Baurecht

Umfang des allgemeinen Gebietserhaltungsanspruchs

Aktenzeichen  M 8 K 15.159

Datum:
18.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 1a Abs. 2 S. 1, Abs. 7, § 9 Abs. 1 Nr. 6, § 30 Abs. 3, § 31 Abs. 2, § 34 Abs. 1, Abs. 2
BauNVO BauNVO § 3, § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 15 Abs. 1, § 17 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch kann nur vorliegen, wenn ein mit der Gebietsart unvereinbares Bauvorhaben zugelassen würde. Wohnen in einem Mehrfamilienwohnhaus dient ebenfalls dem dauernden Wohnen; es stellt ohne entsprechende planerische Festsetzungen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) keine spezielle, bauplanungsrechtlich relevante (Unter-)Art der baulichen Nutzung im Vergleich zum Wohnen in Einfamilienhäusern dar (vgl. HessVGH BeckRS 2013, 45083; VG Neustadt BeckRS 2014, 45898).  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 9. Dezember 2014 ist unbegründet, da der Kläger durch die streitgegenständliche Genehmigung nicht in drittschützenden Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren ( BayVGH, B. v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 – 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 – juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3).
2. Da das beantragte Bauvorhaben keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt, wurde es zu Recht im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO genehmigt. Da keine Abweichungen im Sinne des Art. 63 BayBO beantragt oder erteilt wurden und die Baugenehmigung auch nicht andere öffentlich-rechtliche Entscheidungen substituiert, umfasst der Prüfungsmaßstab für das streitgegenständliche Vorhaben gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO nur die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB sowie den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO.
3. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend hinsichtlich des § 173 Bundesbaugesetz (BBauG) übergeleiteten Baulinienplans nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB, wonach innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Er-schließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, wobei auf die nach der Baunutzungsverordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden ist.
3.1 Ob sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, denn die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, sind nach ganz herrschender Meinung nicht nachbarschützend (vgl. BVerwG, B. v. 11.3.1994 – 4 B 53/94, UPR 1994, 267 – juris Rn. 4; B. v. 19.10.1995 – 4 B 215/95, NVwZ 1996, 888 – juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 29.9.2008 – 1 CS 08.2201 – juris RdNr. 1; B. v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327 – juris Rn. 9; B. v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 3; B. v. 30.9.2014 – 2 ZB 13.2276 – juris Rn. 4; VG München, B. v. 12.7.2010 – M 8 SN 10.2346 – juris Rn. 53).
3.2 Auch die als fehlend gerügte Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der vorderen Baulinie führt nicht zum Erfolg der Klage. Der hier betroffenen Baulinienfestsetzung durch einfachen Bebauungsplan kommt keine nachbarschützende, sondern eine bloße städtebauliche Funktion zu. Der Umfang des Nachbarschutzes bei Befreiungen von Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB hängt davon ab, ob die Festsetzung, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dient oder nicht. Bei einer Befreiung von einer auch dem Nachbarschutz dienenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht gegeben ist. Bei der Befreiung von einer Festsetzung, die nicht auch den Zweck hat, die Rechte des Nachbarn zu schützen, sondern „nur“ dem Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots. Nachbarrechte werden in diesem Falle verletzt, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten oder unterbliebenen Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, U. v. 19.9.1986 – 4 C 8/84 – NVwZ 1987, 409 – juris Rn. 17; B. v. 8.7.1998 – 4 B 64/98 – NVwZ-RR 1999, 8 – juris Rn. 6).
Festsetzungen hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche (Baulinien, Baugrenzen, Bebauungstiefen) haben nicht schon kraft Gesetzes eine nachbarschützende Funktion. Abweichungen von diesen Festsetzungen lassen den Gebietscharakter unberührt und haben nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke. Zum Schutz der Nachbarn ist insoweit das Rücksichtnahmegebot ausreichend. Entsprechende Festsetzungen vermitteln einen weitergehenden – über das Rücksichtnahmegebot hinausgehenden – Drittschutz daher nur dann, wenn sie nach dem Planungswillen der Gemeinde ausnahmsweise diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B. v. 19.10.1995 – 4 B 215/95, BauR 1996, 82 – juris Rn. 3).
