Baurecht

Versagung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Personalwohnung in ein Wohngebäude im Außenbereich

Aktenzeichen  W 4 K 15.670

Datum:
26.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 46087
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 7, Abs. 4
BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 59 S. 1 Nr. 1, Art. 68 Abs. 1 S. 1
GG Art. 3 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Grundstück und eine sich auf diesem Grundstück befindliche bauliche Anlage sind regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen, wenn sie an mindestens drei Seiten von Bebauung umgeben sind. (redaktioneller Leitsatz)
2. Nicht nur die Errichtung, sondern auch die Änderung der baulichen Nutzung einer Anlage kann die unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB) auslösen, weil damit der bauplanungsrechtliche Außenbereich – unter verschiedenen Gesichtspunkten – stärker als zuvor beansprucht wird. (redaktioneller Leitsatz)
3. Über die gesetzlich geregelten Tatbestände des § 35 Abs. 4 BauGB hinaus besteht grundsätzlich kein Raum für weitergehende Ansprüche auf Genehmigung von Nutzungsänderungen, Neuerrichtungen oder Änderung und Erweiterung von baulichen Anlagen aufgrund überwirkenden Bestandsschutzes. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der mit Bauantrag vom 29. Oktober 2014 beantragten Baugenehmigung. Der ablehnende Bescheid vom 22. Juni 2015 erweist sich als rechtmäßig, so dass die Klägerin hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO. Danach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.
Im hier durchgeführten vereinfachten Baugenehmigungsverfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde unter anderem die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO). Vorliegend steht der Klägerin kein Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung zu. Das von ihr beantragte und bereits umgesetzte Bauvorhaben ist nämlich genehmigungspflichtig, aber gemäß § 35 Abs. 2 und 3 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig.
1.
Das Vorhaben ist gem. Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig. Sowohl die bereits vorgenommenen baulichen Änderungen als auch die Umnutzung des bestehenden Wohnhauses von einer Personalwohnung zu „normaler“ Wohnnutzung stellen genehmigungspflichtige Tatbestände dar.
Der Einbau einer Dachgaube, der Umbau des Heizungsraums und der Terrasse stellen Änderungen im Sinne des Art. 55 Abs. 1 Var. 2 BayBO dar, weil hiermit eine bauliche Umgestaltung des vorhandenen Gebäudes vorgenommen wurde.
Weiter liegt auch eine Nutzungsänderung im Sinne des Art. 55 Abs. 1 Var. 3 BayBO vor. Anstelle einer Personalwohnung, die nur dem gelegentlichen Aufenthalt außerhalb der Arbeitszeiten dient, soll das Gebäude nunmehr einer allgemeinen Wohnnutzung dienen. Eine solche Umwandlung einer betriebsbezogenen Wohnung in eine allgemeine Wohnung stellt eine Nutzungsänderung dar (BVerwG, U. v. 27.5.1983 – 4 C 67.78 – BauR 1983, 443; OVG NW, B. v. 17.3.2008 – 8 A 929/07 – juris Rn. 21; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 118. EL August 2015, BauNVO, § 8 Rn. 41b; Mampel/Schmidt-Bleker in Beck’scher Online-Kommentar BauNVO, Spannowsky/Hornmann/Kämper, Stand: 01.03.2015, § 8 Rn. 191). Dabei ist unerheblich, dass das streitgegenständliche Wohnhaus (möglicherweise) tatsächlich schon seit Jahrzehnten einer allgemeinen Wohnnutzung dient. Denn insoweit ist allein maßgeblich, welche Nutzung genehmigt ist, und nicht welche Nutzung zuletzt tatsächlich ausgeübt wurde (Decker in Simon/Busse, 121. EL September 2015, BayBO, Art. 55 Rn. 28). Vorliegend ist nur die Nutzung als Personalwohnung mit Baugenehmigung vom 26. Mai 1978 genehmigt worden. Eine allgemeine Wohnnutzung wurde bis zum streitgegenständlichen Bauantrag nicht zur Genehmigung gestellt.
2.
Das Vorhaben ist nicht genehmigungsfähig, da es gemäß § 35 Abs. 2 und 3 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig ist.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich nach § 35 Abs. 2 BauGB, da es nicht im Zusammenhang bebauter Ortsteile belegen ist und keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB vorliegt.
a)
Grundsätzlich erfordert das Merkmal „im Zusammenhang bebaut“ eine tatsächlich aufeinanderfolgende, zusammenhängende Bebauung (vgl. BVerwG, U. v. 17.2.1984 – 4 C 56.79 – juris). Maßgeblich ist dabei, dass die Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, einen Bestandteil des Bebauungszusammenhangs bildet, also selbst am Eindruck von dessen Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Wie eng diese Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um noch als zusammenhängende Bebauung zu erscheinen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (vgl. BVerwG, U. v. 6.11.1968 – IV C 31.66 – BVerwGE 31, 22). Erforderlich ist, dass das streitgegenständliche Wohnhaus einen Bestandteil des Zusammenhangs bildet, also selbst am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Am Ortsrand endet der Bebauungszusammenhang – unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen (vgl. BVerwG, U. v. 12.6.1970 – IV C 77.68 – BVerwGE 35, 256) – grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude (BVerwG, U. v. 12.10.1973 – IV C 3.72 – juris Rn. 11). Die sich daran anschließenden selbstständigen Flächen und baulichen Anlagen gehören zum Außenbereich (vgl. BVerwG a. a. O.). Ein Grundstück und eine sich auf diesem Grundstück befindliche bauliche Anlage sind daher regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen, wenn sie an mindestens drei Seiten von Bebauung umgeben sind. Für die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich können jedoch auch topographische Verhältnisse, wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse und dergleichen) eine Rolle spielen. Auch eine Straße, ein Weg oder ein sonstiges Hindernis können je nach den Umständen des Einzelfalls einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben. Die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang im Einzelfall nicht am letzten Baukörper endet, sondern dass ihm ein oder auch mehrere unbebaute Grundstücke bzw. bauliche Anlagen bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 – 4 C 40/87 – BauR 1991, 308; BVerwG, B. v. 18.6.1997 – 4 B 238/96 – NVwZ-RR 1998, 157).
Nach diesen Maßstäben liegt das streitgegenständliche Wohnhaus, wie sich aus den im Akt befindlichen Luftbildern und Plänen ergibt, eindeutig im Außenbereich. Das klägerische Wohnhaus nimmt nicht mehr am Bebauungszusammenhang in der H. teil. Auf die Tatsache, dass das Grundstück der Klägerin „fingerartig“ bis an die Bebauung der H.-straße heranreicht und an diese angrenzt, kommt es nicht an, da – wie oben ausgeführt – maßgeblich ist, ob die Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, einen Bestandteil des Bebauungszusammenhangs bildet. Nicht entscheidend ist demnach, ob das Baugrundstück oder Teile hiervon im Bebauungszusammenhang liegen. Der tatsächliche Standort des klägerischen Wohnhauses ist so weit von der vorhandenen Bebauung in der H. entfernt, dass es nicht mehr am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Die Bebauung in der H.-straße am Ortsrand bildet vielmehr den Abschluss des Bebauungszusammenhangs.
Es liegen auch keine topographischen Besonderheiten vor, die die streitgegenständliche bauliche Anlage noch in den Bebauungszusammenhang einbeziehen würden. Solche wurden von der Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen. Damit verbleibt es bei dem eben genannten Grundsatz.
b)
Eine Privilegierung des klägerischen Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB scheidet aus, so dass es sich um ein sogenanntes sonstiges Vorhaben i. S. v. § 35 Abs. 2 BauGB handelt. Nach § 35 Abs. 2 BauGB sind im Außenbereich sonstige Vorhaben, d. h. Vorhaben, die nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sind, nur ausnahmsweise zulässig, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere dann vor, wenn das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt, den Hochwasserschutz gefährdet oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt.
Durch die Zulassung der baulichen Anlage würden vorliegend jedenfalls Belange gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 7 BauGB beeinträchtigt.
aa)
Das streitgegenständliche Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des Flächennutzungsplans der Gemeinde K., der für das fragliche Gebiet „Flächen für die Landwirtschaft“ ausweist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Dieser Belang kann dem klägerischen Vorhaben auch entgegengehalten werden. Dem widerspricht nicht, dass auf dem klägerischen Grundstück und dem benachbarten Grundstück Fl.Nr. 1221 keine landwirtschaftliche Nutzung stattfindet und das Anwesen der Klägerin im Flächennutzungsplan eingezeichnet ist. Denn Darstellungen eines Flächennutzungsplans fehlt nicht schon deshalb die Eignung als einem Außenbereichsvorhaben widersprechender öffentlicher Belange, weil die Darstellungen nicht mit der gegenwärtigen tatsächlichen Situation übereinstimmen (BVerwG, B. v. 1.4.1997 – 4 B 11/97 – juris Rn. 18).
