Baurecht

Vorbescheid, Abgrenzung Außen-/Innenbereich, Wirkungen eines Erschließungsbeitragsbescheids

Aktenzeichen  9 ZB 21.85

Datum:
1.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4483
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB §§ 34, 35 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 Nr. 5 und 7
BayBO Art. 71

 

Leitsatz

Verfahrensgang

AN 3 K 19.43 2020-11-17 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung B. … (ursprünglich östlicher Teil des Grundstücks FlNr. …).
Das Verwaltungsgericht hat seine entsprechende Klage als unbegründet abgewiesen. Das Vorhabengrundstück sei dem Außenbereich zuzuordnen und beeinträchtige öffentliche Belange, weshalb es baurechtlich unzulässig sei. Auf der Grundlage des Augenscheins sei nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts kein Bebauungszusammenhang mit einer im Norden befindlichen, durch eine private Wegefläche getrennten Doppelhaushälfte sowie mit dem auf dem östlichen Nachbargrundstück gelegenen Wohngebäude gegeben. Daran ändere auch eine Erdaufschüttung an der westlichen Grundstücksgrenze nichts. Diese erstrecke sich nicht über die volle Grundstückslänge und forme keine klare, markante Linie, sondern stelle einen Erdhügel mit wechselnder Breite und Höhe dar, ohne dass ein definierter Verlauf erkennbar sei. Sie könne daher nicht als topographische Besonderheit herangezogen werden. Ein früher auf dem Grundstück FlNr. … befindliches, inzwischen beseitigtes Gewächshaus mit Nebengebäude könne keine prägende Nachwirkung entfalten, weil es nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen gedient habe. Das streitgegenständliche Vorhaben beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert. Es widerspreche der naturgemäßen Nutzungsweise der Landschaft und sei deshalb am vorgesehenen Standort wesensfremd. Ungeachtet der bereits vorhandenen Bauwerke sei nach dem gewonnenen Eindruck von der Umgebung des Vorhabengrundstücks eine in ihrem Wesen schützenswerte Landschaft von nicht unwesentlicher Fläche vorhanden. Darüber hinaus sei auch die Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten. Ohne Belang für die baurechtliche Betrachtung sei, dass die Beigeladene mit Bescheid vom 26. Februar 1976 vom Rechtsvorgänger des Klägers Erschließungsbeiträge erhoben habe. Die beitragsrechtliche Betrachtungsweise sei nicht geeignet, verbindliche Feststellungen für die bauplanungsrechtliche Einordnung des Grundstücks zu treffen oder das Gewicht öffentlicher Belange zu mindern, die hier beeinträchtigt würden.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Der Beklagte und die nicht anwaltlich vertretene Beigeladene verteidigen das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils in diesem Sinn bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 13.5.2020 – 1 BvR 1521/17 – juris Rn. 10; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 8 ZB 21.23 – juris Rn. 8). Das ist hier nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die zulässigerweise erhobene Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat auf die Erteilung des beantragten Vorbescheids keinen Anspruch. Das Baugrundstück liegt im Außenbereich. Sein nichtprivilegiertes Vorhaben ist gemäß § 35 Abs. 2 BauBG bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es öffentliche Belange beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und 7 BauGB). Der Erschließungsbeitragsbescheid der Beigeladenen vom 26. Februar 1976 wirkt sich auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nicht aus.
1.1 Auf Basis des Vortrags im Zulassungsverfahren ist nicht ersichtlich, dass das Baugrundstück dem Innenbereich (§ 34 BauGB) zuzuordnen ist.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – juris Rn. 5 m.w.N.) ist ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden. Zu berücksichtigen sind dabei nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse. Bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich geht es nämlich darum, inwieweit ein Grundstück zur Bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich Vorhandenen ein hinreichend verlässlicher Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche gewinnen lässt. Der Bebauungszusammenhang endet dabei regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind, wobei es maßgeblich darauf ankommt, ob diese besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln. Wie weit der Bebauungszusammenhang im Einzelfall reicht, kann stets nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein. Bei dieser Einzelfallbetrachtung ist zu fragen, ob sich tragfähige Argumente dafür finden, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt (BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – a.a.O. Rn. 5 f. m.w.N.). „Bebauung“ im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist indes nicht jede beliebige bauliche Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinne „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (BVerwG, B.v. 5.4.2017 – 4 B 46.16 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 31.3.2020 – 1 ZB 19.1961 – juris Rn. 5).
Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils diese rechtlichen Maßstäbe zugrunde gelegt und das klägerische Grundstück plausibel als Außenbereichsgrundstück eingeordnet. Es hat unter Verweis auf die örtlichen Gegebenheiten dargelegt, dass der Bebauungszusammenhang am letzten Baukörper endet und dass keine topografischen Besonderheiten bestehen, die abweichend vom Regelfall das klägerische Grundstück als Baulücke erscheinen lassen. Der Kläger setzt im Berufungszulassungsverfahren der Beurteilung des Verwaltungsgerichts lediglich seine eigene Meinung entgegen, ohne damit einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Weder die Baumreihe noch der Erdwall, der sich nur an der westlichen Grundstücksgrenze befindet und das Vorhabengrundstück – entgegen dem klägerischen Vortrag – daher nicht umgibt, stellen nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil eine markante und auf Dauer angelegte Trennlinie dar (vgl. BayVGH, B.v. 10.1.2013 – 1 ZB 12.24 – juris Rn. 9). Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass sich Merkmale finden, die eine zum Außenbereich hin abgrenzbare Fläche markieren und diese als noch zum Bebauungszusammenhang gehörig erscheinen lassen (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.1987 – 4 B 249.87 – juris). Dass dem in der Zulassungsbegründung erwähnten Wasseranschlussschacht sowie einem Schotterweg, der früher die Zufahrt gebildet habe, eine solche Bedeutung zukommen könnten, überzeugt nicht. Im Übrigen ist das Ergebnis des Verwaltungsgerichts auch aufgrund der in den Akten befindlichen Luft- und Lichtbilder nicht ernstlich zweifelhaft.
Unbehelflich ist auch der Hinweis, dass Nachwirkungen der früheren, inzwischen beseitigten Bebauung durch ein Gewächshaus mit Nebengebäude zu berücksichtigen seien (vgl. dazu BayVGH, B.v 12.5.2017 – 15 ZB 16.1568 – juris Rn. 22 m.w.N.). Der Kläger legt nicht dar, warum es sich dabei – entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts – um bauliche Anlagen gehandelt haben soll, die geeignet waren, dem Gebiet ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen, und setzt sich insofern nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander. Zur Bebauung zählen danach grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, wie etwa Betriebsgebäude für erwerbsgärtnerische Zwecke, dagegen in der Regel keine nur vorübergehend genutzten Gewächshäuser (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2007 – 4 B 7.07 – juris Rn. 5; B.v. 5.4.2017 – 4 B 46.16 – juris Rn. 7 ff.).
1.2 Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulassung als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB ausgeschlossen ist, weil es öffentliche Belange beeinträchtigt.
1.2.1 Die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) ergibt sich daraus, dass auf dem Vorhabengrundstück sowie auf den im Süden und Westen angrenzenden Bereichen die im Außenbereich zu schützende „naturgegebene“, landwirtschaftliche Bodennutzung vorherrscht. Der in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zum Ausdruck kommende funktionale Landschaftsschutz verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung durch die Land- und Forstwirtschaft sowie als Erholungsraum zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Aus diesem Grund sollen (nicht privilegierte) bauliche Anlagen abgewehrt werden, die dem Außenbereich wesensfremd sind (vgl. BayVGH, B.v. 21.11.2002 – 14 B 96.305 – juris Rn. 29; U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – juris Rn. 18 m.w.N.), wie hier die beabsichtigte Wohnbebauung.
Es liegt auch kein Fall vor, in dem sich ein Vorhaben nicht in erheblicher Weise auf die Umgebung auswirkt. Die Errichtung eines nichtprivilegierten Gebäudes steht dem Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft nicht entgegen, wenn es lediglich unerhebliche Auswirkungen auf die Umgebung hätte (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.1963 – I C 110.62 – BayVBl 1964, 18; BayVGH, U.v. 8.4.2014 – 2 B 12.2602 – juris Rn. 29). Davon kann allerdings nicht ausgegangen werden, wenn es sich wie hier um einen massiven Baukörper handelt und die umliegende Landschaft im Süden und im Westen nicht bebaut ist (vgl. BayVGH, U.v. 8.4.2014 – 2 B 12.2602 – a.a.O.). Daran ändert – entgegen dem Vorbringen im Zulassungsantrag – weder das Vorhandensein eines geschotterten Weges auf dem Vorhabengrundstück noch die frühere, zwischenzeitlich vollständig beseitigte Bebauung mit einem Gewächshaus etwas. Die Landschaft in der Umgebung des Bauvorhabens ist im Übrigen auch nicht bereits zersiedelt.
1.2.2 Das Vorhaben beeinträchtigt zudem öffentliche Belange (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB), weil es zur Ausweitung des Ortsteils über den Bebauungszusammenhang hinaus in den Außenbereich und zu einer siedlungsstrukturell zu missbilligenden Entwicklung führt.
Die Anschlussbebauung von einer bebauten Ortslage aus in den Außenbereich ist in der Regel ein Vorgang der – siedlungsstrukturell unerwünschten – Zersiedelung, wenn das Vorhaben konkret geeignet ist, Nachfolgebebauung nach sich zu ziehen. In einem solchen Fall erfordern es die öffentlichen Belange, den ersten Ansätzen entgegenzutreten (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2020 – 1 ZB 19.1961 – juris Rn. 9; B.v. 3.2.2022 – 9 ZB 20.2336 – juris Rn.19 f., jew. m.w.N.). Es genügt dabei, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das beantragte Vorhaben nicht versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (vgl. BVerwG, B.v. 1.4.1997 – 4 B 11.97 – NVwZ 1997, 899; B.v. 2.9.1999 – 4 B 27.99 – BauR 2000, 1173; BayVGH, B.v. 31.3.2020 – 1 ZB 19.1961 – juris Rn. 9). Es liegt auf der Hand, dass eine Bebauung auf dem Vorhabengrundstück jedenfalls Vorbildwirkung für weitere Bauwünsche auf den westlich gelegenen Flächen hätte, was zur Fortsetzung einer nach dem Gesetz zu missbilligenden Zersiedlung führen würde.
Das Verwaltungsgericht ist auch richtigerweise davon ausgegangen, dass ein nichtprivilegiertes Bauvorhaben ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn es in eine organische Beziehung zu einer bereits vorhandenen Bebauung tritt, die selbst keine unerwünschte Splittersiedlung darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1967 – IV C 25.66 – BVerwGE 27, 137/139 f.; BayVGH, B.v. 12.10.1999 – 14 B 94.2945 – juris Rn. 14). Es hat einen solchen Fall aber nachvollziehbar verneint. Das geplante Wohngebäude würde die fingerartig nach Westen ausgreifende Bebauung weiter in den Außenbereich verschieben und damit zwangsläufig einer fortschreitenden Zersiedlung Vorschub leisten. Der dagegen – unter Berufung auf frühere Bezugsfälle – vom Kläger erhobene Einwand, es liege eine gewünschte Siedlungsentwicklung vor, überzeugt nicht. Er hat in der Zulassungsbegründung keine organischen Bebauungszusammenhänge aufgezeigt und eine „gewünschte“ Entwicklung lediglich behauptet, ohne dies normativ zu belegen.
1.3 Zu Recht ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der bestandskräftige Erschließungsbeitragsbescheid der Beigeladenen vom 26. Februar 1976 keine Bindungswirkungen für eine bauplanungsrechtliche Beurteilung, hier durch das Landratsamt als Behörde des Beklagten, entfaltet (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1985 – 4 C 29.81 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 20.10.2015 – 1 B 15.1675 – juris Rn. 19; OVG NW, U.v. 20.4.2016 – 7 A 1366/14 – juris Rn. 61). Der Regelungsgehalt eines solchen Bescheids beinhaltet gerade keine allgemeine und verbindliche Aussage in Bezug auf die Bebaubarkeit (oder auf Vorfragen dazu). Auch eine Zusicherung (Art. 38 BayVwVfG), einen bestimmten Genehmigungsbescheid zu erlassen, die im Übrigen nur von der zuständigen Behörde abgegeben werden könnte, ist damit grundsätzlich nicht verbunden. Fragen des Urkundsbeweises spielen – entgegen der klägerischen Auffassung – daher keine Rolle. Dem Inhalt des Erschließungsbeitragsbescheids kommt vielmehr in dieser Hinsicht keine Bedeutung zu, ebenso wenig wie der Frage, ob angesichts der damaligen Gesamtumstände (insbesondere des dort befindlichen Gewächshaueses) der Beitrag ohne Rechtsfehler festgesetzt wurde.
2. Soweit der Kläger die Beweiswürdigung und damit das Ergebnis der richterlichen Überzeugungsbildung angreift, ist sein Vortrag ebenfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten (vgl. BayVGH, B.v. 4.9.2001 – 15 ZB 00.1583 – juris; B.v. 14.3.2013 – 22 ZB 13.103 u.a. – juris Rn. 11 m.w.N.; Höfling in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 108 Rn. 47 ff.). Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (BVerwG, B.v. 14.1.2010 – 6 B 74.09 – Buchholz 402.41 Nr. 87; B.v. 31.10.2012 – 2 B 33.12 – juris Rn. 12). Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B.v. 6.9.2011 – 14 ZB 11.409 – juris Rn. 5; B.v. 14.3.2013 – 22 ZB 13.103 u.a. – a.a.O., jew. m.w.N.).
Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat der Kläger nicht aufgezeigt. Sie sind auch nicht erkennbar. Auf den Erschließungsbeitragsbescheid kam es für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit aus den genannten Gründen nicht an.
3. Die Berufung ist nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Der Kläger hat schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert. Soweit er grundsätzlichen Klärungsbedarf im Zusammenhang mit vermeintlichen Bindungswirkungen eines Erschließungsbeitragsbescheids sieht, genügt dies nicht den Darlegungsanforderungen. Im Übrigen lassen sich die Fragen nach der Bedeutung eines solchen Verwaltungsaktes für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung ohne Weiteres klären (vgl. oben 1.3).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die nicht anwaltlich vertretene Beigeladene hat sich im Zulassungsverfahren geäußert, jedoch im Wesentlichen nur auf eine Stellungnahme des Beklagten verwiesen, ohne auf die aufgeworfenen Fragen näher einzugehen. Es entspricht deshalb der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten dem Kläger nicht aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.2 und 9.1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2013 und entspricht der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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