Europarecht

Abgasskandal – Kein Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller des Fahrzeugs

Aktenzeichen  21 O 644/18

Datum:
17.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 33756
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Deggendorf
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BlmSchG § 38 Abs. 1
BGB § 311 S. 2, § 433, § 826, § 831
StGB § 263

 

Leitsatz

1. Gegen die Herstellerin eines Fahrzeugs, die weder unmittelbar noch mittelbar an den Vertragsverhandlungen beteiligt war und kein über ihr allgemeines Absatzinteresse hinausgehendes wirtschaftliches Interesse an einem Kaufvertrag hat, besteht kein Anspruch aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das von der Herstellerin angebotene Software-Update ist eine geeignete Maßnahme zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit eines Fahrzeugs. (Rn. 21 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Herstellerin besteht auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz. (Rn. 27 – 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 25.900,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht sachlich und örtlich zuständig (§§ 23 Nr. 1, 71 I GVG, § 32 ZPO).
II.
Die Klage ist aber bereits in der Hauptsache unbegründet.
Die Klagepartei hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Schadensersatz, weder vertraglicher noch deliktischer Natur.
1. Die Klagepartei hat keinerlei vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte.
Dabei kann dahinstehen, ob und ggf. welche vertraglichen, namentlich kaufvertraglichen Ansprüche der Klagepartei gegen den Verkäufer des verfahrensgegenständlichen Kfz zustehen. Denn all diese Ansprüche setzen den Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags im Sinne des § 433 BGB voraus. Ein Kaufvertrag besteht indes ersichtlich nur zwischen der Klagepartei und dem unmittelbaren Verkäufer des Kfz. Bei der Beklagten handelt es sich bloß um die Herstellerin des Fahrzeugs. Im Hinblick auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte vermag allein dieser Umstand das Fehlen einer vertraglichen Beziehung nicht zu ersetzen.
Auch unter dem Gesichtspunkt der §§ 311 II, 241 II BGB kommt ein Anspruch vorliegend nicht in Betracht. Nach § 311 III S. 2 BGB entsteht ein Schuldverhältnis zwischen Nicht-Vertragsparteien insbesondere dann, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Das ist bei der Beklagten nicht der Fall. Sie war weder unmittelbar noch mittelbar an den Vertragsverhandlungen beteiligt noch hatte sie als Herstellerin des Fahrzeugs ein über ihr allgemeines Absatzinteresse hinausgehendes wirtschaftliches Interesse.
2. Es besteht aber entgegen der Auffassung der Klagepartei auch kein gesetzlicher Anspruch auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt einer deliktischen Handlung. Das erkennende Gericht schließt sich hier u.a. in vollem Umfang der Rechtsauffassung des Landgerichts Braunschweig (Urteil vom 18.10.2017 – 3 O 1676/16, und vom 20.12.2017 – 3 O 2436/16) an.
a) Dass der Klagepartei kein gesetzlicher Schadensersatzanspruch zusteht, ergibt sich ohnehin bereits aus der Bestandskraft des einschlägigen Bescheides des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2007, 398, m.w.N.), sind Verwaltungsakte in den Grenzen ihrer Bestandskraft für andere Gerichte und Behörden bindend. Gerichte haben Verwaltungsakte deshalb, auch wenn sie tatsächlich fehlerhaft sein sollten, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht aufgehoben sind. Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, d.h. ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, zugrunde zu legen.
Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des KBA einerseits und dessen Freigabebestätigung vom 20.06.2016 andererseits ist in diesem Sinne bindend festgestellt bzw. geregelt, dass es sich zwar um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und dass der Hersteller verpflichtet ist, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen und dies durch Beibringung geeigneter Nachweise zu belegen. Zugleich wurde aber festgestellt bzw. geregelt, dass die vorgesehenen Maßnahmen geeignet sind, die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Schließlich wurde festgestellt, dass das KBA die nachfolgend genannten Sachverhalte mit dem genannten Ergebnis überprüft hat:
