Europarecht

Freigabe von Sonntagen zum Verkauf anlässlich von Messen und Märkten

Aktenzeichen  B 8 K 18.382

Datum:
30.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 42358
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43, § 47
LadSchlG § 14
GewO § 68 Abs. 1, § 69

 

Leitsatz

1. Untergesetzliche Normen unterliegen auch nach Ablauf der Frist in § 47 VwGO der gerichtlichen Kontrolle. Zulässige Klageart ist die Feststellungsklage.   (Rn. 23 – 25)
2. Der prägende Charakter einer anlassgebenden Veranstaltung im Sinne des § 14 LadSchlG ist dann nicht mehr gegeben, wenn die anlassgebende Veranstaltung nur in einem verhältnismäßig kleinen Bereich des Gemeindegebietes stattfindet und Ladenflächen über das gesamte Gemeindegebiet großflächig vorhanden und verteilt sind.   (Rn. 63 ff.)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Verordnung vom 24.04.1996 in der Fassung vom 18.09.1996 über die Freigabe von Sonntagen zum Verkauf anlässlich von Messen, Märkten und ähnlichen Veranstaltungen aufzuheben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger zu 1. und 2. dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

A.
Die Klagen sind zulässig.
Da beide Kläger bereits erfolglos versucht hatten, das Klageziel mit der Beklagten zu klären, kann beiden ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden.
I.
Das Verwaltungsgericht Bayreuth ist zur Entscheidung für die Verwaltungsstreitsache nach §§ 45, 52 Nr. 1 VwGO, Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 AGVwGO sachlich und örtlich zuständig.
Eine ausdrückliche Zuweisung an ein anderes Gericht liegt nicht vor. Insbesondere handelt es sich um kein Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO, für das das Oberverwaltungsgericht (hier Bayerischer Verwaltungsgerichtshof) erstinstanzlich zuständig ist. Die dort festgelegte Frist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zur Erhebung einer Normenkontrollklage (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist bereits abgelaufen, sodass diese vom Gesetzgeber vorgesehene Überprüfungsmöglichkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Auch wenn rechtspolitisch sehr viel für eine bundesrechtliche Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 47 VwGO spräche (die Entscheidung wäre allgemein verbindlich und würde bereits deswegen für Rechtsklarheit sorgen), schließt allerdings der jetzige Wortlaut der Norm auch dessen analoge Anwendbarkeit aus.
Für Feststellungsklagen, auch wenn sie im Ergebnis die Überprüfung untergesetzlicher Normen zum Gegenstand haben, sind die Verwaltungsgerichte zuständig.
II.
Die statthafte Klageart für das Begehren der Kläger festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Verordnung aufzuheben (Antrag zu 1), ist nach der Überzeugung der Kammer die Feststellungsklage (§ 43 VwGO).
1.
In der Rechtsprechung ist es höchst unklar, in welcher Form und mit welchen Rechtswirkungen untergesetzliche Normen, die im Laufe ihres Gültigkeitszeitraums aufgrund von tatsächlichen Änderungen oder Änderungen der Rechtslage durchaus rechtswidrig werden können, einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden können. Dies ist noch nicht abschließend in der juristischen Literatur und Rechtsprechung geklärt. Unzweifelhaft ist jedoch, dass es aufgrund des in Art. 19 Abs. 4 GG geregelten Gebotes des effektiven Rechtsschutzes eine Möglichkeit geben muss, auch gegen rechtswirksame, aber unter Umständen rechtswidrig gewordene Normen Rechtsschutz zu erlangen (vgl. dazu BVerfG B.v. 17.01.2006 – 1 BvR 541, 542/02; BeckOK VwGO/Möstl § 43 Rn. 29, BVerwG, B.v. 22.07.2013 – 7 BN 1/13 – NVwZ 2013, 1547, Rn.13 BayVGH, U.v. 23.06.2015 – 15 N 13.1553 Rn. 26). Aus diesem Grund schließt die Nichtanwendbarkeit von § 47 VwGO anderweitige Klagearten nicht aus.
Im vorliegenden Verfahren ist insbesondere die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit einer Inzidentkontrolle der streitigen Verordnung im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der auf dieser Verordnung beruht, ausgeschlossen, da die streitgegenständliche Verordnung keines Vollzuges durch einen Verwaltungsakt bedarf, sondern vielmehr selbst unmittelbare Wirkung entfaltet (self-executing-Norm).
Nach Überzeugung der Kammer ist es insbesondere bei solchen self-executing-Normen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG notwendig, eine Rechtsschutzmöglichkeit auch außerhalb der engen Voraussetzungen des § 47 VwGO und außerhalb verfassungsrechtlicher Streitigkeiten zu eröffnen. Ob diese nun als inzidente Prüfung der Feststellung des Bestehens eines Rechts bzw. der Verletzung von Rechten (Quaas/Zuck/Funke-Kaiser, Prozesse in Verwaltungssachen 2018 Rn. 115; Sodan/Ziekow VwGO § 43 Rn 58a), heimliche Normenkontrolle (Hufen Verwaltungsprozessrecht § 18 Rn. 8; Möstl in BeckOK VwGO Stand 01.10.2018 § 43 Rn. 29 ff.) oder atypische Feststellungsklage (Wysk/Wysk VwGO § 43 Rn. 68; Terhechte in Fehling/Kastner/Störmer Verwaltungsrecht § 43 Rn 18) bezeichnet werden, ist hierbei zweitrangig.
Eine Überprüfung des Bescheids zur Marktfestsetzung vom 24.10.2006, geändert durch Bescheid vom 25.10.2018 (neue Festsetzung zum Marktort – M… -, § 69b GewO) ist hinsichtlich der streitigen Rechtmäßigkeit der Verordnung nicht veranlasst und auch nicht zielführend; dieser Bescheid ist rechtswirksam und damit für das Gericht maßgebend.
Im Übrigen finden sich Regelungen zur Abänderung dauerhaft wirkender, aber rechtswidrig gewordener Verwaltungsakte in § 51 VwVfG (Wiederaufgreifen eines Verwaltungs-Verfahrens bei Änderungen der Sach- und Rechtslage) und § 48 SGB X (Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse). Die Konstellation, dass Rechtsakte der Verwaltung mit Dauerwirkung rechtswidrig werden können und zu korrigieren sind, ist der Rechtsordnung somit nicht grundsätzlich fremd.
Im vorliegenden Verfahren handelt es sich um einen den o.g. gesetzlichen Regelungen vergleichbaren Sachverhalt. Die streitgegenständliche Verordnung entfaltet – ähnlich einem Dauer-Verwaltungsakt – unbeachtlich etwaiger rechtlicher oder tatsächlicher Veränderungen eine zeitlich unbegrenzte Wirkung, während sich die Umstände zur Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit im Laufe der Zeit geändert haben.
2.
Nach Überzeugung der Kammer stellt die Feststellungsklage auf Verpflichtung der Beklagten, die streitige Verordnung aufzuheben, die statthafte und sachgerechte Klageart dar.
Mit der Feststellungsklage (§ 43 VwGO) kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellungsklage ist ausgeschlossen, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, sofern die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt wird.
Diese Voraussetzungen für eine Feststellungklage liegen vor:
a. Die begehrte Feststellung, dass die Beklagte (nur) im Verhältnis zu den Klägern zur Aufhebung der Verordnung verpflichtet ist, stellt ein Rechtsverhältnis in o.g. Sinne dar, da damit die rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person beschrieben werden (vgl. Schenke in Kopp/Schenke VwGO 24. Auflage 2018, § 43 Rn.11).
b. Die beiden Kläger haben auch ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung (§ 47 Abs. 1 VwGO). Hinsichtlich des berechtigten Interesses (oder auch Klagebefugnis) wird im Wesentlichen auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts v. 01.12.2009 – 1 BvR 2857/07 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 06.12.2013 – 22 N 13.788 und vom 24.05.2017 – 22 N 17.527, BayVBl 2018, 88, Bezug genommen.
Die Kläger sind in ihren eigenen Rechtspositionen betroffen. Die Verordnung betrifft ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG, vgl. BayVGH U.v. 24.05.2017 a.a.O. und BVerwG U.v. 22.11.2014 – 6 CN 1.13). Insoweit muss über die Notwendigkeit einer Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) nicht abschließend entschieden werden (ablehnend Schenke in NVwZ 2016, 720, 727). Beide Kläger sind Träger des Grundrechts aus Art. 9 GG. Für die Klägerin zu 1 ergibt sich dies bereits aus ihrer Tarifwilligkeit (vgl. insbes. BayVGH U.v. 24.05.2017 a.a.O.; BVerwG, U.v. 11.11.2015 – 8 CN 2.14 – BVerwGE 153, 183 Rn. 15-18). Gleiches gilt für den Kläger zu 2 (Art. 9 Abs. 3 GG). (vgl. insbes. BayVGH U.v. 24.05.2017 a.a.O.).
Die Sonntagsöffnung und die damit verbundene Geschäftigkeit, sowie die Arbeitsverpflichtung ihrer Mitglieder betrifft die Kläger in der Ausübung ihrer Vereinigungsfreiheit insofern, als der Sonntag als grundsätzlich freier Tag geeignet ist, ihren satzungsgemäßen Aufgaben nachzukommen. Durch die Sonntagsöffnung wird diese freie Zeit geschmälert; dies gilt insbesondere für die Tätigkeit von kirchlich geprägten Vereinen (wie der Kläger zu 2) aber auch für Arbeitnehmer-Vereinigungen (wie die Klägerin zu 1). Die Sonntagsruhe, die im Rahmen von § 14 LadSchlG den Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV konkretisiert, dient der Seelischen Erhebung und schützt damit auch diejenigen Grundrechte, die auf die Erhebung besonders angewiesen sind. Dazu zählen insbesondere auch die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG, deren gemeinschaftliches Handeln in den Vereinigungen durch eine synchrone Taktung des sozialen Lebens wesentlich erleichtert wird (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 16; BVerwG U.v. 26.11.2014 – 6 CN 1.13 – BVerwGE 150, 327 Rn. 15f; BVerfG U.v. 01.12.2009 – BvR 2857/07).
Das Interesse an einer baldigen Feststellung liegt vor, weil der Herbstmarkt mit den streitgegenständlichen Folgen der Verordnung bevorsteht. Es besteht darüber hinaus eine strittige Rechtslage, die jedes Jahr mindestens zum Herbstmarkt, wenn nicht auch zum Frühjahrsmarkt, wieder zu Tage treten kann.
c. Die Feststellungklage ist auch nicht ausgeschlossen, da keine anderen Möglichkeiten der Kläger, ihre Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verfolgen, ersichtlich sind (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage scheidet aus, da zum Vollzug der streitigen Verordnung kein Verwaltungsakt erforderlich ist, der angreifbar und in dessen Folge die Verordnung inzident überprüfbar wäre.
Eine Leistungsklage, die auf einen Neuerlass der Norm gerichtet ist, ist unzulässig, denn es ist allgemein anerkannt, dass grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Erlass einer VO besteht (allg. Rspr., vgl. Franz Förg/Josef Walter, Praxis der Kommunalverwaltung, Das Gesetz über den Ladenschluss PdK, § 14 Anm. 1), weil das Fehlen einer entsprechenden Verordnung in aller Regel zu keiner Rechtsverletzung führen kann. Eine Leistungsklage würde zudem das Gestaltungsrecht der Beklagten und das ihr zustehende Ermessen unnötig beschränken (BVerwG U.v. 28.06.2000 – 11 C 13.99 – DÖV 1005, 1006. Wysk/Wysk VwGO § 43 Rn. 73). Zudem ist die denknotwendig damit verbundene allgemeine Leistungsklage auf (allgemein gültige) Aufhebung der Norm unzulässig. Diese würde einer unzulässigen Umgehung von § 47 VwGO gleichkommen.
Aus den gleichen Gründen stößt die Feststellung eines “Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses” bzw. „dass die streitige VO keine Rechtswirkungen entfaltet“ auf Bedenken, da eine solche Klage im Grunde genommen kein Rechtsverhältnis nur zwischen den am Verfahren Beteiligten betrifft, sondern wegen ihres auf eine allgemeine Rechtswirkung abzielendes Rechtschutzzieles gleichermaßen eine Umgehung des § 47 VwGO ermöglichen würde (BVerwG, U.v. 23.08.2007 – 7 C 13/06 -, Rn. 20, juris).
Eine Feststellungsklage, dass die Beklagte zur Aufhebung der Verordnung verpflichtet ist, umgeht auch nicht die Regelung des § 47 VwGO. Nachdem bei einer Feststellungsklage die Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verordnung lediglich inzident erfolgt und das jeweilige Urteil im Gegensatz zu dem Ausspruch in § 47 VwGO nur inter partes wirkt, kann hierin schon allein deshalb keine Umgehung liegen. Diese inzidente Kontrolle stellt nach Überzeugung der Kammer wegen des nur inter partes wirkenden Rechtsschutzzieles noch keinen Widerspruch zur Regelung in § 47 VwGO dar.
Sie schafft vielmehr unter all den (oben genannten) Möglichkeiten des Rechtsschutzes einen sachgerechten Ausgleich der Interessen der Beteiligten. Führt die Überprüfung der Verordnung zu dem Ergebnis, dass diese nunmehr rechtswidrig ist, steht der Beklagten ein Gestaltungsspielraum zu, der ihrem Planungsermessen entspricht. Sie kann es bei der Aufhebung der Verordnung belassen oder eine neue Verordnung mit anderem Inhalt erlassen.
B.
Eine Beiladung des B… e.V. war nicht notwendig. Nach § 65 VwGO müssen Dritte nur dann dem Rechtsstreit zwingend beigeladen werden, wenn die Entscheidung ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Ob dies der Fall ist richtet sich nach materiellem Recht (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 65 Rn. 14). Bei dem B… e.V. handelt es sich um einen Verein, der gemeinsame Interessen der Einzelhändler im Bereich des Gebiets … vertritt. Im LadSchlG ist nicht ersichtlich, dass der Einzelhandel bzw. dessen Interessenvertreter an der Entscheidung zur Ladenöffnung nach § 14 LadSchlG mitwirken könnten oder einbezogen werden müssten. Die Einzelhändler und ihr Verband werden grundsätzlich eine eigene Meinung und eigene Interessen hinsichtlich einer Ladenöffnung haben, diese müssen bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 14 LadSchlG aber nicht geprüft werden.
C.
Die Klagen haben Erfolg.
I.
Die Klagen richten sich nach § 78 VwGO analog zutreffend gegen die Beklagte als diejenige Rechtsträgerin, die die streitgegenständliche Verordnung erlassen hat (vgl. BeckOK VwGO/Möstl § 43 Rn.30; Sodan/Ziekow/Sodan, Kommentar zur VwGO § 43 Rn. 58c; Fehling/Kastner/Störmer/Terhechte, Kommentar zur VwGO § 43 Rn 18; BVerwG NVwZ 2007, 1311, 1313). Zwar ergibt sich das im Rahmen der Feststellungsklage zu prüfende Rechtsverhältnis regelmäßig zwischen Normadressat und Normanwender, wenn jedoch – wie hier – kein administrativer Vollzug mehr für eine Rechtsbetroffenheit der Kläger notwendig ist, so ist das Rechtsverhältnis zwischen Normadressat und Normgeber betroffen.
II.
Die Beklagte ist nach den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung verpflichtet, die streitgegenständliche Verordnung aufzuheben. Ihre streitgegenständliche Verordnung ist rechtswidrig (geworden), da sie nicht (mehr) den Erfordernissen der zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlage in § 14 LadSchlG genügt. Unter anderem fehlt der Verordnung jegliche Abwägung und Prognose bezüglich der prägenden Wirkung des anlassgebenden Herbstmarktes auf das gesamte Stadtgebiet.
Der Freistaat Bayern hat bislang kein eigenes Gesetz über die Ladenöffnungszeiten erlassen, so dass das vom Bund erlassene Gesetz über den Ladenschluss weiter gilt (vgl. Dr. Preusche „Zu den Obergrenzen für die Zahl verkaufsoffener Sonn- und Feiertage“ in GewArch 2017, 136-141).
1.
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verordnung im Rahmen der Feststellungsklage ist die aktuelle Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. hierzu auch Kothe in Redeker/ v. Oertzen, VwGO 2014, § 108 Rn. 16 ff. insbes. 16).
Auch wenn bei Erlass der Verordnung die Entwicklung und Änderung der Sach- und Rechtslage nicht vorhersehbar ist, ist es Aufgabe des jeweiligen Rechtsträgers als Normsetzer die Rechtmäßigkeit der Verordnung zu überwachen, da sie fortwirkende, unmittelbare Auswirkungen zum jeweiligen Zeitpunkt der Rechtsanwendung hat. Insoweit kann es nur Sinn machen, dies auch anhand der nunmehr entwickelten Kriterien zu tun. Ansonsten würden Gemeinden und deren Bürger, in denen Verordnungen an die Rechtsentwicklung angepasst werden oder die Entscheidung zum Erlass einer Verordnung später treffen, anders gestellt, als in Gemeinden, in denen das nicht der Fall ist. Hierfür gibt es jedoch zumindest im Rahmen der Ladenschlussregelungen keinen sachlichen Grund. Im Gegenteil spricht mehr dafür, eine Pflicht der Gemeinden dahingehend anzunehmen, dass diese ihre Rechtsakte auf Rechtmäßigkeit nach Änderungen der rechtlichen Bewertung überprüfen. Weiterhin bestünde, würde man auf einen anderen Zeitpunkt als maßgelblich für die Entscheidung des Rechtsverhältnisses abstellen, keine effektive Möglichkeit, gegen rechtswidrig gewordene Rechtsakte nach Ablauf der Klagefrist in § 47 VwGO vorzugehen. Dies fordert jedoch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 GG. Andernfalls bestünde keine effektive Möglichkeit, gegen rechtswidrig gewordene Rechtsakte nach Ablauf der Klagefrist in § 47 VwGO vorzugehen. Dies fordert jedoch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 GG (BVerwG, B.v. 22.07.2013 – 7 BN 1/13 – NvwZ 2013, 1547, Rn.13; BayVGH, U.v. 23.06.2015 – 15 N 13.1553 Rn. 26).
Die maßgebliche Sach- und Rechtslage hat sich seit dem Erlass der Verordnung in 1996 wesentlich verändert:
Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2009 mit seiner Entscheidung vom 01.12.2009 – 1 BvR 2857/07 und 1 BvR 2858/07 – (in NVwZ 2010, 570) die Rechtsanwendung fortentwickelt und grundlegend geändert. Während vor dieser Entscheidung die Rechtsmeinung vertreten wurde, dass Rechtsverordnungen für den gesamten Zuständigkeitsbereich des Rechtsetzungsorgans gelten, stellte des Bundesverfassungsgericht nunmehr fest, dass der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz nur begrenzt einschränkbar ist und deshalb Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe nur zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich seien; in jedem Fall müsse der ausgestaltende Gesetzgeber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren. Damit war eine Verpflichtung zur Abwägung auch des räumlichen Geltungsbereichs für eine Ausnahme von der Sonn- und Feiertagsruhe vorgezeichnet.
In Folge dessen hat sich die Auslegung der Voraussetzungen des § 14 LadSchlG grundlegend gewandelt. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.11.2015 – 8 CN 2/14 – juris wird die prägende Wirkung der anlassgebenden Veranstaltung in den Mittelpunkt der Prüfung der Zulässigkeit einer Ladenöffnung an Sonntagen im Rahmen von § 14 LadSchlG gestellt. Diese Situation ist nach Überzeugung der Kammer durchaus mit einer Gesetzesänderung zu vergleichen. Vor dieser Entscheidung wäre den Klägern zudem ein Klageverfahren verwehrt gewesen, denn nach verbreiteter auch obergerichtlicher Rechtsauffassung fehlte ihnen zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung 1996 die Klagebefugnis. Dies änderte sich erst mit der o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Zum anderen hat sich die Sachlage wesentlich verändert: Die derzeitigen Ladenflächen in der Stadt H… stellen sich im Vergleich zur Sachlage im Jahr 1996 grundsätzlich anders dar. Das M… Einkaufszentrum im Osten der Stadt existierte noch gar nicht. Auch im Gebiet … gab es noch nicht die Vielfalt und Größe an Einzelhandelsflächen, wie es heute der Fall ist.
2.
Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist § 14 LadSchlG. Die Vorfrage, ob § 14 LadSchlG als Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung mit der Bayerischen Verfassung übereinstimmt, hat bereits der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21.12.2011 – Vf. 3-VII/11- bejaht. Nach § 14 Abs. 1 LadSchlG i. V. m. § 11 DelV können bayerische Gemeinden in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung jährlich höchstens vier Feiertage oder Sonntage bestimmen, an denen Verkaufsstellen entgegen der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen geöffnet sein dürfen. Dabei kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten und muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden (§ 14 Abs. 2 und 3 LadSchlG).
Die streitgegenständliche Verordnung der Stadt H… erfüllt diese erforderlichen Tatbestandsmerkmale nicht vollständig.
a. Sofern nur zwei Sonntage freigegeben werden, ist die Vorgabe in § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG eingehalten. Auch ist ein konkreter Öffnungszeitraum von 12 bis 17 Uhr angegeben, der außerhalb der (Haupt-)Gottesdienste der beiden Kirchen der großen Konfessionen, die um 09:00 Uhr, 10:30 Uhr bzw. um 09:30 und 10:00 Uhr stattfinden, liegt. Die in § 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 LadSchlG genannten Voraussetzungen sind ebenfalls erfüllt. Darüber hinaus werden keine Öffnungen an Dezembersonntagen erlaubt, was nach § 14 Abs. 3 Satz 1 LadSchlG Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Verordnung ist.
b. Auch wenn die streitgegenständliche Verordnung die Öffnungserlaubnis an die Veranstaltung des Frühlings- und Herbstmarktes knüpft und diese wirksam festgesetzt worden sind, ist vorliegend das Kriterium „aus Anlass eines Marktes“ nicht erfüllt.
Zur Frage, ob die Ladenöffnung „aus Anlass eines Marktes“ geschieht, hat die Rechtsprechung, ausgehend von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 01.12.2009 (- 1 BVR 2857/07 u.a. – BVerfGE 125, 39, Rn. 157) umfassende Kriterien entwickelt:
Die verfassungskonforme Auslegung des LadSchlG im Lichte von Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV gebietet es, Ausnahmen des dort verankerten Grundsatzes der sonntäglichen Arbeitsruhe im Rahmen von § 14 LadSchlG nur aufgrund eines dem Sonntagsschutz gleichwertigen oder gewichtigeren Sachgrundes zuzulassen. Der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz ist nur begrenzt einschränkbar. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe sind zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich; in jedem Fall muss der ausgestaltende Gesetzgeber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren. Dem dafür geltenden Regel-Ausnahme-Gebot kommt generell umso mehr Bedeutung zu, je geringer das Gewicht derjenigen Gründe ist, zu denen der Sonn- und Feiertagsschutz ins Verhältnis gesetzt wird. Rein wirtschaftliche Umsatzinteressen der Einzelhändler oder ein alltägliches Erwerbsinteresse der Käufer können hierfür grundsätzlich nicht ausreichen.
Das Tatbestandsmerkmal „aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ setzt voraus, dass diese Veranstaltungen so prägend sein müssen, dass sich die Ladenöffnung nur noch als Annex der eigentlich anlassgebenden Veranstaltung darstellt. Die anlassgebende Veranstaltung muss gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen. Der Besucherstrom zum Markt darf nicht erst durch das Offenhalten von Verkaufsstellen ausgelöst werden. Dieser Annexcharakter lässt sich in der Regel nur bejahen, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, da nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt: Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Erforderlich ist, dass die Besucher für einen neutralen Beobachter als Teilnehmer der Anlassveranstaltung deutlich erkennbar und sie insbesondere von den Kaufinteressenten zweifelsfrei abgrenzbar sind. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Ladenöffnung in engem räumlichen Bezug zum konkreten Marktgeschehen steht und prognostiziert werden kann, dass der Markt für sich genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt. Von dem Markt und seinen Besuchern muss eine derart stark prägende Wirkung ausgehen, dass die Folgen einer sonntäglichen Ladenöffnung für das Geschehen im öffentlichen Raum demgegenüber zweifelsfrei in den Hintergrund treten.
Maßgebliche Kriterien für die Annahme einer prägenden Wirkung des Marktes sind deshalb, ob der Besucherstrom durch den Markt oder die Ladenöffnung ausgelöst wird, ob es einen räumlichen Bezug zwischen dem Markt und den geöffneten Läden gibt und inwiefern der Markt flächenmäßig die Ladenflächen überwiegt. Um diese Kriterien zu erfüllen, können ggf. Beschränkungen hinsichtlich Handelszweigen oder räumlicher Art vorgenommen werden. Grundlage für die Beurteilung können bei erstmaligen Veranstaltungen Prognosen sein. Handelt es sich um Veranstaltungen, die bereits durchgeführt wurden, sind Erfahrungswerte heranzuziehen (BVerwG U.v. 11.11.2015 – 8 CN 2/14 Rn.24 ff.- BVerwGE 153, 183; BVerwG B.v. 18.12.1989 – 1 B 153/89 juris; BayVGH U.v. 06.12.2013 – 22 N 13.788 juris; U.v. 24.05.2017 – 22 N 17.52 BayVBl. 88, Rn 53 ff; B.v. 21.03.2018 – 22 NE 18.204, Rn 23 ff juris).
Diese Kriterien sind in wesentlichen Punkten nicht erfüllt. Insbesondere gibt es keine Prognosen, Überlegungen oder Erhebungen und Erfahrungswerte zum Besucherstrom. Für manche Stadtteile fehlt eine räumliche Beziehung zum Markt völlig. Im Gegensatz zu den o.g. Vorgaben dominieren vielmehr die enormen Verkaufsflächen die im Verhältnis dazu geringen, tatsächlich genutzten Marktflächen.
aa. Der prägende Charakter des anlassgebenden Herbst- oder Frühjahrsmarktes lässt sich auch keiner Prognoseentscheidung oder Erhebungen zu Besucherströmen entnehmen. Eine solche unterläge nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle, allerdings müsste das Gericht prüfen, ob bei Erlass der Verordnung eine Prognose vorgenommen wurde und diese schlüssig und vertretbar war (BVerwG U. v. 11.11.2015 – 8 CN 2/14 a.a.O. Rn. 36). Die Prognose wäre nur dann entbehrlich, wenn bereits Untersuchungen und Erfahrungswerte zu Besucherströmen vorliegen.
Hierzu hat die Beklagte nichts dargelegt. Vielmehr machte der Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung nur deutlich, dass die Sonntagsöffnung Ausfluss eines politischen Kompromisses gewesen sei und man den Markt insgesamt gerne attraktiver gestalten wolle. Es wurde nur allgemein auf die große Beliebtheit des Marktes und darauf verwiesen, dass er eine lange Tradition habe. Erhebungen dazu, wie viele Besucher eine Ladenöffnung und wie viele Besucher der Herbstmarkt anzieht, gibt es nicht. Nachdem dies ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verordnung ist, hätte die Beklagte jedoch spätestens mit der Festigung der beschriebenen Rechtsprechungsänderung Untersuchungen in diese Richtung anstellen müssen.
bb. Der räumliche Bezug des Herbstmarktes zu den bestehenden Läden im gesamten Stadtgebiet der Stadt H…, die nach der Verordnung alle öffnen dürfen, ist nicht für alle Stadtteile geben. Die Stadt H… besteht aus unterschiedlichen Ortsteilen. Der Markt ist aber nur auf einen Teil des Stadtgebietes begrenzt.
Mit Bescheid vom 24.10.2006 setzte das Landratsamts B… den Herbstmarkt in der Stadt H… als Jahrmarkt gem. §§ 68 und 69 GewO fest. Als Marktgebiet wurde der Bereich zwischen Marktplatz und B…straße, zwischen Lichtzeichenanlage und der K…straße und auf dem Parkplatz des Gewerbetriebs …-Straße * (Real-Markt) festgelegt. Gegenstand der Märkte ist das Feilbieten von Korbwaren, Erzeugnissen der Land- und Fischereiwirtschaft, Holz- und Metallarbeiten, Textilerzeugnisse, Lebens- und Genussmittel, Spiel- und Papierwaren, Kerami-Reliefs, Gerätschaften für Haus und Garten etc.. Diese Bestimmungen gelten vollinhaltlich weiter, auch wenn die Beklagte in nunmehr eigener Zuständigkeit mit Änderungsbescheid vom 22.10.2018 die Festsetzungen zum Marktgebiet anlässlich der derzeit aktuellen Tiefbaumaßnahmen vorübergehend verändert hat.
Im Hinblick auf den Marktplatz ergibt sich unstreitig ein räumlicher Bezug der Ladenöffnung zum stattfindenden Markt.
Hinsichtlich des Stadtteils D… ist ein räumlicher Zusammenhang schon nicht mehr erkennbar. Argrarflächen und der Main trennen D… vom restlichen Stadtgebiet. Von der Innenstadt, in der der Markt stattfindet, benötigt man insgesamt 20 Gehminuten bis nach D… Anhaltspunkte dafür, dass der 20 Gehminuten entfernte Markt noch räumliche Auswirkungen auf diesen Stadtteil hat, fehlen.
Bezüglich des in der Klage als Stadtteil „B…“ bezeichneten Gebiets ist zunächst festzustellen, dass es sich wohl um „H… Ost“ handeln muss, da „B…“ schon zum B… Stadtgebiet gehört, sich jedoch direkt an „H… Ost“ nach der Bundesautobahn … anschließt. Das Gebiet weist ebenfalls keinen relevanten räumlichen Bezug zum festgesetzten Marktgebiet auf. Keine der als Marktgebiet bezeichneten Straßen befinden sich in diesem Stadtteil. Es ist von diesem im Westen durch eine Bahnlinie getrennt. Es gibt im Norden und Süden nur jeweils eine Überquerungsmöglichkeit der Bahnlinie. Vom Marktgebiet benötigt man je nach Ausgangspunkt mindestens 13 Minuten, um zu Fuß in den Stadtteil „H… Ost“ zu gelangen. Aufgrund dieser Wegstrecke und der Trennung durch die Bahnlinie kann auch hier nicht mehr von einem räumlichen Zusammenhang und einer prägenden Wirkung des Marktes ausgegangen werden.
Hinsichtlich des Gebiets „…“ wäre ein räumlicher Bezug allenfalls bis zum Parkplatz der …-Straße * (Real-Markt) gegeben. Hier findet jedoch inzwischen kein Markt mehr statt. Das Gebiet ist ansonsten durch die Autobahn vom noch durchgeführten Markt in der Innenstadt getrennt und im Grunde nur mit mobilisiertem Autoverkehr erreichbar. Eine Prägung durch den Markt in der Innenstadt ist daher fernliegend. Die vorgetragenen Modenschauen sind nicht dem Markt, sondern dem jeweiligen Einzelhandel zuzurechnen. Sie werden nicht von dem Marktbetreiber – der Stadt – veranstaltet, sondern von den ansässigen Einzelhändlern als vom Markt unabhängige Werbemaßnahme abgehalten. Insofern kann sich auch keine prägende Wirkung für die Ladenöffnung ergeben, da es schon keinen Zusammenhang zum Marktgeschehen gibt.
cc. Hinsichtlich der betroffenen Flächen tragen die Kläger vor, die geöffneten Verkaufsflächen, würden mit 58.000 Quadratmetern deutlich die Marktfläche von 2.000 Quadratmetern überschreiten. Die Beklagte hat zu den flächenmäßigen Verhältnissen nicht Stellung genommen. Sie geht davon aus, dass diese keine maßgebende Bedeutung haben, da mit dem Herbstmarkt auch eine Handwerks- und Gewerbeschau verbunden sei.
Auszugehen ist vom tatsächlichen Marktgeschehen, wie es sich in den letzten Jahren dargestellt hat und deshalb prognostisch darstellen wird; denn dieses tatsächliche Marktgeschehen löst den maßgeblichen Besucherstrom aus. Ausweislich des vorgelegten Budenplans neueren Datums wurde in den letzten Jahren tatsächlich nur der Marktplatz als Marktfläche mit bis zu 30 Verkaufsbuden genutzt, so dass ein deutliches Ungleichgewicht zwischen geöffneten Ladenflächen und den anlassgebenden Marktflächen festzustellen ist.
Zwar ist nach der Marktfestsetzung die maximal mögliche Marktfläche zwischen den benannten Straßen erheblich größer als die tatsächlich genutzte Marktfläche, doch wird diese Fläche in ihrer Gesamtheit tatsächlich nicht genutzt.
Hinsichtlich der ins Feld geführten Handwerks- und Gewerbeschau kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden; auch diese wird nicht vom Marktbetreiber – der Beklagten – veranstaltet und kann deshalb ebenso wenig wie die Modenschauen eine prägende Wirkung für die Ladenöffnung außerhalb des Marktes entfalten.
dd. Anhaltspunkte dafür, dass eine Beschränkung auf gewisse Warengruppen notwendig wäre, um den prägenden Charakter des Marktes einzuhalten, wie in der Klagebegründung angedeutet, sind nicht ersichtlich, da der Herbstmarkt offenbar ein vielfältiges Programm bietet, das sich nicht auf eine Branche oder Warengruppe beschränkt. Er wurde nicht als Spezialmarkt und damit einem bestimmten und begrenzten Warenangebot (§ 68 Abs. 1 GewO), sondern als Jahrmarkt mit Waren aller Art festgesetzt (§ 68 Abs. 2 GewO). Eine solche Beschränkung allein wegen der Bezeichnung als Herbst- oder Frühjahrsmarkt ist ohnehin nicht zwingend. Beschränkungen werden von der Rechtsprechung zudem nur als mögliches Mittel bezeichnet, um den prägenden Charakter der anlassgebenden Veranstaltung zu erhalten.
ee. Ohne noch entscheidungserheblich zu sein, spricht auch die Berichterstattung auf www.infranken.de (…*) gegen eine prägende Wirkung des Marktes auf die Ladenöffnung. Dort heißt es: „In Verbindung mit dem verkaufsoffenen Sonntag öffnen auch Geschäfte im Inneren von H…, außerdem lädt der Herbstmarkt zum Besuch ein.“ Diese Berichterstattung lässt erkennen, dass aus Sicht der Öffentlichkeit der Schwerpunkt der Veranstaltung möglicherweise eher die Ladenöffnung und weniger der Markt selbst ist.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Herbstmarkt für die Stadtteile D…, H… Ost und dem … keine prägende Wirkung entfaltet. Die Verordnung der Stadt H… erfüllt damit nicht die Kriterien des § 14 LadSchlG und ist daher rechtswidrig.
3.
Die Rechtswidrigkeit der Verordnung zur Ladenöffnung beeinträchtigt die Interessen der Kläger mehr als nur unwesentlich, weil durch die verschiedenen Ladenöffnungen am Sonntag die Gefahr eines Flickenteppichs entsteht, der die verbandsbezogenen gemeinsamen Tätigkeiten über Gemeindegrenzen hinweg spürbar erschweren könnte. Daraus erwächst den Klägern ein Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die rechtswidrige Verordnung aufzuheben.
Ob diese eine neue Verordnung anderen Inhalts erlassen will und ob auch ohne dezidierte Erhebung der Besucherströme eine prägende Wirkung des Marktes für die Innenstadt/Marktplatz angenommen werden kann, obliegt einer noch zu treffenden Prognoseentscheidung der Beklagten.
Nachdem bereits der Hauptantrag zu 1 zum Erfolg führt, muss über die Hilfsanträge zu 2 und 3 nicht entschieden werden.
D.
Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
E.
Aufgrund der besonderen prozessrechtlichen Situation insbesondere zur statthaften Klageart, hat die Klage grundsätzliche Bedeutung. Die Berufung war daher nach § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben