichenden Belichtung und Besonnung bezweckenden Abstand zur südlichen Grundstücksgrenze nicht einhält, was die Schutzwürdigkeit der Klägerin bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Verschattung weiter vermindert (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2011 – 2 ZB 10.2290 – juris Rn. 4).
(4) Ebenso wenig ergibt sich eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots in seiner drittschützenden Ausprägung daraus, dass durch die Zahl, Höhe und Situierung der Fenster und Balkone des streitgegenständlichen Bauvorhabens zahlreiche neue Einblickmöglichkeiten auf das Grundstück der Klägerin und insbesondere auf die im Süden gelegene (Haupt-)Terrasse geschaffen werden.
Die Klägerin muss die Möglichkeit der Einsichtnahme in ihr Grundstück grundsätzlich hinnehmen, da das öffentliche Baurecht keinen generellen Schutz vor unerwünschten Einblicken vermittelt. Dementsprechend bezieht sich beispielsweise das bauplanungsrechtliche Gebot des Einfügens nur auf die in § 34 Abs. 1 BauGB genannten städtebaulichen Merkmale der Nutzungsart, des Nutzungsmaßes, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche. Die Möglichkeit der Einsichtnahme ist darin, da städtebaulich nicht relevant, ebenso wenig wie die Anzahl der in einem Gebäude vorhandenen Wohnungen, Balkone oder Fenster angesprochen (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.1989 – 4 B 72/89 – juris Rn. 7; BayVGH, B. v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 13 m. w. N.). Auch das Rücksichtnahmegebot gibt dem Nachbarn nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung, speziell vor jeglichen Einblicken verschont zu werden. Hinzukommt, dass die im Erdgeschoss des klägerischen Anwesens vorhandene gewerbliche Nutzung inklusive der zu ihr gehörenden Südterrasse gegenüber zunehmenden Einsichtnahmemöglichkeiten weniger schutzwürdig ist als eine reine Wohnnutzung und sogar bei aufeinanderstoßender reiner Wohnnutzung unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsart ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2010 – 2 ZB 09.2191 – juris Rn. 7 unter Bezugnahme auf BayVGH, U.v. 7.10.2010 – 2 B 09.328 – juris Rn. 30; B.v. 12.9.2005 – 1 ZB 05.42 – juris Rn. 19). Insbesondere im dicht bebauten innerstädtischen Bereich sind gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten daher auch im Fall sich aneinanderreihender grundsätzlich schutzwürdiger Wohnnutzung grundsätzlich als unvermeidlich hinzunehmen, was hinsichtlich eines nicht rein wohngenutzten Gebäudes, an das sich eine reine Wohnnutzung anschließt, erst Recht gilt. Den – insoweit auch gegenseitig – Betroffenen ist es grundsätzlich zumutbar, sich durch das Anbringen von Jalousien bzw. Vorhängen oder verspiegelten Fenstern, die Verwendung von Sonnenschirmen oder -segeln o.Ä. zu behelfen (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2010 – 2 ZB 09.2191 – juris Rn. 7; VG München, U.v. 15.4.2013 – M 9 K 12.1542 – juris Rn. 34).
Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall mit besonders schwerwiegenden Auswirkungen sind vorliegend auch nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb eine Einschränkung bzw. Vorbeugung etwaiger Einsichtnahmemöglichkeiten, z.B. durch Anbringung bzw. Belassen von Vorhängen und Jalousien vor den Fenstern des klägerischen Anwesens und durch Aufstellung von Sonnenschirmen oder das Anbringen eines Sonnensegels im Fall der gewerblichen Nutzung der Terrasse an der Südseite, vorliegend nicht möglich sein soll. Zudem ist angesichts der Entfernung des streitgegenständlichen Bauvorhabens von der Südterrasse des gemischt genutzten Gebäudes der Klägerin von ca. 9 m und von ca. 12 m zur südlichen Außenfassade des klägerischen Anwesens (abgriffen aus dem von der Klägerin vorgelegten Lageplan, Anlage K 8 im Verfahren M 8 K 18.2286), auch unter Berücksichtigung der Balkone und Terrassen des streitgegenständlichen Vorhabens, nicht davon auszugehen, dass die entstehenden Einsichtsmöglichkeiten unzumutbar sind (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2010 – 2 B 09.328 – juris Rn. 30 zu einem Fall mit einer Entfernung von 9 m), zumal durch die Ausgestaltung des 3. Obergeschosses als Terrassengeschoss auch insofern eine Abmilderung erfolgt. Es liegt auf der Hand, dass die (gegenseitigen) Einblickmöglichkeiten durch den Verzicht des Beigeladenen auf ein Geschoss bzw. durch eine andere Situierung der Balkone bzw. (Dach-)Terrassen reduziert werden könnten. Das Rücksichtnahmegebot legt dem Bauherrn jedoch keine Pflicht auf, die für den Nachbarn am wenigsten beeinträchtigende Alternative für seine Bauabsicht zu wählen (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.1997 – 4 B 97/97 – juris Rn. 6).
(5) Schließlich ergibt sich eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots auch nicht unter dem Aspekt des von der Klägerin insbesondere im Hinblick auf die geringe Höhe des Erdgeschosses des streitgegenständlichen Vorhabens empfundenen ästhetischen Unbehagens und der Beeinträchtigung der Ausblickmöglichkeiten von der Südseite des klägerischen Anwesens auf das Maximilianeum. Denn das Gebot der Rücksichtnahme verleiht dem Nachbarn kein Recht, vor jeglicher Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück verschont zu bleiben. Dass der Wegfall des Ausblicks auf das Maximilianeum aufgrund der Nachbarbebauung zu unzumutbaren Verhältnissen auf dem klägerischen Grundstück führen könnte, ist geradezu abwegig. Dies gilt umso mehr, als das klägerische Villengebäude selbst den nördlicher entlang der …-Straße gelegenen Gebäuden diesen Ausblick versperrt bzw. jedenfalls erschwert. Ebenso wenig vermittelt das Rücksichtnahmegebot dem Nachbarn ein Recht auf eine ihm unter ästhetischen Gesichtspunkten mehr behagende Gestaltung von fremden Bauvorhaben. Dass der Bauherr innerhalb des geltenden rechtlichen Rahmens sein Bauvorhaben auch anders ausgestalten könnte, spielt insoweit ebenfalls keine Rolle.
d) Schließlich wird die Klägerin auch durch die in der Antwort auf Frage 2.2 des Vorbescheids vom 16. April 2018 in Aussicht gestellte Abweichung von der Einhaltung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO durch die nördliche Außenwand des streitgegenständlichen Bauvorhabens nicht in ihren Rechten verletzt.
aa) Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Satz 1 BayBO vereinbar sind.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden und gebäudegleichen Anlagen Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden bzw. gebäudegleichen Anlagen freizuhalten. Gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO müssen die Abstandsflächen auf dem (Vorhaben-)Grundstück selbst liegen.
Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nach der Wandhöhe, die senkrecht zur Wand zu messen ist (Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBO). Weist ein Gebäude aufgrund einer Gliederung durch Vor- oder Rücksprünge versetzte Außenwandteile auf, ist die Wandhöhe im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBO für jeden Wandteil gesondert zu ermitteln. Jeder versetzte Wandteil hat somit eine eigene Abstandsfläche, die unabhängig von der Gesamtlänge der Außenwand selbstständig zu beurteilen ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.5.1998 – 2 B 94.2682 – BeckRS 2005, 29052; B.v. 18.8.2004 – 26 ZB 04.995 – juris Rn. 3). Dabei haben vertikal versetzte Außenwandteile, die dadurch entstehen, dass die Außenwand eines Gebäudes auf verschiedenen (vertikal) übereinanderliegenden Ebenen (zum Beispiel Geschossen) Versätze (Vor- oder Rücksprünge) aufweist, wie zum Beispiel zurückversetzte Dachterrassengeschosse, keine eigene Außenwand, die geschlossen von der Geländeoberfläche bis zur Oberkante der Wand durchläuft. Daher ist „stellvertretend“ für jeden versetzten Wandteil eine entsprechende fiktive Wand zu konstruieren, nach deren Höhe sich die jeweilige Abstandsflächentiefe bemisst (vgl. BayVGH, U.v. 20.12.1988 – 20 B 88.00137 – BayVBl. 1989, 721 ; B.v. 11.11.2015 – 2 CS 15.1251 – juris Rn. 4). Die sich nach dieser Methode für einen Wandteil ergebende, am weitesten vor die Gebäudeaußenwand ragende Einzelabstandsfläche ist letztlich die für den Wandteil maßgebliche Abstandsfläche (vgl. Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 223 ).
Da die Regelungen des Art. 6 BayBO in ihrer Gesamtheit auch dem Schutz der angrenzenden Nachbarn dienen (vgl. BayVGH, U.v. 14.10.1985 – 14 B 85 A.1244 – BayVBl. 1986, 143 ; B.v. 21.10.1991 – 2 CS 91.2446 – BeckRS 1991, 09074 m.w.N.; B.v. 30.11.2005 – 1 CS 05.25235 – BeckRS 2005, 17740; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 258 m.w.N.), hat der Nachbar grundsätzlich auch ein Recht darauf, dass Abweichungen im Sinne von Art. 63 BayBO von den drittschützenden Regelungen des Art. 6 BayBO zu seinen Lasten nur unter Einhaltung der Voraussetzungen des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO erteilt werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – juris Rn. 17).
bb) Allerdings ist Klägerin vorliegend aufgrund einer qualitativ und quantitativ vergleichbaren Abstandsflächenüberschreitung durch die Gebäude auf ihrem Grundstück zulasten des Vorhabengrundstücks Fl.Nr. … nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, sich auf eine Rechtswidrigkeit der in der Antwort auf Frage 2.2 in Aussicht gestellten Abweichung zu berufen. Unabhängig davon ist die dem Beigeladenen zu Lasten des klägerischen Grundstücks in Aussicht gestellte Abweichung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO rechtmäßig und kann die Klägerin daher auch aus diesem Grund nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
aaa) Wie ein Nachbar unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung grundsätzlich gehindert ist, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften geltend zu machen, wenn er selbst in vergleichbarer Weise, d. h. etwa im selben Umfang, gegen diese Vorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2018 – 4 C 7/17 – juris Rn. 26 unter Bezugnahme auf OVG Lüneburg, B.v. 30.3.1999 – 1 M 897/99 – BRS 62 Nr. 190; VGH Mannheim, B.v. 29.9.2010 – 3 S 1752/10 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 4.2.2011 – 1 BV 08.131 – juris Rn. 37), kann sich ein Nachbar nach dem in der gesamten Rechtsordnung geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. BVerwG, B.v. 14.10.2014 – 4 B 51.14 – juris Rn. 4) in der Regel auch nicht darauf berufen, dass das Gebäude des jeweils Beigeladenen die Maßgaben des Art. 6 BayBO nicht einhält bzw. dem Beigeladenen zu Unrecht eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften erteilt wurde, wenn er selbst den nach den Abstandsflächenvorschriften erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, sofern die beidseitigen Überschreitungen etwa gleichwertig sind und nicht zu – gemessen am Schutzzweck der Vorschrift – schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2011 – 1 BV 08.131 – juris Rn. 37; B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris Rn. 15; VGH Mannheim, B.v. 4.1.2007 – 8 S 1802/06 – juris Rn. 4; B.v. 29.9.2010 – 3 S 1752/10 – juris Rn. 5). Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn in der vorliegenden Gestalt seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2016 – 2 CS 16.751 – n.v.; B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris Rn. 10, 15 m.w.N.; OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 – 2 B 16.99 – juris Rn. 29; VGH SH, U.v. 15.12.1992 – 1 L 118/91 – juris; OVG Lüneburg, B.v. 30.3.1999 – 1 M 897/99 – juris Rn. 43; VG München, U.v. 21.1.2013 – M 9 E1 12.6080 – juris Rn. 36 m.w.N.; U.v. 11.3.2013 – M 8 K 12.3508 – juris Rn. 40; B.v. 20.6.2013 – M 8 SN 13.1890 – juris Rn. 37; U.v. 7.10.2013 – M 8 K 12.6342 – juris Rn. 26; B.v. 2.1.2014 – M 8 SN 13.5141 – juris Rn. 43; U.v. 30.6.2014 – M 8 K 13.1102 – juris Rn. 54).
Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (vgl. OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 – 2 B 16.99 – juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U.v. 30.3.1999 – 1 M 897/99 – juris Rn. 43).
(1) Die wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen durch die Gebäude bzw. gebäudegleichen Anlagen auf dem klägerischen und dem streitgegenständlichen Grundstück sind in quantitativer Hinsicht vergleichbar.
Die südliche Außenwand des klägerischen Haupthauses wirft bei Annahme einer Wandhöhe von 13,10 m und einer Länge der südlichen Außenwand von 21,2 m (abgegriffen aus dem Lageplan 1:200 auf dem Plan Nr. 001, ohne Berücksichtigung der Erker am südlichen Ende der westlichen Außenwand sowie am südlichen Ende der östlichen Außenwand) Abstandsflächen von 277,72 m2, von denen 123,13 m2 auf das streitgegenständliche Grundstück fallen. Das Tiefparterre mit darauf liegender, umfriedeter Terrasse ist zwar im Umkehrschluss zu Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 nach der von der Klagepartei angegebenen und auch beim Augenschein festgestellten Höhe eine Anlage mit gebäudegleicher Wirkung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO und insofern grundsätzlich abstandsflächenrelevant (vgl. Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 26 f. ). Allerdings kommen die von diesem Bauteil nach Süden geworfenen Abstandsflächen vollständig in den Abstandsflächen der südlichen Außenwand des Villengebäudes zu liegen. Zudem wirft die südliche Außenwand des Rückgebäudes auf dem klägerischen Grundstück weitere Abstandsflächen im Umfang von 14,7 m2 auf das streitgegenständliche Grundstück (Wandhöhe ca. 6,30 m, Länge der Wand ca. 7,35 m, jeweils abgriffen aus den Planunterlagen der Baugenehmigung vom 16. Februar 1990; mittlerer Abstand zur südlichen Grundstücksgrenze 4,30 m, abgegriffen aus dem Lageplan 1:200 des Plans Nr. 001). Die Gebäude auf dem klägerischen Grundstück werfen insofern Abstandsflächen im Umfang von 137,83 m2 auf das streitgegenständliche Grundstück.
Die nördliche Außenwand des streitgegenständlichen Vorhabens in der Variante ohne Dachterrasse über dem 3. Obergeschoss hat eine Breite von 26,2 m. Der mittlere Grenzabstand zwischen der tatsächlichen nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Bauvorhabens zum Grundstück der Klägerin beträgt 5,45 m (abgegriffen aus dem Lageplan 1:200 im Plan Nr. 001). Die bis zur Attika über dem 2. Obergeschoss reichende Außenwand hat eine Wandhöhe von 10,03 m + 0,05 m, die bis zum Ende der Brüstung des Balkons des 3. Obergeschosses reichende fiktive Außenwand hat eine Höhe von 10,76 m + 0,05 m, ist allerdings gegenüber der tatsächlichen Außenwand um ca. 0,5 m zurückversetzt. Die von der nördlichen (wiederum zurückversetzten) Außenwand des 3. Obergeschosses gebildete und bis zur Attika über dem 3. Obergeschoss reichende fiktive Außenwand hat eine Höhe von 13,25 + 0,05 m und ist gegenüber der tatsächlichen Außenwand um ca. 3 m zurückversetzt (Maße jeweils abgegriffen aus Plan Nr. 001). Insofern ergibt sich eine Abstandsflächenüberschreitung der insoweit maßgeblichen bis zum Ende der Brüstung des Balkons des 3. Obergeschosses reichenden fiktiven Außenwand von 127,33 m² zulasten des klägerischen Grundstücks.
Die nördliche Außenwand des streitgegenständlichen Vorhabens in der Variante mit Dachterrasse über dem 3. Obergeschoss hat ebenfalls eine Breite von 26,2 m. Der mittlere Grenzabstand zwischen der tatsächlichen nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Bauvorhabens zum Grundstück der Klägerin beträgt ebenfalls 5,45 m (abgegriffen aus dem Lageplan 1:200 im Plan Nr. 005). Die bis zur Attika über dem 2. Obergeschoss reichende Außenwand hat eine Wandhöhe von 10,03 m + 0,05 m, die bis zum Ende der Brüstung des Balkons des 3. Obergeschosses reichende fiktive Außenwand hat eine Höhe von 10,76 m + 0,05 m, ist allerdings gegenüber der tatsächlichen Außenwand um ca. 0,5 m zurückversetzt. Die von der nördlichen (wiederum zurückversetzten) Außenwand des 3. Obergeschosses gebildete und bis zur Attika über dem 3. Obergeschoss reichende fiktive Außenwand hat eine Höhe von 13,25 + 0,05 m und ist gegenüber der tatsächlichen Außenwand um ca. 3 m zurückversetzt (Maße jeweils abgegriffen aus Plan Nr. 005). Die Brüstung der Dachterrasse über dem 3. Obergeschoss ist nur 0,5 m höher und nochmals 3 m zurückversetzt, so dass sie sich abstandsflächenrechtlich nicht auswirkt. Insofern ergibt sich eine Abstandsflächenüberschreitung der insoweit maßgeblichen bis zum Ende der Brüstung des Balkons des 3. Obergeschosses reichenden fiktiven Außenwand von ebenfalls 127,33 m² zulasten des klägerischen Grundstücks.
Die Abstandsflächenüberschreitung der Gebäude auf dem klägerischen Grundstück zulasten des Vorhabengrundstücks ist damit sogar etwas größer als diejenige der beiden Vorbescheidsvarianten zulasten des klägerischen Grundstücks und damit in quantitativer Hinsicht jedenfalls vergleichbar.
(2) Die wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen sind zudem auch in qualitativer Hinsicht vergleichbar.
Dass die Gebäude auf dem klägerischen Grundstück in ihren bestehenden Ausmaßen genehmigt worden sind, vermag nach dem oben dargestellten Maßstab die Qualität der Abstandsflächenüberschreitung nicht zu verändern. Anderes gälte nur im Fall einer Abstandsflächenübernahme des streitgegenständlichen Grundstücks zugunsten des klägerischen Grundstücks im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO, die vorliegend weder ersichtlich noch nachgewiesen ist. Mangels Feststellbarkeit eine Abstandsflächenübernahme des streitgegenständlichen Grundstücks zugunsten des klägerischen Grundstücks kann diese die Qualität der wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen der Gebäude auf dem klägerischen und dem streitgegenständlichen Grundstück nicht beeinflussen.
Ferner folgt ein qualitativer Unterschied der wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen auch nicht daraus, dass die von der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Vorhabens geworfenen Abstandsflächen zu einem geringen Anteil (vgl. Anlage K 8) auf die, auf dem Tiefparterre gelegene Terrasse an der Südseite des klägerischen Anwesens fallen. Das als Keller genutzte Tiefparterre ist, wie erläutert, im Hinblick auf die nachbarlichen Schutzzwecke des Abstandsflächenrechts von geringer Bedeutung und jedenfalls deutlich weniger schutzwürdig als die gegenüberliegend geplante Wohnnutzung. Im Übrigen stehen sich im Rahmen des nicht je nach geographischer Ausrichtung der jeweiligen Außenwand unterscheidenden Abstandsflächenrechts auf Seiten des Beigeladenen zu Wohnzwecken genutzte Räume und Balkone und auf Seiten der Klägerin zu gewerblichen Zwecken genutzte Räume im Erdgeschoss inklusive Terrasse sowie zu Wohnzwecken genutzte Räume im ersten Obergeschoss gegenüber, sodass auch insoweit keine abstandsflächenrechtlich schwerwiegendere Betroffenheit der Klägerin durch die Abstandsflächenüberschreitung ersichtlich ist. Zudem ist, wie erläutert, zu berücksichtigen, dass es aufgrund der fehlenden abstandsflächenrechtlichen Relevanz von ebenerdigen Terrassen auch bei der Bewertung der Qualität einer Abstandsflächenüberschreitung durch ein Nachbarbauvorhaben grundsätzlich keinen Unterschied machen kann, ob eine von der Außenwand des (geplanten) Nachbargebäudes über die Nachbargrenze hinaus geworfene Abstandsfläche auf einer Freifläche, einer ebenerdigen Terrasse oder einer, beispielsweise unter Nutzung eines Tiefparterres, höhergelegten Terrasse zum Liegen kommt, da jeweils dieselbe Nutzungsart von der Abstandsflächenüberschreitung betroffen ist.
Aufgrund der in quantitativer und qualitativer Hinsicht vergleichbaren Überschreitung der Abstandsflächen durch die Klägerin selbst kann sie sich nicht auf die Rechtswidrigkeit der dem Beigeladenen in der Antwort auf Frage 2.2 in Aussicht gestellten Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO berufen.
bbb) Unabhängig davon ist die im Vorbescheid vom 16. April 2018 in der Antwort auf Frage 2.2 in Aussicht gestellte Abweichung auch rechtmäßig.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung setzt die Zulassung einer Abweichung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an geschützten Nachbarrechtspositionen im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Denn der Zweck des Abstandsflächenrechts, der vor allem darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, wird regelmäßig nur dann erreicht, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Da somit grundsätzlich jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, muss es sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht ausreichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2002 – 2 CS 01.1506 – juris Rn. 16; B.v. 23.5.2005 – 25 ZB 03.881 – juris Rn. 8; B.v. 15.11.2005 – 2 CS 05.2817 – juris Rn. 2; B.v. 29.11.2006 – 1 CS 06.2717 – juris Rn. 24; B.v. 11.1.2007 – 14 B 03.572 – juris Rn. 22; B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – juris Rn. 16 m.w.N.; B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 23; B.v. 5.12.2011 – 2 CS 11.1902 – juris Rn. 3; U.v. 22.12.2011 – 2 B 11.2231 – juris Rn. 16; B.v. 20.11.2014 – 2 CS 14.2199 – juris Rn. 4; B.v. 15.10.2014 – 2 ZB 13.530 – juris Rn. 3; B.v. 9.2.2015 – 15 ZB 12.1152 – juris Rn. 16). Es müssen rechtlich erhebliche Unterschiede vorliegen, die das Vorhaben als einen sich von der Regel unterscheidenden atypischen Fall erscheinen lassen und dadurch eine Abweichung rechtfertigen können (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2014 – 1 B 14.819 – juris Rn. 15; B.v. 11.12.2014 – 15 CS 14.1710 – juris Rn. 19). Diese können sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2006 – 25 ZB 01.1004 – juris Rn. 4; B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – juris Rn. 16; B.v. 20.11.2014 – 2 CS 14.2199 – juris Rn. 4; B.v. 2.12.2014 – 2 ZB 14.2077 – juris Rn. 4; B.v. 9.2.2015 – 15 ZB 12.1152 – juris Rn. 16; B.v. 21.12.2016 – 9 CS 16.2278 – juris Rn. 14). In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen. Hingegen begründen allein Wünsche eines Eigentümers, sein Grundstück stärker auszunutzen als dies ohnehin schon zulässig wäre, noch keine Atypik, da Modernisierungsmaßnahmen, die nur der Gewinnmaximierung dienen sollen, auch in Ballungsräumen nicht besonders schützenswert sind (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2014 – 2 CS 14.2199 – juris Rn. 4; B.v. 2.12.2014 – 2 ZB 14.2077 – juris Rn. 3).
Vorliegend kann offen bleiben, ob nach Einfügung des neuen Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO (entgegen dem gesetzgeberischen Ziel der Neuregelung, vgl. LT-Drucks. 17/21574, S. 13) weiterhin eine Atypik für eine Abweichung von den Vorgaben des Abstandsflächenrechts erforderlich ist, wobei diese Rechtsänderung zugunsten des Beigeladenen auch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen wäre (vgl. BayVGH, b.v. 18.10.2005 – 1 ZB 04.1597 – juris Rn. 17), da vorliegend eine Atypik gegeben ist. Diese ergibt sich, wie die Beklagte zutreffend erkannt hat, daraus, dass die Bebauung entlang der …-Straße in der Nachbarschaft des streitgegenständlichen Grundstücks aufgrund ihrer Höhe und der Grenzabstände der Gebäude von maximal 8 m, darunter auch die Gebäude auf dem klägerischen Grundstück und ausweislich der Feststellungen im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins in noch deutlich ausgeprägterem Umfang insbesondere das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. … (* …-Str. 6), die nach heutigem Recht von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO vorgesehenen Abstandsflächen – jedenfalls bezogen auf die nördlichen und südlichen Außenwände – zumindest fast durchwegs nicht gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf eigenem Grundstück einhält. Auch wenn insofern mangels Einheitlichkeit der abweichenden Abstandsflächentiefen kein Fall des Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO vorliegt, begründet die (weitgehend) durchgängige Nichteinhaltung der Vorgaben des derzeit geltenden Abstandsflächenrechts durch die Nachbarbebauung, insbesondere da es sich – wie bereits erläutert – um einen dicht bebauten innerstädtischen Bereich handelt, die für die Atypik erforderliche besondere städtebauliche Situation (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2010 – 2 B 09.328 – juris Rn. 34; B.v. 9.6.2011 – 2 ZB 10.2290 – juris Rn. 10; B.v. 4.8. 2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 23; B.v. 2.12.2014 – 2 ZB 14.2077 – juris Rn. 3).
(2) Liegt die (erforderliche) Atypik vor, ist gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO weitere Voraussetzung für die Erteilung einer Abweichung die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz – wie beim bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme – eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – juris Rn. 20).
Vorliegend hat sich die Beklagte im Rahmen der Begründung der erteilten Abweichung differenziert mit der Situation auch der betroffenen Nachbarn in sachgerechter und auf den Einzelfall bezogener Weise auseinandergesetzt und ist auf dieser Grundlage, ohne dass dies rechtlich zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gekommen, dass die durch das Vorhaben ausgelöste Beeinträchtigung der Besonnung, Belichtung und Belüftung des klägerischen Grundstücks zumutbar ist. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar (§ 114 VwGO).
Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung davon ausgegangen ist, dass die südliche Außenwand des klägerischen Anwesens Abstandsflächen in vergleichbarem Umfang auf das streitgegenständliche Grundstück wirft (vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris Rn. 18). Dieser Aspekt darf nicht nur im Hinblick auf die Möglichkeit des jeweiligen Nachbarn, eine Abstandsflächenrechtsverletzung durch ein (geplantes) Bauvorhaben im Rahmen eines Rechtsbehelfs zu rügen, berücksichtigt werden.
Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme der Beklagten, dass trotz der Länge der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Vorhabens und ihrer Höhe die Belichtung und Besonnung des klägerischen Grundstücks nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf die obigen Ausführungen zum Rücksichtnahmegebot Bezug genommen. Ergänzend ist insoweit auszuführen, dass vorliegend aufgrund der Lage des klägerischen Grundstücks im Norden des streitgegenständlichen Grundstücks eine Verschattung des klägerischen Grundstücks nie zu vermeiden ist, wenn auf dem Grundstück der Beigeladenen mit einer in der Nachbarschaft vorzufindenden und sich insoweit in diese einfügenden Kubatur gebaut wird. In diesem städtebaulichen Zusammenhang führt jede sich hinsichtlich ihres Maßes in die Eigenart der näheren Umgebung einfügende Bebauung zwangsläufig zu einer Reduzierung der Belichtung bei den Nachbargebäuden; dies gilt unabhängig von der jeweiligen Ausrichtung (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 24 unter Bezugnahme auf BayVGH, B.v. 9.6.2011 – 2 ZB 10.2290 – juris Rn. 5), sodass insofern situationsbedingt eine erhöhte Zumutbarkeitsschwelle gilt.
Ebenso wenig ist es sachfremd, hinsichtlich der Gefährdung des sozialen Wohnfriedens durch verringerte Abstandsflächen und der Bewertung dieser Gefahr auf die jedenfalls vergleichbar geringen nördlichen bzw. südlichen Grenzabstände in der Nachbarbebauung abzustellen.
Zwar ist die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 16. April 2018 fehlerhaft davon ausgegangen, dass die auf das klägerische Grundstück fallenden Abstandsflächen der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Vorhabens vollständig auf den nicht überbauten Freiflächen des klägerischen Grundstücks zu liegen kommen. Zudem ist sie auch in ihrer Klageerwiderung vom 7. Mai 2019 entgegen der Ansicht des Beigeladenen ausdrücklich bei dieser Ansicht geblieben, obgleich sich bereits aus der von ihr selbst erstellten und gleichzeitig vorgelegten, von der Beigeladenen als nicht maßstabsgerecht gerügten Zeichnung (Anlage B1) ergibt, dass die von der nördlichen Außenwand des klägerischen Anwesens geworfenen Abstandsflächen zu einem geringfügigen Teil auf der klägerischen Südterrasse zu liegen kommen. Da es jedoch, wie erläutert, hinsichtlich der Gewichtigkeit der Abstandsflächenüberschreitung nicht von Bedeutung ist, ob die die Grenze zum Nachbarn überschreitenden Abstandsflächen auf eine Freifläche, auf eine ebenerdige Terrasse oder eine zum Beispiel unter Nutzung eines darunterliegenden Tiefparterres höher gelegene Terrasse fallen, leidet die Ermessensentscheidung der Beklagten über die Abweichung trotz Zugrundelegung eines insoweit nicht korrekten Sachverhalts nicht an einem Ermessensfehler.
Ebenso wenig fehlerhaft ist es, dass die Beklagte bei ihrer Abweichungsentscheidung nicht berücksichtigt hat, dass es weder rechtlich noch tatsächlich gesichert ist, dass die auf das klägerische Grundstück fallenden Abstandsflächen der nördlichen Außenwand des streitgegenständlichen Bauvorhabens nicht bebaut werden. Denn durch die erteilte Abweichung wird die von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO vorgesehene Abstandsflächentiefe verkürzt, sodass die Abstandsfläche, obgleich dadurch Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO nicht eingehalten wird, an der Grenze zum Nachbargrundstück endet; das Nachbargrundstück muss infolge der Abweichung nicht im Umfang der Abstandsflächenüberschreitung von Bebauung freigehalten werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2005 – 2 CS 05.2817 – juris Rn. 2; B.v. 14.1.2009 – 1 ZB 08.97 – juris Rn. 27). Insofern ist es, anders als in der von Art. 6 Abs. 2 Satz 3 Alt. 1 BayBO genannten Situation, in der sich Abstandsflächen ganz oder teilweise grenzüberschreitend auf andere Grundstücke erstrecken dürfen, nicht erforderlich, dass rechtlich oder tatsächlich gesichert ist, dass das Nachbargrundstück, soweit es von Abstandsflächen überlagert wird, nicht überbaut wird.
II.
Eine sonstige Verletzung nachbarschützender Vorschriften ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Zudem wird durch die Darlegungen unter den Gliederungsziffern I.2.b-d bestätigt, dass aufgrund des streitgegenständlichen Vorbescheids und der ihm zugrunde liegenden Bauvorlagen eine vollständige Überprüfung des streitgegenständlichen Vorbescheids am Maßstab der einschlägigen nachbarschützenden Rechtsvorschriften möglich ist. Dies bestätigt die Annahme unter I.2.a, dass die Bauvorlagen nicht in einer die Rechte der Klägerin verletzenden Weise unzureichend sind.
Daher war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Beigeladene hat einen eigenen Klageabweisungsantrag gestellt und sich inso-fern gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko unterworfen. Es entspricht daher der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, dass ihm seine außergerichtlichen Kosten erstattet werden.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).