Baurecht

unzulässige Anfechtungsklage gegen einen glücksspielrechtlichen Bescheid zum Betrieb einer lokalen Spielhalle eines Dritten, Begriff der Dienstleistungskonzession, Vergaberechtsweg

Aktenzeichen  AN 15 K 18.02396

Datum:
18.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30902
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 40 Abs. 1, § 42 Abs. 2
GWB § 105
GlüStV § 24

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Aufwendungen selbst.
3. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig und daher abzuweisen.
1. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung der Kammer mittels Gerichtsbescheid nach § 84 Abs. 1 VwGO sind erfüllt. Insbesondere bedarf es zu dieser Entscheidungsform – anders als bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO – nicht des Einverständnisses der Parteien des Rechtsstreits.
2. Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag neben der Aufhebung des der Beigeladenen erteilten Bescheids zugleich wörtlich die Verpflichtung der Beklagten begehrt, diese habe Genehmigungen der vorliegenden Art (zukünftig) unter Beachtung der Vorgaben des GWB zu vergeben, ist das Verwaltungsgericht zur Entscheidung über einen solchen Streitgegenstand, soweit er isoliert bestehen kann, nicht zuständig. Denn insoweit liegt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor. Die Sachurteilsvoraussetzung der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ist von Amts wegen zu berücksichtigen und dann nicht gegeben, wenn keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vorliegt oder die Streitigkeit durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
a) Misst man den klägerischen Vortrag hieran und folgt den Rechtsausführungen der Klägerin, ergeben sich durchgreifende Zweifel hinsichtlich der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs in Bezug auf das Verpflichtungsbegehren aufgrund der in § 155 GWB begründeten ausschließlichen Sonderzuständigkeit der Vergabekammern (Fett, in: BeckOK VergabeR, 19. Ed. 31.1.2021, GWB § 155 Rn. 2). Sogenannte Primäransprüche gegen Auftraggeber, die mithin auf Erhalt des ausgeschriebenen öffentlichen Auftrags bzw. der Konzession gerichtet sind, können im Anwendungsbereich des GWB nicht außerhalb dieses Rechtswegs geltend gemacht werden (s.a. § 156 Abs. 2 GWB). Welche konkreten Rechte oder Ansprüche in diesem Zusammenhang von der Vergabekammer geprüft werden können, ergibt sich aus § 156 Abs. 2 u. 3 GWB (Ziekow/Völlink/Dittmann, 4. Aufl. 2020, GWB § 155 Rn. 12). Der Überprüfung im Vergaberechtsverfahren unterliegt dabei auch die Rüge eines Bewerbers, es habe eine unzulässige Direktvergabe stattgefunden (Thiele, in: Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, 2. Aufl. November 2013, Datenbank VergabePortal Reguvis Verlag, II.28.1 – Ausschließlicher Rechtsweg in Vergabesachen Rn. 4; Immenga/Mestmäcker/Stockmann, 6. Aufl. 2021, GWB § 155 Rn. 12). Bei Auslegung des klägerischen Antrags, wie er sich bei objektiver Betrachtung für das Gericht vermittelt (§ 88 VwGO; vgl. auch Eyermann/Rennert, 15. Aufl. 2019, VwGO § 88 Rn. 9; Kleine-Cosack/Kleine-Cosack, 8. Aufl. 2020, VwGO § 88 Rn. 1), zielt die Klägerin mit dem Verpflichtungsteil im Hauptantrag ihrer Klage nun gerade auf einen solchen vergaberechtlichen Primäranspruch, denn als Sekundäransprüche kommen nur Schadenersatzansprüche in Betracht (§§ 180 f. GWB), die hier nicht geltend gemacht wurden. Ohnehin wäre auch dann der Verwaltungsrechtsweg im Anwendungsbereich des GWB nicht eröffnet, sondern sind zur Entscheidung über solche Sekundäransprüche die ordentlichen Gerichte berufen (§ 156 Abs. 3 GWB; Ziekow/Völlink/Dittmann, 4. Aufl. 2020, GWB § 155 Rn. 13).
Allerdings ist der Vergaberechtsweg nach dem GWB, der seit Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes am 18. April 2016 auch für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen im Sinne des § 105 Abs. 1 Nr. 2 GWB gilt (Rechten/Röbke, Basiswissen Vergaberecht, 2. Aufl. Februar 2016, Datenbank VergabePortal Reguvis Verlag, 10.6 Rechtsschutz bei der Vergabe von Konzessionen), nur eröffnet, wenn der EU-Schwellenwert nach § 106 Abs. 2 Nr. 4 GWB i.V.m. Art. 8 der RL 2014/23/EU erreicht bzw. überschritten wird (sog. Oberschwellenbereich). Die Klägerin geht hiervon in ihrem Vortrag ohne Weiteres und ohne Substantiierung aus. Dieser Vortrag ist für das klägerische Begehren jedoch unbehelflich, da ansonsten – wie gezeigt – dies der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs bereits entgegensteht und sie deshalb mit ihrer Argumentation jedenfalls vor dem angegangenen Gericht kein Gehör finden kann.
Zu einer vertieften Erörterung muss sich die Kammer allerdings nicht veranlasst sehen. Denn bei Bejahung des Vergaberechtswegs kommt eine Verweisung an die zuständige Vergabekammer gemäß § 17a Abs. 2 GVG nach allseitiger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht in Betracht, da es sich bei der Vergabekammer nicht um ein Gericht handelt (Burgi, 20 Jahre Rechtsschutz durch Vergabekammern, NZBau 2020, 3 [7] m.w.N.; LSG München, B.v. 21.03.2018 – L 5 KR 81/18 B ER, BeckRS 2018, 47986; Sächs. OVG, B.v. 9.2.2016 – 5 B 315/15, VPRRS 2016, 0500). Vielmehr erweist sich die zum Verwaltungsgericht erhobene Klage dann ausnahmsweise als unzulässig und ist abzuweisen.
b) Soweit es der Klägerin zuvörderst auch um eine Aufhebung des der Beigeladenen erteilten Bescheids geht, ist dieser Streitgegenstand der Prüfung durch die Verwaltungsgerichte eröffnet. Denn insoweit fehlt es für die Eröffnung des Vergaberechtswegs am Kriterium, dass sich der hier streitgegenständliche Bescheid an die Beigeladene vom 7. Dezember 2017 als Dienstleistungskonzession im Sinne des § 105 Abs. 1 Nr. 2 GWB bzw. des Art. 5 Nr. 1 b) der RL 2014/23/EU darstellt, was insbesondere in der obergerichtlichen Zivil- und Verwaltungsrechtsprechung überwiegend angenommen und in jüngster Vergangenheit auch durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof so gesehen wurde (bspw. OLG Düsseldorf, B.v. 23.1.2019 – Verg 22/18, openJur 2019, 28035 Rn. 43 ff. zum Tatbestandsmerkmal „Betrauens eines Unternehmens mit einer Dienstleistung“ i.S.d. § 105 Abs. 1 Nr. 2 GWB; BayVGH, B.v. 22.12.2020 – 23 ZB 18.1657 – BeckRS 2020, 36109 u. 23 ZB 18.1656 – BeckRS 2020, 36108; OVG Bautzen, B.v. 29.11.2019 – 6 B 143/18 – NVwZ-RR 2020, 777 Rn. 80; OVG Münster, B.v. 16.8.2019 – 4 B 659/18 – BeckRS 2019, 22190 Rn. 24 u. B.v. 8.6.2017 – 4 B 307/17 – BeckRS 2017, 112407; vgl. auch: Ziekow/Völlink/Ziekow, 4. Aufl. 2020, GWB § 105 Rn. 7; BeckOK GewO/Reeckmann, 53. Ed. 1.3.2021, GewO § 33i Rn. 2; VK Rheinland, B.v. 12.3.2018 – VK K 2/18 – BeckRS 2018, 45490).
Die Kammer schließt sich der gut begründeten und sich dezidiert mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen einer Dienstleistungskonzession unter Berücksichtigung der Vorgaben des EU-Sekundärrechts auseinandersetzenden obergerichtlichen Rechtsprechung an. Diese Rechtsprechung greift vor allem auch die von der Klägerseite im hiesigen Verfahren vorgetragenen Argumente, die wohl im Wesentlichen deckungsgleich zu den Klägerargumentationen in den Sachverhalten der erwähnten obergerichtlichen Entscheidungen sind, auf und setzt sich eingehend mit ihnen auseinander. Die Klägerin im vorliegenden Verfahren trägt dazu keine neuen Aspekte vor und überzeugt die Kammer mit ihrer Argumentation im Ergebnis nicht. Damit ist der sachliche Anwendungsbereich des formellen Vergaberechts und der vorgenannten EU-Richtlinie nicht eröffnet, so dass dann allerdings auch der Vergaberechtsweg nicht eröffnet ist.
c) Selbst, wenn man der Rechtsauffassung der Klägerin insoweit folgt, dass jedenfalls ungeachtet der Einhaltung des vorgenannten Schwellenwertes der hier in Streit stehende Bescheid eine Dienstleistungskonzession im Rechtssinne darstellt (Vergabe einer Dienstleistungskonzession im sog. Unterschwellenbereich), ergeben sich für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs aus Sicht der Kammer ansonsten keine Bedenken. Zwar hatte das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtssache 6 B 10/07 mit Beschluss vom 2. Mai 2007 (= NJW 2007, 2275) ausgeführt, dass für Streitigkeiten über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen mit einem Auftragswert unterhalb der in der Vergabeverordnung genannten Schwellenwerte nicht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten, sondern der ordentliche Rechtsweg gegeben sei. Diese Auffassung ist in der Folge jedoch nicht unbeantwortet geblieben und insbesondere vom Bundesgerichtshof in dessen Rechtssache X ZB 5/11 (B.v. 23.1.2012 – NZBau 2012, 248) differenzierter betrachtet worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme es für die Beurteilung, welcher Rechtsweg für Streitigkeiten aus der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen eröffnet sei, auf dieselben Grundsätze an, die für die Bestimmung des Rechtswegs bei Streitigkeiten aus der Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem die Schwellenwerte der Vergabeverordnung unterschreitenden Volumen gelten. Für die Überprüfung der Vergabe einer Dienstleistungskonzession seien danach die ordentlichen Gerichte zuständig, wenn die Vergabe durch privatrechtlichen Vertrag erfolge. Erfolge die Vergabe hingegen in den Formen des öffentlichen Rechts, gehöre der Rechtsstreit vor die Verwaltungsgerichte. Prinzipiell sei also der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, wenn sich das staatliche Handeln in den Bahnen des öffentlichen Rechts vollziehe (BGH, a.a.O. Rn. 20). Darin liege auch kein Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. Mai 2007, sondern schließe sich der Senat des Bundesgerichtshofs der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts an, soweit dieses festhalte, dass für die Zuordnung des streitigen Rechtsverhältnisses zum öffentlichen oder zum bürgerlichen Recht nicht das Ziel, sondern die Rechtsform staatlichen Handelns maßgeblich sei. Im Hinblick auf die Vergabe von (unterschwelligen) Dienstleistungskonzessionen für den Bau und Betrieb einer Kindertagesstätte hatte in der weiteren Folge unter Auseinandersetzung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung beispielsweise das OVG Lüneburg für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs gestimmt (B.v. 29.10.2018 – 10 ME 363/18, NVwZ 2019, 656). Eine solche, sich der obergerichtlichen Rechtsprechung anschließende differenzierte Betrachtung hat auch das Thüringer Oberverwaltungsgericht für die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zur Veranstaltung eines öffentlichen Weihnachtsmarktes vorgenommen und dabei den Verwaltungsrechtsweg als eröffnet angesehen (ThürOVG, B.v. 26.2.2020 – 3 VO 517/17, NVwZ-RR 2020, 1122). Die differenzierende Betrachtung erscheint sachgerecht und führt auch nach Auffassung der Kammer zu richtigen Ergebnissen hinsichtlich der Wahl des gesetzlichen Richters unter Berücksichtigung der den jeweiligen Gerichtszweigen typischerweise zugeordneten Entscheidungsmaterien. Entsprechend ergeben sich nach Auffassung der Kammer hier keine anderen Beurteilungsgesichtspunkte, die für die Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten sprächen. Die Beklagte hat sich gegenüber der Beigeladenen gerade in der typischen Rechtsform hoheitlichen Handelns betätigt – nämlich des Erlasses eines Bescheids in einem Über-/Unterordnungsverhältnis und dabei auf Normen zurückgegriffen, die in der gesetzlichen Ordnung dem Gefahrenabwehrrecht im weiteren Sinne (Lippert, Glücksspielrecht – nationale und europarechtliche Grundlagen, JA 2012, 124) und damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Dass darin – versteckt – ein privatrechtliches Handeln in Form eines Vertragsschlusses zu sehen sei, behauptet auch die Klägerin nicht. Soweit die Klägerin auf Seite 19 f. ihrer Klageschrift ausführen lässt, bei der glücksspielrechtlichen Erlaubnis handle es sich um einen Vertrag i.S.d. § 105 Abs. 1 GWB, will die Klägerseite unter Zugrundelegung ihrer weiteren Ausführungen damit letztlich (nur) verdeutlichen, dass es der Beklagten nicht frei stünde, die glücksspielrechtliche Konzession als bloße Erlaubnis zu behandeln und dadurch das Vergaberecht zu umgehen. Für die Frage der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs kommt es aber zunächst nur maßgeblich darauf an, ob die Beklagte sich in typischer Weise privatrechtlich oder hoheitlich betätigt hat; das Ziel ihres Handelns ist im Sinne der vorerwähnten obergerichtlichen Rechtsprechung dabei nicht primär zu betrachten. In diesem Sinne sind aus Sicht der Kammer für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits keine solchen zivilrechtlichen Anhaltspunkte erkennbar oder behauptet, so dass der Verwaltungsrechtsweg hier auch dann eröffnet wäre, wenn es sich bei dem Bescheid vom 7. Dezember 2017 unter rechtlichen Gesichtspunkten um eine Dienstleistungskonzession im unterschwelligen Bereich handeln würde. Erst recht gilt dies, wenn es sich bei diesem Bescheid um eine „bloße“ Erlaubnis, also einen Verwaltungsakt handelt.
Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ist damit für das Anfechtungsbegehren gegeben.
3. Allerdings erweist sich die Klage unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Klagebefugnis als unzulässig.
a) Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist – soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – die Klage zulässig, wenn die Klägerin geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Daran fehlt es nur dann, wenn die von der Klägerin geltend gemachten Rechtspositionen offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihr zustehen können (stRspr d. BVerwG, vgl. nur U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – NVwZ 2016, 460 Rn. 15; U.v. 12.12.2019 – 8 C 8/19 – NZA 2020, 677 Rn. 15). Im Falle einer Drittanfechtungskonstellation in einem Konkurrenzverhältnis, wie sie hier als negative Konkurrentenabwehrklage vorliegt (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, VwGO § 42 Abs. 2 Rn. 290), muss substantiiert dargelegt werden, dass die Klägerin qualifiziert nachteilig von der angegriffenen Entscheidung berührt ist, wozu auch gehört, dass die Klägerin in einem Konkurrenzverhältnis zur Beigeladenen, die hier Begünstigte ist, steht (Wahl/Schütz in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, VwGO § 42 Abs. 2 Rn. 300, 303). Der Substantiierungspflicht im Rahmen der Klagebefugnis ist daher nicht mit der Behauptung Genüge getan, die der Beigeladenen erteilte Begünstigung sei rechtswidrig. Vielmehr genügt die Klägerin ihrem Vortrag der Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung in Fällen der vorliegenden Art nur, wenn sie darlegt, dass die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Genehmigung nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV an die Klägerin in Betracht kommt und sich die dem entgegenstehende Rechtsposition der Beigeladenen als rechtswidrig erweist (für einen ähnlichen Sachverhalt im Bereich eines Frequenzzuteilungsverfahrens vgl. BVerwG, Urt. v. 26.1.2011 – 6 C 2/10 – BeckRS 2011, 48923 Rn. 16 ff.).
Der Verweis auf § 160 Abs. 2 GWB hilft der Klägerin ebenfalls nicht weiter. Ungeachtet des Umstandes, dass der Anwendungsbereich dieser Norm ihrem Wortlaut und der systematischen Stellung der Vorschrift auf ein Nachprüfungsverfahren nach dem GWB vor der Vergabekammer ausgerichtet ist, fehlt es für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift an einer planwidrigen Regelungslücke für die Überprüfung von Verwaltungsakten in einem Konkurrenzverhältnis außerhalb der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, worauf die Kammer hier letztlich rechtlich abstellt. Vielmehr verbleibt es bei der Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO. Auch die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 1. April 2020 (VG Darmstadt, B.v. 1.4.2020 – 3 L 446/20 – VPRRS 2020, 0172) hilft ihr nicht über die Hürde der Annahme einer Klagebefugnis hinweg. Das Verwaltungsgericht Darmstadt geht nämlich – ungeachtet der Frage der Vergleichbarkeit des dortigen mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt und des Umstandes, dass es sich lediglich um eine Entscheidung in einem Eilverfahren handelte – ersichtlich von der Vergabe einer Dienstleistungskonzession für die Veranstaltung und den Vertrieb von Sportwetten aus. Hier aber ist der Betrieb lokaler Spielhallen beabsichtigt.
b) Die demnach zu betrachtende Voraussetzung der Klagebefugnis ist offenkundig nicht erfüllt. Die Klägerin hat in ihrem bisherigen Vortrag kein Konkurrenzverhältnis zur Beigeladenen zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (OVG Saarlouis, B.v. 23.1.2020 – 1 B 248/19 – BeckRS 2020, 363) belegt bzw. noch nicht einmal behauptet. Vielmehr sieht die Klägerin das Konkurrenzverhältnis allein darin begründet, dass sie als Spielhallenbetreiberin auf dem europäischen Markt nunmehr auch den Marktzugang nach Süddeutschland und im Speziellen nach … anstrebe und sich dabei u.a. für den Standort der von der Beigeladenen betriebenen Spielhalle interessiere. Zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung lag der Beklagten jedoch noch keine Interessenbekundung der Klägerin bezüglich des Betriebs einer Spielhalle am Standort der Beigeladenen oder in einer nach Art. 9 Abs. 2 oder 3 AGGlüStV abstandsrechtlich relevanten Umgebung zur Spielhalle der Beigeladenen vor. Die Interessenbekundung der Klägerin erfolgte vielmehr erst gut zwölf Monate nach Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis an die Beigeladene. Eine Auswahlentscheidung aufgrund eines bestehenden Konkurrenzverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen musste die Beklagte demnach im Dezember 2017 nicht treffen.
c) Die Klagebefugnis vermittelt sich für die Klägerin auch nicht aus der Behauptung, es habe ein intransparentes Verfahren vorgelegen, da die Beklagte die Neuerteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse nicht europaweit ausgeschrieben habe. In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin insbesondere nicht mit Erfolg auf das Grundrecht der unternehmerischen Freiheit aus Art. 16 GrCh. sowie auf das Unionsgrundrecht auf Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 AEUV berufen, sofern man zu Gunsten der Klägerin vorliegend von einem grenzüberschreitenden und damit den Anwendungsbereich der vorgenannten Vorschriften eröffnenden Sachverhalt ausgeht. Denn zum einen war die Beklagte – wie vorstehend unter 2. diskutiert – schon nicht verpflichtet, die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach den Vorgaben des förmlichen Vergaberechts europaweit auszuschreiben, da es sich hierbei nicht um die Erteilung einer (oberschwelligen) Dienstleistungskonzession handelt. Zum anderen besteht außerhalb eines solchen unionsrechtlich harmonisierten Vergabeverfahrens unter Heranziehung des aus den Unionsgrundrechten folgenden Transparenzgebots nicht unbedingt das Erfordernis einer Ausschreibung, sondern nur die Pflicht der Herstellung eines angemessenen Grads an Öffentlichkeit, der eine Öffnung für den Wettbewerb und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Verfahren unparteiisch durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, U.v. 9.9.2010 – C-64/08 – EuZW 2010, 821 (824); OVG Münster, B.v. 16.8.2019 – 4 B 659/18 – BeckRS 2019, 22190 Rn. 23). Außerhalb unionsrechtlich harmonisierter Vergabeverfahren reicht die Transparenzpflicht dabei nicht so weit, dass auch die relative Gewichtung der vorab bekannten Kriterien sowie die Präzisierung der Modalitäten, nach denen die vorliegenden Anträge zu bewerten sind, vorab zu bestimmen und allgemein oder den potenziellen Interessenten mitzuteilen sind, wie dies der Klägerin offenbar mit ihrer Anfrage an die Beklagte vom November 2018 vorgeschwebt haben mag (vgl. EuGH, U.v. 18.11.2010 – C-226/09 – juris, Rn. 43, 46.) Deshalb muss auch nicht bereits ein von den zuständigen Behörden auf der Grundlage objektiver Auswahlkriterien durch Präzisierung der Modalitäten, nach denen die vorliegenden Anträge zu bewerten sind, zu entwickelnder Verteilmechanismus vorab bekannt gegeben werden. Insbesondere ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass die Behörden sich erst nach der bereits durch den Glücksspielstaatsvertrag erfolgten Einführung eines Genehmigungserfordernisses für Spielhallen und nach Ablauf der Übergangsfrist eines verfassungsgemäßen Verteilmechanismus zu bedienen haben (vgl. BVerfG, B.v. 7.3.2017 ‒ 1 BvR 1314/12 u. a. ‒ juris, Rn. 185.). Den nach dem allgemeinen unionsrechtlichen Transparenzgebot allein erforderlichen angemessenen Grad an Öffentlichkeit, bei dessen Bestimmung den Mitgliedstaaten ein gewisses Ermessen zuzuerkennen ist, stellen bereits die restriktiven landesrechtlichen Regelungen zur Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle nach dem Glücksspielstaatsvertrag her (vgl. OVG Münster, B.v. 16.8.2019 – 4 B 659/18 – BeckRS 2019, 22190 Rn. 31; OVG Bautzen, B.v. 19.2.2018 – 3 B 3/18 – BeckRS 2018, 4722 Rn. 15; VG Augsburg, U.v. 12.3.2020 – Au 5 K 18.1522 – BeckRS 2020, 42673 Rn. 79), wie sie die Klägerin für den Freistaat Bayern Art. 9 AGGlüStV und darüber hinaus allgemein § 24 GlüStV entnehmen kann. Insoweit ist eine Verletzung der unionsrechtlichen Vorgaben des Transparenzgebotes von vorn herein im vorliegenden Fall nicht erkennbar, denn die Beklagte hat sich bei der Erteilung der Erlaubnis an die Beigeladene ersichtlich von den glücksspielrechtlichen Vorgaben des Landesgesetzgebers leiten lassen, wie man den Gründen des angefochtenen Bescheids entnehmen kann. Sie hat der Klägerin ausweislich ihres Antwortschreibens vom Dezember 2018 den Marktzugang auch nicht gänzlich versagt und in ihrer Erwiderung zur Klage festgehalten, dass es der Klägerin unbenommen bleibt, selbst einen Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Genehmigung bei der Beklagten zu stellen, über den dann zu entscheiden wäre.
Jedenfalls aber bedarf es zu den unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Transparenzgebot deshalb keiner weiteren vertiefenden Erörterung, weil davon losgelöst das Unionsrecht der Klägerin im Bereich der glücksspielrechtlichen Erlaubnis keine allgemeine Klagebefugnis quasi in Form einer Verbands- oder Popularklage vermittelt, so dass es nicht genügt, ein intransparentes Verfahren zu rügen. Nach wie vor ist die Klägerin für die Zulässigkeit ihrer Klage dann gemäß den nationalen Rechtsvorgaben – hier des § 42 Abs. 2 VwGO – gehalten, die Möglichkeit einer eigenen Erlaubniszuteilung durch die Beklagte näher darzulegen. Die Bestimmung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Klage vor nationalen Gerichten ist nämlich auch dann grundsätzlich Sache des innerstaatlichen Verfahrensrechts, wenn es um die Durchsetzung von Unionsrecht geht (Verfahrensautonomie). Zwar verlangt das unionsrechtliche Effektivitätsgebot, dass der Einzelne seine Rechte mit den Rechtsschutzmöglichkeiten des nationalen Rechts wirksam durchsetzen kann. Setzt das nationale Prozessrecht für das auf EU-Recht gestützte Begehren eine besondere Form der rechtlichen Beschwer voraus, so muss gewährleistet sein, dass der Kläger diese Voraussetzung allein durch die Berufung auf seine unionsrechtlichen Rechtspositionen erfüllen kann. Die innerstaatlich geltenden Sachentscheidungsvoraussetzungen sind mit dieser Maßgabe auszulegen und anzuwenden. Wird in diesem Sinne der Effektivitätsanspruch des Unionsrechts beachtet (vor allem bei sekundärrechtlich vorgesehenen Verbandsklagen), ist gegen eine Beschränkung von Klagerecht und gerichtlicher Kontrolle auf die Verletzung subjektiver Rechte grundsätzlich nichts einzuwenden (Dörr/Lenz, Europäischer Verwaltungsrechtsschutz, 2. Teil: Unionsrecht und nationaler Verwaltungsrechtsschutz Rn. 535; EuGH, U.v. 16.4.2015 – C-570/13 – BeckRS 2015, 80512). In diesem Sinne ist vom Erfordernis einer subjektiv-rechtlichen Betroffenheit der Klägerin für ihr Anfechtungsbegehren einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, die einem Dritten erteilt worden war, nicht abzuweichen. Denn zum einen sehen weder sekundäres Unionsrecht noch das nationale Recht im Bereich der Erteilung glücksspielrechtlicher Erlaubnisse nach § 24 Abs. 1 GlüStV eine objektive Klagebefugnis für konkurrierende Bewerber im Bereich von Spielhallenbetrieben vor, noch besteht die Gefahr für die Klägerin, dass sie ihr zukommende unionsrechtliche Grundfreiheiten in einer Bewerberkonkurrenzsituation mit dem Erfordernis einer Betroffenheit in eigenen subjektiven Rechten nicht wirksam durchsetzen kann. Vielmehr garantiert das nationale Rechtsregime, dass sich auch die Klägerin um die Erteilung glücksspielrechtlicher Erlaubnisse unter Beachtung der für alle Bewerber geltenden Anforderungen des Art. 9 AGGlüStV bewerben kann und im Zuge der dann durchzuführenden Auswahlentscheidung keine Erwägungen angestellt werden, die mit den Unionsgrundrechten nicht vereinbar wären. Anders gesagt – die effektive Durchsetzung unionsrechtlicher Anforderungen aus der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit werden der Klägerin im Rahmen eines Auswahlprozesses und ggf. einer nachgelagerten gerichtlichen Entscheidung, nicht aber losgelöst von einem bestehenden Konkurrenzverhältnis ermöglicht. An der Darlegung eines Konkurrenzverhältnisses, das durch die angefochtene Erlaubnis in rechtlich relevanter Weise berührt ist, fehlt es aber. Dazu hat sich die Klägerin nach einer entsprechenden Stellungnahme der Beklagten und trotz eines Hinweises des Gerichts auch nicht veranlasst gesehen, sondern vielmehr auf ihre Rechtsauffassung hingewiesen, ihr stehe ein Anspruch auf Durchführung eines fehlerfreien Vergabeverfahrens zu. Die Beklagte hat zutreffend darauf abgestellt, dass aus dem Vortrag der Klägerin nicht erkennbar wird, ob sie die von der Beigeladenen betriebene Spielhalle übernimmt bzw. kraft privatrechtlichen Vertrags zur Nutzung von Räumlichkeiten, in denen der Betrieb einer Spielhalle möglich erscheint, befugt ist, deren Lage entweder gegen die Vorgaben des Art. 9 Abs. 2 oder des Absatzes 3 AGGlüStV verstoßen. Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer an. Damit fehlt es aber an der Darlegung der Möglichkeit der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle an die Klägerin, weil die Erlaubnis notwendig voraussetzt, dass die Klägerin eine Spielhalle auch tatsächlich betreiben will. Dies ergibt sich schon aus dem klaren Wortlaut des § 24 Abs. 1 GlüStV. Der Klägerin fehlt im Ergebnis die Klagebefugnis.
4. Da sich die Klage als unzulässig erweist, bedarf es keiner Erörterung, ob sie daneben auch unbegründet wäre.
Die Klage ist mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Beigeladene, die sich am Prozess bislang nicht beteiligt und keinen eigenen Antrag gestellt hat, hat nach §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709, 711 ZPO.


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