Europarecht

Feststellungs- und Darlegungsanforderungen bei an Beförderer-Eigenschaft iSv § 19 GGVSEB anknüpfender Verurteilung

Aktenzeichen  201 ObOWi 499/20

Datum:
4.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
TranspR – 2020, 511
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 261, § 267, § 349 Abs. 2, § 353 Abs. 1, Abs. 2
OWiG § 71 Abs. 1, § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 6
GGBefG § 2 Abs. 1
GGVSEB § 19, § 37
GüKG § 3 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1b

 

Leitsatz

1. Beförderer ist das Unternehmen, das die Beförderung mit oder ohne Beförderungsvertrag durchführt. (Rn. 6)
2. Für die Verantwortlichkeit des Beförderers gelten dieselben Grundsätze wie für den Betreiber gewerblichen Güterkraftverkehrs i.S.v. § 3 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 1b GüKG. Beförderer ist demnach, wer den Transport in eigener Verantwortung führt und die Verfügungsgewalt über das eingesetzte Fahrzeug hat, wer also bestimmt, ob und wie die Beförderung durchgeführt werden soll (Anschluss an KG VRS 57 [1979], 66; 79 [1990], 387 und OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.07.2008 – Ss 6/08 = VRS 115 [2008], 366). (Rn. 6)
3. Für die Eigenschaft als Beförderer ist maßgeblich, dass dieser die Abwicklung in der Hand hat, auch wenn er im Rahmen eines sog. Lohnfuhrvertrags den Weisungen des Auftraggebers zu folgen hat. Insoweit kommt es entscheidend darauf an, dass der Beförderer über seinen Fahrer den Besitz an dem Fahrzeug hat und die Beförderung beeinflussen kann. Als Indiz für die Eigenschaft als Beförderer wird regelmäßig zu werten sein, wenn er nach der einzelnen Beförderungsleistung und nicht pauschal bezahlt wird (Anschluss an OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.11.2014 – 2 Ss 155/14 bei juris und OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.07.2008 – Ss 6/08 = VRS 115 [2008], 366). (Rn. 6)

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts vom 07.11.2019 mit den Feststellungen zur Eigenschaft des Betroffenen als Beförderer aufgehoben. Die übrigen Feststellungen bleiben bestehen.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.
Das Amtsgericht sprach den Betroffenen aufgrund der Hauptverhandlung vom 07.11.2019 schuldig, als Beförderer Gefahrgut nicht mit einer Warntafel ausgerüstet zu haben, nicht dafür gesorgt zu haben, dass ein Fahrer mit einer gültigen Schulungsbescheinigung eingesetzt wird, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt nicht die vorgeschriebenen schriftlichen Weisungen übergeben zu haben und die Beförderungseinheit nicht mit der erforderlichen Ausrüstung (Feuerlöschgeräte, Beleuchtungsgerät, Augenschutz, Notfallfluchtmaske) ausgerüstet zu haben. Es verhängte deshalb Geldbußen von zweimal 300 Euro und einmal 400 Euro. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 26.03.2020 beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 07.11.2019 durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen. Hierzu hat sich die Verteidigung mit Gegenerklärung vom 29.04.2020 geäußert.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat – zumindest vorläufig – Erfolg, weil die Urteilsgründe hinsichtlich der Eigenschaft des Betroffenen als Beförderer lückenhaft sind. Das Urteil enthält insoweit keine den Mindestanforderungen der §§ 261, 267 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG genügende Beweiswürdigung.
1. Zwar sind im Bußgeldverfahren an die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen. Dennoch kann für deren Inhalt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren gelten, denn auch im Bußgeldverfahren sind die Urteilsgründe die alleinige Grundlage für die rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin. Sie müssen daher so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird. Dies gilt auch für die Beweiswürdigung, weil das Rechtsbeschwerdegericht nur so in den Stand gesetzt wird, die Beweiswürdigung des Tatrichters auf Widersprüche, Unklarheiten, Lücken oder Verstöße gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze zu überprüfen (vgl. Göhler/Seitz/Bauer OWiG 17. Aufl. § 71 Rn. 42,43 m.w.N.). Hinsichtlich der Beweiswürdigung müssen die Urteilsgründe regelmäßig auch erkennen lassen, auf welche Tatsachen das Gericht seine Überzeugung gestützt hat, ob und wie sich der Betroffene eingelassen hat, ob der Richter der Einlassung folgt und inwieweit er die Einlassung für widerlegt ansieht. Nur so ist gewährleistet, was das Rechtsbeschwerdegericht die tatrichterliche Beweiswürdigung auf Rechtsfehler überprüfen kann (KK/Senge OWiG 5. Aufl. § 71 Rn. 107 m.w.N.; Göhler/Seitz/Bauer a.a.O. Rn. 43, 43a m.w.N.).
2. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil bezüglich der Feststellungen zur Eigenschaft des Betroffenen als Beförderer nicht.
a) Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene am 06.06.2018 als Beförderer mit dem Fahrzeug Volvo, gesteuert von seinem bei ihm angestellten Fahrer, 15 Gasflaschen á 100 kg Chlor von M. nach V. transportierte, wobei am Transportfahrzeug keine orangefarbenen Kennzeichen angebracht waren, der Fahrzeugführer keine ADR-Bescheinigung als Nachweis seiner Gefahrgutschulung besaß, dem Fahrzeugführer nicht die erforderlichen schriftlichen Weisungen gemäß Abschnitt 5.4.3.2 ADR vor Antritt der Fahrt ausgehändigt wurden und im Transportfahrzeug als Beförderungseinheit ein Feuerlöschgerät, ein tragbares Beleuchtungsgerät, ein Augenschutz und eine Notfallfluchtmaske fehlten. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Amtsgericht mitgeteilt, der Betroffene habe sich dahingehend eingelassen, dass er für die festgestellten Mängel nicht verantwortlich gemacht werden könne, da er das Transportfahrzeug lediglich an die Firma F. für einen Pauschalpreis vermietet habe. Mit der Durchführung des Transportes und den transportierten Gütern habe er damit nichts zu tun. Der als Fahrer eingesetzte Zeuge C. habe angegeben, dass er von der Firma F., die geladen habe, losgefahren sei und ihm nicht klar gewesen sei, dass er Gasflaschen mit Chlor geladen gehabt habe. Der Betroffene habe mit dem Transport nichts zu tun gehabt, weil dieser ihn an die Firma F. ausgeliehen habe und er auch nicht gewusst habe, dass Gasflaschen transportiert wurden. Demgegenüber hätten die Zeugen T. und F. aus Sicht des Tatgerichts überzeugend und glaubhaft bekundet, dass der Betroffene als EU-Lizenzinhaber Subunternehmer für die Firma F. gewesen sei und dessen Beförderungsverantwortung nicht auf die Firma F. übertragen worden sei. Der Betroffene werde für die Subunternehmertransporte bezahlt. Damit der Betroffene nicht selbst abrechnen müsse, erfolge die Rechnung durch die Firma F., und der Betroffene erhalte daher – wie mit ihm vereinbart – entsprechende Pauschalen. Die Firma F. habe gefahrgutrechtliche Befördererpflichten des Betroffenen nicht übernommen. Seine Überzeugung, dass der Betroffene tatsächlich Beförderer gewesen sei, stützt das Amtsgericht neben den Angaben der Zeugen T. und F. auch darauf, dass die teilweise verlesenen Rollkarten/Abladelisten des gegenständlichen Transports alle den Betroffenen ausdrücklich als Unternehmer aufführten und den Zeugen C. als Fahrer. Ergänzend führt das Amtsgericht aus, dass auch dann, wenn die Einlassung des Betroffenen zutreffend sei, wonach er den Fahrer C. vor dessen erster Fahrt bei der Firma F. darauf hingewiesen habe, einen Gefahrguttransport nicht durchführen zu dürfen, ihn dies nicht entlasten könne. Die Firma F. transportiere jährlich über 1600 Tonnen Gefahrengut, weshalb der Betroffene als Subunternehmer für die Firma F. praktisch bei jedem Transport mit Gefahrgut rechnen müsse, selbst wenn er nicht vor Ort sei und die einzelnen Gütertransporte nicht kenne. Feststellungen zu der dem Betroffenen angelasteten Schuldform trifft das Amtsgericht nicht.
b) Aus diesen Darlegungen des Tatgerichts ergibt sich nicht ausreichend, warum der Betroffene Beförderer des Gefahrguts gewesen sein soll und aufgrund welcher konkreten Feststellungen es die Einlassung des Betroffenen für widerlegt erachtet. Während § 19 GGVSEB keine Legaldefinition des Begriffs des „Beförderers“ beinhaltet, ergibt sich aus Kapitel 1.2. „Begriffsbestimmungen“ Nr. 1.2.1 der Anlage A des Europäischen Übereinkommens vom 30.09.1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), dass Beförderer das Unternehmen ist, das die Beförderung mit oder ohne Beförderungsvertrag durchführt. Die Beförderung umfasst gemäß § 2 Abs. 1 GGBefG nicht nur den Vorgang der Ortsveränderung, sondern auch die Übernahme und die Ablieferung des Gutes sowie zeitweilige Aufenthalte im Verlauf der Beförderung, Vorbereitungs- und Abschlusshandlungen (Verpacken und Auspacken der Güter, Be- und Entladen), Herstellen, Einführen und Inverkehrbringen von Verpackungen, Beförderungsmitteln und Fahrzeugen für die Beförderung gefährlicher Güter, auch wenn diese Handlungen nicht vom Beförderer ausgeführt werden. Diese Begriffsbestimmungen gelten für die GGVSEB in gleicher Weise. Beförderer ist demnach das Unternehmen, welches die Beförderung durchführt. Hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Beförderers können keine anderen Grundsätze gelten wie für die Verantwortlichkeit eines Betreibers gewerblichen Güterkraftverkehrs im Sinne von § 3 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 1b GüKG. Betreiber ist demnach, wer den Transport in eigener Verantwortung führt und die Verfügungsgewalt über das eingesetzte Fahrzeug hat, wer also bestimmt, ob und wie die Beförderung durchgeführt werden soll (KG VRS 57 [1979], 66; 79 [1990], 387; OLG Oldenburg, Beschluss vom 15.07.2008 – Ss 6/08 = VRS 115 [2008], 366). Die Frage, wer Betreiber bzw. Beförderer ist, kann vor allem dann problematisch sein, wenn eine Firma der anderen zum Zwecke der Durchführung von Transporten ein Fahrzeug zur Verfügung stellt. Bei einem sog. Lohnfuhrvertrag, bei dem der Unternehmer dem Auftraggeber ein Fahrzeug mit Fahrer zur Verwendung nach Weisung des Auftraggebers stellt, ist im Regelfall der Unternehmer der Betreiber des Güterkraftverkehrs. Maßgeblich dafür ist, dass er die Abwicklung in der Hand hat, auch wenn er den Weisungen des Auftraggebers zu folgen hat (OLG Oldenburg a.a.O.). Von ausschlaggebender Bedeutung ist, dass der Unternehmer über seinen Fahrer den Besitz an dem Fahrzeug hat und die Beförderung beeinflussen kann. Indiz für die Stellung des Unternehmens als Betreiber im Sinne des GüKG bzw. als Beförderer ist auch, wenn er nach der einzelnen Beförderungsleistung und nicht lediglich pauschal bezahlt wird (OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.11.2014 – 2 Ss 155/14 bei juris; OLG Oldenburg a.a.O.). Anders kann es sich demgegenüber verhalten, wenn ein Unternehmen einem Dritten das Transportfahrzeug (mit Fahrer) einem Mietverhältnis vergleichbar überlässt. Der Begriff des „Subunternehmers“ hat damit für die Eigenschaft als Beförderer keinen eigenständigen Bedeutungsgehalt und besagt insbesondere nicht, wer die Abwicklung des Transportes in der Hand hat und wer die Weisungen für die Durchführung des Transportes erteilt. Das Urteil des Amtsgerichts teilt vorliegend nicht mit, welche genauen vertraglichen Beziehungen zwischen dem Betroffenen und der Firma F. bestanden haben und wie diese konkret ausgestaltet waren. Während sich der Betroffene darauf beruft, dass er mit dem hier gegenständlichen Transport nichts zu tun gehabt habe und diese Einlassung auch durch den Zeugen C. bestätigt wird, begnügt sich das Tatgericht mit den Angaben der Zeugen T. und F., wonach der Betroffene nicht bloßer Autovermieter gewesen sei, sondern dass er als „Subunternehmer“ tätig gewesen sei. Verantwortlicher Beförderer ist der Betroffene aber nur dann, wenn er tatsächlich die Abwicklung des Transportes in der Hand hatte und damit konkret zur Durchführung des Transportes auf den Fahrer einwirken konnte. Durch die pauschale Feststellung, dass der Betroffene verantwortlicher Subunternehmer war, kann seine anders lautende Einlassung (noch) nicht als widerlegt angesehen werden. Wenn der Betroffene nämlich tatsächlich keinen Einfluss auf den konkreten Transport genommen hat oder auch nehmen konnte, so kommt er nicht als Beförderer in Betracht. Einen ausreichenden Rückschluss auf die Beförderereigenschaft lassen auch die Ausführungen des Tatrichters zu „Rollkarten bzw. Abladelisten bezüglich des verfahrensgegenständlichen Transportes, die alle den Betroffenen ausdrücklich als Unternehmer aufführen“, nicht zu. Das Amtsgericht teilt den Inhalt dieser Unterlagen nicht mit, insbesondere ergibt sich daraus nicht, wer eventueller Aussteller dieser Bescheinigungen ist und wer diese ggf. unterzeichnet hat. Es genügt insoweit auch nicht, dass der Tatrichter auf die verlesenen Frachtunterlagen verweist, da eine Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG nur auf Abbildungen, nicht aber hinsichtlich des Inhalts von Urkunden möglich ist (vgl. KK/Gericke StPO 8. Aufl. § 267 Rn. 19). Da die Ausführungen des Tatrichters damit keinen ausreichenden Rückschluss auf die Frage zulassen, aus welchen Gründen der Betroffene „Beförderer“ im Sinne von § 19 GGVSEB sein soll und seine Einlassung als widerlegt angesehen wird, erweist sich das Urteil als lückenhaft. Die Feststellung, dass der Betroffene der verantwortliche Beförderer war, war daher aufzuheben.
c) Eine Verantwortlichkeit des Betroffenen nach § 19 GGVSEB ergibt sich zudem nur, wenn er entweder Kenntnis davon hatte, dass Gefahrgut transportiert wird oder er bei Zugrundelegung üblicher Sorgfaltspflichten zumindest damit rechnen musste. Auch diesbezügliche Darlegungen fehlen im Urteil. Vorsätzliche Tatbegehung wird vorliegend nur dann in Betracht kommen, wenn es der Betroffene in seiner Eigenschaft als Beförderer wusste oder zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass er Gefahrguttransporte ohne die erforderliche Ausstattung des Fahrzeugs bzw. des Fahrzeugführers veranlasst hat. Wenn man – wie es das Amtsgericht vorliegend wohl annimmt – nicht ausschließen kann, dass der Betroffene nicht vor Ort war und die einzelnen Güter pro Transporteinheit nicht kannte, wird sich vorsätzliches Verhalten des Betroffenen kaum annehmen lassen. Fahrlässiges Verhalten setzt voraus, dass er seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist. Insoweit bedürfte es aber dann der Darlegung, warum der Betroffene Grund zu der Annahme hatte, dass der bei ihm angestellte Fahrer C. auch Gefahrgut transportiert. Insoweit reicht die Schlussfolgerung des Tatgerichts, dass die Firma F. jährlich über 1600 Tonnen Gefahrgut transportierte und der Betroffene als Subunternehmer angesichts dieser Menge praktisch bei jedem Transport mit Gefahrgut rechnen musste, für die Annahme von Fahrlässigkeit noch nicht aus, da nicht erkennbar ist, dass dem Betroffenen bekannt war, in welchem Umfang die Firma F. Gefahrgut transportiert. Die Tatsache, dass der Betroffene der Firma F. offensichtlich zeitweise auch ein Fahrzeug mit einem Fahrer, der über die entsprechenden Schulungen für den Transport von Gefahrgut verfügte, zur Verfügung gestellt hatte, belegt nicht ausreichend, dass er damit rechnen musste, dass der Zeuge C. auch für Gefahrguttransporte eingesetzt wird.
3. Demgegenüber konnten die übrigen getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts bestehen bleiben, da sie von dem genannten Rechtsfehler nicht erfasst sind, § 353 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG. Es lässt sich den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Tatgerichts ausreichend entnehmen, dass bei dem hier vorliegenden Transport Gefahrgut unter Überschreitung der Freimengen transportiert wurde, nach Nr. 8.1.4.1 ADR mindestens zwei Feuerlöschgeräte mitgeführt werden mussten und nur ein Feuerlöschgerät vorhanden war, dass nach Nr. 8.1.5.2 ADR ein tragbares Beleuchtungsgerät nach den Vorschriften des Abschnitts 8.3.4 ADR und ein Augenschutz in der Beförderungseinheit vorhanden sein mussten, dass nach Nr. 8.1.5.3 ADR eine Notfallfluchtmaske vorhanden sein musste, dass nach Nr. 8.2.1.1 ADR Führer von Fahrzeugen, mit denen gefährliche Güter befördert werden, im Besitz einer Bescheinigung sein müssen, dass der Fahrzeugführer an einem Schulungskurs teilgenommen und eine Prüfung über die besonderen Anforderungen bestanden haben muss, die bei der Beförderung gefährlicher Güter zu erfüllen sind, dass nach Nr. 5.3.2.1.1 ADR Beförderungseinheiten, in denen gefährliche Güter befördert werden, mit zwei rechteckigen, senkrecht angebrachten orangefarbenen Tafeln markiert sein müssen und dass nach Nr. 5.4.3.2 ADR vom Beförderer vor Antritt der Fahrt der Fahrzeugbesatzung schriftliche Weisungen bereit zu stellen sind, die jedes Mitglied lesen und verstehen kann. Die Annahme des Amtsgerichts, dass der Beförderer damit den objektiven Tatbestand der Ordnungswidrigkeiten nach § 19 Abs. 2 Nrn. 2, 6, 9, 11 und 16 i.V.m. § 37 Abs. 1 Nrn. 1, 6f, i, k und p GGVSEB i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 1b GGBefG verwirklicht hat, zeigt keinen Rechtsfehler auf.
III.
Aufgrund der aufgezeigten Mängel können der Schuldspruch und mit ihm der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Das angefochtene Urteil ist deshalb mit den Feststellungen zur Eigenschaft des Betroffenen als Beförderer aufzuheben, § 353 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG. Die übrigen Feststellungen konnten aufrechterhalten werden. Gemäß § 79 Abs. 6 OWiG wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Rechtsbeschwerden zu befinden haben wird.
IV.
Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf Folgendes hin:
1. Für die Frage der Eigenschaft als Beförderer werden die zwischen dem Betroffenen und der Firma F. getroffenen Absprachen von ausschlaggebender Bedeutung sein. Es wird daher in Erfahrung zu bringen sein, ob insoweit schriftliche Verträge bestehen. Sollte dies nicht der Fall sein, müsste dargelegt werden, wie die genauen Absprachen lauteten, seit wann die Zusammenarbeit besteht, ob und wie häufig der Betroffene bei der Firma F. vor Ort war, jeweils über Transportgut und Transportweg informiert war und der Betroffene oder ein Beschäftigter der Firma F. dem Fahrer Weisungen hinsichtlich der Durchführung des Transports erteilt hat. Von Interesse wäre dabei auch, über den bislang nicht vernommenen Zeugen Z. in Erfahrung zu bringen, woraus das Transportgut insgesamt bestand, wer die genaue Zusammenstellung des Transportgutes bestimmt hat und ob der Betroffene davon Kenntnis hatte, dass Gefahrgut (in Form von 15 Gasflaschen mit Chlor) transportiert wird. Zu klären wird auch sein, wie die finanzielle Abwicklung der Beförderungsaufträge erfolgt ist. Der Tatrichter müsste hierzu genauer darlegen, was damit gemeint ist, dass der Betroffene für Subunternehmertransporte bezahlt werde, die Rechnungsstellung aber durch die Firma F. erfolge, damit der Betroffene nicht selbst abrechnen müsse und der Betroffene nur entsprechende Pauschalen erhalte. Diese Ausführungen können als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Firma F. die Transportleistungen gegenüber den Auftraggebern selbst abrechnet, was als Indiz dafür gesehen werden kann, dass die Firma F. auch Beförderer im Sinne von § 19 GGVSEB ist. Es bedarf insoweit auch der genaueren Darlegung, wofür die Firma des Betroffenen Pauschalen erhielt, insbesondere ob die Höhe der Pauschale von den jeweils durchgeführten Beförderungen abhängig war oder die Pauschale unabhängig vom konkreten Transport bezahlt wurde.
2. Sollte es erneut zu einem Schuldspruch des Betroffenen kommen, ist vorsorglich noch auf Folgendes hinzuweisen:
a) Ordnungswidrigkeiten nach § 37 Abs. 1 GGVSEB können sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden. Es ist deshalb sowohl im Urteilstenor als auch in den Urteilsgründen klarzustellen, von welcher Schuldform der Tatrichter ausgeht. Dies lässt sich dem Urteil bislang nicht in der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen.
b) Im Fall eines erneuten Schuldspruchs sollte aus dem Urteilstenor erkennbar werden, inwieweit zwischen den einzelnen Verstößen Tateinheit bzw. Tatmehrheit angenommen wird.
V.
Der Senat entscheidet durch Beschuss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.
Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.


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