Europarecht

Drohende Kontamination von Lebensmitteln in Schlachtbetrieb

Aktenzeichen  M 18 S 16.793

Datum:
6.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 134508
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
LFGB § 39 Abs. 2 S. 1
VO (EG) Nr. 852/2004 Art. 4 Abs. 2
VO (EG) Nr. 852/2004 Anhang II Kapitel IX Nr. 3
VO (EG) Nr. 178/2002 Art. 14

 

Leitsatz

1 Durch die Reinigung von Räumen, in denen sich offenes Fleisch befindet, mit Hilfe von Reinigungsschaum und Druckwasser besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Kontamination iSv Art. 4 Abs. 2 iVm Anhang II Kapitel IX Nr. 3 VO (EG) 852/2004. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann nicht entnommen werden, dass die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 2 iVm Anhang II Kapitel IX Nr. 3 VO (EG) 852/2004 die Feststellung einer Verunreinigung im Einzelfall voraussetzen würde. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine lebensmittelrechtliche Anordnung zur Verhütung künftiger Verstöße gegen das Verbot des Inverkehrbringens nicht sicherer Lebensmittel setzt nicht notwendig voraus, dass im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung bereits entsprechende Verstöße festgestellt worden sind. Ausreichend ist vielmehr, dass es ohne die Kontrolle voraussichtlich zu einem Inverkehrbringen gekommen wäre (Anschluss an NdsOVG BeckRS 2010, 49297). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4 Es spricht vieles dafür, dass ein Lebensmittel auch dann als ungeeignet zum Verzehr im Sinne des Art. 14 Abs. 2 lit. b VO (EG) 178/2002 betrachtet werden kann, wenn es keiner stofflichen Veränderung ausgesetzt war. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen Anordnungen, die Reinigungsvorgänge in ihrem Betrieb betreffen.
Die Antragstellerin betreibt einen Schlacht- und Zerlegebetrieb in München. Im Betrieb der Antragstellerin befindet sich unter anderem ein Kühlraum, der von dieser als „Kühlraum 1 und 2“ bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um einen Raum mit rechteckiger Grundfläche, der etwa in der Mitte mit einer Trennwand versehen ist, die an beiden Enden eine raumhohe und nicht verschließbare, bodenebene Öffnung von ca. 1,5 bis 2 m Breite aufweist.
Im Jahr 2013 wurde mehrfach durch bei der Antragsgegnerin beschäftigte amtliche Tierärzte festgestellt, dass Kühlräume der Antragstellerin nass gereinigt wurden, während sich in diesen Räumen noch Lebensmittel befanden. Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 wurde die Antragstellerin dazu aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Nassreinigung in den Kühlräumen grundsätzlich nur dann erfolge, wenn sich keine Lebensmittel in dem betreffenden Kühlraum befänden. Türen zu angrenzenden Räumen, in denen sich Lebensmittel befänden, seien während der Nassreinigung zu schließen. Am 27. Juni 2013 wurde in einem Telefonat zwischen einer bei der Antragsgegnerin beschäftigten amtlichen Tierärztin und einem Mitarbeiter der Antragstellerin vereinbart, dass eine Nassreinigung des Bodens mit kaltem Wasser, das nicht gespritzt wird, mit anschließendem Abziehen des Wassers in der Hälfte des genannten Kühlraumes, in dem keine Schlachttierkörper hängen, zulässig sei. Es solle eine praktische Demonstration bei Anwesenheit eines amtlichen Tierarztes durchgeführt werden, eine Arbeitseinweisung für Mitarbeiter erstellt werden und es dürften keine Reinigungs- und Desinfektionsmittel verwendet werden.
