Baurecht

Zur Zumutbarkeit einer Geruchsbelastung durch den Neubau eines Schweinestalles in einer bereits vorbelasteten Umgebung

Aktenzeichen  15 ZB 17.1890

Datum:
21.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19987
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5, Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
BImSchG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
GIRL Nr. 3.1, Nr. 3.3

 

Leitsatz

1 Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen – hier einer Geruchsbelastung – ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe (§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2 Soweit in einem vorbelasteten Gebiet ein weiteres emittierendes Vorhaben zugelassen wird, ist das unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots jedenfalls dann grundsätzlich möglich, wenn hierdurch die vorhandene Immissionssituation verbessert oder aber zumindest nicht verschlechtert wird (wie BVerwG BeckRS 2017, 121126). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die unterlassene Einholung eines weiteren Gutachtens stellt nur dann einen Aufklärungsmangel am Maßstab von § 86 Abs. 1 VwGO dar, wenn sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, weil das bereits vorliegende Gutachten nicht den ihm obliegenden Zweck zu erfüllen vermag, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 K 15.2012 2017-05-16 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin eines Wohngrundstücks (FlNr. … der Gemarkung T …) in mehr als 700 m Entfernung zum Vorhabenstandort gegen einen Bescheid des Landratsamts Kelheim vom 20. Oktober 2015, mit dem dem Beigeladenen eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau eines Mastschweinestalles mit Ferkelaufzuchtstall, Getreidelager, Beton-Ganzkornsilo und Güllegrube mit Betondecke“ auf dem Baugrundstück (FlNr. …) erteilt wurde. Nach dem mit Genehmigungsstempel versehenen Grundriss des Stallgebäudes sollen 1184 Mastplätze (acht Abteile mit je 148 Tieren) und 600 Ferkelaufzuchtplätze (zwei Abteile mit je 300 Tieren) entstehen (vgl. auch Nebenbestimmung Nr. 16 zur Baugenehmigung). In Nebenbestimmung Nr. 28 zur Baugenehmigung ist reglementiert, dass das immissionsschutztechnische Gutachten des Büros H … vom 3. August 2015 Bestandteil der Genehmigung ist.
Gegen den Genehmigungsbescheid ließ die Klägerin Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Regensburg erheben.
Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens wurde ein weiteres immissionstechnisches Gutachten des Sachverständigenbüros H … vom 24. August 2016 vorgelegt. Hiernach errechne sich – ohne Berücksichtigung der Vorbelastung – am Wohngrundstück der Klägerin („BUP 2“) eine maximale Geruchsstundenhäufigkeit von 2% der Jahresstunden als anlagenbezogene Zusatzbelastung. Damit könne dort nur ein irrelevanter Geruchsbeitrag i.S. von Nr. 3.3 der Geruchsimmissions-Richtlinie – GIRL – in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 nachgewiesen werden. Eine Kausalität zwischen der von dem Vorhaben verursachten Zusatzbelastung einerseits und den in § 5 Abs. 1 BImSchG genannten schädlichen Umwelteinwirkungen anderseits bestehe daher nicht. Soweit für den Immissionsort FlNr. … („BUP 1“) eine Zusatzbelastung von 3% errechnet worden sei, ergebe sich bei einer Vorbelastung von 7% eine Gesamtbelastung von 9% (Gutachten Seite 31 f.). Am „BUP 2“ (Wohngrundstück der Klägerin) erhöhe sich trotz der Zusatzbelastung von 2% die Gesamtbelastung mit 23% der Jahresstunden im Vergleich zur (dennoch ermittelten) Vorbelastung nicht.
Die Klage mit dem Antrag der Klägerin, den Genehmigungsbescheid aufzuheben, wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 16. Mai 2017 ab. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Substantiierungsanforderungen genügt, § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO.
1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
a) Das Verwaltungsgericht hat eine nachbarrechtswidrige, rücksichtslose Geruchsbelastung der Klägerin in orientierender Anwendung von Nr. 3.3. der GIRL verneint. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin erfüllen nicht die Anforderungen an das Darlegungsgebot gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 für die Geltendmachung eines Berufungszulassungsgrundes gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieses Darlegungsgebot erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist (BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.). Hieran fehlt es vorliegend.
