Europarecht

begehrte landwirtschaftliche Förderung, bayerische Ausgleichszulage, kein unmittelbarer Förderanspruch direkt aus dem EU-Recht, Betriebssitz in Bayern, Teil der Flächen in Hessen, abgelehnte Förderung für außerhalb Bayerns gelegene Flächen, kein Anspruch auf Förderung außerbayerischer Flächen, Änderung der Förderpraxis im Vergleich zu den Vorjahren, keine Selbstbindung durch Regelungen in anderen Bundesländern, maßgebliche Relevanz der Verwaltungspraxis auf Basis der Förderrichtlinie, Selbstbindung der Verwaltung über Gleichheitssatz, weites Ermessen, kein atypischer Ausnahmefall, keine Willkür, kein Verstoß gegen EU-Recht

Aktenzeichen  W 8 K 20.1302

Datum:
21.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 17925
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHO Art. 23
BayHO Art. 44
GG Art. 3
AGZ-Richtlinie, 31 VO (EU) 1305/2013

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Voll-streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet. 

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des AELF Bad Neustadt a. d. Saale vom 3. Dezember 2019 und der Widerspruchsbescheid der FüAk vom 4. September 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
Dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausgleichszulage auch für die hessischen Flächen der Klägerin nicht vorliegen, hat der Beklagte im Bescheid vom 3. Dezember 2019 und im Widerspruchsbescheid vom 4. September 2020, auf deren Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet.
Das Vorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Ausgleichszulage auch für ihre hessischen Flächen gegen den Beklagten unmittelbar aus dem Europarecht. Ein solcher Anspruch auf Bewilligung folgt auch nicht nach der ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten auf der Basis der AGZ-Richtlinie. Des Weiteren liegt auch kein atypischer Ausnahmefall vor. Genauso wenig ist der Ausschluss der Klägerin von einer weitergehenden Förderung für die hessischen Flächen nach der AGZ-Richtlinie und der Förderpraxis des Beklagten als gleichheitswidriger oder gar willkürlicher Verstoß zu werten. Das Vorgehen des Beklagten verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben.
Die von Klägerseite genannten Bestimmungen, insbesondere Art. 31 und 32 VO (EU) 1305/2013 sowie Art. 2 und Art. 11 VO (EU) 1306/2013 und Art. 4 VO (EU) 1307/2013, begründen für sich nicht unmittelbar ein subjektives Recht in Form eines direkten Anspruchs der Klägerin gegen den beklagten Freistaat Bayern auf Förderung ihrer hessischen Flächen mit der Ausgleichszulage. Denn die Ausgleichszulage erfolgt zwar unter finanzieller Beteiligung des Bundes und der EU nach der AGZ-Richtlinie gemäß VO (EU) 1305/2013. Jedoch folgt aus der VO (EU) 1305/2013 kein unmittelbarer Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung durch die zuständige Landesstelle, weil diese Verordnung lediglich für die Gewährung der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten einen Rahmen vorgibt, jedoch weder subjektive Ansprüche des einzelnen Landwirts auf eine Förderung in Form der Ausgleichszulage begründet, noch Details über die zu fördernde Maßnahme und den Förderumfang festlegt. Entsprechende Festlegungen bleiben der Ebene der Mitgliedsstaaten bzw. in Deutschland der Bundesländer (hier konkret Bayerns) vorbehalten. Die EU-Verordnung überlässt ausdrücklich den Mitgliedsstaaten, den gesetzlichen Rahmen auszufüllen. Die Länder sind dabei frei, darüber zu bestimmen, welche Regelungen sie über die Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, das Zuwendungsverfahren und den Zuwendungsumfang der Richtlinien treffen (siehe VG Stade, U.v. 28.10.2020 – 6 A 848/17 – juris Rn. 23 und 26; VG Saarland, U.v. 17.4.2020 – 1 K 1136/18 – juris Rn. 16; VG Lüneburg, U.v. 28.6.2019 – 1 A 335/16 – juris Rn. 13 ff.; VG Meiningen, U.v. 1.12.2016 – 2 K 401/15 Me – juris Rn. 33).
Schon aus dem Wortlaut des Art. 31 VO (EU) 1305/2013 folgt zudem, dass Zahlungen für Landwirte in benachteiligten Gebieten zum Ausgleich der Gesamtheit oder nur eines Teils der Einkommensverluste erfolgen, wobei die Mitgliedsstaaten bei der Berechnung der zusätzlichen Kosten und Einkommensverluste, soweit es hinreichend begründet ist, den Umfang der Zahlung differenzieren können. Die Beklagtenvertreterin hat darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung plausibel vorgebracht, dass die Ausgleichszulage im Gegensatz zu den zu 100% aus EU-Mitteln stammenden Direktzahlungen nur zu 50% von der EU bestritten werden, im Übrigen vom Bund bzw. vom Freistaat Bayern. Sie erfolge als freiwillige Leistung im Rahmen der haushaltsrechtlichen Vorgaben. Die Art. 31 und 32 der VO (EU) 1305/2013 seien die Grundlage für die AGZ-Richtlinie. Hintergrund sei die GAP-Reform 2013, die 2019 umgesetzt worden sei. Die bayerische AGZ-Richtlinie sei auch von der EU-Kommission konkret so genehmigt worden. Aus der föderalen Struktur resultiere die Kompetenz für Bayern. Für eine Förderung in Bayern sei zudem ohnehin erforderlich, dass eine Mindestgröße von drei Hektar erreicht werde.
Mangels eines direkten Förderanspruchs aus dem EU-Recht ist für die Gewährung der Ausgleichszulage entscheidungserheblich auf die richtliniengeleitete Förderpraxis des Beklagten abzustellen.
Denn bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich – wie sich bereits aus den Sätzen 2 bis 4 der Vorbemerkung der AGZ-Richtlinie ergibt – um eine Förderung nach Maßgabe der bayerischen Haushaltsordnung, insbesondere Art. 23 und 44 BayHO, die ohne Rechtsanspruch im Rahmen in der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beim Beklagten beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. allgemein BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 365 – juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris und B.v. 18.6.2020 – W 8 E 20.736 – juris sowie zuletzt etwa VG Würzburg, Ue.v. 26.4.2021 – W 8 K 20.1487 und W 8 K 20.2093 – jeweils juris).
Die gleichen Grundsätze wie sonst im Subventionsrecht auf Basis von Richtlinien gelten im Landwirtschaftsrecht für die Förderung aufgrund von nationalen Verwaltungsvorschriften und auch konkret für die Gewährung der Ausgleichszulage nach der einschlägigen bayerischen AGZ-Richtlinie (vgl. etwa NdsOVG, U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – juris; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 251/20 – juris; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 allgemein sowie VG Lüneburg, U.v. 28.6.2019 – 1 A 335/16 – juris; OVG SH, U.v. 19.10.2015 – 2 LB 27/15 – juris; NdsOVG, U.v. 16.12.2014 – 10 LC 96/13 – DVBl. 2015, 318 – juris jeweils zur Ausgleichszulage).
Dabei dürfen Förderrichtlinien wie die AGZ-Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Verordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 – BVerwGE 58, 45 – juris Rn. 24).
Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 – 4 BV 15.1830 – juris Rn. 42 m.w.N.). Der Beklagte bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben er dem Fördergegenstand zuordnet und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Insoweit hat er auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde (vgl. auch BayVGH, B.v. 22.5.2020 – 6 ZB 20.216 – juris).
Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinie (vgl. NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – juris; SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 – 2 A 480/17 – NVwZ-RR 2019, 219; OVG SH, U.v. 17.5.2018 – 3 LB 5/15 – juris; OVG NW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 – 10 A 1481/11 – ZNER 2012, 436).
Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 26. Aufl. 2020, § 114 Rn. 41 ff.).
Nach den dargelegten Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten Ausgleichszulage für die hessischen Flächen. Weder die Richtlinie selbst noch ihre Handhabung in ständiger Verwaltungspraxis des Beklagten sind vorliegend zu beanstanden.
Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage – insbesondere folgt wie bereits ausgeführt aus dem EU-Recht kein unmittelbarer subjektiver Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Gewährung der Ausgleichszulage für ihre hessischen Flächen – steht der Klägerin nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO nur beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung sind der ablehnende Bescheid vom 3. Dezember 2019 und der Widerspruchsbescheid vom 4. September 2020 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten, den erheblichen Sachverhalt vollständig und im Ergebnis zutreffend ermittelt und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.
Die Ausführungen des Beklagten, insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 4. September 2020, sind plausibel und von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Die bayerische AGZ-Richtlinie ist eindeutig auf Flächen in Bayern bezogen und begrenzt. Nach Nr. 2 Satz 1 AGZ-Richtlinie wird die Ausgleichzulage für landwirtschaftliche Flächen in benachteiligten Gebieten Bayerns gewährt. Auch Nr. 5.3.5 S. 2 AGZ-Richtlinie bestimmt bei der Degression, dass nur die in Bayern gelegenen Flächen betrachtet werden. Schließlich vermerkt Nr. 7.2 AGZ-Richtlinie, dass für Flächen, die nicht im Gebiet des Freistaats Bayern liegen, keine Übergangszahlungen gewährt werden.
Die Förderpraxis hat sich danach gerichtet. Die richtliniengeleitete Förderpraxis schließt damit zwangsläufig außerbayerische Flächen aus.
Es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen, seine Richtlinien auszulegen – keine Auslegung durch das Gericht – und den Förderzweck zu bestimmen sowie seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten (vgl. etwa NdsOVG, U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – juris Rn 30; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – juris Rn. 29 ff.; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 6 ZB 21.301 – juris Rn 8; B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; jeweils m.w.N.) und auch – sofern nicht willkürlich – zu ändern (OVG NW, U.v. 22.3.2021 – 14 A 1131/18 – juris LS 2 u. Rn. 53).
Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen nicht entgegen. Die bloße Tatsache einer jahrelangen Subvention aufgrund einer entsprechenden jahrelangen Ermessensbetätigung begründet kein schutzwürdiges Vertrauen, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten, wie etwa eine rechtlich verbindliche Zusage. Eine Änderung der Ermessensbetätigung und der Förderpraxis für die Zukunft ist bei sachgerechten Erwägungen möglich. Insbesondere wird nicht rückwirkend in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen (VGH BW, U.v.10.4.2001 – 1 S 245/00 – NVwZ 2001, 1428). Die Selbstbindung der Verwaltung hindert nicht die unberührt bleibende Berechtigung, eine bestimmte Praxis für die Zukunft umzustellen bzw. zu ändern. Zulässig ist eine Änderung der Praxis aus vertretbarem Grund und mit der Wirkung für die Zukunft, gegebenenfalls mit einer angemessenen Übergangsregelung (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 56; Aschke in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 51. Ed. Stand 1.4.2021, § 40 Rn. 66 ff.).
Konkrete Förderfälle ab dem Jahr 2019 im Sinne der Klägerseite wurden nicht benannt und sind auch sonst nicht bekannt. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag der Klägerin und der dabei geltenden Förderrichtlinien (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 15 m.w.N.) eine andere Förderpraxis vorlag.
Der von Klägerseite genannte Bescheid für das Jahr 2018 beruhte auf der AGZ-Richtlinie vom 3. April 2017, die ausdrücklich auch außerbayerische Flächen einbezog, sofern der überwiegende Anteil in Bayern lag (vgl. Nr. 4.1 AGZ-RL 2017). Die Geltungsdauer der Richtlinie war in Nr. 7 Satz 1 ausdrücklich befristet. Außerdem hat die FüAk mit Schriftsatz vom 25. Februar 2021 nicht nur zutreffend darauf hingewiesen, dass der von Klägerseite vorgelegte Bescheid durch einen weiteren Bescheid abgeändert wurde, sondern dass die AGZ jeweils für das laufende Jahr berechnet werde und jede AGZ-Richtlinie auch sowohl ein Datum für das Inkrafttreten als auch für das Außerkrafttreten enthalte, sodass jeder Zuwendungsempfänger davon ausgehen müsse, dass nach dem Außerkrafttreten eine neue Richtlinie mit neuen Modalitäten erlassen werde. Gleichermaßen ist die aktuell geltende AGZ-Richtlinie gemäß ihrer Nr. 8 bis 31. Dezember 2021 befristet.
Rechtlich ist weiter nicht zu beanstanden, die Förderung auf das Gebiet des jeweiligen Bundeslandes zu begrenzen (vgl. VG Lüneburg, U.v. 28.6.2019 – 1 A 335/16 – juris). Ob und wie die außerhalb eines Bundeslandes liegenden Flächen gefördert werden, obliegt der Entscheidungsfreiheit des jeweiligen Landes. Da die Fördermittel der jeweiligen Bundesländer grundsätzlich begrenzt sind, steht es in der Entscheidung eines jeden Landes, wie die knappen zur Verfügung stehenden Fördermittel verteilt werden (OVG SH, U.v. 19.10.2015 – 2 LB 27/15 – juris Rn. 40 ff.; NdsOVG, U.v. 16.12.2014 – 10 LC 96/13 – DVBl. 2015, 318 – juris Rn. 23 u. 31 ff.).
Schon in der Vergangenheit waren die AGZ-Regelungen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Einzelne Länder gewährten zusätzlich eine Förderung für Flächen in angrenzenden Ländern. In anderen Bundesländern war dies hingegen ausdrücklich ausgeschlossen. Die Ausgleichzulage wurde zudem auch sonst bundesweit nicht einheitlich, sondern zumindest in den Einzelheiten jeweils divergierend nach Maßgabe der jeweiligen Landesrichtlinien in unterschiedlichem Ausmaß und Umfang gewährt. Dies war und ist ermessensfehlerfrei zulässig (vgl. NdsOVG, U.v. 16.12.2014 – 10 LC 96/13 – DVBl. 2015, 318 – juris Rn. 31 u. 39; vgl. auch VG Lüneburg, U.v. 28.6.2019 – 1 A 335/16 – juris Rn. 19 u. 28). Die Beklagtenvertreterin hat in der mündlichen Verhandlung zudem darauf hingewiesen, dass auch andere Bundesländer als Bayern nur Flächen im eigenen Hoheitsgebiet fördern würden und weitere Bundesländer im fraglichen Jahr 2019 die AGZ überhaupt nicht gewährt hätten.
Die Nichtberücksichtigung von Flächen außerhalb Bayerns verstößt weiter weder gegen das Grundgesetz noch gegen Europarecht.
Der Ausschluss der Klägerin mit ihren hessischen Flächen ist nicht verfassungswidrig, insbesondere nicht willkürlich, weil sachgerechte und vertretbare Gründe vom Beklagten vorgebracht wurden. Die Beklagtenvertreterin hat in der mündlichen Verhandlung betont, dass es gerade darum geht, durch die Ausgleichszulage die Flächen der bayerischen Landwirte in benachteiligten Gebieten in Bayern zu fördern. Weiter verwies sie auf die GAP-Reform als Auslöser der nachfolgenden Änderungen.
Aufgrund des freiwilligen Charakters einer Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien, ist eine entsprechende Nachprüfung der Förderrichtlinien nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Förderungsempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr.119 – juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203 – juris Rn. 15). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14, 52 – juris Rn. 147; B.v. 19.101982 – 1 BvL 39,80 – BVerfGE 61, 138, 147 – juris Rn. 34) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.727 – DVBl 2013, 1402). Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben, hier ausnahmslos bayerische Flächen zu fördern. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – juris Rn. 29 ff.; VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris Rn. 48; VG Köln, G.v. 17.8.2015 – 16 K 6804/14 – juris; jeweils. m.w.N.).
Der Zuwendungsgeber hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, soweit er bei der Förderung nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten vorgeht. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen der öffentlichen Hand in weitem Umfang zu Gebote (OVG LSA, B.v. 26.4.2021 – 1 L 49/19 – juris Rn. 9; NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – juris Rn. 30 ff.; OVG NW, U.v. 22.3.2021 – 14 A 1131/18 – juris Rn. 44; mwN).
Der Allgemeine Gleichheitssatz gebietet nur, ein gleichheitsgerechtes Verteilungsprogramm zu erstellen und in diesem Rahmen einen Anspruch zu gewähren (NdsOVG, U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 – juris Rn. 25).
Ein Vergleich mit Landwirten in den anderen Bundesländern ist im Zusammenhang mit einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht anzustellen, da allein die Verwaltungspraxis in Bayern ohne Rücksicht auf die Praxis in anderen Bundesländern und die dortigen Förderleistungen maßgeblich ist (vgl. OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris). Die landesrechtlichen Grundsätze zur Gewährung von Zuwendungen sind nur für das jeweilige Bundesland verbindlich, ohne dass es darauf ankommen kann, ob in anderen Bundesländern abweichende Fördervoraussetzungen zur Anwendung gelangen oder in der Vergangenheit gelangt sind. Art. 3 Abs. 1 GG bindet jeden Träger öffentlicher Gewalt allein in dessen Zuständigkeitsbereich. Auf die Förderpraxis anderer Bundesländer mit möglicherweise anderen förderpolitischen Zielsetzungen kann sich ein Kläger zur Begründung eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit Erfolg berufen. Die föderale Struktur rechtfertigt gerade unterschiedliche Regelungen und Förderungen sowie Schwerpunktsetzungen in einzelnen Bundesländern (OVG SH, U.v. 19.10.2015 – 2 LB 27/15 – juris Rn. 45; VG Koblenz, U.v. 20.3.2015 – 5 K 9/14.KO – juris Rn. 30; BVerfG, U.v. v 23.11.1988 – 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 – BVerfGE 79, 127, 158 sowie Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 129; Aschke in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 51. Ed. Stand 1.4.2021, § 40 Rn. 69).
Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinien bestehen keine triftigen Anhaltspunkte. Die Klägerin wird nicht anders behandelt als andere Antragsteller in Bayern, bei denen ebenfalls ausschließlich auf die bayerischen Flächen abgestellt wird. Infolgedessen liegt auch keine Ungleichbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung wie in vergleichbaren Förderfällen vor.
Aus den europarechtlichen Vorgaben folgt ebenfalls nicht zwingend, dass eine länderübergreifende Förderung erfolgen muss. Dies wäre zwar möglich, ist aber von Rechts wegen nicht geboten.
Die Mitgliedstaaten können nach den europarechtlichen Vorgaben Ausgleichszahlungen zugunsten von Landwirten in benachteiligten Gebieten gewähren; sie müssen dies aber nicht. Vielmehr entscheiden sie bzw. ihre regionalen Untergliederungen selbstständig hierüber (NdsOVG, U.v. 16.12.2014 – 10 LC 96/13 – DVBl. 2015, 318 – juris Rn. 23, 35 ff.). Nr. 1 Satz 3 der AGZ-Richtlinie bestimmt in Einklang mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) 1305/2013, dass die Einkommensverluste und zusätzlichen Kosten in benachteiligten Gebieten nur „teilweise“ auszugleichen sind.
Soweit die Klägerin auf Art. 4 VO (EU) 1307/2013 verweist und konkret auf die Gesamtheit der für die landwirtschaftlichen Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Flächen, die sich im Gebiet des Mitgliedstaates befinden, greift das Argument schon deshalb nicht, weil die Ausgleichszulage auch insoweit ohnehin nur für die Flächen gewährt wird, die die Voraussetzungen der jeweiligen landesrechtlichen Richtlinie erfüllen und gerade nicht alle Flächen, auch nicht innerhalb Bayerns. Zudem erfolgt auch in Bayern erst eine Förderung, wenn eine Mindestgröße der Fläche von drei Hektar erreicht ist.
Des Weiteren ist – wie bereits ausgeführt – aus Art. 31 VO (EU) 1305/2013 zu entnehmen, dass die jeweiligen Mitgliedsstaaten mit dem Umfang der Zahlung differenzieren können und nach dieser europarechtlichen Vorgabe ohnehin kein Vollausgleich der zusätzlichen Kosten und der Einkommensverluste in benachteiligten Gebieten verlangt werden kann, zumal die Förderung durch die verfügbaren Haushaltsmittel begrenzt ist. Die VO (EU) 1305/2013 überlässt dem einzelnen Mitgliedsstaat den Rahmen auszufüllen. Dieser ist grundsätzlich frei, Regelungen über Zuwendungsempfänger, -objekte, -verfahren und -umfang in Richtlinien zu treffen (VG Lüneburg, U.v. 28.6.2019 – 1 A 335/16 – juris Rn. 15; vgl. auch VG Saarland, U.v. 17.4.2020 – 1 K 1136/18 – juris Rn. 16).
Gemäß der InVeKoSV ist in § 2 die örtliche Zuständigkeit in Anknüpfung an den Betriebssitz geregelt. Ansonsten bleibt die Zuständigkeit der Länder unberührt, die Durchführung der Förderung zu regeln (vgl. näher NdsOVG, U.v. 16.12.2014 – 10 LC 96/13 – DVBl. 2015, 318 – juris Rn. 33).
Die aus der föderalen Struktur resultierende Kompetenz der einzelnen Bundesländer wie auch des Freistaats Bayern für eigenständige Regelungen ist europarechtlich nicht zu beanstanden.
Im vorliegenden Fall kann die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ländern nicht in Frage gestellt werden, da sie unter dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 EUV steht, nach dem die Union verpflichtet ist, die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Unter diesen Umständen ist also bei der Wahrnehmung von nationalen Kompetenzen in einem föderal strukturierten Mitgliedstaat durch die Länder grundsätzlich keine national gleichförmige Regelung geboten (NdsOVG, U.v. 16.12.2014 – 10 LC 96/13 – DVBl. 2015, 318 – juris Rn. 54 mwN zur EuGH-Rechtsprechung).
Die Beklagtenseite hat weiter in nicht zu beanstandender Weise auf den EuGH (U.v.17.20.2013 – C-101/12 – RdL 2014, 14 – juris) verwiesen, wonach eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist, wenn sie auf einem objektiven und angemessenen Kriterium beruht, d.h., wenn sie im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel steht, das mit der in Rede stehenden Regelung verfolgt wird, und wenn diese unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu dem mit der betreffenden Behandlung verfolgten Ziel steht. Den Mitgliedsstaaten kann ein gewisser Gestaltungsspielraum gewährt werden, aufgrund dessen sie diese unterschiedlichen Rechtsvorschriften erlassen können.
Weiter erfolgt keine Benachteiligung von EU-Ausländern. Maßgebend ist bei der Förderung nicht die Staatsangehörigkeit, sondern allein der Umstand, dass die Betriebsstätte und die Flächen im Freistaat Bayern sind, in der die geförderte Maßnahme auch zum Einsatz kommt (vgl. Nr. 2 Satz 1 und 6.1 der AGZ-Richtlinie; siehe allgemein VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris Rn. 56).
In der vorliegenden Konstellation ist schließlich kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung des Beklagten hätte gebieten müssen (vgl. OVG NW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris), weil der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Förderpraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. Denn das vom Beklagten nunmehr praktizierte durchgängige Abstellen auf die Lage der Flächen in Bayern ist keine atypische Besonderheit, die eine abweichende Behandlung gebietet, sondern gängige Praxis in einer typischen Fallkonstellation. So liegt kein atypischer Ausnahmefall vor, sondern eine Fallgestaltung, die in Grenzgebieten häufiger vorkommt und nach der Ausgestaltung der Förderpraxis und des praktizierten Förderverfahrens in Bayern gerade nicht gefördert werden soll.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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