Europarecht

Anfechtungsklage, Anordnung, Lebensmittelsicherheit, Unanfechtbarkeit, Verbraucherschutz, Zwangsgeld

Aktenzeichen  W 8 S 20.1494

Datum:
20.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 28687
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
VwGO § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, Abs. 5, § 88, § 113 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 5, § 122, § 154 Abs. 1
LMIV Art. 2 Abs. 2n, Art. 9 Abs. 1b, Art. 18 Abs. 1, Art. 19
VwZVG Art. 21a, Art. 29, Art. 30, Art. 31, Art. 36
BayVwVfG Art. 42 S. 1
NemV § 4 Abs. 2 Nr. 4
GKG § 52 Abs. 1, Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners (vertreten durch das Landratsamt W.) vom 22. September 2020 in der berichtigten Fassung vom 6. Oktober 2020, in dem ihr das Inverkehrbringen des Produkts „Vitamin B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel bei Gartenzwergen“ untersagt, die Information der Wiederverkäufer angeordnet und ein Zwangsgeld angedroht wird.
1.
Dem Antragsgegner wurde ein Gutachten/Prüfbericht des Hessischen Landeslabors vom 31. März 2020 übermittelt. Dort ist zu dem Produkt „Vitamin B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel bei Gartenzwergen“ unter anderem ausgeführt: Die vorgelegte Probe Vitamin B-Komplex werde als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht. Angeblich solle das Produkt als Nahrungsergänzungsmittel für Gartenzwerge bestimmt sein. Die Verzehrempfehlung laute auf eine Kapsel pro Tag. Die Bezeichnung der Probe als „Nahrungsergänzungsmittel für Gartenzwerge“ solle nach hiesiger Auffassung dazu dienen, die Lebensmitteleigenschaft zu verschleiern, um die einschlägigen lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu umgehen. Die Angaben auf dem Produkt seien insgesamt unvollständig und entsprächen nicht den lebensmittelrechtlichen Vorschriften. Das Zutatenverzeichnis sei nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und Art. 18 Abs. 1 LMIV obligatorisch anzugeben. In der Überschrift müsse das Wort „Zutaten“ erscheinen; stattdessen sei das Wort „Inhaltsstoffe“ enthalten. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 der Nahrungsmittelergänzungsverordnung (NemV) seien unter anderem folgende Hinweise verpflichtend anzugeben: Der Warnhinweis „Die angegebene empfohlene tägliche Verzehrmenge darf nicht überschritten werden“ oder ein gleichsinniger Warnhinweis; ein Hinweis darauf, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollten. Die in Bezug auf die jeweiligen Referenzwerte der in der Probe enthaltenen Vitamine auszuweisenden Prozentsätze seien entgegen § 4 Abs. 3 Nr. 2 NemV nicht gekennzeichnet.
Das Hessische Landeslabor teilte auf Nachfrage des Antragsgegners per E-Mail vom 9. Juni 2020 ergänzend mit, dass der Versuch einer Umgehung der lebensmittelrechtlichen Vorgaben mittels „Umwidmung“ eine nicht selten angewandte Praxis darstelle. Aus Gründen des Täuschungsschutzes werde für geboten gehalten, die Frage nach der Umgehung lebensmittelrechtlicher Vorschriften zu stellen. Die Einschätzung resultiere aus der vorherigen Vermarktungsweise der Probe als Nahrungsergänzungsmittel/Lebensmittel. Die Probe „Nahrungsergänzungsmittel für Gartenzwerge“ sei in gleicher Zusammensetzung früher als Nahrungsergänzungsmittel im Sinne des § 1 NemV und damit als Lebensmittel in den Verkehr gebracht worden. Die Bezeichnung Nahrungsergänzungsmittel stelle zudem eine in den Rechtsvorschriften vorgeschriebene Bezeichnung entsprechend Art. 2 Abs. 2 Buchst. n LIMV i.V.m. § 4 Abs. 1 NemV dar.
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) teilte per E-Mail vom 9. Juli 2020 auf Anfrage des Antragsgegners mit: Das Produkt Vitamin B-Komplex für Gartenzwerge werde als Nahrungsergänzungsmittel für den menschlichen Verzehr, d.h. als Lebensmittel eingestuft und habe demnach den geltenden lebensmittelrechtlichen Vorgaben zu entsprechen. Ob mit der Fabelbezeichnung „für Gartenzwerge“ eine Verschleierung der Lebensmitteleigenschaft mit dem Zweck, einschlägige lebensmittelrechtliche Vorschriften zu umgehen, bezweckt werde, sei in diesem Fall eher fraglich. Die Ummünzung von werbewirksam „unauffälligen“ Lebensmitteln (Nahrungsergänzungsmitteln) in werbewirksam auffällige, für unrealistische Tierexoten oder Fabelwesen zweckbestimmte Produkte könnte ihres Erachtens auch einer rein absatzfördernden Maßnahme von Seiten der Antragstellerin geschuldet sein. Nichtsdestotrotz seien diese Produkte, soweit sich anhand der Kennzeichnung und Bewerbung ein Verzehr durch den Menschen nicht ausschließen lasse, als Lebensmittel anzusehen und entsprechend den geltenden verpflichtenden lebensmittelrechtlichen Vorgaben zu kennzeichnen. Bei einem als „Nahrungsergänzungsmittel“ gekennzeichneten Produkt handele es sich immer um ein Lebensmittel. Maßgeblich für die Wertung als Lebensmittel gemäß § 2 Abs. 2 LFGB i.V.m. Art. 2 VO (EG) 178/2002 sei, dass das Produkt dazu bestimmt sei, von Menschen aufgenommen zu werden. Es handele sich bei dem Produkt bereits aufgrund seiner allgemeinen Zweckbestimmung um ein Lebensmittel. Maßgebend sei die Verkehrsanschauung, die durch die allgemeine Verwendung seitens der Verbraucher bestimmt sei. Verwendungszweck von Nahrungsmitteln sei die Aufnahme durch den Menschen. Eine Änderung der allgemeinen Zweckbestimmung sei durch die Umwidmung „für Gartenzwerge“ nicht erfolgt. Zwar sei eine Änderung grundsätzlich möglich. Ein allgemein zum Verzehr bestimmter Stoff höre aber erst dann auf, Lebensmittel zu sein, wenn eindeutig erkennbar und zweifelsfrei feststehe, dass der Stoff nicht mehr zum menschlichen Verzehr bestimmt sei. Die Möglichkeit, den Stoff noch zum Essen oder Trinken zu verwenden, müsse ausgeschlossen sein. Nach der allgemeinen Verbrauchererwartung sei nicht erkennbar, dass der Vitamin B-Komplex nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt sei. Ein durchschnittlicher, vernünftiger Verbraucher werde aufgrund der Bezeichnung vielmehr erwarten, dass das Produkt trotz des Zusatzes „für Gartenzwerge“ zur Aufnahme durch den Menschen bestimmt sei, da das Produkt zur Verwendung für Gartenzwerge objektiv vollkommen ungeeignet sei und somit allein eine Verwendung als Lebensmittel in Betracht komme. Für die Annahme eines Lebensmittels spreche zudem, dass dasselbe Produkt in gleicher Zusammensetzung bereits zuvor als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht worden sei. Auch spreche die Verwendung der Bezeichnung Nahrungsergänzungsmittel, welche eine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung darstelle, für die Annahme eines Lebensmittels. Daher seien die allgemeinen und auch die speziellen Kennzeichnungspflichten einzuhalten. Die Angabe von Gartenzwergen als Zielgruppe stelle ihres Erachtens keine Umgehung lebensmittelrechtlicher Vorgaben dar, sondern lediglich einen Versuch der Umgehung. Das Produkt sei nämlich trotz des Zusatzes „für Gartenzwerge“ als Lebensmittel zu werten, so dass die lebensmittelrechtlichen Vorgaben vollumfänglich für das Produkt gelten.
Die Antragstellerin brachte mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 26. August 2020 im Wesentlichen vor: Es handele sich um ein „Fun-Produkt“, das explizit nicht für die Einnahme durch Menschen bestimmt sei. Die bestimmungsgemäße Anwendung ergebe sich aus der Zweckbestimmung des Herstellers. Bei dem Produkt, das „für Gartenzwerge“ bestimmt sei, werde kein aufmerksamer, verständiger Durchschnittsverbraucher davon ausgehen, dass er das Produkt selbst oral einnehmen solle. Es sei kein Lebensmittel.
Mit Bescheid vom 22. September 2020 untersagte das Landratsamt für den Antragsgegner der Antragstellerin das Inverkehrbringen des Produkts „Vitamin B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel bei Gartenzwergen“, unverzüglich nach Erhalt des Bescheides (Nr. 1.1). Weiter forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, vorzulegen: Schreiben an die Wiederverkäufer mit der Information über den Verkaufsstop. Liste aller mit dem Produkt belieferten Wiederverkäufer mit Kontaktdaten. Frist bis 30. September 2020, 8:00 Uhr (Nr. 1.2). Für den Fall eines Verstoßes gegen die in Nr. 1 genannten Anordnungen wurde ein Zwangsgeld angedroht: Für Nr. 1.1 2.000,00 EUR, für die Nrn. 1.2.1, 1.2.2 je 500,00 EUR (Nr. 2). Der Sofortvollzug für Nr. 1 wurde angeordnet. Die Nrn. 2, 4 und 5 seien kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Nr. 3). Die Antragstellerin wurde als Verursacherin zur Tragung der Kosten des Verfahrens verpflichtet (Nr. 4). Für den Bescheid wurde eine Gebühr von 111,64 EUR festgesetzt. Die Gesamtkosten seien innerhalb von vier Wochen zu begleichen (Nr. 5). In den Gründen des Bescheides ist im Wesentlichen ausgeführt: Das Landratsamt W. sei zuständig. Die Anordnung unter Nr. 1 des Bescheides beruhe auf Art. 138 Abs. 1 und 2 Buchst. b) der Verordnung (EU) 2017/625 (Kontrollverordnung) in Verbindung mit § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB. Hiernach treffe die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass der betreffende Unternehmer den Verstoß beende und dass er erneute Verstöße dieser Art verhindere. Die mit Gutachten vom 31. März 2020 durch das Hessische Landeslabor (LHL) und mit Gutachten vom 9. Juli 2020 durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) festgestellten Beanstandungen verstießen gegen die Kontrollverordnung und die Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV). Das untersuchte Produkt werde in beiden Gutachten als Nahrungsergänzungsmittel und somit als Lebensmittel eingestuft. Die Ausführungen der Antragstellerseite, es handele sich nicht um ein Produkt, das zur Aufnahme durch den Menschen bestimmt sei, sondern um ein „Fun-Produkt“, müsse zurückgewiesen werden. Die Definition von Lebensmittel gemäß Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 stelle für die Zuordnung nicht nur auf die Zweckbestimmung ab, sondern alternativ auch darauf, ob die Aufnahme durch den Menschen nach vernünftigen Ermessen erwartet werden könne. Im Internet fänden sich Videos zu dem hier beanstandeten Produkt, in welchen der alleinige Geschäftsführer der Antragstellerin dieses vorstelle, kommentiere und bewerbe. Dort fänden sich überwiegend positive Kommentare von Nutzern, aus welchen hervorgehe, dass sich das zuvor betriebene Produkt eben doch bei einem Teil der angesprochenen Verkehrskreise genügend eingeprägt habe, um fortwirken zu können. Die Angabe der als fehlend beanstandeten Referenzwerte seien verpflichtend, auch die Angabe „Zutaten“. Es finde sich in der Kommentarliteratur kein Hinweis, auf eine zulässige alternative Benennung, z.B. „Inhaltsstoffe“. Das Hessische Landeslabor habe Verstöße gegen Art. 9 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 18 LMIV, § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 sowie § 4 Abs. 3 Nr. 2 NemV festgestellt. Alle Vorschriften hätten das ausschließliche Ziel, ein Höchstmaß an Lebensmittelsicherheit gegenüber der Bevölkerung zu erzielen. Aufgrund von Art und Ausmaß der einzelnen Mängel und Beanstandungen sei aufgrund der unter Nr. 1 des Bescheides der angegebenen Rechtsvorschriften unter Berücksichtigung pflichtgemäßen Ermessens der Erlass der dort getroffenen Anordnungen geboten. Sie seien ferner notwendig, um den Betrieb zur Schaffung und Aufrechterhaltung gesetzmäßiger Zustände beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln zu veranlassen. Die geforderten Unterlagen seien für die Rückverfolgbarkeit des Produkts und der Überprüfung und der Übermittlung der Anordnung an die Wiederverkäufer erforderlich. Die Anordnungen seien zumutbar und angemessen. Auch die Fristen