Das Verwaltungsgericht hat eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots aufgrund der zu prognostizierenden Geruchsbelastung abgelehnt, weil nach Maßgabe der gutachterlichen Geruchsimmissionsprognose vom 24. August 2016 (dort Seite 27) und den Erläuterungen des Immissionsfachmanns der Regierung von Niederbayern in der mündlichen Verhandlung sich am Wohnhaus der Klägerin eine durch das Bauvorhaben verursachte Zusatzbelastung i.H. von lediglich 2% der Jahresstunden errechne. Diese Zusatzbelastung wirke sich zudem nach dem eingeschalteten Gutachter in der zu erwartenden Gesamtbelastung des klägerischen Grundstücks von 23% der Jahresstunden nicht aus, da dieser Wert der bereits derzeit bestehenden Vorbelastung entspreche. Sowohl das Gutachten, das nicht an ersichtlichen Mängeln leide, als auch der Fachvertreter der Regierung (Letzterer in der mündlichen Verhandlung) hätten nachvollziehbar erläutert, dass eine arithmetische Addition der Zusatzbelastung zur Vorbelastung nicht den Wert der Gesamtbelastung ergebe. Entscheidend sei aber jedenfalls, dass durch das streitgegenständlich genehmigte Vorhaben des Beigeladenen bei der Klägerin keine relevante Zusatzbelastung in Orientierung an Nr. 3.3 der Geruchsimmissions-Richtlinie entstehe. Der Immissionsfachmann der Regierung habe in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass von dem geplanten Stall keine über das Bagatellmaß hinausgehende Zusatzbelastung ausgehe. Aufgrund der Anwendbarkeit des Irrelevanzkriteriums sei es nicht mehr entscheidungserheblich, ob die im Gutachten errechneten Werte der Gesamtbelastung zutreffend seien. Ferner könne dahingestellt bleiben, ob sich das Wohnhaus der Klägerin im Innenbereich (hier dann zumindest im Randbereich eines Dorfgebiets) oder, wofür auf Grund der vorgelegten Bilder und Karten Vieles spreche, bereits im Außenbereich befinde und welche Werte dann bei der Beurteilung der Zumutbarkeit herangezogen werden müssten.
Soweit die Klägerin einwendet, dass der ermittelte Immissionswert für ihr Grundstück vom Verwaltungsgericht nicht unter Berücksichtigung aller Umstände betrachtet worden sei und dass nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. März 2009 auch eine etwaige Vorbelastung mit Immissionen in die Bewertung mit einfließen müsse, auch wenn die Zusatzbelastung in ihrer Intensität nach den Vorgaben der Geruchsimmissions-Richtlinie grundsätzlich als nicht relevant anzusehen sei, rechtfertigt dieser Vortrag die Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht. Die Klägerin führt hierzu aus, ihr Wohnhaus befinde sich in einem Gebiet, in dem aufgrund der Existenz weiterer emittierender Betriebe eine erhebliche Vorbelastung an Geruchsimmissionen bestehe. Ob die Belästigung erheblich im Sinne des Immissionsschutzrechts sei, richte sich nach der konkreten Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und nach den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen bestimme. Es sei mithin eine abstrakt-generelle Abwägung erforderlich, die im Einzelfall um situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien ergänzt werden müsse. Eine isolierte Betrachtungsweise der Emissionen des geplanten Vorhabens des Beigeladenen ohne Berücksichtigung der Vorbelastung dürfe nicht erfolgen, weil andernfalls die Ansiedlung mehrerer emittierender Anlagen, die jeweils für sich die zulässigen Belastungsgrenzen mit 2% Geruchsstundenhäufigkeit unterschritten, kumuliert zu einer erheblichen und damit unzumutbaren Einwirkung führten.
Mit diesem Vortrag wird kein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils hinreichend substantiell mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.
In der vorliegenden Situation einer Nachbaranfechtung ist entscheidend, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 20. Oktober 2015 gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen der Klägerin zu dienen bestimmt sind (zur sog. Schutznormtheorie vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Hinsichtlich der von der Klägerin im Berufungszulassungsverfahren nur noch geltend gemachten Geruchsbelastung ist insofern als bauplanungsrechtlicher Maßstab auf das Gebot der Rücksichtnahme abzustellen, das für die Beurteilung von Außenbereichsvorhaben – wie hier das Vorhaben des Beigeladenen – in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankert ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 2 B 16.231 – juris Rn. 26). Diesem kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Es wird zulasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird, also unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – BauR 2013, 934 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 29.1.2016 – 15 ZB 13.1759 – juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.). Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen – hier der Geruchsbelastung – ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 11; VGH BW, U.v. 12.10.2017 – 3 S 1457/17 – ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 29). Insofern kommt es maßgeblich auch auf die Schutzwürdigkeit des Immissionsorts – hier des Grundstücks der Klägerin (FlNr. …*) – an, die maßgeblich von der bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsmöglichkeit abhängt.
In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass zur Beantwortung der Frage, ob eine Geruchsbelastung zumutbar oder unzumutbar ist, die GIRL zwar nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 15; B.v. 9.4.2018 – 4 BN 10.18 – juris Rn. 7, 14; B.v. 9.4.2018 – 4 BN 11.18 – juris Rn. 7, 14; BayVGH, B.v. 7.10.2015 – 15 ZB 14.2115 – juris Rn. 16; OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 19), im Einzelfall aber als Orientierungshilfe herangezogen werden kann, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (BayVGH, U.v. 19.2.2014 – 8 A 11.40040 u.a. – BayVBl 2016, 155 = juris Rn. 536; B.v. 3.2.2014 – 1 NE 13.2508 – juris Rn. 10; B.v. 27.3.2014 – 22 ZB 13.692 – juris Rn. 9 ff.; B.v. 16.7.2014 – 15 CS 13.1910 – juris Rn. 17 ff.; B.v. 12.10.2015 – 2 CS 15.1601 – juris Rn. 5; B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 13; U.v. 10.5.2016 – 2 B 16.231 – juris Rn. 27; B.v. 26.7.2016 – 2 B 15.2392 – juris Rn. 45; B.v. 4.5.2018 – 15 NE 18.382 – juris Rn. 47; B.v. 9.8.2018 – 15 CS 18.1285 – noch unveröffentlicht; ebenso für andere Bundesländer: OVG NRW, U.v. 21.3.2017 – 8 A 1105/15 – juris Rn. 80 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 24.03.2015 – 2 L 184/10 – juris Rn. 95; B.v. 18.4.2016 – 2 M 89/15 – juris Rn. 12; U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 99; VGH BW, U.v. 12.10.2017 – 3 S 1457/17 – ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 30; OVG Schlesw.-Holst., B.v. 4.8.2016 – 1 MB 21/15 – juris Rn. 20). Die GIRL sieht zur Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchseinwirkung – differenziert nach Nutzungsgebieten und nach Gewichtungsfaktoren für verschiedene Tierarten – unterschiedliche Immissionswerte in relativen Häufigkeiten der Jahresgeruchsstunden (Nr. 3.1, Tabelle 1) für die höchstzulässige Geruchsimmission vor. Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar (VGH BW, U.v. 12.10.2017 – 3 S 1457/17 – ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 31; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 99 m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet mithin eine grundsätzlich hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen; sie wird allgemein als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind (BVerwG, B.v. 31.3.2016 – 4 BN 28.15 – BRS 83 Nr. 43 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 4.5.2018 – 15 NE 18.382 – juris Rn. 47 m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 18.4.2016 – 2 M 89/15 – juris Rn. 12).
Zur Beurteilung der Frage, ob eine Geruchsbelastung voraussichtlich zumutbar oder unzumutbar ist, bedarf es auf Basis der GIRL im Regelfall der Bestimmung der voraussichtlichen Gesamtbelastung, die aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionswert zu messen. Allerdings kann unter den Voraussetzungen der Nr. 3.3 GIRL von einer Ermittlung der Vorbelastung abgesehen werden. Hiernach soll die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (2% der Jahresgeruchsstunden) überschreitet. Bei Einhaltung dieses Wertes ist davon auszugehen, dass die Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöht (vgl. VGH BW, U.v. 12.10.2017 – 3 S 1457/17 – ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 32 f. m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 18.4.2016 – 2 M 89/15 – juris Rn. 14 ff.; Thau, jurisPR-UmwR 6/2016 Anm. 3). Aufgrund der Begrenzung der klageweisen Geltendmachung auf subjektive Rechte (§ 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, s.o.) ist dabei ausschließlich entscheidend, ob dieses sog. Irrelevanzkriterium auf dem Grundstück des Nachbarn selbst – hier der Klägerin – eingehalten ist. Soweit die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht habe bei der Beurteilung der Ausführungen des Immissions-Fachmanns der Regierung von Niederbayern übersehen, dass am „BUP 1“ eine Zusatzbelastung von 3% errechnet worden sei, ist dies für den Nachbarschutz der Klägerin (deren Grundstück ist im Rahmen der Geruchsgutachten der Immissionsort „BUP 2“) nicht von Bedeutung.
In der jüngeren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird die Verwendung dieses Irrelevanzkriteriums zu Recht als unbedenklich angesehen. Denn in den Fällen, in denen sich die prognostizierte Zusatzbelastung nach allgemeiner fachlicher Einschätzung als geringfügig und damit als irrelevant erweist, darf von der Ermittlung der vorhandenen Vorbelastung abgesehen werden. Aus diesem Grund wird auch im Fall von Geruchsbelastungen bei Einhaltung des nach Maßgabe der der GIRL als Irrelevanzschwelle verstandenen Wertes von 0,02 davon ausgegangen, dass die hinzutretende Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung grundsätzlich nicht relevant erhöht. Die Regelung markiert nach überwiegender Ansicht der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung einen zulässigen Bagatellvorbehalt, der als Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu qualifizieren ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 18.4.2016 – 2 M 89/15 – juris Rn. 14; VGH BW, U.v. 12.10.2017 – 3 S 1457/17 – ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 32 unter Rekurs auf). Diese Ansicht fußt auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 CN 3.11 – BVerwGE 143, 24 = juris Rn. 16:
„Die Festsetzung eines quellenbezogenen Geruchsimmissionszusatzpegels ist nicht zu beanstanden. Es handelt sich dabei nicht um einen unzulässigen Zaunwert (vgl. dazu Beschluss vom 18. Dezember 1990 – BVerwG 4 N 6.88 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50 und Urteil vom 16. Dezember 1999 – BVerwG 4 CN 7.98 – BVerwGE 110, 193 ). Das Oberverwaltungsgericht hat im Einzelnen dargelegt, die Festsetzung bewirke, dass jede Anlage und jeder Betrieb für sich genommen nicht mehr als die Zusatzbelastung auslösen darf, die durch Bezugnahme auf das in der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) geregelte sog. Irrelevanzkriterium bestimmt wird, und dass eine Rückrechnung dadurch erfolgen kann, dass im Genehmigungsverfahren ausgehend von einem konkreten Projekt durch Ausbreitungsrechnung untersucht wird, welche Zusatzbelastung entstehen wird. Auf dieser Grundlage ist die Bestimmtheit, insbesondere die Berechenbarkeit des für jedes Vorhaben geltenden Zusatzpegels gegeben. Mit einer solchen Beschränkung des Emissionspotenzials einer Anlage durch Rückgriff auf einen Geruchsimmissionszusatzpegel wird in zulässiger Weise die Art der Nutzung festgelegt (Urteil vom 28. Februar 2002 – BVerwG 4 CN 5.01 – Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 25 zur VDI-Richtlinie 3471). Gegen die Verwendung des Irrelevanzkriteriums zur Bestimmung des Zusatzpegels bestehen keine Bedenken. Nach der Geruchsimmissionsrichtlinie ist zwar grundsätzlich auf die Vorbelastung und Zusatzbelastung durch die neu hinzutretende Anlage abzustellen, aus der sich die Gesamtbelastung ergibt (Nr. 4.6 GIRL). Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Erweist sich die prognostizierte Zusatzbelastung nach allgemeiner fachlicher Einschätzung als geringfügig und damit als irrelevant, darf von der Ermittlung der vorhandenen Vorbelastung abgesehen werden. Bei Einhaltung des als Irrelevanzschwelle verstandenen Wertes von 0,02 (= 2% Jahresgeruchsstunden) wird davon ausgegangen, dass die hinzutretende Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöht (Nr. 3.3 GIRL). Die Regelung markiert einen zulässigen Bagatellvorbehalt. Wann eine geruchliche Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine außerrechtliche Fachfrage. Die Geruchsimmissionsrichtlinie beruht auf Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen, auf deren Grundlage einheitliche Maßstäbe und Beurteilungsverfahren für die immissionsschutzrechtliche Bewertung von Gerüchen sichergestellt werden sollen (Beschluss vom 14. November 2007 – BVerwG 7 B 45.07 – juris Rn. 2). Dass technische Regelwerke wie die Geruchsimmissionsrichtlinie Ausdruck einer sachverständig gegründeten fachlichen Einschätzung sind und als Orientierungshilfe bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe herangezogen werden dürfen, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (Beschluss vom 28. Juli 2010 – BVerwG 4 B 29.10 – ZfBR 2010, 792 m.w.N.).“
Das gilt hiernach jedenfalls solange, als nicht die Grenze zur Gesundheitsgefahr überschritten wird (VGH BW, U.v. 12.10.2017 a.a.O. Rn. 39, unter Rekurs auf BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 13). Im Übrigen sehen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.3 der GIRL Sonderkonstellationen vor, in denen von der Grundregel Nr. 3.3 abzuweichen ist, so etwa im Fall der Kumulation mehrerer für sich betrachtet irrelevanter (Zusatz-) Belastungen durch verschiedene Anlagen, die in der Summe eine unzumutbare Gesamtbelastung ergeben (vgl. hierzu OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 18.4.2016 – 2 M 89/15 – juris Rn. 16 ff.). Auf die diesbezügliche Thematik wird in der Zulassungsbegründung allenfalls andeutungsweise hingewiesen, eine fallbezogene substantiierte Auseinandersetzung unter konkreter Darlegung, inwiefern diese Ausnahmefälle vorliegend tatsächlich einschlägig sein könnten, erfolgt hingegen nicht. Der Senat hat dem wegen des Darlegungsgebots in § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht näher nachzugehen.
Der von der Klägerin in der Zulassungsbegründung vorgenommene Verweis auf eine Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. März 2009 (Az. 10 B 259/00) vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Soweit die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts dahingehend verstanden werden sollte, dass generell erst abschließend beurteilt werden dürfe, ob eine Zusatzbelastung von einem Immissionsbetroffenen hinzunehmen ist, wenn die Vorbelastung geklärt ist (vgl. womöglich in diesem Sinne OVG NRW, B.v. 23.3.2009 – 10 B 259/09 – juris Rn. 18), wäre diese durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. April 2012 (s.o.) überholt. Im Übrigen setzt der vom nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht aufgestellte Rechtssatz (vgl. OVG NRW, B.v. 23.3.2009 – 10 B 259/09 – juris Rn. 20):
„Ist bereits die vorhandene Geruchsbelastung für den Nachbarn nicht zumutbar, kann im Einzelfall jede Erhöhung der Belastung, auch wenn sie nach Nr. 3.3 der GIRL als nicht relevant anzusehen wäre, bei der gebotenen umfassenden Würdigung aller Umstände zu einer Unzulässigkeit des Vorhabens führen.“
für die Übertragbarkeit auf den hier einschlägigen Sachverhalt zweierlei voraus: zum einen, dass bereits die vorhandene Geruchsbelastung für die Klägerin unzumutbar wäre, und zum andern, dass sich die Belastung für sie tatsächlich erhöht. Mit beiden Fragen setzt sich aber die Zulassungsbegründung ebenfalls nicht in einer den Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise auseinander. Vorliegend hätte aber im Besonderen Anlass für eine diesbezügliche Erörterung bestanden, weil sich nach der vorgelegten sachverständigen Geruchsimmissionsprognose am Wohngrundstück der Klägerin trotz der Zusatzbelastung von 2% die Gesamtbelastung von 23% im Vergleich zur Vorbelastung nicht erhöht, was auf Seite 31 des Gutachtens vom 24. August 2016 näher erläutert wird. Denn soweit in einem vorbelasteten Gebiet ein weiteres emittierendes Vorhaben zugelassen wird, ist das unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots jedenfalls dann grundsätzlich möglich, wenn hierdurch die vorhandene Immissionssituation verbessert oder aber zumindest nicht verschlechtert wird (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 13 m.w.N.).
Auch die nicht durch gutachterlichen Sachverstand untermauerten Angriffe der Klägerin auf die Aussagekraft dieses Gutachtens erfüllen die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht. Ein Verwaltungsgericht kann grundsätzlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich die erforderliche Sachkunde zu entscheidungserheblichen Tatsachen und Fachfragen durch die Verwertung von im Verwaltungsverfahren eingeholten bzw. von den Beteiligten vorgelegten sachverständigen Äußerungen im Wege des Urkundsbeweises zu verschaffen (vgl. BVerwG, B.v. 30.9.2010 – 8 B 15.10 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 13.1.2016 – 22 ZB 15.1506 – ZUR 2016, 310 = juris Rn. 14 m.w.N.). Die unterlassene Einholung eines weiteren Gutachtens stellt nur dann einen Aufklärungsmangel am Maßstab von § 86 Abs. 1 VwGO dar, wenn sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, weil das bereits vorliegende Gutachten nicht den ihm obliegenden Zweck zu erfüllen vermag, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des erstbeauftragten Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen (BVerwG, U.v. 18.6.2003 – 4 A 70.01 – NVwZ 2004, 100 = juris Rn. 26; B.v. 28.3.2013 – 4 B 15.12 – ZfBR 2013, 479 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 u.a. – juris Rn. 68 m.w.N.; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 31 m.w.N.).
Soweit die Klägerin nunmehr im Zulassungsverfahren (wie schon im erstinstanzlichen Verfahren) ausschließlich aus der Laiensphäre ohne jegliche fachliche Untermauerung die Ergebnisse des Gutachters hinsichtlich dort zugrunde gelegter Schwachwindsituationen und der angesetzten Rauigkeitswerte „ins Blaue hinein“ als fehlerhaft rügt (weil Gebäude unbeteiligter Dritter sowie die Strukturen der Gärten nicht in Ansatz gebracht worden zu sein „scheinen“), sind diese Einwände zu pauschal und unsubstantiiert, um dessen Grundlagen ernsthaft erschüttern zu können. Dasselbe gilt, soweit in der Zulassungsbegründung undifferenziert kritisiert wird, der Immissionsfachmann der Regierung von Niederbayern habe zu weiteren Kritikpunkten, die erstinstanzlich gegen die gutachterliche Geruchsimmissionsprognose vorgebracht worden seien, lediglich geäußert, dass diese Punkte kaum Einfluss auf das Ergebnis haben sollten, ohne auf die Summe aller Effekte einzugehen.
Im Übrigen ist die Richtigkeit eines Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nach dem Sachausspruch der Urteilsformel, also nach dem Ergebnis und nicht ausschließlich nach den Entscheidungsgründen zu beurteilen (BayVGH, B.v. 27.6.2018 – 20 ZB 16.1870 – juris Rn. 2 m.w.N.; vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124, Rn. 12 m.w.N.). Soweit sich aber am Wohngrundstück der Klägerin nach Maßgabe des Sachverständigengutachtes vom 24. August 2016 die Geruchsgesamtbelastung auch bei Umsetzung des streitgegenständlichen Vorhabens nicht erhöht und wie bei der Vorbelastung bei 23% der Jahresstunden konstant bleibt, ist nicht ersichtlich, inwiefern der Einwand, dass die Vorbelastung – auch bei einer Zusatzbelastung von lediglich 2% – bei der Bewertung, ob eine Gesamtbelastung als unzumutbar und deshalb rücksichtslos zu beurteilen sei, hätte berücksichtigt werden müssen, entscheidungserheblich sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 – 1 ZB 13.92 – juris Rn. 3; B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 14; B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 15). Es ist, jedenfalls sofern – wie hier (vgl. vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 13, s.o.) – Anlass besteht, an der Entscheidungserheblichkeit einer gerügten Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu zweifeln, Sache des Rechtsmittelführers, in der Zulassungsbegründung sich hiermit zu befassen und darzulegen, d.h. unter Durchdringung und Aufarbeitung des Streitstoffs sich substantiiert damit auseinanderzusetzen, warum sich der gerügte Fehler des Erstgerichts im Ergebnis auswirkt. Das ist – wie oben bereits dargelegt – vorliegend nicht geschehen. Der Senat weist in diesem Zusammenhang ergänzend darauf hin, dass die Entscheidungserheblichkeit zusätzlich deshalb in Frage steht, weil zu eruieren wäre, ob das Wohngrundstück der Klägerin im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) liegt und deshalb die Zumutbarkeitsgrenze für eine Geruchsbelastung womöglich bei einer Jahresstundenhäufigkeit nach GIRL von 23% noch nicht erreicht wäre. Ein Immissionswert für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) ist in Nr. 3.1 GIRL (Tabelle 1) nicht ausdrücklich geregelt. Nach der allgemeinen Regelung in Nr. 3.1 Abs. 2 GIRL, wonach sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen sind, ist auch im Außenbereich grundsätzlich von dem in Tabelle 1 für Dorfgebiete vorgesehenen Immissionswert von 0,15 (= 15%) auszugehen (OVG NRW, B.v.16.9.2015 – 8 A 2384/13 – UPR 2016, 305 = juris Rn. 12; U.v. 21.3.2017 – 8 A 1105/15 – juris Rn. 84, 95). Gemäß dem 4. Tiret der Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL ist aber zu berücksichtigen, dass im Außenbereich einerseits bestimmte Nutzungen – wie insbesondere landwirtschaftliche Betriebe – privilegiert zulässig sind und andererseits das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden ist. Vor diesem Hintergrund soll es nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL möglich sein, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalles bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (zu dieser Einzelfallbetrachtung vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2018 – 15 CS 18.1285 – noch unveröffentlicht).
b) Soweit die Klägerin vorträgt, der streitgegenständliche Baugenehmigungsbescheid entspreche in nachbarrelevanter Weise nicht dem Bestimmtheitsgebot gem. Art. 37 BayVwVfG, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 16. Mai 2017.
Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Missachtung von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30; B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 34).
Mit dem Vortrag, dass in der Baugenehmigung zwar die für die Ausgestaltung und den Betrieb der Lüftungsanlage erforderlichen Eckdaten genannt worden seien, dass aber die Klägerin hieraus nicht konkret den Umfang einer etwaigen Belastung ermitteln könne, ist keine relevante Unbestimmtheit im vorgenannten Sinne substantiiert dargelegt worden. Mit der von der Klägerin in der Sache angesprochenen immissionsschutzfachtechnischen Auflage Nr. 18, wonach u.a. die vier Lüftungskamine des Stallgebäudes mit einer Ableithöhe von 3 m über Dachfirst und 10 m über Geländeoberkante zu errichten sind, die Abluftgeschwindigkeit ganzjährig 10 m/s nicht unterschreiten darf sowie eine Abdeckung der Kamine nicht erfolgen darf, wird die Gestaltung und Funktionsweise der Abluftanlage eindeutig beschrieben. Genau diese Ausführung wurde in den immissionsschutztechnischen Gutachten zur Prognose und Beurteilung der Geruchsimmissionen vom 3. August 2015 (dort Seite 8) und vom 24. August 2016 (dort Seite 9) zugrunde gelegt. Welche Unbestimmtheit hinsichtlich der Geruchsprognose hieraus folgen könnte, ist für den Senat nicht ersichtlich.
2. Eine Zulassung der Berufung kommt auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat, wobei zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Frage nicht nur auszuformulieren, sondern zudem auch substantiiert auszuführen ist, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 ff. m.w.N.; B.v. 10.4.2018 – 15 ZB 17.45 – juris Rn. 24; B.v. 23.7.2018 – 15 ZB 17.1092 – juris Rn. 28).
Soweit dem Vortrag im Zulassungsverfahren implizit zu entnehmen ist, dass es der Klägerin in der Sache um die Frage geht, ob eine Zusatzbelastung nur nach Würdigung der Gesamtumstände und insbesondere der bereits bestehenden Immissionsbelastung als irrelevant zu qualifizieren ist, sind die diesbezüglichen Fragen durch die bereits oben zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Wesentlichen geklärt (BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 CN 3.11 – BVerwGE 143, 24 = juris Rn. 16; U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 13). Auch in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.3 der GIRL sind bestimmte Sonderkonstellationen mit Ausnahmecharakter erfasst (s.o.). Im Übrigen hat sich die Klägerin nicht hinreichend substantiiert mit der einzelfallbezogenen Frage der Klärungsbedürftigkeit / Entscheidungserheblichkeit der als grundsätzlich angesehenen Frage auseinandergesetzt. Dies gilt maßgeblich hinsichtlich der Frage, ob die vorhandene Immissionssituation überhaupt verschlechtert wird (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 13 m.w.N.), was nach dem Ergebnis der sachverständigen Begutachtung zur Geruchsgesamtbelastung auf dem klägerischen Grundstück verneint wird (s.o.). Der pauschale Verweis auf die Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2009 kann die mangelnde Darlegung des Berufungszulassungsgrundes nicht kompensieren, zumal sich die Klägerin mit dem dort (vgl. OVG NRW, B.v. 23.3.2009 – 10 B 259/09 – juris Rn. 20) aufgestellten Rechtssatz (s.o.) nicht fallbezogen auseinandergesetzt hat: Sie hat weder substantiiert dargelegt, dass die bereits vorhandene Geruchsbelastung für sie unzumutbar sein soll noch dass sich die Geruchsgesamtbelastung für sie tatsächlich erhöht (s.o. 1.).
3. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der behaupteten Divergenz der angefochtenen Entscheidung zum Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. März 2009 (Az. 10 B 259/09) zuzulassen. Abgesehen davon, dass eine Divergenz zwischen dem Urteil des Verwaltungsgerichts und der zitierten oberverwaltungsgerichtlichen Entscheidungen nicht substantiiert dargelegt wurde (vgl. vorher 2.), erfasst im Fall einer gerügten Divergenz im Verhältnis von Verwaltungsgericht zu Verwaltungsgerichtshof / Oberverwaltungsgericht der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO lediglich die abweichende Entscheidung eines Verwaltungsgerichts zu dem im Instanzenzug übergeordneten Gericht, sodass nur eine Divergenz der abgegriffenen Verwaltungsgerichtsentscheidung zu einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, nicht jedoch zu einer Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts oder Verwaltungsgerichtshofs eines anderen Bundeslandes im Rahmen der sog. Divergenzrüge erheblich sein kann (BayVGH, B.v. 2.10.2001 – 10 ZS 01.862 – juris Rn. 6; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 45).
4. Schließlich besteht ein Berufungszulassungsgrund auch nicht aufgrund eines Verfahrensfehlers, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Die Klägerin rügt insofern eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), weil ihr keine hinreichende Frist zur Stellungnahme gewährt worden sei bzw. weil ihr die Möglichkeit genommen worden sei, zu einem bestimmten gegnerischen Vorbringen eine Stellungnahme abzugeben.
Der Beklagte legte vor der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 10. Mai 2017 eine Stellungnahme des vom Beigeladenen beauftragten Sachverständigenbüros vom 2. April 2017 und eine diese bewertende Stellungnahme des Technischen Oberinspektors B* … der Regierung von Niederbayern vor, die sich jeweils mit diversen Einwendungen der Klägerin auseinandersetzten. Die Stellungnahmen des Sachverständigenbüros und der Regierung von Niederbayern übermittelte das Verwaltungsgericht dem Klägerbevollmächtigten per Telefax am 11. Mai 2017. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 16. Mai 2017 übergab der vom Beklagten beigezogene Technische Oberinspektor B* … der Regierung von Niederbayern eine zusätzliche Berechnung des vom Beigeladenen beauftragten Sachverständigenbüros vom 16. Mai 2017. Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärte hierzu, dass er gegebenenfalls für den Fall von Entscheidungserheblichkeit um Einräumung einer Schriftsatzfrist bitte. Im Übrigen übergab der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einen Schriftsatz vom 16. Mai 2017, mit dem mit Blick auf den Schriftsatz des Beklagten vom 10. Mai 2017 und dessen fachlicher Anlagen ein Schriftsatznachlass sowie Vertagung beantragt wurde.
Die Klägerin sieht bezogen auf diesen Sachverhalt eine Versagung des rechtlichen Gehörs darin, dass ihr in unzulässiger Weise die Möglichkeit versagt worden sei, zu dem neuen fachlichen Vorbringen in angemessener Zeit Stellung zu nehmen. Sie habe vorgehabt, das neue Vorbringen zu bestreiten. Dieser Verfahrensfehler sei auch ergebnisrelevant.
Dieser Vortrag genügt nicht, um die Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO i.V. mit Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO zuzulassen. Selbst wenn – was hier dahingestellt bleiben kann – die Sachlage in der mündlichen Verhandlung es geboten hätte, der Klägerin Zeit einzuräumen, um auf womöglich neuen fachlichen Vortrag der Beklagtenseite angemessen reagieren zu können, erfordert eine Gehörsrüge regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei ausreichender Gehörsgewährung noch weiter vorgetragen hätte und inwiefern dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs in der Sache geeignet gewesen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4; B.v. 31.8.2016 – 4 B 36.16 – juris Rn. 3). An einem solchen substantiierten Vortrag fehlt es vorliegend.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt; der Beigeladene hat sich mit dem Zulassungsvorbringen der Klägerin näher auseinandergesetzt und mit seiner schriftsätzlichen Äußerung vom 7. Dezember 2017 das gerichtliche Berufungszulassungsverfahren gefördert (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 76 m.w.N.). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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