Erbrecht

Rückforderung einer Zuwendung

Aktenzeichen  14 U 4104/18

Datum:
31.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 45464
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 313, § 812 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Ausgleich nach den Vorschriften über die bürgerlichrechtliche Gesellschaft kommt grundsätzlich in Betracht, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB kann die Herausgabe einer Zuwendung begehrt werden, wenn der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist, etwa die Teilhabe an einer mit der Zuwendung erworbenen Wohnung. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist zu bejahen, wenn einer gemeinschaftsbezogenen Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

23 O 942/18 2018-10-25 Endurteil LGKEMPTEN LG Kempten

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 25.10.2018, Aktenzeichen 23 O 942/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 76.565,00 € festgesetzt.

Gründe

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf Ziffer I. des Hinweisbeschlusses vom 27.06.2019 (Bl. 116/127 d. A.) und den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 25.10.2018 Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger:
Das Urteil des Landgerichts Kempten vom 25.10.2018,AZ: 23 O 942/18 wird aufgehoben, die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 76.565,00 € nebst 5% Jahreszinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 17.04.2018 zu bezahlen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 25.10.2018, Aktenzeichen 23 O 942/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf Punkt II. des vorausgegangenen Hinweises des Senats vom 27.06.2019 Bezug genommen.
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung gemäß Schriftsatz vom 24.07.2019 (Bl. 131/132 d. A.) geben zu einer Änderung keinen Anlass:
1. Der Senat hat bereits im Rahmen seines Hinweisbeschlusses vom 27.06.2019 berücksichtigt, dass – anders als im streitgegenständlichen Fall – Gegenstand des von ihm zitierten Urteils des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 2011 – XII ZR 149/09 eine Zuwendung durch Schwiegereltern an ihr Schwiegerkind war. Er hat in diesem Zusammenhang nur darauf hingewiesen, dass der Streit der Parteien darüber, ob das frühere Verhältnis der Parteien als nichteheliche Lebensgemeinschaft einzuordnen ist oder nicht, nicht von entscheidender Bedeutung ist. Weder führt die Qualifikation der Beziehung der Parteien als nichteheliche Lebensgemeinschaft per se zu der Einordnung der streitgegenständlichen Zuwendungen als unbenannte Zuwendungen, noch würde die Feststellung, dass es sich bei den klägerischen Zuwendungen jeweils um eine unbenannte Zuwendung handelte, ohne Weiteres zur Folge haben, dass der klägerseits geltend gemachte Anspruch zu bejahen wäre. Andererseits würde die Einordnung der Zuwendung als Schenkung eine Rückforderung auch nicht von vornherein ausschließen. Letzteres belegt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 2011.
2. Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr, ob zwischen den Parteien eine Willensübereinstimmung über einen mit der Leistung bezweckten Erfolg erzielt worden ist, was zu einem Rückforderungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB führen könnte, oder ob die Geschäftsgrundlage der Zuwendung – egal, ob es sich um eine unbenannte Zuwendung oder eine Schenkung handelte – weggefallen ist oder nicht. Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Grundsatzentscheidung vom 09.07.2008 (BGH, Urteil vom 09. Juli 2008 – XII ZR 179/05 -, BGHZ 177, 193-211, Rn. 33) zwar nicht mehr daran festgehalten, dass Ansprüche nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder die ungerechtfertigte Bereicherung wegen Zweckverfehlung zwischen den Partnern einer beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht in Betracht kämen. Er hat allerdings auch nicht ausgesprochen, dass bei Leistungen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht, generell oder gar voraussetzungslos ein nachträglicher Ausgleich stattzufinden habe. Vielmehr ist auch bei Zuwendungen innerhalb einer beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Einzelfall zu prüfen, ob ein Ausgleichsverlangen unter den genannten rechtlichen Gesichtspunkten begründet ist.
Ein Ausgleich nach den Vorschriften über die bürgerlichrechtliche Gesellschaft kommt zwar ebenfalls grundsätzlich in Betracht, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen haben (s. BGH, Urteil vom 09. Juli 2008 – XII ZR 179/05 -, BGHZ 177, 193-211, Rn. 18). Hierzu hat der Kläger allerdings nichts vorgetragen. Dieser Gesichtspunkt wird auch in der Berufung nicht aufgegriffen.
3. Auch bei Unterstellung, die beendete Beziehung der Parteien sei als nichteheliche Lebensgemeinschaft einzuordnen gewesen, weil sie langfristig darauf ausgerichtet gewesen sei, dass die Parteien gemeinsam leben und auch zusammen wohnen würden, und die Zuwendungen des Klägers seien nicht als Schenkungen einzuordnen, weil der Beklagten vorhatte, in die Wohnung der Beklagten zu ziehen, und er dementsprechend durch seine Zuwendungen aus seiner Sicht sein Vermögen auf Dauer gesehen nicht vermindern, sondern an der mit seiner Zuwendung erworbenen Wohnung teilhaben wollte, hängt der geltend gemachte Anspruch daher davon ab, ob die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB vorliegen, und die Beklagte zur Herausgabe der Zuwendung verpflichtet ist, weil der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist (s. BGH, Urteil vom 09. Juli 2008 – XII ZR 179/05 -, BGHZ 177, 193-211, Rn. 34) oder ob ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu bejahen ist, weil der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben (s. BGH, Urteil vom 09. Juli 2008 – XII ZR 179/05 -, BGHZ 177, 193-211, Rn. 40).
Beides ist jedoch zu verneinen. Der für diese Voraussetzungen beweisbelastete Kläger hat einen entsprechenden Nachweis nicht erbracht.
3.1. Ein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB wegen Nichteintritts oder Fehlschlagen des mit der Leistung bezweckten Erfolgs setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass mit dem Empfänger der Leistung eine Willensübereinstimmung darüber erzielt worden ist, dass mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts ein bestimmter Erfolg bezweckt wird. Einseitige Vorstellungen genügen nicht. Eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne kann aber angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen (Senatsurteil BGHZ 115, 261, 263 = FamRZ 1992, 160, 161 m.w.N.).
Die Zuwendungen des Klägers gingen zwar deutlich über das hinaus, was die Gemeinschaft benötigte. Allerdings hat der Kläger eine konkrete Zweckabrede, dass die Mehrung des Vermögens der Beklagten in der Erwartung stattfand, der Kläger werde an dem erworbenen Gegenstand langfristig partizipieren können (s. BGH, Urteil vom 09. Juli 2008 – XII ZR 179/05 -, BGHZ 177, 193-211, Rn. 34 – 35), nicht nachgewiesen. Insoweit wird auf Punkt II. 3. des Hinweisbeschlusses, mit dem sich der Kläger auch in seiner Gegenerklärung nicht näher auseinandergesetzt hat, verwiesen.
3.2. Der Kläger hat auch nicht nachgewiesen, dass der Fortbestand der Beziehung der Parteien Geschäftsgrundlage seiner Zuwendungen in dem Sinn war, dass sie zwar nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen worden sind, bei ihrer Hingabe durch ihn aber den zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder zumindest den für die Beklagte erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen des Klägers entsprach, und dass der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaute (s. BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – XII ZR 149/09 -, Rn. 22, juris) und beiderseits die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben. Vielmehr ist nicht zu beanstanden, sondern überzeugend und richtig, dass das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht auszuschließen ist, dass den beiden streitgegenständlichen – auch nach Ansicht des Senats überobligationsmäßigen – Zuwendungen nicht die Erwartung zugrunde lag, dass die Beziehung der Parteien Bestand haben werde, insbesondere aber, dass nicht auszuschließen ist, dass der Geschäftswille der Parteien gerade nicht auf der Vorstellung aufbaute, die Beziehung werde Bestand haben. Auf die diesbezüglichen Ausführungen, insbesondere unter den Punkten II. 2.3 und 2.4, des Hinweisbeschlusses wird verwiesen. Auch mit diesen hat sich der Kläger in seiner Gegenerklärung nicht auseinandergesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.
Verfügung
1. Beschluss vom 31.07.2019 hinausgeben an:
Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers … Prozessbevollmächtigte der Berufungsbeklagten …
2. Schlussbehandlung
… Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht


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