Europarecht

Bescheid, Fahrzeug, Berufung, Rechtsanwaltskosten, Vollziehung, Revision, Sittenwidrigkeit, Annahmeverzug, Staatsanwaltschaft, Wirksamkeit, Anordnung, Software, Anklageschrift, Sachmangel, Zug um Zug, sofortige Vollziehung, Darlegungs und Beweislast

Aktenzeichen  21 U 2504/21

Datum:
18.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 45184
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

82 O 2517/20 2021-03-25 Urt LGINGOLSTADT LG Ingolstadt

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 25.03.2021, Az. 82 O 2517/20, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.
Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die die Klagepartei gegen die Beklagte wegen des Erwerbs eines Diesel-Pkws geltend macht.
1. Die Klagepartei erwarb für ihre Einzelfirma am 27.03.2017 zu einem Preis von 51.900,00 € brutto (43.613,45 € netto) bei einem Dritten einen Gebrauchtwagen Audi A6 S-line 3.0 TDI 200 kw (272 PS), Erstzulassung 10.09.2015. Das Auto ist mit einem V6-Dieselmotor ausgestattet und nicht mit einem Motor EA 189. Der Motor trägt die Bezeichnung „4G“ und den Motorkennbuchstaben „CRT“. Die Beklagte ist die Herstellerin des Wagens und des Motors. Der Kilometerstand betrug zum Zeitpunkt des Erwerbs 11.800 km, zum Zeitpunkt des Termins der mündlichen Verhandlung erster Instanz 78.692 km.
Für den Fahrzeugtyp wurde eine Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29. Juni 2007, S. 1 ff.; nachfolgend: Verordnung 715/2007/EG) mit der Schadstoffklasse Euro 6 erteilt.
Die Abgasreinigung erfolgt im streitgegenständlichen Fahrzeug über die Abgasrückführung. Dabei wird ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt, was zu einer Verringerung der Stickoxidemissionen führt im Rahmen eines „Thermofensters“, nach dem Vortrag der Klagepartei wird die Abgasreinigung ab einer Temperatur von unter 20°C heruntergeregelt. Daneben kommt eine Abgasnachbehandlung in Form der Selective Catalytic Reduction (SCR) in dem Fahrzeug zum Einsatz.
Das Fahrzeug ist betroffen von einem verbindlichen Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt mit der Begründung „unzulässige Abschalteinrichtung“ wegen der „Restreichweitenfunktion“. Der Bescheid lautet – auszugsweise – wie folgt:
„(…)
Anordnung nachträglicher Nebenbestimmungen zur EG-Fahrzeugtypgenehmigung
– Audi A6, A7 3,0 l Diesel Euro 6 (Motorkennbuchstabe (MKB) CRT)
Sehr geehrter Herr (…), am 04. sowie 07.05.2018 informierte die A. AG das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) darüber, dass man am 26.04.2018 festgestellt habe, dass bei Fahrzeugen Audi A6 und A7 mit dem Motor MKB CRT die Reagenseindüsung in den SCR-Katalysator bei Erreichen der Reagens-Restreichweite von weniger als 2.400 km unter gewissen Bedingungen in reduziertem Maß durchgeführt wird. Die Auslieferung der Fahrzeuge sei daraufhin durch die A. AG gesperrt worden, die Produktion läuft jedoch weiter.
Die vorgelegten Dokumente begründen den Verdacht, dass in obigen Fahrzeugmodellen mit dem genannten Motor eine unzulässige Abschaltung im Emissionskontrollsystem bzw. unzulässige Reduzierungen der Wirksamkeit desselben vorgenommen werden.
Das KBA hat mit Schreiben vom 15.05.2018 zum vorgenannten Sachverhalt ein Anhörungsverfahren nach § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) initiiert. Die Anwaltspartnerschaft p. hat im Auftrag der A. AG fristgerecht erwidert. Der Verdacht der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung konnte mit der Erwiderung nicht ausgeräumt werden.
Wegen der zugrundeliegenden Emissionstypgenehmigung ist das KBA in Kontakt mit der luxemburgischen Genehmigungsbehörde (SNCH) gewesen und erlässt die nachfolgenden Maßnahmen in Koordination und Absprache mit SNCH. Hierbei ist noch zu erwähnen, dass die SNCH zur weiteren Überprüfung Aussagen von Audi noch zusätzliche eigene Tests (modifizierter Typ 1-Test sowie RDE-Test) durchführen wird. Im Rahmen der Validierung der neuen Motorsteuerungssoftware zur Herstellung der Konformität wird die SNCH dann einen weiteren RDE-Test als verantwortliche Emissionstypgenehmigungsbehörde durchführen.
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der Erwiderung ergeht folgender Bescheid
1. Für die der A. AG (nachfolgend A.) vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erteilte EG-Fahrzeugtypgenehmigung
– e1*2007/46*0436 wird für die Motorvarianten mit dem Motorkennbuchstaben (MKB) CRT nach § 25 Absatz 1 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) angeordnet, dass die Produktion so umzustellen ist, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen im Sinne von Nr. 2.16 in Verbindung mit Nr. 5.1.2.1 der UN-Regelung Nr. 83 und Artikel 3 Nr. 10 in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 mehr im Emissionskontrollsystem verbaut sind.
2. Für die A. vom KBA erteilte obige Fahrzeugtypgenehmigung werden gemäß § 25 Absatz 2 EG-FGV folgende nachträgliche Nebenbestimmungen angeordnet:
– Bei allen auf Basis der genannten Fahrzeugtypgenehmigung (einschließlich ihrer zutreffenden Nachtragsstände) produzierten Fahrzeugen mit Motorvarianten mit dem Motorkennbuchstaben (MKB) CRT ist die Vorschriftmäßigkeit herzustellen, indem alle unzulässigen Abschalteinrichtungen im Sinne von Nr. 2.16 in Verbindung mit Nr. 5.1.2.1 der UN-Regelung Nr. 83 und Artikel 3 Nr. 10 in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 aus dem Emissionskontrollsystem entfernt werden.
– Alle betroffenen, produzierten Fahrzeuge sind umzurüsten. Hierbei ist der vom KBA freigegebene Datenstand der Motorsteuerungssoftware in die Fahrzeuge einzubringen.
– Audi hat dafür Sorge zu tragen, dass produzierte, aber noch nicht erstmals in den Verkehr gekommene Fahrzeuge vor der Erstzulassung auf einen vom KBA akzeptierten Datenstand der Motorsteuerungssoftware umgerüstet werden.
So umgerüsteten Fahrzeugen ist eine Umrüstbescheinigung beizufügen.
3. Audi hat bis zum 18.06.2018 für bereits produzierte aber noch nicht erstmals zugelassene Fahrzeuge ohne einen vom KBA akzeptierten Datenstand der Motorsteuerungssoftware zulassungsrelevante Identifizierungsmerkmale (Marke, Handelsbezeichnung, Hubraum (ccm), Leistung (kW), Motorkennbuchstabe, Typ/ Variante/ Version, Emissionsstufe,
WVTA-Genehmigungs-Nr., Emissionsgenehmigungs-Nr.) zu liefern.
4. A. hat bis zum 18.06.2018 eine technische Maßnahme sowie einen Zeitplan zur Herstellung der Vorschriftmäßigkeit vorzulegen. In Abhängigkeit vom Fortgang wird das KBA im weiteren Verfahren endgültige Termine für den Ablauf der Rückrufaktion festlegen. Etwaig notwendig werdende Abweichungen vom Plan sind mit dem KBA rechtzeitig abzustimmen. Über den Erfolg der Rückruf- und Umrüstaktion ist dem KBA regelmäßig zu berichten. Durch Beibringen geeigneter Nachweise ist das Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtungen sowie darauf folgend die Einhaltung aller motorrelevanten Einzelrechtsakte der RL 2007/46/EG zu belegen. Über die Eignung entscheidet das KBA.
5. Die sofortige Vollziehung vorstehender Maßnahmen wird gemäß § 80 Absatz 2 Nr. 4 VwGO angeordnet.
Sachverhalt:
Die in Rede stehenden Fahrzeuge besitzen einen SCR-Katalysator, der systembedingt mit Reagens betrieben werden muss. Nach der Aussage von Audi wird bei oben genannten Fahrzeugen nach Aktivierung des Aufforderungssystems nicht über die gesamte Restreichweite des Fahrzeugs gleich viel Reagens in den SCR-Katalysator eingedüst (bezogen auf vergleichbare Betriebsbedingungen vor Erreichen der Restreichweite). Dies soll der Sicherstellung der geforderten Reagens-Restreichweite von 2.400 km dienen.
Die Zurücknahme der Reagenseindüsung erfolgt ausschließlich im Onlinebetrieb ab einem durchschnittlichen Reagens-Langzeitverbrauch von mehr als 1,3 l/ 1.000 km. Der Korrekturfaktor liegt bei 0,95.
Begründung:
Nach Auffassung des KBA ergibt sich aus der Vorschrift zwar nicht klar, ob das Reagens unter allen möglichen Umständen mindestens 2.400 km oder aber nur bei einem „mittleren“ Betriebsprofil 2.400 km ausreichen muss. Jedoch verbietet die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 explizit das Vorhandensein von Abschalteinrichtungen bzw. gestattet sie nur unter in Artikel 5 bestimmten Bedingungen, welche hier allesamt nicht zutreffen. Somit ist festzustellen, dass durch die gewählte Strategie die Wirksamkeit des Abgasnachbehandlungssystems unzulässig verringert wird.
Hiermit folgt das KBA seiner im Bescheid zum VW Touareg vertretenen Rechtsposition. Es verkennt jedoch hierbei nicht, dass technisch nachvollziehbar die Abschaltung des Emissionskontrollsystems im weit geringeren Umfang stattfindet als im Fall des VW Touareg. Gleichwohl gebietet Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 die formale Einstufung als unzulässige Abschalteinrichtung.
A. hat die Fragen im Anhörungsschreiben im Hinblick auf die zuverlässige Erfüllung der Pflichten als Genehmigungsinhaber vollständig beantwortet. Unter Berücksichtigung dieser Antworten entscheidet das KBA noch nicht über diesen Sachverhalt. Das KBA hat jedoch ein diesbezügliches QM-Konformitätsüberprüfungsverfahren gestartet und entscheidet nach Vorliegen der Prüfungsergebnisse.
Die vom KBA getroffene Anordnung ist verhältnismäßig, d. h. geeignet, erforderlich und angemessen. Die gewählte Vorgehensweise ist geeignet, das Ziel, die Vorschriftmäßigkeit von bereits im Verkehr befindlichen wie auch noch nicht in Verkehr befindlichen Fahrzeugen herzustellen, zu erreichen. Die Anordnung ist erforderlich, weil durch die vorhandenen unzulässigen Abschalteinrichtungen unter normalen Betriebsbedingungen eine erhöhte Stickoxidemission und somit eine Unvorschriftmäßigkeit vorliegt. Mildere Mittel zur Herstellung der Vorschriftmäßigkeit solcher Fahrzeuge sind nicht erkennbar; die Anordnung ist somit angemessen.
Hinsichtlich des Erfordernisses der Anordnung von Maßnahmen durch das KBA, obwohl Audi alle von der Behörde beabsichtigten Maßnahmen freiwillig einleiten wird, vertritt das KBA folgende Auffassung: Grundsätzlich ergibt sich für das KBA das Erfordernis eines Bescheides daraus, dass sich damit zwischen Behörde und Beschiedenem von Beginn an Rechtsklarheit ergibt.
Sofern sich bei A. die Befürchtung ergibt, dass sich aus einer Anordnung von Maßnahmen Nachteile auf anderen Rechtsgebieten ergeben könnten, so wird diese Befürchtung nicht geteilt. Über die Dokumentation des Verwaltungsverfahrens ließen sich sowohl Kooperationsbereitschaft zur Aufklärung wie auch das Ergreifen freiwilliger Maßnahmen belegen. Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich in diesem Zusammenhang nicht. Diese betrifft nur Art und Umfang der von der Behörde festgelegten Maßnahmen, was vorstehend begründet wurde.
(…)
Hinweis:
Im Falle der Nichtbefolgung dieser Anordnungen ist das KBA gemäß § 25 Absatz 3 EG-FGV dazu berechtigt, die betroffene Typgenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen.
(…)“
Die Beklagte hat hierzu ein Softwareupdate in Absprache mit dem Kraftfahrtbundesamt entwickelt. Dies wurde vom Kraftfahrtbundesamt geprüft und freigegeben mit Bescheinigung vom 12.11.2018. Der Kläger hat das Update aufspielen lassen. Die Freigabebescheinigung (Anlage B3) lautet – auszugsweise – wie folgt:
„Datum: 12.11.2018 (…)
Freigabe der Rückrufaktion zur Umrüstung von Fahrzeugen Audi A6/A7 3.0l Diesel Euro 6 (Motorkennbuchstabe CRT)
Sehr geehrter (…),
die A. AG hat die Freigabe der Rückrufaktion für obige Fahrzeuge, soweit sie von dem Bescheid 400-52.A/001#048 vom 04.06.2018 betroffen waren, beantragt.
Die durch die A. AG zur Verfügung gestellte Software wurde durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) analysiert, zusätzlich wurden die Dokumentationen der Emissionsstrategien geprüft. Zum Nachweis der Vorschriftsmäßigkeit wurden Verifizierungsmessungen eines vom SNCH benannten Technischen Dienstes vorgelegt.
Folgende Sachverhalte wurden durch das KBA mit dem dargestellten Ergebnis überprüft:
– Nichtvorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen Ergebnis: Es wurde keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt.
– Offenlegung zulässiger Abschalteinrichtungen
Ergebnis: Die vorhandenen Abschalteinrichtungen wurden als zulässig eingestuft. 21 U 2504/21 – Seite 6 – Die Änderungen der Applikation haben auf folgende Sachverhalte keinen Einfluss und wurden durch die Messungen der ATE EL bestätigt.
– Schadstoffemissionen und Dauerhaltbarkeit von emissionsmindernden Einrichtungen
– Kraftstoffverbrauchswerte und CO₂-Emissionen
– Motorleistung und maximales Drehmoment
– Geräuschemissionen Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse wird die Umrüstung der Fahrzeuge mit dem Motorkennbuchstaben CRT mit den nachfolgenden Emissionstypgenehmigungen durch die Audi AG vom KBA freigegeben.
e13*715/2007*136/2014W*6547*00-01
e13*715/2007*136/2014W*6600*00-01
e13*715/2007*136/2014W*6600*03 (…)“
Die Klagepartei begehrte erstinstanzlich die Verurteilung zur Zahlung des Kaufpreises gekürzt um eine Nutzungsentschädigung nebst Rechtshängigkeitszinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie Feststellung von Annahmeverzug der Beklagten mit der Rücknahme und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Rechtshängigkeitszinsen.
Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
2. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 25.03.2021 im Wesentlichen stattgegeben. Die Haftung der Beklagten ergäbe sich aus §§ 826, 31 BGB. Bei der unstreitig in dem Fahrzeug verbauten „Restreichweitenfunktion“ handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung in Bezug auf das Emissionsverhalten nach den europarechtlichen Vorgaben. Der insofern ergangene Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes entfalte Tatbestandswirkung bzw. ergäbe sich dies auch aus der Subsumtion der einschlägigen Normen. Für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes im Sinne der europarechtlichen Vorgaben sei die Beklagte darlegungsund beweisbelastet; dem sei diese nicht nachgekommen. In der Reagens-Reduzierung sei eine Abschalteinrichtung zu sehen, welche für sich genommen bereits genüge, einen Anspruch der Klagepartei auf Rückabwicklung des Kaufvertrages auszulösen. Auf die weiter von der Klagepartei geltend gemachten Abschalteinrichtungen käme es damit nicht mehr an. Die Herstellung und das Inverkehrbringen von Dieselmotoren unter Verwendung einer Motorsteuerungssoftware, durch die Emissionswerte im Vergleich zwischen Prüfstandslauf und realem Fahrbetrieb beeinflusst werden und damit das Emissionsverhalten des Motors auf dem Prüfstand im Normzyklus anders gesteuert werde als im regulären Fahrbetrieb, erfülle bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Voraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S.v. § 826 BGB. Hiergegen wendet sich die Beklagtenpartei mit der Berufung und begründet dies mit Schriftsatz vom 28.06.2021 (Bl. 104 ff. d.A.). Sie verfolgt ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter.
Sie nimmt zur Begründung Bezug auf Entscheidungen des erkennenden Senats zur Frage der Haftung der Beklagten bei Feststellung einer Abschalteinrichtung wie vorliegend. Der hier inmitten stehende Rückruf zu Fahrzeugen der Beklagten mit dem Motorkennbuchstaben „CRT“ rechtfertige keine Haftung nach § 826 BGB, da hierin keine sittenwidrige Täuschung liege. Denn die beanstandete Abschalteinrichtung funktioniere im Prüfstand wie auch im Realbetrieb in gleicher Weise; eine Prüfstandsbezogenheit liege nicht vor. Die Beklagte nimmt Bezug auf BGH, Beschluss vom 09.03.2021, Az.: VI ZR 889/20, und Auskünfte des Kraftfahrtbundesamtes aus anderen Verfahren, unter anderem vorgelegt als Anlagen BB3 und BB08. Diese lauten – auszugsweise – wie folgt:
Anlage BB3:
„Landgericht Itzehoe (…)
Datum: 12.11.2020
In dem Rechtsstreit (…)
gegen
A. AG
Az: 6 O 356/19 wurde das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit Schreiben vom 12.10.2020, dem KBA zugegangen am 13.10.2020, um Beantwortung folgender Fragen gebeten:
1. Warum genau hat das Kraftfahrtbundesamt die „Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems“ beanstandet?
2. Welcher Art war die vom Kraftfahrtbundesamt vorgefundene „unzulässige Abschalteinrichtung“?
3. Wurde bei dem untersuchten Motor eine Vorrichtung vorgefunden, die für die Abgasbehandlung zwischen dem Betrieb auf dem Prüfstand und auf der Straße unterscheidet?
4. Um welchen Motortyp handelt es sich? (Im hiesigem Verfahren wurde sowohl vorgetragen, es handele sich um den Typ EA 896 als auch EA 897.)
Hierauf teile ich Folgendes mit:
Das streitgegenständliche Fahrzeug Audi A6 Avant 3.0l 200 kW Euro 6 mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) (…) verfügt über einen SCR-Katalysator zur NOx-Nachbehandlung, der systembedingt mit Reagens betrieben werden muss. Bei dem Fahrzeug wird nach Aktivierung des Aufforderungssystems bei 2400 km Restreichweite des Reagens unter Umständen nicht über die gesamte Restreichweite des Fahrzeugs gleich viel Reagens in den SCR-Katalysator eingedüst (bezogen auf vergleichbare Betriebsbedingungen vor Erreichen der Restreichweite). Dies führt zu einer Verringerung der Wirksamkeit des NOx-Nachbehandlungssystems. Ausnahmegründe gemäß Artikel 5 Absatz 2 der VO (EG) Nr. 715/2007 konnten nicht angeführt werden. Daher bewertet das KBA diese Verringerung der Wirksamkeit des SCR-Katalysators als unzulässige Abschalteinrichtung. Es wurden nachträgliche Nebenbestimmungen angeordnet.“
Prinzipiell wird nicht zwischen Prüfstandbetrieb und Betrieb auf der Straße unterschieden.
Weiterhin teile ich Ihnen mit, dass die Bezeichnungen „EA 896“ oder „EA 897“ im Typgenehmigungsverfahren nicht einschlägig sind. Diese werden durch den Fahrzeughersteller festgelegt. Die Baumusterbezeichnung im Typgenehmigungsverfahren lautet CRTD.
(…)“
Anlage BB08:
„Landgericht Itzehoe (…)
Datum: 16.11.2020
In dem Rechtsstreit (…)
gegen (…)
Az: 6 O 356/19 wurde das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit E-Mail vom 13.11.2020 um Beantwortung folgender Rückfragen zu dem Schreiben des KBA an das LG Itzehoe vom 12.11.2020 gebeten:
Auf Seite 2 im 2. Absatz heißt es, „prinzipiell“ werde nicht zwischen Prüfstandsbetrieb und Betrieb auf der Straße unterschieden. Was bedeutet das? Unterscheidet die Software zwischen Prüfstandsbetrieb und Normalbetrieb oder nicht? Konnte in dem Fahrzeug irgendeine Vorrichtung festgestellt werden, die für die NOx-Nachbehandlung den Prüfstandsbetrieb erkennt oder nicht? Hierauf teile ich Ihnen Folgendes mit:
Es konnte bei dem untersuchten Motor keine Emissionsstrategie festgestellt werden, die unzulässig zwischen dem Betrieb auf dem Prüfstand und auf der Straße unterscheidet und so die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems vermindert. Diesbezüglich verhält sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand und auf der Straße gleich.
(…)“
Weiter führt die Beklagte aus, andere Abschalteinrichtungen lägen nicht vor. Das Vorhandensein einer unzulässigen Getriebeschaltfunktion habe das Kraftfahrtbundesamt trotz Prüfungen nicht festgestellt, lediglich zu einigen Fahrzeugen der Modelle Audi A7/A8 V-TDI Euro 5 sei insofern ein Rückruf erfolgt, allerdings nicht wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, sondern wegen einer Konformitätsabweichung. Außerdem bestehe keine Manipulation des On-Board-Diagnose-System (OBD); auch die OBD-Schwellenwerte bezögen sich auf die NEFZ-Messungen im Prüfstand, nicht auf die Emissionen im realen Fahrbetrieb.
Ferner scheitere ein Anspruch auch an fehlender Kausalität. Diese sei bestritten worden; die beantragte Parteivernehmung hätte nicht zurückgewiesen werden dürfen. Es bestehe zudem kein Vorsatz und auch kein Schaden. Hilfsweise seien Nutzungen anzurechnen, deren Höhe degressiv zu bemessen sei. Sie wendet sich ferner gegen den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Die Beklagte beantragt,
I. In Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Ingolstadt vom 25.03.2021, Az. 82 O 2517/20, wird die Klage insgesamt abgewiesen.
II. Hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag nach Ziffer I. nicht stattgegeben werden sollte: Der Rechtsstreit wird, soweit zu Lasten der Beklagten und Berufungsklägerin entschieden wurde, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Ingolstadt zurückverwiesen.
III. Hilfsweise für den Fall, dass den Anträgen nach Ziffer I. und II. nicht stattgegeben werden sollte: Die Revision wird zugelassen.
Die Klagepartei beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Sie habe hinreichend schlüssig und substantiiert vorgetragen. Sie bezieht sich hierzu u.a. auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 28.01.2020, Az.: VIII ZR 57/19. Danach sei es in Bezug auf einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 BGB nicht erforderlich, dass ein Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt vorliege. Nach der erfolgten Substantiierung durch die Klagepartei sei es Aufgabe der Beklagten, im Rahmen der ihr dann obliegenden sekundären Darlegungs- und Beweislast vorzutragen, dass die Abschalteinrichtungen nicht illegal seien und sodann zur Kenntnis der Organe auszuführen. Die Klagepartei könne vorliegend nicht auf die Ermittlungsarbeit der amerikanischen Ermittlungsbehörden zurückgreifen und habe keinen Zugang zu den Quellcodes der Motorsteuerungssoftware; sie befinde sich in Beweisnot. Das pauschale Bestreiten durch die Beklagte genüge nicht; der klägerische Vortrag sei damit unbestritten. Die verantwortlichen vormaligen Vorstände der Beklagten hätten die Entscheidung zur Entwicklung und Verwendung der vorgetragenen unzulässigen Abschalteinrichtungen selbst getroffen oder diese sei zumindest mit ihrer Kenntnis getroffen und umgesetzt worden. Sie nimmt Bezug auf ein Zitat des Strafverteidigers des Angeklagten P. im Strafverfahren vor dem Landgericht München II und legt hierzu einen Artikel aus der FAZ vom 06.10.2020 vor (Anlage BK 2). Sie legt die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II gegen Herrn P. u.a. (Anlage BK5) vor. Das Fahrzeug verfüge über einen verpflichtenden Rückruf unter der Herstellerbezeichnung „23X6“, zu dem sie nun ein Anschreiben vorlegt (Anlage BK3). Das Fahrzeug sei von unzulässigen Abschalteinrichtungen betroffen. Sie legt dazu nunmehr einen Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes vor vom 19.01.2018 zu Audi A6, A7, „3.0 l Diesel Euro 6 (Bi-Turbo)“ hinsichtlich u.a. der „schnellen Aufheizstrategie“ (Anlage BK4). Fälschlich behaupte die Beklagte, der Hintergrund des Rückrufs sei das „missbräuchliche Falschbefüllen des AdBlue-Tanks“. Die Freigabebescheinigung des Kraftfahrtbundesamtes bestätige den klägerischen Vortrag hinsichtlich des Vorliegens unzulässiger Abschalteinrichtungen.
Im Übrigen führt sie aus zur Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. §§ 6, 27 EG-FGV, § 831 BGB sowie zu den geltend gemachten Nebenforderungen.
5. Der Senat hat über den Rechtsstreit am 18.10.2021 mündlich verhandelt. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird weiter Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet. Sie führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils und gleichzeitiger Klageabweisung. Mangels vertraglicher Beziehung kommen lediglich deliktische Ansprüche in Betracht, die jedoch im Ergebnis zu verneinen sind.
1. Zutreffend rügt die Berufung die Bejahung einer Haftung der Beklagten nach §§ 826, 31 BGB wegen der Verminderung der Stickoxidreduktion im Rahmen der Abgasnachbehandlung bei Aktivierung der „Restreichweitenfunktion“.
Es genügt für eine Haftung nach § 826 BGB, und zwar bereits in Bezug auf die Frage nach der objektiven Sittenwidrigkeit, nicht die bloße Feststellung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der europarechtlichen Vorgaben. Der darin liegende Gesetzesverstoß ist für sich allein nicht ohne Weiteres geeignet, den Einsatz der beanstandeten Technologie durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich anzusehen. Maßgeblich ist, ob entweder die beanstandete Technik darüber hinaus bereits aufgrund ihrer Machart als evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und durch Arglist geprägte Abschalteinrichtung dem Handeln ein sittenwidriges Gepräge gibt oder ob darüber hinaus weitere Umstände dazu treten, die den Einsatz der beanstandeten Technologie durch Verantwortliche der Beklagten als besonders verwerflich erscheinen lassen. Auf die mittlerweile ständige Rechtsprechung des BGH zu „Thermofenstern“ (siehe BGH, Beschluss vom 19.01.2021, Az.: VI ZR 433/19, Rdnr. 16 ff.; vom 09.03.2021, Az.: VI ZR 889/20, Rdnr. 27, Urteil vom 13.07.2021, Az.: VI ZR 128/20, Rdnr. 11 ff., vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 192/20, Rdnr. 15 ff.) in Abgrenzung zur Entscheidung des BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, wird Bezug genommen. Danach fehlt es vorliegend an zureichenden Anhaltspunkten bereits hinsichtlich der objektiven Sittenwidrigkeit; die Klagepartei ist aber darlegungs- und beweisbelastet. Im Einzelnen:
a) Wie in Bezug auf die Technologie der Thermofenster kann unterstellt werden, dass es sich bei der „Restreichweitenfunktion“ um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Denn bei der „Restreichweitenfunktion“ handelt es sich gerade nicht um eine – evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und von vornherein durch Arglist geprägte – Abschalteinrichtung wie sie in Form der sogenannten „Umschaltlogik“ beim Motor EA 189 der V. AG zum Einsatz kam. Anders als die „Umschaltlogik“ unterscheidet die im streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzte „Restreichweitenfunktion“ nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. Sie weist keine Funktion auf, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Darüber hinaus wird die verminderte Stickoxidreduktion im Rahmen der Abgasnachbehandlung erst bei – der gesetzlich erforderlichen – Aktivierung der Reagensrestreichweite ausgelöst, d.h., Erreichen einer voraussichtlichen Reagensrestreichweite von 2.400 km. Es kommt dabei nicht zu einer Abschaltung der Stickoxidreduktion durch die Abgasnachbehandlung innerhalb des SCR-Katalysators, sondern die Abgasnachbehandlung ist so eingestellt, dass das Reagens bei einem „mittleren Betriebsprofil“ noch 2.400 km Restreichweite gewährt, d.h. eine ohnehin nur teilweise verminderte Stickoxidreduktion ist auch bei Aktivierung der „Restreichweitenfunktion“ nur im Fall einer über ein mittleres Betriebsprofil hinausgehenden Fahrweise gegeben.
Diese Funktionsweise steht zur Überzeugung des Senats fest. Zum einen hat die Beklagte diese Funktionsweise erstinstanzlich erläutert, ohne dass die Klagepartei dem entgegengetreten ist. Sie hat erstinstanzlich vielmehr lediglich zu vermeintlichem Vortrag der Beklagten zur „schnellen Aufheizfunktion“ des SRC-Katalysators (Bl. 42 ff., dort S. 11) vorgetragen. Zudem wird diese Funktionsweise bestätigt in dem hierzu ergangenen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes; auf die vorstehend erfolgte auszugsweise Wiedergabe wird Bezug genommen. Dieser Bescheid ist im Internet allgemein abrufbar unter https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Verkehr/dieselgate/KBABescheide/kbabescheid _Audi_A_6 _A_7_Euro_6.pdf und damit offenkundig i.S.v. § 291 ZPO sowie dem Senat aus zahlreichen Verfahren bereits bekannt. Hierauf wurden die Parteien vorab im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen. Der Bescheid bezieht sich explizit auf Fahrzeuge mit dem Motorkennbuchstaben „CRT“ wie das streitgegenständliche Fahrzeug. Überdies bestätigen diese Funktionsweise ferner die von der Beklagten hierzu vorgelegten Auskünfte des Kraftfahrtbundesamtes zu dem Rückruf zu Fahrzeugen mit dem Motorkennbuchstaben „CRT“ (Anlagen BB3, BB08, ebenfalls vorstehend auszugsweise wiedergegeben). Soweit die Klagepartei nunmehr in zweiter Instanz einen weiteren Rückrufbescheid und ein Anschreiben der Beklagten zu einem Rückruf unter dem Herstellercode „23X6“ gegenüber einer Dritten vorlegt (Anlagen BK3 und BK4), bezieht sich der Bescheid zwar auf Fahrzeuge des Modells A6 der Beklagten, ausweislich der vom Kraftfahrtbundesamt veröffentlichten, über dessen Homepage allgemein zugänglichen Übersicht zu Rückrufen (Stand 18.10.2021, abrufbar unter https://www.kba.de/DE/Themen/Marktueberwachung/Abgasthematik/uebersicht2_p.pdf? _blob= publicationFile& v=3), die von der Beklagten in Bezug genommen wurde und die der Senat als offenkundig im Sinne von § 291 ZPO bewertet, aber nur auf solche mit abweichender Leistung und abweichendem Motorkennbuchstaben. Im Übrigen kommt der Herstellerbezeichnung des Rückrufcodes keine differenzierende Bedeutung zu; aus der bereits zitierten Übersicht des Kraftfahrtbundesamtes ist ersichtlich, dass die Bezeichnung „23X6“ dort unterschiedslos für alle dort gelisteten Rückrufe verwendet wird.
b) Unter diesen Umständen wäre der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten aber nur gerechtfertigt, wenn zu dem – hier unterstellten – Verstoß gegen die Verordnung 715/2007/EG weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der „Restreichweitenfunktion“ in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt. Dabei trägt die Darlegungs- und Beweislast für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen die Klagepartei als Anspruchsteller.
Konkrete Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass die Beklagte in Bezug auf die „Restreichweitenfunktion“ in dem Bewusstsein der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung handelte, hat die Klagepartei indes nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich. Dies gilt auch im Hinblick auf die als Anlage BK5 vorgelegte Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II gegen Herrn P. u.a. Zwar umfasst diese auch den Betrugsvorwurf bezüglich der „Restreichweitenfunktion“. Anhaltspunkte für ein Rechtswidrigkeitsbewusstsein auf Seiten der für die Beklagte handelnden Personen in Bezug auf die „Restreichweitenfunktion“ sind indes – auch unter Berücksichtigung der dortigen Ausführungen zu den Hintergründen der Verwendung der dort beanstandeten Abschalteinrichtungen – dort nicht ausgeführt. Überdies ergibt sich bereits aus dem Rückrufbescheid zur „Restreichweitenfunktion“, dass auch das Kraftfahrtbundesamt als zuständige Genehmigungsbehörde die Rechtslage als nicht zweifelsfrei eingestuft hat (dort „Begründung“, 1. und 2. Absatz; vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 30).
2. Eine Haftung nach §§ 826, 31 BGB ist auch hinsichtlich der Behauptung weiterer unzulässiger Abschalteinrichtungen zu verneinen.
Nach allgemeinen Grundsätzen trägt derjenige, der einen Anspruch aus § 826 BGB geltend macht, die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Dabei hängen die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden zunächst davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner – hier die Klagepartei – vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist. Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, Rdnr. 35 ff. m.w.N.).
Voraussetzung ist stets ein schlüssiger und erheblicher Sachvortrag der zunächst darlegungsund beweisbelasteten Klagepartei. Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten. Weiter ist es einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich nur auf vermutete Tatsachen stützen kann, weil sie mangels Sachkunde und Einblick in die Produktion des von der Gegenseite hergestellten und verwendeten Fahrzeugmotors einschließlich des Systems der Abgasrückführung oder -nachbehandlung keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann. Zur hinreichenden Substantiierung ist nicht erforderlich, dass der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in die Sachkenntnis eines Sachverständigen gestellten Behauptung habe. Gleichwohl bleiben greifbare Anhaltspunkte – über die bloße pauschale Behauptung hinaus – erforderlich für das behauptete sittenwidrige Verhalten der Beklagten. Unbeachtlich ist der auf Vermutung gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber „aufs Geratewohl“, gleichsam „ins Blaue hinein“ aufgestellt sind und sich damit als rechtsmissbräuchlich darstellen. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten. Entscheidend ist damit, ob die Klagepartei ausreichend greifbare Anhaltspunkte zur Begründung ihres Vorwurfs objektiv sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten im Zusammenhang mit dem Emissionsverhalten ihres Fahrzeugs vorbringt; bereits im Ansatz verfehlt ist der wiederholte Hinweis auf die Voraussetzungen des Vortrags zu einem Sachmangel (BGH, Beschluss vom 28.01.2020, Az.: VIII ZR 57/19, Rdnr. 7 ff. m.w.N., BGH, Urteil vom 13.07.2021, Az.: VI ZR 128/20, Rdnr. 20 ff., vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 21 ff., vom 16.09.2021, Az. VII ZR 322/20, Rdnr. 16). Daran fehlt es hier. Im Einzelnen:
Soweit die Klagepartei sich auf den als Anlage BK4 vorgelegten Rückrufbescheid zu u.a. Fahrzeugen des Modells A6 hinsichtlich u.a. des Einsatzes einer „schnellen Aufheizfunktion“ bezieht, betrifft dieser Rückruf nicht das streitgegenständliche Fahrzeug. Auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen. Zudem hat die Beklagte im Berufungsverfahren vorgetragen, dass dieser Bescheid sich – im Übrigen auch ausweislich der dortigen Ausführungen – auf Fahrzeuge mit Biturbo-Technologie beziehe, das streitgegenständliche Fahrzeug aber nicht über eine solche verfüge, ohne dass die Klagepartei dem entgegengetreten wäre. Damit mangelt es auch an der Vergleichbarkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu solchen, bei denen eine Abschalteinrichtung festgestellt wurde, die ggfls. eine Haftung nach § 826 BGB begründen könnte. Überdies widerspricht die von der Klagepartei vorgelegte Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II der Behauptung, bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug seien – außer der „Restreichweitenfunktion“ – andere Abschalteinrichtungen verbaut. Der Vortrag ist insofern in sich widersprüchlich und damit unschlüssig. Denn dort (Anklageschrift, S. 25) wird explizit ausgeführt, dass die Fahrzeuge „Audi A6, A7“, EU6, 200 kw, Typengenehmigung „4G“ und Motorkennbuchstabe „CRT“, wozu auch das streitgegenständliche Fahrzeug gehört, nur die „Strategie E“, d.h. die „Restreichweitenfunktion“ (Anklageschrift, S. 24), aufweisen. Die anderen, dort ebenfalls beschriebenen Strategien A/B/etc. – wozu auch die „schnelle Aufheizfunktion“ gehört – werden bei Fahrzeugen des streitgegenständlichen Typs nicht beanstandet.
Zum Vortrag einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung i.S.v. § 826 BGB in Bezug auf das Getriebe gilt Folgendes: Der bloße Umstand, dass das Fahrzeug aufgrund von bestimmten Parametern in der Lage ist, einen Prüfstandslauf zur (De-)Aktivierung von technischen Funktionen zu erkennen, genügt nicht zur Annahme einer – evident unzulässigen, von vornherein von Arglist geprägten – Abschalteinrichtung zur prüfstandsbezogenen Manipulation der NOx-Emissionen zur Erschleichung der Typengenehmigung. Zur Begründung einer Haftung nach § 826 BGB sind solche Einrichtungen nur dann geeignet, wenn damit Emissionen in grenzwertrelevanter Weise auf dem Prüfstand gezielt manipuliert werden. Dies hat die Klagepartei zwar behauptet, hierfür jedoch keine greifbaren Anhaltspunkte dargetan. Soweit sie sich pauschal bezieht auf Messungen der Deutschen Umwelthilfe zu Grenzwertüberschreitungen im Realbetrieb wird Bezug genommen auf BGH, Urteil vom 13.07.2021, Az.: VI ZR 128/20, Rdnr. 23 a.E. Keinen tauglichen Anhaltspunkt bietet ferner der Vortrag zur behaupteten Manipulation des OBD. Denn die behaupteten Manipulationen dienen nach dem Vortrag der Klagepartei der Verdeckung der behaupteten prüfstandsgebundenen Stickoxidreduktion durch unzulässige Abschalteinrichtungen. Keine Fehlermeldungen durch das OBD haben allerdings solange keinen Indizcharakter, als keine hinreichend greifbaren Anhaltspunkte für eine damit verschleierte unzulässige Abschalteinrichtung vorliegen.
Schließlich steht der Behauptung des Bestehens weiterer unzulässiger Abschalteinrichtungen, die ggfls. eine Haftung nach § 826 BGB auslösen könnten, der Umstand entgegen, dass zu dem Fahrzeug ein verbindlicher Rückruf existiert, dieser aber nicht wegen der von der Klagepartei mit der Vorlage der Anlage BK4 dargestellten „schnellen Aufheizfunktion“ ergangen ist, sondern allein wegen der „Restreichweitenfunktion“. Der Einsatz der „schnellen Aufheizfunktion“ u.a. in Fahrzeugen des Modells A6 (auf den von der Klagepartei als Anlage BK 4 vorgelegten Bescheid vom 19.01.2018 wird Bezug genommen) war aber ausweislich der bereits zitierten Übersicht des Kraftfahrtbundesamtes diesem bei Erlass des Rückrufbescheids zur „Restreichweitenfunktion“ bereits bekannt. Zudem blieb unstrittig, dass das Kraftfahrtbundesamt das erforderliche Softwareupdate freigegeben hat. Nach der Freigabebescheinigung, die sich überdies explizit bezieht auf „Audi A6/A7 3.0 l Diesel Euro 6 (Motorkennbuchstabe CRT“)“ – hat das Kraftfahrtbundesamt aber bei der Prüfung des erforderlichen Softwareupdates festgestellt, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen vorliegen.
3. Neben dem vorstehend zuletzt genannten Umstand ist eine Haftung nach §§ 826, 31 BGB wegen der Verwendung des Thermofensters ferner wegen nachstehender Gründe zu verneinen.
Wie in Bezug auf die „Restreichweitenfunktion“ kann zugunsten der Klagepartei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG handelt. Denn auch bei dem Thermofenster handelt es sich gerade nicht um eine – evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und von vornherein durch Arglist geprägte – Abschalteinrichtung wie sie in Form der sogenannten „Umschaltlogik“ beim Motor EA 189 der V. AG zum Einsatz kam. Anders als die „Umschaltlogik“ unterscheidet die temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Auch die Klagepartei bestreitet nicht, dass sich die Art der Abgasrückführung im Prüflauf nicht von derjenigen im realen Fahrbetrieb unterscheidet, soweit dort die gleichen Temperaturen herrschen wie im Prüflauf. Unter diesen Umständen wäre der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten aber nur gerechtfertigt, wenn wie bei der „Restreichweitenfunktion“ weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen, wofür die Klagepartei die Darlegungs- und Beweislast trägt.
Konkrete Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass die Beklagte in Bezug auf das Thermofenster in dem Bewusstsein der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung handelte, hat die Klagepartei indes nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Behauptung, die Abgasreinigung werde bei Temperaturen unter 20°C heruntergeregelt, bleibt pauschal (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 24). Die Gesetzeslage zum Thermofenster war auch gerade nicht unzweifelhaft und eindeutig. Dies belegt die bekannte, kontrovers geführte Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung 715/2007/EG. Denn noch im Jahr 2016 – also zu einem Zeitpunkt, in dem der Volkswagenkonzern bereits massiv in der Kritik stand wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen – wurde in dem von der Klagepartei erstinstanzlich in Bezug genommenen Bericht der vom Bundesinnenministerium eingesetzten „Untersuchungskommission Volkswagen“, Stand April 2016, S. 18, 114, 123, ausgeführt, dass die Berufung auf den Motorschutz auch im Hinblick auf das sog. „Ausrampen“ im Rahmen von Thermofenstern die Verwendung von Abschalteinrichtungen rechtfertigen kann, wenn von Seiten der Hersteller nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so gering. Die von der Klagepartei vorgetragene Interpretation der Beklagten des Thermofensters als zulässige Abschalteinrichtung wurde damit von offizieller Seite gebilligt und war damit jedenfalls nicht unvertretbar. Nach der Entscheidung des europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-693/18 ist dies gegebenenfalls erneut zu beurteilen. Geklärt wäre damit indes allein die europarechtliche Auslegung des Art. 5 der VO EG 715/2007 und frühestens ab dem Zeitpunkt der Entscheidung am 17.12.2020 in die Zukunft (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 29 f.). Auch in der pauschalen Behauptung, dass das Thermofenster dem Kraftfahrtbundesamt bei Beantragung der Typengenehmigung nicht offen gelegt worden sei, liegt kein hinreichendes Indiz dahingehend, dass die für die Beklagte handelnden Personen im Bewusstsein der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung handelten. Denn eine Pflicht zur genauen Beschreibung der Emissionsstrategien wurde ohnehin erst mit der Verordnung (EU) 2016/646 der Kommission vom 20.04.2016 (ABl. L vom 26.04.2016, 1 ff.) eingeführt.
Zudem ist auch insofern der Erklärungsinhalt der Freigabebestätigung zu berücksichtigen; auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen.
4. Eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ist bei dem hier vorliegenden Gebrauchtwagenkauf aus Rechtsgründen zu verneinen (BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az.: VI ZR 5/20 Rdnr. 17 ff.). Bezüglich eines Anspruchs nach § 831 BGB wird auf das Vorstehende Bezug genommen. Hinsichtlich der eingewendeten Haftung nach § 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 6, 27 EG-EFV wird Bezug genommen auf die mittlerweile ständige Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az. VI ZR 5/20, Rdnr. 10 ff., 18 ff., vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, Rdnr. 72 ff., vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 35 ff., Beschluss vom 07.07.2021, Az.: VII ZR 218/21, Rdnr. 3).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die maßgeblichen Rechtsfragen zur Haftung in der Folge des Dieselabgasskandals, insbesondere im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit und in Bezug auf die Verwendung von „Thermofenstern“ wie auch die Substantiierungsanforderungen sind mittlerweile höchstrichterlich geklärt, von der Klagepartei zitierte, ggfls. abweichende Rechtsprechung, soweit es sich überhaupt um abschließende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte handelt – teilweise überholt (u.a. BGH, Entscheidungen vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, 30.07.2020, Az.: VI ZR 5/20, vom 08.12.2020, Az.: VI ZR 244/20, vom 23.03.2021, Az.: VI ZR 1180/20 und vom 19.01.2021, Az.: VI ZR 433/19, vom 09.03.2021, Az.: VI ZR 889/20, vom 13.07.2021, Az.: VI ZR 128/20; vom 28.01.2020, Az.: VIII ZR 57/19). Es ist Aufgabe der Instanzgerichte, diese Rechtsgrundsätze auf den jeweils vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Divergierende Ergebnisse aufgrund der Würdigung des jeweils vorgetragenen Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht begründen überdies indes keine Divergenz i.S. des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 522 Abs. 2 ZPO. Von einer Divergenz in diesem Sinne ist vielmehr nur dann auszugehen, wenn den Entscheidungen sich widersprechende abstrakte Rechtssätze zugrunde liegen (BGH, Beschluss vom 09.07.2007, Az.: II ZR 95/06, Rdnr. 2).


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