– keine unzulässige Abschalteinrichtung mehr
– vorhandene Abschalteinrichtungen zulässig
– Grenzwerte und weitere Anforderungen an emissionsmindernde Einrichtungen eingehalten
– ursprünglich vom Hersteller angegebene Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen in Prüfungen durch einen Technischen Dienst bestätigt
– bisherige Motorleistung und maximales Drehmoment unverändert
– bisherige Geräuschemissionswerte unverändert
Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass es sich bei dem Schriftstück vom 20.06.2016 mutmaßlich um eine bloße Abschrift handelt, welche zudem mehrere Schwärzungen enthält und infolgedessen die Person, in deren Auftrag der Bescheid hinausgegeben worden ist, ebenso wenig erkennen lässt wie die Person des im Bescheid angegebenen Ansprechpartners. Es ist aber gleichwohl unschwer erkennbar, dass der Bescheid vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit dessen Wissen und Willen an den im Bescheid genannten Empfänger (Volkswagen AG) hinausgegeben worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine Fälschung handelt oder dass der Inhalt des Originalbescheids unzutreffend wiedergegeben worden ist, sind von der Klagepartei weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
Aus diesen Feststellungen und Regelungen ergibt sich im Ergebnis für die zivilrechtliche Würdigung u.a., dass die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung geeignet ist, diesen technischen Mangel abschließend zu beseitigen (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 18.10.2017 – 3 O 1676/16, m.w.N.).
Der Klagepartei wurde ein entsprechendes kostenloses Software-Update auch angeboten; dieses wurde schließlich noch im Jahr 2017 auch tatsächlich durchgeführt. Damit ist kein Schaden im Rechtssinne mehr gegeben.
b) Ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch scheidet aber auch unabhängig hiervon aus. Insbesondere folgt ein solcher nicht aus § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB.
Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB wäre zunächst eine Täuschung der Klagepartei. Hinreichend dargetan hat die Klagepartei eine Täuschung über das streitgegenständliche Fahrzeug allenfalls hinsichtlich der verwendeten unzulässigen Abschalteinrichtung. Insoweit ist aber keine aktive Täuschungshandlung der Beklagten ersichtlich, sondern allenfalls eine Täuschung durch Unterlassen der Aufklärung über die unzulässige Abschalteinrichtung. Eine solche Täuschung durch Unterlassen setzt aber eine Garantenstellung gemäß § 13 I StGB voraus, d.h. dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Soweit es um Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag geht, wird eine solche Aufklärungspflicht beim Verkäufer, mit dem immerhin ein Vertragsverhältnis besteht, erst dann gesehen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von ganz besonderem Gewicht geht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993 – 3 St RR 127/93). Für die Beklagte muss das in der vorliegenden Konstellation, in der sie nur Herstellerin des Fahrzeugs war, mithin von der Klagepartei denkbar weit entfernt ist, erst recht gelten.
Es kann ferner dahinstehen, ob eine Aufklärungspflicht der Beklagten möglicherweise dann bestehen würde, wenn infolge der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung die EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erloschen wäre. Nach § 19 VII i.V.m. II StVZO erlischt die Betriebserlaubnis in Form der Wirksamkeit der EG-Typgenehmigung für das einzelne Fahrzeug zwar dann, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. Damit sind aber nur Veränderungen am Fahrzeug gemeint, die nach Abschluss des Produktionsprozesses vorgenommen werden. Hierfür spricht nicht nur der Wortlaut, sondern auch die historische Auslegung der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Bundesrats-Drucks. 629/93 zur 16. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, mit dem unter anderem § 19 II StVZO geändert wurde und ihre im Wesentlichen bis heute geltende Fassung erhielt, ausgeführt, dass „die bisherigen EWG-Vorschriften keine Aussagen über Veränderungen an bereits zugelassenen Fahrzeugen treffen“ und daher „gegenwärtig der Schluss gezogen werden (kann), dass den EG-Mitgliedstaaten die Regelungen von Veränderungen an bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen überlassen ist“. Auch droht keine Entziehung der Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung, weil das KBA sein gemäß § 25 III EG-FGV zustehendes Ermessen gerade nicht dahingehend ausgeübt hat, dass es eine Entziehung der EG-Typgenehmigung in die Wege geleitet hat. Die Behörde ist vielmehr nach § 25 II EG-FGV vorgegangen und hat Nebenbestimmungen zur bestehenden Typgenehmigung angeordnet. Doch selbst eine Entziehung der Typgenehmigung hätte erst dann die Folge der Nichtnutzbarkeit des klägerischen Fahrzeugs, wenn die zuständige Landesbehörde daraufhin wiederum von dem ihr gem. § 5 FZV zustehenden Ermessen Gebrauch machen würde, die Nutzung des Fahrzeugs dauerhaft zu untersagen, was eine Entziehung der Zulassung beinhalten würde. Dass aber die Verwendung der zwar unzulässigen, aber allein durch ein vom KBA freigegebenes Software-Update zu beseitigenden Abschalteinrichtung auf andere Weise einen wertbildenden Faktor darstellt, dem der Markt ein ganz besonderes Gewicht beimisst, ist weder hinreichend dargetan noch anderweitig ersichtlich. Insoweit gelten die nachfolgenden Ausführungen zu einem merkantilen Minderwert entsprechend.
Insbesondere ist hier die Rechtsprechung des BGH zum Minderwert von Unfallfahrzeugen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Hintergrund der Rechtsprechung des BGH ist die über Jahrzehnte gewonnene Erfahrung, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeugs bei einem großen Teil des Rechtsverkehrs eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Fahrzeuge besteht, insbesondere im Hinblick auf den Verdacht verborgen gebliebener Schäden. Eine vergleichbare Erfahrung auf dem Gebrauchtwagenmarkt fehlt derzeit noch, soweit es um eine Abneigung gegen den Erwerb von vom sog. „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeugen geht. Die Klagepartei müsste deshalb einen Preisverfall, der gerade auf die unzulässige Abschalteinrichtung zurückzuführen ist, konkret darlegen. Das wäre ihr auch ohne weiteres möglich, weil der Kraftfahrzeugmarkt generell sehr transparent ist und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem unter besonderer medialer Aufmerksamkeit steht. Der klägerische Sachvortrag lässt insbesondere nicht erkennen, inwieweit ein evtl. Preisrückgang auf das Update-Problem oder aber auf den Umstand zurückzuführen ist, dass Diesel-PKW ganz allgemein „in Verruf geraten“ sind und deshalb schlechter verkäuflich sind als dies früher der Fall war. Die Klagepartei hätte deshalb einen Preisverfall, der gerade auf die unzulässige Abschalteinrichtung – und nicht auf die allgemein ins Negative gedrehte Einstellung zu Dieselfahrzeugen – zurückzuführen ist, konkret darlegen müssen.
Eine Garantenpflicht der Beklagten ergibt sich auch nicht aus pflichtwidrigem Vorverhalten (Ingerenz). Die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung mag zwar ein pflichtwidriges Vorverhalten darstellen. Eine Pflichtwidrigkeit löst im Einzelfall aber nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des fraglichen Rechtsgutes zu dienen bestimmt ist (vgl. Schönke/Schröder-Stree/Bosch, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn. 35a m.w.N.). Den Erwägungsgründen (1) bis (6) und (27) der verletzten Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist zu entnehmen, dass diese nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient, sondern der Weiterentwicklung des Binnenmarkts durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen, insbesondere mit dem Ziel der erheblichen Minderung der Stickstoffoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte. Der von der Klagepartei geltend gemachte Vermögensschaden fällt daher nicht in den Schutzbereich dieser Norm.
Damit scheidet ein Schadensersatzanspruch wegen Betruges unter allen denkbaren Gesichtspunkten aus.
c) Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 II BGB i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV.
Denn unabhängig davon, ob die Beklagte diese Vorschriften verletzt hat, fehlt ihnen der von § 823 II BGB vorausgesetzte Schutzgesetzcharakter. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (EuGH-Vorlage vom 09.04.2015 – VII ZR 36/15) ist eine Norm als Schutzgesetz anzusehen, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Bei Vorschriften, die – wie hier die EG-FGV – Richtlinien umsetzen, kommt es nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung insoweit maßgeblich auf den Inhalt und Zweck der Richtlinie – hier der Richtlinie 2007/46/EG – an. Den Erwägungsgründen (2), (4) und (23) zufolge bezweckt die Richtlinie 2007/46/EG die Vollendung des Binnenmarkts und dessen ordnungsgemäßes Funktionieren. Darüber hinaus sollen die technischen Anforderungen in Rechtsakten harmonisiert und spezifiziert werden, wobei die Rechtsakte vor allem auf eine hohe Verkehrssicherheit, hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung abzielen (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie). Weder an diesen Stellen noch unter den anderen Erwägungsgründen der Richtlinie lässt sich demgegenüber ein Hinweis dafür finden, dass der Richtliniengeber darüber hinaus den Schutz des einzelnen Fahrzeugerwerbers bzw. -besitzers gegen Vermögensbeeinträchtigungen im Blick hatte. Auch der nationale Gesetzgeber hat in der Begründung zur EG-FGV (siehe BR-Drucks. 190/09, S. 36) in Übereinstimmung damit ausführt, dass die Richtlinie dem Abbau von Handelshemmnissen und der Verwirklichung des Binnenmarktes der Gemeinschaft dienen und die EG-FGV darüber hinaus zur Rechtsvereinfachung und zum Bürokratieabbau beitragen soll.
d) Die Klagepartei kann auch aus § 823 II BGB i.V.m. § 38 I BlmSchG keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte herleiten. § 38 I BlmSchG dient bereits nach seinem Wortlaut dem „Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen“ und sieht daher vor, dass Kraftfahrzeuge so beschaffen sein müssen, dass ihre Emissionen die zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen einzuhaltenden Grenzwerte nicht überschreiten. Die Norm dient daher in erster Linie dem Schutz der Umwelt, allenfalls noch dem Schutz der Gesundheit des Einzelnen, sie bezweckt aber in keiner Weise den Schutz des Vermögens der Klagepartei. § 38 I BlmSchG stellt daher jedenfalls insoweit auch kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 II BGB dar.
e) Für eine Haftung aus § 826 BGB reicht schließlich allein ein Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht aus. Der BGH hat vielmehr schon 1985 entschieden (Urteil vom 11.11.1985 – II ZR 109/84), dass für Ansprüche aus unerlaubter Handlung allgemein gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden begrenzt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen und dass auf eine derartige Eingrenzung der Haftung, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Rahmen des § 826 BGB nicht verzichtet werden kann. Aus den Erwägungsgründen der verletzten EG-Verordnung ergibt sich aber, wie ausgeführt, dass diese nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient. Damit verbleibt auch insoweit allenfalls eine Täuschung durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung. Das Verschweigen eines Umstandes rechtfertigt aber nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwarten. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist auch im Rahmen von § 826 BGB erst dann überschritten, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20). Wie bereits im Zusammenhang mit der Garantenstellung im Rahmen von § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB ausgeführt, trifft das auf die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht zu.
f) Mangels Verwirklichung eines deliktischen Tatbestands kommt auch eine Haftung der Beklagten gemäß § 831 BGB nicht in Betracht.
3. Die Klagepartei hat mithin keinerlei Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte. Die auf eine entsprechende Feststellung gerichtete Klage ist deshalb in der Hauptsache insgesamt unbegründet und abzuweisen.
III.
Mangels Schadensersatzpflicht der Beklagten besteht auch kein Anspruch auf Freistellung oder Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
IV.
1. Kosten: § 91 I ZPO
2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1, S. 2 ZPO
3. Streitwert: §§ 63 II GKG, 3 ZPO


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