Baurecht

Verwaltungsgerichtliche Überprüfung einer Abmarkung

Aktenzeichen  AN 9 K 17.01928

Datum:
17.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 19441
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AbmG Art. 2 Abs. 1, Abs. 2, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Art. 15 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Abmarkung beschränkt sich auf die Frage, ob die Abmarkung mit den Vermessungsfeststellungen des Liegenschaftskatasters bzw. der Katasternachweise (insbesondere der Fortführungsrisse) übereinstimmt (Art. 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AbmG). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die behördliche Feststellung des Grenzverlaufs sind grundsätzlich weder in der Örtlichkeit vorhandene Grenzzeichen oder Grenzeinrichtungen noch die Anschauungen der Beteiligten maßgeblich, sondern allein die Unterlagen des Liegenschaftskatasters, wobei die an das Liegenschaftskataster zu stellenden Anforderungen zur Genauigkeit des Grenznachweises bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Streitigkeiten über den Verlauf der Eigentumsgrenze fallen in die Zuständigkeit der Zivilgerichte; bei der Klärung von Streitigkeiten über das Eigentum an Grund und Boden und der Klärung von Streitigkeiten über die örtliche Kennzeichnung der Grundstücksgrenzen handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen. 
2.    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO statthaft.
Ein Betroffener muss, will er die Aufhebung der in der Natur erfolgten Abmarkung – diese stellt einen feststellenden Verwaltungsakt dar (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2000 – 19 ZB 99.476 – juris Rn. 6) – erreichen, gegen diesen, ihm durch den Abmarkungsbescheid bekanntgegebenen Verwaltungsakt im Wege der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO vorgehen (VG München, U.v. 25.10.2017 – M 23 K 17.589 – juris Rn. 16), wobei der „Abmarkungsbescheid” als solcher nicht isoliert und getrennt von der Abmarkung angefochten werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2000 – 19 ZB 99.476 – juris Rn. 6).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Da die Klägerin das Grenzverhandlungs- und Abmarkungsprotokoll Nr. … vom 11. August 2017 nicht unterschrieben hat, wurde ihr der Abmarkungsbescheid vom 15. August 2017 mit der beigefügten Skizze zugesandt. Hiergegen hat die Klägerin fristgemäß mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 13. September 2017 Klage eingereicht.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid des ADBV … ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Gegenstand der vorliegenden Klage ist die am 11. August 2017 vorgenommene Abmarkung in Gestalt der beiden rot bezeichneten Grenzzeichen (Grenzpunkte A und B) im östlichen und westlichen Bereich des Grenzverlaufs zwischen dem Grundstück der Klägerin mit der Fl.Nr. … und dem der Nachbarn mit der Fl.Nr. …, wie im Riss Nr. … eingetragen und im Grenzverhandlungs- und Abmarkungsprotokoll vom 11. August 2017 dargestellt.
Die Abmarkung der beiden Grenzpunkte war rechtmäßig.
Nach Art. 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AbmG sind Grundstücksgrenzen abzumarken, wenn die Grenzen nicht richtig durch Grenzzeichen, die zweifelsfrei als solche erkannt werden können, abgemarkt sind und zur Abmarkung ein Anlass gegeben ist. Ein Anlass für eine Abmarkung ist stets gegeben, wenn – wie hier der Fall – Grundstücksgrenzen von der zuständigen Behörde auf Antrag ermittelt oder festgestellt werden (Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 AbmG). Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Abmarkung beschränkt sich auf die Frage, ob die Abmarkung mit den Vermessungsfeststellungen des Liegenschaftskatasters bzw. der Katasternachweise (insbesondere der Fortführungsrisse) übereinstimmt (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AbmG). Wird eine abzumarkende Grundstücksgrenze bestritten, so kann die Abmarkung vom Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung gleichwohl vollzogen werden, wenn der Nachweis im Liegenschaftskataster eine einwandfreie Feststellung des Grenzverlaufes zulässt (Art. 2 Abs. 2 AbmG). Geprüft wird mithin nur die Übereinstimmung der festgestellten Grenze mit den Unterlagen des Liegenschaftskatasters, nicht aber die Übereinstimmung des Grenznachweises im Liegenschaftskataster mit der materiell rechtmäßigen Grenze, d.h. die katastermäßigen Aufzeichnungen müssen nicht mit der wirklichen Eigentumsgrenze des Grundstücks übereinstimmen (vgl. ebenso VG Augsburg, U.v. 15.1.2014 – Au 4 K 13.1299 – juris Rn. 40 m.w.N.). Für die behördliche Feststellung des Grenzverlaufs sind grundsätzlich weder in der Örtlichkeit vorhandene Grenzzeichen oder Grenzeinrichtungen, ebenso wenig die Anschauungen der Beteiligten maßgeblich, sondern allein die Unterlagen des Liegenschaftskatasters, wobei die an das Liegenschaftskataster zu stellenden Anforderungen zur Genauigkeit des Grenznachweises bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind (BayVGH, U.v. 30.11.1989 – 19 B 87. 01225 und 19 B 87/00424 – juris,).
Streitigkeiten über den Verlauf der Eigentumsgrenze fallen in die Zuständigkeit der Zivilgerichte (vgl. Art. 21 Abs. 2 Satz 2 AbmG); bei der Klärung von Streitigkeiten über das Eigentum an Grund und Boden und der Klärung von Streitigkeiten über die örtliche Kennzeichnung der Grundstücksgrenzen handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände (VG München, U.v. 30.1.2013 – M 23 K 12.156 – juris Rn. 17).
Nach diesen Maßgaben sind nach Überzeugung des Gerichts Rechtsfehler der Abmarkung sowie des hierzu gem. Art. 17 Abs. 2 AbmG ergangenen Abmarkungsbescheides des ADBV …vom 15. August 2017 nicht erkennbar. Die vorgenommene Abmarkung ist nicht zu beanstanden.
Aus den vom Beklagten im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen sowie deren detaillierten schriftlichen und mündlichen Erläuterungen ergibt sich eindeutig, dass die am 11. August 2017 erfolgte Abmarkung der beiden Grenzpunkte A und B den abmarkungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Aus dem Fortführungsriss … und dem Abmarkungsprotokoll …der Gemarkung … ist klar erkennbar, dass der streitige Grenzverlauf zwischen den Flurstücken mit den FlNrn. … und … anlässlich einer durch die Stadt …beantragten Zerlegung im Eigenbesitz im Jahr 1932 neu gebildet wurde. Bei den hierfür erforderlichen Vermessungen, die aufgrund der Zerlegung von Eigenbesitz keiner Grenzanerkennung bedurfte, wurde die Grenze festgelegt, die geprüfte Einmessung technisch und rechtlich dokumentiert und die Zerlegung im Grundbuch vollzogen. Die Grenzpunkte A und B konnten bei der Vermessung am 11. August 2017 technisch eindeutig in die Wirklichkeit übertragen werden.
In dem Termin der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2019 erklärten die Vertreter des ADBV … schlüssig und nachvollziehbar anhand der vorgelegten Pläne, dass die im Jahr 1932 gewonnenen Festlegungsmaße im Kataster archiviert wurden, bei Aufstellung des Koordinatenkatasters ab etwa 1960 diese Festlegungsmaße in Koordinaten umgerechnet wurden und damit die ursprünglich gemessenen Maßzahlen repräsentieren. Die Differenz der Grenzspannung zwischen den Grenzpunkten A und B beträgt nach einem Vergleich der Flurkarte mit gemessenen Grenzspannmaßen aus dem Jahr 1932 gegenüber der Flurkarte mit aus den Koordinaten berechneten Grenzspannmaßen 6 cm und liegt innerhalb der zulässigen Toleranz von 10 cm gemäß der technischen Vorschrift Katasteranweisung (KatA).
Mithin ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Katasternachweis hinsichtlich der streitgegenständlichen Grenzpunkte einwandfrei ist und eine entsprechende Feststellung des Grenzverlaufs zugelassen hat (Art. 2 Abs. 2 AbmG). Infolgedessen wurden im Rahmen der streitgegenständlichen Abmarkung die beiden Grenzpunkte A und B auf dem Grenzverlauf zwischen den Grundstücken mit den Fl.Nrn. … und … der Gemarkung …zutreffend abgemarkt. Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Auffassung des Beklagten dahingehend, dass eine vorhandene Bebauung oder Grenzeinrichtungen keine Rolle spielen, da allein der Nachweis der Grenzpunkte im Liegenschaftskataster für eine eindeutige Feststellung des Grenzverlaufs maßgebend ist. Obwohl die Klägerin den Grenzverlauf bestritten hat, konnte die Abmarkung vorgenommen werden.
Demgegenüber fehlen Anhaltspunkte für unzutreffende Vermessungsfeststellungen oder sonstige Abmarkungsmängel seitens des ADBV … Es ist nichts dafür ersichtlich und wurde auch nicht klägerseits vorgetragen, dass Vermessung und Abmarkung nicht dem Liegenschaftskataster entsprechend vorgenommen worden wären.
Insbesondere konnte die Klägerin nicht ausreichend substantiiert vortragen, weshalb die nach ihrer Auffassung vorhandenen Vermessungsunterlagen aus dem Jahr 1974, als ihr Gartenhäuschen gebaut worden sei, für die vorliegende Abmarkung von Bedeutung sind. Wie die Vertreter des ADBV … in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen haben, wurde zu diesem Zeitpunkt 1974 keine Vermessung durchgeführt und aufgrund dessen liegen auch keine Unterlagen vor, die der Klägerin bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten vorgelegt werden konnten.
Dem klägerischen Vorbringen, die Vermessung und Abmarkung der streitgegenständlichen Grenzpunkte sei deshalb fehlerhaft, da nach dem nunmehr aufgerichteten Grenzstein und dem neu gesetzten Grenzpunkt das klägerische Grundstück keine 645 m² Grundstücksfläche – wie sie sich aus dem Grundbucheintrag URNr. … aufgrund einer Erbauseinandersetzung vom 22. März 2013 ergebe – mehr habe, sondern etwa um 8 m² geringer und dementsprechend das Grundstück des Nachbarn hinsichtlich der Fläche größer geworden sei, ist nicht zuzustimmen. Weder eine vorhandene Grundstücksbebauung – wie das von der Klägerin genannte Gartenhaus auf ihrem Grundstück, wobei zwischen ihr und den Nachbarn streitig ist, wem die Außenwand des Gartenhäuschens gehört – noch die Flächenangaben in dem vorgelegten Grundbuchauszug vom 22. März 2013 aufgrund einer Erbauseinandersetzung sind für die Abmarkung der hier relevanten Grenzpunkte maßgebend, vielmehr ist für eine einwandfreie Feststellung des Grenzverlaufes nach Art. 2 Abs. 2 AbmG allein der Nachweis der Grenzpunkte im Liegenschaftskataster ausschlaggebend. Insoweit ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
Die Klage war in der Folge abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben