Europarecht

15 U 9/22

Aktenzeichen  15 U 9/22

Datum:
7.4.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
OLG Koblenz 15. Zivilsenat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OLGKOBL:2022:0407.15U9.22.00
Normen:
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Erfolgt ein Rückruf nicht flächendeckend, sondern betrifft nur einzelne Modelle mit der beanstandeten Technologie (z.B. CSR, KSR), spricht dies gegen eine strategische Manipulationsentscheidung des Motorherstellers, da nicht auszuschließen ist, dass dieser allenfalls die Rechtslage in Bezug auf einzelne Modelle falsch einschätzte.
2. Es ist nicht verwerflich, wenn sich ein Motorhersteller – ggf. auch aufgrund Absprachen mit anderen Herstellern – nur an die gesetzlichen Vorgaben hält und nicht darüber hinausgeht, obwohl ihm eine entsprechende Technologie zur Verfügung steht.

Verfahrensgang

vorgehend LG Trier, 1. Dezember 2021, 5 O 480/20

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 01.12.2021, Az. 5 O 480/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.
Der Kläger macht Ansprüche im Zusammenhang mit dem sogenannten „Diesel-Abgasskandal“ geltend.
Mit Kaufvertrag vom 07.03.2017 erwarb der Kläger bei einem nicht am Rechtsstreit beteiligten Händler einen erstmals am 22.01.2015 zugelassenen gebrauchten PKW … mit einem Kilometerstand von 54.500 km zu einem Kaufpreis von 24.500,00 € brutto.
Am 20.10.2021 betrug der Kilometerstand des Fahrzeugs 177.642 km.
Der PKW verfügt über einen mit Dieselkraftstoff betriebenen und einem SCR-Katalysator ausgestatteten Motor der Baureihe OM 626, für den die EG-Typgenehmigung Euro 6 erteilt wurde. Bei dem Fahrzeug erfolgt eine Reduktion der Stickoxid-Emission über die sogenannte Abgasrückführung (AGR), bei der ein Teil der Abgase zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt wird und dort erneut an der Verbrennung teilnimmt. Die Abgasrückführung erfolgt temperaturgesteuert und wird unter anderem in Abhängigkeit von der Außentemperatur zurückgefahren (sogenanntes Thermofenster).
Auf eine bislang nicht rechtskräftige Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wurde im Rahmen eines verpflichtenden Rückrufs beim streitgegenständlichen Fahrzeug ein Motorsteuerungssoftwareupdate implementiert.
Mit Anwaltsschreiben vom 06.11.2020 (Anlage K21 zur Klageschrift, Bl. 1 ff. eGA) forderte der Kläger die Beklagte bis zum 13.11.2020 erfolglos zur Anerkennung eines Schadensersatzanspruchs auf.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge über mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen, und zwar sowohl in Gestalt des Thermofensters als auch der Funktionen Kühlmittel-Solltemperaturregelung (KSR) mit Kühlerjalousie, Bit 13, Bit 14, Bit 15 und Slipguard, einer Prüfstanderkennung und einer fehlerhaften Dosierung des AdBlue im SCR-Katalysator. Auf dem Prüfstand werde mehr AdBlue beigemischt und würden die Emissionen positiv so beeinflusst, dass dort die vorgeschriebenen Werte eingehalten würden, wohingegen im Realverkehr die Abgasreinigung weitgehend heruntergefahren werde. Durch Verschweigen der Ausstattung des Fahrzeugs mit diesen unzulässigen Abschalteinrichtungen habe die Beklagte die Typgenehmigungsbehörde getäuscht und den Kläger sittenwidrig vorsätzlich geschädigt. Durch ein freiwilliges Update habe die Beklagte dem gleichwohl erfolgten Rückruf zuvorkommen wollen. In Kenntnis dieser Abschalteinrichtungen würde der Kläger vom Kauf abgesehen haben.
Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs Hersteller: …, Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer (FIN): … an ihn einen Betrag in Höhe von 24.500,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.656,84 € für die Nutzung des Fahrzeugs zu erstatten.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Klageantrag zu 1) genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.899,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat in Abrede gestellt, in das Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut zu haben. Die Werte außerhalb des Prüfstands seien rechtlich unbeachtlich. Das Thermofenster sei zulässig und das AGR-System im streitgegenständlichen Fahrzeug selbst bei zweistelligen Minusgraden noch aktiv. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge weder über ein geregeltes Kühlmittelthermostat noch eine manipulative Prüfstanderkennung und die Abgasregelung funktioniere trotz der Beanstandung im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie auf dem Prüfstand. Die beiden Berechnungsmodelle bei der AdBlue-Zuführung seien vom KBA nicht beanstandet worden. Der Kläger spekuliere zu einer offenbar der Presseberichterstattung zu US-Untersuchungen entnommenen Slipguard-Funktion. Auch der Vortrag zu den BIT-Funktionen liege neben der Sache, da es keinen speziellen Prüfstandmodus gebe. Auch habe die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren alle vom KBA erwarteten Angaben gemacht. Es gebe keine freiwillige Servicemaßnahme, sondern nur das vom KBA angeordnete Softwareupdate, das nicht im Zusammenhang mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung stehe, sondern nur eine Optimierung enthalte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unbegründet, da weder ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB noch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten bestehe. Greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen und ein sittenwidriges Vorgehen der Beklagten habe der Kläger nicht vortragen. Die mit dem Rückruf beanstandete Funktion wirke im Realverkehr gleichermaßen wie auf dem Prüfstand und sei daher keine Abschalteinrichtung. Eine Erhöhung der Werte im Realverkehr im Vergleich zum Testbetrieb sei unerheblich und lasse nicht den Rückschluss auf eine „Schummelsoftware“ zu. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit dem Thermofenster oder der SCR-Technologie bewusst gegen die gesetzlichen Vorschriften verstoßen habe, da ihre diesbezügliche Rechtsauffassung nicht unvertretbar sei und es für eine Täuschung des KBA keine greifbaren Anhaltspunkte gebe. Auch sei nicht vom Einsatz der KSR auszugehen, wobei eine solche ohne unterschiedliche Wirkungsweise auf dem Prüfstand und im Realverkehr keinen Rückschluss auf ein sittenwidriges Vorgehen der Beklagten zulassen könne.
