Baurecht

Schiebebeschluss, Hängebeschluss, Einstweiliger Rechtschutz des Nachbarn gegen eine beschränkte Erlaubnis nach Art. 15 BayWG u.a. zur Grundwasseraufstauung

Aktenzeichen  M 2 S 21.2866

Datum:
4.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 14998
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80
VwGO § 80a
GG Art. 19 Abs. 4
BayWG Art. 15

 

Leitsatz

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 27. Mai 2021 (M 2 K 21.2865) gegen Nummer I.2. des Bescheids der … … vom 10. Mai 2021 ( …) wird bis zur Entscheidung über den Eilantrag der Antragstellerin vom 31. Mai 2021 (M 2 S 21.2866) vorläufig wiederhergestellt, soweit der Bescheid die Beigeladene zur Vornahme von baulichen Maßnahmen an der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin ( …straße 5, … …) berechtigt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen im Zusammenhang eines Bauvorhabens durch eine kreisfreie Gemeinde erteilte beschränkte Erlaubnis nach Art. 15 Bayerisches Wassergesetz (BayWG).
Die Beigeladene ist Bauherrin eines Bauvorhabens auf den Grundstücken Fl.-Nr. … und …, Gemarkung … … … Die Antragstellerin ist eine Familiengesellschaft, die Eigentümerin des bebauten südlich gelegenen Nachbargrundstücks ist. Die Beigeladene beabsichtigt, nach dem derzeit stattfindenden Rückbau des Bestandsgebäudes einen mehrstöckigen Neubau mit einem Untergeschoss (einschließlich integrierter Tiefgarage) zu errichten. Der Neubau wurde durch die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 7. Oktober 2019 genehmigt. Hiergegen ist bei einer anderen Kammer des Verwaltungsgerichts München eine Klage der hiesigen Antragstellerin anhängig (M 8 K 19.5465); über diese Klage ist noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 26. September 2019 wurde der Beigeladenen im Zusammenhang mit diesem Bauvorhaben bereits eine beschränkte Erlaubnis nach Art. 15 BayWG erteilt; der Sofortvollzug war von der Antragsgegnerin nicht angeordnet worden. Gegen diesen Bescheid hat die hiesige Antragstellerin am 25. September 2019 Klage erhoben. Die Beigeladene hat ihren Antrag auf beschränkte Erlaubnis gegenüber der Beklagten allerdings noch während des anhängigen Gerichtsverfahrens mit Schreiben vom 27. Januar 2021 vollumfänglich zurückgezogen, so dass sich die erteilte Genehmigung nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt hatte. Infolgedessen haben die Beteiligten das gerichtliche Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt; das Gericht hat durch Beschluss vom 31. März 2021 das Verfahren eingestellt und die Kosten der Beigeladenen auferlegt (M 2 K 20.4671).
Nunmehr wurde nach Vorlage eines neuen Antrags der Beigeladenen dieser mit Bescheid vom 10. Mai 2021 von der Antragsgegnerin unter Nummer I die beschränkte Erlaubnis nach Art. 15 BayWG erteilt, (unter Nr. 1) während der Bauzeit Grundwasser zu entnehmen, zutagezufördern, zutagezuleiten und abzuleiten (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG), (unter Nr. 2) Grundwasser aufzustauen, abzusenken und umzuleiten (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 WHG) und (unter Nr. 3) Stoffe sowie Injektionen in den Untergrund einzubringen (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 bzw. Abs. 2 Nr. 2 WHG). Nummer I wurde unter Nr. II des Bescheids für sofort vollziehbar erklärt. Nr. III des Bescheids listet die der Erlaubnis zugrundliegenden Unterlagen, Nr. IV des Bescheids eine Reihe von Nebenbestimmungen auf. Zur Begründung wurde hinsichtlich der Belange der Antragstellerin u.a. vorgetragen, dass ein Aufstau an deren Grundstück in Höhe von etwa 11 cm zu erwarten sei. Allerdings liege der Heizraum, der Personenaufzug, die Hebeanlage und der Pumpensumpf des Anwesens der Antragstellerin bereits im Aufstaubereich einer 1971 errichteten Betonschlitzwand, die auf der gesamten Länge der Grenze zwischen den Grundstücken der Antragstellerin und der Beigeladenen liegt.
Am 27. Mai 2021 erhob die Antragstellerin gegen diesen Bescheid Klage und beantragte, den Bescheid aufzuheben.
Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2021 beantragte sie außerdem im Eilverfahren,
die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen und – mit Blick auf die von der Beigeladenen geplante Errichtung der Grundwassersperren bis zum 18. Juni 2021 – bis zur Entscheidung über den Eilantrag einen Schiebebeschluss zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu erlassen.
Zur Begründung trug die Antragstellerin vor, dass sie im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend angehört worden sei und die beschränkte Erlaubnis gegen das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße. Die geplante Errichtung von Grundwassersperren zum Schutz des neu zu errichtenden Gebäudes könne zu einem Aufstau des Grundwassers am Grundstück der Antragstellerin führen und zur Folge haben, dass Teile ihres Gebäudes unter Wasser gesetzt würden. Weiterhin trug sie sinngemäß vor, dass bestritten werde, dass seit 1971 an der gesamten Grundstücksgrenze eine Betonschlitzwand verlaufe. Selbst wenn dies so wäre und insoweit der Neubau die seit rund 50 Jahren bestehende Grundstückssituation bei der Antragstellerin nicht verändere, sei dies rechtlich nicht relevant. Denn in jedem Fall sei diese Wand bislang nicht genehmigt und es müsse die Beigeladene daher rechtlich so behandelt werden, als würde sie diese Wand erstmals errichten. Insgesamt sei auch nicht anderweitig ein Abfluss des Grundwassers ausreichend sichergestellt; die von der Beigeladenen vorgeschlagene Grundwasserüberleitung, bestehend aus drei unter dem Neubau von Ost nach West geführten Rohrleitungen, mit deren Hilfe das Grundwasser auf die östlich gelegenen Nachbargrundstücke geleitet werden solle, sei jedenfalls noch nicht ausgereift und nicht genehmigungsfähig. Schon planmäßig sei ein geeignetes Gefälle der Leitungen nicht ersichtlich, außerdem bestünde die Gefahr der Verschlammung. Schließlich fehle es auch an der rechtlichen Absicherung, dass das Grundwasser dauerhaft auf die östlich gelegenen Nachbargrundstücke fließen dürfte. Spätestens wenn diese Nachbarn Tiefbaumaßnahmen durchführen wollten, bestünde die Gefahr, dass das Grundwasser nicht weiterhin abfließen könne.
Am 2. Juni 2021 teilte die Antragstellerin dem Gericht zunächst telefonisch, sodann schriftsätzlich mit, dass sie auf dem Grundstück verstärkte Bautätigkeit wahrnehme; so sei insbesondere seit tags zuvor eine zweite Maschine im Einsatz, mit deren Hilfe die Arbeiten an den Bohrpfahlwänden intensiviert durchgeführt würden und damit die dargestellten Bauzeitenabläufe deutlich unterschritten werden könnten.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 4. Juni 2021,
den Eilantrag und den Antrag auf Erlass eines Schiebebeschlusses abzulehnen.
Sie trug u.a. vor, dass zwischen den Anwesen der Antragstellerin und der Beigeladenen seit 1971 eine zumindest baurechtlich genehmigte Betonschlitzwand bestehe und diese zu einem rechnerischen Aufstau von 11 cm führe. Infolgedessen sei die Antragstellerin durch das Neuvorhaben nicht mehr betroffen als bislang ohnehin. Es sei aber nicht vorgetragen worden, dass das Eigentumsrecht der Antragstellerin in der Vergangenheit durch einen Aufstau irgendwie beeinträchtigt worden sei. Selbst wenn die streitgegenständliche Genehmigung erstmals die Betonschlitzwand legalisiere, ändere dies nichts an der fehlenden Beeinträchtigung der Antragstellerin.
Die Beigeladene beantragte mit Schreiben vom 4. Juni 2021,
den Eilantrag und den Antrag auf Erlass eines Schiebebeschlusses abzulehnen.
Sie trug vor, dass der Neubau jedenfalls wegen einer seit 1971 an der gesamten Grenze zum Grundstück der Antragstellerin verlaufenden Betonschlitzwand die Situation nicht verändere. Auf dem südlich gelegenen Grundstück der Antragstellerin werde die Aufstauung gegenüber dem bisherigen Zustand nicht verändert. Der Aufstau betrage schon bisher 11 cm. Der mögliche Aufstaubetrag betrage vor dem Baugrundstück unter Berücksichtigung der vorgesehenen Grundwasserüberleitung max. 2,5 cm und sei unbedenklich. Ein Schiebebeschluss sei jedenfalls nicht erforderlich, weil der Eintritt irreversibler Schäden nicht zu erwarten sei. Nach dem aktuellen Bauzeitenplan sei mit einem Abschluss des Setzens der Bohrpfähle erst am 24. Juni 2021, mit dem restlichen Aushub der Baugrube bis Ende Juli und mit dem Errichten der Bodenplatte erst ab August 2021 zu rechnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des Eil- und Hauptsacheverfahrens verwiesen.
II.
1. Mit einer Zwischenentscheidung (sog. Hänge- oder Schiebebeschluss) im Rahmen eines anhängigen Eilrechtsschutzverfahrens kann das Gericht in Ausnahmefällen Regelungen für den Zeitraum zwischen dem Eingang des Eilantrags und der Entscheidung des Gerichts über diesen Antrag treffen, sofern dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich ist (vgl. BVerfG, B.v. 11.10.2013 – 1 BvR 2616/13 – juris Rn. 7 f.; OVG SH, B.v. 9.2.2021 – 3 MB 2/21 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 17.12.2020 – 15 CS 20.3007 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 31.5.2019 – 8 CS 19.1073 – juris Rn. 3).
2. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist ein solcher Beschluss (nur) zulässig und erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 31.5.2019 – 8 CS 19.1073 – juris Rn. 8 m.w.N.), wenn die Entscheidungsreife für die von der Antragstellerin beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 10. Mai 2021 noch nicht gegeben ist (a), der Eilantrag nicht offensichtlich aussichtslos erscheint (b) und aus Gründen eines wirksamen vorläufigen Rechtsschutzes zur Vermeidung irreversibler Zustände bzw. schwerer und unabwendbarer Nachteile nicht bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgewartet werden kann (c). Diese Voraussetzungen sind vorliegend zu bejahen.
a) Der gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist noch nicht entscheidungsreif. Das Gericht ist gegenwärtig noch nicht in der Lage, abschließend über den Eilantrag zu entscheiden. Die Behördenakten liegen noch nicht vor und die Antragsgegnerin und die Beigeladenen konnten zu dem umfangreichen Antragsschriftsatz nur erste kurze Stellungnahmen abgeben, so dass entscheidungserhebliche fachliche und rechtliche Fragen – etwa hinsichtlich der Zumutbarkeit der von allen Beteiligten erwarteten Aufstauung auf dem Grundstück der Antragstellerin, der Bedeutung einer wohl über die gesamte Länge auf der Grundstücksgrenze zur Antragstellerin vorhandenen Betonschlitzwand sowie zur möglichen dauerhaften rechtlichen Absicherung der vorgesehenen Ableitung von Grundwasser durch die Überleitung auf östliche Nachbargrundstücke – im Moment noch nicht einmal einer summarischen Überprüfung durch das Gericht unterzogen werden können. Die Sachlage ist insoweit derzeit noch unübersichtlich und komplex. Die vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen werfen Fragen auf, zu denen auch im Eilverfahren die Beteiligten noch Stellung zu nehmen haben werden. Erst dann ist aus Sicht des Gerichts eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und eine Entscheidung im Eilverfahren möglich. Es scheidet daher vorliegend gegenwärtig auch aus, „im Rahmen einer ‚herkömmlichen’ Entscheidung nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO allein die einander gegenüberstehenden Interessen (…) zu gewichten“ (BayVGH, B.v. 17.12.2020 – 15 CS 20.3007 – juris Rn. 15).
b) Der gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte beschränkte Erlaubnis ist auch nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet. Die Antragstellerin kann sich als Grundstückseigentümerin und Nachbarin des Grundstücks, auf bzw. an dem die Beigeladene u.a. Grundwasser aufstauen möchten, grundsätzlich auf das wasserrechtliche Gebot der Rücksichtnahme berufen. Das u.a. in § 13 Abs. 1 WHG für sämtliche wasserrechtliche Gestattungen verankerte Gebot, auf Belange anderer Rücksicht zu nehmen, vermittelt Drittschutz, wenn und soweit Belange eines Dritten in einer qualifizierten und individualisierten Weise betroffen sind. Für die Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist erforderlich, dass die Antragstellerin nach ihrem Tatsachenvortrag in qualifizierter und individualisierter Weise betroffen ist und die Erteilung der Erlaubnis ihr gegenüber möglicherweise rücksichtslos ist. Der Antrag erfordert daher in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine Darlegung der qualifizierten und individualisierten Betroffenheit sowie der mangelnden Rücksichtnahme; ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegt dabei im Ergebnis aber nur vor, wenn die befürchteten Nachteile konkret zu erwarten und nicht lediglich abstrakt denkbar sind (vgl. zusammenfassend Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 955 ff., 964 f.; Kloepfer, Umweltrecht, 4. Aufl. 2016, Bd. II, § 14 Rn. 411).
Die Antragstellerin hat eine solche qualifizierte und individualisierte Betroffenheit vorgetragen, so dass die Antragsbefugnis besteht. Es ist nach den vorgelegten Unterlagen mit einem – wenngleich im einzelnen umstrittenen – Aufstau von Grundwasser auf dem Grundstück der Antragstellerin zu rechnen, weil dieses im Anströmungsgebiet des aus südwestlicher Richtung fließenden Grundwassers liegt. Damit ist auf längere Sicht ein Aufstauen des Grundwassers zu erwarten und angesichts der Belegenheit zumindest einzelner (Keller-)Räume unterhalb des als Bemessungswasserstands geltenden Wertes (HHW 1940 zzgl. 0,3 m Sicherheitszuschlag) auch grundsätzlich eine Beeinträchtigung des Eigentums der Antragstellerin und damit deren Betroffenheit in Art. 14 Abs. 1 GG ausreichend konkret zu erwarten. Daran ändert auch nichts, dass in dem Bewässerungskonzept der Beigeladenen eine Grundwasserüberleitung vorgesehen ist, die (auch) ein Aufstauen des Grundwassers auf die Höhe der (Keller-)Räume der Antragstellerin verhindern soll. Denn die (zumal langfristige) Geeignetheit dieser Maßnahmen wird gerade bestritten und lässt damit jedenfalls die ausreichende Möglichkeit einer konkreten Beeinträchtigung, wie sie für die Antragsbefugnis nötig ist, nicht entfallen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin scheitert die Annahme einer qualifizierten Betroffenheit auch nicht daran, dass nur tatsächliche Veränderungen berücksichtigt werden dürften und deshalb die – möglicherweise – erstmalige (wasserrechtliche) Legalisierung der Betonschlitzwand durch den streitgegenständlichen Bescheid unbeachtlich sei, solange nur der rechnerische Aufstau durch das neue Gebäude nicht höher sei als durch das Bestandsgebäude. Dass es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, demzufolge rechtliche Veränderungen vom wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebot strukturell nicht verarbeitet werden können, kann das Gericht nicht erkennen und auch der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des VG Ansbach nicht entnehmen. Es erscheint im Übrigen nicht überzeugend, eine (möglicherweise) erstmals stattfindende Legalisierung der Wand dem Verwaltungsrechtsschutz zu entziehen, gleichzeitig so aber der möglicherweise zivilrechtlichen Rechtsverletzung die Rechtswidrigkeit zu nehmen und zivilrechtliche Abwehransprüche der Antragstellerin ohne Rechtsschutzmöglichkeit zu eliminieren. Dass sich die Antragstellerin im Rahmen der Verwirkung für die Begründung einer Rechtsverletzung nicht mehr auf die Auswirkungen der rund 50 Jahre alten Betonschlitzwand berufen kann, lässt sich gegenwärtig nicht erkennen. Auch der Umstand, dass offenbar rund 50 Jahre keine Grundwasserschäden am Anwesen der Antragstellerin eingetreten sind, hindert angesichts eines weitergreifenden Prognosezeitraums die Bejahung der Antragsbefugnis nicht (vgl. für Hochwasser VG Augsburg, U.v. 17.5.2010 – Au 7 K 09.1447 – juris Rn. 74).
Der Antrag ist auch nicht offensichtlich unbegründet. Die Antragstellerin trägt in ihrem Antrag Einwände gegen die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids vor, die zwar wegen der fehlenden Entscheidungsreife noch nicht einmal summarisch geprüft oder zumindest im Rahmen einer Interessenabwägung gewichtet werden können, aber immerhin in der Weise substantiiert vorgetragen werden, dass die Rechtmäßigkeit der erteilten Erlaubnis und damit die Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs jedenfalls nicht offensichtlich ist. Insbesondere ist jedenfalls nicht von vornherein der Einwand unplausibel, dass die durch die Antragstellerin genehmigte Grundwasserüberleitung unterhalb des Neubaus in technischer (vgl. die vorgelegte geowissenschaftliche Stellungnahme vom 25.5.2021, S. 3 f. zur Frage des Gefälles und der teils abgewinkelten Leitungsführung) und rechtlicher Hinsicht nicht dauerhaft effektiv und verfügbar ist und insoweit auch Auswirkungen des dann gegebenenfalls fehlenden Abflusses des Grundwassers auf das Grundstück der Antragstellerin bestehen.
c) Der Erlass einer Zwischenentscheidung ist im Hinblick auf die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes zur Vermeidung irreversibler Zustände bzw. schwerer und unabwendbarer Nachteile vorliegend im durch den Tenor ausgesprochenen Umfang trotz nicht unerheblicher wirtschaftlicher Auswirkungen auf die Beigeladene auch ausnahmsweise erforderlich.
Die Vollendung der Einrichtung der Grundwassersperren ist ausweislich des durch die Beigeladenen aktualisierten Bauzeitenplans bis zum 24. Juni 2021 beabsichtigt. Die Grundwassersperren sind für sich genommen zwar nicht irreversibel, weil ohnehin naturgemäß alle baulichen Einrichtungen gegebenenfalls mechanisch beseitigt werden und jedenfalls im vorliegenden Fall horizontale Durchbohrungen der Betonpfähle vorgenommen werden können (vgl. die Äußerung der Beigeladenen vom 4.6.2021, v.a. Anlage BL 4; zu Möglichkeiten der vertikalen Zerstörung vgl. Äußerungen der Antragsgegnerin vom 4.6.2021, S. 5) und es grundsätzlich auch zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehört, im Falle des Unterliegens im wasserrechtlichen oder im baurechtlichen Hauptsacheverfahren auch mittels erheblicher finanzieller Anstrengungen ihr Vorhaben etwa hinsichtlich der Grundwasseraufstauung anzupassen. Abgesehen allerdings von immerhin denkbaren faktischen Schwierigkeiten der Beigeladenen, derartigen rechtlichen Pflichten gegebenenfalls nachzukommen, oder Schwierigkeiten der Antragstellerin, die Durchsetzung juristisch zu erzwingen, ist im vorliegenden Fall jedenfalls damit zu rechnen, dass einmal errichtete Grundwassersperren an der Grundstücksgrenze zur Antragstellerin zumindest bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens funktionsfähig im Erdreich verbleiben und während dieser absehbar längeren Zeitdauer selbst im Falle des Erfolgs des Eilverfahrens, zu dessen Entscheidungszeitpunkt die Setzung der Bohrpfähle an der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin jedenfalls nahezu vollendet sein wird, eine Aufstaugefahr und die Möglichkeit des Ausfalls der vorgesehenen Sicherungen – auch gegebenenfalls im Rahmen der Bauwasserhaltung – zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Antragstellerin führt. Hinzu tritt, dass gerade wegen der baurechtlichen Legalisierung des Vorhabens der Beigeladenen (die Klage im Verfahren M 8 K 19.5465 hat wegen § 212a Abs. 1 BauGB keinen Suspensiveffekt) mit einem zügigen Baufortschritt zu rechnen ist, der sukzessive zu einer gewissermaßen baulichen Verfestigung der „Aufstau-Lage“ führt und der Reversibilität einer einmal errichteten Grundwassersperre entgegensteht.
3. Eine Kostenentscheidung und eine Streitwertfestsetzung sind bei diesem Beschluss nicht veranlasst (vgl. BayVGH, B.v. 31.5.2019 – 8 CSA 19.1073 – juris Rn. 22).


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