Europarecht

Erfolgloser Eilantrag eines türkischen Staatsangehörigen gegen eine asylverfahrensrechtliche Abschiebungsanordnung in die Slowakei

Aktenzeichen  Au 6 S 18.50756

Datum:
28.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 25745
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
Dublin III-VO Art. 3, Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 2, Abs. 4
GG Art. 6, Art. 16 Abs. 2
AsylG § 26a, § 29, § 34a
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Es ist nicht davon auszugehen, dass Asylbewerber in der Slowakei aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein, denn es existiert ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, das prinzipiell funktionsfähig ist und insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. (Rn. 23 – 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Az. Au 6 K 18.50752) gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 3. September 2018 wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine sofort vollziehbare Anordnung der Abschiebung in die Slowakei.
Der am 25. Mai 2018 in Deutschland erkennungsdienstlich behandelte Antragsteller ist ausweislich seines Nüfus türkischer Staatsangehöriger, der am … 1991 in … geboren wurde und zuletzt dort lebte. Nach eigenen Angaben habe er die Türkei über … am 3. Februar 2018 verlassen, sich zweieinhalb Monate in … in der Tschechischen Republik aufgehalten, bevor er am 27. April 2018 von dort nach Deutschland eingereist ist (BAMF-Akte Bl. 67, 76). Er sei nie in der Slowakei gewesen, nur in der Tschechischen Republik (ebenda Bl. 75). Er habe in einem Kellerraum in … gewohnt und sich um die Einreise nach Deutschland gekümmert. Dem Schleuser habe er 6.500 Euro gegeben für die Reise und später weitere 500-600 Euro (für laufende Ausgaben); er habe 1.000 Euro bei sich gehabt und davon gelebt (ebenda Bl. 76). Auf Frage nach Verwandten in Deutschland gab er zwei Tanten und circa 10 Cousins an; letztere seien deutsche Staatsbürger; seine Tanten hätten Asylanträge gestellt (ebenda Bl. 77).
Aufgrund einer Visa-Antragsauskunft (BAMF-Akte Bl. 61), wonach dem Antragsteller ein vom 2. Februar 2018 bis zum 14. Februar 2018 für einen Kurzaufenthalt gültiges Schengen-Visum von der Slowakei erteilt wurde, richtete das Bundesamt am 18. Juni 2018 ein Übernahmeersuchen für den Antragsteller an die slowakischen Behörden. Diese haben nach deutscher Remonstration mit Schreiben vom 31. August 2018 dem Ersuchen unter Verweis auf Art. 12 Abs. 4 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) zugestimmt.
Mit Bescheid vom 3. September 2018, am 4. September 2018 gegen Empfangsbekenntnis durch die Erstaufnahmeeinrichtung dem Antragsteller zugestellt sowie seinen Bevollmächtigten übermittelt, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1). Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung in die Slowakei an (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf drei Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4). In den Gründen ist ausgeführt, der Asylantrag sei unzulässig, da die Slowakei aufgrund des von dort erteilten Visums nach Art. 12 Abs. 4 VO 604/2013/EU (Dublin-III-VO) für die Bearbeitung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei. Abschiebungsverbote lägen nach den Erkenntnissen des Bundesamts nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in der Slowakei würden nicht zu der Annahme führen, dass bei einer Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Dem Antragsteller drohe keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots führen würde. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der nur in der Tschechischen Republik aufhältige Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihm eine menschenrechtswidrige Behandlung in der Slowakei drohe. Die genannten Tanten und Cousins seien keine „Familienangehörigen“ i.S.v. Art. 2 Buchst. g erster Spiegelstrich VO 604/2013/EU. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Dem Bescheid wurden eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung:in deutscher Sprache und in Türkisch sowie die Übersetzung des Bescheidstenors in Türkisch beigefügt.
Am 11. September 2018 ließ der Antragsteller hiergegen Klage (Az. Au 6 K 18.50752) erheben, über welche noch nicht entschieden ist. Er beantragte weiter,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen.
Zur Begründung macht er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in der Slowakei geltend; insbesondere nach Abschluss des Asylverfahrens stehe eine Versorgung allenfalls für sechs Monate zur Verfügung; Asylsuchende außerhalb von Unterbringungszentren müssten ihre Unterkunft selbst finanzieren und erhielten keine Sozialhilfe. Der Antragsteller habe in der Slowakei in einem Keller leben und seinen Lebensunterhalt selbst finanzieren müssen. Zudem beabsichtige der Antragsteller, eine deutsche Staatsangehörige zu heiraten und sei in seiner Eheschließungsfreiheit geschützt.
Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert.
Die Regierung von … als Vertreterin des öffentlichen Interesses hat auf jegliche Zustellungen mit Ausnahme der Endentscheidung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die von der Antragsgegnerin am 19. September 2018 vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ist unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Antragsteller hat die nach § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylgesetzes (AsylG) vorgesehene Antragsfrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung eingehalten; ausweislich des Empfangsbekenntnisses erfolgte die Bescheidszustellung am 4. September 2018. Die Klagefrist begann somit am 5. September 2018 zu laufen (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB) und endete am 11. September 2018 um 24.00 Uhr (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB), so dass die Klage- und Antragsfrist mit Klageerhebung und Antragstellung am 11. September 2018 noch gewahrt ist.
2. Der Antrag ist unbegründet.
Der Antrag ist unbegründet, da das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung zurücktritt.
Gegenstand des nach § 34a Abs. 2 AsylG zulässigen Antrags ist die vom Antragsteller begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts.
a) Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. die Aufhebung der Vollziehung aufgrund der im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) vorliegenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei die Interessen eines Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung bereits beurteilt werden können.
b) Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im vorläufigen Eilverfahren nur beschränkt möglichen Prüfung und nach derzeitigem Kenntnisstand bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung. Die diesbezüglich in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich erfolglos sein.
aa) Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend alle erfüllt.
bb) Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Slowakei im auch für die Anwendung der Dublin III-VO maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG, vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2016 – 1 C 24.15 – juris Rn. 8) gemäß Art. 12 Abs. 2 und 4 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylgesuchs des Antragstellers zuständig ist. Denn dieser ist im Besitz eines abgelaufenen slowakischen Visums (vgl. oben, Gültigkeitsdauer bis 14. Februar 2018). Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ABl L 180 vom 29.6.2013, S. 31; sog. Dublin III-VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 7 Abs. 1 Dublin III-VO). Besitzt ein Antragsteller ein gültiges Visum, so ist nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung erteilt wurde. Besitzt ein Antragsteller ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten nicht verlassen hat (Art. 12 Abs. 4 Satz 1 Dublin III-VO). Dies ist beim Antragsteller der Fall.
Die vom Bundesamt durchgeführte Abfrage in der VIS-Datenbank ergab, dass der Antragsteller o.g. vom 2. Februar 2018 bis zum 14. Februar 2018 für einen Kurzaufenthalt gültiges Schengen-Visum von der Slowakei erhielt. Dieses ist im Zeitpunkt der Meldung als asylsuchend am 25. Mai 2018 (und auch im Zeitpunkt der förmlichen Asylantragstellung am 13. Juni 2018) noch nicht seit mehr als sechs Monaten abgelaufen. Nach Art. 7 Abs. 2 der Dublin III-VO kommt es für die Bestimmung des nach Kapitel III zuständigen Mitgliedstaates auf den Zeitpunkt der ersten Stellung eines Gesuchs auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat an, mithin vorliegend auf den 25. Mai 2018, so dass Art. 12 Abs. 4 Satz 1 Dublin III-VO vorliegend Anwendung findet. Dementsprechend hat die Slowakei mit Schreiben vom 31. August 2018 die Zustimmung zur Aufnahme des Antragstellers gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO erklärt.
Der Vortrag des Antragstellers, seine Verlobte in Deutschland heiraten zu wollen, hindert nicht die Anwendung des Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO. Nach Art. 7 Abs. 3 Dublin III-VO berücksichtigen die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Anwendung der in Art. 8, 10 und 6 Dublin III-VO genannten Kriterien alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Art. 22 und 25 Dublin III-VO stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist (Art. 7 Abs. 3 Dublin III-VO). Der Antragsteller ist volljährig und seine Verlobte bereits keine Familienangehörige i.S.v. Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO, da das Verlöbnis bzw. die Ehe noch nicht im Herkunftsland des Antragstellers bestanden hat, sondern erst in Deutschland eingegangen wurde bzw. werden soll. Im Übrigen ist weder dargelegt noch aus der Akte des Bundesamtes ersichtlich, dass Indizien im vorgenannten Sinn vorgelegt wurden, bevor die Zustimmung der slowakischen Behörden erfolgte. Nach der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung besteht auch kein Schutzanspruch für das Verlöbnis aus Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh (dazu sogleich).
cc) Die Abschiebung des Antragstellers in die Slowakei kann auch durchgeführt werden, da ihr keine systemischen Mängel in Slowakei entgegenstehen. Gründe, von einer Überstellung gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO setzt voraus, dass es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedsstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedsstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCharta) mit sich bringen. Den nationalen Gerichten obliegt die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-493/10 – juris). An die Feststellung solcher systemischer Schwachstellen sind hohe Anforderungen zu stellen. Von derartigen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im betreffenden Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – NVwZ 2014,1039).
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung ist nach Überzeugung des Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in der Slowakei aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Hierzu hat das Verwaltungsgericht des Saarlands soeben ausgeführt (vgl. VG des Saarlandes, B.v. 3.9.2018 – 5 L 1057/18 – juris Rn. 25): „So ist dem Bericht von ACCORD vom 7.3.2014 (Informationen zur Lage in Flüchtlingslagern; Allgemeine Informationen zum Asylverfahren in der Slowakei) zu entnehmen, dass Ausländern, die innerhalb des Dublin-Verfahrens überstellt werden, in der Slowakei Unterkunft, Nahrungsmittel und notwendige medizinische Dienste in den Einrichtungen des Migrationsamtes oder in den Hafteinrichtungen zugestanden werden. Anhaltspunkte für eine Änderung der Sachlage zuungunsten von Asylsuchenden liegen nicht vor.“ Weiter besteht in der Slowakei auch für Asylsuchende ein hinreichender Zugang zur Gesundheitsversorgung (vgl. VG des Saarlandes, B.v. 3.9.2018 – 5 L 1057/18 – juris Rn. 32 f.). Ebenso hat das Verwaltungsgericht Magdeburg (VG Magdeburg, B.v. 8.9.2017 – 8 B 394/17 – juris Rn. 6) der Auskunftslage entnommen, „dass zwar Ausländern, die innerhalb des Dublin-Verfahrens überstellt werden, in der Slowakei Unterkunft, Nahrungsmittel und notwendige medizinische Dienste in den Einrichtungen des Migrationsamtes oder in den Hafteinrichtungen zugestanden werden. Aus dem Bericht des UNHCR („Where is my home?“, 2013), ergibt sich ebenfalls, dass Asylbewerber im Asylverfahren hinreichend mit Wohnraum versorgt werden und im Falle des Abschlusses des Asylverfahrens für eine Übergangszeit von sechs Monaten ebenfalls eine Versorgung besteht bzw. von sozialen Organisationen zur Verfügung gestellt wird. Prekär stellt sich danach die Lage der als subsidiär schutzbedürftig anerkannten Flüchtlinge dar. Subsidiär Schutzbedürftige sowie sonstige Asylsuchende, die außerhalb der Unterbringungszentren leben, müssen für ihre Lebenshaltungskosten selbst aufkommen und erhalten keine Form der Sozialhilfe.“
Diese Bewertung wird aktualisiert durch Amnesty International (Amnesty Report Slowakei 2017/18 vom 23.5.2018, www.amnesty.de/jahresbericht/2018/slowakei), das nicht mehr von defizitärer Versorgung Schutzsuchender oder Schutzberechtigter berichtet, sondern lediglich davon, dass der Gerichtshof der Europäischen Union eine Klage der Slowakei und Ungarns abgewiesen habe, die sich gegen das EU-Umverteilungsprogramm richtete, das eine verbindliche Übernahme und Neuansiedlung von Flüchtlingen aus EU-Mitgliedstaaten wie Griechenland und Italien vorsah. Bis zum Ende des Jahres habe sich die Slowakei lediglich bereit erklärt, 16 der 902 dem Land zugewiesenen Asylsuchenden aufzunehmen. Dies führt vorliegend zu keiner Annahme systemischer Mängel, da die Rückübernahme des Antragstellers durch die o.g. Erklärung der Slowakei im Einzelfall gesichert ist.
Das österreichische Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führt unter Verweis auf weitere Quellen aus (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Slowakei vom 3.3.2017, S. 5 ff.), in der Slowakei gebe es ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit. Das Non-Refoulement gelte; die slowakischen Gesetze sähen vor, dass das Wohlergehen einzelner Antragsteller bei Außerlandesbringungen in Nicht-EU-Länder nicht gefährdet sein darf. Einige Beobachter kritisierten, die verantwortliche Grenz- und Fremdenpolizei verfüge nicht über die notwendigen Informationen, dies zu beurteilen. Die Slowakei kenne zudem subsidiären Schutz für Antragsteller, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren, deren Außerlandesbringung aber aufgrund administrativer Probleme oder Sicherheitsbedenken nicht möglich sei. Darüber hinaus gebe es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes. In der Versorgung mache die Slowakei bei der Bereitstellung von Versorgungsleistungen keinen Unterschied zwischen verschiedenen Verfahrensarten. Alle Antragsteller erhielten dieselbe Versorgung. Zur Erstaufnahme verfüge die Slowakei über 550 Unterbringungsplätze im Zentrum Humenne, in dem sich jeder Antragsteller einer 20-tägigen medizinischen Quarantänephase unterziehen müsse, ohne das Zentrum verlassen zu dürfen. Danach erfolge eine Verlegung in eines der beiden offenen Unterbringungszentren Opatovská Nová Ves oder Rohovce mit einer Kapazität von je 140 Plätzen (in Summe 280 Plätze); Opatovská Nová Ves sei für vulnerable Gruppen reserviert. In den Unterbringungszentren erhielten die Antragsteller außerdem Verpflegung, Hygieneartikel, Krankenversorgung und psychosoziale Betreuung sowie ein Taschengeld. Da die Antragsteller alle notwendigen Sachleistungen im Rahmen der Unterbringung kostenlos erhielten, betrage das Taschengeld EUR 0,40 pro Tag für einen Erwachsenen und EUR 0,27 pro Tag für ein Kind. Seit Juli 2015 hätten Asylwerber bereits nach neun Monaten ohne Arbeitserlaubnis Zugang zum Arbeitsmarkt (zuvor 12 Monate). International Schutzberechtigte besäßen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der Slowakei; subsidiär Schutzberechtigte müssten ihren Schutzstatus nach einem Jahr erneuern lassen, danach alle zwei Jahre; erst nach 5 Jahren komme für sie ein dauerhafter Aufenthalt in Frage. Neben internationalem Schutz und subsidiärem Schutz gebe es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes. Wer diese Schutzform genieße, habe ein Recht auf dieselben Integrationsmaßnahmen wie andere Inhaber eines Schutzstatus, außer der Familienzusammenführung. 2015 sei ein Integrationsprogramm für subsidiär Schutzberechtigte und anerkannte Flüchtlinge gestartet; im Fokus des Programms stünden Unterbringung, Arbeit und Bildung. In der Slowakei habe es 2015 330 Asylanträge gegeben, von denen acht Asylstatus und 41 subsidiären Schutz erhielten. Im selben Jahr gab es in der Slowakei 120 Asylberechtigte (internationaler Schutz und Subschutz), die aktiv bei der Integration unterstützt wurden, hauptsächlich durch Vertragspartner des slowakischen Innenministeriums (NGOs), jedoch ohne systemischen Ansatz. Besonderer Wert sei dabei auf Unterbringung, Sprachkurse für Slowakisch, Arbeitssuche und psychosoziale sowie rechtliche Beratung gelegt worden. Es gebe auch Zugang zu Jobtrainings. Gerade die Integration in den Arbeitsmarkt werde als einer der wichtigsten Faktoren der Integration betrachtet. Daher gälten alle Inhaber eines Schutzstatus in der Slowakei als „benachteiligte Arbeitnehmer“ und bräuchten damit keine Arbeitserlaubnis – sie dürften sofort mit Erhalt ihres Schutzstatus arbeiten. Dennoch hätten sie Probleme, Arbeit zu finden und ihre Beschäftigungsrate sei weiter sehr niedrig, was vor allem auf die Sprachbarriere zurückgeführt werde. Es gebe Berichte über subsidiär Schutzberechtigte mit beschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung. Das Innenministerium gebe die Krankenversicherungsdokumente direkt an die Subschutzberechtigten aus, was manchmal zu Verwirrung bei den Gesundheitsdienstleistern führt, die nicht wüssten, welche Behandlung durch diese Dokumente abgedeckt sei.
Dies zu Grunde gelegt, ist nach Überzeugung des Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in der Slowakei aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Einzelrichter schließt sich im Ergebnis der Bewertung durch das Verwaltungsgericht des Saarlands (vgl. VG des Saarlandes, B.v. 3.9.2018 – 5 L 1057/18 – juris Rn. 25) an.
Die Vermutung für unions- und menschenrechtskonforme Bedingungen eines Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nach dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10, C-493/10 – juris) ist zwar widerleglich. Den nationalen Gerichten obliegt die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GrCH ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH v. 21.12.2011 a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist diese Vermutung aber nicht erschüttert. Soweit die Bevollmächtigten des Antragstellers geltend machen, der Antragsteller habe in der Slowakei in einem Keller leben und seinen Lebensunterhalt selbst finanzieren müssen, ist dies durch den Antragsteller selbst widerlegt, der angegeben hat, er sei nie in der Slowakei gewesen, nur in der Tschechischen Republik (ebenda Bl. 75).
Systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Slowakei, die einer Abschiebung des Antragstellers entgegenstehen würden, wurden daher weder glaubhaft vorgetragen noch sind diese ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Slowakei über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, welches prinzipiell funktionsfähig ist und insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Auch liegen dem Gericht keine Kenntnisse darüber vor, dass namhafte sachverständige Institutionen, Nicht-Regierungsorganisationen oder insbesondere der UNHCR eine aktuelle Empfehlung dahingehend ausgesprochen hätten, Asylbewerber nicht in die Slowakei zu überstellen.
Die Slowakei ist außerdem als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein sicherer Drittstaat im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend macht, die ihren Eigenarten nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs- und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich herausgesetzt sind. Dies ist – bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat – etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und hierdurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalles sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – BVerfGE 94,49). Die Sonderfälle in diesem Sinne entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden führen. Solche Sonderfälle liegen bezogen auf den Abschiebezielstaat Slowakei wie dargelegt nicht vor.
c) Sonstige außergewöhnliche humanitäre Gründe, die ein Selbsteintrittsrecht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 VO 604/2013/EU begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, auch nicht aus dem Verlöbnis.
Soweit der Antragsteller geltend macht, in der Bundesrepublik lebe seine Verlobte, ist dies im Dublin-System im vorliegenden Fall unerheblich. Bei seiner Verlobten handelt es sich nicht um eine Familienangehörige i.S.d. Art. 2 Buchst. g Dublin-III VO. Bei seiner Verlobten handelt es sich seinen Angaben zu Folge um eine deutsche Staatsangehörige und damit des Weiteren auch nicht um eine Begünstigte internationalen Schutzes (Art. 9 Dublin-III VO) oder um eine Asylbewerberin i.S.d. Art. 10 f. Dublin-III VO. Art. 16 Abs. 1 Dublin-III VO ist ebenfalls nicht anwendbar, da der Verlobte anders als die Verwandten des Antragsstellers in der Norm nicht genannt wird. Im Übrigen fehlt es auch insoweit an einer familiären Bindung bereits im Herkunftsstaat. Somit liegt zwischen der angekündigten Eheschließung des Antragstellers und seinem Asylverfahren kein Sachzusammenhang vor, der eine asylrechtliche Familienzusammenführung geböte. Die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 VO 604/2013/EU setzt demgegenüber außergewöhnliche humanitäre Gründe voraus, da es nicht dazu dienen soll, das Zuständigkeitssystem der Dublin-III VO – insbesondere auch im Hinblick auf die darin enthaltenen Regelungen zu den Voraussetzungen der Familienzusammenführung – auszuhöhlen. Eine beabsichtigte Eheschließung in der Bundesrepublik führt damit nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null (zu einer im Bundegebiet geschlossenen Ehe vgl. VG Berlin, B.v. 15.12.2017 – 33 L 1020.17 A – juris Rn. 13).
d) Die Abschiebung des Antragstellers in die Slowakei kann auch durchgeführt werden; sie ist rechtlich bzw. tatsächlich möglich. Ihr stehen weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote noch inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse entgegen.
Solche Abschiebungshindernisse sind im Rahmen einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG ausnahmsweise von der sonst allein auf die Prüfung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beschränkten Antragsgegnerin auch noch nach Erlass der Abschiebungsanordnung zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – AuAS 2014, 244), da die Abschiebung nur durchgeführt werden darf, wenn sie rechtlich und tatsächlich möglich ist. Dies ist hier der Fall; Gegenteiliges ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Nach derzeitiger Sachlage besteht für den Antragsteller kein tatsächliches Abschiebungshindernis; insbesondere ist er reisefähig und die Rückübernahme durch Slowakei zugesichert, so dass keine inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisse entgegenstehen; Gegenteiliges ist weder dargelegt (§ 60a Abs. 2c und Abs. 2d AufenthG), noch sonst ersichtlich.
Soweit der Antragsteller geltend macht, wegen seiner Freundin in Deutschland zu bleiben, ist davon auszugehen, dass er und sie volljährig sind und bisher – insbesondere der Antragsteller wegen seines Voraufenthalts in … sowie seiner Wohnsitzzuweisung in Deutschland nach § 56 Abs. 1 AsylG – immer getrennt gelebt haben, zudem sich der Antragsteller im Bundesgebiet unter Verstoß gegen die Erfordernisse eines noch gültigen Visums zur Einreise und einer Aufenthaltserlaubnis zum Aufenthalt aufhält und ein solcher gestatteter aber getrennter Aufenthalt keine schützenswerte Lebensgemeinschaft begründet, so dass eine Abschiebung des Antragstellers keine bestehende geschweige denn schützenswerte Beistandsgemeinschaft beeinträchtigen würde. Daher begründet eine beabsichtigte Eheschließung des Antragstellers mit einer deutschen Staatsangehörigen kein rechtliches Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Der Antragsteller ist vielmehr auf eine freiwillige Ausreise und die Nachholung des Visumsverfahrens zum Familiennachzug nach § 28 AufenthG zu verweisen, unabhängig davon, ob der Antragsteller bisher hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass eine Eheschließung unmittelbar bevorsteht:
Art. 6 GG gewährt keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde – hier das Bundesamt – bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Ehepartner ständigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind (BVerfG, B.v. 17.5.2011 – 2 BvR 2625/10 – juris Rn. 13 m.w.N.). Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen. Das Visumverfahren bietet Gelegenheit, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis zu überprüfen. Das Aufenthaltsgesetz trägt dabei dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung, indem es unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Einzelfall erlaubt, von dem grundsätzlichen Erfordernis einer Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) abzusehen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (BVerfG, B.v. 17.5.2011 a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und kann dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (BVerfG, B.v. 17.5.2011 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Andernfalls sind dem im Bundesgebiet lebenden Familienmitglied grundsätzlich Anstrengungen zumutbar, die familiäre Lebensgemeinschaft durch Besuche oder nötigenfalls zur Gänze im Ausland herzustellen (BayVGH, B.v. 21.2.2013 – 10 CS 12.2679 – juris Rn. 33). Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die vorherige Durchführung eines Visumverfahrens wichtigen öffentlichen Interessen dient. In Fällen wie dem vorliegenden soll die vorherige Durchführung des Visumverfahrens gewährleisten, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug vor der Einreise geprüft werden können, um die Zuwanderung von Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von vornherein zu verhindern (BayVGH, B.v. 21.2.2013 a.a.O. Rn. 35).
Dem Antragsteller ist es unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe zumutbar, im Rahmen seines Asylverfahrens in die Slowakei zurückzukehren und von dort aus sein Visumverfahren zum Familiennachzug zu betreiben (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 20.3.2018 – 22 L 79/18.A – juris Rn. 32 ff.; VG Augsburg, B.v. 11.9.2018 – Au 6 S 18.50681 – Rn. 33 ff.). Eine besondere Betreuungs- oder Hilfsbedürftigkeit des Antragstellers oder seiner Verlobten sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. oben), weswegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK einer Abschiebungsanordnung in die Slowakei nicht entgegenstehen.
e) Auch ist die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 VO 604/2013/EU noch nicht abgelaufen, worauf sich der Antragsteller berufen könnte (vgl. EuGH, U.v. 25.10.2017 – C-201/16 – DVBl 2017, 1486/1487 f. Rn. 30, 40, 44 ff.). Vielmehr läuft die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 VO 604/2013/EU von sechs Monaten seit ausdrücklicher Annahme des Überstellungsgesuchs durch die Slowakei am 31. August 2018 (BAMF-Akte Bl. 115) nicht nur – wie vom Bundesamt ursprünglich errechnet (ebenda Bl. 240) – bis zum 28. Februar 2019, sondern ab Bestandskraft dieses Beschlusses neu für sechs Monate, da im gegenständlichen Verfahren eine Überprüfung der Überstellungsentscheidung mit aufschiebender Wirkung nach Art. 27 Abs. 3 Buchst. a) und b) VO 604/2013/EU i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG erfolgte, in deren Anschluss die Überstellungsfrist neu zu laufen beginnt (vgl. EuGH, U.v. 25.10.2017 – C-201/16 – DVBl 2017, 1486 Rn. 27).
f) Ob sich das Einreise- und Abschiebungsverbot nach Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids als rechtmäßig erweist, wird erst im Klageverfahren zu klären sein, da sich der Eilantrag ausschließlich gegen die Abschiebungsanordnung und damit gegen Ziffern 1 bis 3 des Bescheids richtet (vgl. oben).
3. Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83b AsylG. Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben