Europarecht

Abgewiesene Klage im Streit um Rückabwicklung eines Leasingvertrages

Aktenzeichen  111 O 4376/20

Datum:
12.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 49069
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 29 Abs. 1, § 128 Abs. 2, § 256 Abs. 2
BGB § 488 Abs. 1 S. 2, § 557 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 24.925,92 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere ist das Landgericht Augsburg örtlich zuständig (I.). Die Klage ist jedoch unbegründet, weil dem Kläger kein Widerrufsrecht zustand und der erklärte Widerruf damit ins Leere ging (II.).
I. Zulässigkeit
1. Das Landgericht Augsburg ist örtlich für alle Klageanträge zuständig, § 29 Abs. 1 ZPO. Da der Kläger seinen Wohnsitz in Augsburg hat, das streitgegenständliche Auto hier übergeben wurde und dementsprechend hier auch zurückzugeben ist, ist die Zuständigkeit des Landgerichts Augsburg begründet (s. insoweit auch Schultzky, in: Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 29 zu „Mietvertrag, Leasingvertrag“).
2. Die erhobene Feststellungsklage ist zulässig, insbesondere liegt auch das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 2 ZPO vor.
Insoweit hat das OLG München in einem Parallelfall Folgendes ausgeführt (27 U 1425/19):
„Die Klägerin muss sich hierbei nicht vorrangig darauf verweisen lassen, gegen die Beklagte im Wege der Leistungsklage nach den § 357 Abs. 1 BGB i.V.m. § 346 f. BGB ihre Ansprüche geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2017, Az.: XI ZR 586/15).
Das rechtliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist in der Regel dann zu bejahen, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt. Dabei ist die Rechtsstellung des Klägers bereits dann schutzwürdig, wenn der Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da die Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet und am Fortbestand ihrer vertraglichen Erfüllungsansprüche festhält (vgl. BGH a.a.O. Rn. 15).
Der Vorrang der Leistungsklage ist zwar unter Umständen für ein Begehren auf positive Feststellung zu bejahen, der Verbraucherdarlehensvertrag habe sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, das sich wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Leistungen deckt (vgl. BGH, Urteil vom 21.02.2017, XI ZR 467/15 Rn. 21).
Vorliegend begehrt die Klägerin jedoch die Feststellung, dass die Beklagte aufgrund des Widerrufs keine Ansprüche mehr aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB hat. Dieses Begehren der Klägerin lässt sich dagegen nicht mit einer Klage auf Leistung aus § 557 Abs. 1 BGB i.V.m. den § 346 f. BGB abbilden (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2017, XI ZR 586/15, Rn. 16 a.E.).“
Diese Überlegungen gelten auch im vorliegenden Fall.
II. Begründetheit
Die Klage war in vollem Umfang abzuweisen, weil dem Kläger kein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht.
1. Kein gesetzliches Widerrufsrecht nach §§ 312 g, 355 BGB
Auf ein Widerrufsrecht nach Fernabsatz gem. § 312 g BGB kann sich der Kläger von vorneherein nicht berufen. Schließlich hat er den Vertrag in den Geschäftsräumen des Autohändlers abgeschlossen, der ausweislich der Anlage K1 den Leasingvertrag vermittelt hat. Ganz offensichtlich ist der Händler auch nicht als bloßer Bote der Beklagten aufgetreten, nachdem der Kläger ausweislich des Vertrages die Wahl zwischen verschiedenen zusätzlichen Service- bzw. Versicherungsleistungen hatte, die individuell vereinbart wurden.
2. Kein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 506 BGB i.V.m. § 495 Abs. 1 BGB
Wie das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 29.10.2019, 6 U 338/18 Rn 20 ff ausführt, ist diese Vorschrift jedoch weder direkt (a)) noch analog (b)) anwendbar und auch eine ggf. gemäß § 511 S. 2 BGB unzulässige Umgehung liegt nicht vor (c)). Das OLG Stuttgart führt – mittlerweile durch Entscheidung des BGH vom 24.02.2021, VIII ZR 36/20 bestätigt – insoweit aus (a.a.O. Rn 21 ff):
„a) Ein Widerrufsrecht des Klägers folgt nicht aus direkter Anwendung des § 506 BGB.
Der streitgegenständliche Kilometerleasingvertrag lässt sich nicht unter eine der Varianten des § 506 Abs. 2 subsumieren (aa), bb)) und ein Rückgriff auf § 506 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht (cc)).
aa) Der Kläger ist weder zum Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs verpflichtet, noch kann die Beklagte vom Kläger den Erwerb verlangen, wie es § 506 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB voraussetzen würden.
bb) Auch § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist seinem eindeutigen Wortlaut nach nicht einschlägig.
Denn der Kläger hat bei Beendigung des vorliegenden Kilometerleasingvertrages – gerade begriffsbildend – nicht „für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen“.
(1) Das folgt schon daraus, dass ein „bestimmter Wert“ im Sinne des Gesetzes ausweislich seiner Begründung nur dann vorliegt, wenn im Vertrag eine feste Zahl vereinbart ist (BT-Drucks. 16/11643, S. 92). Das ist hier nicht der Fall.
(2) Davon abgesehen hat der Kläger auch der Sache nach nicht für einen bestimmten Wert des Leasinggegenstandes einzustehen.
Denn zwar ist er nach dem streitgegenständlichen Vertrag bei Ablauf der Leasing – zeit gegebenenfalls zum Ausgleich einer Wertminderung verpflichtet, sollte sich das Fahrzeug dann nicht in einem dem Alter und der Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand befinden. Bezugspunkt dieser Ersatzpflicht ist jedoch nicht ein anfänglich kalkulierter, bestimmter Wert, sondern der Wert des Fahrzeugs bei Ablauf des Vertrages in ordnungsgemäßem Erhaltungszustand; das Risiko, dass der (Markt-)Wert des Fahrzeugs unabhängig von seinem Erhaltungszustand von der ursprünglichen Erwartung abweicht, trägt daher nicht der Kläger, der dementsprechend nicht für einen bestimmten Wert des Fahrzeugs einzustehen hat.
Nichts anderes gilt für die Verpflichtung des Klägers, gegebenenfalls gegenüber den vertraglichen Abreden mehr gefahrene Kilometer auszugleichen; auch dabei handelt es sich nicht um ein Einstehen für einen bestimmten „Wert des Gegenstandes“. Denn Bezugspunkt eines möglichen Mehrkilometeranspruchs der Beklagten ist nicht der Wert, sondern der Umfang der Nutzung des Fahrzeugs; diese hat zwar Einfluss auf den Wert, ist aber grundsätzlich unabhängig von diesem, so dass auch insoweit nicht der Kläger das Risiko trägt, dass sich der Markt für Fahrzeuge der fraglichen Art ungünstig entwickelt.
cc) Zuletzt lässt sich der streitgegenständliche Kilometerleasingvertrag auch nicht unmittelbar unter § 506 Abs. 1 BGB subsumieren.
(1) Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, sollte vielmehr im Anschluss an die Verbraucherkreditrichtlinie in Absatz 2 der Vorschrift abschließend geregelt werden, welche Verbraucherverträge über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes entgeltliche Finanzierungshilfen darstellen (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 91 f.: „Absatz 2 […] bestimmt, dass ein Verbrauchervertrag über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes als entgeltliche Finanzierungshilfe gilt, wenn […]“ insoweit ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Oktober 2012 – I-24 U 15/12 -, Rn. 19, juris).
(2) Wollte man das anders sehen, würde sich im Übrigen aus den sogleich unten b) dargelegten Gründen ergeben, dass sich der streitgegenständliche Kilometerleasingvertrag nicht als entgeltliche Finanzierungshilfe im Sinne des Gesetzes qualifizieren lässt.
b) Auch eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 BGB auf Kilometerleasingverträge kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht (ebenso z.B. OLG München, Beschluss vom 22. August 2019 – 32 U 3419/19 [unveröffentlicht]; Dickersbach, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, Anhang zu § 535 Leasing, Rn. 21); a.A. etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Oktober 2012 – I-24 U 15/12 -, juris; Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Aufl., § 506 Rn. 5).
aa) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem – dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden – Regelungsplan ergeben (std. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 – VIII ZR 274/02 -, BGHZ 155, 380-392, Rn. 22, m.w.N.).
bb) Nach diesen Grundsätzen fehlt es an den Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 BGB auf Kilometerleasingverträge der streitgegenständlichen Art.
Die Gesetzesbegründung zeigt vielmehr, dass die Verfasser des Gesetzes Kilometerleasingverträge bewusst aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen haben ((1)). Jedenfalls ist es aber nicht planwidrig, dass § 506 BGB auf das Kilometerleasing keine Anwendung findet ((2)).
(1) Eine analoge Anwendung des § 506 BGB auf Kilometerleasingverträge scheidet schon deshalb aus, weil die entsprechende, im Wortlaut des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB angelegte Differenzierung auf einer bewussten Entscheidung der Gesetzesverfasser beruht und damit die Annahme eines unbeabsichtigten Abweichens vom Regelungsplan nicht in Betracht kommt.
Das ergibt sich aus der Gesetzesbegründung. In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 506 Abs. 2 BGB (dessen erste beiden Nummern auf Art. 2 Abs. 2 lit. d) der Verbraucherkreditrichtlinie zurückgehen) heißt es zur hier relevanten Nummer 3 (BT-Drucks. 16/11643, S. 92):
„Nummer 3 findet keine Entsprechung in der Richtlinie und soll solche Finanzierungsleasingverträge erfassen, bei denen zwar keine Erwerbsverpflichtung besteht, aber der Verbraucher für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat. Ein bestimmter Wert ist ein solcher, der im Vertrag als feste Zahl vereinbart ist. Eine solche Restwertgarantie verschafft dem Unternehmer eine Vollamortisation des Vertragsgegenstands, die der Verbraucher finanziert. Es ist nicht ersichtlich, warum Verträge mit einer Restwertgarantie anders behandelt werden sollten als Verträge mit Erwerbsverpflichtung. Ein Vertrag mit einer Klausel über eine Restwertgarantie unterscheidet sich jedenfalls so deutlich vom Leitbild des Mietvertrags, dass seine Besserstellung gegenüber anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass in Finanzierungsleasingverträgen künftig auf ein Andienungsrecht mit der Folge verzichtet wird, dass die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 491 ff. keine Anwendung fänden. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die verbraucherschützenden Vorschriften auf solche Nutzungsverträge anzuwenden, bei deren Ende der Verbraucher einen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert.“
Schon aus der zwischen mehreren Fällen differenzierenden Formulierung wird deutlich, dass den Verfassern der Norm bewusst war, dass es neben den genannten Verträgen auch Verträge gibt, bei denen der Verbraucher keinen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert: Die Formulierung „solche Nutzungsverträge“, „bei deren Ende der Verbraucher einen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert“ impliziert, dass es spiegelbildlich auch solche Verträge gibt, bei deren Ende der Verbraucher eben keinen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert. Erst recht deutlich wird das mit der Definition eines Vertrages „mit einem bestimmten Wert“ als einem Vertrag, in dem „ein bestimmter Betrag genannt“ ist: Wer so formuliert, dem ist notwendig bewusst, dass er damit von Verträgen abgrenzt, bei denen eben kein „bestimmter Betrag“ genannt ist, und entzieht diese auch bewusst dem Anwendungsbereich der Norm. Zuletzt zeigt auch der Bezug der Begründung auf den Mietvertrag als Leitbild und die Erwägung, dass (nur) das Leasing mit garantiertem Restwert sich so weit von diesem Leitbild entferne, dass eine Anwendung der Norm gerechtfertigt sei, dass hier nicht versehentlich unterschieden wurde.
Das Argument, es wäre im Fall einer bewussten Entscheidung in der Gesetzesbegründung eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (grundlegend für das Verbraucherkreditgesetz BGH, Urteil vom 24. April 1996 – VIII ZR 150/95 -, juris) zu erwarten gewesen, die Kilometerleasingverträge unter Geltung des früheren Rechtsstandes als Finanzierungsleasing eingeordnet und damit in den Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Normen einbezogen hat, greift demgegenüber nicht durch: Anlass der Neufassung der fraglichen Vorschriften war die Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie. Dem entspricht das Konzept der Gesetzesbegründung in ihrer Gesamtanlage, wonach nicht (negativ) zu begründen war, warum bestimmte Fälle nicht (mehr) unter die neuen Normen fallen sollten, sondern wonach (positiv) zu begründen war, warum in Überschreitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie bestimmte Leasingverträge – nämlich diejenigen mit garantiertem Restwert – in ihren Anwendungsbereich einbezogen werden sollten; mit Blick auf diesen Begründungsansatz überrascht es nicht, dass sich keine ausdrückliche Nennung derjenigen Fälle findet, die von der Neuregelung nicht mehr erfasst sein würden.
(2) Darüber hinaus wäre eine – unterstellt unbewusste – Lücke des Gesetzes jedenfalls nicht planwidrig. Vielmehr entspricht es gerade dem gesetzlichen Konzept, dass Kilometerleasingverträge aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgenommen bleiben.
Das folgt zunächst schon aus der – zweifellos bewussten und eindeutigen – Entscheidung des Gesetzgebers, jedenfalls nur solche Verträge dem Anwendungsbereich der Norm zu unterwerfen, bei denen im Vertrag ein durch eine Zahl bestimmter (Rest-)Wert festgelegt ist. Selbst wenn sich daher feststellen ließe, dass sonst vergleichbare wirtschaftliche Verhältnisse die Gleichbehandlung anderer Verträge nahegelegt hätten, schiede eine analoge Anwendung aus; denn jedenfalls diese Entscheidung des Gesetzgebers ist von der Rechtsprechung zu akzeptieren.
Davon abgesehen entspricht es aber auch dem hinter dieser Typisierung stehenden Regelungskonzept, dass Kilometerleasingverträge nicht unter § 506 BGB fallen. Denn nach diesem Konzept, das in der oben (1) zitierten Begründung zum Ausdruck kommt, sollte die Norm nur anwendbar sein, wenn und soweit ein Vertragstyp in die Nähe derjenigen Verträge gerät, bei denen eine Erwerbsverpflichtung des Verbrauchers besteht; umgekehrt gefasst sollten Verträge, die sich in der Nähe des Leitbildes „Mietvertrag“ halten, aus ihrem Anwendungsbereich ausgenommen sein. Das entspricht außerdem der Vorstellung von Art. 2 Abs. 2 lit. d) der Verbraucherkreditrichtlinie, die durch die Neugestaltung des Widerrufsrechts bei Finanzierungshilfen umgesetzt werden sollte; denn auch danach fallen Mietverträge gerade nicht unter die Richtlinie.
Dann ist es aber allein konsequent, Kilometerleasingverträge nicht in den Anwendungsbereich der Norm einzubeziehen, denn sie liegen mit Blick auf das nach der Gesetzesbegründung entscheidende Differenzierungskriterium ganz in der Nähe des Mietvertrages. Sie sind – wie der Mietvertrag – nicht darauf gerichtet, dass der Leasingnehmer den Gegenstand erwirbt, sondern – wie der Mietvertrag – auf die Nutzung des Gegenstandes für eine gewisse Zeit. Und beim Kilometerleasingvertrag trägt – wie bei der Miete – nicht der Leasingnehmer das kalkulatorische Risiko für den Wert des Gegenstandes, sondern – wie bei der Miete – der Leasinggeber. Dabei handelt es sich auch nicht um ein bloß theoretisches Risiko: Abgesehen von der Abhängigkeit von allgemeinen Marktfaktoren – etwa einer Rezession oder bei PKW auch der Wertschätzung für die fragliche Marke – zeigen Sondereffekte wie der sogenannte „Dieselskandal“ deutlich, dass der Leasingnehmer beim Kilometerleasing ohne Restwertgarantie an einer – und zwar der entscheidenden – Stelle anders – nämlich näher an der Miete – steht, als bei Leasingformen, bei denen er einen Restwert garantiert; dass sich der Leasinggeber seinerseits gegen dieses Risiko absichern kann, etwa indem er bereits bei Anschaffung des Leasinggutes eine Rückkaufsverpflichtung des Verkäufers zu einem bestimmten Preis vereinbart, ändert an der grundsätzlichen zivilrechtlichen Risikoverteilung nichts und wird sich in einem funktionierenden Markt in höheren Anschaffungspreisen widerspiegeln.
Auch die Verpflichtung des Leasingnehmers zum Ausgleich von Mehrkilometern (bzw. sein Recht auf Reduktion des Entgelts bei Minderkilometern) entfernt den Kilometerleasingvertrag nicht entscheidend vom Leitbild der Miete. Vielmehr handelt es sich dabei letztlich nur um die vertraglich vereinbarte Definition dessen, was als vertragsgemäße Nutzung vereinbart ist und um eine Regelung, was bei einer gegenüber den ursprünglichen Erwartungen übermäßigen Nutzung geschehen soll; auch das entspricht der Sache nach der Miete, weil auch dort bei nicht vertragsgemäßer, übermäßiger Nutzung ein Ersatzanspruch des Vermieters besteht (BGH, Urteil vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17 -, juris). Und dass zuletzt beim Leasing gegenüber der Miete die Erhaltungspflicht des Vermieters abbedungen ist, bedeutet mit Blick auf die hier maßgeblichen Gesichtspunkte gleichfalls keine erhebliche Abweichung vom Leitbild der Miete; denn das wird beim Leasing kompensiert durch die Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche des Leasinggebers gegen den Verkäufer.
Dementsprechend lassen sich die Erwägungen des Bundesgerichtshofs in seiner bereits zitierten Entscheidung aus dem Jahr 1996 zur Einordnung von Kilometerleasingverträgen als Finanzierungsleasingverträge nicht auf das neue gesetzgeberische Regelungskonzept übertragen: Denn nach dem neuen Konzept ist nicht entscheidend, ob der Leasinggeber die Vollamortisation anstrebt, wie es bei unternehmerischer Tätigkeit selbstverständlich stets und auch beim reinen Vermieter der Fall ist. Nach dem neuen Konzept ist entscheidend, ob dem Leasinggeber die Vollamortisation vom Leasingnehmer auch garantiert ist; das ist aber beim Kilometerleasing gerade nicht der Fall.
c) Zuletzt führt auch § 511 BGB nicht zur Anwendung des § 506 BGB auf Kilometerleasingverträge (dafür aber möglicherweise Schürnbrand/Weber, in: Münch-KommBGB, 8. Aufl., § 512 Rn. 12).
Mit allen – auch nachteiligen – rechtlichen Konsequenzen einen Vertragstyp zu wählen, der nach dem gesetzgeberischen Konzept gerade nicht unter die Norm fällt, weil er sich in entscheidenden Punkten von den geregelten Fällen unterscheidet (s. soeben b)), lässt sich, das erscheint selbstverständlich, nicht als Umgehung einordnen.“
Diesen ausführlichen Erwägungen ist nichts hinzuzufügen. Nachdem auch in diesem Fall die Klägerin am Ende der Vertragslaufzeit gerade nicht für einen bestimmten Wert des Fahrzeugs einzustehen hat und der Vertrag nach seiner Gesamtkonstruktion einer Miete und gerade keiner Finanzierungshilfe gleichkommt, verbietet sich die Anwendung des § 506 BGB. Der Klägerin steht daher kein gesetzliches Widerrufsrecht zu.
3. Kein vertraglich eingeräumtes gesetzesgleiches Widerrufsrecht
Wie das OLG Stuttgart in der bereits zitierten Entscheidung, dort Rn 51 ff, und bestätigt durch den BGH a.a.O., Rn 68 ff, näher ausführt, kann auch nicht aufgrund der „Widerrufsinformation“ der Beklagten davon ausgegangen werden, dass die Beklagte mit dem Kläger vertraglich ein gesetzesgleiches Widerrufsrecht einräumen wollte: „Eine Widerrufsbelehrung, die um eine vermeintliche gesetzliche Pflicht zu erfüllen oder rein vorsorglich erteilt wird, obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, ist aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen (BGH, Beschluss vom 26. März 2019 – XI ZR 372/18 -, Rn. 17, juris).“
Aber selbst dann, wenn dem Kläger mit der erteilten Widerrufsinformation ein Widerrufsrecht eingeräumt worden wäre, so gälten für dieses rein vertragliche Widerrufsrecht nicht die strengen gesetzlichen Regelungen zum Inhalt: „Denn in den Fällen, in denen ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne hierzu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, bedarf es konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängig sein soll, die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist gleichwohl nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht (BGH, Urteile vom 6. November 2012 – II ZR 176/12, juris Rn. 16 ff.; vom 22. Mai 2012 – II ZR 14/10, NJW 2013, 155 Rn. 34 ff.; vom 12. November 2015 – I ZR 168/14, WM 2016, 968 Rn. 37). Solche Anhaltspunkte sind nicht bereits darin zu sehen, dass sich der Unternehmer bei der Formulierung der Widerrufsbelehrung an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat (BGH, Urteile vom 6. November 2012 – II ZR 176/12, a.a.O. Rn. 20; vom 22. Mai 2012 – II ZR 14/10, a.a.O. Rn. 38; vom 12. November 2015 – I ZR 168/14, a.a.O.)“ (BGH a.a.O. Rn. 75).
Da dem Kläger kein Widerrufsrecht zustand, für das die gesetzlichen Voraussetzungen zu beachten gewesen wären, ging sein Widerruf ins Leere.
Damit aber ist der Feststellungsantrag des Klägers als unbegründet abzuweisen. Auf die gerügten angeblichen Fehler in der Widerrufsbelehrung kam es mithin gar nicht an.
4. Hauptantrag Ziff. 2. und 3.
Mangels erfolgreichen Widerrufs steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten zu. Ebensowenig befindet sich die Beklagte im Annahmeverzug.
III. Hilfswiderklage
Die innerprozessuale Bedingung – Zulässigkeit und Begründetheit des Hauptantrages – ist nicht eingetreten, so dass über diesen Antrag nicht zu entscheiden war.
IV. Keine Vorlage an den EuGH
Eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 148 ZPO war nicht veranlasst.
V. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben