Erbrecht

Zulässigkeit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit betreffend Vertrieb von Getränken

Aktenzeichen  34 Wx 458/20

Datum:
24.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZfIR – 2021, 190
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1018, § 1090 Abs. 1
GBO § 35 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, nach der der Vertrieb von Getränken auf dem belasteten Grundstück untersagt ist, ist inhaltlich unzulässig, soweit sie von der Berechtigten hergestellte oder vertriebene Getränke im Ergebnis von dem Verbot ausnimmt. (Rn. 17)

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Passau – Grundbuchamt – vom 16. November 2020 insofern aufgehoben, als die Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichts Passau von St. Nikola in Abt. II unter Nr. 7 eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Umfang der Bezugnahme auf Anlage 2 Abschnitt C § 3 Sätze 3 und 4 der notariellen Urkunde vom 17. Dezember 1987 abgelehnt wurde.
II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, diese Dienstbarkeit in dem unter Ziffer I. genannten Umfang zu löschen.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
IV. Der Geschäftswert für den erfolglosen Teil des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligte zu 1 ist als Eigentümerin von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen.
An dem in X. gelegenen Grundbesitz ist seit 20.3.2007 in Abt. II unter Nr. 7 für die Beteiligte zu 2, die damals noch unter „X-Brauerei Aktiengesellschaft“ firmierte, unter Bezugnahme auf notarielle Urkunden vom 17.12.1987, 18.9.1989 und 28.2.1991 eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit in Gestalt einer Gewerbebetriebsbeschränkung eingetragen. Diese Eintragung beruht auf der in der notariellen Urkunde vom 1.3.2007 (Vertrag über den Kauf eines Erbbaugrundstücks) unter Ziffer VII.1. i.V.m. Anlage 4 vereinbarten und bewilligten Erstreckung einer zuvor an einem Erbbaurecht bestellten Dienstbarkeit, bezüglich derer auf Anlage 2 Abschnitt C § 3 der notariellen Urkunde vom 17.12.1987 (Angebot der Einräumung eines Erbbaurechts) Bezug genommen wird. Hiernach beinhaltet die Dienstbarkeit die Verpflichtung,
[Satz 1] […] gegenüber der X.-Brauerei Aktiengesellschaft mit dem Sitz in X. […], nur mit deren Zustimmung […]
1. Biere aller Art […], ferner
2. alkoholfreie Getränke jeder Art […], sowie
3. sonstige Brauereierzeugnisse, welche die genannte Gesellschaft herstellt oder vertreibt, und zwar jeweils, zu vertreiben, herzustellen, auszuschenken oder sonst abzugeben oder zu lagern, und dies alles auch nicht durch Dritte vornehmen zu lassen.
[Satz 2] Ausgenommen vom Verbot ist der Vertrieb der Getränke aller Art von fremden Firmen, wenn […] ein Lebensmittelmarkt bzw. Laden betrieben wird (im Laden).
[Satz 3] Dies gilt jedoch nicht für den Vertrieb von Getränken anderer X.er Brauereien.
[Satz 4] Getränke aller Art von anderen X.er Brauereien dürfen also auch in diesem Fall nicht vertrieben werden ohne Zustimmung […].
Ziffer XIII.1. der Urkunde vom 1.3.2007 lautet:
Für den Fall, daß Bestimmungen dieser Urkunde unwirksam sind oder werden, vereinbaren die Parteien, daß diese Bestimmungen durch wirksame Bestimmungen ersetzt werden sollen, die der unwirksamen Bestimmungen wirtschaftlich und rechtlich in zulässiger Weise am nächsten kommen.
Der eigene Brauereibetrieb der Beteiligten zu 2 ist mittlerweile eingestellt. Die Rechte an allen ehemals von ihr gehaltenen Getränkemarken erwarb die Brauerei X.
Am 9.7.2019 hat die Beteiligte zu 1 über ihren Verfahrensbevollmächtigten die Löschung der Dienstbarkeit mit der Begründung beantragt, diese sei ihrem Inhalt nach unzulässig. Zumindest sei das Grundbuch unrichtig, weil die Dienstbarkeit erloschen sei, da die Beteiligte zu 2 sich mittlerweile nur noch im Wirtschaftszweig der Vermietung und Verpachtung eigener oder geleaster Grundstücke betätige.
Die Zwischenverfügung, mit der das Grundbuchamt der Beteiligten zu 1 die Vorlage einer Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 2 aufgegeben hatte, hat der Senat mit Beschluss vom 2.1.2020, 34 Wx 394/19, aus formalen Gründen aufgehoben. Am 6.5.2020 hat das Grundbuchamt sodann den Antrag auf Löschung der Gewerbebetriebsbeschränkung zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 20.5.2020 hat die Beteiligte hiergegen Beschwerde eingelegt mit dem Antrag,
das Grundbuchamt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 6.5.2020 anzuweisen, dem diesseitigen Antrag aus dem Schriftsatz vom 9.7.2019 entsprechend die beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu löschen, sofern erforderlich, nach Anhörung der Beteiligten zu 2 innerhalb einer Frist von maximal zwei Monaten,
hilfsweise das Grundbuchamt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 6.5.2020 anzuweisen, in Spalten 6 und 7 der Abt. II des Grundbuchs sinngemäß einzutragen, dass die Sätze 3 und 4 der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (lfd. Nr. 7 der Spalte 1) von Amts wegen als inhaltlich unzulässig gelöscht wurden, sofern erforderlich, nach Anhörung der Beteiligten zu 2 innerhalb einer Frist von maximal zwei Monaten.
Der Senat hat die Entscheidung vom 6.5.2020 mit Beschluss vom 7.9.2020, 34 Wx 218/20, ebenfalls aufgehoben und die Sache zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Grundbuchamt zurückgegeben. Dabei hat der Senat ausgeführt, die Eintragung der Dienstbarkeit in Gestalt der Sätze 3 und 4 der Anlage 4 zur Bewilligungsurkunde, in denen der Vertrieb von Getränken anderer X.er Brauereien in einem Lebensmittelmarkt oder in einem Laden ohne Zustimmung der Beteiligten zu 2 untersagt wird, sei nach ihrem Inhalt unzulässig i.S.v. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO und somit zu löschen. Durch die Belastung werde nicht das Eigentumsrecht an dem Grundstück berührt; eingeschränkt sei die Beteiligte zu 1 vielmehr in ihrer persönlichen Freiheit oder in der Freiheit ihres Gewerbebetriebs. Daran ändere auch die gewählte Konstruktion eines allgemeinen Verbots mit Ausnahmevorbehalt, der wiederum im Wege einer Rückausnahme eingeschränkt werde, nichts. Eine Handlung i.S.v. § 1018 Alt. 2 BGB sei daher nicht gegeben. Sei die Eintragung demnach hinsichtlich der Sätze 3 und 4 der Anlage 4 zur Bewilligungsurkunde ihrem Inhalt nach unzulässig und damit zu löschen, so werde das Grundbuchamt des Weiteren im Hinblick auf § 139 BGB zu prüfen haben, ob die Eintragung im Übrigen bestehen bleibe. Ergänzend wies der Senat darauf hin, dass der Beteiligten zu 2 rechtliches Gehör zu gewähren sei.
Die daraufhin vom Grundbuchamt angehörte Beteiligte zu 2 widerspricht den Ausführungen des Senats zur Unzulässigkeit der Dienstbarkeit in den Sätzen 3 und 4 mit der Begründung, die Dienstbarkeit insgesamt bezwecke die Unterlassung des Vertriebs bzw. Verkaufs von Getränken faktisch aller X.er Brauereien als Einschränkung der Benutzungsfreiheit des belasteten Grundstücks. An der Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung bestünden keine Zweifel. Sie bedeute im Ergebnis nur, dass der Verkauf der genannten Getränke unter Zustimmungsvorbehalt stehe. Dass sie mit der damaligen Formulierung auf ihre Produkte bezogen quasi die Zustimmung erteilt habe, verändere den Inhalt der Dienstbarkeit nicht ins Unzulässige. Selbst eine Teilnichtigkeit würde nach der salvatorischen Ersetzungsklausel der Bezugsurkunde nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Bestimmung führen. § 139 BGB sei im Grundbuchberichtigungsverfahren nicht anwendbar. Die Dienstbarkeit sei auch nicht ohnehin vollständig erloschen. Zur Bestellung und Aufrechterhaltung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit reiche ein bloßes schutzwürdiges Interesse des Berechtigten, das nicht einmal ein eigenes sein müsse. Sie sei als Gesellschaft in die X. Getränke AG eingebunden. Niemand hindere sie – die Beteiligte zu 2 – an der Wiederaufnahme eines Brauereibetriebs oder der Aufnahme eines Getränkehandels. In ihrem Eigentum befänden sich auch diverse Gaststätten. Sie wolle sich die Option offenhalten, diese selbst mit Getränken beliefern zu können. Die Dienstbarkeit schütze sie vor der unkontrollierten Errichtung eines in Wettbewerb zu eigenen Gaststätten tretenden Betriebs. Aber selbst bei Eröffnung eines solchen biete die Dienstbarkeit Vorteile. Schließlich habe sie seinerzeit im Rahmen des Vertragsschlusses mit der Brauerei X. dieser das Nutzungsrecht an der Dienstbarkeit überlassen, die sich im Gegenzug verpflichtet habe, sie an etwaigen finanziellen Vorteilen hieraus partizipieren zu lassen.
Mit Beschluss vom 16.11.2020 hat das Grundbuchamt wiederum der Beschwerde vom 20.5.2020 nicht abgeholfen und auch eine Teillöschung der Dienstbarkeit hinsichtlich der Sätze 3 und 4 abgelehnt. Das Grundbuchamt teile die Auffassung des Senats nicht, nach der die Vereinbarungen in den Sätzen 3 und 4 als unzulässig betrachtet würden. Es bedürfe einer Beurteilung und Auslegung des gesamten Inhalts der Dienstbarkeit. Dies sei stets Aufgabe des Grundbuchamts. Die Beurteilung und Auslegung könne nur zu dem Ergebnis führen, dass sich das Verbot in den Sätzen 3 und 4 auf alle X.er Brauereien beziehe. Gleichzeitig habe die Berechtigte die Zustimmung erteilt für ihre eigenen Produkte. Dies dürfe nicht zu einer Unzulässigkeit der Dienstbarkeit führen. Der Gegenstand des im Handelsregister eingetragenen Unternehmens sei unverändert. Das Grundbuch sei durch die Veräußerung von Marken und Patenten nicht unrichtig geworden.
Die Beteiligte zu 1 ist weiterhin der Ansicht, die Gewerbebetriebsbeschränkung sei zumindest teilweise von Amts wegen zu löschen und das Grundbuchamt hierzu vom Beschwerdegericht anzuweisen. Das Grundbuchamt gehe rechtsirrig und entgegen der eindeutig geäußerten Auffassung des erkennenden Senats davon aus, dass eine teilweise Löschung der Gewerbebetriebsbeschränkung nicht in Betracht komme. Das Verbot in den Sätzen 3 und 4 beziehe sich schon dem Wortlaut nach und im Übrigen denklogisch nicht auf alle X.er Brauereien, sondern nur auf alle anderen X.er Brauereien. Dabei bringe die Dienstbarkeit nicht zum Ausdruck, dass eine bestimmte Art von Getränken nicht vertrieben und gelagert werden dürfe, sondern die Getränke einzelner X.er Brauereien. Schließlich sei § 139 BGB durchaus auf Grundbucheintragungen anwendbar, lediglich die dort vorgenommene Beweislastverteilung finde im Berichtigungsverfahren keine Anwendung. Bei der amtswegigen Löschung spiele dies aber überhaupt keine Rolle. Zu Unrecht stütze sich das Grundbuchamt auf die pflichtwidrig unterlassene registerliche Änderung des Unternehmensgegenstands. Die nicht näher erörterte Einbindung in die X. AG vermöge kein fortbestehendes Interesse an der Dienstbarkeit zu begründen. Eine entfernte Möglichkeit der Wiederaufnahme der Brauereitätigkeit genüge nicht. Es sei auch nicht dargelegt, wie die Erlaubnis zum Ausschank bzw. Vertrieb von Getränken zu einer unkontrollierten Errichtung von Gaststättenbetrieben auf dem Grundstück oder zu einer Wettbewerbssituation zulasten der Beschwerdegegnerin führen könne. Auf ein etwaiges Interesse der Brauerei X. sei gerade nicht abzustellen. Folglich sei es auch unerheblich, dass angeblich mit dieser Absprachen getroffen wurden, deren Nachweis die Beschwerdegegnerin ebenfalls schuldig bleibe.
II.
Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft. Soweit sich die Beteiligte zu 1 gegen die Zurückweisung des Löschungsantrags nach § 22 GBO wendet, richtet sich das Rechtsmittel gegen eine Entscheidung i.S.v. § 71 Abs. 1 GBO. Soweit die Beteiligte zu 1 „hilfsweise“ die teilweise Löschung nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO begehrt, ist die beschränkte Beschwerde gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GBO gegeben. Ein echter Hilfsantrag im Sinne eines bedingten Begehrens ist darin nicht zu sehen, sondern eine Klarstellung, dass auch eine bloße Teillöschung gewollt ist.
2. Die Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
a) Im Umfang der Bezugnahme auf Anlage 2 Abschnitt C § 3 Sätze 3 und 4 der notariellen Urkunde vom 17.12.1987 ist die Dienstbarkeit zu löschen.
Hat das Beschwerdegericht die Entscheidung des Grundbuchamts aufgehoben und die Sache an dieses zurückgegeben oder zurückverwiesen, so ist die rechtliche Beurteilung, auf der die Aufhebung beruht, bindend (BayObLGZ 1974, 18/21; Senat vom 2.10.2008, 34 Wx 33/08 = FGPrax 2009, 12/13; OLG Hamm NJW 1970, 2118; Demharter GBO 32. Aufl. § 77 Rn. 28; Hügel/Kramer GBO 4. Aufl. § 77 Rn. 70; Schöner/Stöber GBR 16. Aufl. Rn. 512). Hier hat der Senat im Beschluss vom 7.9.2020 erläutert, dass die fraglichen Sätze 3 und 4 eine ihrem Inhalt nach unzulässige Eintragung i.S.v. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO bedingen. Ob diese Ausführungen an der Bindungswirkung teilhaben oder es dem Grundbuchamt freistand, insoweit eine abweichende Auffassung zu vertreten und mit dieser Begründung der Beschwerde weiterhin nicht abzuhelfen, kann offenbleiben. Der Senat hält jedenfalls an seiner bereits geäußerten Rechtsansicht fest.
Gemäß § 1090 Abs. 1 i.V.m. § 1018 Alt. 2 BGB kann ein Grundstück durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit u.a. in der Weise belastet werden, dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen. So kann zwar das Verbot, Getränke schlechthin oder alkoholische Getränke oder auch nur Bier auf einem Grundstück herzustellen, zu lagern, zu vertreiben, auszuschenken oder sonst abzugeben, als Beschränkung nicht der rechtlichen Verfügungsfreiheit, sondern der Benutzung des Grundstücks in tatsächlicher Hinsicht nach ständiger Rechtsprechung zum Inhalt einer Dienstbarkeit gemacht werden (BGHZ 74, 293; NJW 1988, 2364; 1981, 343/344; 1962, 486; BayObLGZ 1997, 129/133; 1985, 290; OLG Karlsruhe NJW 1986, 3212). Um derartige Beschränkungen des Grundeigentums handelt es sich hier aber nicht. Der Beteiligten zu 1 wird durch das Zusammenspiel der Sätze 1 bis 4 der Dienstbarkeit nicht unter allen Umständen untersagt, auf dem Grundstück Getränke zu vertreiben. Sie wird vielmehr dahingehend eingeschränkt, dass keine Getränke anderer ortsansässiger Brauereien als der Beteiligten zu 2 vertrieben werden dürfen. Daraus ergibt sich aber keine verschiedenartige Benutzung des Grundstücks; die Einwirkung auf dieses ist die gleiche, ob nun Getränke der Beteiligten zu 2 oder einer anderen Brauerei vertrieben werden. Beschränkt wird durch die Dienstbarkeit im Ergebnis die Befugnis zur freien Auswahl des Lieferanten. Diese Befugnis ist aber nicht Ausfluss des Eigentumsrechts an dem Grundstück. Durch die Belastung wird also nicht das Eigentumsrecht an dem Grundstück berührt; eingeschränkt ist die Beteiligte zu 1 vielmehr in ihrer persönlichen Freiheit oder in der Freiheit ihres Gewerbebetriebs (vgl. BayObLG Rpfleger 1972, 18/20; BayObLGZ 1952, 287/288; Schöner/Stöber Rn. 1222). Daran ändert die gewählte Konstruktion eines allgemeinen Verbots mit Ausnahmevorbehalt, der wiederum im Wege einer Rückausnahme eingeschränkt wird, ebenso wenig wie die Möglichkeit eines Dispenses durch Zustimmung der Beteiligten zu 2. Eine Handlung i.S.v. § 1018 Alt. 2 BGB ist daher nicht gegeben. Dies galt auch schon in dem für die Beurteilung der inhaltlichen (Un-)Zulässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung der Dienstbarkeit (vgl. Senat vom 15.7.2019, 34 Wx 264/17 = FGPrax 2019, 203/205) im Jahr 2007, wie sich aus den oben zitierten Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts ergibt.
b) Im Übrigen bleibt das Begehren ohne Erfolg, da die Voraussetzungen für die Löschung der Dienstbarkeit im Umfang der Bezugnahme auf Anlage 2 Abschnitt C § 3 Sätze 1 und 2 der notariellen Urkunde vom 17.12.1987 nicht gegeben sind.
aa) Insofern liegt keine ihrem Inhalt nach per se unzulässige Eintragung i.S.v. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO vor. Wie unter a) ausgeführt, kann das Verbot des Vertriebs etc. von Getränken per se, alkoholischen Getränken oder auch nur Bier auf einem Grundstück als Beschränkung der Benutzung des Grundstücks in tatsächlicher Hinsicht zum Inhalt einer Dienstbarkeit gemacht werden. Unter diesem Aspekt bestehen somit keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der entsprechenden allgemeinen Regelung in Satz 1 des unter I. abgedruckten Urkundenauszugs. Die in Satz 2 getroffene Ausnahme für den Vertrieb in einem Lebensmittelmarkt oder Laden ändert hieran nichts, da sie ihrerseits eine bestimmte Benutzung betrifft.
bb) Auch ist die Bestellung der Dienstbarkeit insoweit nicht analog § 139 BGB unwirksam und somit das Grundbuch nicht i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO unrichtig.
Gemäß § 139 BGB führt die Nichtigkeit eines Teils der vertraglichen Regelungen zur Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Dieser Grundsatz ist auf die Bestellung von Dienstbarkeiten entsprechend anzuwenden (vgl. BGH NJW 2019, 2016/2018). Dabei ist zu beachten, dass die in § 139 BGB vorgenommene Beweislastverteilung im Grundbuchverfahren nicht gilt (BayObLG DNotZ 1997, 727; Demharter § 22 Rn. 37; Hügel/Holzer § 22 Rn. 61). Eine bloße Teilnichtigkeit mit der Folge der Geltung der Regelung im Übrigen ist gegeben, wenn nach Entfernung des unwirksamen Teils ein Vertragsinhalt verbleibt, der auch für sich allein einen Sinn behält (BGH NJW 2019, 2016/2018; MüKoBGB/Busche 8. Aufl. § 139 Rn. 15). Insoweit ist auf den Parteiwillen abzustellen (BGH a.a.O.; BeckOGK/Jakl BGB Stand 1.11.2020 § 139 Rn. 65).
Nach diesen Maßstäben ist trotz der bereits festgestellten Unzulässigkeit der in den Sätzen 3 und 4 getroffenen Regelungen von der Wirksamkeit der Dienstbarkeitsbestellung, soweit sie auf den Sätzen 1 und 2 beruht, auszugehen. Das seinerzeit von der Beteiligten zu 2 verfolgte Ziel, den Vertrieb etc. von Konkurrenzprodukten weitgehend zu unterbinden, ist auch im Falle einer bloßen Teilwirksamkeit der Dienstbarkeit in dem beschriebenen Umfang zu erreichen. Das in Satz 1 enthaltene pauschale Verbot des Vertriebs etc. von Bieren, alkoholfreien Getränken sowie sonstigen Brauereierzeugnissen, welche die Beteiligte zu 2 ebenfalls herstellte oder vertrieb, von dem nur der Verkauf in einem Lebensmittelmarkt oder Laden gemäß Satz 2 ausgenommen war, war zur Erreichung dieses Ziels insofern geeignet, als die Beteiligte zu 2 etwa schuldrechtlich auf die Ausübung des dinglichen Rechts hätte verzichten und dies wiederum an den Abschluss eines Bezugsvertrags hätte knüpfen können (vgl. BGH NJW 1979, 2150/2151; BeckOGK/Kazele BGB § 1090 Rn. 44). Dass im Falle der Ungültigkeit einer Bestimmung der Vertrag gleichwohl im Übrigen so weit wie möglich seine Geltung behalten sollte, geht bereits aus Ziffer XIII.1. der Urkunde vom 1.3.2007 hervor.
cc) Ebensowenig ist in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen, dass die Dienstbarkeit durch die Einstellung des Brauereibetriebs und die Veräußerung der Markenrechte seitens der Beteiligten zu 2 erloschen ist. Somit ist das Grundbuch auch nicht aus diesem Grund i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO erwiesenermaßen unrichtig.
Unrichtig in diesem Sinne ist das Grundbuch, wenn sein Inhalt hinsichtlich eines Rechts an einem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 BGB bezeichneten Art mit der wahren, d.h. der materiellen Rechtslage nicht übereinstimmt (BayObLG Rpfleger 1988, 254/255; Senat vom 21.11.2018, 34 Wx 105/18 = FGPrax 2019, 60/61; Demharter § 22 Rn. 4; Hügel/Holzer § 22 Rn. 25; Schöner/Stöber Rn. 356).
Der Nachweis hierfür ist in der Form des § 29 GBO zu führen (BayObLGZ 1988, 525; Demharter § 22 Rn. 37; Hügel/Holzer § 22 Rn. 65; Schöner/Stöber Rn. 369a). An ihn sind strenge Anforderungen zu stellen; ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht (BayObLGZ 1995, 413/415; Senat vom 30.3.2015, 34 Wx 19/15 = FGPrax 2015, 159/160; Demharter § 22 Rn. 37; Hügel/Holzer § 22 Rn. 59; Schöner/Stöber Rn. 369).
Gemäß § 1019 Satz 1 BGB setzt die Bestellung einer Grunddienstbarkeit voraus, dass sie für die Benutzung des Grundstücks des Berechtigten einen – materiellen oder immateriellen – Vorteil bietet. Dieses Erfordernis bestimmt nach Satz 2 der Vorschrift auch die inhaltlichen Grenzen der Grunddienstbarkeit. Auf die beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist § 1019 BGB jedoch nicht entsprechend anwendbar. Denn diese Bestimmung ist von dem in § 1090 Abs. 2 BGB enthaltenen Verweis auf die für die Grunddienstbarkeit geltenden Vorschriften ausgenommen. Auch aus § 1091 BGB lässt sich nicht ableiten, dass das Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses des Berechtigten zwingende Voraussetzung für die beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist. Zwar bestimmt sich gemäß dieser Vorschrift der Umfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Zweifel nach den persönlichen Bedürfnissen des Berechtigten, hierdurch wird aber nicht festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine solche entstehen kann. Vielmehr beinhaltet § 1091 BGB lediglich eine Auslegungsregel für den Fall, dass hinsichtlich des Umfangs einer bestehenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit Zweifel bestehen. Dennoch ist allgemein anerkannt, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten voraussetzt. Dahinter steht der Gedanke, die Grundbücher vor einer unnötigen Belastung mit der Eintragung inhaltsleerer Rechte zu bewahren. Die Anforderungen an das schutzwürdige Interesse des Berechtigten sind allerdings gering (BeckOGK/Kazele BGB § 1090 Rn. 4). Es muss nicht zwingend ein eigenes Interesse des Berechtigten vorliegen. Vielmehr genügt auch die Förderung fremder Interessen (BGH NJW 1984, 924; MüKoBGB/Mohr § 1091 Rn. 2).
Ein solches schutzwürdiges Interesse der Beteiligten zu 2 kann sich durchaus aus den von ihr vorgetragenen Umständen ergeben. Insbesondere angesichts der Einbindung – wie auch immer sie im Einzelnen ausgestaltet sein mag – in die X. Getränke AG ist eine Wiederaufnahme von Herstellung, Vertrieb u.ä. von Brauereiprodukten keine rein theoretische Option. Auch die Partizipation an finanziellen Vorteilen, welche die Brauerei X. aus der Dienstbarkeit zöge, erscheint nicht fernliegend. Diese Möglichkeiten hat die Beteiligte zu 1 nicht ausgeräumt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass dies angesichts der hohen inhaltlichen und formalen Anforderungen an die Nachweisführung praktisch auch kaum möglich ist. Der Beteiligten zu 1 steht jedoch der Weg über eine Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB offen; in einem solchen Rechtsstreit gelten die üblichen Beweislastregeln.
III.
1. Eine gesonderte Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht erforderlich. Die gerichtlichen Kosten hat die Beteiligte zu 1 als Rechtsmittelführerin zunächst gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG schon von Gesetzes wegen zu tragen; die diesbezügliche Haftung ist im Umfang des Erfolgs der Beschwerde gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG jedoch erloschen. Anlass zur Überbürdung außergerichtlicher Kosten auf die eine oder die andere Beteiligte gemäß § 81 FamFG besteht angesichts des jeweiligen Teilunterliegens nicht.
2. Die Festsetzung des Geschäftswerts für den erfolglosen Teil des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 36 Abs. 3 GNotKG.
3. Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO besteht nicht.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 24.02.2021.


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