Soweit Landratsamt und Gemeinde in der Vergangenheit rechtswidrig den Belang des Entgegenstehens der Festsetzungen des Flächennutzungsplans gegenüber nicht privilegierten Außenbereichsvorhaben in Einzelfällen nicht berücksichtigt haben sollten, führt dies nicht dazu, dass – etwa aus Gründen der Gleichbehandlung – der Belang nun auch gegenüber dem klägerischen Vorhaben unberücksichtigt bleiben müsste. Eine dahingehende Gleichheit im Unrecht gibt es nicht.
Durch die frühere Genehmigungspraxis des Landratsamtes und die frühere Einvernehmenserteilungspraxis der Gemeinde ist der Flächennutzungsplan der Beigeladenen auch nicht funktionslos geworden. Die Erteilung einiger Baugenehmigungen für unzulässige Außenbereichsvorhaben in einem Gemeindegebiet oder einer Gemarkung lässt die Festsetzungen eines Flächennutzungsplans zum Außenbereich, insbesondere zum Freihalten von Flächen für die Landwirtschaft, nicht insgesamt hinfällig werden (vgl. VG Würzburg, U. v. 5.2.2015 – W 5 K 14.501 – juris Rn. 35 f.).
In der Rechtsprechung ist zwar geklärt, dass die tatsächliche Entwicklung dazu führen kann, dass sich das Gewicht der Aussagen eines Flächennutzungsplans bis hin zum Verlust der Aussagekraft abschwächen kann, wodurch der Flächennutzungsplan die ihm vom Gesetz zugewiesene Bedeutung als Konkretisierung öffentlicher Belange und einer geordneten städtebaulichen Entwicklung verlieren kann (BVerwG, U. v. 22.2.1974 – IV C 6.73 – BVerwGE 45, 25; B. v. 1.4.1997 – 4 B 11.97 – BauR 1997, 616 m. w. N.). Der Flächennutzungsplan kann aber nur dort nicht mehr maßgeblich sein, wo seine Darstellungen den besonderen örtlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht werden, diese also etwa durch zwischenzeitliche Entwicklung überholt sind. In dem hier zu berücksichtigenden Gebiet haben die Darstellungen des Flächennutzungsplans ihre bauleitplanerische Funktion nicht verloren. Die betroffenen Grundstücke sind nach wie vor ohne weiteres landwirtschaftlich nutzbar. Eine Verwirklichung der für den fraglichen Bereich dargestellten Art der Bodennutzung ist gerade nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen (vgl. zu alledem BVerwG, U. v. 29.4.1977 – 4 C 39.75 – BVerwGE 54, 5). Von einer Funktionslosigkeit des Flächennutzungsplans insgesamt, aber auch in dem betroffenen Bereich, kann keine Rede sein.
bb)
Das klägerische Vorhaben lässt zudem die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dient der Unterbindung einer Zersiedlung des Außenbereichs in Gestalt einer zusammenhanglosen oder aus anderen Gründen unorganischen Streubebauung (BVerwG, U. v. 26.5.1967 – IV C 25.66 – juris Rn. 15; U. v. 9.6.1976 – IV C 42.74 – juris Rn. 15; Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, 5. Auflage 2007, § 35 Rn. 211).
Nicht nur die Errichtung, sondern auch die Änderung der baulichen Nutzung einer Anlage kann die unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung auslösen, weil damit der bauplanungsrechtliche Außenbereich – unter verschiedenen Gesichtspunkten – stärker als zuvor beansprucht wird (vgl. BVerwG, U. v. 11.11.1988 – 4 C 50/87 – NVwZ-RR 1989, 340; BVerwG, U. v. 19. 4.2012 – 4 C 10/11 – NVwZ 2012, 16311/1634; Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, 5. Auflage 2007, § 35 Rn. 216). Insbesondere können die Nutzungsänderung eines Gebäudes in ein Wohnhaus oder – wie vorliegend – die Intensivierung einer Wohnnutzung, die die Merkmale einer Nutzungsänderung aufweist, die Verfestigung einer Splittersiedlung darstellen (BVerwG, U. v. 25.1.1985 – 4 C 35.81 – juris Rn. 9).
Die Verfestigung einer Splittersiedlung ist regelmäßig städtebaulich unerwünscht und damit i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 „zu befürchten“, wenn nicht privilegierte Vorhaben im Außenbereich errichtet bzw. – wie vorliegend – intensiviert werden sollen. Für das Vorliegen einer Zersiedlung streitet gewissermaßen eine starke Vermutung (BVerwG, 3.6.1977 – IV C 37.75 – BVerwGE 54, 73; BVerwG, U. v. 26.5.1967 – IV C 25.66 – juris Rn. 15). Eine Verfestigung der Splittersiedlung wäre nur dann nicht zu befürchten, wenn sich das Wohnbauvorhaben der vorhandenen Bebauung unterordnet d. h. sich – ohne zusätzliche Ansprüche oder Spannungen auszulösen – organisch in eine bestehende Baulücke einfügt und keine Vorbildwirkung hat (BVerwG, 3.6.1977 – IV C 37.75 – BVerwGE 54, 73; OVG NW, U. v. 27.2.1996 – 11 A 1897/94 – ZfBR 1996, 286; Jäde, a. a. O., § 35 Rn. 219).
Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall: Durch die bisher genehmigte Nutzung als Personalwohnung wird der Außenbereich in anderer Weise belastet als durch eine allgemeine Wohnnutzung. Ein auf Dauernutzung eingerichtetes Wohnhaus stellt an die Umgebung andere Anforderungen als eine Personalwohnung. Eine Personalwohnung belastet den Außenbereich in anderer Weise als eine allgemeine Wohnnutzung, weil sie regelmäßig nur außerhalb der Arbeitszeiten und nicht dauerhaft, sondern nur gelegentlich genutzt wird. Die Zulassung einer allgemeinen Wohnnutzung in dem bisher als Personalwohnung genehmigten Wohnhaus würde dagegen in die schon vorhandene Splittersiedlung neue Spannungen hineintragen. In der Zulassung dauerhafter Wohnnutzung liegt ersichtlich der Ansatz für eine weitere unorganische Siedlungsentwicklung im Außenbereich, der eine Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung darstellt (vgl. VG Würzburg, U. v. 29.6.20017 – W 5 K 06.793 – juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Klägerbevollmächtigten ins Feld geführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 1994 (Az. 4 B 15.94 – ZfBR 1994, 151). Im Gegenteil: Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung die Einrichtung einer Wohnung in einer baurechtlich genehmigten Pumpstation im Außenbereich ausdrücklich als unzulässig angesehen, da hiermit eine weitere Zersiedelung des Außenbereichs stattfinde.
Zudem würde die baurechtliche Zulassung der von der Klägerin ausgeübten allgemeinen Wohnnutzung auch zusätzliche Ansprüche auslösen. Insbesondere könnte die Klägerin im Falle der Legalisierung der allgemeinen Wohnnutzung gegenüber dem benachbarten Hotelbetrieb die Einhaltung strengerer Lärmgrenzwerte verlangen.
Dem Beklagten ist es auch nicht verwehrt, sich auf die zu befürchtende Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung zu berufen. Die Verwirkung einer Befugnis – falls man eine solche überhaupt annehmen will – hat zwei tatbestandliche Voraussetzungen, die kumulativ gegeben sein müssen. Zum einen muss das Recht über längere Zeit nicht geltend gemacht worden sein, nachdem dies dem Rechtsinhaber möglich war (Zeitmoment). Zum anderen müssen besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment) (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 53 Rn. 23). Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor: Wie die Klägerin selbst geltend macht, sind sowohl das Landratsamt als auch die Gemeinde K. bis zum Zeitpunkt des Rechtsstreits im Verfahren W 4 K 14.451 davon ausgegangen, dass die von der Klägerin ausgeübte allgemeine Wohnnutzung baurechtlich genehmigt ist. Der Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt ihr Einverständnis mit der nicht genehmigten Nutzung erkennen lassen. Von einem treuwidrigen Verhalten der Beklagten kann daher keine Rede sein (vgl. VG Würzburg, U. v. 5.2.2015 – W 5 K 14.501 – juris Rn. 40).
Keiner Entscheidung bedarf schließlich, inwieweit das Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigen kann. Durch zusätzliche Vorhaben ist keine Beeinträchtigung in diesem Sinne zu befürchten, wenn bereits eine Vorbelastung der natürlichen Eigenart der Landschaft mit Bauten gegeben ist (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 118. EL August 2015, § 35 Rn. 97).
cc)
Die Beeinträchtigung der öffentlichen Belange entfällt auch nicht etwa deshalb, weil die Klägerin Teilprivilegierungstatbestände nach § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB für sich in Anspruch nehmen könnte. Diese Tatbestände sind nicht erfüllt. Insbesondere scheidet eine Begünstigung nach Nr. 5 dieser Vorschrift aus, da diese auf gewerblichen Zwecken dienende Anlagen keine Anwendung findet (BVerwG, U. v. 24.2.1994 – 4 B 15.94 – juris Rn. 5; Söfker, a. a. O., § 35 Rn. 158). Im Übrigen begünstigt dieser Tatbestand nur bauliche Änderungen, nicht aber Nutzungsänderungen (vgl. BVerwG, B. v. 13.9.1988 – 4 B 155/88 – juris Rn. 2).
c)
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Bestands- bzw. Vertrauensschutz berufen.
Hinsichtlich der Frage des Bestandsschutzes ist nach gefestigter Rechtsprechung zwischen dem sog. passiven und dem sog. aktiven (überwirkenden) Bestandsschutz zu unterscheiden. Passiver Bestandsschutz schützt allein den genehmigten bzw. nicht genehmigungsbedürftigen und materiell rechtmäßigen Bestand und beruht auf der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, B. v. 15.12.1995 – 1 BvR 1713/92 – BayVBl. 1996, 240). Aktiver Bestandsschutz lässt demgegenüber gewisse Änderungen oder Erweiterungen des vorhandenen Bestands zu, besteht jedoch nur nach Maßgabe einfach-gesetzlicher Regelungen (grundlegend BVerwG, U. v. 12.3.1998 – 4 C 10/97 – NVwZ 1998, 842). § 35 Abs. 4 BauGB stellt eine solche Regelung des aktiven Bestandsschutzes dar. Dessen Voraussetzungen liegen jedoch, wie bereits dargelegt, nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung. des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, besteht über die gesetzlich geregelten Tatbestände des § 35 Abs. 4 BauGB hinaus grundsätzlich kein Raum mehr für weitergehende Ansprüche auf Genehmigung von Nutzungsänderungen, Neuerrichtungen, Änderung und Erweiterung von baulichen Anlagen aufgrund des überwirkenden Bestandsschutzes (bspw. BVerwG, B. v. 3.12.1990 – 4 B 145.90 – juris Rn. 12; BVerwG, B. v. 19.7.1988 – 4 B 124/88 – juris Rn. 10; vgl. auch BayVGH, B. v. 25.9.2003 – 22 ZB 03.2110 – juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 121. EL September 2015, Art. 76 Rn. 127 m. w. N.). Daher scheidet ein Genehmigungsanspruch der Klägerin aus den Grundsätzen des Bestandsschutzes aus.
d)
Ein Genehmigungsanspruch der Klägerin ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Soweit sich die Klägerin auf Bezugsfälle beruft, in denen das Landratsamt im Außenbereich Nutzungsänderungen von gewerblicher zu „privater“ Nutzung genehmigt habe, führt dies nicht zu einem Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Denn der Gleichheitssatz zwingt eine Behörde nicht, einen einmal gemachten Fehler zu wiederholen (ständige Rechtsprechung des BVerwG, U. v. 28.4.1964 – I C 64.62 – BVerwGE 18, 242; ständige Rechtsprechung des BayVGH, U. v. 9.6.2000 – 2 B 96.2571 – BayVBl 2001, 211). Einen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht gibt es nicht (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 121. EL September 2015, Art. 54 Rn. 69).
Insgesamt konnte die Klage daher keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bun- desverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bun- des oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel gel- tend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben