Europarecht

Berufung, Revision, untersagung, Fahrzeug, Darlegung, Feststellung, Kostenentscheidung, Pkw, Zinsen, Hinweis, Zeitpunkt, Vollstreckbarkeit, Unvoreingenommenheit, Darstellung, Urteil des EuGH, konkrete Anhaltspunkte

Aktenzeichen  24 U 4613/21

Datum:
18.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 54503
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

22 O 1926/20 2021-06-21 Endurteil LGMEMMINGEN LG Memmingen

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Memmingen vom 21.06.2021, Az.: 22 O 1926/20, wird durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieser Beschluss sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Urteil des Landgerichts Memmingen sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.809,29 € festgesetzt.

Gründe

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen, klageabweisenden Urteil des Landgerichts Memmingen vom 21.06.2021 und die Ausführungen unter Ziffer I. der Gründe des Senatshinweises vom 22.09.2021 verwiesen.
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
1. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 21.06.2021 (Az.: 22 O 1926/20) teilweise abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Marke: Volkswagen, Typ: Golf Sportsvan, mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer …56 an die Klagepartei einen Betrag in 27.420,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozent-Punkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, unter Anrechnung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs zu erstatten, die sich aus folgender Formel ergibt (Kaufpreis x (aktueller Kilometerstand) – Kilometerstand bei Erwerb)/(geschätzte Gesamtlaufleistung – Kilometerstand bei Erwerb) zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von EUR 2.025,36 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Berufungsantrag zu 2) genannten Zugum-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
5. Vorsorglich wird für den Fall des Unterliegens beantragt, die Revision zuzulassen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 21.06.2021, Az.: 22 O 1926/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 22.09.2021 (Bl. 302/308 d.A.) Bezug genommen.
Das Vorbringen in der Gegenerklärung zum Hinweis (Schriftsatz vom 08.10.2021; Bl. 310/334 d.A.) ist nach Auffassung des Senats nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen, als im Senatshinweis vom 22.09.2021 dargelegt.
Im Einzelnen sind noch folgende Ausführungen dazu veranlasst:
1. Festzustellen ist zunächst, dass die Klägerin mit ihren Ausführungen in der Gegenerklärung in weiten Teilen Bezug nimmt auf Darlegungen anderer Gerichte in anderen Verfahren betreffend andere Fahrzeuge. Diese Bezugnahmen stellen grundsätzlich keinen substantiierten Sachvortrag in Bezug auf den streitgegenständlichen Pkw mit dem darin verbauten speziellen Motor dar.
2. Nach Auffassung des Senats fehlt es auch in Ansehung des Vorbringens in der Gegenerklärung weiterhin bereits an einer hinreichend substantiierten Darlegung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinn des Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007. Dies gilt insbesondere auch für die in der Gegenerklärung angeführte „Regenerationsoptimierung“. Insoweit wird auf die Darlegungen unter II. 1. b) bb) der Gründe des Senatshinweises vom 22.09.2021 verwiesen.
Für die Beurteilung der Frage, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt, kommt es zwar nicht allein auf die Feststellungen des KBA an. Bereits im Rahmen der Prüfung des objektiven Tatbestands des § 826 BGB ist aber von Bedeutung, dass umfangreiche Überprüfungen des KBA von Motoren der Baureihe EA288 gerade nicht zur Feststellung unzulässiger Abschalteinrichtungen führten.
Ein etwaiges Überschreiten der NOx-Werte beim Fahrbetrieb auf der Straße stellt grundsätzlich keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung dar.
Auch zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs war die Einhaltung der Abgaswerte nur auf dem Prüfstand verpflichtend, während die Werte im normalen Fahrbetrieb für die Typengenehmigung nicht maßgeblich waren. Ob ein exorbitant höherer NOx-Ausstoß beim Fahrbetrieb auf der Straße ein Indiz für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung oder gar für ein verwerfliches Verhalten darstellen kann, bedarf keiner Erörterung, weil die Klägerin einen derartigen exorbitant höheren NOx-Ausstoß für sein Fahrzeug nicht dargelegt hat.
Soweit das KBA einen Rückruf für das Modell T6 angeordnet hat, besagt dies für das streitgegenständliche Fahrzeug letztlich nichts. Fakt ist, dass das streitgegenständliche Fahrzeug seit seiner Erstzulassung seitens der Behörden unstreitig gerade nicht beanstandet worden ist. Der Senat sieht auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine derartige Beanstandung, die zu einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung führen könnte, drohen würde.
3. Für die etwaige Feststellung einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB, für die die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig ist, wäre über das festzustellende Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung hinaus subjektiv zusätzlich das Bewusstsein der für die Beklagte handelnden Personen erforderlich, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Aus dem Vortrag der Klägerin ergeben sich hierfür aus Sicht des Senats keine konkreten Anhaltspunkte. Vielmehr spricht der Umstand, dass das KBA als zuständige Fachbehörde nach Prüfung dieser Frage und Durchführung von Untersuchungen das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung verneint hat, ganz erheblich gegen einen derartigen Vorsatz.
Soweit die Klägerin in der Gegenerklärung die Glaubwürdigkeit und Unvoreingenommenheit des KBA anzweifelt, handelt es sich aus Sicht des Senats letztlich um nicht faktenbasierte Ausführungen, gestützt auf zitierte anderweitige Einschätzungen, die den Senat jedoch nicht überzeugen.
Jedenfalls sind die diesbezüglichen Ausführungen nicht geeignet, den Schluss zu rechtfertigen, verantwortliche Mitarbeiter der Beklagten hätten das KBA in sittenwidriger Weise über die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen getäuscht.
Im Übrigen ist noch anzumerken, dass es für die etwaige Feststellung eines vorsätzlich sittenwidrigen Verhaltens der Beklagtenseite auf die Vorstellung der für die Beklagte handelnden verantwortlichen Personen zum Zeitpunkt des Inverkehrsbringens des streitgegenständlichen Pkw’s ankommt. Aus danach erfolgten gerichtlichen Entscheidungen (z.B. Urteil des EuGH vom 17.12.2020 – C 693/18, BeckRS 2020, 35477) kann hinsichtlich der subjektiven Vorstellungen der für die Beklagte handelnden Personen nichts hergeleitet werden.
4. Hinsichtlich des Fehlens der Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nimmt der Senat auf die Darlegungen unter Ziffer II. 5. der Gründe des Hinweises vom 22.09.2021 Bezug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des §§ 47 Abs. 1 GKG und des § 3 ZPO bestimmt. Auf die Darlegungen unter Ziffer II. 6. der Gründe des Senatshinweises vom 22.09.2021 wird insoweit verwiesen.


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