Gegen diese ihm am 02.12.2021 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Kläger mit der am 03.01.2022 (einem Montag) eingelegten und am 20.01.2022 begründeten Berufung, mit der er unter Wiederholung und Ergänzung des erstinstanzlichen Vortrags sein Klagebegehren weiterverfolgt.
Er ist der Auffassung, das Urteil beruhe auf Rechtsverletzungen. Das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass es auf die unterschiedlichen Emissionswerte nicht ankomme, obwohl die Einhaltung der Werte nur auf dem Prüfstand und deren Überschreitung im Realverkehr auf das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen hindeute. Deren bewusst verschwiegener Einsatz sei unter Berücksichtigung des Gewinnstrebens der Beklagten sittenwidrig und verwerflich gewesen. Der Beklagten könne auch nicht nur eine fehlerhafte Rechtsauslegung vorgeworfen werden, denn sie habe ihrer sekundären Darlegungspflicht zur Offenlegung des Prozesses ihrer Entscheidungsfindung nicht genügt. Die Funktionsweise und Unzulässigkeit der KSR habe er substantiiert dargelegt, zumal das streitgegenständliche Fahrzeug rückrufbetroffen gewesen sei. Das am 11.11.2021 veröffentlichte Gutachten des Dipl.-Ing. (FH) …[A] belege, dass die Beklagte acht weitere unzulässige Abschalteinrichtungen verwende und das BMVI bestätige die Verwendung von zwei Betriebsmodi des SCR-Systems. Durch Verweis auf die kartellrechtlichen Absprachen habe er – der Kläger – auch zur erhöhten AdBlue-Einspritzung substantiiert vorgetragen. Zudem sei das Landgericht seinen Beweisangeboten nicht nachgekommen.
Der Kläger beantragt,
1. das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Trier vom 01.12.2021 teilweise abzuändern.
2. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Marke: …, Typ: … mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von EUR 24.500,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, unter Anrechnung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs zu erstatten, die sich aus folgender Formel ergibt: Kaufpreis x (aktueller Kilometerstand – Kilometerstand bei Erwerb) / (geschätzte Gesamtlaufleistung – Kilometerstand bei Erwerb) zuzahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von EUR 1.899,24 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Berufungsantrag zu 2) genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Berufung sei bereits unzulässig, da sie die tragenden Erwägungen des angefochtenen Urteils nicht angreife. Überdies sei die Berufung unbegründet, denn der Kläger habe auch weiterhin eine sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte nicht dargetan. Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten werde erst ausgelöst, wenn das Klägervorbringen hinreichend substantiiert sei. Über unzulässige Abschalteinrichtungen verfüge das Fahrzeug nicht, insbesondere weder über eine KSR noch eine Kühlerjalousie. Sowohl in Bezug auf das Thermofenster als auch die SCR-Technologie sei die Beklagte einer vertretbaren Rechtsauffassung gefolgt, nach der wegen der im Grundsatz gleichen Funktionsweise auf dem Prüfstand und im Realverkehr bereits begrifflich nicht von unzulässigen Abschalteinrichtungen auszugehen sei. Nichts anderes ergebe sich aus dem Privatgutachten des Dipl.-Ing. (FH) …[A], zumal die dortigen Feststellungen nicht auf das streitgegenständliche Fahrzeug übertragbar seien und auch das KBA die dort aufgeführten acht Abschalteinrichtungen als zulässig einstufe. Mangels strategischer Manipulationsentscheidung scheide eine Sittenwidrigkeit aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die erstinstanzlich zu Protokoll erklärten Ausführungen Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
II.
Die statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO).
Sie genügt auch den Anforderungen des § § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen in dem angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Sie muss folglich auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Allerdings werden besondere formale Anforderungen nicht gestellt; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (BGH, Beschluss vom 05.08.2021 – III ZB 46/20 -, Rn. 7, m.w.N., juris). Vielmehr genügt es, wenn die Berufungsbegründung sich in ausreichender Weise mit einem der in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 – 4 ZPO genannten Gründe auseinandersetzt (Heßler in Zöller, ZPO, 34. Auflage, § 520 Rn. 29 m.w.N.).
Daran gemessen ist die Berufungsbegründung trotz der offensichtlichen Verwendung von Textbausteinen ausreichend, da erkennbar wird, aus welchen Gründen und in welchen Punkten der Kläger das angegriffene Urteil für unrichtig hält.
Hierzu trägt er vor, dass das Landgericht verkannt habe, dass die Einhaltung der Werte nur auf dem Prüfstand und deren Überschreitung im Realverkehr auf das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen hindeute und der Beklagten nicht nur eine fehlerhafte Rechtauslegung vorgeworfen werden könne, da sie ihrer sekundären Darlegungspflicht durch Offenlegung ihres Entscheidungsfindungsprozesses nicht genügt habe. Auch ist er der Auffassung, er habe im Hinblick auf die Rückrufbetroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs zur Funktionsweise und Unzulässigkeit der KSR substantiiert vorgetragen.
Die Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Auffassung des Senats jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die Klage zu Recht abgewiesen wurde.
Die tatsächlichen Voraussetzungen einer mangels vertraglicher Beziehungen (1.) allein denkbaren deliktischen Haftung der Beklagten hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen. Ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB lässt sich auf den Vortrag des Klägers nicht stützen (2.). Der Kläger kann sein Begehren auch nicht aus anderen Anspruchsgrundlagen herleiten (3.). Auch im Zusammenhang mit der Entwicklung, Herstellung und Implementierung des Software-Updates ergeben sich keine Ansprüche des Klägers (4.). Aus den für den Hauptanspruch geltenden Gründen dringt er weder mit seinem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs noch mit seinen Nebenforderungen durch (5.).
1.
Für eine Haftung aus vorvertraglicher Pflichtverletzung fehlt jegliche Grundlage. Zwischen den Parteien wurden zu keinem erkennbaren Zeitpunkt unmittelbare Vertragsverhandlungen geführt. Eine vertragliche Verbindung kam zwischen ihnen nicht zustande. Soweit ausnahmsweise auch ein in die Vertragsanbahnung einbezogener Dritter im Falle eines eigenen wirtschaftlichen Interesses oder bei der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens haften kann (MüKo/Emmerich, 8. Aufl. 2019, BGB, § 311 Rn. 187 ff.), sind auch diese Voraussetzungen hier nicht gegeben.
Ein eigenes wirtschaftliches Interesse der Beklagten am verfahrensgegenständlichen Vertragsschluss ist nicht erkennbar. Das wirtschaftliche Interesse der Beklagten am Absatz des Fahrzeugs hatte sich bereits im Rahmen des Erstverkaufs realisiert. Der verfahrensgegenständliche Vertragsschluss brachte der Beklagten keinen weiteren wirtschaftlichen Vorteil.
Die Beklagte war an dem Gebrauchtwagenverkauf auch in keiner Form beteiligt und konnte folglich auch kein Vertrauensverhältnis zum Kläger aufbauen. Es fehlt daher auch an den Voraussetzungen einer Haftung aus persönlicher Gewährsübernahme.
Auch das Software-Update hat die Beklagte nicht selbst am Fahrzeug des Klägers durchgeführt. Zumindest trägt der Kläger dies nicht vor. Dem Parteivortrag ist auch nichts dazu zu entnehmen, dass die Beklagte über das Entwickeln und Zurverfügungstellen der Software hinaus in die Durchführung des Updates eingebunden gewesen wäre. Eine vertragliche Verbindung zur Beklagten lag dem Aufspielen des Updates nicht zugrunde. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte gegenüber den von dem Update betroffenen Fahrzeugeigentümern besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hätte.
2.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 826, 31 BGB.
Nach dieser Vorschrift ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat jedoch weder ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten noch deren Vorsatz hinreichend dargetan.
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 -, Rn. 15, m.w.N., juris). Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, Urteil vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21 -, Rn. 10, Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20 -, Rn. 12, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20 -, Rn. 29, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 -, Rn. 15, m.w.N., juris).
Zwar hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass das Inverkehrbringen eines Motors, in den – wie beim Motor EA189 der …[B] AG – eine verborgene unzulässige Abschalteinrichtung mit Umschaltlogik eingebaut ist, die zur Folge hat, dass bestimmte Teile der Emissionskontrolle lediglich im Prüfstandbetrieb aktiviert werden, eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung darstellen kann (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 -, Rn. 16 ff. und vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20 -, Rn. 32 ff., juris).
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es jedoch nicht ausreichend, dass eine Abschalteinrichtung unzulässig ist, um dem Verhalten der Beklagten ein sittenwidriges Gepräge zu geben. Ein damit verbundener Gesetzesverstoß ist für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz dieser Steuerungssoftware durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21 -, Rn. 12, Beschluss vom 19.01.021 – VI ZR 433/19 -, Rn. 16, Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20 -, Rn. 26, juris). Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt zudem auch voraus, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung einer Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21 -, Rn. 12, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19 -, Rn. 19, Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20 -, Rn. 28, juris). Daher kann selbst ein verpflichtender Rückruf des KBA zwar eine unzulässige Abschalteinrichtung indizieren, nicht aber eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Fahrzeugherstellerin.
Gemessen an diesen Grundsätzen führt die Ausstattung des Fahrzeugs mit den behaupteten Abschalteinrichtungen nicht zu einer sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch die Beklagte. Sonstige Anhaltspunkte, die für ein vorsätzliches sittenwidriges Vorgehen der Beklagten zum Zeitpunkt des Kaufs des Fahrzeugs durch den Kläger sprechen, hat die Klägerseite nicht dargetan.
a)
Das sogenannte Thermofenster rechtfertigt den Vorwurf besonderer Verwerflichkeit bei der gebotenen Gesamtbetrachtung – unabhängig von der konkreten Konfiguration bzw. des betroffenen Temperaturbereichs – nicht per se. Die Applikation einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ist nicht mit der Verwendung der Prüfstanderkennungssoftware mit Umschaltlogik vergleichbar, wie sie ursprünglich beim Motor EA189 des …[B]-Konzerns zum Einsatz kam und nicht von vornherein durch Arglist geprägt (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2021 – VI ZR 128/20 -, Rn. 13 ff.; Beschlüsse vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19 -, Rn. 17 f. und vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20 -, Rn. 27 ff., juris). Die temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung unterscheidet nämlich nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. Sie weist gerade keine Funktion auf, die bei erkanntem Prüfstandbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Durch das Thermofenster wird die Abgasrückführung abhängig von der Außentemperatur gesteuert.
Selbst wenn die optimale Emissionskontrolle nur bei ähnlichen oder sogar den gleichen Temperaturen wie auf dem Prüfstand üblich funktionieren sollte, ändert dies nichts daran, dass die Steuerung in diesem Temperaturbereich auf dem Prüfstand und im realen Straßenverkehr identisch ist und nicht nur prüfstandbezogen wirkt, folglich mit einer manipulierenden Prüfstanderkennung nicht vergleichbar ist. Damit fehlt es an einer die arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden indizierenden Prüfstanderkennung (BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21 -, Rn. 14, juris).
Eine Prüfstandbezogenheit kann der Kläger auch nicht aus den von ihm erwähnten Ausführungen der Gutachter …[C], …[D] und …[E] herleiten. Die Gutachter …[D] und …[E] verhalten sich in den vom Kläger zitierten Medienveröffentlichungen überhaupt nicht zur Prüfstandbezogenheit des Thermofensters und das von Dr. …[C] untersuchte Fahrzeug – ein … (Euro 5) – ist nicht mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug vergleichbar, sein Gutachten beruht nur auf der „Annahme“ eines Thermofensters von 20° bis 27° Celsius und führte zur Feststellung, dass nur Außentemperaturen, die „deutlich unter 20° C liegen, einen starken Einfluss auf die NOx-Emissionen haben“ (Seite 12 des als Anlage T3 mit Schriftsatz vom 18.05.2021 vorgelegten Gutachtens, Bl. 211 eGA-LG). Eine Prüfstandbezogenheit ist damit nicht dargetan.
Auch wenn man unterstellt, ein Thermofenster sei als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren (EuGH, Urteil vom 17.12.2020 – C-693/18 -, juris), wäre der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten auch unter Berücksichtigung ihrer Gewinnerzielungsabsicht nur dann gerechtfertigt, wenn weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen (BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19 -, Rn. 16, juris). Denn mangels Prüfstandbezogenheit kann nicht schon aus der Funktionsweise des Thermofensters auf eine als sittenwidrig zu wertende Täuschungsabsicht der Beklagten geschlossen werden (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21 -, BeckRS 2021, 33038, beck-online). Anhaltspunkte hierfür sind hier aber weder schlüssig dargetan noch sonst ersichtlich.
Darüber hinaus muss auch eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung und -anwendung durch die Organe der Beklagten in Betracht gezogen werden (OLG Koblenz, Urteil vom 21.10.2019 – 12 U 246/19 -, BeckRS 2019, 25135). Vertritt die Fahrzeugherstellerin im Rahmen der Typgenehmigung eine Ansicht, die nach Offenlegung der Tatsachen auch von der zuständigen Zulassungsbehörde geteilt wird, kann allein hierauf – selbst wenn sich diese Rechtsansicht letztlich nicht durchsetzen sollte – jedenfalls die Annahme eines sittenwidrigen Gepräges nicht gestützt werden (vgl. auch OLG Koblenz, Urteil vom 26.03.2021 – 8 U 1494/20 -). Solange die Rechtsansicht – anders als z. B. beim Motor EA189 – nicht gänzlich unvertretbar ist, kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte sich auf eine damals schon geäußerte Rechtsauffassung der zuständigen Behörde oder von Obergerichten gestützt oder ob sie diese selbst entwickelt hat. Sie war auch nicht verpflichtet, vor ihrer Überzeugungsbildung die Europäische Kommission oder andere Stellen um Klarstellung zu ersuchen oder Rechtsgutachten einzuholen. Bei einer nur fahrlässigen Verkennung der Rechtslage fehlt es in subjektiver Hinsicht an dem für die Sittenwidrigkeit erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 26.03.2021 – 8 U 1494/20 -, Urteil vom 28.09.2021 – 3 U 505/21 -; OLG Brandenburg, Urteil vom 25.02.2021 – 5 U 99/20 -; juris).
Nach Maßgabe dessen ist hier – falls überhaupt – allenfalls von einer fahrlässigen Verkennung der Rechtslage auszugehen, denn die damalige (und heutige) Rechtsauffassung der Beklagten, wonach es sich bei dem Thermofenster in der konkret verwendeten Ausprägung nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, wird vom KBA als der zuständigen Behörde geteilt. Es handelt sich mithin jedenfalls um eine vertretbare Rechtsauffassung. Hinzu kommt, dass die europarechtliche Gesetzeslage insoweit – zumindest bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17.12.2020 – weder unzweifelhaft noch eindeutig war. Dies zeigt bereits die kontrovers geführte Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) VO (EG) 715/2007. Auch der in der Literatur (vgl. Führ, NVwZ 2017, 265) betriebene erhebliche Begründungsaufwand, um das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen, macht deutlich, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs keine klare und eindeutige Rechtslage gegeben war, gegen die die Beklagte bewusst verstoßen hätte (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2019 – 3 U 148/18 -, juris, Rn. 6; OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2019 – 10 U 134/19 -, juris, Rn. 89).
Da es nicht darauf ankommt, ob die Beklagte sich auf eine damals schon geäußerte Rechtsauffassung gestützt oder ob sie diese selbst entwickelt hatte, war die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers weder zur Offenlegung des Prozesses ihrer Entscheidungsfindung verpflichtet noch bestand Anlass, ihr nach § 142 ZPO die Vorlage aller Unterlagen zur diesbezüglichen Überzeugungsbildung aufzugeben.
b)
Auf die Ausführungen des Klägers zur KSR und Kühlerjalousie kommt es schon deshalb nicht an, weil nach dem maßgeblichen Parteivortrag davon auszugehen ist, dass das streitgegenständliche Fahrzeug gar nicht mit solchen Funktionen ausgestattet ist.
Der Kläger behauptet die von der Beklagten bestrittene Ausstattung seines Fahrzeugs mit diesen Funktionen lediglich unter Bezugnahme auf Gutachten und Medienveröffentlichungen, ohne jedoch greifbare Anhaltspunkte für seine Behauptung mitzuteilen.
Aus dem vorgelegten Gutachten des …[F] (Anlage R 1 zum Schriftsatz vom 02.03.2021, Bl. 183 ff. eGA-LG) ergibt sich weder die Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einer KSR noch deren Unzulässigkeit oder Prüfstandbezogenheit. Zum einen ist unklar, welche konkrete Motorvariante im Rahmen des Gutachtens geprüft wurde, zum anderen hat der Gutachter zur Absenkung der Kühlmittelsolltemperatur im normalen Fahrbetrieb gerade keine Angaben machen können. Auch hinsichtlich der vom Gutachter erwähnten Kühlerjalousie ist ein Bezug zum streitgegenständlichen Fahrzeug weder dargetan noch ersichtlich.
Dem vom Kläger zitierten Auszug aus einem Gutachten des Prof. Dr.-Ing. …[G] (Schriftsatz vom 07.10.2021, Bl. 229 ff., dort Seite 3) ist ebenfalls nichts zu entnehmen, was auf die Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einer KSR oder Kühlerjalousie schließen lässt, zumal der Gutachter nur den hier nicht streitgegenständlichen Motortyp OM 651 erwähnt. Eine Vergleichbarkeit dieses Motortyps mit dem streitgegenständlichen ist weder dargetan noch ersichtlich. Überdies ist auch nach den Ausführungen dieses Gutachters eine KSR keineswegs immer verboten und sittenwidrig, wie der Kläger meint. Vielmehr führt der Gutachter an, dass erst eine – hier nicht dargelegte – enge Kopplung der KSR an die Erkennung des Abgastests die Funktion zu einer verbotenen Aktion mache.
Die Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einer unzulässigen KSR ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger erwähnten BR-Recherche (Schriftsatz vom 21.02.2022, Bl. 106 ff. eGA, dort Seite 5), wonach das KBA Fahrzeuge mit dem hier nicht streitgegenständlichen Motortyp OM 651 beanstande.
Aus welcher Aussage seitens des KBA und des BMVI sich die Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einer KSR ergeben soll, legt der Kläger nicht dar.
Selbst wenn das Fahrzeug jedoch mit einer KSR ausgestattet sein sollte, ließe dies keinen Rückschluss auf einen bewussten Verstoß der Beklagten gegen die gesetzlichen Vorgaben zu. Wie sich aus den Urteilsgründen anderer veröffentlichter Entscheidungen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 18.09.2020 – 8 U 8/20 -, Rn. 15 und 21, juris) ergibt und dem Senat aus eigenen Verfahren bekannt ist (Senat, Urteil vom 10.12.2021 – 15 U 818/21 -; Hinweisbeschluss vom 26.01.2022 – 15 U 1376/21 -), gibt es keinen flächendeckenden Rückruf zu Motoren der Beklagten mit KSR, sondern auch Fahrzeuge, bei denen die KSR nicht als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft wurde, weil die Grenzwerte bei jenen Fahrzeugen unabhängig von der Nutzung dieser Funktion eingehalten wurden (vgl. auch OLG Koblenz, Urteil vom 08.02.2021 – 12 U 471/20 -, Rn. 71, juris). Dies spricht aus Sicht des Senats gegen eine strategische Manipulationsentscheidung der Beklagten und lässt nicht ausschließen, dass die Beklagte nicht von einer generellen Unzulässigkeit der KSR ausging und auch nicht davon ausgehen musste, sondern allenfalls die Rechtslage in Bezug auf einzelne Modelle falsch einschätzte, wobei ihre Annahme, bei der KSR handele es sich nicht um eine Abschalteinrichtung im Sinn der VO (EG) 715/2007, da sie sowohl im Fahrbetrieb auf der Straße als auch auf dem Prüfstand aktiviert sei, zumindest aber eine Zulässigkeit nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der VO gegeben sei, keinesfalls unvertretbar war.
Aus diesem Grund ist auch der Hinweis des Klägers auf den Rückruf ohne Relevanz, zumal mit diesem nicht etwa eine unzulässige KSR oder Kühlerjalousie beanstandet wurde, sondern andere Funktionen, die die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.10.2021 (Bl. 265 ff. eGA-LG, dort Seiten 16 ff.) ausführlich dargelegt hat, ohne dass der Kläger dem in erheblicher Weise entgegengetreten ist.
c)
Auch aus der im streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzten SCR-Technologie einschließlich der vom Kläger behaupteten Slipguard- und Bit-Funktionen ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Vorgehen der Beklagten.
Der Kläger macht insoweit geltend, dass eine Software zum Einsatz komme, die den Prüfstand erkenne, dort das Zusetzen von AdBlue erhöhe und im normalen Fahrbetrieb weniger AdBlue zusetze und beim SCR-Katalysator zwischen zwei unterschiedlichen Regelstrategien (Modi) hinsichtlich der Eindüsung von AdBlue gewählt werde. Der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei so ausgelegt, dass er entweder im (sauberen) Ammoniaklastmodus oder im (schmutzigen) Alternativmodus arbeite.
Die Beklagte hat bestritten, dass das Fahrzeug über eine solche manipulative Prüfstanderkennung verfügt. Der Kläger hat hierauf keine greifbaren Anhaltspunkte dafür mitgeteilt, wie er zu der Annahme kommt, dass diese Funktion auch in seinem Fahrzeug zum Einsatz kommt. Der Verweis auf Fahrzeuge für den US-amerikanischen Markt genügt nicht. Es fehlt in der Folge bereits an jeglichem substantiierten Vortrag zu einer Prüfstandbezogenheit der AdBlue-Dosierung.
Auch aus dem Vortrag des Klägers zu den benannten Bit-Funktionen ergibt sich keine Prüfstandbezogenheit der SCR-Technologie. Denn diese bewirken hiernach (Klageschrift vom 16.11.2020, Bl. 1 ff. eGA-LG, dort Bl. 23) die Umschaltung zwischen den beiden Modi nicht prüfstandbezogen, sondern in Abhängigkeit vom NOx-Ausstoß (Bit 13), von der Temperatur und der Fahrzeit (Bit 14) oder von der Fahrstrecke (Bit 15). Sie arbeiten somit auf dem Prüfstand bei gleichen Bedingungen gleichermaßen wie im Realverkehr.
Zudem hat die Beklagte auch schlüssig die technische Notwendigkeit einer Umschaltung zwischen den beiden – unstreitig existenten – Betriebsmodi dargelegt, nämlich die Vermeidung des sog. Ammoniak-Schlupfs. Die Umschaltung zur Vermeidung dieses Effekts habe das KBA auch ausdrücklich als sinnvoll anerkannt, um auf unterschiedliche Betriebszustände angemessen zu reagieren, also die Emissionskontrolle möglichst gut an verschiedene Betriebszustände des Motors und der Abgasanlage anpassen zu können. Nur diese beiden Berechnungsmodelle erlaubten eine für den jeweiligen Betriebspunkt angemessen hohe Reinigungsleistung über vielfältige Betriebsbedingungen hinweg (vgl. Schriftsatz vom 06.05.2021 (Bl. 60 ff. eGA-LG, dort Seite 29).
Diesem Vortrag ist der Kläger nicht in erheblicher Weise entgegengetreten.
Selbst wenn jedoch die im streitgegenständlichen Fahrzeug konkret verwendete SCR-Technologie unzulässig und der Rückruf aus diesem Grund erfolgt sein sollte, würde dies noch keinen Rückschluss auf ein verwerfliches Vorgehen der Beklagten rechtfertigen. Wie sich aus den Urteilsgründen anderer veröffentlichter Entscheidungen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 29.10.2021 – 23 U 165/21 -, BeckRS 2021, 33101, beck-online, OLGSchleswig-Holstein, Beschluss vom 16.03.2021 – 16 U 99/20 -, juris) ergibt und dem Senat aus eigenen Verfahren bekannt ist (Senat, Urteile vom 04.02.2021 – 15 U 1692/21 und 15 U 1397/21 -), sind keineswegs alle Fahrzeugmodelle der Beklagten mit SCR-Technologie rückrufbetroffen und hat das KBA diese Technologie nicht durchgängig als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet. Dies spricht aus Sicht des Senats gegen eine strategische Manipulationsentscheidung der Beklagten und lässt nicht ausschließen, dass sie, wie sie geltend macht, nicht von einer generellen Unzulässigkeit ihrer SCR-Technologie ausging und auch nicht davon ausgehen musste, sondern allenfalls die Rechtslage in Bezug auf einzelne Modelle falsch einschätzte.
Dass der AdBlue-Tank im Verhältnis zu den Verbrauchsangaben der Beklagten zu klein dimensioniert ist, wie der Kläger behauptet, lässt ebenfalls keinen Rückschluss auf ein sittenwidriges Vorgehen der Beklagten zu, sondern begründet nur das Erfordernis, auch zwischen den Serviceintervallen AdBlue-Flüssigkeit nachzutanken, was unproblematisch möglich ist.
d)
Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung (Bl. 23 ff. eGA, dort Bl. 21) ein „neues Gutachten von …[A]“ erwähnt, in dem bestätigt werde, dass die Beklagte acht illegale Abschalteinrichtungen verwende, hat der Kläger keine greifbaren Anhaltspunkte für die Verwendung dieser nicht näher benannten Abschalteinrichtungen in seinem Fahrzeug dargetan.
Auch bezüglich der in den Medien erwähnten unzulässigen Abschalteinrichtungen, die bei einigen Modellen der Beklagten gefundenen worden seien, hat der Kläger keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass diese auch in seinem Fahrzeug zur Anwendung kommen. Vielmehr unterstellt er schlicht das Vorhandensein von denkbaren Abschalteinrichtungen auch im streitgegenständlichen Motor.
Eine derart verallgemeinernde Betrachtung ist jedoch nicht sachgerecht. Insbesondere kann aus der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einzelnen Fahrzeugen oder Manipulationen eines anderen Herstellers nicht pauschal darauf geschlossen werden, dass mehr oder weniger alle Dieselfahrzeuge sittenwidrig in den Verkehr gebracht wurden. Ein solcher Generalverdacht ist nicht gerechtfertigt (OLG Hamm, Urteil vom 29.06.2021 – I-13 U 434/20 -, Rn. 73, juris und OLG Stuttgart, Urteil vom 19.01.2021 – 16a U 196/19 -, Rn. 54, juris dazu, dass dies nicht einmal für das Nachfolgemodell des Motors EA189 des …[B]konzerns gilt).
Im Hinblick auf die verwendete hochkomplizierte Technik und in Anbetracht der Vielzahl unterschiedlicher Motoren, Emissionskontrollsysteme, Fahrzeugmodelle, verschiedener Soft- und Hardwareversionen von einzelnen Modellen bzw. Motorenvarianten der Beklagten verbieten sich ohne konkrete Hinweise auf die Vergleichbarkeit Rückschlüsse auf andere Modelle bzw. Modellvarianten der Beklagten. Wie dem Senat aus anderen veröffentlichten Entscheidungen in diesem Zusammenhang bekannt ist, erfolgt die Motorsteuerung in Abhängigkeit von Fahrzeugtyp, Volumen und Leistung. Dem entspricht die differenzierte Vorgehensweise des KBA mit dem Rückruf nur einzelner mit diesem Motor ausgestatteter Fahrzeugmodelle aus einzelnen Produktionszeiträumen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2019 – 3 U 148/18 -, BeckRS 2019, 15640, Rn. 5; KG, Urteil vom 18.02.2020 – 14 U 74/19 -, BeckRS 2020, 9869, Rn. 25; vgl. auch OLG Koblenz, Urteil vom 21.10.2019 – 12 U 246/19 -, BeckRS 2019, 25135).
e)
Auch sonstige Umstände, die für ein verwerfliches Vorgehen der Beklagten sprechen, hat die Klägerin nicht dargetan.
(1)
Diese ergeben sich insbesondere nicht aus den vom Kläger erwähnten Absprachen zwischen der Beklagten mit anderen Automobilherstellern. Zwar hatten sich die Automobilhersteller laut Pressemitteilung der EU-Kommission bei regelmäßigen Zusammenkünften über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren darauf verständigt, nicht miteinander um eine über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Abgasreinigung zu konkurrieren, obwohl die dafür benötigte Technologie zur Verfügung stand (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_3581). Dort ist aber auch ausdrücklich aufgeführt, dass es für die Kommission „keine Hinweise darauf“ gegeben habe, „dass die Parteien Absprachen über die Verwendung illegaler Abschalteinrichtungen zur Manipulation von Abgastests getroffen haben.“
Sicher wäre es für den Klimaschutz wünschenswert gewesen, wenn die bestmögliche Technik eingesetzt worden wäre, aber es ist nicht verwerflich, sich mit den Emissionskontrollsystemen „nur“ an die gesetzlichen Vorgaben zu halten und nicht darüber hinaus zu gehen. Insbesondere ein sittenwidriges Verhalten ihm persönlich gegenüber kann der Kläger aus den Absprachen nicht herleiten.
(2)
Eine zugunsten des Klägers unterstellte Prüfstanderkennung im streitgegenständlichen Fahrzeug könnte – für sich genommen – noch keinen Anspruch aus §§ 826, 31 BGB begründen. Denn eine solche Prüfzykluserkennung ist nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur dann geeignet, eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu begründen, wenn sich an die Erkennung des Prüfstands ein Eingriff in das Emissionskontrollsystem anschließen würde, durch den dieses im Prüfstandbetrieb anders arbeitet als im realen Fahrbetrieb. Dies behauptet der Kläger zwar, legt jedoch – wie oben ausgeführt – keinerlei greifbaren Anhaltspunkte für diese Annahme dar.
(3)
Auch wenn außerhalb des Prüfstands die Werte überschritten werden sollten, was Untersuchungen ergeben haben sollen, ist dies unerheblich. Auf behauptete Messungen oder erhöhte Werte im realen Straßenverkehr kommt es nicht an, denn Messergebnisse im realen Straßenverkehr waren zur Erlangung der Typgenehmigung nach damaliger Rechtslage ohne Belang (BGH, Urteil vom 13.07.2021 -VI ZR 128/20 -, Rn. 23, juris). Überdies fehlt es an der Darlegung einer Vergleichbarkeit der untersuchten Fahrzeuge mit dem streitgegenständlichen PKW.
Im Übrigen ist auch eine fehlende Korrelation der Werte auf dem Prüfstand und im Realverkehr, auf die der Kläger in der Berufungsbegründung abstellt, nicht aussagekräftig und könnte schon gar nicht auf das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen hindeuten, denn bei der Messung im Fahrbetrieb spielen anders als auf dem Prüfstand individuelle Faktoren eine sehr starke Rolle, insbesondere das individuelle Fahrverhalten, die Verkehrssituationen, Witterungsverhältnisse, Geschwindigkeit, Widerstand, Umgebungstemperatur, Luftdruck, Kalt-/Warmstart oder Nebenverbraucher wie Klimaanlage oder Fahrzeugelektronik.
(4)
Eine Täuschung des KBA durch fehlende bzw. unzureichende Offenlegung der klägerseits behaupteten Abschalteinrichtungen ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Hierzu fehlt es an jeglichem hinreichenden Tatsachenvortrag.
Überdies hätte das KBA, sollten die von der Beklagten im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens gemachten Angaben und vorgelegten Unterlagen hinter den Anforderungen zurückgeblieben sein, aufgrund der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht nach § 24 VwVfG fehlende Informationen und Unterlagen nachfordern müssen (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21 -, BeckRS 2021, 33038, beck-online). Wurde dies nicht getan, konnte die Beklagte darauf vertrauen, dass die Informationen und Unterlagen vollständig waren.
(5)
Inwieweit die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen Fahrzeugen, die in der Zeit von 2008 bis 2016 in Europa und den USA verkauft wurden, Bezug zum streitgegenständlichen Fahrzeug haben sollen, hat der Kläger nicht dargetan.
(6)
Ebenso wenig ergeben sich aus dem behaupteten freiwilligen Software-Update, das die Beklagte vor dem Rückruf angeboten haben soll, Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Vorgehen der Beklagten. Die Beklagte hat die Existenz eines derartigen Updates bestritten, ohne dass der Kläger seine diesbezüglichen Behauptungen konkretisiert hat. Selbst wenn die Beklagte aber mit einem solchen Update dem hier erfolgten Rückruf habe zuvor kommen wollen, ließe dies nicht den Schluss auf ein sittenwidriges Vorgehen zu.
Auch der Rückruf kann allenfalls eine unzulässige Abschalteinrichtung indizieren, nicht aber eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Fahrzeugherstellerin, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21 -, Rn. 14, Urteil vom 16.01.2021 – VII ZR 190/21 -, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19 -, Rn. 19, Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20 -, Rn. 28). Anhaltspunkte für derartige Umstände sind jedoch nicht hinreichend dargetan.
(7)
Dem Kläger kommen entgegen seiner Ansicht auch nicht die Grundsätze der sekundären Darlegungs- und Beweislast zugute. Zwar trifft den Bestreitenden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine solche dann, wenn die beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen hat, während der Gegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm detaillierte Angaben zuzumuten sind. Für die Frage der Zumutbarkeit ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beibringungsgrundsatz nicht ausgehöhlt werden darf, nach dem es zunächst dem Beweisbelasteten obliegt, die ihm günstigen Umstände in der erforderlichen Tiefe darzulegen. Die Grundsätze der sekundären Darlegungslast reduzieren nicht bereits die allgemeinen Anforderungen an die Substantiierung der primären Darlegung des Anspruchstellers auf die allgemeine Behauptung der maßgebenden Tatbestandsmerkmale. Fehlen – wie hier – hinreichende Anhaltspunkte, die eine sekundäre Darlegungslast auslösen könnten, würde bei anderer Sichtweise der Beibringungsgrundsatz ausgehöhlt und dem beklagten Autohersteller eine der Zivilprozessordnung fremde allgemeine Aufklärungspflicht auferlegt. Vorliegend fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vorbringen des Klägers und somit an der Grundlage für die Anwendung des Rechtsinstituts der sekundären Darlegungslast (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29.9.2021 – VII ZR 126/21 -, BeckRS 2021, 33038 Rn. 21).
Soweit der Kläger rügt, das Landgericht sei seinen Beweisangeboten nicht nachgekommen, verkennt er, dass sich ein Beweisangebot ohne hinreichenden Sachvortrag als unzulässiges Ausforschungsbegehren darstellt, dem nicht nachzugehen ist. Das Vorgehen des Landgerichts ist daher nicht zu beanstanden.
Mangels feststellbaren sittenwidrigen Handelns der Beklagten fehlt es daher bereits an der objektiven Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des § 826 BGB.
f)
Überdies ist auch ein Vorsatz der Beklagten nicht hinreichend dargetan.
In subjektiver Hinsicht setzt der Schädigungsvorsatz gem. § 826 BGB zwar keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers aber gekannt beziehungsweise vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21 -, Rn. 24 m.w.N., BeckRS 2021, 33038). Ein Vorsatz ist vorliegend schon wegen der bereits dargelegten unsicheren Rechtslage nicht festzustellen, aufgrund derer sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Klägers nicht aufdrängen musste.
3.
Der Kläger kann sein Begehren auch nicht auf andere Anspruchsgrundlagen stützen.
a)
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das hier betroffene Vermögen bzw. die Dispositionsfreiheit des Klägers kein sonstiges Recht im Sinn dieser Vorschrift darstellt (MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, BGB § 823 Rn. 423).
b)
Ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheitert nach dem Vorstehenden bereits mangels schlüssiger Darlegung einer Täuschung durch die Beklagte.
c)
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 bzw. mit §§ 6, 27 EG-FGV scheitert daran, dass das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Aufgabenbereich dieser Normen liegt (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 -, Rn. 74 und Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20 -, Rn. 13, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 26.01.2020 – 3 U 1283/20 -, BeckRS 2021, 1744 Rn. 25).
d)
Ein Anspruch aus § 831 BGB scheitert daran, dass aus den oben genannten Gründen schon nicht von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigungshandlung ausgegangen werden kann.
4.
Auch aus dem Software-Update, das infolge des Rückrufs implementiert wurde, ergeben sich keine Schadensersatzansprüche, auf die der Kläger sein Begehr stützen könnte.
Ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB scheitert daran, dass der Kläger eine Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten im Zusammenhang mit dem Software-Update nicht dargetan hat.
Selbst wenn das Software-Update nicht zu einer Verbesserung der Emissionskontrolle führen und schädliche Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauch und sonstige Parameter haben sollte, ist dies nicht ausreichend, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren (BGH, Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20 -, Rn. 30, juris).
Auch ist nicht ersichtlich, inwieweit eine eventuelle Schädigung durch das Software-Update kausal wäre für den vorliegend geltend gemachten Schaden in Form des ungewollten Kaufvertragsschlusses, der zur Rückgängigmachung der Vertragsfolgen führen soll. Die Schädigungshandlung läge zeitlich nach dem Kaufvertragsschluss und konnte den Vertragsschluss als solchen von vornherein nicht beeinflussen.
Andere Anspruchsgrundlagen kommen aus den o.g. Gründen auch im Hinblick auf das Software-Update nicht in Betracht.
5.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts fehlt dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs zwar unter Berücksichtigung der Haftungsbeschränkung des § 300 BGB nicht das für dessen Zulässigkeit erforderliche Feststellungsinteresse. Dennoch ist auch dieser Antrag zu Recht abgewiesen worden. Ein Annahmeverzug scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht zur Rücknahme des Fahrzeugs verpflichtet war.
Mangels Hauptanspruch stehen dem Kläger auch die geltend gemachten Nebenforderungen (Zinsen, Rechtsanwaltskosten) nicht zu.
III.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 15.767,79 €, nämlich 24.500,00 € Kaufpreis abzüglich 8.732,21 € Nutzungsentschädigung, festzusetzen. Die Nutzungsentschädigung errechnet sich unter Zugrundelegung der vom Kläger behaupteten Gesamtlaufleistung von 400.000 km wie folgt: 24.500 € Kaufpreis x gefahrene Kilometer (= 177.642 km – 54500 km) ./. Restlaufleistung bei Kauf (= 400.000 km – 54.500 km).
Anmerkung der Pressestelle:
Die Berufung wurde nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen.


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