seien angemessen. Das Landratsamt mache von dem ihm eingeräumten Ermessensspielraum pflichtgemäß Gebrauch. Es bestehe kein Entschließungsermessen, aber ein Auswahlermessen. Die Maßnahmen seien erforderlich. Mildere Mittel kämen nicht in Betracht. Das an der Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften zum Schutz der Verbraucher bestehende öffentliche Interesse überwiege das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin. Die Androhung des Zwangsgelds stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR bzw. 2.000,00 EUR sei nach pflichtgemäßen Ermessen dazu geeignet, dem Betrieb einen Anreiz zu schaffen, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Angesichts der Tatsache, dass der Betrieb das beanstandete Produkt nicht freiwillig vom Markt genommen habe, sei die Höhe der Zwangsgelder verhältnismäßig. Die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Es liege im öffentlichen Interesse, die Vorschriften zum Verbraucherschutz ohne Verzögerung durchzusetzen. Es liege ein Verstoß gegen das Abgabeverbot des § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung und Verstöße gegen die Kennzeichnungsvorgaben der Nahrungsergänzungsmittelverordnung vor. Die zur Beseitigung dieser Mängel erforderlichen Maßnahmen müssten im Interesse des Schutzes der Verbraucher ohne zeitliche Verzögerung durchgesetzt werden können. Dem stünden keine gleichwertigen oder gar überwiegenden Interessen der Antragstellerin gegenüber, die im Falle einer mit aufschiebender Wirkung versehenen Anfechtungsklage ein Zuwarten bis zum zeitlichen noch nicht absehbaren Eintritt der Unanfechtbarkeit rechtfertigen könnten. Die Kostenentscheidung stütze sich auf Art. 138 Abs. 4 Kontrollverordnung in Verbindung mit dem Bayerischen Kostengesetz.
Mit Schriftsatz vom 30. September 2020 ließ die Antragstellerin beim Antragsgegner gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO beantragen, den in dem Bescheid vom 22. September 2020 angeordneten Sofortvollzug bezüglich der Nr. 1 des Bescheides auszusetzen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Eine rechtliche Grundlage für das angeordnete Vertriebsverbot gebe es nicht. Bei dem Produkt handele es sich nicht um Nahrungsergänzungsmittel zum menschlichen Verzehr. Die Zweckbestimmung werde durch den Hersteller vorgegeben. Das Produkt sei „für Gartenzwerge“ bestimmt und somit gerade nicht für den oralen Verzehr durch den Menschen. Im Übrigen sei festzustellen, dass, wenn ein entsprechender Fehlgebrauch bereits bei pharmakologisch wirksamen, sogar zulassungspflichtigen Arzneimitteln entgegen den Vorgaben der Hersteller als relevant betrachtet werde, dies erst recht für lediglich ernährungsphysiologisch relevante Nahrungsergänzungsmittel gelten müsse. Y.-Videos mit einigen wenigen positiven Kommentaren von Nutzern seien nicht geeignet, eine jahrelange Vorprägung zu dokumentieren. Die Bezeichnung „Inhaltsstoffe“ anstatt „Zutaten“ sei nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken könnten auch alternative Formulierungen verwendet werden. Die Nennung von Referenzwerten sei abwegig, da das Produkt nicht für Einnahme durch den Menschen bestimmt sei. Darüber hinaus sei der angeordnete Sofortvollzug rechtswidrig, da in der Begründung der sofortigen Vollziehung keinerlei Einzelfallbezug zu erkennen sei. Außerdem ergebe eine Abwägung, dass die Interessen der Antragstellerin an den weiteren Vertrieb der Produkte höher seien als das öffentliche Interesse an einem sofortigen Vertriebsstopp.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2020 lehnte der Antragsgegner den Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Auch unter Berücksichtigung der Grundrechte der Antragstellerin seien keine geeignete und mildere Mittel ersichtlich, um das Inverkehrbringen des beanstandeten Produkts zu verhindern. Die Feststellung des Hessischen Landeslabors sowie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ließen keine andere, die Antragstellerin weniger belastende Maßnahme zu. Das Produkt werde auf Y. weiterhin massiv beworben. Bezüglich der Einstufung als Nahrungsergänzungsmittel werde auf die beiden Gutachten verwiesen. Die beim Landeslabor Hessen eingereichte Probe sei aufgrund der Anfrage eines Verbrauchers gezogen worden. Die Begriffe „Zutaten“ und „Inhaltsstoffe“ seien entgegen der Darstellung der Antragstellerin nicht gleichbedeutend. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin sei bei der Begründung des Sofortvollzugs auf den hier konkreten vorliegenden Fall eingegangen worden. Es sei Bezug genommen worden auf die in den Gutachten festgestellten Mängel und die Bedeutung des Verbraucherschutzes hervorgehoben worden. Im Übrigen sei die Anordnung des Sofortvollzugs geboten, da das beanstandete Produkt sonst weiterhin in den Verkehr gebracht würde. Im Interesse des Verbrauchers könne nicht bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden, zumal das Produkt nach einer Anpassung des Etiketts – entsprechend der rechtlichen Vorgaben – wieder in den Verkehr gebracht werden dürfte. Eine Gesundheitsgefahr bestehe nicht. Dies sei aber nicht die Voraussetzung eines Sofortvollzugs.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2020 berichtigte der Antragsgegner den Anordnungsbescheid vom 22. September 2020 gemäß Art. 42 Satz 1 BayVwVfG aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit bezüglich der Nr. 1.2 wie folgt: Folgende Unterlagen sind dem Landratsamt W. – Verbraucherschutz, bezüglich des Produkts „Vitamin B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel bei Gartenzwergen“ vorzulegen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Bei nochmaliger Durchsicht sei aufgefallen, dass anstatt des streitgegenständlichen Produkts noch das Produkt „L-Arginin + L-Citrullin für Weihnachtsmänner“ genannt sei.
2.
Am 7. Oktober 2020 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 20.1491 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid in seiner berichtigten Fassung erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Anordnungsbescheid sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren grundrechtlich geschützten Rechtspositionen gemäß Art. 2 Abs. 1 GG auf allgemeine Handlungsfreiheit, gemäß Art. 12 Abs. 1 GG auf Berufsfreiheit und Art. 14 Abs. 1 GG auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Bei den Produkten handele es sich nicht um Nahrungsergänzungsmittel zum menschlichen Verzehr. Schon der Wortlaut der Legaldefinition des Nahrungsergänzungsmittels setze voraus, dass ein Nahrungsergänzungsmittel nur dann ein Nahrungsergänzungsmittel sei, wenn es dazu bestimmt sei, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Die Zweckbestimmung werde durch den Hersteller vorgegeben. Eine solche Zweckbestimmung sei der Produktaufmachung gerade nicht zu entnehmen. Auch die Legaldefinition in § 3 Nr. 5 LFGB definiere das Verzehren als das Aufnehmen von Lebensmitteln durch den Menschen durch Essen, Kauen, Trinken. Das Produkt sei „für Gartenzwerge“ bestimmt und somit gerade nicht für den oralen Verzehr durch den Menschen. Im Übrigen sei festzustellen, dass, wenn ein entsprechender Fehlgebrauch bereits bei pharmakologisch wirksamen, sogar zulassungspflichtigen Arzneimitteln entgegen der Vorgaben des Herstellers als relevant betrachtet werde, dies erst recht für lediglich ernährungsphysiologisch relevante Nahrungsergänzungsmittel gelten müsse. Die Untersuchungsämter würden den Charakter des Produkts als „Fun-Produkt“ verkennen, das explizit nicht für die Einnahme durch den Menschen bestimmt sei. Nach der einschlägigen Rechtsprechung sei auf die vom Hersteller vorgegebene Zweckbestimmung abzustellen und weiter auf die bestimmungsgemäße Anwendung aus der Zweckbestimmung. Mit keinem Wort habe die Antragstellerin behauptet, dass das Produkt für eine orale Zweckbestimmung vorgesehen sei. Die Antragstellerin sei für ihre gewählte Zweckbestimmung verantwortlich und nicht für einen Fehlgebrauch des Verbrauchers. Bei der Risikobewertung sei auf den sachgemäßen Gebrauch abzustellen und nicht auf den hierzu unterstellten Fehlgebrauch des Produkts. Als Falschanwendung werde auch die eines nicht zur oralen Einnahme bestimmten Präparats eingeordnet. Bei dem Produkt, das „für Gartenzwerge“ bestimmt sei, werde kein aufmerksamer, verständiger Durchschnittsverbraucher davon ausgehen, dass er das Produkt selbst oral einnehmen solle. Kein Durchschnittsverbraucher werde sich als „Gartenzwerg“ bezeichnen und das Produkt tatsächlich selbst anwenden. Bei einer Auslobung für einen Gartenzwerg sei eindeutig erkennbar, dass das Produkt nicht zum oralen Verzehr durch den Menschen bestimmt sei, da kein Mensch ein Gartenzwerg sei. Falsch sei auch das Argument, das berücksichtigt werden müsse, dass dasselbe Produkt in gleicher Zusammensetzung bereits zuvor als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht worden sei. Denn die Rechtsprechung habe strenge Vorgaben entwickelt, wann von einer entsprechenden Vorprägung auszugehen sei und wann nicht. Des Weiteren gebe es für Gartenzwerge keine Referenzmengen, die entsprechend anzugeben wären. Y.-Videos mit einigen wenigen positiven Kommentaren seien nicht geeignet, die entsprechende, von der Rechtsprechung verlangte jahrelange Vorprägung zu dokumentieren. Nach der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken könnten auch alternative Formulierungen verwendet werden, statt der wörtlich vorgegebenen Pflichtangabe, wenn aus Verbrauchersicht der Inhalt gleichbedeutend sei. Dies sei bei „Inhaltsstoffen“ und „Zutaten“ offensichtlich der Fall. Für einen Durchschnittsverbraucher dürften zwischen „Inhaltsstoffen“ und „Zutaten“ schlicht kein Unterschied bestehen. Ein milderes Mittel wäre zudem, bestimmte Änderungen vorzunehmen, die den Fun-Charakter des Produkts noch bestätigten, wie z.B. eine Formulierung „Scherzartikel“ oder ähnliches. Dies wäre gegenüber einem generellen Vertriebsverbot, zumal ohne Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform der Aufmachung des Produktetiketts eine mildere und damit allein verhältnismäßige Maßnahme. Darüber hinaus seien die notwendigen Formalien nicht eingehalten, da die Begründung der sofortigen Vollziehung keinerlei Einzelfallbezug erkennen lasse. Die Begründungspflicht sei eine Ausprägung des Rechtstaatsprinzips und solle der Behörde den Ausnahmecharakter vor Augen führen. Zudem diene sie der Selbstkontrolle der Behörde. Hier beschränke sich die Begründung darauf, dass ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung ein Rechtsmittel aufschiebende Wirkung entfalten würde. Die bloße Wiederholung der Rechtsfolge der Anordnung der sofortigen Vollziehung könne nicht die Begründung der Notwendigkeit dieser Maßnahme im Einzelnen ersetzen. Außerdem müsse eine sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse liegen und im konkreten Fall dem betroffenen privaten Interesse auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vorgehen. Eine Abwägung der jeweiligen Interessen ergebe, dass die Interessen der Antragstellerin schutzwürdiger seien. Soweit der Antragsgegner lediglich die Gründe für das Vertriebsverbot wiederhole, reiche dies nach der aktuellen Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg nicht aus. Danach habe der VGH Baden-Württemberg entschieden, dass bei offenem Ausgang des Verfahrens eine Interessenabwägung vorzunehmen sei und sich ein Vorrang des Interesses der Antragstellerin ergebe, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vom Vollzug der Verfügung verschont zu bleiben. Die Antragsgegnerin habe bestätigt, dass kein Gesundheitsrisiko bestehe.
3.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2020,
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Da sich der Antragsschriftsatz fast wortgleich mit dem Schriftsatz vom 26. August 2020 und dem Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO decke, werde bezüglich der Begründung auf die Ausführungen im Anordnungsbescheid vom 22. September 2020 und den Bescheid zum Antrag nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO vom 5. Oktober 2020 verwiesen. Ergänzend werde noch angemerkt, dass eine Änderung des Produkts bezüglich der Kennzeichnung dahingehend, den „Fun-Charakter“ z.B. durch die Formulierung „Scherzartikel“ hervorzuheben, nicht in Betracht komme, da es sich aus gutachterlicher Sicht in der Gesamtschau auch da noch um ein Lebensmittel handele. Somit seien die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 20. Juli 2020 könne nicht herangezogen werden, da sich die beiden Landeslabore im vorliegenden Fall abschließend zur Nahrungsmitteleigenschaft des beanstandeten Produkts geäußert hätten. Dies sei anders als in dem zitierten Fall, in welchem keine abschließende Beurteilung durch die Behörden hinsichtlich der dort streitgegenständlichen Gesundheitsgefahr habe gegeben werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens W 8 K 20.1491) sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Sofortantrag ist bei verständiger Würdigung des von der Antragstellerin offenbarten Begehrens unter Berücksichtigung ihres Interesses gemäß § 88 VwGO i.V.m. § 122 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Nr. 1 des Bescheides vom 22. September 2020 in der berichtigen Fassung des Bescheids vom 6. Oktober 2020 sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nrn. 2, 4 und 5 des Bescheides gemäß § 80 Abs. 5 VwGO begehrt.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Die Nrn. 2, 4 und 5 sind gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 3 i.V.m. Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO im ausreichenden Maße schriftlich begründet. Ausreichend ist jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalles eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Je nach Fallgestaltung können die Gründe für die sofortige Vollziehung auch ganz oder teilweise mit den Gründen für den Erlass des Verwaltungsaktes identisch sein. Der Antragsgegner hat im streitgegenständlichen Bescheid unter Bezug auf verschiedene lebensmittelrechtliche Vorschriften ausgeführt, dass die zur Beseitigung der Mängel erforderlichen Maßnahmen im Interesse des Schutzes der Verbraucher ohne zeitliche Verzögerung durchgesetzt werden müssen. Er hat dem auch die Interessen der Antragstellerin gegenübergestellt. Daraus wird deutlich, dass sich der Antragsgegner die besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit des Sofortvollzugs bewusstgemacht hat. Damit ist der Forderung, die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben, auch mit Blick darauf, dass die hier zur Begründung des Verwaltungsakts angestellten Erwägungen zugleich für die Dringlichkeit der Vollziehung sprechen, Rechnung getragen. Denn bei lebensmittelrechtlichen Anordnungen im Interesse des Verbraucherschutzes fällt das besondere öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug (Vollzugsinteresse) regelmäßig mit dem Erlassinteresse zusammen. Die weitere Frage, ob die vom Antragsgegner angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (OVG Bln-Bbg, B.v. 21.8.2020 – OVG 5 S 39.19 – juris; OVG NRW, B.v. 11.8.2020 – 13 B 717/20- juris; BayVGH, B.v. 27.17.2017 – 20 CS 17.1609 – juris).
Aus der von der Antragstellerseite angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH BW, B.v. 17.9.2020 – 9 S 2343/20 – juris) ergibt sich nichts anderes. Dort geht es nicht um die ordnungsgemäße Begründung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern um die materiell-rechtliche Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in der Sache, nachdem die Erfolgsaussichten des Widerspruchs – anders als hier – als offen bewertet wurden.
Eine summarische Prüfung, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, aber auch ausreichend ist, ergibt, dass die Klage der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die getroffene Regelung ist rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Unabhängig davon ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen.
Dass die Voraussetzungen der Untersagung des Inverkehrbringens des Produkts „Vitamin B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel bei Gartenzwergen“ sowie der Begleitmaßnahmen im vorliegenden Fall gegeben sind, hat der Antragsgegner in seinem Anordnungsbescheid vom 22. September 2020 in der berichtigten Fassung vom 6. Oktober 2020, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO analog), zutreffend begründet und mit Bescheid vom 5. Oktober 2020 weiter vertieft. Das Vorbringen der Antragstellerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
Vorliegend handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt „Vitamin B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel bei Gartenzwergen“ um ein Lebensmittel nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 178/2002. Danach sind Lebensmittel alle Stoffe, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Der Begriff des Lebensmittels ist dem Schutzzweck des Gesetzes entsprechend weit auszulegen. Erfasst werden alle Stoffe, die dazu bestimmt sind, verzehrt zu werden, auch wenn daneben noch ein anderer Verwendungszweck möglich ist. Ein generell zum Verzehr bestimmter Stoff hört erst dann auf, Lebensmittel zu sein, wenn ein anderer Verwendungszweck eindeutig feststeht und erkennbar ist. Eine bloß abweichende Bezeichnung genügt dafür nicht (vgl. Rohnfelder/Freytag in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand 231. EL Juli 2020, § 2 LFBG Rn. 7 ff.). Die primär subjektive Zweckbestimmung durch den verantwortlichen Lebensmittelunternehmer wird durch die nach objektiver Auffassung zu bestimmende Frage, ob die Aufnahme des betroffenen Stoffes vernünftigerweise erwartet werden kann, korrigiert (vgl. Meisterernst, Lebensmittelrecht, 1. Aufl. 2019, § 4 Rn. 5). An die Erkennbarkeit einer Zweckänderung sind strenge Anforderungen zu stellen. Zwar sind Spielwaren sowie Scherzartikel zunächst keine Lebensmittel (vgl. § 2 Abs. 6 Nr. 5 LFGB). Etwas anderes gilt, wenn ihre Verzehrbestimmung – Verzehr durch Menschen – nicht aufgehoben ist, wie etwa bei Scherzpralinen (mit Essig gefüllt), mit Senf gefüllte Krapfen an Fasching, Schokoladenzigaretten sowie Schokoladentäfelchen, Zuckerwaren, Backwaren, Süßigkeiten in Wein- und Spirituosenfläschchen, die für den Spielzeugkaufladen vertrieben werden. Derartige Produkte haben neben ihrer Funktion als Scherzartikel oder Spielwaren gleichzeitig die Lebensmitteleigenschaft. Sie haben eine Doppelfunktion (vgl. zum Ganzen Rathke in Zipfe/Rathke, Lebensmittelrecht, 176. EL März 2020, § 2 EG-Lebensmittel-Basisverordnung Rn. 23 f., 26 f., Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch 8. Online-Auflage 2019, § 2 LFGB Rn. 3 f.).
Allein die Bezeichnung als „Fun-Produkt“ hebt die Lebensmitteleigenschaft danach nicht auf. In den zwei Stellungnahmen der Landeslabore (LHL vom 31.3.2020 sowie vom 9.6.2020 sowie LGL vom 9.7.2020) ist plausibel und zutreffend ausgeführt, dass ein Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel „für Gartenzwerge“ jedenfalls den lebensmittelrechtlichen Vorschriften unterfällt, um dem hohen Schutzniveau des Lebensmittelrechts gerecht zu werden.
Entsprechend der Definition des Lebensmittels ist davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Produkt nach vernünftigem Ermessen erwartungsgemäß von Menschen aufgenommen wird und dass der Verzehr und die Aufnahme durch andere Menschen auch weiterhin von der Antragstellerin intendiert ist. Denn das Produkt wird weiterhin unter der Rubrik „Nahrungsergänzungsmittel“ und mit dieser Bezeichnung, also bei den Lebensmitteln vertrieben. Der Begriff „Nahrungsergänzungsmittel“ bezieht sich nach § 1 Abs. 1 NemV ausdrücklich auf Lebensmittel. Die Verzehrempfehlung („1 Kapsel täglich dem Gartenzwerg verabreichen“) richtet sich offenkundig auch an einen Menschen, selbst wenn sie formal auf einen Gartenzwerg Bezug nimmt. Für ein Lebensmittel spricht weiter die ausdrückliche Nennung des Inhaltsstoffes „Vitamin B-Komplex“, die bei einem reinen „Fun-Produkt“ für den Gartenzwerg keinen Sinn machen würde, sondern weiterhin auf den menschlichen Konsumenten abzielt. Letzteres gilt insbesondere auch für die weitere Angabe „für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel“. Des Weiteren hat die Antragstellerseite zu Recht auf Videos und die Resonanz darauf hingewiesen, die belegen, dass gerade der Mensch angesprochen werden soll und wird. Wie schon dargelegt hebt eine zusätzliche scherzhafte Bezeichnung, hier „für Gartenzwerge“, die Lebensmitteleigenschaft nicht auf.
Dem Gericht drängt sich der Eindruck auf, dass die Antragstellerin durch den Aufdruck „für Gartenzwerge“ primär die lebensmittelrechtlichen Vorschriften umgehen will bzw. dies versuchen will. Dazu hat das LGL in seiner Stellungnahme vom 9. Juli 2020 ausdrücklich angemerkt, dass die unrealistische Zweckbestimmung für Gartenzwerge auch eine rein absatzfördernde Maßnahme sein könnte. Weiter führt das LGL nachvollziehbar aus, dass der Vitamin B-Komplex der Gattung der Nahrungsergänzungsmittel angehört und der Verwendungszweck von Nahrungsergänzungsmitteln die Aufnahme durch Menschen ist. Eine Umwidmung ist grundsätzlich möglich, aber ein zum Verzehr durch Menschen bestimmter Stoff hört erst dann auf, ein Lebensmittel zu sein, wenn eindeutig erkennbar und zweifelsfrei feststeht, dass der Stoff nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt ist. Die Möglichkeit, den Stoff noch zum Essen oder Trinken zu verwenden, muss – anders als hier-ausgeschlossen sein. Im Gegensatz zu der von der Antragstellerseite mit Bezug auf arzneimittelrechtliche Konstellationen angeführten unsachgemäßen Verwendung eines Arzneimittels ist festzuhalten, dass die Lebensmitteleigenschaft bestehen bleibt, bis positiv feststeht, dass es nicht als Lebensmittel genutzt wird (vgl. Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 8. Online-Auflage 2019, § 2 LFBG Rn. 3 f.). Das LGL hat dazu weiter angemerkt, dass ein durchschnittlicher vernünftiger Verbraucher aufgrund der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel trotz des Zusatzes „für Gartenzwerge“ erkennt, dass das Produkt so, wie auch dessen Verwendung beschrieben ist, zur Verwendung für Gartenzwerge objektiv vollkommen ungeeignet ist, und dass somit allein eine Verwendung als Lebensmittel in Betracht kommt. Für die Einstufung als Lebensmittel spricht zudem, dass dasselbe Produkt in gleicher Zusammensetzung bereits zuvor als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht wurde. So, wie das Produkt angepriesen und beworben wird, spricht gesamtbetrachtet weiterhin alles für ein Lebensmittel. Die Formulierung „für Gartenzwerge“ und die Bezeichnung als „Fun-Produkt“ vermögen an der Lebensmitteleigenschaft nichts zu ändern.
Unter der Gesamtbetrachtung der Zweckbestimmung der Kennzeichnung, Aufmachung, Vermarktung und Werbung und augenscheinlich auch der Intention der Antragstellerin soll das Produkt offenkundig weiterhin von Menschen erworben und aufgenommen werden, so dass die Lebensmitteleigenschaft zu bejahen ist.
Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass bei entsprechender Anpassung der Etikettierung die Kennzeichnungsmängel behoben werden könnten und das Produkt weiterhin als Lebensmittel vorschriftsmäßig verkauft werden könnte. Gleichermaßen ist umgekehrt nicht ausgeschlossen, dass bei entsprechender weiterer Veränderung der Aufmachung des Produkts die Lebensmitteleigenschaft verloren geht. So könnte etwa eindeutig sichergestellt werden, dass es keinesfalls durch Menschen verzehrt werden soll und wird, etwa durch Weglassen der Bezeichnung des konkreten Inhaltsstoffes der Kapseln und durch Weglassen verwendungsbezogener Angaben und der Verzehrempfehlung für Menschen sowie weiterer Angaben, die im Zusammenhang mit einem menschlichen Verzehr stehen könnten. Vorliegend braucht aber nicht abschließend entschieden zu werden, wann dieser Punkt erreicht wird, wann also eindeutig und zweifelsfrei feststeht, dass der Stoff nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt ist und die Möglichkeit, dass ein Mensch den Stoff doch zum Essen oder Trinken verwendet, ausgeschlossen ist.
Vorliegend hat das Gericht jedenfalls bei summarischer Prüfung keine Zweifel, dass es sich bei dem von der Antragstellerin vertriebenen „Fun-Produkt“ eindeutig – zumindest auch – um ein Lebensmittel handelt und dass es trotz der (vom LGL als Fabelbezeichnung benannten) Formulierung „für Gartenzwerge“ weiter als Lebensmittel zu behandeln ist.
Ergänzend wird noch angemerkt, dass es sich vorliegend nicht um ein Arzneimittel, sondern um ein Lebensmittel handelt. Aus den vorliegenden Gutachten und auch aus dem Vorbringen der Antragstellerseite ergibt sich nicht, dass Arzneimittelwirkstoffe festgestellt werden konnten. Das streitgegenständliche Produkt hat vielmehr keine pharmakologischen Eigenschaften bzw. keine pharmakologische Wirkung. Ein Erzeugnis ist jedenfalls dann nicht als Arzneimittel einzustufen, wenn die durch die empfohlene oder wahrscheinliche Dosierung erzielten Wirkungen nicht über Wirkungen hinausgehen, die auch durch den normalen Verzehr eines Lebensmittels erzielt werden können. Eine Einstufung als Arzneimittel erfordert hingegen stets den positiven wissenschaftlichen Beleg einer darüberhinausgehenden Wirkung, einer pharmakologischen Wirkung (vgl. Hagenmeyer/Teufer, in Dauses/Ludwigs, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Werkstand 50. EL März 2020 C. IV. Lebensmittelrecht Rn. 103).
Das Gericht hat des Weiteren keine rechtlichen Bedenken, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 138 Abs. 1 und 2 Buchst. d der Kontrollverordnung sowie des § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB erfüllt sind, wobei die europarechtliche Vorschrift des Art. 138 Kontrollverordnung in ihrem Anwendungsbereich Vorrang genießt (vgl. VGH BW, B.v. 17.9.2020 – 9 S 2343/20 – juris; zur Vorgängerregelung schon VG Würzburg, B.v. 27.7.2018 – W 8 S 18.904 – LMuR 2018, 261, m.w.N.).
Weiter ist in den vorgelegten Gutachten der Landeslabore eindeutig festgestellt, dass mit dem Fehlen des Wortes „Zutaten“ ein Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 LMIV vorliegt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite genügt die Angabe „Inhaltsstoffe“ nicht. Denn aus Art. 9 Abs. 1 Buchst. b LMIV i.V.m. Art. 18 Abs. 1 LMIV ergibt sich ausdrücklich die Verpflichtung zur Verwendung einer Überschrift, in der das Wort „Zutaten“ enthalten sein muss (Meisterernst in Zipfel/Ratke, Lebensmittelrecht, 176. EL März 2020, Art. 18 LMIV Rn. 2 und 5). Angaben wie „Bestandteile“ oder „Ingredients“ genügen den rechtlichen Anforderungen nicht (Kraus in Streinz/Kraus, Lebensmittelrecht-Handbuch, 41. Ergänzungslieferung 2020, II. Grundlagen des Lebensmittelrechts, Rn. 82). Des Weiteren hat der Antragsgegner schon zutreffend darauf hingewiesen, dass „Zutaten“ und „Inhaltsstoffe“ nicht inhaltsgleich sind. Dies folgt aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. f LMIV. Bestimmte Stoffe werden gerade vom Zutatenbegriff ausgeschlossen, wie auch die Ausnahmen gemäß Art. 19 ff. LMIV belegen (vgl. Meisterernst in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 176. EL März 2020, Art. 18 LMIV Rn. 1; Meisterernst, Lebensmittelrecht, 1. Aufl. 2019, § 9 Rn. 41 ff.; Grube in Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl. 2016, Art. 18 Rn. 5 ff.).
Der Verweis der Antragstellerseite auf die Rechtsprechung des Saarländischen Oberlandesgerichts in einer Bußgeldsache (SaarOLG, B.v. 7.8.1986 – Z 241/85 – LRE 21, 51), bei der es um eine Formulierung zum Mindesthaltbarkeitsdatum ging, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil vorliegend – wie ausgeführt – eine andere Rechtsgrundlage mit der zwingenden rechtlichen Vorgabe der Verwendung des Wortes „Zutaten“ Anwendung findet.
Des Weiteren fehlt der Warnhinweis gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 LMIV „Die angegebene empfohlene tägliche Verzehrmenge darf nicht überschritten werden“ oder ein gleichsinniger Warnhinweis. Auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid sowie auf das Gutachten des Hessischen Landeslabors vom 31. März 2020 wird – wie auch im Folgenden – ergänzend Bezug genommen.
Darüber hinaus fehlen Hinweise darauf, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 NemV).
Weiter mangelt es an der Angabe des Prozentsatzes zu den jeweiligen Referenzwerten der in dem Produkt enthaltenen Vitamine in Prozent (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 LMIV).
Die streitgegenständlichen Anordnungen sind des Weiteren nicht ermessensfehlerhaft. Sie sind insbesondere nicht unverhältnismäßig. Konkret sind keine milderen Mittel ersichtlich. Insbesondere würde die ausdrückliche Bezeichnung des streitgegenständlichen Nahrungsergänzungsmittels als „Fun-Produkt“ oder als Scherzartikel nicht ausreichen, weil dadurch die Lebensmitteleigenschaft nicht aufgehoben würde. Wie ausgeführt käme einem Produkt dann allenfalls explizit eine Doppelfunktion als Lebensmittel und gleichzeitig Scherzartikel zu. Es bliebe aber in der Gesamtschau zumindest auch ein Lebensmittel (vgl. im Einzelnen dazu auch: VG Würzburg, B.v. 8.10.2020 – W 8 S 20.1371 zu einem Nahrungsergänzungsmittel „für Weihnachtsmänner“).
Letztlich hat das Gericht gegen die unter Nr. 1.1 und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheides in seiner berichtigten Fassung getroffenen Regelungen bei summarischer Prüfung keine rechtlichen Bedenken. Das Gleiche gilt im Ergebnis hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen und der Bescheidskosten. Insofern hat die Antragstellerseite nichts Konkretes vorgebracht, so dass auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen werden kann.
Schließlich spricht auch eine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Denn die sofortige Vollziehung der im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen für den Schutz der Verbraucher sind im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist der nicht zu verkennende Nachteil, den die getroffenen Anordnungen der Antragstellerin auferlegen, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse. Denn der Schutzzweck der lebensmittelrechtlichen Vorschriften greift nicht erst bei einer Gesundheitsgefahr, sondern auch bei einer Verbrauchertäuschung oder Irreführung sowie bei unzureichender Information. Es ist nicht hinnehmbar, unzureichend gekennzeichnete Produkte mit offenkundig auf den Verzehr durch den Menschen bezogenen Angaben wie „Vitamin B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel“ und „1 Kapsel täglich“ bis zu einer möglichen Entscheidung in der Hauptsache im Verkehr zu lassen. Gerade die fehlenden Hinweise, dass die angegebene empfohlene tägliche Verzehrmenge nicht überschritten werden dürfe und das Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollte, sowie die fehlende Angabe des Prozentsatzes der Referenzwerte bei Vitaminen begründen die Gefahr, dass das streitgegenständliche Nahrungsergänzungsmittel durch Menschen ohne zureichende Aufklärung unsachgemäß eingesetzt wird. Aufgrund dessen, dass die Antragstellerseite einwendet, es sei ein offensichtliches „Fun-Produkt“ für „Gartenzwerge“, und eine freiwillige Rücknahme oder Änderung der Kennzeichnung ablehnt, ist damit zu rechnen, dass die Antragstellerin das streitgegenständliche Produkt weiter vertreibt, ohne die einschlägigen lebensmittelrechtlichen Vorschriften einhalten zu wollen, auch um die lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu umgehen oder sich zumindest absatzfördernde Vorteile – auch im Vergleich zu anderen Wettbewerbern – zu verschaffen. Sollte die Antragstellerin durch Scheindeklarierungen oder Fabelbezeichnungen bewusst die lebensrechtlichen Vorgaben umgehen wollen, würde sich überdies – ohne dass es hier darauf streiterheblich ankommt – ohnehin die Frage stellen, ob sie generell noch die Gewähr bietet, ihr Lebensmittelunternehmen ordnungsgemäß zu betreiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs. Nach Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs richtet sich der Streitwert nach dem Auffangwert, wenn sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der streitgegenständlichen Anordnung nicht im Einzelnen beziffern lassen. Der Antragsgegner hat im streitgegenständlichen Bescheid vom 22. September 2020 zwar angemerkt, dass sich bei einem Verkaufspreis von 19,50 EUR pro Stück ein möglicher Umsatz von 19.090,50 EUR ergäbe. Aber zum einen hat sich die Antragstellerin selbst nicht zu den möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen geäußert. Zum anderen fehlen auch weitergehende Informationen darüber, in welcher Größenordnung bei diesem Umsatz der mögliche Gewinn wäre, auf den abzustellen ist (vgl. VGH BW, B.v. 17.9.2020 – 9 S 2343/20 – juris). Mangels anderweitiger greifbarer Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts bleibt es damit beim Auffangwert. Der Auffangwert von 5.000,00 EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.


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