Baurecht

Versagung des gemeindlichen Einvernehmens für Arbeitnehmerwohnheim

Aktenzeichen  15 CS 20.1512

Datum:
13.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20551
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3, § 146
BauGB § 30, § 31 Abs. 1, § 36
BauNVO § 4 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2
BayBO Art. 63 Abs. 2 S. 1, Art. 67 Abs. 4

 

Leitsatz

1. Arbeitnehmerwohnheime stellen – ähnlich wie sog. Boardinghäuser – eine Übergangsform zwischen einer Wohnnutzung und einem Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls abhängt. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der bauplanungsrechtliche Begriff des Wohnens ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, eine Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie der Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
3. Da die in § 36 BauGB eingeräumte Mitwirkungsbefugnis dem Schutz gemeindlicher Rechte und insbesondere der verfassungsrechtlich gewährleisteten Planungshoheit dient, verletzt schon die verfahrensrechtliche Missachtung dieses Mitwirkungsrechts die Gemeinde in subjektiven Rechten. Es kommt für den Erfolg der gemeindlichen Anfechtungsklage nicht darauf an, ob der Bauherr einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung besitzt und die Gemeinde deshalb das Einvernehmen bei ordnungsgemäßer Beteiligung erteilen müsste. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
4. Fehlt ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahme gem. Art. 63 Abs. 2 S. 1 BayBO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB, weil Bauherr und Baugenehmigungsbehörde irrtümlich davon ausgehen, das Vorhaben entspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans, verletzt eine Baugenehmigung nach Versagung des gemeindlichen Einvernehmens unabhängig vom Anspruch des Bauherrn auf Erteilung einer Ausnahme Rechte der Standortgemeinde, sofern dieser die Möglichkeit abgeschnitten wird, sich mit der Zulässigkeit einer Abweichung gem. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB zu befassen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 S 20.843 2020-06-08 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Juni 2020 (RN 6 S 20.843) wird in Nummern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 31. Juli 2019 gegen den Bescheid des Landratsamts Landshut vom 25. Juni 2019 wird angeordnet.
II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Antragsgegner und die Beigeladene je zur Hälfte. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der antragstellende Markt wendet sich als Standortgemeinde und unter Berufung auf die Verletzung seiner Planungshoheit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 14. August 2015 bekannt gemachten Bebauungsplans „K … / 3. Erweiterung“ des Antragstellers, der dort ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt. Nach bereits erfolgter Gebäudeerrichtung beantragte die Beigeladene am 17. Dezember 2018 (Eingang beim Antragsteller) – ohne gleichzeitige Beantragung einer Ausnahme oder Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans – eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Mehrfamilienhauses in ein „Arbeitnehmerwohnheim für bis zu 20 Personen“ auf dem Baugrundstück (heutige FlNr. … der Gemarkung E …). Nach den (später genehmigten) Bauvorlagen für das streitgegenständliche Änderungsvorhaben stehen für das genehmigte Vorhaben fünf Kfz-Stellplätze zur Verfügung und sind auf den verschiedenen Geschossen folgende Zimmer vorgesehen:
Kellergeschoss:
– zwei 2-Bett-Zimmer (jeweils mit Dusche/WC),
– ein Waschraum,
– ein Raum Heizung / Technik und
– zwei Lagerräume (Keller I und Keller II).
Erdgeschoss:
– drei 1-Bett-Zimmer (jeweils mit Dusche/WC),
– ein Gemeinschaftsraum mit Kochnische und Dusche/WC.
Obergeschoss:
– vier 1-Bett-Zimmer (jeweils mit Dusche/WC).
Dachgeschoss:
– vier 1-Bett-Zimmer (jeweils mit Dusche/WC).
Die Beigeladene hatte im Baugenehmigungsverfahren für das beantragte Vorhaben eine „Betriebsbeschreibung“ (Bl. 13 der Genehmigungsakte des Landratsamts) mit folgendem Inhalt vorgelegt:
„Die Akquisition erfolgt durch persönliches Ansprechen unserer potentiellen Kunden und durch unsere eigene Internetseite. Im Zimmerpreis inbegriffen ist einmal wöchentliches Reinigen des Bades, Wechseln der Handtücher sowie Wischen des Fußbodens. Bettwäsche wird alle 14 Tage zur Verfügung gestellt, muss jedoch vom Gast selbst gewechselt werden. Ein Aufenthalt ist ab drei Tagen möglich. Die Zimmer werden nur als Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt und keinerlei Verpflegung angeboten. Die Endreinigung des Zimmers wird nach tatsächlichem Aufwand in Rechnung gestellt. Die Gemeinschaftsküche steht allen Bewohnern kostenlos und jederzeit zur Verfügung. Der Gemeinschaftswaschraum ist mit Münzwasch- und -trockner ausgestattet.“
Nach vorherigem Beschluss seines Bauausschusses vom 5. Februar 2019 verweigerte der Antragsteller mit einem beim Landratsamt Landshut am 11. Februar 2019 eingegangenen Formalschreiben das gemeindliche Einvernehmen, wobei durch entsprechendes Ankreuzen auf dem verwendeten Formular auch das Einvernehmen zu (nicht beantragten) Ausnahmen und Befreiungen gem. § 31 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB verweigert wurde. Laut dem zugrundeliegenden Beschluss des Bauausschusses des Antragstellers handele es sich nicht um Wohnnutzung. Das „Hotel“ könne nur ausnahmsweise gem. § 4 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BauNVO zugelassen werden; es widerspreche aber dem Charakter des Gebiets, weil nur Ein- bzw. Zweifamilienhäuser und einige Mehrfamilienhäuser vorhanden seien. Mit Schreiben vom 28. Februar 2019 gab das Landratsamt dem Antragsteller gem. Art. 67 Abs. 4 BayBO Gelegenheit, erneut über das gemeindliche Einvernehmen zu entscheiden. Nach Auffassung der Bauaufsichtsbehörde sei die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens rechtswidrig. Die Nutzung des beantragten Arbeitnehmerwohnheims sei „Wohnen“ i.S. von § 4 BauNVO. Bauplanungsrechtliche Versagungsgründe bestünden nicht. Mit Beschluss vom 3. April 2019, der dem Landratsamt am 8. April 2019 bekanntgegeben wurde, bestätigte der Bauausschuss die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2019 erteilte das Landratsamt die beantragte Baugenehmigung für das gem. Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO als Sonderbau eingestufte Vorhaben „Nutzungsänderung eines 3-Familienhauses mit 2 Einliegerwohnungen als Arbeitnehmerwohnheim für bis zu 20 Personen“. Die von der Beigeladenen vorgelegte Betriebsbeschreibung wurde nicht mit einem Genehmigungsstempel des Landratsamts versehen; sie ist im Genehmigungsbescheid auch nicht ausdrücklich zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt worden. In den Gründen des Bescheids wird ausgeführt, das Vorhaben entspreche den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans; nach § 4 BauNVO sei Wohnen – hier in Form eines Arbeitnehmerwohnheims – zulässig. Das versagte gemeindliche Einvernehmen habe laut den Bescheidgründen ersetzt werden können.
Mit Beschluss vom 8. Juni 2020 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Eilantrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 31. Juli 2019 erhobenen und weiterhin anhängigen Klage auf Aufhebung der vorgenannten Baugenehmigung (Az. RN 6 K 19.1383) anzuordnen, ab. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht aus, der Antragsteller sei voraussichtlich weder durch die Ersetzung des verweigerten Einvernehmens noch durch die Baugenehmigung selbst in seiner Planungshoheit verletzt worden. Das Vorhaben sei als Arbeitnehmerwohnheim seiner Art nach in einem allgemeinen Wohngebiet gemäß § 30 Abs. 1 BauGB i.V. mit § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig. In einer Gesamtschau seien die maßgeblichen Kriterien für eine Wohnnutzung erfüllt, worauf bereits die in der Genehmigung verwendete Bezeichnung „Arbeitnehmerwohnheim“ hindeute. Eine teilweise Doppelbelegung schließe eine Wohnnutzung nicht aus. Vorliegend sei ein Arbeitnehmerwohnheim für insgesamt bis zu 20 Personen genehmigt. Aus dem genehmigten Eingabeplan mit den dargestellten Zimmern und ihren Nutzungen lasse sich der Wohncharakter feststellen. Den genehmigten Plänen sei zu entnehmen, dass die Einheiten hinsichtlich ihrer Größe für eine Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises grundsätzlich geeignet seien. Die Zimmer seien selbständig nutzbar. Hoteltypische Dienstleistungen würden nicht erbracht, insbesondere werde keine Verpflegung angeboten. Es gebe auch keine Serviceräume (Empfangsbereich, Frühstücksraum etc.), wie man sie bei einem Beherbergungsbetrieb grundsätzlich erwarten würde. Die Bewohner seien demnach darauf angewiesen, ihren häuslichen Wirkungsbereich selbst zu gestalten. Die notwendige Privatheit sei gewährleistet. In den einzelnen Wohneinheiten stehe ein privater Rückzugsort zur Verfügung, der gegen den Zugriff Dritter geschützt sei. Eine Wohnnutzung von unbestimmter Dauer sei für ein Wohnen nicht zwingend. Das Kriterium der Dauerhaftigkeit sei flexibel zu handhaben, sodass hinsichtlich des Nutzungszeitraums eine Variationsbreite bestehe. Hier würden die Wohneinheiten ab einer Dauer von mindestens drei Tagen, mithin nicht nur für eine Nacht vermietet. Das Nutzungskonzept sei – auch wegen der laut Betriebsbeschreibung nur wöchentlich stattfindenden Reinigung und der nur zweiwöchentlichen Zurverfügungstellung neuer Bettwäsche – darauf ausgerichtet, Personen über einen längeren Zeitraum hinweg aufzunehmen. Entscheidend sei insofern die Baugenehmigung und nicht etwaige tatsächliche Gegebenheiten wie einem Schild am Gebäude („Boardinghaus“) oder einem (im Zeitpunkt des Beschlusserlasses nicht mehr abrufbaren) Internetauftritt. Auch im Übrigen sei das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig. Der Antragsteller habe sein Einvernehmen auch nicht mit der Behauptung fehlender Kfz-Stellplätze verweigern dürfen. Unabhängig davon sei gleichwohl mit den vorhandenen fünf – tatsächlich nutzbaren – Stellplätzen gem. Nr. 1.8 der Anlage gem. § 20 GaStellV von einer ausreichenden Anzahl an Stellplätzen auszugehen.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er trägt vor, das als „Arbeitnehmerwohnheim“ genehmigte Vorhaben sei im festgesetzten allgemeinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich unzulässig, da es insofern nicht um „Wohnen“ sondern um einen Beherbergungsbetrieb gehe. Dem Vorhaben fehle es u.a. aufgrund möglicher Mehrfachbelegungen der Schlafräume an einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit. Eine Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sei nicht gewährleistet. Die Nutzung sei zudem auf einen ständig wechselnden Personenkreis zugeschnitten. Mit den in der Betriebsbeschreibung enthaltenen Serviceleistungen würden hoteltypische Dienstleistungen erbracht. Insofern bestehe kein Unterschied zu als Beherbergung einzustufenden Ferienwohnungen. Zudem habe die Beigeladene noch Anfang des Jahres 2018 im Internet das betroffene Objekt als Boardinghaus beworben; sie habe lediglich den unverfänglicheren Begriff „Arbeitnehmerwohnheim“ gewählt, ohne dass sich der Inhalt der Nutzung geändert habe. Zudem sei der Begriff „Arbeitnehmerwohnheim“ hinsichtlich der genauen Zielgruppe unbestimmt. In der Betriebsbeschreibung finde sich keine Beschränkung auf Arbeitnehmer, hiernach stehe das Haus allen Personen offen, zumal die Akquisition u.a. über die Internetseite erfolge. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine Prüfung der Arbeitnehmereigenschaft bei der Buchung erfolge. Zusammenfassend handele es sich um einen Beherbergungsbetrieb, der unter dem irreführenden Namen „Arbeitnehmerwohnheim“ geführt werde. Im Übrigen verstoße die genehmigte Nutzung gegen Bauplanungsrecht, weil sich diese entgegen den Festsetzungen des Bebauungsplans auf vier Stockwerke (einschließlich Kellergeschoss und Dachgeschoss) erstrecke und weil hinsichtlich der Schlafräume im Keller- und Erdgeschoss keine gesunden Wohnverhältnisse gewährleistet seien. Schließlich weise das Vorhaben nicht die nach der GaStellV erforderliche ausreichende Anzahl von Stellplätzen auf.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Juni 2020 die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 31. Juli 2019 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
und trägt hierzu vor, Wohnnutzung umfasse unterschiedliche Wohnformen. Auch ein Wohnheim der vorliegenden Art falle darunter. Der Antragsteller habe nicht belegen können, dass im streitgegenständlichen Objekt fremde Personen in einer Art und Weise zusammen untergebracht würden, die einen Rückzug ins Private nicht zulasse. Wohnnutzung i.S. von § 4 Abs. 1 BauNVO sei nicht auf Fälle des dauernden Wohnens im Sinne eines lang andauernden Wohnens beschränkt. Im vorliegenden Fall solle nach dem Betriebskonzept, das der streitigen Nutzungsänderung zugrunde liege, ein Aufenthalt erst ab drei Tagen möglich seien. Damit sei eine auf Dauer angelegte Wohnnutzung eröffnet. Der Antragsteller habe nicht dargetan, dass die Zimmer mit ständig wechselnden Gästen – wie es für eine Fremdenbeherbergung kennzeichnend wäre – belegt würden. Es lägen keine hoteltypischen bzw. beherbergungstypischen Serviceleistungen vor. Hoteltypisch wäre eine tägliche Zimmerreinigung, die im Preis einkalkuliert wäre. Zudem würden keine Räumlichkeiten (wie z.B. ein Speisesaal) mit Personalservice angeboten. Nebenleistungen wie Zimmerreinigung und Wäscheservice rechtfertigten nicht die Einstufung als Beherbergungsbetrieb. Vorliegend erreichten die beherbergungstypischen Dienstleistungen jedenfalls keinen nennenswerten nutzungsprägenden Umfang. Die frühere Werbung im Internet für ein Boardinghaus sei irrelevant. Selbst wenn man von der Einordnung als Boardinghaus ausginge, liege der Schwerpunkt auf Wohnnutzung. Aus der Begrifflichkeit „Arbeitnehmerwohnheim“ könne die Klägerin weder eine Unbestimmtheit der Baugenehmigung noch eine subjektive Rechtsverletzung herleiten. Das betroffene Gebäude sei zweigeschossig errichtet. Auf bauordnungsrechtliche Fragen der Nutzung könne sich die Klägerin für die Geltendmachung der Verletzung ihres Beteiligungsrechts gem. § 36 BauGB nicht berufen. Letzteres gelte auch für die Frage der Anzahl der erforderlichen Stellplätze.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt aus, dass selbst ein Boardinghaus im allgemeinen Wohngebiet nicht gebietsfremd sei. Da insbesondere kein Speiseservice und kein Empfangsbereich mit Personal zu Verfügung stehe, würden keine für einen Beherbergungsbetrieb typischen Dienstleistungen angeboten. Nach dem Gesamtkonzept sei das streitgegenständliche Gebäude auf Wohnen angelegt. Hierfür sprächen geräumige Zimmer, die auch mit einer Küchenzeile inklusive Kühlschrank (wenngleich ohne Kochgelegenheit) ausgestattet seien. Es seien sowohl die eigene Gestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises als auch die Freiwilligkeit des Aufenthalts gewährleistet. Den Arbeitnehmern stehe es frei, ihre Zimmer nach Belieben einzurichten und dabei auch weitere Gegenstände wie z.B. Herdplatten oder eine Mikrowelle in die einzelnen Wohnungen einzubringen. Es sei ein längerer Aufenthalt der Arbeitnehmer beabsichtigt, wobei im Einzelfall auch ein kurzfristiger Aufenthalt gestattet werden solle, z.B. wenn ein Arbeiter für wenige Tage auf eine Baustelle gerufen werde. Eine Zimmerbelegung mit drei Personen sei nicht beabsichtigt. Eine Doppelbelegung von Zimmern schließe die für ein Wohnen geforderte Häuslichkeit sowie eine Eigengestaltung der Haushaltsführung nicht aus. Vorliegend solle Arbeitnehmern, die in der Gegend über Monate unter der Woche auf Montage unterwegs seien, die Möglichkeit einer kostengünstigen Übernachtungsmöglichkeit gegeben werden. Dies schließe ein, ggf. mit einem befreundeten Arbeitnehmer ein Zimmer zu zweit zu belegen. Die Zimmer seien geräumig und so eingerichtet, dass ein privater Rückzug möglich sei. Unschädlich sei es, wenn man sich zum Kochen in einen Gemeinschaftsraum begeben müsse. Den Internetauftritt, auf den sich der Antragsteller berufe, gebe es zwischenzeitlich nicht mehr. Er sei für eine vormals andere Gebäudenutzung gedacht gewesen. Unabhängig davon seien die Zimmer bereits vormals mit einer monatlichen – nicht täglichen – Kaltmiete beworben worden. Jeder Wohnraum werde über eine mechanische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung versorgt. Entgegen der Behauptung des Antragstellers seien die fünf Stellplätze ohne Weiteres nutzbar.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Aus den vom antragstellenden Markt vorgetragenen Gründen, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich, dass es das Verwaltungsgericht zu Unrecht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 25. Juni 2019 anzuordnen.
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, wenngleich nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage geht der Senat entgegen der Bewertung des Verwaltungsgerichts davon aus, dass die Anfechtungsklage des antragstellenden Marktes voraussichtlich erfolgreich sein wird, weil die angefochtene Baugenehmigung vom 25. März 2019 rechtswidrig ist und Rechte des Antragstellers aus § 36 BauGB bzw. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Die Anfechtungsklage des wegen möglicher Verletzung der Rechte aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV sowie § 36 BauGB klagebefugten (und damit auch im vorliegenden Verfahren entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugten) Antragstellers dürfte nach Aktenlage zulässig sein. Die mit der Klageerhebung vorgelegte Kopie der Ausfertigung des Baugenehmigungsbescheids vom 25. Juni 2019 trägt den Eingangsstempel der Verwaltungsgemeinschaft E … vom 16. Juli 2019 (vgl. Bl. 11 der VG-Akte RN 6 K 19.1383), sodass von rechtzeitiger Klageerhebung am 31. Juli 2019 innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO auszugehen ist.
2. Die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung in der gegenwärtigen Fassung des Bescheids vom 25. Juni 2019 dürfte auch in der Sache Erfolg haben.
Nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann die nach Landesrecht zuständige Behörde das nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliche Einvernehmen ersetzen, wenn es von der Gemeinde rechtswidrig verweigert worden ist. Da die Gemeinde ihr Einvernehmen nur aus den in § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB genannten Gründen versagen darf, sind die Voraussetzungen der §§ 31, 33 bis 35 BauGB auf das Rechtsmittel der Gemeinde hin in vollem Umfang nachzuprüfen (BayVGH, B.v. 5.8.2019 – 9 CS 19.581 – BayVBl 2020, 162 = juris Rn. 19 m.w.N.; B.v. 9.6.2020 – 15 CS 20.901 – juris Rn. 65; Scheidler, ZfBR 2019, 543/545 und 547). Entscheidend für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers ist daher, ob der genehmigten Nutzugsänderung Gründe der §§ 31, 33, 34 oder 35 BauGB entgegenstehen. Für diese Prüfung ist maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des mit der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens verbundenen Bescheids abzustellen. Später eingetretene Änderungen und die Frage, ob der Bauherr im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf die Baugenehmigung hat, müssen dagegen unberücksichtigt bleiben (BVerwG, U.v. 9.8.2016 – 4 C 5.15 – BVerwGE 156, 1 = juris Rn. 14 m.w.N.; BayVGH, B.v. 5.8.2019 – 9 CS 19.581 – BayVBl 2020, 162 = juris Rn. 19).
a) Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens dürfte sich entgegen der Ansicht des Antragsgegners, der Beigeladenen und des Verwaltungsgerichts nicht aus § 30 Abs. 1 BauGB ergeben. Das streitgegenständliche Arbeitnehmerwohnheim widerspricht nach dem im Eilverfahren anzulegenden summarischen Prüfungsmaßstab den Regelfestsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans „K … / 3. Erweiterung“ zur Art der baulichen Nutzung. Entgegen der Einordnung durch das Erstgericht dürfte es sich bei dem streitgegenständlichen Arbeitnehmerwohnheim nach Maßgabe der Betriebsbeschreibung und den im gerichtlichen Verfahren dargelegten konzeptionellen Vorstellungen der Beigeladenen, selbst wenn diese über einen Ergänzungsbescheid nachträglich zum Gegenstand der Baugenehmigung erklärt würden, nicht um ein Wohngebäude i.S. von § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, sondern allenfalls um ein ausnahmsweise zulässiges Vorhaben gem. § 4 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 BauNVO handeln.
aa) Arbeitnehmerwohnheime stellen – ähnlich wie sog. Boardinghäuser – eine Übergangsform zwischen einer Wohnnutzung und einem Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls abhängt (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 14; B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 8; OVG Berlin-Bbg, B.v. 6.7.2006 – OVG 2 S 2.06 – BauR 2006, 1711 = juris Rn. 8 ff.). Soweit eine solche Nutzung schwerpunktmäßig als Wohnen [zum Begriff s.u. cc) ] ohne die für einen Beherbergungsbetrieb typischen Dienstleistungsbereiche, wie etwa Speise- und Aufenthaltsräume mit zugehörigem Personalservice, erfolgt, liegt dies innerhalb der einer Wohnnutzung eigenen Variationsbreite und ist nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V. mit § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im allgemeinen Wohngebiet allgemein bauplanungsrechtlich zulässig. Sollte es sich demgegenüber z.B. um einen Beherbergungsbetrieb handeln, unterfiele das streitgegenständliche Vorhaben § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, wäre mithin auch in einem allgemeinen Wohngebiet nicht grundsätzlich gebietsfremd, könnte aber über § 31 Abs. 1 BauGB nur im Wege der Ausnahmeerteilung genehmigt werden.
bb) Soweit der Bescheid vom 25. Juni 2019 laut Betreffzeile die Baugenehmigung für ein „Arbeitnehmerwohnheim für bis zu 20 Personen“ erteilt, sich andererseits aus der Darstellung in den mit Genehmigungsstempel versehenen Bauzeichnungen (Grundrissen) von zwei „2-Bett-Zimmern“ (Kellergeschoss) und von elf „1-Bett-Zimmern“ (Erdgeschoss, Obergeschoss, Dachgeschoss) eine Maximalbelegung von 15 Gästen ergäbe, dürfte die Baugenehmigung dahingehend auszulegen sein, dass die Angaben von Ein- oder Zweibettzimmer in den zeichnerischen Bauvorlagen nur beispielhaft gemeint sind. Nach dem Regelungsinhalt der Baugenehmigung verbleibt der Beigeladenen mithin ein Spielraum, die Zimmer auch mit zwei oder mehr Betten auszustatten, soweit nicht die Maximalbelegzahl von 20 Gästen überschritten wird. Im Übrigen regelt der Baugenehmigungsbescheid vom 25. Juni 2019 außer der Festlegung des Nutzungszwecks als „Arbeitnehmerwohnheim für bis zu 20 Personen“ und der Festlegung des Nutzungszwecks der einzelnen Zimmer in den Grundrissen der Bauvorlagen konzeptionell hinsichtlich der Nutzungsart selbst nichts. Die von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegte, inhaltlich eher dünne Betriebsbeschreibung (Bl. 13 der Genehmigungsakte) trägt weder den Genehmigungsstempel des Landratsamts noch ist diese im Bescheid vom 25. Juni 2019 zum Gegenstand der Baugenehmigung erklärt worden. Damit dürfte die Baugenehmigung zwar nicht i.S. von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt sein, allerdings deckt sie ein sehr breites Nutzungsspektrum ab, mithin auch z.B. – über die vorgelegte Betriebsbeschreibung hinausgehend – eine Unterbringung nur für einen Tag sowie auch einen Betrieb mit weiteren Servicesowie ggf. auch Verpflegungsleistungen.
cc) Selbst wenn in einem ergänzenden Verfahren – was aufgrund des hier maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage an sich nicht zu berücksichtigen ist (s.o.) – unter Wahrung der Mitwirkungsbefugnisse des Antragstellers gem. § 36 BauGB neben der bisher vorliegenden Betriebsbeschreibung auch die im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen weiteren Konzeptionsvorstellungen der Beigeladenen über einen Ergänzungsbescheid zum Inhalt der Baugenehmigung erklärt werden würden, könnte der Senat das insofern konkretisierte Vorhaben nicht als eine Regelnutzung i.S. von § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO („Wohngebäude“) ansehen.
Ausschlaggebend für die Einordnung als Wohnnutzung i.S. von § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO ist vorliegend nicht alleine, ob die für einen Beherbergungsbetrieb typischen Dienstleistungen (wie z.B. Speise- und Aufenthaltsräume mit zugehörigem Personalservice) erbracht werden oder nicht, sondern auch, ob die weiteren Voraussetzungen vorliegen, damit der Aufenthalt des Gasts im streitgegenständlichen Gebäude als „Wohnen“ einzustufen ist. Der bauplanungsrechtliche Begriff des Wohnens ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, eine Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie der Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Diese Definition ist aus der Abgrenzung zu anderen planungsrechtlichen Nutzungsformen (Beherbergung, Heimunterbringung, Formen der sozialen Betreuung und Pflege) bzw. zur reinen (provisorischen) Schlafstätte entwickelt worden. Sie soll den Bereich des Wohnens als Bestandteil der privaten Lebensgestaltung kennzeichnen. Gemeint ist damit die Nutzungsform des selbstbestimmt geführten privaten Lebens „in den eigenen vier Wänden“, die auf eine gewisse Dauer angelegt ist und keinem anderen in der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Nutzungszweck verschrieben ist. Entscheidend für die Erfüllung des Wohnbegriffs im vorgenannten Sinn sind die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls, wobei auf das jeweilige Nutzungskonzept des Bauherrn abzustellen ist (zum Ganzen vgl. BVerwG, B.v. 25.3.1996 – 4 B 302.95 – NVwZ 1996, 893 = juris Rn. 12 f.; B.v. 25.3.2004 – 4 B 15.04 – BRS 67 Nr. 70 = juris Rn. 3; B.v. 31.7.2013 – 4 B 8.13 – BauR 2013, 1996 = juris Rn. 3; B.v. 16.2.2015 – 1 B 13.648 – NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 4.9.2013 – 14 ZB 13.6 – BRS 81 Nr. 84 = juris Rn. 12; VGH BW, B.v. 17.1.2017 – 8 S 1641/16 – NVwZ-RR 2017, 520 = juris Rn. 17; NdsOVG, B.v. 18.7.2008 – 1 LA 203/07 – BauR 2008, 2022 = juris Rn. 12; B.v. 11.5.2015 – 1 ME 31/15 – ZfBR 2015, 586 = juris Rn. 19; B.v. 18.9.2015 – 1 ME 126/15 – NVwZ-RR 2016, 25 = juris Rn. 10). Für die bauplanungsrechtliche Einordnung der in Rede stehenden Nutzung kommt es hingegen auf die allgemeine, die konkrete Nutzung nicht umfassend definierende Bezeichnung des Vorhabens als „Arbeitnehmerwohnheim“ (vgl. die Betreffzeile des Baugenehmigungsbescheids vom 25. Juni 2019) nicht entscheidend an (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2019 – 15 CS 18.2487 – DVBl 2019, 932 = juris Rn. 14 m.w.N.).
Mangels Gewährleistung von Privatsphäre resp. mangels Möglichkeit eines „Rückzugs ins Private“ fehlt die für eine Wohnnutzung zu fordernde Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises, wenn die angebotenen Schlafräume wie hier in einer Größenordnung von 16 – 27 m² gleichzeitig von mehreren Personen zur Übernachtung genutzt werden können und sofern die Mehrfachbelegung eines Schlafraums nicht auf Personen begrenzt ist, die in engen (z.B. familiären oder freundschaftlichen) Beziehungen zueinanderstehen (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.2015 – 1 B 13.648 – NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 26; HessVGH, B.v. 1.7.2019 – 4 B 866/19 – BauR 2020, 455 = juris Rn. 10 ff.; VGH BW, B.v. 3.8.2017 – 5 S 1030/17 – juris Rn. 11; NdsOVG, B.v. 11.5.2015 – 1 ME 31/15 – ZfBR 2015, 586 = juris Rn. 20). Auch nach dem Bundesverwaltungsgericht stellt die Unterbringung von (z.B. Montage-) Arbeitnehmern in Zweibettzimmern nicht den Regelfall des Wohnens im bauplanungsrechtlichen Sinne dar (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 – 4 C 43.89 – BVerwGE 90, 140 = juris Rn. 17). Die vom Antragsgegner sowie vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Entscheidung NdsOVG, B.v. 18.9.2015 – 1 ME 126/15 – NVwZ-RR 2016, 25 = juris Rn. 10 ff. nimmt im Fall einer Doppelbelegung von Schlafräumen eine Wohnnutzung bei einer Arbeitnehmerunterkunft allenfalls dann an, wenn sich die betroffenen Personen auf freiwilliger Basis und aufgrund bestehender persönlicher Beziehungen darauf eingelassen haben. Dass Letzteres im Fall der streitgegenständlichen Arbeitnehmerunterkunft stets gewährleistet ist, ergibt sich weder aus der (ohnehin nicht von der Baugenehmigung umfassten) Betriebsbeschreibung noch aus der Einlassung der Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren. Häufig dürften Arbeitnehmer eine Unterkunft im Arbeitnehmerwohnheim der Beigeladenen aufgrund einer Zuweisung ihrer Arbeitgeber nehmen, wobei in diesem Fall Letzterer regelmäßig Vertragspartner des Mietverhältnisses sein dürfte (zu abweichenden Vertragsgestaltungsmöglichkeiten vgl. NdsOVG, B.v. 18.9.2015 a.a.O. juris Rn. 12). Insbesondere die Unterbringung in Mehrbettzimmern dürfte mithin in vielen Fällen nicht auf dem Entschluss befreundeter Arbeitnehmer, in dem genutzten Raum gemeinsam zu „wohnen“, sondern auf einer Kalkulationsentscheidung des Arbeitgebers beruhen, der die Unterzubringenden zur Erfüllung eines Arbeitsauftrags in der Umgebung einsetzt. Insofern ist nicht ersichtlich, dass die Unterkunft der Beigeladenen jedenfalls dann, wenn die Einzuquartierenden – wie von der Baugenehmigung abgedeckt – auf Geheiß des Arbeitgebers in Mehrbettzimmern untergebracht werden, über den Nutzen als Schlafstätte hinaus Wohnbedürfnisse befriedigt. Ein selbstbestimmtes privates Leben wie „in den eigenen vier Wänden“ liegt dann nicht vor. In diesem Fall dient das Gebäude nicht als „Heimstatt im Alltag“, sondern nur einer provisorischen Unterkunft (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.2015 a.a.O.; zu einem Gegenbeispiel vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 26.4.2019 – OVG 5 S 24.18 – NJW 2019, 1896 = juris Rn. 10).
Darüber hinaus dürfte eine Wohnnutzung auch deshalb ausscheiden, weil der Betrieb des Arbeitnehmerwohnheims nach dem von der Beigeladenen vorgetragenen Nutzungskonzept einen ständig wechselnden Kreis von Personen jedenfalls nicht ausschließt (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.2017 – 4 C 5.16 – BVerwGE 160, 104 = juris Rn. 17, BayVGH, B.v. 4.9.2013 a.a.O. juris Rn. 12; HessVGH, B.v. 1.7.2019 a.a.O. juris Rn. 10 ff.; OVG MV, B.v. 28.12.2007 – 3 M 190/07 – juris Rn. 10; OVG NW, U.v. 17.1.1996 – 7 A 166/96 – juris Rn. 32 ff.). Mit der Anforderung an die Dauerhaftigkeit des Wohnens ist kein allgemeinverbindlicher Mindestverweilzeitraum verbunden. Der Sinn dieses Merkmals ist – ähnlich wie beim Erfordernis der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises (s.o.) – darin zu erblicken, ein Wohngebäude als die Heimstatt im Alltag von anderen Nutzungsarten zu unterscheiden, die sich durch ein übergangsweises (nicht „alltägliches“) Wohnen oder ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen auszeichnen. Ob eine Nutzung in diesem Sinne auf Dauer angelegt ist, bestimmt sich maßgeblich nach dem Nutzungskonzept unter Berücksichtigung der objektiven Ausgestaltung und Ausstattung des Gebäudes (Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Aufl. 2019, § 3 Rn. 17, 17a). Das – im gerichtlichen Verfahren vorgetragene – Konzept der Beigeladenen ist insbesondere im Fall einer Zimmerbelegung mit mehreren Betten auf eine räumlich eher beengte und einfache Unterbringung von Personen im Sinne einer provisorischen Schlafplatzvermittlung angelegt, was einem „Wohnen“ entgegensteht (s.o., vgl. auch NdsOVG, B.v. 11.5.2015 – 1 ME 31/15 – ZfBR 2015, 586 = juris Rn. 21). Hinzukommt, dass nach der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Betriebsbeschreibung sowie den Ausführungen der Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren auch kurzfristige Unterbringungen von wenigen (mindestens drei) Tagen angeboten werden. Nach den eigenen konzeptionellen Vorstellungen der Beigeladenen richtet sich das Angebot des streitgegenständlichen Arbeitnehmerwohnheims mithin j e d e n f a l l s a u c h an kurzfristig verweilende Gäste und ist daher für eine Nutzung durch ständig wechselnde Gäste (z.B. Montagearbeiter mit wenigen Tagen Aufenthalt) grundsätzlich offen. Auch wenn das Merkmal der Dauerhaftigkeit des Aufenthalts bei der Abgrenzung zwischen Wohnnutzung und Beherbergungsbetrieb flexibel zu handhaben ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.3.1996 – 4 B 302.95 – NVwZ 1996, 893 = juris Rn. 12; VGH BW, B.v. 17.1.2017 – 8 S 1641/16 – NVwZ-RR 2017, 520 = juris Rn. 18; juris Rn. 15; NdsOVG, B.v. 18.9.2015 – 1 ME 126/15 – NVwZ-RR 2016, 25 = juris Rn. 10), kann bei einer Nutzungskonzeption, die ohne weitere Einschränkung auch die Möglichkeit einer kurzfristigen Zimmermiete von mindestens drei Tagen einbezieht, von einer für eine Wohnnutzung erforderlichen a u f D a u e r angelegten Häuslichkeit kaum die Rede sein. Zudem vermitteln die Räumlichkeiten des Arbeitnehmerwohnheims (Schlafzimmer auch als Mehrbettenzimmer in kleiner bis mittlerer Größe von 16 m² bis max. 27 m²; keine standardmäßige Ausstattung der Schlafräume mit Herd/Ofen; kleiner Gemeinschaftsraum mit lediglich 23 m² und Kochnische als weiterer Aufenthaltsraum für bis zu 20 Gäste) auch objektiv keine besondere Aufenthaltsqualität, kraft derer prognostiziert werden könnte, dass sich eine längere Verweildauer der Kunden allein aus dem Angebot heraus von selbst regelt (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 6.7.2006 – OVG 2 S 2.06 – BauR 2006, 1711 = juris Rn. 14 m.w.N.).
b) Selbst wenn – was hier offen bleiben kann – das verfahrensgegenständliche Arbeitnehmerwohnheim im Wege der Ausnahme gem. § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden könnte und selbst wenn die Beigeladene sogar womöglich aufgrund einer Ermessensreduzierung auf null einen Anspruch auf die Zulassung einer Ausnahme und deshalb auf Erteilung einer Baugenehmigung hätte, fällt die gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5, § 146 VwGO gebotene Abwägung in Orientierung an den Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 25. Juni 2019 zulasten der Beigeladenen sowie des Antragsgegners und zugunsten des Antragstellers aus. Denn auch dann wäre nach der gegenwärtigen Prozesslage davon auszugehen, dass der Bescheid vom 25. Juni 2019 im Hauptsacheverfahren gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu kassieren ist. Denn solange die Standortgemeinde im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens nicht mit einem nach bayerischem Landesrecht erforderlichen (schriftlichen) Ausnahmeantrag gem. Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO befasst wurde und nicht über Art. 67 Abs. 4 Satz 1 BayBO hinsichtlich einer möglichen Ersetzung des versagten Einvernehmens gerade diesbezüglich angehört wurde, verletzt eine Baugenehmigung, die von der Baugenehmigungsbehörde in der irrtümlichen Rechtsauffassung erlassen wurde, das verfahrensgegenständliche Vorhaben sei ohne Ausnahme gem. § 30 Abs. 1 BauGB hinsichtlich seiner Nutzungsart zulässig, gemeindliche Rechte aus § 36 BauGB.
aa) Es spricht allerdings Manches dafür, dass das genehmigte Arbeitnehmerwohnheim einem Ausnahmetatbestand unterfällt. Vorliegend hat der Antragsteller mit dem im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Bebauungsplan „K … / 3. Erweiterung“ eine Regelbaugebiet gem. § 4 BauNVO (allgemeines Wohngebiet) festgesetzt und dabei die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung gem. § 4 Abs. 2 BauNVO einschließlich der Ausnahmemöglichkeiten gem. § 4 Abs. 3 BauNVO übernommen, d.h. zum Bestandteil des Bebauungsplans erklärt (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Da der Bebauungsplan keine einschränkenden Regelungen i.S. von § 1 Abs. 6 und Abs. 9 BauNVO für Ausnahmetatbestände nach den §§ 3 ff. BauNVO getroffen hat, könnte das streitgegenständliche Vorhaben hinsichtlich seiner Nutzungsart gem. § 31 Abs. 1 BauGB als Ausnahme zugelassen werden, sofern es die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestands gem. § 4 Abs. 3 Nr. 1 – Nr. 5 BauNVO erfüllt. Es dürfte sich vorliegend, soweit man die verbleibenden Dienstleistungen nach Maßgabe der Betriebsbeschreibung hierfür noch als ausreichend ansieht, um einen Beherbergungsbetrieb gem. § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO handeln (zum Begriff vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2013 – 4 B 8.13 – BauR 2013, 1996 = juris Rn. 5; OVG MV, U.v. 19.2.2014 – 3 L 212/12 – BauR 2015, 81 = juris Rn. 45; OVG NW, U.v. 17.1.1996 – 7 A 166/96 – juris Rn. 32). Dasselbe würde gelten, wenn das für einen Beherbergungsbetrieb zu erfüllende Minimum an beherbergungstypischen Mindestserviceleistungen nicht erreicht sein sollte (vgl. NdsOVG, B.v. 11.5.2015 – 1 ME 31/15 – ZfBR 2015, 586 = juris Rn. 22 ff.), das Vorhaben aber als sonstiger n i c h t s t ö r e n d e r Gewerbebetrieb einzuordnen wäre (hierzu vgl. BVerwG, B.v. 25.3.2004 – 4 B 15.04 – BRS 67 Nr. 70 = juris Rn. 9 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 31.7.2013 – 4 B 8.13 – BauR 2013, 1996 = juris Rn. 8).
bb) Die Erteilung einer Ausnahme gem. § 31 Abs. 1 BauGB eröffnet grundsätzlich Ermessen. Aus diesem Grund kann die gem. § 36 BauGB beteiligte Gemeinde rechtmäßig ihr Einvernehmen auch bei Einschlägigkeit eines im Bebauungsplan selbst vorgesehenen Ausnahmetatbestands (hier über § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V. mit § 4 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 BauNVO) versagen, wenn sie diese auf ermessensgerechte Gründe stützt (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Oktober 2018, Art. 67 Rn. 58; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: Januar 2020, Art. 67 Rn. 74; Scheidler, ZfBR 2019, 543/545; ders. KommP BY 2019, 328/330). Bei der Ausübung des Ermessens – sowohl der Gemeinde im Rahmen von § 36 BauGB als auch der Baugenehmigungsbehörde bei der Zulassung der Ausnahme im Rahmen der Baugenehmigung – dürfen hingegen nur städtebauliche Gründe berücksichtigt werden. Gibt es keine derartigen Gründe, die der Zulassung eines Vorhabens im Wege der Ausnahme widersprechen könnten, bleibt für eine ablehnende Ermessenentscheidung kein Raum. Das eingeräumte Ermessen bei der Zulassung von Ausnahmen kann mithin nicht selten – aber einzelfallabhängig – zugunsten des Bauherrn auf null reduziert sein (zum Ganzen: BayVGH, U.v. 9.8.2007 – 25 B 05.1339 – BayVBl 2008, 473 = juris Rn. 39 ff.; U.v. 26.1.2007 – 1 BV 02.2147 – NVwZ-RR 2007, 736 = juris Rn. 49 ff.; U.v. 15.12.2010 – 2 B 09.2419 – NVwZ-RR 2011, 514 = juris Rn. 23 ff., 39; B.v. 9.12.2015 – 15 CS 14.943 – juris Rn. 21; VGH BW, U.v. 31.1.1997 – 8 S 3167/96 – BRS 59 Nr. 58 = juris Rn. 18 ff.; Urt. v. 19.11.2003 – 5 S 2726/02 – ZfBR 2004, 284 = juris Rn. 39 ff., 44; B.v. 6.10.2015 – 3 S 1695/15 – NVwZ 2015, 1781 = juris Rn. 14 ff., 20; OVG NW, B.v. 6.5.2005 – 7 B 2752/04 – ZfBR 2005, 474 = juris Rn. 33 ff.; U.v. 26.9.2008 – 10 A 2599/07 – juris Rn. 12; U.v. 25.3.2014 – 2 A 2679/12 – ZfBR 2015, 173 = juris Rn. 131 ff.; Scheidler, UPR 2015, 281/283; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: Januar 2020, Art. 67 Rn. 85; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Februar 2020, § 31 Rn. 26).
cc) Auch wenn unterstellt wird, dass das Arbeitnehmerwohnheim der Beigeladenen die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestands i.S. von § 31 Abs. 1 BauGB i.V. mit § 1 Abs. 3 Satz 2, § 4 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 BauNVO erfüllt sowie dass nach den Umständen des Einzelfalls (die näher aufzuklären wären) eine Ermessensreduzierung auf null vorliegt und deshalb grundsätzlich ein Anspruch der Beigeladenen auf Erhalt einer Baugenehmigung unter Zulassung einer Ausnahme besteht, verletzt der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid vom 25. Juni 2019 in seiner gegenwärtigen Fassung Rechte des Antragstellers. Denn die Erteilung einer Ausnahme wurde von der Beigeladenen nicht beantragt (Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO). Aus demselben Grund wurde dem Antragsteller seitens des Landratsamts nicht die Gelegenheit zur Mitwirkung gem. § 36 Abs. 1 BauGB gerade hinsichtlich einer Ausnahmeerteilung gem. § 31 Abs. 1 BauGB gegeben, zumal auch im Bescheid vom 25. Juni 2019 weder ausdrücklich noch implizit eine Ausnahme gem. § 31 Abs. 1 BauGB i.V. mit § 4 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 BauNVO erteilt wurde.
Zwar sieht § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB für die Erteilung bauplanungsrechtlicher Ausnahmen und Befreiungen die die Baugenehmigung erteilende Bauaufsichtsbehörde als zuständig an, allerdings verlangt dieselbe Norm, dass über die Zulässigkeit von Vorhaben u.a. nach § 31 BauGB, und damit auch über die Zulässigkeit von Ausnahmen gem. § 31 Abs. 1 BauGB, von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden ist. Da die in § 36 BauGB eingeräumte Mitwirkungsbefugnis dem Schutz gemeindlicher Rechte und insbesondere der über Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV verfassungsrechtlich gewährleisteten Planungshoheit dient, verletzt allein schon die verfahrensrechtliche Missachtung dieses Mitwirkungsrechts die betroffene Gemeinde in subjektiven Rechten. Es kommt für den Erfolg der gemeindlichen Anfechtungsklage dann nicht darauf an, ob der Bauherr einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung – hier auch in Bezug auf die implizite Erteilung einer wohl erforderlichen Ausnahme – besitzt und die Gemeinde deshalb das Einvernehmen bei ordnungsgemäßer Beteiligung erteilen müsste (BVerwG, B.v. 11.8.2008 – 4 B 25.08 – NVwZ 2008, 1347 = juris Rn. 5 f.; VG Würzburg, U.v. 24.1.2019 – W 5 K 17.946 – juris Rn. 34; Scheidler, ZfBR 2019, 543/547 f.; ders. KommP BY 2019, 328/331; Rieger in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 36 Rn. 37).
Nach der in Bayern geltenden Rechtlage setzt die Zulassung u.a. von Ausnahmen gem. § 31 Abs. 1 BauGB einen ausdrücklich gestellten, schriftlichen Antrag voraus, Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO. Einen konkludenten Ausnahme- oder Befreiungsantrag kennt das bayerische Landesrecht nicht. Die gegenteilige Auffassung, wonach mit der Stellung des Bauantrags auch die für das Vorhaben erforderlichen Ausnahmen, Befreiungen oder (bauordnungsrechtlichen) Abweichungen als beantragt gelten sollen (vgl. BVerwG, B.v. 28.5.1990 – 4 B 56.90 – NVwZ-RR 1990, 529 = juris Rn. 2; für die Rechtslage in anderen Bundesländern: VGH BW, B.v. 6.10.2015 – 3 S 1695/15 – NVwZ 2015, 1781 = juris Rn. 19; OVG SA, B.v. 12.12.2011 – 2 M 162/11 – ZfBR 2012, 271 = juris Rn. 30; OVG NW, U.v. 14.3.2006 – 10 A 4924/05 – BRS 70 Nr. 139 = juris Rn. 72), kann nach dem in Bayern geltenden Verfahrensrecht nicht greifen (VG München, U.v. 8.11.2017 – M 9 K 16.4678 – juris Rn. 43; Dhom/Simon in Simon/Busse, BayBO, Stand: Januar 2020, Art. 63 Rn. 48; Scheidler, UPR 2015, 281/283). Unterbleibt der Antrag, ist der Bauantrag unvollständig, sodass Art. 65 Abs. 2 BayBO zur Anwendung kommt (Dhom/Simon a.a.O.). Erkennt also – anders als im vorliegenden Fall – die Baugenehmigungsbehörde nach Eingang des Bauantrags, dass das beantragte Vorhaben nur als Ausnahme zugelassen werden kann, darf sie nur dann die Baugenehmigung erteilen, wenn sie den Bauherrn auffordert, einen Antrag auf Zulassung einer Ausnahme zu stellen und hierauf dann ein entsprechender Antrag eingereicht wird. Wird dieser sodann gem. Art. 64 Abs. 1 BayBO über die Gemeinde gestellt, kann diese im herkömmlichen Verfahren im Anschluss über das gemeindliche Einvernehmen gem. § 36 BauGB entscheiden. Wird der Ausnahmeantrag unter Umgehung der Gemeinde direkt bei der Bauaufsichtsbehörde des Landratsamts vorgelegt, muss der Vorgang an die Gemeinde zurückgegeben werden, um dieser die Möglichkeit zu geben, erstmals über den gestellten Ausnahmeantrag im Rahmen von § 36 BauGB zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall ging das Landratsamt in Verkennung der Rechtslage irrtümlich davon aus, das genehmigte Arbeitnehmerwohnheim unterfalle § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO und sei daher als Wohngebäude ohne Weiteres im festgesetzten allgemeinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich zulässig. Unterstellt man das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands gem. § 4 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 BauGB (s.o.), wäre vorliegend eine Ausnahme – trotz fehlenden Antrags der Beigeladenen als Bauherrin und ohne bewusste (Ermessens-) Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde hierüber – „faktisch“ unter Umgehung des Mitwirkungsrechts des Antragstellers gem. § 36 BauGB erteilt worden. Zwar hatte der Antragsgegner den Antragsteller vor Erlass des Baugenehmigungsbescheids vom 25. Juni 2019 nochmals beteiligt resp. gem. Art. 67 Abs. 4 BayBO zur Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens angehört. Nach der Logik und der (wohl falschen) Rechtsauffassung des Landratsamts hätte es mangels Einvernehmenspflicht einer (in den Bescheidgründen thematisierten) Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens aber an sich aber nicht bedurft, weil aus Sicht des Antragsgegners das Vorhaben wegen Einschlägigkeit von § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans entsprach, die Baugenehmigung also ohne Ausnahme hätte erteilt werden müssen (vgl. Scheidler, ZfBR 2019, 543/544; im Fall einer Befreiung vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2020 – 15 ZB 20.470 – noch nicht veröffentlicht; VG Regensburg, U.v. 21.1.2020 – RN 6 K 19.521 – noch nicht veröffentlicht). Mit der Erteilung der Baugenehmigung für das Vorhaben, das gerade nicht § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO unterfallen dürfte (s.o.) und das daher allenfalls im Wege der Ausnahmezulassung gem. § 31 Abs. 1 BauGB i.V. mit § 4 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 BauNVO unter gemeindlicher Mitsprache hätte genehmigt werden dürfen, ist dann gleichzeitig das Mitwirkungsrecht des Antragstellers gem. § 36 BauGB verletzt worden. Fehlt es – wie hier – an einem nach bayerischem Landesrecht erforderlichen ausdrücklichen, schriftlichen Antrag auf Erteilung einer Ausnahme gem. Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V. mit § 31 Abs. 1 BauGB, weil sowohl der Bauherr als auch die Baugenehmigungsbehörde irrtümlich davon ausgehen, das Vorhaben entspreche den Regelfestsetzungen des geltenden qualifizierten Bebauungsplans zur Art der baulichen Nutzung, verletzt eine hierauf ergehende Baugenehmigung nach Versagung des gemeindlichen Einvernehmens unabhängig von einem eventuellen Anspruch des Bauherrn auf Erteilung einer bauplanungsrechtlichen Ausnahme Rechte der Standortgemeinde, sofern dieser die Möglichkeit abgeschnitten wird, sich im Verfahren erstmals mit der Zulässigkeit einer bis dato nicht beantragten Abweichungszulassung gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu befassen. Dass sich der Antragsteller – anlasslos – bereits tatsächlich im Rahmen der Beteiligung gem. § 36 BauGB auch gegen die Zulassung einer Ausnahme (§ 31 Abs. 1 BauGB) sowie gegen eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 31 Abs. 2 BauGB) ausgesprochen hat, ändert daran nichts. Denn bis zum – s.o.: maßgeblichen – Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheids lag tatsächlich kein erforderlicher – schriftlicher und begründeter – Ausnahmeantrag gem. Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO vor, mit dem die Gemeinde im ordnungsgemäßen Verfahren nach § 36 BauGB und Art. 67 BayBO konkret hätte befasst werden können.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil die Beigeladene im vorliegenden Verfahren gemeinsam mit dem Antragsgegner unterlegen ist. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.10 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die im Beschwerdeverfahren keine Einwände erhoben worden sind.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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