Die Festsetzung straßenseitiger Baulinien erfolgt regelmäßig aus städtebaulichen Gründen, vornehmlich zur Gestaltung des Orts- und Straßenbildes und zur Gewähr-leistung einer bestimmten Anordnung der Baukörper zur Straße hin. Solchen Festsetzungen kommt daher keine nachbarschützende Wirkung zu (vgl. BayVGH B. v. 26.3.2002 – 15 CS 02.423 – juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, B. v. 1.10.1999 – 5 S 2014/99, NVwZ-RR 2000, 348 – juris Rn. 7). Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich, dass es sich hier ausnahmsweise anders verhalten würde und die Festsetzung der vorderen Baulinie in dem übergeleiteten Bebauungsplan nicht allein aus städtebaulichen Gründen erfolgt ist, sondern daneben auch dem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollte.
4. In bauplanungsrechtlicher Hinsicht verbleibt damit als möglicherweise nachbarschützendes Kriterium nur die Art der baulichen Nutzung und beurteilt sich das Vorhaben insoweit nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bzw. nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit der einschlägigen Baugebietsvorschrift der Baunutzungsverordnung. Insoweit kommt für den Fall, dass sich das Vorhaben mit den geplanten zwei Mehrfamilienhäusern nicht einfügt, ein Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin in Betracht. Darüber hinaus kommt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme in Betracht, wobei regelmäßig dahinstehen kann, ob sich dieses aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (BayVGH, B. v. 512.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 3; B. v. 30.9.2014 – 2 ZB 13.2276 – juris Rn. 4).
4.1 Als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, U. v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – BVerwGE 55, 369 – juris Rn. 33; B. v. 20.8.1988 – 4 B 79/88 – NVwZ-RR 1999, 105 – juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.7.2004 – 2 B 03.54 – juris Rn. 21; U. v. 2.5.2006 – 2 B 05.787 – juris Rn. 15; B. v. 30.1.2013 – 2 ZB 12.198 – juris Rn. 3). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (BVerwG, B. v. 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris Rn. 2; BayVGH, B. v. 30.1.2013 – 2 ZB 12.198 – juris Rn. 3). Bei einem inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben gilt in der Regel als Bereich gegenseitiger Prägung, der die maßgebliche nähere Umgebung eingrenzt, das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (BayVGH B. v. 1.12.2011 – 14 CS 11.2577 – juris Rn. 26; B. v. 27.9.2010 – 2 ZB 08.2775 – juris Rn. 4; U. v. 10.7.1998 – 2 B 96.2819 – juris Rn. 25).
Vorliegend ist damit als nähere Umgebung die Bebauung innerhalb des Straßengevierts …-straße/…-straße/…-Straße/Am … … heranzuziehen.
4.2 Aufgrund der Inaugenscheinnahme und des Lageplans ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Geviert um ein reines Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO handelt, so dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach § 3 BauNVO bestimmt. Nach der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 9. Dezember 2014 sowie den genehmigten Plänen wurde der Neubau zweier Mehrfamilienhäuser, und damit einer Wohnnutzung genehmigt, die gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein im Reinen Wohngebiet zulässig sind.
5. Der Kläger kann sich gegen das Vorhaben nicht mit Erfolg auf den allgemeinen bauplanungsrechtlichen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Dieser ist im Ergebnis darauf gerichtet, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind, und setzt voraus, dass die Grundstücke in einem festgesetzten oder faktischen Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung liegen (vgl. BVerwG, U. v. 16.9.1993 – 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 – juris Rn. 13).
5.1 Der Gebietsbewahrungs- bzw. Gebietserhaltungsanspruch wurde vom Bundesverwaltungsgericht im vorgenannten Urteil vom 16. September 1993 als neues Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes begründet und zunächst aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB hergeleitet, später dann direkt aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) (BVerwG, U. v. 23.8.1996 – 4 C 13/94, BVerwGE 101, 364 – juris Rn. 36; BayVGH, B. v. 26.5.2008 – 1 CS 08.881/882, BauR 2008, 1556 – juris Rn. 28). Er gewährt dem Eigentümer eines Grundstücks hinsichtlich der durch einen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung eines Bauvorhabens im Plangebiet, das von der zulässigen Nutzungsart abweicht und zwar unabhängig davon, ob die zugelassene gebietswidrige Nutzung des Nachbarn ihn selbst unzumutbar beeinträchtigt oder nicht (BayVGH, U. v. 12.7.2012 – 2 B 12.1211, BayVBl 2013, 51 – juris Rn. 27 m. w. N.). Alleine die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet (BVerwG, U. v. 16.9.1993 a. a. O.; U. v. 23.8.1996 a. a. O.; B. v. 18.12.2007 – 4 B 55/07, BayVBl 2008, 583 – juris Rn. 5). Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (BVerwG, U. v. 11.5.1989 – 4 C 1.88, BVerwGE 82, 61 – juris Rn. 43; B. v. 18.12.2007 a. a. O.). Durch Festsetzungen eines Bebauungsplanes über die Art der baulichen Nutzung werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind (BVerwG, U. v. 16.9.1993 a. a. O.; B. v. 18.12.2007 a. a. O.). Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets – unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung – verhindern können (BayVGH, U. v. 12.7.2012 – 2 B 12.1211, BayVBl 2013, 51 – juris Rn. 27; U. v. 9.10.2012 – 2 ZB 11.2653 – juris Rn. 4).
5.2 Aus der Gleichstellung beplanter und faktischer Baugebiete entsprechend der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (BVerwG, B. v. 22.12.2011 – 4 B 32/11, BauR 2012, 634 – juris Rn. 5; BayVGH, B. v. 9.10.2012 a. a. O. – juris Rn. 5). Dies bedeutet, dass auch innerhalb von faktischen Baugebieten über § 34 Abs. 2 BauGB eine nachbarschützende Wirkung entsteht. Der Grundsatz, dass sich ein Nachbar im Plangebiet auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird, lässt sich daher auf den Nachbarschutz im faktischen Baugebiet übertragen (BVerwG, B. v. 22.12.2011 a. a. O., BayVGH, B. v. 9.102.2012 a. a. O.). In einem faktischen Baugebiet ist der Anspruch in räumlicher Hinsicht jedoch auf die Grundstücke begrenzt, die zur näheren Umgebung des Baugrundstücks im Sinn von § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB zählen. Nur so weit reichen die rechtliche Schicksalsgemeinschaft und das sich daraus ergebende wechselseitige Austauschverhältnis.
5.3 Mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung wurden zwei Wohngebäude bauplanungsrechtlich genehmigt, die nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in einem reinen Wohngebiet allgemein zulässig sind. Da ein Verstoß gegen den allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch nur vorliegen kann, wenn ein mit der Gebietsart unvereinbares Bauvorhaben zugelassen wird, scheidet vorliegend eine Verletzung des allgemeinen Gebietserhaltungsanspruchs aus. Insoweit führt auch die Tatsache, dass es sich um zwei Mehrfamilienwohnhäuser mit mehreren Wohneinheiten handelt, im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit der Art der Nutzung zu keinem anderen Ergebnis. Wohngebäude sind Gebäude, die dem dauernden Wohnen dienen (vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 120. ErgL 2016, § 3 BauNVO Rn. 34). Der Begriff des Wohngebäudes umfasst dabei alle Formen des Wohnens, vom Einfamilienhaus bis zum vielgeschossigen Mietshaus mit entsprechenden Wohnungen und Appartements (vgl. VG Neustadt, U. v. 12.12.2013 – 4 K 626/13.NW – juris Rn. 30). Wohnen in einem Mehrfamilienwohnhaus dient ebenfalls dem dauernden Wohnen; es stellt ohne entsprechende planerische Festsetzungen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) keine spezielle, bauplanungsrechtlich relevante (Unter-)Art der baulichen Nutzung im Vergleich zum Wohnen in Einfamilienhäusern dar (vgl. Hess.VGH, B. v. 31.10.2012 – 3 B 1876/12, ZfBR 2013, 179 – juris Rn. 8; VG Neustadt, U. v. 12.12.2013 – 4 K 626/13.NW – juris Rn. 30). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch kann jedoch nur vorliegen, wenn ein mit der Gebietsart unvereinbares Bauvorhaben zugelassen würde. Dies ist hier gerade nicht der Fall, so dass eine Verletzung des allgemeinen Gebietserhaltungsanspruchs ausscheidet.
6. Dem Kläger steht gegen das streitgegenständliche Vorhaben auch nicht ein § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zu entnehmender Abwehranspruch aus dem sogenannten „speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruch“ zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. In seinem Beschluss vom 13. Mai 2002 (4 B 86/01, NVwZ 2002, 295 – juris) hat das Bundesverwaltungsgericht den Leitsatz aufgestellt, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht nur das Gebot der Rücksichtnahme enthält, sondern auch einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets vermittelt. In diesem Verfahren war die ausnahmsweise Zulassung eines Seniorenpflegeheims in einem Gewerbegebiet auf Grundlage von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB als Anlage für soziale/gesundheitliche Zwecke vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit dem Argument aufgehoben worden, dass dieses Vorhaben nach seiner Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspreche, weil es sich mit Blick auf seine Störanfälligkeit und die daraus resultierende Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mit den sonstigen Nutzungen des Gewerbegebiets verträgt (VGH Ba-Wü, U. v. 27.7.2001 – 5 S 1093/00, BauR 2002, 359 – juris Rn. 39). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bezwecke eine einzelfallbezogene „Feinabstimmung“, indem er Anlagen und Nutzungen, die nach der „Grobabstimmung“ der §§ 2 bis 14 BauNVO (noch) zulässig wären, unter den genannten Voraussetzungen für nicht genehmigungsfähig erklärt. Auch diese Vorschrift diene also der Aufrechterhaltung der jeweiligen gebietstypischen Prägung (VGH Ba-Wü, U. v. 27.7.2001 – 5 S 1093/00 a. a. O.).
Nach dem speziellen Gebietserhaltungsanspruch wäre ein Vorhaben an sich in dem konkreten Baugebiet entweder allgemein oder ausnahmsweise zulässig, also mit den Vorgaben der Baunutzungsverordnung zur Gebietsart vereinbar, aber gleichwohl (generell) gebietsunverträglich, weil das Vorhaben der allgemeinen Zweckbestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps widerspricht (BayVGH, B. v. 9.10.2012 – 2 ZB 11.2653 – juris Rn. 8; vgl. auch Decker, JA 2007, 55/57; Stühler, BauR 2011, 1576/1580). Erweist sich das (ausnahmsweise) zulässige Vorhaben aber (generell) als gebietsunverträglich, soll es vom Dritten, ohne dass dieser konkret und individuell betroffen sein muss, abgewehrt werden können.
Insoweit ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sowie der Literatur bereits umstritten, ob ein derartiger spezieller Gebietsgewährleistungsanspruch überhaupt existiert (zweifelnd etwa BayVGH, B. v. 9.10.2012 – 2 ZB 11.2653 – juris Rn. 8; befürwortend BayVGH, B. v. 4.11.2009 – 9 CS 09.2422 – juris Rn. 11 f.; offen lassend BayVGH, B. v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – Rn. 13; VG München, B. v. 9.8.2012 – M 8 SN 12.2961 – juris Rn. 23; aus der Literatur vgl. Decker, JA 2007, 55; Stühler, BauR 2011, 1576; Hoffmann, BauR 2010, 1859).
In jedem Fall ist davon auszugehen, dass auch der spezielle Gebietsprägungserhaltungsanspruch sich allein auf die Art der baulichen Nutzung im Sinn der Baunutzungsverordnung bezieht (BayVGH, B. v. 9.10.2012 – 2 ZB 11.2653 – juris Rn. 9; BayVGH, B. v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – Rn. 13). Im vorliegenden Fall soll eine Wohnnutzung in einem faktischen reinen Wohngebiet genehmigt werden. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die allgemein zulässige Wohnnutzung bei einer typisierenden Betrachtungsweise aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirken könnte.
Generell dürften die Fälle, in denen ein Vorhaben aufgrund der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise zwar mit den §§ 2 ff. BauNVO vereinbar ist und daher vom allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch nicht erfasst wird, dann aber aufgrund des speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO im Einzelfall unzulässig ist, sich auf solche Konstellationen beschränken, in denen die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung nach § 31 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB erfolgt. Ihrer Art nach im jeweiligen Baugebiet allgemein zulässige Vorhaben dürften dagegen regelmäßig nicht am Gebietsprägungserhaltungsanspruch scheitern, da sie der Zweckbestimmung des Baugebiets gerade entsprechen. Sofern aber die Erteilung einer die Art der Nutzung betreffenden Ausnahme erforderlich ist, wird ein hinreichender Nachbarschutz im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung unter Wahrung des Rücksichtnahmegebots gewährleistet. Erforderlich wäre hierbei im Unterschied zum Gebietsprägungserhaltungsanspruch, dass der betroffene Nachbar hinreichend konkret nachteilig betroffen wäre.
Aus dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO genannten Kriterium „Umfang“ folgt, dass eine bauliche Anlage auch wegen ihrer Größe gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig sein kann. Die Bestimmung geht davon aus, dass im Einzelfall Quantität in Qualität umschlagen kann, dass also die Größe einer baulichen Anlage die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung erfassen und beeinflussen kann (vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327 – juris Rn. 9; OVG NRW, B. v. 18.3.2014 – 2 B 256/14 – juris Rn. 14). Erforderlich hierfür ist aber, dass aufgrund der Dimensionierung der Anlage eine neue Art der baulichen Nutzung in das Wohngebiet hineinträgt. Dies ist vorliegend nicht zu erkennen, zumal in der näheren Umgebung nach dem Lageplan bereits Vorhaben mit einer vergleichbaren Größenentwicklung vorhanden sind (…-str. 37/37 a, …-str. 30, 34, 36).
7. Es liegt auch keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme vor. Insoweit kann dahinstehen, ob sich dieses im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
7.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich – umgekehrt – um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 – IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 – juris Rn. 22; U. v. 28.10.1993 – 4 C 5.93, NVwZ 1994, 686 – juris Rn. 17; U. v. 23.9.1999 – 4 C 6.98, BVerwGE 109, 314 – juris Rn. 20; U. v. 18.11.2004 – 4 C 1/04, NVwZ 2005, 328 – juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 – 4 C 8/11, BVerwGE 145, 145 – juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U. v. 25.2.1977 – IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 – juris Rn. 22).
Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B. v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist aber regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (BayVGH, B. v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 6).
7.2 In der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot ist anerkannt, dass eine Verletzung dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 – 4 C 1/78, DVBl. 1981, 928 – juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigem Nachbarwohnhaus; U. v. 23.5.1986 – 4 C 34/85, NVwZ 1987, 34 – juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; vgl. auch BayVGH, B. v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770, BayVBl 2009, 751 – juris Rn. 23; B. v. 5.7.2011 – 14 CS 11.814 – juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B. v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – juris Rn. 5; B. v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9).
Vorliegend fehlt es bereits an einer erheblichen Höhendifferenz zwischen den Vorhabengebäuden und dem Anwesen des Klägers. Das streitgegenständliche Vorhaben soll drei Vollgeschosse erhalten. Das Gebäude des Klägers weist zwei Geschosse mit einem ausgebauten Satteldach auf. Insoweit ist bei einer Differenz von einem Geschoss die im dicht bebauten innerstädtischen Bereich zur Bejahung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung erforderliche erhebliche Höhendifferenz nicht gegeben.
Zudem spricht vorliegend gegen eine bauplanungsrechtliche Rücksichtslosigkeit die Tatsache, dass das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO einhält. Die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen indiziert für das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in tatsächlicher Hinsicht, dass auch das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Regelfall nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 – 4 B 128/98, NVwZ 1999, 879 – juris Rn. 4; U. v. 7.12.2000 – 4 C 3/00, NVwZ 2001, 58 – juris Rn. 14; BayVGH, B. v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327 – juris Rn. 10; B. v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris Rn. 32).
7.3 Auch der Umstand, dass mit dem Vorhaben zwei Mehrfamilienhäuser in einer durch Ein- und Zweifamilienhäusern geprägten Umgebung verwirklicht werden sollen, vermag keine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens zu begründen. Die Zahl der Wohneinheiten in einem Wohngebiet stellt ohne eine planerische Festsetzung (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) kein im Rahmen des „Einfügens“ beachtliches Kriterium dar (vgl. BVerwG, U. v. 13.6.1980 – IV C 98.77, DVBl. 1981, 97 – juris Rn. 18 f.; OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 29.6.1993 – 1 B 11353/93, NVwZ 1994, 699 – juris Rn. 3 m. w. N.). Die städtebaulich erwünschte (Nach-)Verdichtung (vgl. § 1 a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BauGB) bringt es mit sich, dass die Baugrundstücke umfangreicher als in der Vergangenheit genutzt werden (vgl. VG Neustadt, U. v. 12.12.2013 – 4 K 626/13.NW – juris Rn. 47 m. w. N.), sofern sie sich in den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen einfügen. Die bauliche Verdichtung mag dem Kläger unpassend erscheinen, sie ist deswegen aber noch nicht rücksichtslos. Insbesondere besteht kein Anspruch, dass das streitgegenständliche Grundstück wie das eigene Grundstück genutzt oder bebaut wird (vgl. VG Augsburg, U. v. 14.11.2012 – Au 4 K 11.1678 – juris Rn. 36).
Die Errichtung eines Mehrfamilienhauses statt eines früheren Einfamilienhauses ist schon deshalb nicht rücksichtslos. Das allgemeine Bauplanungsrecht gewährleistet auch keinen sog. „Milieuschutz“ in dem Sinne, dass ein bestimmtes Verhältnis zwischen überbauten und nicht überbauten Grundstücksflächen oder die „parkartige“ Struktur bzw. der Gartencharakter eines Baugebiets oder Nachbargrundstücks erhalten bleiben (vgl. VG München, B. v. 16.6.2011 – M 8 SN 11.2588 – juris Rn. 46; U. v. 23.1.2012 – M 8 K 11.111 – juris Rn. 30). Insoweit kann der Kläger mit seinem Vorbringen, dass es sich vorliegend um eine „Gartenstadt“ handele, deren Charakter durch die Nachverdichtung zerstört werde, nicht durchdringen.
8. Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da diese einen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf Euro 7.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i. V. m.
Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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