Am 19. Januar 2016 wurden mehrere Videos in das Online-Portal YouTube eingestellt, die Vorgänge bei der Reinigung unter anderem des genannten Kühlraums im Betrieb der Antragstellerin zeigen. Darin ist u.a. Folgendes zu sehen: Reinigungsschaum wird in unmittelbarer Nähe zu hängenden Schlachttierkörpern ausgebracht. Ein mit einem unter Druck stehenden Wasserstrahl arbeitendes Reinigungsgerät wird in einem Teil des Raums eingesetzt, während sich in einem anderen Teil offenes Fleisch befindet. Dabei ist teilweise nicht unerhebliche Aufwirbelung von Wasser und Dampfbildung zu erkennen. Ein Gemisch aus Reinigungsmittel, Schmutz und Wasser fließt unter hängenden Schlachttierkörpern. Hängende Schlachttierkörper werden mit Trinkwasser abgesprüht. Die Videos wurden von einer mittlerweile nicht mehr im Betrieb der Antragstellerin tätigen Person erstellt. Die darauf sichtbaren Reinigungsarbeiten werden überwiegend von anderen Personen als derjenigen, die die Kamera betätigt, durchgeführt. Mehrfach sind Stimmen von anderen Personen zu hören oder solche Personen im Hintergrund zu sehen.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2016 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass nach den Beanstandungen aus dem Jahr 2013 nun auf den neuerdings bekannt gewordenen Videos Verstöße im Zusammenhang mit der Reinigung im Betrieb der Antragstellerin zu sehen seien. Die Antragstellerin wurde zum Erlass einer sofort vollziehbaren Anordnung mit Zwangsgeldandrohung angehört, nach der eine Nassreinigung in den Kühlräumen ab sofort grundsätzlich nur erfolgen dürfe, wenn sich keine Lebensmittel in dem betreffenden Kühlraum befinden. Weiterhin wurden Anordnungen zu der Pflicht, einen verantwortlichen Mitarbeiter zu benennen und zur täglichen Dokumentation des Freigabezeitpunkts der Reinigung und der vorherigen Kontrolle, dass keine Lebensmittel vorhanden sind, angekündigt.
Daraufhin nahm die Antragstellerin durch ihre seinerzeit beauftragten Rechtsanwälte mit Schreiben vom 29. Januar 2016 Stellung. Es sei nicht geklärt, ob die auf den Videos sichtbaren Vorgänge nur dazu inszeniert worden seien, um den Geschäftsbetrieb der Antragstellerin zu schädigen. Die Antragstellerin habe Strafanzeige gegen den für die Aufnahmen verantwortlichen Mitarbeiter erstattet. Es sei völlig unklar, ob und inwieweit durch die auf den Videos sichtbaren Handlungen eine Kontamination von offenem Fleisch stattgefunden habe. Es habe keine Beprobung stattgefunden. Die Antragstellerin werde ihre Qualitätssicherungs-Handbücher konkretisieren. Es werde eine Sonderschulung zu Reinigungsfragen geben. Das Unternehmen, von dem Reinigungsgeräte und Reinigungsflüssigkeit zur Verfügung gestellt würden, werde in vierteljährlichen Kontrollen vor Ort die verantwortlichen Mitarbeiter gesondert schulen. Das Vorgehen gegen den für die Fertigung der Videos verantwortlichen Mitarbeiter werde möglicherweise betriebsintern offen gelegt, um Mitarbeitern aufzuzeigen, welche Konsequenzen ggf. vorsätzliches rechtswidriges Verhalten habe. Weiterhin werde geprüft, ob die „Kühlräume K 1 und K 2“ durch Türen, Trennwände oder Gummitüren kurzfristig noch weiter voneinander abgetrennt werden könnten. Bislang sei die räumliche Trennung der „Kühlhäuser K 1 und K 2“ nicht Gegenstand einer Beanstandung gewesen. Die angekündigte Anordnung werde eingehalten, soweit sie nur die Reinigung leerer Räume zulasse. Man gehe davon aus, dass sich diese Anordnung nicht auf die Kühlräume 1 und 2 beziehe. Es sei sichergestellt, dass eine Reinigung erst beginne, wenn der betreffende Raum leer sei. Die Dokumentation werde derart umgesetzt, dass der zuständige Mitarbeiter in Zukunft festzuhalten habe, wenn vom üblichen vorgegebenen Betriebsablauf Abweichungen feststellbar seien.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2016 bestimmte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin in Ziffer 1, dass die Nassreinigung in den Kühlräumen der Antragstellerin ab sofort grundsätzlich nur erfolgen dürfe, wenn sich keine Lebensmittel (Schlachttierkörper) in dem betreffenden Kühlraum befinden. Türen zu angrenzenden Räumen, in denen sich Lebensmittel befänden, seien während der Nassreinigung zu schließen. In Ziffer 2 wurde geregelt, der Betrieb müsse ab sofort sicherstellen, dass die Reinigung erst beginne, wenn alle Lebensmittel aus den zu reinigenden Bereichen entfernt wurden. Dazu sei ein verantwortlicher Mitarbeiter zu benennen, der die zu reinigenden Bereiche zur Reinigung freigebe, indem er vor jeder Reinigung dem Reinigungspersonal den Zeitpunkt des möglichen Beginns der Arbeiten mitteile. In Ziffer 3 wurde bestimmt, dass der vom verantwortlichen Mitarbeiter festgelegte mögliche Startzeitpunkt der Reinigungsarbeiten und die zuvor erfolgte Kontrolle, dass sich keine Lebensmittel im zu reinigenden Bereich befänden, ab sofort arbeitstäglich zu dokumentieren seien. Die Nachweise seien auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen. In Ziffer 4 wurde die sofortige Vollziehbarkeit für die Ziffern 1 bis 3 angeordnet. In Ziffer 5 drohte die Antragsgegnerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen der Ziffern 1 bis 3 ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 500,- € an. In Ziffer 6 wurden die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auferlegt und eine Gebühr in Höhe von 104,- € festgesetzt.
Aus der Auswertung der Videos ergebe sich, dass in den gezeigten Sequenzen eine unsachgemäße Reinigung der Kühlräume durchgeführt worden sei. Befänden sich Lebensmittel im selben Raum, in dem auch gereinigt werde, bestehe bei der Verwendung von Reinigungsmitteln die chemische Gefahr, dass Reinigungsmittel in das Lebensmittel übergingen. Reinigungsmittel könnten direkt oder über Aerosol oder Spritzkontamination auf offene Lebensmittel übertragen werden. Auch eine Nassreinigung ohne Verwendung von Reinigungsmittel führe zu einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln, da bei der Reinigung schmutzbelastete Aerosole entstehen könnten, die sich auf den Oberflächen der Lebensmittel niederschlagen könnten. Diese verbesserten die Wachstumsbedingungen für Mikroorganismen auf den Fleischoberflächen und könnten im Aerosol vorhandene Mikroorganismen auf die Fleischoberflächen übertragen und deren mikrobielle Belastung quantitativ erhöhen. Eine reine Negativdokumentation, wie von der Antragstellerin vorgeschlagen, reiche nicht aus. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im besonderen öffentlichen Interesse, weil bei weiterer unsachgemäßer Reinigung der Kühlräume die konkrete Gefahr bestehe, dass Lebensmittel in den Verkehr gelangten, die gesundheitsschädlich oder für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet seien. Das Interesse der Antragstellerin an einem durch behördliche Anordnungen ungestörten Betriebsablauf müsse hinter dem sofortigen Verbraucherinteresse und dem Verbraucherschutz zurückstehen. Auch aufgrund der tagtäglichen Produkt und der Menge des gewonnenen Fleisches müsse die Anordnung mit sofortiger Wirkung vollziehbar sein.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 19. Februar 2016 hat die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erhoben. Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat sie außerdem einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie beantragt,
1.die aufschiebende Wirkung der eingereichten Anfechtungsklage gegen die am 18. Februar 2016 erlassene Verfügung der Antragsgegnerin anzuordnen bzw. wiederherzustellen,
2.hilfsweise die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuheben,
3.äußerst hilfsweise, festzustellen, dass die von der Antragstellerin erhobene Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat.
Der Bescheid vom 18. Februar 2016 sei offensichtlich rechtswidrig. Es fehle an einem Verstoß, der Voraussetzung für eine Anordnung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB sei. Ein solcher könne sich nicht aus § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB ergeben, da diese Vorschrift europarechtswidrig sei, weil sie gegen das Normwiederholungsverbot verstoße. Die Regelungen über zum Verkehr ungeeignete Lebensmittel in Art. 14 der VO (EG) 178/2002 seien abschließend. Allenfalls Art. 14 Abs. 2 Buchstabe b der VO (EG) 178/2002 käme als Grundlage für einen Verstoß in Betracht. Es liege jedoch kein für den menschlichen Verkehr ungeeignetes Lebensmittel vor. Bei den in den Videos dargestellten Szenen handle es sich um einen böswilligen Exzess eines ehemaligen Mitarbeiters. Bei den von der Antragsgegnerin angeführten Gründen hinsichtlich Aerosolbildung und Kontakt zu Reinigungsmitteln handle es sich lediglich um abstrakte Mutmaßungen. Die rein abstrakte hypothetische Möglichkeit einer nachteiligen Beeinflussung sei für die Annahme eines für den Verzehr durch den Menschen ungeeigneten Lebensmittels nicht ausreichend. Es bedürfe der Feststellung einer tatsächlichen Kontamination. In keinem der Videos sei zu sehen, dass ein unmittelbarer Kontakt zwischen Reinigungsmitteln und dem Fleisch stattfinde. Der Kontakt mit Aerosolen sei nicht tatsächlich belegt. Wegen der von der Antragstellerin angekündigten eigenen Maßnahmen fehle es an der Gefahr eines drohenden künftigen Verstoßes. Die Anordnung sei im Übrigen auch zu unbestimmt. Ziffer 1 des Bescheides lasse die Antragstellerin im Unklaren darüber, ob es sich nach Ansicht der Antragsgegnerin bei den Kühlhäusern aufgrund der nicht verschließbaren Öffnung in der Trennwand um einen oder mehrere Räume handle. Eine vollständige Leerung beider „Kühlhäuser“ sei wegen der Beschaffenheit des Betriebes faktisch unmöglich. Die Anordnung sei auch unverhältnismäßig. Die derzeitige Reinigungspraxis entspreche der in den letzten drei Jahren nicht beanstandeten. Die in Ziffern 1 und 2 der Verfügung angeordneten Maßnahmen würden bereits umgesetzt. Im Übrigen würden die Anordnungen der Antragsgegnerin ein vorsätzliches schädigendes Verhalten von Mitarbeitern nicht verhindern können. Jedenfalls sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht hinreichend begründet.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Kontamination des offenen Fleisches habe durch Dampf oder Aerosole bereits stattgefunden, wenn Reinigungsarbeiten in der Art und Weise, wie sie auf den Videos aufgenommen wurden, durchgeführt würden. Außerdem würde Fleisch, das unter solchen Bedingungen produziert wurde, beim normal empfindenden Verbraucher Ekel oder Widerwillen auslösen, wenn er von diesen Herstellungsmethoden Kenntnis hätte. Die Anordnung sei auch nicht zu unbestimmt. Der von der Antragstellerin angeführte Kühlraum sei als ein zusammenhängender Raum zu sehen. Es liege lediglich eine optische Trennung vor, finde aber ein Luft-, Temperatur- und Feuchtigkeitsaustausch zwischen den zwei Bereichen statt, der auch nicht verhindert werden könne, beispielsweise durch das Schließen von Türen. Daher sei im Juni 2013 auch lediglich die Zwischenreinigung des Bodens mit Wasser und gerade nicht die Komplettreinigung mit Wasser, Reinigungsmitteln und Hochdruck erörtert worden, wenn nicht die gesamte Fläche von Schlachttierkörpern geleert sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Akte der Antragsgegnerin.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung wiederherstellen, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse besonders angeordnet ist. Der Antrag ist begründet, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO formal nicht ordnungsgemäß ist oder wenn das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt.
A.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formal ordnungsgemäß erfolgt.
Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts wurde in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügender Weise schriftlich begründet. Für die formale Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO kommt es dabei auf die inhaltliche Tragfähigkeit der Begründung nicht an (vgl. OVG S-H, B.v. 2.3.2005 – 2 MB 1/05 – NVwZ-RR 2007, 187). Die schriftliche Begründung muss erkennen lassen, dass die Behörde sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst gewesen ist, muss am Einzelfall erfolgen und darf sich nicht in der formelhaften Wiedergabe des Gesetzeswortlauts erschöpfen.
Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Begründung. Sie nennt die im konkreten Fall für das besondere öffentliche Interesse streitenden Gesichtspunkte, namentlich im Wesentlichen die Notwendigkeit einer sofortigen Stärkung der Beachtung, die die Reinigungspraxis durch die Mitarbeiter der Antragstellerin erfährt, sowie das Verbraucherinteresse, den Verbraucherschutz und die laufende Produktion und Menge des gewonnenen Fleisches.
B.
Das private Aussetzungsinteresse überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse nicht.
Ist ein Verwaltungsakt kraft besonderer Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbar, so überwiegt das private Aussetzungsinteresse das öffentliche Vollzugsinteresse, wenn der betreffende Verwaltungsakt bei summarischer Prüfung rechtswidrig ist oder es an einem besonderen öffentlichen Vollzugsinteresse fehlt.
I. Der angefochtene Verwaltungsakt ist bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen, aber auch genügenden summarischen Prüfung rechtmäßig.
1. Die Anordnung ist hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Bescheid, wenn die mit ihm getroffene Reglung (Art. 35 BayVwVfG) für die Beteiligten des Verfahrens (Art. 13 BayVwVfG) gegebenenfalls nach Auslegung eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist (BVerwG, U.v. 22.1.1993 – 8 C 57/91 – NJW 1993, 1667/1668). Das ist hier der Fall. Insbesondere dürfte keine Unklarheit bestehen, ob die von der Antragstellerin als Kühlraum 1 und 2 bezeichneten Bereiche vor der Reinigung ganz von Lebensmitteln geleert sein müssen. Diese Bereiche sind als ein Raum im Sinne der Anordnung zu betrachten, ohne dass in dieser Hinsicht eine wesentliche Unklarheit bestünde. Die Anordnung bestimmt nämlich, dass eine Nassreinigung grundsätzlich nur erfolgen darf, wenn sich keine Schlachttierkörper in dem betreffenden Kühlraum befinden, sowie, dass während der Nassreinigung Türen zu angrenzenden Räumen zu schließen sind, in denen sich Lebensmittel befinden. Daraus lässt sich schon dem Wortlaut nach entnehmen, dass zusammenhängende Räume gänzlich leer sein müssen, soweit sie nicht durch Türen oder funktionell gleiche Vorrichtungen abtrennbar sind. Für diese Auslegung spricht auch die den Gründen des Bescheids zu entnehmende Zweckrichtung, Einwirkungen des Reinigungsvorgangs auf gelagertes Fleisch zu verhüten. Dies lässt ein Verständnis nicht zu, das lediglich teilweise abgetrennte Bereiche als selbständige Räume betrachtet.
Dem eventuell ein anderes Verständnis ermöglichenden Vorbringen der Antragstellerin, die abweichende Praxis sei von der Antragsgegnerin gebilligt worden, ist diese mit der Antragserwiderung entgegengetreten. Das als Bestandteil der Akten der Antragsgegnerin vorgelegte Schreiben an die Antragstellerin vom 6. Juni 2013 enthält die gleiche Maßgabe zum Reinigungsvorgang wie der Bescheid. Nach dem darauf angebrachten handschriftlichen Vermerk der Sachbearbeiterin vom 2. Juli 2013 werden die „Kühlräume […] künftig immer nur zur Hälfte freigeräumt und mit kaltem Wasser ohne Hochdr. + Zusätze gereinigt; lt. Absprache mit Fr. Dr. … hygienisch in Ordnung“. Das gleiche ergibt sich aus dem Vermerk der genannten Tierärztin über das am 27. Juni 2013 mit einem Mitarbeiter der Antragstellerin geführte Telefongespräch. Die Absprache betrifft offensichtlich nur eine sich von den als reguläre Reinigung durchgeführten Maßnahmen ersichtlich unterscheidende Vorgehensweise, nämlich eine bloße Zwischenreinigung.
2. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) können die zuständigen Behörden unter anderem die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen treffen, die zur Verhütung künftiger Verstöße erforderlich sind. Ob wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) 882/2004 die zutreffende Rechtsgrundlage ist, bedarf jedenfalls im Rahmen des Eilverfahrens keiner Klärung, weil eine Auswechslung der Rechtsgrundlage insoweit als zulässig zu erachten ist (vgl. VGH BW, U.v. 16.6.2014 – 9 S 1273/13 – juris Rn. 26 f.; OVG NW, B.v. 26.11.2014 – 13 B 1250/14 – juris Rn. 18). Erforderlich ist, dass ein künftiger Verstoß gegen eine Vorschrift nach § 39 Abs. 1 Satz 1 LFGB droht.
a) Es liegt bei summarischer Prüfung ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kapitel IX Nr. 3 VO (EG) 852/2004 vor. Nach dieser Vorschrift sind Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten ist.
Durch die Reinigung von Räumen, in denen sich offenes Fleisch befindet, mit Hilfe von Reinigungsschaum und Druckwasser besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer solchen Kontamination. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. f VO (EG) 852/2004 bezeichnet „Kontamination“ das Vorhandensein oder das Hereinbringen einer Gefahr. Eine Gefahr ist nach Art. 3 Nr. 14 VO (EG) 178/2002 als ein biologisches, chemisches oder physikalisches Agens in einem Lebensmittel oder Futtermittel oder ein Zustand eines Lebensmittels oder Futtermittels, der eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen kann, zu verstehen. Letztere Definition aus der früher erlassenen VO (EG) 178/2002, so genannte Basisverordnung, kann wegen der einheitlichen Konzeption des Lebensmittelrechts der Europäischen Union zur Auslegung des Begriffs der Kontamination herangezogen werden.
Der Kontakt von Schlachttierkörpern mit bei der Hochdruckreinigung entstehenden Aerosolen sowie mit bei der Schaumreinigung ausgebrachten chemischen Reinigungsmitteln kann nach der für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung eine Kontamination darstellen. Es findet durch diesen Kontakt ein Eintrag von biologischen bzw. chemischen Agentien auf diese Lebensmittel dar. Im bei der Hochdruckreinigung entstehenden Aerosol befinden sich Bestandteile des auf der zu reinigenden Fläche gelösten Schmutzes, namentlich auch mikrobielles Material und damit biologische Agentien. Reinigungs- und Desinfektionsmittel stellen chemische Agentien dar. Diese biologischen und chemischen Agentien können auch eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen. Durch den Eintrag mikrobiologischen Materials kann die mikrobiologische Sicherheit des Lebensmittels durch Erhöhung des Keimgehalts beeinträchtigt werden. Chemische Agentien, die dem Fleisch anhaften oder von diesem aufgenommen werden und so in das verarbeitete Lebensmittel gelangen, können ebenfalls eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen, wenn es sich um Stoffe handelt, die potentiell gesundheitsschädlich sind, wie dies bei Reinigungs- und Desinfektionsmitteln regelmäßig der Fall ist.
Durch die Durchführung von Reinigungsarbeiten im Räumen des Betriebs der Antragstellerin, während sich darin Schlachttierkörper aufgehängt befinden, besteht die konkrete Gefahr, dass es zu einem Kontakt dieser Lebensmittel mit Aerosolen und Reinigungsmitteln kommt.
Ohne weiteres gilt dies für die Aerosole. Diese breiten sich über einen weiteren, ohne dichten Abschluss nicht eingrenzbaren räumlichen Bereich um die jeweils mit dem Druckreiniger bearbeitete Oberfläche aus. Daher kommt auch eine Reinigung eines Teils des Kühlraums nicht in Betracht, während sich in einem nicht durch Türen abschließbaren und durch mehrere erhebliche Öffnungen mit dem ersten verbundenen anderen Teil noch Schlachttierkörper befinden. Es ist hinreichend naheliegend, dass Aerosole, die sich beim Kontakt von Druckwasser mit schmutzbelasteten Oberflächen – im konkreten Fall beinhaltet die Verschmutzung unter anderem Blut und Eiweiß – bilden, Schmutzpartikel und mikrobielle Belastungen transportieren können. Jedenfalls im Rahmen der summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz bedarf es keines weiteren Nachweises dieses Zusammenhangs.
Durch das Aufbringen von schaumförmigem Reinigungsmittel in unmittelbarer Nähe zu Schlachttierkörpern kann es außerdem, unter anderem durch Spritzer oder Fehler in der Bedienung der Schaumpistole, zu einem Eintrag von Reinigungsschaum auf das Fleisch kommen. Dabei kann offen bleiben, ob die entsprechenden Vorgänge, die unter anderem in den Videos mit den Datei-Datums- und -Zeitangaben 9.10.2015 / 00:08 und 19.10.2015 / 18:45 zu sehen sind, der regelmäßigen Reinigungspraxis entsprachen oder vorsätzliche Abweichungen davon zeigen. Jedenfalls ist daran neben der kameraführenden Person ein weiterer Mitarbeiter der Antragstellerin beteiligt, so dass nicht von einem Exzess eines Einzelnen gesprochen werden kann. Zudem konnte das Aufbringen vom Schaum in der unmittelbaren Nähe von Schlachttierkörpern gerade deswegen erfolgen, weil die Reinigung stattfand, ohne dass der Kühlraum insgesamt frei von Lebensmitteln war. Weiterhin ist es nicht fernliegend, dass die Reinigung des Grenzbereichs bis in den anderen Raumteil hinein jedenfalls zu einem gewissen Teil zur regelmäßigen Reinigung gehörte, weil ohne eine großzügige Einbeziehung des Übergangsbereichs bei einer jeweils nur hälftigen Reinigung nicht sichergestellt wäre, dass insgesamt alle zu reinigenden Flächen abgedeckt sind.
Für die Entscheidung nicht von Bedeutung ist, dass eine Probennahme bei potentiell durch die Einwirkung von Aerosolen und Reinigungsmittel beeinträchtigtem Fleisch nicht stattgefunden hat. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann nicht entnommen werden, dass die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kapitel IX Nr. 3 VO (EG) 852/2004 die Feststellung einer Verunreinigung im Einzelfall voraussetzen würde. Für nicht ausreichend erachtet hat der Europäische Gerichtshof die Feststellung der bloßen Möglichkeit, dass Käufer die ihnen in verschließbaren Selbstbedienungsboxen angebotenen Backwaren mit bloßen Händen anfassen oder anniesen, ohne dass die Schutzmaßnahmen des Verkäufers berücksichtigt würden (vgl. EuGH, U.v. 6.10.2011 – Albrecht, C-382/10 – Slg. 2011, I-9297 Rn. 22 ff.). Hier liegt der Fall anders. Zunächst steht der Kontakt von offenem Fleisch mit im gleichen Raum entstehenden Aerosolen in Frage. Dass es zu solch einem Kontakt kommt, ist nicht bloß abstrakt denkbar, sondern bei lebensnaher Betrachtung naheliegend. Insbesondere bedarf es dafür, anders als im vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall, keines dazwischentretenden menschlichen Fehlverhaltens. Auch sind keine wirksamen Schutzmaßnahmen vorgetragen. Soweit der Einsatz von Reinigungsschaum in Räumen mit offenem Fleisch betroffen ist, gilt im Ergebnis nichts anderes. Diese Vorgehensweise birgt die Gefahr in sich, dass jedenfalls bei zu geringem Abstand zwischen den Flächen, auf die Reinigungsschaum ausgebracht wird, und offenem Fleisch von den Oberflächen zurückspritzender Schaum auf das Fleisch gelangt. Weiterhin besteht die Gefahr von Fehlfunktionen und Fehlbedienungen der Schaumpistole, die grundsätzlich nur eine begrenzt präzise Steuerung des Schaumauftrags ermöglicht. Auch kann es beim Nachwaschen zur einer Verteilung des eingesetzten Reinigungsmittels im Raum kommen. Zudem bestehen erhebliche Zweifel, ob eine systematische Anwendung von mittels Schaumpistole ausgebrachtem Reinigungsmittel in lediglich bereichsweise lebensmittelfreien Räumen hinreichende Vorkehrung gegen Fehlverhalten der damit betrauten Mitarbeiter bietet.
b) Es droht bei summarischer Betrachtung weiterhin ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b, Abs. 5 VO (EG) 178/2002. Eine lebensmittelrechtliche Anordnung zur Verhütung künftiger Verstöße gegen das Verbot des Inverkehrbringens nicht sicherer Lebensmittel setzt nicht notwendig voraus, dass im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung bereits entsprechende Verstöße festgestellt worden sind. Ausreichend ist vielmehr, dass es ohne die Kontrolle voraussichtlich zu einem Inverkehrbringen gekommen wäre (vgl. OVG Nds., B.v. 10.5.2010 – 13 ME 181/09 – juris Rn. 8).
Nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) 178/2002 dürfen Lebensmittel, die nicht sicher sind, nicht in Verkehr gebracht werden. Nach Abs. 2 Buchst. b der Vorschrift gelten Lebensmittel als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie für den Verzehr durch den Menschen nicht geeignet sind. Nach Abs. 5 der Vorschrift ist bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch Menschen ungeeignet ist, zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist.
aa) Nach diesem Maßstab besteht vorliegend die Gefahr, dass für den Verzehr durch Menschen ungeeignete Lebensmittel in Verkehr gebracht werden. Fleisch aus den von der Antragstellerin als Kühlräume 1 und 2 bezeichneten Räumen könnte in Verkehr gebracht werden, obwohl es für den Verzehr durch Menschen ungeeignet ist, weil es infolge einer Kontamination durch Fremdstoffe für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist.
Eine Kontamination durch Fremdstoffe ist nach dem oben Dargelegten hinreichend wahrscheinlich, wenn eine Reinigung von Räumen mit chemischen Reinigungsmitteln und einem Hochdruckreiniger stattfindet, während sich darin Schlachttierkörper befinden. Fleisch, dass mit Reinigungsmitteln oder infolge der Aerosoleinwirkung mit einer erhöhten Keimzahl belastet ist, ist für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden.
bb) Ohne dass dies hier der Entscheidung bedürfte, spricht vieles dafür, dass ein Lebensmittel auch dann als ungeeignet zum Verzehr im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) 178/2002 betrachtet werden kann, wenn es keiner stofflichen Veränderung ausgesetzt war (vgl. VG Regensburg, B.v. 15.11.2012 – RO 5 K 12.619 – juris Rn. 123; VG Augsburg, U.v. 27.7.2011 – Au 1 K 11.717 – juris Rn. 43 f.; anders Meyer in Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, Art. 14 VO [EG] 178/2002 Rn. 38). Denn Abs. 5 der genannten Vorschrift dürfte mit den „zu berücksichtigenden“ Gesichtspunkten nur hinreichende, nicht jedoch notwendige Bedingungen für die Ungeeignetheit zum Verzehr regeln (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 7/2015, Art. 14 VO [EG] 178/2002 Rn. 56a). Ein Lebensmittel kann demnach auch ohne stoffliche Beeinflussung ungeeignet zum Verzehr sein, wenn im Umgang damit hygienische Mindestanforderungen missachtet wurden, so dass das Erzeugnis ohne äußerlich erkennbare Veränderung Ekel oder Widerwillen bei einem normal empfindlichen Verbraucher auslösen würde, wenn er von bestimmten Herstellungs- oder Behandlungsverfahren Kenntnis hätte. Dabei ist kein subjektiver Maßstab, sondern ein objektivierter Maßstab dahingehend anzuwenden, dass ein Lebensmittel ungeeignet zum Verzehr ist, wenn kein vernünftiger Verbraucher bei Kenntnis der Umstände des Umgangs mit dem Lebensmittel im Herstellungs-, Verarbeitungs- oder Vertriebsverlauf dieses verzehren würde (vgl. ebd., Rn. 56a).
Ein vernünftiger Verbraucher würde nach Auffassung der Kammer Widerwillen empfinden und Fleisch nicht verzehren, von dem ihm bekannt ist, dass während der Verarbeitung oder Lagerung im gleichen Raum mittels Hochdruckreinigung Schmutz entfernt wurde und chemisches Reinigungsmittel ausgebracht wurde, so dass es zum Kontakt mit schmutzhaltigem Aerosol, umherspritzenden Schmutzpartikeln und Reinigungsmittel gekommen sein kann.
c) Auf einen Verstoß gegen § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB und die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem europäischen Lebensmittelrecht kommt es wegen des unter a) festgestellten Verstoßes nicht an.
d) Die Antragsgegnerin hat auch eine zulässige Rechtsfolge angeordnet.
Insbesondere hat sie das ihr bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eröffnete Auswahlermessen (vgl. VGH BW, U.v. 16.6.2014 – 9 S 1273/13 – juris Rn. 26) ohne Ermessensfehler ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO).
Die Anordnungen sind insbesondere verhältnismäßig.
aa) Die Maßnahme ist insbesondere nicht deshalb ungeeignet, weil sie Verstöße durch einzelne Mitarbeiter nicht verhindern könnte. Eine vollständige Effektivität ist nicht erforderlich. Zudem sind erstens auf einigen der vorliegenden Videos jeweils mehrere Mitarbeiter zu sehen bzw. an der Situation beteiligt, so dass insoweit der Vortrag nicht zu überzeugen vermag, es handle sich um einen bewusst inszenierten Verstoß eines einzelnen Arbeitnehmers. Weiterhin dienen die Anordnungen im Bescheid der Beendigung der systematischen Praxis, den jeweils nur bis zur Trennwand geleerten Kühlraum der Reinigung zu unterziehen. Dazu sind sie ohne Zweifel geeignet.
bb) Die Erforderlichkeit ist nicht durch eigene Maßnahmen der Antragstellerin ausgeräumt, weil diese insbesondere an der jeweils nur hälftigen Leerung des Kühlraums bei der Reinigung mit Schaumpistole und Hochdruck festhalten will. Weiterhin ist eine bloße Aufzeichnung von Verstößen gegen den vorgeschriebenen Reinigungsablauf nicht gleichwertig mit der in Ziffer 3 des Bescheids angeordneten Dokumentation der Freigabe jedes Reinigungsvorgangs.
cc) Die Maßnahme ist auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, weil nicht ersichtlich ist, dass der Aufwand für die Antragstellerin außer Verhältnis zu dem Schutz der betroffenen Belange der Lebensmittelsicherheit und der Verbraucherinteressen steht.
II. Es besteht auch ein besonderes Vollzugsinteresse, das die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit trägt.
Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Anordnung ist erheblich. Angesichts der großen Menge von im Betrieb der Antragstellerin verarbeitetem Fleisch kann eine Vielzahl von Verbrauchern von möglicherweise in den Verkehr gelangenden, den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht genügenden Produkten betroffen sein. Demgegenüber ist das private Aussetzungsinteresse nicht besonders schwerwiegend. Der den Reinigungsvorgang selbst betreffende Teil der nun getroffenen Anordnung – Ziffer 1 – entspricht den Anforderungen, die bereits mit der Belehrung aus dem Jahr 2013 gestellt wurden. Der Aufwand für die organisatorischen Maßnahmen und die Dokumentation ist vergleichsweise gering.
Der zu 2 gestellte erste Hilfsantrag hat keinen Erfolg, weil die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell ordnungsgemäß erfolgt ist (oben A.).
Der weitere Hilfsantrag (Antrag zu 3) hat keinen Erfolg, weil die Anfechtungsklage vorliegend keine aufschiebende Wirkung hat. Dies ergibt sich hinsichtlich der Ziffern 1 bis 3 des Bescheids vom 18. Februar 2016 aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, hinsichtlich Ziffer 5 aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, Art. 21a Abs. 1 VwZVG, hinsichtlich Ziffer 6 aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO (vgl. SächsOVG, B.v. 22.9.2010 – 4 B 214/10 – juris Rn. 7 f.).
Die Antragstellerin trägt als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergeht nach § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben