Europarecht

Beschränkung der Vertretungsmacht eines Stiftungsvorstandes auf den “engen” Stiftungszweck

Aktenzeichen  15 U 3037/19

Datum:
22.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EWiR – 2021, 43
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 26 Abs. 1 S. 3, § 86, § 119 Abs. 2, § 177 Abs. 1, § 179
AO § 51 Abs. 1 S. 1, § 52 Abs. 2 S. 1 , § 56, § 57 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Enthält die Satzung einer Stiftung bezüglich des Stiftungszwecks zum einen Angaben zum “engen” Stiftungszweck zum anderen aber auch die Regelung, dass die Stiftung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke (im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung) verfolgt, und enthält sie weiter die Regelung, dass die Vertretungsmacht des Vorstandes durch den Zweck der Stiftung beschränkt ist, ist die Vertretungsmacht alleine auf den konkreten Stiftungszweck beschränkt, nicht auch auf die  ausschließliche und unmittelbare Verfolgung gemeinnütziger Zwecke. (Rn. 47 und 32 – 64 ) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die satzungsmäßige Beschränkung der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands als solche sowie der Umfang einer solchen Beschränkung müssen sich klar und eindeutig aus der Satzungsbestimmung ergeben und sich ohne vertiefte rechtliche Prüfung feststellen lassen. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Frage der Gemeinnützigkeitsunschädlichkeit i. S. d. Stiftungsrechts ist keine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person oder Sache. (Rn. 67) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

29 O 3129/14 2019-05-08 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 08.05.2019, Az. 29 O 3129/14, aufgehoben.
2. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
3. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin nimmt die beklagte Stiftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Vertrages über die Einräumung von Nutzungsrechten in Anspruch.
Die Beklagte hatte folgende Produkte zur Schlaganfallbekämpfung und -betreuung entwickelt:
– qualitätsgesichertes Case Management (qCM) unter Einsatz von Schlaganfall-Lotsen (SALO)
– Schlaganfall-Testkoffer (SATEK)
Die Beklagte wollte die vorgenannten Produkte als sozialer Unternehmer („Social Entrepreneur“) durch Ausgliederung auf eine zu gründende Managementgesellschaft weltweit vermarkten. Die Klägerin ist die zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft.
Die Satzung der Beklagten enthält sowohl in der Fassung vom 26.02.2008 (Anlage LS 05) als auch in der Fassung vom 04.06.2009 (Anlage zum Protokoll vom 13.03.2019 = zu Bl. 921/929 d.A.) u.a. folgende Bestimmungen:
㤠2 Zweck und Aufgaben der Stiftung
1. Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i. S. d. Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung.“
2. Zweck der Stiftung ist die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, der Wissenschaft und Forschung und der Bildung auf den Gebieten der Verhütung, Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Gefäßerkrankungen, der Therapiemöglichkeiten im Rahmen der Behandlung von Gefäßerkrankungen sowie die Verbesserung von Reintegrationsmaßnahmen und die Förderung der Aus- und Weiterbildung in diesen Bereichen. Insbesondere zielt die Arbeit der Stiftung auf die Optimierung der ganzheitlichen Versorgung der Patienten ab. Die Stiftung fördert auch mildtätige Zwecke.
3. Dieser Zweck soll verwirklicht werden insbesondere durch:

7. Die Stiftung wird sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben einer Hilfsperson bedienen, soweit sie die Aufgaben nicht selbst wahrnimmt.

§ 10 Grundsatz
1. Der Vorstand vertritt die Stiftung nach außen. […]
2. Der Vorstand ist in seiner Vertretungsmacht durch den Zweck der Stiftung beschränkt. Die Vertretungsmacht kann darüber hinaus im Innenverhältnis durch die Geschäftsordnung beschränkt werden.

§ 15 Geschäftsführung
1. Der Vorsitzende des Vorstandes führt die Geschäfte der Stiftung und ist als hauptamtliches Vorstandsmitglied für die Stiftung tätig.
2. Der Vorsitzende des Vorstandes ist befugt, die Stiftung allein zu vertreten. Er ist in seiner Vertretungsmacht durch den Zweck der Stiftung beschränkt. Die Vertretungsmacht kann im Innenverhältnis durch die Geschäftsordnung beschränkt werden.

Der streitgegenständliche Verwertungs- und Vermarktungsvertrag (Anlage K2) wurde am 28.10.2011 seitens der Beklagten („Stiftung“) und unter dem 14.11.2011 seitens der Klägerin („Unternehmen“) unterzeichnet. Der Vertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:
㤠1 Vertragsgegenstand
(1) Das Unternehmen beabsichtigt, die sowohl bereits bei Vertragsschluss vorhandenen als auch alle zukünftigen, noch zu entwickelnden Produkte, Zertifikate, Dienstleistungen, Projekte, Lösungen, Prozessoptimierungen jeglicher Art etc. der Stiftung auf dem Gesundheitsmarkt weltweit zu vertreiben. Sämtliche hierfür erforderlichen Rechte sollen durch diesen Vertrag dauerhaft, exklusiv von dem Unternehmen erworben und auf dieses übertragen werden.“
(2) …
§ 2 Rechtseinräumung
(1) Zur Verwirklichung des in § 1 Abs. 1 genannten Zweckes räumt die Stiftung dem Unternehmen hiermit dauerhaft u exklusiv die ausschließlichen, unbeschränkten Nutzungsrechte an sämtlichen derzeitigen und zukünftigen Produkten (vgl. § 3 Abs. 1 des Vertrages), Projekten bzw. Projektergebnissen, Waren, Dienstleistungen, Prozesslösungen, Zertifikaten, sonstigen Services, Diagnose- und Therapiemethoden etc. der Stiftung ein. Die Rechteeinräumung umfasst alle derzeit bekannten sowie auch zukünftigen Nutzungs- und Verwertungsarten jedweder Art. Die Rechtseinräumung umfasst insbesondere sämtliche Angebots- und Vertriebsarten am Gesundheitsmarkt und ist nicht auf bestimmte Nutzungen beschränkt.
(2) Die Rechtseinräumung wird gemäß § 158 Abs. 1 BGB erst wirksam, wenn die Eintragung des Unternehmens in das zuständige Handelsregister erfolgt ist (vgl. Anhang). […]
(3) Die Rechtseinräumung ist territorial nicht beschränkt.

(7) Die Parteien sind sich darüber einig und verpflichten sich dementsprechend bereits mit Abschluss dieses Vertrages, eine Vertragsergänzung zu beraten und zu verhandeln, sobald die nachfolgend definierte Bedingung eintritt:
a) Grundlage für die hier erfolgte dauerhafte, exklusive und vollumfängliche Einräumung der Nutzungsrechte ist die Erwartung der Parteien, nach einer Startphase von 3 Jahren ein jährliches Umsatzziel von etwa 3 Millionen Euro zu erreichen.
b) Sollten sich die von den Parteien hier zu Grunde gelegten Erwartungen nicht erfüllen und die vorbeschriebenen Umsatzgrößen nicht erreicht werden, so ist die Stiftung berechtigt, das Unternehmen aufzufordern, eine Ergänzungsvereinbarung dahingehend abzuschließen, dass die ausschließlich vorgenommene Übertragung der Nutzungsrechte in eine einfache Nutzungsrechtsübertragung umgewandelt wird und die Stiftung nach Abschluss dieser Ergänzungsvereinbarung berechtigt ist, auch anderweitig über die Nutzungsrechte zu verfügen.

§ 5 Vertragsdauer
(1) Dieser Vertrag beginnt mit beiderseitiger Unterzeichnung (Vertragsbeginn). Die Rechtseinräumung nach diesem Vertrag erfolgt dauerhaft und unbefristet.
(2) …
§ 6 Vergütung
(1) Für die Übertragung der Rechte nach diesem Vertrag erhält die Stiftung eine angemessene Lizenzgebühr in Höhe von maximal 10% von den Netto-Einnahmen (Gesamteinnahmen abzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer, jedoch ohne Abzug sonstiger Kosten), die das Unternehmen aus der Verwertung der mit diesem Vertrag eingeräumten Nutzungsrechte erzielt. Die Parteien können im Einzelfall eine geringere oder höhere Vergütung in Abhängigkeit von Dauer, Volumen, Komplexität etc. des jeweiligen Produktes gesondert schriftlich vereinbaren.

Die Parteien führten Verhandlungen über einen Lizenz-Rahmenvertrag. Dessen Entwurf (Anlage K57 bzw. LS 30) wurde mit Schreiben des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers Dr. S. vom 20.12.2012 (Anlage K39 bzw. K244) im Auftrag der Beklagten mit der Bitte um Durchsicht auf etwaige gemeinnützigkeitsrechtliche Bedenken und die künftige Besteuerung an das Finanzamt Gütersloh übersandt.
In einer Besprechung vom 05.03.2013 erklärte die Beklagte, die weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin zu beenden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.03.2013 (Anlage B3) erklärte die Beklagte die Anfechtung, hilfsweise die Kündigung aus wichtigem Grund.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.03.2013 (Anlage K12) erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung.
Die Klägerin hat die Beklagte erstinstanzlich im Wege der Teilklage wegen Nichterfüllung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages vom 28.10./14.11.2011 auf Schadensersatz in Höhe von 25 Mio. Euro in Anspruch genommen. Davon entfallen ein Teilbetrag von 12.000,00 € auf Finanzvermittlungskosten gemäß Rechnungen der Firma T. vom 23.10.2012 und 23.11.2012 (Anlagen K13, K18), ein weiterer Teilbetrag von 14,488 Mio. Euro auf entgangenen Gewinn, ein weiterer Teilbetrag von 5 Mio. Euro (von insgesamt 15 Mio. Euro) auf ausgebliebene Investorenmittel und ein weiterer Teilbetrag von 5,5 Mio. Euro (von insgesamt 182 Mio. Euro) auf den Unternehmenswert.
Mit Beschluss vom 31.07.2018 hat das Landgericht gemäß § 144 Abs. 1 ZPO die Erholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Kfm. H. über die Frage angeordnet, ob der Abschluss oder die Durchführung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages die steuerliche Gemeinnützigkeit der Beklagen dahingehend gefährdet bzw. aufhebt, dass durch seine inhaltliche Gestaltung bzw. seine Ausführung gegen das Ausschließlichkeitsgebot (§ 56 AO) und/oder gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 57 Abs. 1 AO) verstoßen wird (Bl. 742/743 d.A.).
Mit Endurteil vom 08.05.2019, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. In den Gründen wird ausgeführt, der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages i.V.m. § 280 BGB zu, da der Vertrag nach Überzeugung des Gerichts nicht wirksam zustande gekommen sei. Die damalige Vorstandsvorsitzende Dr. Brigitte M. habe die Beklagte beim Abschluss nicht wirksam vertreten können, da der Vertrag gegen den Stiftungszweck „Verfolgung gemeinnütziger Zwecke“ verstoße. Der Vertrag sei jedenfalls mit dem Ausschließlichkeitsgebot und dem Unmittelbarkeitsgrundsatz unvereinbar. Eine Vertragsdurchführung würde nach Überzeugung der Kammer zur Aufhebung der Gemeinnützigkeit der Beklagten während des Zeitraums der Durchführung führen und damit gegen den Satzungszweck verstoßen. Die Überzeugung wird gestützt auf die Einschätzung des Gerichtssachverständigen Dipl.-Kfm. H. gemäß seinem schriftlichen Gutachten vom 20.02.2019 und seiner mündlichen Anhörung vom 13.03.2019. Ein von der Klägerin womöglich hilfsweise geltend gemachter Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf eine fehlende Prüfung der Vereinbarkeit des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB scheitere daran, dass der Klägerin der Umfang der seitens der Beklagten vorgenommenen Vertragsprüfung bekannt gewesen sei. Die Klägerin könne auch keinen vorvertraglichen Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den Nichtabschluss des Lizenz-Rahmenvertrages für sich herleiten. Dessen Abschluss sei nicht sicher gewesen; zudem fehle es insoweit an einer schlüssigen Schadensdarlegung. Eine Haftung der Beklagten sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Überschreitens der Vertretungsmacht begründet. Es fehle an einer Pflichtverletzung der Beklagten, da sie kein Vertrauen hinsichtlich eines Handelns im Rahmen ihrer Vertretungsmacht in Anspruch genommen habe. Bei Vertragsschluss seien beide Seiten davon ausgegangen, dass der Vertrag gemeinnützigkeitsunschädlich sei; die Klägerin gehe sogar weiterhin davon aus. Die Vertretungsgrenzen der Organe der Beklagten seien allen Beteiligten bekannt gewesen. Die Klägerin sei zudem über § 179 BGB ausreichend geschützt. Schließlich könnte die Klägerin insoweit allenfalls einen Vertrauensschaden geltend machen.
Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlich gestellten Klageantrag vollumfänglich weiterverfolgt. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Ein etwaiger Verstoß gegen gemeinnützigkeitsrechtliche Vorschriften hätte lediglich steuerrechtliche Auswirkungen und lasse die Wirksamkeit des Vertrages unberührt. Es sei vom Grundsatz der unbeschränkten Vertretungsmacht (§ 26 Abs. 1 Satz 2 BGB) auszugehen. Durch die Satzungsbestimmungen in § 10 Abs. 2 und § 15 Abs. 2 werde die Vertretungsmacht nicht beschränkt, da sie wegen des unbestimmten Begriffs „Zweck der Stiftung“ den in Rechtsprechung und Literatur geforderten Bestimmtheitsanforderungen nicht genügen würden. Der angenommene Verstoß gegen den Ausschließlichkeits- und Unmittelbarkeitsgrundsatz sei für den Dritten nicht erkennbar, wie die vom Landgericht angeordnete Begutachtung zeige. Ausreichende Feststellungen zum Vorliegen eines solchen Verstoßes habe das Erstgericht im Übrigen nicht getroffen.
Die Klägerin hat im Berufungsverfahren klargestellt, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch vorrangig auf die Nichterfüllung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages, hilfsweise für den Fall, dass der Vertrag nicht wirksam zustande gekommen sei, auf eine Verweigerung der Vertragsanpassung gestützt wird.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 08.05.2019 mit dem Aktenzeichen 29 O 3129/14, der Klägerin zugestellt am 08.05.2019, wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.000.000,00 € zuzüglichen Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als richtig. Die Satzung enthalte eine ausdrückliche Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands auf den satzungsgemäßen Stiftungszweck. Für einen Dritten sei danach zweifellos erkennbar, dass die Vertretungsmacht „beschränkt“ sei. Damit werde den in der Rechtsprechung des BGH aufgestellten Vorgaben Genüge getan. Die Beschränkung der Vertretungsmacht sei auch ihrem Umfang nach eindeutig. Die Vertretungsregelungen in § 10 und § 15 der Satzung verweisen auf den Stiftungszweck und der Stiftungszweck wiederum auf die Legaldefinitionen in §§ 51 ff. AO, welche dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen müssten, um nicht verfassungswidrig zu sein. Wenn der Dritte nicht selbst in der Lage sein sollte, den Umfang der Beschränkung im Einzelfall anhand der Legaldefinitionen zu ermitteln, werde er sich hierfür rechtskundigen Rat holen, auf eine verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO bestehen oder von einem Vertragsschluss Abstand nehmen. Auch wenn die Prüfung im Einzelfall komplex und schwierig sein sollte, ändere dies nichts an der Eindeutigkeit. Der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag habe mangels Außenvertretungsmacht des Vorstands der Beklagten nicht wirksam geschlossen werden können, weil er gemeinnützigkeitsschädlich sei. Er verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen steuer- und gemeinnützigkeitsrechtliche Vorschriften der Abgabenordnung und hätte die Beklagte bei Durchführung des Vertrages in ihrer Gemeinnützigkeit gefährdet. Die Beklagte hätte unter dem Verwertungs- und Vermarktungsvertrag nicht ausschließlich gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgt, sondern vorrangig die von der Klägerin postulierte Profitmaximierung gefördert.
Der Senat hat mit der Terminsverfügung vom 05.02.2020 Hinweise erteilt (Bl. 1296/1305 d.A).
Die Parteien haben sich mit Schriftsätzen vom 16.03.2020 (Beklagte) und 19.03.2020 (Klägerin) mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, ist der 20.04.2020 bestimmt worden (Beschluss vom 20.03.2020, Bl. 1381/1382 d.A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Auf die zulässige und zumindest teilweise begründete Berufung der Klägerin war das angefochtene Urteil aufzuheben.
1. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, ein Grundurteil zu erlassen (§ 304 Abs. 1 ZPO), da er davon ausgeht, dass der Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht. Ein Grundurteil kann in jedem Stadium des Rechtsstreits ergehen, solange ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und die Sache zum Anspruchsgrund entscheidungsreif ist. Ein Zwischenurteil über den Grund darf infolgedessen auch in höherer Instanz erlassen werden (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.1994 – IX ZR 18/94, NJW 1995, 1093, Rn. 30 bei juris; Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 40. Aufl., § 304 Rn. 15). Der Erlass eines Grundurteils in der Berufungsinstanz erscheint – im Hinblick auf die zu erwartenden umfangreichen und komplexen Feststellungen zur Schadenshöhe bei gleichzeitig bestehender Rechtsunsicherheit zur Haftung dem Grunde nach – prozessökonomisch sinnvoll. Der Anspruchsgrund unterliegt einer schwierigen rechtlichen Beurteilung, die der höchstrichterlichen Überprüfung bedarf. Die Anspruchshöhe ist von einer umfangreichen und aufwändigen Beweisaufnahme abhängig, die der Senat durchführen wird, wenn über das Bestehen des Anspruchsgrundes formell rechtskräftig entschieden ist. In materielle Rechtskraft erwächst das Grundurteil ohnehin nicht (BGH, Urteil vom 14.04.1987 – IX ZR 149/86, VersR 1987, 939, Rn. 23 bei juris).
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu.
a) Der Anspruch lässt sich nicht auf § 628 Abs. 2 BGB stützen, da der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag vom 28.10./14.11.2011 keinen Dienstvertrag im Sinne des § 611 BGB darstellt. Die Klägerin hat sich darin nicht zur Leistung von Diensten zugunsten der Beklagten verpflichtet. Unabhängig von der genauen rechtlichen Einordnung des Vertrages ergibt sich der Anspruch jedoch als Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB.
b) Das Landgericht ist zu Recht von der Aktivlegitimation der Klägerin ausgegangen. Diese ist nach den vorgelegten Unterlagen Inhaberin der geltend gemachten Schadensersatzansprüche.
Vertragspartei des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages (Anlage K2) ist die C. C.4Y. GmbH i.Gr. („Unternehmen“). Die vertragsgegenständlichen Nutzungsrechte wurden ihr unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Eintragung in das Handelsregister eingeräumt (§ 2 Abs. 2). Anders als in der von der Beklagten zitierten BGH-Entscheidung (Urteil vom 09.03.1998 – II ZR 366/96) war damit allen Beteiligten bekannt, dass die Gesellschaft noch nicht existierte. Die Eintragung ist ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszugs (Anlage LS 07) am 16.07.2012 erfolgt. Der Umstand, dass der Streitverkündete Rechtsanwalt S. im Anhang zum Vertrag als Gründungsgesellschafter benannt ist, aber nach der Gesellschafterliste vom 19.06.2012 (Anlage LS 08) nicht Gesellschafter geworden ist, steht dem Bedingungseintritt nicht entgegen.
Zu der behaupteten, von der Klägerin bestrittenen Abtretung der Ansprüche an einen Prozessfinanzierer hat die Beklagte auch auf den Hinweis des Senats nicht konkret vorgetragen.
c) Das maßgebliche Schuldverhältnis (§ 280 Abs. 1 BGB) besteht in dem Verwertungs- und Vermarktungsvertrag vom 28.10./14.11.2011 (Anlage K2), der nach Auffassung des Senats wirksam zustande gekommen ist.
aa) Der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag ist nach §§ 145 ff. BGB zustande gekommen.
Der Vertrag wurde nach den tatsächlichen Feststellungen im Ersturteil (S. 5) unstreitig am 28.10.2011 seitens der Beklagten und unter dem 14.11.2011 seitens der Klägerin unterzeichnet.
Soweit die Beklagte den Zugang der Annahmeerklärung bestreitet, erfolgt dies angesichts der sog. „Schrätter“-E-Mail vom 25.01.2013 (Anlage K6) wider besseres Wissen und ist damit unbeachtlich. Darin hat der damalige Geschäftsleiter der Beklagten, Herr Dr. I., auf Vernichtung des von der Zeugin Dr. Brigitte M. unterzeichneten und im Original vorliegenden „alten“ Vertrages gedrängt. Die von der Beklagten bemühte Beschränkung auf ein etwaiges von der Klägerin gegengezeichnetes Vertragsexemplar enthält die E-Mail gerade nicht. Die E-Mail lässt sich im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beklagten sehen, wonach die Einholung einer verbindlichen Auskunft des Finanzamts zum Entwurf des Rahmenvertrages sinnlos sei, wenn sich eine Vertragspartei auf das Vorliegen des Verwertungsvertrages berufe (vgl. Schriftsätze vom 27.04.2018, S. 11, und vom 27.03.2019, S. 12 = Bl. 682, 950 d.A.). Der Verwertungsvertrag habe dem Finanzamt nicht vorgelegt werden können, weil eine verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO nur zu noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilt werden könne (Schriftsatz vom 14.03.2020, S. 9 = Bl. 1370 d.A.). Der Senat hat hiernach keinen Zweifel, dass der von beiden Parteien unterzeichnete Verwertungs- und Vermarktungsvertrag (Anlage K2) als „alter“ Vertrag sehr wohl im Hause der Beklagten im Original vorlag und der Beklagten damit auch die mit der Unterzeichnung unter dem 14.11.2011 abgegebene Annahmeerklärung der Klägerin zugegangen war. Im Zuge der beabsichtigten Vertragsanpassung durch Abschluss des im Entwurf vorliegenden Lizenz-Rahmenvertrages sollte das Original vernichtet werden, um gegenüber dem Finanzamt Gütersloh die Existenz des bereits geschlossenen Vertrages zu vertuschen und entsprechend dem Schreiben vom 20.12.2012 (Anlage K39 bzw. K244) den Eindruck zu erwecken, als wolle sich die Beklagte erstmals mit dem Lizenz-Rahmenvertrag gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichten. Eine andere Auslegung lässt die „Schrätter“-E-Mail bei dieser Sachlage nicht zu.
bb) Der Senat hält den Verwertungs- und Vermarktungsvertrag vom 28.10./14.11.2011 entgegen der Einschätzung des Landgerichts auch für wirksam. Die Beklagte wurde bei Abschluss des Vertrages durch die damalige Vorstandsvorsitzende Dr. Brigitte M. wirksam vertreten, § 164 Abs. 1 BGB. Diese handelte nach Auffassung des Senats im Rahmen der ihr zustehenden Vertretungsmacht.
(1) Dabei kann entsprechend dem Vorbringen der Beklagten davon ausgegangen werden, dass der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag mit der Regelung in § 2 Abs. 1 der Satzung nicht in Einklang zu bringen ist, wonach die Beklagte ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung (AO) verfolgt.
(a) Hierbei handelt es sich um die Vorschriften der §§ 51 ff. AO, die bei Gewährung einer Steuervergünstigung aufgrund ausschließlicher und unmittelbarer Verfolgung gemeinnütziger (bzw. mildtätiger/kirchlicher) Zwecke gelten (§ 51 Abs. 1 Satz 1 AO).
(aa) Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Nach § 52 Abs. 2 Satz 1 AO sind als Förderung der Allgemeinheit anerkannt u.a. die Förderung von Wissenschaft und Forschung (Nr. 1) und die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege (Nr. 3). In diesem Sinne wird der Zweck der Stiftung in § 2 Abs. 2 der Satzung bestimmt („die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, der Wissenschaft und Forschung und der Bildung auf den Gebieten der Verhütung, Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Gefäßerkrankungen, der Therapiemöglichkeiten im Rahmen der Behandlung von Gefäßerkrankungen sowie die Verbesserung von Reintegrationsmaßnahmen und die Förderung der Aus- und Weiterbildung in diesen Bereichen“).
(bb) Ausschließlichkeit liegt vor, wenn die Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt, § 56 AO. Sie erfordert, dass die Körperschaft allein im Rahmen ihres Satzungszwecks tätig wird (Klein/Gersch, AO, 14. Aufl., § 56 Rn. 1).
(cc) Unmittelbarkeit liegt vor, wenn die Körperschaft ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AO). Das kann auch durch Hilfspersonen geschehen, wenn nach den Umständen des Falls, insbesondere nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AO).
(b) Die Beurteilung des Ersturteils, wonach sich der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften der §§ 51 ff. AO nicht vereinbaren lässt, erscheint nach Auffassung des Senats zutreffend.
(aa) Dies gilt zunächst für den im Ersturteil angenommenen Verstoß gegen den Ausschließlichkeitsgrundsatz. Dieser liegt entsprechend den überzeugenden Ausführungen des Gerichtssachverständigen Dipl.-Kfm. H. darin begründet, dass die Beklagte nicht lediglich ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke aus dem Gesundheitsbereich verfolgt, sondern auch die Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin (vgl. GA vom 20.02.2019, S. 7 f. = Bl. 855 f. d.A.). Nach dem Vertrag sollen die Haupteinnahmen der Klägerin zustehen als Ausgleich für das von ihr zu tragende unternehmerische Risiko. Dies wird eindrucksvoll durch die Höhe des entgangenen Gewinns und des Unternehmenswerts belegt, den die Klägerin vorliegend geltend macht. Nachdem das Unternehmen der Klägerin auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, lässt sich dies indirekt auch als Ziel der Beklagten ansehen. Insoweit fehlt es an einem Rückfluss zum ideellen Zweck der Stiftung, wie der Gerichtssachverständige nachvollziehbar ausführt (vgl. Protokoll vom 13.03.2019, S. 4 f. = Bl. 924 f. d.A.).
(bb) In Übereinstimmung mit dem Landgericht lässt sich auf der Grundlage der weiteren Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Kfm. H. (vgl. GA S. 9 = Bl. 857 d.A.) zudem ein Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz darin sehen, dass die Beklagte zwar Eigentümerin bleibt, aber hinsichtlich der wirtschaftlichen Verwertung der von ihr – auch künftig – entwickelten Produkte durch vollständige und endgültige Übertragung der Nutzungsrechte an die Klägerin „das Heft vollständig aus der Hand gibt“.
(2) Die Vertretungsmacht der damaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Brigitte M. zum Handeln für die Beklagte war durch die Satzung beschränkt.
(a) Fehlt die Vertretungsmacht oder überschreitet der Vertreter seine Vertretungsmacht bewusst oder unbewusst, gelten die §§ 177 ff. BGB (Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl., § 164 Rn. 13, § 177 Rn. 1). Nach § 177 Abs. 1 BGB ist der Vertrag schwebend unwirksam und wird mit der Genehmigung vollwirksam, mit deren Verweigerung dagegen endgültig unwirksam (Palandt/Ellenberger aaO § 177 Rn. 5). Die Beweislast für die Vertretungsmacht trägt derjenige, der sich auf ein gültiges Vertretergeschäft beruft (BayObLGZ 1977, 6, 9; Palandt/Ellenberger aaO § 164 Rn. 18). Dies ist bei Klagen gegen den Vertretenen der andere Teil (Palandt/Ellenberger aaO).
(b) Der Umfang der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden, § 86 Abs. 1 Satz 1, § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB.
(aa) Nach älterer BGH-Rechtsprechung soll sich auch aus dem erkennbaren Zweck der Stiftung eine Beschränkung der Vertretungsmacht ergeben können (BGH, Urteil vom 16.01.1957 – IV ZR 221/56, NJW 1957, 708; Palandt/Ellenberger aaO § 86 Rn. 1). Mit der Begründung, dass dies auf eine systemwidrige Übernahme der anglo-amerikanischen „ultra vires“-Lehre hinausläuft, wird im Schrifttum überwiegend gefordert, dass den Umfang der Vertretungsmacht beschränkende Satzungsregelungen eine klare Begrenzung der Vertretungsbefugnisse enthalten und nicht erst der Auslegung des Stiftungszwecks entnommen werden müssen (Weitemeyer in: MüKo-BGB, 8. Aufl., § 86 Rn. 16; Hüttemann/Rawert in: Staudinger, BGB, 2017, § 86 Rn. 18; Theuffel-Werhahn WM 2015, 1887, 1893 jeweils mwN).
(bb) Nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH zum Vereinsrecht genügt für eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands durch die Satzung nicht schon, dass in der Satzung eine den Handlungsspielraum des Vorstands einschränkende Regelung getroffen wird. Aus der Satzungsbestimmung muss sich vielmehr klar und eindeutig entnehmen lassen, dass damit zugleich der Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands beschränkt werden soll. Ist dies nicht der Fall, so hat im Interesse des Rechtsverkehrs die einschränkende Satzungsbestimmung nur vereinsinterne Bedeutung und beschränkt sich auf das vereinsrechtliche Innenverhältnis (BGH, Urteil vom 28.04.1980 – II ZR 193/79, NJW 1980, 2799, Rn. 10 bei juris; vom 22.04.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 896, Rn. 6 bei juris; vom 29.07.2014 – II ZR 243/13, BGHZ 202, 202, Rn. 15 bei juris mwN). Gründe für eine abweichende Beurteilung beim Stiftungsrecht bestehen nach Auffassung des Senats nicht.
(cc) Die Satzung enthält ausdrückliche gleichlautende Regelungen für den Vorstand (§ 10 Abs. 2 Satz 1) und den Vorstandsvorsitzenden (§ 15 Abs. 2 Satz 2), dass sie in ihrer Vertretungsmacht durch den Zweck der Stiftung beschränkt sind. Die in der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Schrifttum behandelte Problematik, ob einer einschränkenden Satzungsbestimmung nur stiftungsinterne Bedeutung in Bezug auf den Handlungsspielraum des Vorstands zukommt oder mit ihr eine im Außenverhältnis wirkende Beschränkung der Vertretungsmacht verbunden ist, stellt sich damit vorliegend nicht. Die Regelung ist eindeutig als Beschränkung der Vertretungsmacht zu verstehen.
(3) Die entscheidende Rechtsfrage ist daher, in welchem Umfang die Vertretungsmacht des Vorstands bzw. der Vorstandsvorsitzenden nach der Satzung beschränkt ist: nur durch den engen Stiftungszweck nach § 2 Abs. 2 oder auch durch die ausschließliche und unmittelbare Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 2 Abs. 1. Der Senat legt die Satzungsbestimmungen in § 10 Abs. 2 Satz 1 und § 15 Abs. 2 Satz 2 („in seiner Vertretungsmacht durch den Zweck der Stiftung beschränkt“) unter Berücksichtigung der vom BGH aufgestellten Grundsätze im ersteren Sinne dahingehend aus, dass sie sich allein auf den konkreten Stiftungszweck im Sinne des § 2 Abs. 2 beziehen.
(a) Für die Auslegung der Satzung gelten die §§ 133, 157 BGB (Palandt/Ellenberger aaO § 85 Rn. 2). Satzungsbestimmungen, denen körperschaftsrechtliche Bedeutung zukommt, müssen nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus ausgelegt werden. Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung kommt dabei ebenso maßgebende Bedeutung zu wie dem systematischen Bezug der Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden. Außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge können unter Umständen dann berücksichtigt werden, wenn deren Kenntnis bei den Mitgliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 11.10.1993 – II ZR 155/92, BGHZ 123, 347, Rn. 15 bei juris). Dabei kommt dem im Stiftungsgeschäft zum Ausdruck gebrachten Stifterwillen maßgebende Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 14.10.1993 – III ZR 157/91, NJW 1994, 184, Rn. 16 bei juris). Der Wortlaut der Satzung gibt im Zweifel den Stifterwillen zutreffend wieder (BGH aaO Rn. 19). Stifterin ist hier Elisabeth („Liz“) Mohn, vgl. § 1 Abs. 3 der Satzung.
(b) Für eine entsprechende Auslegung, dass die Vertretungsmacht nur durch den konkreten Stiftungszweck (§ 2 Abs. 2) beschränkt sein soll, sprechen der Wortlaut und tendenziell auch die Systematik der einschlägigen Satzungsbestimmungen. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 und § 15 Abs. 2 Satz 2 sind der Vorstand und sein Vorsitzender in ihrer Vertretungsmacht „durch den Zweck der Stiftung“ beschränkt. Der Zweck der Stiftung wird in § 2 Abs. 2 ausdrücklich bestimmt („Zweck der Stiftung ist …“). Dass die Stiftung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke (im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung) verfolgt, wird in § 2 Abs. 1 gesondert geregelt, wobei nicht verkannt werden soll, dass damit auch in § 2 Abs. 1 die Zwecke der Stiftung genannt werden (mit Bezug auf die Gemeinnützigkeitsvorschriften der AO).
Mit der Differenzierung zwischen dem engen Stiftungszweck und der ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger Zwecke wird die Satzung der in den Gemeinnützigkeitsvorschriften der AO angelegten Unterscheidung gerecht. Nach § 59 AO wird die Steuervergünstigung gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, (a) welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, (b) dass er den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und (c) ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Insoweit wird im Gesetz selbst unterschieden zwischen der Bestimmung des Stiftungszwecks einerseits und der Einordnung als gemeinnützig (bzw. mildtätig/kirchlich) und der Festlegung der ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung andererseits.
(c) Dem lässt sich bei der Frage nach dem Sinn und Zweck der Regelung der wesensbegründende Charakter der Gemeinnützigkeit für die Stiftung entgegenhalten, der es – entsprechend dem Verständnis des Erstgerichts – gebieten könnte, von einem einheitlichen gemeinnützigen Stiftungszweck auszugehen und dementsprechend die Vertretungsmacht als beschränkt anzusehen, um zu verhindern, dass der Vorstand in die Grundlagen der Stiftung eingreift.
Einer möglichen Auslegung in diesem Sinne vermag der Senat jedoch in Bezug auf die Beklagte nicht näherzutreten. Allein der Umstand, dass es sich bei der Beklagten um eine gemeinnützige Stiftung handelt, erscheint hierfür nicht ausreichend. Dies ist der Regelfall der Stiftung in Deutschland (vgl. Hüttemann/Rawert in: Staudinger aaO vor § 80 Rn. 429). Die Anerkennung einer Stiftung als gemeinnützig bildet den gesetzlichen Ausgangspunkt für die Gewährung bestimmter steuerlicher Vorteile sowohl beim Stifter als auch bei der Stiftung selbst (Hüttemann/Rawert in: Staudinger aaO vor § 80 Rn. 430). Allgemein kann die Gewährung der Steuervergünstigungen für den Stifter lediglich einen positiven, aber letztlich unbedeutenden Nebeneffekt bedeuten oder aber den entscheidenden Gesichtspunkt bei der Vornahme des Stiftergeschäfts darstellen, der durch das Handeln des Vorstands unter keinen Umständen gefährdet werden darf. Inwieweit letzteres auf die Stifterin Elisabeth Mohn zutrifft, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Die Frage kann vorliegend dahinstehen, da sich jedenfalls der Satzung keine konkreten Anhaltspunkte entnehmen lassen, die darauf schließen lassen, dass die Stifterin der Gemeinnützigkeit entsprechende Bedeutung beigemessen hat und ihr das Handeln des Vorstands unterordnen wolle. Insbesondere enthalten die Satzungsbestimmungen im II. Abschnitt (§§ 10 ff.) gegenüber dem Vorstand keine ausdrücklichen Vorgaben zur Beachtung der Gemeinnützigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1. Eine eindeutige Beschränkung der Vertretungsmacht unter Einbeziehung der Gemeinnützigkeit hätte etwa mit dem Wortlaut „durch den gemeinnützigen Zweck der Stiftung“ oder „durch den Zweck der Stiftung und dessen Gemeinnützigkeit“ zum Ausdruck gebracht werden können. Eine dahingehende Regelung findet sich in der Satzung gerade nicht. Erst recht ist von einem Stiftungszweck „Verfolgung gemeinnütziger Zwecke“, wie ihn das Erstgericht zugrunde legt, in der Satzung nicht die Rede.
(d) Die Auslegung der Satzung im Sinne eines die Vertretungsmacht beschränkenden Stiftungszwecks „Verfolgung gemeinnütziger Zwecke“ wird zusätzlich dadurch in Frage gestellt, dass die Beteiligten einschließlich des Landgerichts gehörige Anstrengungen unternommen haben, um die einschlägigen gemeinnützigkeitsrechtlichen Fragen einer Klärung auf verlässlicher Grundlage zuzuführen.
So sollte der Text des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages zum Zweck der Einholung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Finanzamt Gütersloh angepasst werden (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 27.04.2018, S. 8 f. = Bl. 679 f. d.A.). Der in diesem Sinne gefertigte Entwurf eines Lizenz-Rahmenvertrages wurde mit der ausdrücklichen Bitte um Durchsicht auf etwaige gemeinnützigkeitsrechtliche Bedenken an das Finanzamt übersandt (Schreiben vom 20.12.2012 – Anlage K39 bzw. K244). Darüber hinaus sah sich die Beklagte erstinstanzlich veranlasst, zwei Rechtsgutachten auf dem Gebiet des Steuer- und Gemeinnützigkeitsrechts einzuholen (Prof. Dr. Hüttemann vom 22.02.2018 – Anlage Fundstelle LS 06 – und Prof. Dr. Drüen vom März/April 2018 – Anlage Fundstelle LS 07). Die Erstattung der Gutachterkosten verlangt die Beklagte mit der Begründung, dass sie sich ohne die Einschaltung der beiden Sachverständigen zur streitentscheidenden Frage der Vereinbarkeit des Vertrages mit §§ 51 ff. AO nicht sachgerecht habe verteidigen können (vgl. Schriftsatz vom 08.05.2019, S. 3 = Bl. 1033 d.A.; vom 06.06.2019, S. 2 ff. = Bl. 1061 ff. d.A.). Ferner wurde zu der Problematik das Gerichtsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Kfm. H. gemäß § 144 Abs. 1 ZPO erholt und der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 ausführlich angehört (Protokoll S. 3 ff. = Bl. 923 ff. d.A.).
In alledem zeigt sich, dass sich ohne vertiefte gemeinnützigkeitsrechtliche Prüfung nicht feststellen lässt, ob sich das jeweilige Rechtsgeschäft noch im Rahmen der Gemeinnützigkeit (im Sinne der ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger Zwecke) bewegt. Dies gilt für den Stiftungsvorstand bzw. die Vorstandsvorsitzende in gleicher Weise wie für die Klägerin als Vertragspartnerin. Insoweit kann nicht angenommen werden, dass die damit gerade auch für die eigenen Stiftungsorgane verbundene Rechtsunsicherheit dem Willen der Stifterin entspricht.
(4) Auf die vorstehende Auslegungsproblematik würde es nicht ankommen, wenn sich die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte Anforderung einer klaren und eindeutigen Satzungsbestimmung (BGH, Urteil vom 28.04.1980 aaO; vom 22.04.1996 aaO; vom 29.07.2014 aaO) lediglich auf die Beschränkung der Vertretungsmacht in Abgrenzung zum stiftungsinternen Handlungsspielraum des Vorstands bezieht. Dem vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Aus seiner Sicht muss sich vielmehr auch der Umfang einer satzungsmäßigen Beschränkung der Vertretungsmacht klar und eindeutig aus der Satzungsbestimmung ergeben und ohne vertiefte rechtliche Prüfung feststellen lassen.
(a) Zwar lässt sich für eine gegenteilige Betrachtungsweise anführen, dass das Gesetz selbst nur einen eingeschränkten Empfängerschutz vorsieht (vgl. § 179 BGB).
Zudem geht die herrschende Meinung davon aus, dass satzungsmäßige Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstands grundsätzlich auch gegenüber gutgläubigen Geschäftspartnern gelten (vgl. Palandt/Ellenberger aaO § 86 Rn. 1; Weitemeyer in: MüKo-BGB aaO § 86 Rn. 16; Hüttemann/Rawert in: Staudinger aaO § 86 Rn. 18 jeweils mwN). Dies wird u.a. damit begründet, dass der Mangel eines nicht vorhandenen Stiftungsregisters nicht zu Lasten der Stiftung gehen könne (Hüttemann/Rawert aaO). Wenn hiernach Beschränkungen der Vertretungsmacht Dritten gegenüber auch ohne deren Kenntnis wirksam sind, lassen sich Beschränkungen der Vertretungsmacht, deren Umfang für Dritte nicht ohne weiteres erkennbar ist, womöglich nicht abweichend beurteilen.
(b) Für das Vereinsrecht ist anerkannt, dass die Satzungsbestimmung nicht nur eindeutig erkennen lassen muss, dass eine Beschränkung der Vertretungsmacht gewollt ist, sondern auch, welchen Umfang die Beschränkung haben soll (Palandt/Ellenberger aaO § 26 Rn. 6 mwN). Diesbezüglich besteht allerdings die Besonderheit, dass die Beschränkung der Vertretungsmacht gemäß § 64 BGB in das Vereinsregister eingetragen werden muss, wenn sie im Außenverhältnis wirksam sein soll, und eine zu unbestimmte Beschränkung nicht eintragungsfähig ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 12.11.1973 – BReg 2 Z 36/73, DB 1973, 2518, Rn. 19 bei juris). Diese Erwägungen treffen auf rechtsfähige Stiftungen mangels Existenz eines Stiftungsregisters gerade nicht zu.
Allerdings verweist die Klägerin zu Recht auf die Weiterentwicklung der vorgenannten Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zum Vereinsrecht. Danach gilt der Grundsatz, dass die Beschränkung der Vertretungsmacht eindeutig aus der Satzung hervorgehen muss, gleichermaßen für den Umfang dieser Beschränkung (BayObLG, Beschluss vom 19.08.1999 – 2Z BR 63/99, DNotZ 2000, 49, Rn. 12 bei juris). In der zugrundeliegenden Fallgestaltung war – ebenso wie hier – die beabsichtigte Außenwirkung nicht zweifelhaft, da auch die dortige Satzung ausdrücklich die Vertretungsmacht des Vorstands beschränkt hat (vgl. BayObLG aaO). Die Entscheidung ist ausdrücklich losgelöst von der Frage ergangen, ob die Satzungsbestimmung über die Beschränkung der Vertretungsmacht in das Vereinsregister eingetragen werden durfte oder ob die Eintragung nicht etwa wegen mangelnder Bestimmtheit der Regelung hätte beanstandet oder abgelehnt werden müssen (vgl. BayObLG aaO Rn. 16).
(c) Aus Sicht des Senats erscheint für die rechtsfähige Stiftung keine abweichende Beurteilung geboten. Im Stiftungsrecht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 BGB) wird die vereinsrechtliche Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB uneingeschränkt für entsprechend anwendbar erklärt, insbesondere auch ohne Rücksicht auf den Unterschied bei der Existenz eines Registers. Nach dieser Vorschrift kann „der Umfang der Vertretungsmacht“ durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass der (beschränkte) Umfang der Vertretungsmacht aus der Satzungsbestimmung klar und eindeutig zu entnehmen sein muss.
Für die Beschränkung der Vertretungsmacht – in Abgrenzung zur Beschränkung des internen Handlungsspielraums – wird die entsprechende Anforderung ausdrücklich damit begründet, dass sie im Interesse des Rechtsverkehrs (BGH, Urteil vom 28.04.1980 aaO; vom 29.07.2014 aaO) bzw. im Interesse der Rechtssicherheit und des Schutzes des Rechtsverkehrs (BGH, Urteil vom 22.04.1996 aaO) erforderlich sei. Die Belange des Rechtsverkehrs sind nicht nur betroffen, wenn es um die Frage geht, ob durch eine Satzungsbestimmung die Vertretungsmacht oder der interne Handlungsspielraum des Vereinsvorstands beschränkt wird. Für die Belange des Rechtsverkehrs ist ebenso von Bedeutung, in welchem Umfang die Vertretungsmacht durch die Satzungsbestimmung beschränkt wird. Dies gilt für den Stiftungsvorstand in gleicher Weise wie für den Vereinsvorstand, wie der vorliegende Fall zeigt. Der Schutz des Rechtsverkehrs verlangt nach Auffassung des Senats, dass aus der Satzungsbestimmung nicht nur die Beschränkung der Vertretungsmacht als solche, sondern auch ihr Umfang klar und eindeutig zu entnehmen sind.
(5) Wenn die Satzungsbestimmung des § 15 Abs. 2 Satz 2 diesen Anforderungen im Hinblick auf die obige Auslegungsproblematik überhaupt zu genügen vermag, lässt sich dies höchstens insoweit annehmen, als sie sich auf den konkreten Stiftungszweck bezieht, wie er in § 2 Abs. 2 der Satzung bestimmt ist. Allenfalls in diesem Umfang kann die Vertretungsmacht der Vorstandsvorsitzenden als durch die Satzung beschränkt angesehen werden. Eine Überschreitung der (satzungsmäßig beschränkten) Vertretungsmacht liegt insoweit nicht vor, da sich der Abschluss des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages mit dem konkreten Stiftungszweck in Einklang bringen lässt. Der Beklagten wird durch den Vertrag die Möglichkeit eröffnet, die von ihr entwickelten Produkte im öffentlichen Gesundheitswesen im größeren Stil als bislang zum Einsatz zu bringen und damit im Gesundheitssystem zu etablieren. Ihre wirtschaftliche Beteiligung an den Vermarktungserlösen versetzt die Beklagte in die Lage, spendenunabhängige Einnahmen zu erzielen, die wiederum im Sinne des Stiftungszwecks investiert werden können. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steht insoweit im Dienst des gemeinnützigen Zwecks, indem durch ihn Mittel für den gemeinnützigen Zweck beschafft werden (vgl. Klein/Gersch aaO § 56 Rn. 3).
Der Gerichtssachverständige Dipl.-Kfm. H. sieht dies nach seinen Ausführungen im Rahmen der mündlichen Anhörung offensichtlich anders („Soweit an die Stiftung 10% zurückfließen, sind diese nach dem Verwertungs- und Vermarktungsvertrag wieder zugunsten der GmbH einzusetzen und folglich nicht für gemeinnützige Zwecke“, Protokoll vom 13.03.2019, S. 5 = Bl. 925 d.A.). Eine dahingehende Regelung findet sich in den vertraglichen Bestimmungen jedoch nicht. Entgegen den Ausführungen im Ersturteil (S. 26) lässt sich den Regelungen in § 3 und § 8 des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages nicht entnehmen, dass sich die Beklagte darin verpflichtet hätte, die an sie ausbezahlte Lizenzgebühr für die Fortentwicklung und Sicherstellung der Qualitätsstandards einzusetzen. Die Klägerin würde lediglich mittelbar insoweit profitieren, als ihr nach dem Vertrag die Nutzungsrechte an den von der Beklagten künftig entwickelten Produkten zustehen.
cc) Der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag ist auch nicht aufgrund der erklärten Anfechtung vom 15.03.2013 (Anlage B3) als von Anfang an nichtig anzusehen, § 142 Abs. 1 BGB. Es fehlt an einem Anfechtungsgrund für die Beklagte.
(1) Für eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1, 1. Alt. BGB) sieht der Senat keinen Raum. Die damalige Vorstandsvorsitzende hat nach eigenem Vorbringen der Beklagten den Verwertungs- und Vermarktungsvertrag unterzeichnet, obwohl ihr keine ausreichende Beurteilungsgrundlage dazu vorlag, inwieweit der Vertrag mit dem Ausschließlichkeits- und dem Unmittelbarkeitsgrundsatz vereinbar ist (Schriftsatz vom 01.02.2016, S. 28 = Bl. 130 d.A.). Allein die Vermittlung des Eindrucks, der Vertrag sei unter gemeinnützigkeitsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft worden, vermag eine arglistige Täuschung nicht zu begründen.
(2) Eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB scheitert daran, dass es sich bei der Gemeinnützigkeitsunschädlichkeit des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages nicht um eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person oder Sache handelt. In den Fällen eines gemeinschaftlichen Irrtums, in denen sich die Parteien beim Vertragsschluss über einen für ihre Willensbildung wesentlichen Umstand gemeinsam geirrt haben, sind die Grundsätze über das Fehlen der Geschäftsgrundlage anzuwenden (Palandt/Ellenberger aaO § 119 Rn. 30).
dd) Die Beklagte ist von dem Verwertungs- und Vermarktungsvertrag auch nicht wirksam zurückgetreten.
(1) Die Beklagte hat den Rücktritt schon nicht erklärt. In dem anwaltlichen Schreiben vom 15.03.2013 (Anlage B3) wird ausdrücklich nur die Anfechtung und hilfsweise die Kündigung aus wichtigem Grund erklärt.
(2) Selbst wenn sich das Schreiben vom 15.03.2013 dahingehend auslegen lässt, dass konkludent auch der Rücktritt erklärt wurde, fehlt es an einem Rücktrittsgrund.
Eine Verpflichtung der Klägerin, die geschuldeten Leistungen „unter Beachtung der Gemeinnützigkeit“ zu erbringen, lässt sich den Bestimmungen des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages nicht entnehmen. Daher war der Klägerin die von ihr zu erbringende Leistung nicht unmöglich und die Beklagte nicht zum Rücktritt nach §§ 275 Abs. 4, 326 Abs. 5 BGB berechtigt.
d) Die weiteren anspruchsbegründenden Voraussetzungen liegen vor.
aa) Eine den Schadensersatzanspruch begründende Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB liegt auch bei der bloßen Nichterfüllung einer Leistungspflicht vor (Palandt/Grüneberg aaO § 280 Rn. 13 mwN). Die Beklage hat unstreitig in der Besprechung vom 05.03.2013 erklärt, die weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin zu beenden. Zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten ist es in der Folgezeit nicht mehr gekommen.
bb) Die Erklärung über die Beendigung der Zusammenarbeit stellt eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung dar, die eine Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich macht.
cc) Der Senat geht davon aus, dass der Klägerin durch die Nichterfüllung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages ein Schaden aufgrund entgangenen Gewinns – wenn wohl auch bei weitem nicht in der geltend gemachten Größenordnung von 15 Mio. Euro – entstanden ist.
(1) Entgangener Gewinn ist ein mittelbarer Schaden, der vom Schädiger gemäß §§ 249 Satz 1, 252 Satz 1 BGB zu ersetzen ist. Er umfasst alle Vermögensvorteile, die dem Geschädigten im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses zwar noch nicht zustanden, ohne dieses Ereignis aber angefallen wären (BGH, Urteil vom 08.05.2018 – VI ZR 295/17, VersR 2018, 1067, Rn. 16 bei juris). Als entgangen gilt nach § 252 Satz 2 BGB der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Ist ersichtlich, dass der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, dann wird vermutet, dass er gemacht worden wäre. Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, ist nicht erforderlich. Insoweit dürfen an das Vorbringen eines selbständigen Unternehmers, ihm seien erwartete Gewinne entgangen, wegen der damit regelmäßig verbundenen Schwierigkeiten keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden (BGH, Urteil vom 26.07.2005 – X ZR 134/04, NJW 2005, 3348, Rn. 13 bei juris). § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung. Diese ändert nichts daran, dass es im Rahmen der notwendigen Prognose des entgangenen Gewinns im Sinn des § 252 Satz 2 BGB ebenso wie für die Ermittlung des Erwerbsschadens nach § 287 ZPO konkreter Anknüpfungstatsachen bedarf, die der Geschädigte darlegen und zur Überzeugung des Gerichts nachweisen muss (BGH, Urteil vom 24.04.2012 – XI ZR 360/11, NJW 2012, 2266, Rn. 13 bei juris; vom 19.09.2017 – VI ZR 530/16, NJW 2018, 864, Rn. 15 bei juris).
(2) Für den Fall, in dem es um die Markteinführung eines neu entwickelten Geräts geht, ist anerkannt, dass die Wahrscheinlichkeitsprognose notwendig unsicher ist. Dieser Schwierigkeit muss auch im Bereich der Vertragshaftung nach den gleichen Grundsätzen wie für Ansprüche aus unerlaubter Handlung Rechnung getragen werden. Demnach darf sich der Tatrichter seiner Aufgabe, auf der Grundlage der §§ 252 BGB, 287 ZPO eine Schadensermittlung vorzunehmen, nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher Prognosen entziehen. Wird dem Geschädigten durch vertragswidriges Verhalten des Schädigers die Möglichkeit genommen oder beschränkt, sein neues Produkt auf den Markt zu bringen, darf der Wahrscheinlichkeitsnachweis nicht schon deshalb als nicht geführt angesehen werden, weil sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht feststellen lässt. Vielmehr liegt es im Bereich der Vertragshaftung in einem solchen Fall nahe, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge von einem angemessenen Erfolg des Geschädigten beim Vertrieb auszugehen und auf dieser Grundlage die Prognose hinsichtlich des entgangenen Gewinns und des infolgedessen entstandenen Schadens anzustellen, wobei auch ein Risikoabschlag in Betracht kommen mag (BGH, Urteil vom 26.07.2005 – X ZR 134/04, NJW 2005, 3348, Rn. 15 bei juris mwN).
(3) Eine vergleichbare Fallgestaltung lässt sich auch hier annehmen. Die von der Beklagten entwickelten Produkte zur Schlaganfallbekämpfung und -betreuung, nämlich das qualitätsgesicherte Case Management (qCM) unter Einsatz von Schlaganfall-Lotsen (SALO) sowie der Schlaganfall-Testkoffer (SATEK), sollten im öffentlichen Gesundheitswesen etabliert und weltweit vermarktet werden. Das klägerische Unternehmen musste zu diesem Zweck erst aufgebaut werden. Die Voraussage des wirtschaftlichen Erfolgs wird daher auch vorliegend nur schwer möglich sein. Gleichwohl soll nicht verkannt werden, dass nach § 252 Satz 2 BGB ein Schadensersatzanspruch nur dann verneint werden darf, wenn ein Schadenseintritt nicht mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (BGH aaO). Das Berufungsgericht hat aus den tatsächlichen Grundlagen, von denen auszugehen sein wird, die nach § 252 BGB erforderlichen Schlüsse zu ziehen und die auf der Grundlage des § 287 ZPO zumindest gebotene Schätzung eines Mindestschadens ggf. selbst vorzunehmen (vgl. BGH aaO Rn. 16). Dabei lässt sich berücksichtigen, dass im Rahmen des von der Beklagten fortgeführten Projekts in verschiedenen Regionen Deutschlands Schlaganfall-Lotsen zum Einsatz kommen. Daneben ist in dem von der Klägerin geltend gemachten entgangenen Gewinn aus dem Einsatz des Schlaganfall-Testkoffers ein Teilbetrag von 122.450,00 € enthalten, der sich auf von der Beklagten in den Jahren 2013 bis 2015 selbst durchgeführte Leistungen bezieht (vgl. Schriftsatz vom 04.11.2016, S. 8 f. = Bl. 296 f. d.A.). Bei dieser Sachlage kann zumindest nicht davon ausgegangen werden, dass ein Schadenseintritt nicht mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
III.
Ein Ausspruch über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht veranlasst (Seiler in: Thomas/Putzo aaO § 304 Rn. 19).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) sind gegeben, soweit die entscheidungserheblichen und – soweit ersichtlich – höchstrichterlich bislang nicht geklärten Fragen zur Auslegung der Satzungsbestimmungen und zum Umfang der Beschränkung der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands betroffen sind. Die Differenzierung zwischen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke und dem engen Stiftungszweck wird in den einschlägigen Mustern vorgegeben (vgl. Anlage 1 zu § 60 AO; Hüttemann/Rawert in: Staudinger, aaO, Anhang zu §§ 80 ff., Rn. 3), sodass der Auslegungsproblematik über den vorliegenden Fall hinausgehende Bedeutung zukommen kann. Die Satzung einer Stiftung kann im Revisionsverfahren frei nachgeprüft und ausgelegt werden (BGH, Urteil vom 14.10.1993 aaO).


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