Europarecht

Kein Anspruch auf Notunterkunft bei Obdachlosigkeit wegen der Möglichkeit der Rückkehr nach Bulgarien

Aktenzeichen  M 22 E 16.1517

Datum:
18.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123
FreizügigkeitsG/EU FreizügigkeitsG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 2a
BayVwVfG BayVwVfG Art. 3 Abs. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

Die Gemeinden sind im Rahmen der Gefahrenabwehr als untere Sicherheitsbehörden verpflichtet, eine bestehende (unfreiwillige) Obdachlosigkeit als Störung der öffentlichen Sicherheit zu beseitigen. Örtlich zuständig ist die Gemeinde, in der die Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Obdachlosen aktuell eintritt; unerheblich ist, wo er gemeldet ist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ebenso ist unerheblich, ob die Obdachlosigkeit verschuldet ist oder zunächst freiwillig gewählt wurde. (redaktioneller Leitsatz)
Die Gemeinde kann ihrer Verpflichtung zur Beseitigung der Obdachlosigkeit durch das Angebot der Kostenübernahme für eine Rückreise in den Heimatort des Antragstellers nach Bulgarien nachkommen, wenn er dort über eine Unterkunftsmöglichkeit verfügt. Das Recht auf Freizügigkeit als Unionsbürger steht dem nicht entgegen, weil sich hieraus kein Anspruch auf wohnungsmäßige Versorgung durch die Behörden am gewünschten Niederlassungsort ergibt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, ein im Jahr … geborener bulgarischer Staatsangehöriger, begehrt von der Antragsgegnerin, ihn im Rahmen der Obdachlosenfürsorge unterzubringen.
Der Antragsteller hält sich nach seinen Angaben seit 29. Februar 2016 zur Arbeitssuche in München auf. Die Nächte verbrachte er bis 1. April 2016 in einer Kälteschutzeinrichtung der Landeshauptstadt in der …, in München.
Am 1. April 2016 sprach der Antragsteller in Begleitung einer für ihn dolmetschenden Bekannten bei der Antragsgegnerin vor und bat erfolglos um die Zuweisung einer Notunterkunft. Zur Begründung gab er u. a. unter Bezugnahme auf einen, auf den … März 2016 datierten schriftlichen Antrag an, er sei arbeitslos, verfüge über keinerlei regelmäßiges Einkommen oder Vermögen und – nach Schließung der Kälteschutzeinrichtung zum 1. April 2016 – auch über keinerlei Unterkunftsmöglichkeit innerhalb und außerhalb Münchens. Bevor er nach München gekommen sei, habe er in Bulgarien im Haushalt seiner Eltern in … gelebt. Dorthin könne er nicht mehr zurück. Seine unverheiratete Partnerin und sein minderjähriges Kind seien ebenfalls ohne Wohnung und lediglich vorübergehend bei einem Freund in Bulgarien untergekommen. Dort könne er auch nicht unterkommen.
Da die Antragsgegnerin eine weitere Wohnmöglichkeit des Antragstellers in Bulgarien vermutete, bot sie ihm an, ihm eine Fahrkarte nach Bulgarien zu bezahlen – was dieser jedoch ablehnte – und gab ihm einen Merkzettel hinsichtlich der für den Nachweis der Obdachlosigkeit vorzulegenden weiteren Unterlagen mit.
Mit Telefax vom … April 2016 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers daraufhin beim Verwaltungsgericht München,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller für die Dauer der bestehenden Obdachlosigkeit zu deren Beseitigung unverzüglich eine geeignete Unterkunft zur Verfügung zu stellen.
Zur Begründung führte er aus, der unfreiwillig obdachlose Antragsteller habe einen Anspruch auf sicherheitsrechtliche Unterbringung gegenüber der Antragsgegnerin. Die örtlich zuständige Antragsgegnerin stelle an den Nachweis der Selbsthilfe unzumutbare Anforderungen in Form von verschiedenen Nachweisen aus Bulgarien, die der Antragsteller in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht besorgen könne. Zudem fordere Sie Nachweise über einen bestehenden Arbeitsvertrag und Kontoauszüge. Beides besitze der arbeits- und vermögenslose Antragsteller, der über kein regelmäßiges Einkommen verfüge, aber nicht. Dem Antragsteller stehe auch kein anderer Wohnraum außerhalb Münchens zur Verfügung. Bevor er nach München gekommen sei, habe er in Bulgarien im Haushalt seiner Eltern gelebt. Da die Wohnverhältnisse dort zu klein und die finanzielle Situation der Eltern eine weitere Versorgung nicht zuließen, könne er dort nicht bleiben und dorthin auch nicht zurückkehren. Er sei jedenfalls bis zur Vorlage der geforderten Dokumente – soweit deren Anforderung berechtigt sei – unterzubringen, da das Auswahlermessen der Antragsgegnerin angesichts der Gefährdung der von Art. 1 und 2 Abs. 2 des Grundgesetzes geschützten Rechtsgüter auf Null reduziert sei und es auch auf das Bestehen eines Aufenthaltsrechts, das sich im Falle des Antragstellers aber zumindest aus § 2 Abs. 2 Nr. 2a FreizügigkeitsG/EU ergäbe, nicht ankomme. Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens legte der Antragsteller eine auf den 30. März 2016 datierende eidesstattliche Versicherung vor, wonach er weder in Deutschland noch in Bulgarien über Wohnraum verfüge, ihm die in seinem Personalausweis eingetragenen Wohnungen nicht mehr zur Verfügung stünden und er nach dem Schließen der Kälteschutzeinrichtung in der …-straße keinerlei Möglichkeit mehr habe, Wohnraum zu beziehen.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 5. April 2016,
den Antrag abzulehnen.
Sie führte aus, aus ihrer Sicht bestehe kein Anspruch auf Unterbringung. Die Wohnungssituation des Antragstellers in Bulgarien könne weiterhin nicht als geklärt angesehen werden. Lege man sein Vorbringen gleichwohl zugrunde, sei die Obdachlosigkeit nicht erst in München, sondern bereits in Bulgarien eingetreten. Hieran ändere auch die im Rahmen des Kälteschutzprogramms erfolgte Einweisung nichts, da es sich hierbei um keine Unterkunft handle. Zudem habe der Antragsteller während der ersten drei Monate seines Aufenthalts im Bundesgebiet keinen Anspruch auf Existenzsicherungsleistungen, hierzu sei aber auch die Unterstützung nach dem Obdachlosenrecht zu zählen. Die Antragsgegnerin sei als Obdachlosenbehörde nicht verpflichtet, auf ihre Kosten die Rahmenbedingungen für eine Arbeitssuche des Antragstellers in München zur Verfügung zu stellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag, der Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die vorläufige Unterbringung des Antragstellers aufzugeben, ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. Dabei hat der Antragsteller sowohl den (aus dem streitigen Rechtsverhältnis abgeleiteten) Anspruch, bezüglich dessen die vorläufige Regelung getroffen werden soll (Anordnungsanspruch), wie auch die Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgeblich für die Beurteilung sind dabei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
Diese Voraussetzungen sind nach summarischer Prüfung nicht gegeben. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch gegen die Antragsgegnerin auf Unterbringung in einer Notunterkunft nicht glaubhaft gemacht. Die vorliegend dem Grunde nach zur Beseitigung der in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgetretenen Gefahren für Leib oder Leben des Antragstellers verpflichtete Antragsgegnerin hat ihrer Pflicht zur Überzeugung des Gerichts durch ihr Angebot genügt, die Fahrtkosten nach Bulgarien zu übernehmen:
Nach Art. 6 und Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG sind die Gemeinden als untere Sicherheitsbehörden verpflichtet, Gefahren abzuwehren und Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen bedrohen oder verletzen; hierzu zählt auch die Beseitigung einer bestehenden (unfreiwilligen) Obdachlosigkeit als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Nach der Rechtsprechung liegt der gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 BayVwVfG für die örtliche Zuständigkeit entscheidende Anlass für die Amtshandlung im Bereich der Gefahrenabwehr dabei dort, wo die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Die Gefahr für Leib oder Leben im Sinn des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG entsteht durch die Obdachlosigkeit. Die Zuständigkeit für die Behebung dieser Gefahr liegt deshalb dort, wo die Gefahr aktuell eintritt (vgl. BayVGH B. v. 9.10.2015 – 4 CE 15.2102- juris; BayVGH, B. v. 7.1.2002 – 4 ZE 01.3176 – NVwZ-RR 2002, 575). Unerheblich ist dagegen, wo der Antragsteller gemeldet ist oder war oder wo er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte (vgl. BayVGH, B. v. 7.1.2002 – 4 ZE 01.3176 – NVwZ-RR 2002, 575). Daher ist bei der Prüfung der Zuständigkeit auf die aktuelle „streitbefangene“ Obdachlosigkeit, die auch am Ende einer Reihe von Unterkunftswechseln stehen kann, abzustellen (vgl. VG Augsburg B. v. 12.10.2011 – Au 5 E 11.1485 – juris). Dass ein Betroffener durch Gebrauchmachen vom Grundrecht der Freizügigkeit unter Umständen in gewissem Umfang darauf Einfluss nehmen kann, wo die Obdachlosigkeit eintritt, ist ohne Belang (vgl. BayVGH, B. v. 21.9.2006 – 4 CE 06.2465 – juris; VG Augsburg B. v. 12.10.2011 – Au 5 E 11.1485 – juris).
In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass der Antragsteller spätestens seit Beendigung des Kälteschutzprogramms im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin unfreiwillig obdachlos (geworden) ist, weil er hier wie auch andernorts über keine aus eigenen Mitteln zu erlangende Wohnmöglichkeit verfügt, und er insoweit dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf sicherheitsrechtliches Tätigwerden hat. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin spricht gegen eine ihre Zuständigkeit begründende Obdachlosigkeit insbesondere nicht, dass der Antragsteller – legt man sein Vorbringen zugrunde zunächst in Bulgarien obdachlos geworden ist, dort aber auf Hilfe verzichtet und sich stattdessen nach Deutschland begeben hat, ohne hier über eine gesicherte Unterkunftsmöglichkeit zu verfügen. Ob und inwieweit der Zustand der Obdachlosigkeit auf einem Verschulden des Antragstellers beruht, ist aus sicherheitsrechtlicher Sicht nämlich nicht maßgeblich und nicht zu prüfen (vgl. BayVGH, B. v. 9.10.2015 – 4 CE 15.2102- juris). Ein Betroffener muss auch nach zunächst freiwillig gewählter Obdachlosigkeit, die Möglichkeit haben, sich von seinem Willensentschluss zu distanzieren und die Sicherheitsbehörde um Hilfe zu ersuchen.
Die Antragsgegnerin hat das ihr zustehende Handlungsermessen mit dem (nach gegenüber dem Gericht erfolgter telefonischer Mitteilung der Antragsgegnerin) nach wie vor bestehenden Angebot, dem Antragsteller die Rückreise in seinen Heimatort in Bulgarien zu finanzieren, nach Auffassung des Gerichts jedoch rechtsfehlerfrei ausgeübt. Das Gericht geht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung mit der Antragsgegnerin nämlich davon aus, dass der Antragsteller in Bulgarien gegenwärtig und bis auf weiteres über eine ihm zumutbare Unterkunftsmöglichkeit verfügt, weshalb der für ihn in Deutschland bestehende Gefahrensituation durch Gewährung einer Reisemöglichkeit zu dieser im Rahmen der Selbsthilfeverpflichtung zu nehmenden Unterkunft effektiv begegnet werden kann. Soweit der Antragsteller geltend macht, auch in Bulgarien über keine Unterkunftsmöglichkeit (mehr) zu verfügen, hält das Gericht dies auf der Grundlage der Ausführungen des Antragstellers nicht für hinreichend glaubhaft gemacht.
Eine Behauptung ist im Sinne von § 294 ZPO glaubhaft gemacht, sofern eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (BGH, B. v. 5.5.1976 – IV ZB 49/75 – BGHZ 156, 139, 141 f.) und setzt eine schlüssige Darlegung des glaubhaft zu machenden Sachverhalts voraus. Dies ist dem Antragsteller vorliegend auch unter Berücksichtigung der von ihm vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nicht gelungen. Zwar kann zur Glaubhaftmachung auch eine von der jeweiligen Partei abgegebene eidesstattliche Versicherung ausreichen, doch ist ihr – trotz der strafrechtlichen Relevanz einer falschen eidesstattlichen Versicherung – in der Regel mit besonderer Vorsicht zu begegnen (LAG München, B. v. 14.07.1977, DB 1987, 260; OLG Frankfurt, U. v. 13.01.1982, GRUR 1984, 304); dies jedenfalls dann, wenn die eidesstattliche Versicherung der Partei selbst – wie vorliegend – nicht das einzige Mittel der Glaubhaftmachung gewesen wäre. Ausweislich der der Antragsgegnerin vorgelegten, auf den 11. März 2016 datierenden Antragsschrift bereitet der Antragsteller seinen Antrag auf sicherheitsrechtliche Unterbringung bereits seit längerem vor. Er ist zudem anwaltlich vertreten. Angesichts dessen hätten vom Antragsteller substantiierte Einlassungen und die Vorlage weiterer Nachweise auch von dritter Seite (etwa eine Bestätigung der Eltern, dass der Antragsteller dort nicht mehr nächtigen kann) erwartet werden können. Statt dessen hat der Antragsteller eine sehr detailarme Versicherung an Eides statt vorgelegt, die er bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – trotz Aufforderung der Antragsgegnerin, weitere Nachweise zur Wohnungslosigkeit zu erbringen (etwa durch Vorlage von Schreiben von Bekannten und Verwandten) – nicht weiter untermauert hat. Auf der Grundlage der bisherigen Ausführungen des Antragstellers ist für das Gericht aber nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller in seinem Herkunftsort in Bulgarien, bei dem es sich (angesichts der Tatsache, dass dort auch seine Eltern ansässig sind) mutmaßlich um seinen Geburtsort handelt und in dem er mit seiner Lebensgefährtin und seiner …-jährigen Tochter lebte, über keinerlei Netzwerk aus Bekannten und Verwandten verfügt, das ihm eine Unterkunft gewähren könnte. Insbesondere spricht die Tatsache, dass die Eltern des Antragstellers nach dessen Vorbringen wirtschaftlich nicht (mehr) in der Lage sind, den Lebensunterhalt des Antragstellers mit zu bestreiten, für das Gericht nicht dagegen, ihm nicht wenigstens – wie bislang auch – eine Schlafmöglichkeit zu gewähren.
Auf eine solche andernorts für ihn bestehende, (gegebenenfalls mit entsprechender finanzieller Unterstützung der Sicherheitsbehörde) erreichbare Unterkunftsmöglichkeit kann ein Betroffener auch verwiesen werden (vgl. BayVGH, B. v. 23.01.2008 – 4 CE 07.2893- juris, wo dem Antragsteller in einer ca. 350 km entfernten Gemeinde eine Eigentumswohnung zur Verfügung stand). Dies gilt zur Überzeugung des Gerichts auch dann, wenn sich die zur Verfügung stehende Unterkunft in einem anderen Bundesland oder – wie im Falle des Antragstellers – in einem anderen Staat befindet. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass sich Unionsbürger wie der Antragsteller bis zum Vorliegen eines entsprechenden vollziehbaren ausländerrechtlichen Bescheids zur Feststellung des Nichtbestehens der Freizügigkeit auf ihre Freizügigkeit berufen können und es nicht Aufgabe der allgemeinen Sicherheitsbehörden ist, mutmaßliche Ausreiseverpflichtungen faktisch durchzusetzen (vgl. BayVGH, B. v. 12.06.2015 – 4 CE 15.1275 u. 4 CE 15.1421 – juris, unter Bezugnahme auf OVG Bremen, B. v. 7.2.2013 – 1 B 1/13 – NVwZ-RR 2013, 361, juris Rn. 20; VGH BW, B. v. 5.3.1996 – 1 S 470/96 – BeckRS 1996, 20939 m. w. N.). Das Recht auf Freizügigkeit steht jedoch einem Verweis auf eine andernorts bestehende zumutbare Unterkunftsmöglichkeit nicht entgegen, denn es räumt zwar jedermann das Recht ein, seinen Aufenthaltsort zu wählen, gewährt also einen Abwehranspruch gegen staatliche Beschränkungen, hieraus ergibt sich jedoch kein positiver Leistungsanspruch auf wohnungsmäßige Versorgung durch die Behörden an dem gewünschten Niederlassungsort (vgl. auch Schenk in LStVG-Komm, Lieferung 33, 2011, Anm. 174 zu Art. 7). Auf den subjektiven Wunsch des Einzelnen an einem anderen Ort zu leben, kann eine über die Übernahme der (Rück-)Reisekosten hinausgehende Verpflichtung der Obdachlosenbehörde zum Tätigwerden, im Fall einer anderweitigen Unterkunftsmöglichkeit daher nicht gestützt werden. Dies gilt auch dann, wenn – wie im Fall des Antragstellers – gute, nachvollziehbare Gründe, wie eine Arbeitsplatzsuche, für einen Wechsel des Wohnorts sprechen (vgl. zur Absolvierung einer nur am gewählten neuen Wohnort angebotenen Ausbildung VG München, B. v. 16.7.2003 – M 22 E 03.3141).
Der Antrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Nr. 1.5 und 35.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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