Baurecht

straßenrechtlicher Anliegergebrauch

Aktenzeichen  8 ZB 17.2519

Datum:
9.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27386
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
BayStrWG Art. 14 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass der Anliegerbrauch die Erreichbarkeit eines innerörtlichen Grundstücks nicht uneingeschränkt, sondern nur in seinem Kern sichert (vgl. BayVGH BeckRS 2018, 14553 Rn. 9 mwN). Aus diesem Rechtsinstitut kann daher kein Anspruch auf eine optimale Zufahrt zu einem Stellplatz- oder Garagengrundstück oder auf die Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zugangs zu einem solchen Grundstück hergeleitet werden (vgl. BayVGH BeckRS 2006, 23189). (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch wenn ein gegenüber liegendes Grundstück über eine sieben Meter breite Zufahrt zur öffentlichen Straße erschlossen ist, hat ein Anlieger weder aus Art. 14 Abs. 3 BayStrWG noch aus dem Anliegergebrauch iVm dem Gleichheitssatz der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV einen Anspruch darauf, dass direkt vor seiner Hauptzufahrt Parkmöglichkeiten, insbesondere für LKW und Baufahrzeuge, bestehen oder geschaffen werden. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 17.631 2017-11-08 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Erschließung und Erreichbarkeit ihres Grundstücks auch mit Baufahrzeugen.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus und einer Garage bebauten Grundstücks im Gemeindegebiet des Beklagten; hinter einem Tor befindet sich eine PKW-Abstellfläche. Das Grundstück ist über eine Zufahrt an der Orts straße „A.“ zugänglich sowie über einen Gartenzugang, der an einen nordöstlich neben dem Grundstück der Klägerin liegenden öffentlichen Parkplatz der Gemeinde anschließt. Ihrem Grundstück gegenüber liegt ein mit einem Wohnhaus, einer Doppelgarage und einem Abstellplatz mit Carport bebautes Eckgrundstück, das über eine sieben Meter breite Zufahrt zur Straße „A.“ erschlossen ist. Zusätzlich hat der Nachbar auf seinem Grundstück einen Stellplatz für sein Wohnmobil errichtet und hierfür in seinen Zaun ein Tor eingebaut.
Mit Schreiben vom 30. September 2016 wandte sich die Klägerin an den Beklagten wegen der Park- und Zufahrtssituation vor und auf den Grundstücken der Klägerin und ihres Nachbarn. Sie forderte den Beklagten auf, den überbeanspruchten Gemeingebrauch durch die Einfahrten auf das Grundstück des Nachbarn auf das notwendige Maß zurückzuführen.
Mit Urteil vom 8. November 2017 hat das Verwaltungsgericht Augsburg die Klageänderung vom ursprünglich begehrten Vorgehen des Beklagten gegen die Zufahrten des Nachbarn zu einer auf eine gesicherte Erschließung und Erreichbarkeit des Grundstücks auch mit Baufahrzeugen gerichteten Leistungsklage zwar als sachdienlich angesehen, die Klage allerdings als unbegründet abgewiesen. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt sie ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
1. Der von der Klägerin allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/834; BayVGH, B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 8 m.w.N.). Das Darlegungsgebot (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfordert, die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Dies bedarf einer substanziierten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2019 – 8 ZB 18.122 – juris Rn. 8 m.w.N.).
Gemessen an diesen Anforderungen zeigt die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils auf.
1.1 Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die angemessene Erschließung und Erreichbarkeit des klägerischen Grundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des Senats rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Anliegerbrauch die Erreichbarkeit eines innerörtlichen Grundstücks nicht uneingeschränkt, sondern nur in seinem Kern sichert (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 8 ZB 18.734 – NVwZ-RR 2018, 758 = juris Rn. 9 m.w.N.). Aus diesem Rechtsinstitut kann daher kein Anspruch auf eine optimale Zufahrt zu einem Stellplatz- oder Garagengrundstück oder auf die Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zugangs zu einem solchen Grundstück hergeleitet werden (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2006 – 8 B 05.1356 – BayVBl 2007, 45 = juris Rn. 38). Die Klägerin hat dies nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt. Ihr Vorbringen erschöpft sich weitestgehend in der Wiederholung des Vortrags im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Auf das angegriffene Ersturteil geht die Klägerin nur oberflächlich mit dem pauschalen Vortrag eines Abwägungsfehlers ein, ohne sich substanziiert mit den Gründen auseinanderzusetzen.
1.2 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner festgestellt, dass die Klägerin auch keinen Anspruch darauf hat, dass direkt vor ihrer Hauptzufahrt Parkmöglichkeiten, insbesondere für LKW und Baufahrzeuge, bestehen oder geschaffen werden. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus Art. 14 Abs. 3 BayStrWG noch aus dem Anliegergebrauch i.V.m. dem Gleichheitssatz der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV. Dies wird durch den Zulassungsantrag auch nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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