Europarecht

Keine Haftung auf Schadenersatz von Porsche wegen Abgasmanipulation bei einem von Audi gelieferten Dieselmotor (hier: Porsche Cayenne)

Aktenzeichen  18 U 576/20

Datum:
8.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41015
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 31, § 166, § 242, § 826
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Die Porsche AG muss sich nicht als Unternehmen des VW-Konzerns gemäß §§ 242, 166 BGB eine Kenntnis der ebenfalls dem Konzern angehörenden Audi AG von der unzulässigen Bedatung einer Motorsteuerungssoftware (von durch Audi an Porsche gelieferten Motoren) zurechnen lassen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verletzung einer etwaigen Überprüfungspflicht würde keine Haftung der Porsche AG aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung begründen, da sie sich grundsätzlich darauf verlassen durfte, dass ihr Zulieferer die von ihm gelieferten Bauteile nach den vertraglich vereinbarten Qualitätsanforderungen hergestellt hat. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

6 O 3596/17 2019-12-27 Endurteil LGTRAUNSTEIN LG Traunstein

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 27.12.2019, Az.: 6 O 3596/17, dahin abgeändert, dass die Klage gegen die Beklagte zu 1) in vollem Umfang abgewiesen wird.
II. Die Berufung des Klägers gegen das vorgenannte Endurteil wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die Beklagte zu 1) vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger, der einen vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Pkw des Typs Porsche Cayenne erworben hat, verlangt von der Beklagten zu 1) als Herstellerin Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs. In erster Instanz hatte er daneben auch die Beklagte zu 2) als Verkäuferin des Fahrzeugs samtverbindlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
Hinsichtlich der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts Traunstein vom 27.12.2019 (Az.: 6 O 3596/17) Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1) hat gegen das ihr am 02.01.2020 zugestellte erstinstanzliche Urteil mit Schriftsatz vom 29.01.2020, beim Oberlandesgericht München eingegangen am selben Tage, Berufung eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz vom 30.03.2020, eingegangen am selben Tage, begründet, nachdem auf ihren Antrag vom 17.02.2020 die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 30.03.2020 verlängert worden war.
Der Kläger, dem das erstinstanzliche Urteil ebenfalls am 02.01.2020 zugestellt worden war, hat mit Schriftsatz vom 30.01.2020, beim Oberlandesgericht München eingegangen am selben Tage, ebenfalls Berufung eingelegt, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen worden war. Mit weiterem Schriftsatz vom 30.03.2020 hat er sein Rechtsmittel begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum Ablauf dieses Tages verlängert worden war.
Die Beklagte zu 1) führt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen aus, das Landgericht habe zu Unrecht der Klage gegen die Beklagte zu 1) überwiegend stattgegeben:
Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft und unter Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht angenommen, dass die Beklagte zu 1) eine sekundäre Darlegungslast in Bezug auf den klägerseits behaupteten Schädigungsvorsatz treffe. Richtigerweise hätte die Klage mangels hinreichend substantiierten Sachvortrags abgewiesen werden müssen. Stattdessen habe das Landgericht seine Entscheidung auf eigene Vermutungen und Spekulationen gestützt. Die Beklagte zu 1) treffe bereits deshalb keine sekundäre Darlegungslast, weil sie den streitgegenständlichen Motor und die zugehörige Steuerungssoftware weder entwickelt noch hergestellt habe.
Sämtliche Ansprüche des Klägers scheiterten daran, dass die Beklagte zu 1) den in das streitgegenständliche Fahrzeug verbauten Dieselmotor nur zugekauft habe. Nicht nur der Motor und dessen Softwaresteuerung, sondern auch das System der Abgasnachbehandlung seien von der … AG als Gesamtsystem entwickelt und hergestellt worden, wobei die Typisierung nach der Euro-6-Norm vereinbart gewesen sei. Die … AG habe zudem die sogenannte Vernetzung der Antriebseinheit mit dem Fahrzeug übernommen. Dies umfasse die Einstellung des Motors sowie die Bedatung und Abstimmung der Software auf das entsprechende Fahrzeug (Applikation). In diesem Rahmen werde die Software mit den konkreten Parametern bedatet, die für das Fahrverhalten des Fahrzeugs entscheidend seien. Es sei somit nicht die Aufgabe der Beklagten zu 1), sondern der … AG gewesen, die Dieselmotoren in die Fahrzeuge zu integrieren.
Bei der Endmontage der Fahrzeuge habe die Beklagte zu 1) den von … gelieferten Dieselmotor lediglich in das von der … AG gelieferte teilmontierte Fahrzeug – das bereits das Motorsteuergerät samt Software umfasst habe – eingebaut und die Montage „finalisiert“. Ihr Arbeitsanteil in Bezug auf die Antriebseinheit habe sich auf den rein mechanischen Einbau des Motors beschränkt. Diese Aufgabenverteilung habe ihren Grund unter anderem darin gehabt, dass die Beklagte zu 1) über Jahrzehnte ausschließlich Benzinmotoren entwickelt und verbaut habe; sie habe deshalb für die Entwicklung und Herstellung von Dieselaggregaten keine eigene Fachkompetenz besessen.
Die Beklagte zu 1) habe selbst Fahrtests durchgeführt. In deren Rahmen sei geprüft worden, ob sich das Fahrzeug in bestimmten Fahrsituationen wie gewünscht und vertraglich vereinbart verhalte und ob die Abgaswerte in den gesetzlichen Standardtestzyklen eingehalten werden. Eine Analyse der Software durch die Beklagte zu 1) sei jedoch nicht erfolgt und auch nicht vertraglich vereinbart gewesen. Abgesehen davon, dass die … AG der Beklagten zu 1) die Motorsteuerungssoftware nur in verschlüsselter Form übergeben habe, wäre eine Überprüfung der gesamten Software bereits wegen der schieren Datenmasse nicht durchführbar gewesen. Die Software der Motorsteuerung sei derart umfangreich, dass allein das Lesen derselben einen Zeitraum von etwa zwei Jahren erfordern würde, wie der Leiter der Unterabteilung Straßenverkehr im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, …, bei seiner Vernehmung vor dem 5. Untersuchungsausschuss des Bundestages bestätigt habe.
Die „Dieselthematik“ habe ihren Anfang mit einer „Notice of Violation“ vom 18.09.2015 genommen, mit der die Environmental Protection Agency (im Folgenden: EPA), die US-amerikanische Umweltschutzbehörde, gegenüber … und … den Vorwurf erhoben habe, dass bestimmte … Dieselmotoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen seien. Dieser Vorwurf habe sich auf den 2,0 Liter Dieselmotor des Typs EA189 (EU5) bezogen. Dabei handele es sich um ein völlig anderes Produkt als bei dem in das streitgegenständliche Fahrzeug eingebauten Dieselmotor EU V6 (TDI). Dennoch habe die Beklagte zu 1) daraufhin bei der … AG Erkundigungen eingezogen, ob in den an die Beklagte zu 1) gelieferten Motoren unzulässige Abschalteinrichtungen enthalten seien. Bei einem Treffen am … habe die … AG der Beklagten zu 1) ausdrücklich mitgeteilt, dass dies nicht der Fall sei. Diese Mitteilung habe die … AG im Nachgang mehrfach bestätigt, etwa durch eine Mitteilung vom … und im Rahmen einer Videokonferenz am ….
Am … habe die EPA eine zweite „Notice of Violation“ veröffentlicht, welche nunmehr auch an die Beklagte zu 1) adressiert gewesen sei. … Dieser Vorwurf habe sich aber ausschließlich auf die US-amerikanische Variante des genannten Motors bezogen. Porsche-Diesel-Fahrzeuge, die nach den US-Vorgaben zertifiziert seien, wiesen wesentliche Unterschiede zu den nach EU-Vorgaben zertifizierten Fahrzeugen auf, was auf die sehr unterschiedliche regulatorische Rechtslage zurückzuführen sei. Am 03.11.2015 habe sich die Beklagte zu 1) für einen vorsorglichen Verkaufsstopp von Cayenne-Diesel-Fahrzeugen der Modelljahre 2014 bis 2016 in den Vereinigten Staaten und Kanada entschieden.
Am … habe die … AG der Beklagten zu 1) mitgeteilt, dass die Vorwürfe der EPA nur die US-amerikanischen V6 (TDI) Motoren beträfen; die … AG könne ausschließen, dass die EU V6 (TDI) Aggregate eine Softwarefunktion enthielten, die der von der EPA beanstandeten Software entspreche. Auf die bereits in erster Instanz als Anlage Annex 1a vorgelegte Bestätigung werde Bezug genommen. Am 07.06.2017 habe das Magazin „Der Spiegel“ die … AG zu einer Stellungnahme zum Thema „Abschalteinrichtungen im 3,0 Liter V6 (TDI) Dieselmotor“ aufgefordert. Daraufhin habe die … AG der Beklagten zu 1) mit E-Mail vom 08.06.2017 (in erster Instanz vorgelegt als Anlage Annex 1b) mitgeteilt, dass „der Porsche Cayenne mit V6 TDI EU6 Motor explizit vom KBA vermessen und als i.O. bestätigt worden (sei)“. Bis in den Monat Juni 2017 hinein habe die … AG der Beklagten zu 1) somit wiederholt bestätigt, dass der in das streitgegenständliche Fahrzeug verbaute Motortyp frei von unzulässigen Abschalteinrichtungen sei. Auf diese Mitteilungen habe sich die Beklagte zu 1) verlassen, zumal die von ihr selbst nach Aufkommen der Dieselthematik im Herbst 2015 vorgenommenen eigenen technischen Prüfungen keine Hinweise auf unzulässige Abschalteinrichtungen ergeben hätten.
Die umfangreiche interne Sachverhaltserfassung der Beklagten zu 1) habe auch keine Hinweise darauf ergeben, dass Vorstandsmitglieder der Beklagten zu 1) im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses am 20.10.2015 Kenntnis von der konkreten, vom Kraftfahrtbundesamt später als unzulässig festgestellten Bedatung der Motorsteuerungssoftware gehabt hätten. Eine entsprechende Kenntnis werde daher bestritten.
Das Landgericht lege seiner Entscheidung offensichtlich eine unzulässige pauschalisierende Gesamtbetrachtung aller Unternehmen des … konzerns zugrunde. Es verweise pauschal auf Hinweisbeschlüsse und Verfügungen anderer Gerichte, die zu dem im vorliegenden Fall nicht streitgegenständlichen Motor vom Typ EA 189 (EU5) ergangen seien, und bringe dadurch zum Ausdruck, dass es sich mit dem vorliegenden Fall nicht auseinandergesetzt habe.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
I. die Klage gegen die Beklagte zu 1) unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein vom 27.12.2019, Az.: 6 O 3596/17, abzuweisen;
II. hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag zu I. nicht stattgegeben werden sollte, den Rechtsstreit im Umfang der Beschwer der Beklagten zu 1) unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Traunstein zurückzuverweisen;
III. hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt

Die Beklagte zu 1) beantragt
Zurückweisung der Berufung des Klägers,
hilfsweise:
Zulassung der Revision.

Zur Begründung seiner eigenen Berufung führt der Kläger aus, das Landgericht habe die Klage gegen die Beklagte zu 1) zu Unrecht teilweise abgewiesen. Sein Schadensersatzanspruch sei auf Erstattung des vollen Kaufpreises von … Zug um Zug gegen „Rückgabe“ des Fahrzeugs gerichtet. Der vom Landgericht in Abzug gebrachte Nutzungsersatz widerspreche dem Gedanken des Schadensersatzes nach sittenwidriger Schädigung, weil der Schädiger dadurch unbillig entlastet würde.
Hilfsweise berufe er sich darauf, dass der Berechnung der Nutzungsentschädigung eine Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 500.000 km zugrunde zu legen sei. Auf dieser Grundlage sei ihm zumindest ein Betrag von … zuzusprechen.
Die Beklagte zu 1) führt in Erwiderung auf die Berufung des Klägers im Wesentlichen aus, selbst bei Bestehen eines Schadensersatzanspruchs hätte der Kläger Nutzungsersatz zu leisten, wie es auch für einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entspreche. Der Berechnung der Nutzungsentschädigung sei eine Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 200.000 bis 250.000 km zugrunde zu legen.
Der Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 29.09.2020 sei verspätet und aus diesem Grunde zurückzuweisen. Es seien keine Gründe dafür ersichtlich, warum der Kläger diese Ausführungen nicht in erster Instanz in den Rechtsstreit hätte einführen können. Ausführungen zu diesem Vorbringen erfolgten daher nur aus anwaltlicher Vorsicht.
Der Kläger verkenne grundlegend die Reichweite des Rechtsinstituts der sekundären Darlegungslast, bei der es sich gerade nicht um eine „sekundäre Beweislast“ handele. Vor diesem Hintergrund habe von der Beklagten zu 1) die Vorlage von Beweisunterlagen von vornherein nicht gefordert werden können. Dennoch habe die Beklagte zu 1) die Anlagen Annex 1a und 1b vorgelegt und ihren Sachvortrag damit umfassend unter Beweis gestellt. Richtigerweise wäre es nunmehr Sache des Klägers gewesen, den detaillierten Ausführungen der Beklagten zu 1) substantiiert entgegenzutreten. Dies habe der Kläger aber nicht getan. Stattdessen erschöpfe sich sein Sachvortrag in vagen Vermutungen und Ausführungen zu angeblichen Vorgängen bei … und …
Die pauschale Bezugnahme des Klägers auf die Kenntnis des Vorstands der Beklagten zu 1) sei nicht einlassungsfähig. Vielmehr sei stets auf konkrete Vorstandsmitglieder abzustellen. … sei niemals Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1) gewesen. Der frühere Manager der … AG … und der ehemalige Angestellte der … AG … seien niemals bei der Beklagten zu 1) angestellt gewesen und könnten daher zu deren unternehmensinternem Kenntnisstand nichts beitragen.
Aufgrund ihrer umfangreichen Sachverhaltserfassung habe die Beklagte zu 1) keine Hinweise darauf, dass die … und … oder andere Vorstandsmitglieder im Zeitraum bis Juni 2017 Kenntnis von der konkreten, vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässig eingestuften Bedatung der Motorsteuerungssoftware gehabt hätten; etwaiges Vorbringen des Klägers werde daher bestritten. Zudem habe … der Beklagten zu 1) persönlich bestätigt, dass er insbesondere aus seiner Vortätigkeit bei der … AG keine Kenntnis von der konkreten, vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässig eingestuften Bedatung gehabt habe; er sei im Gegenteil von einer gesetzeskonformen Bedatung ausgegangen. Auch die in Bezug genommene Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II (Az.: 64 Js 22724/19) könne das Vorbringen des Klägers nicht belegen. Konkrete Belege schienen in der Anklageschrift nicht enthalten zu sein; jedenfalls trage der Kläger hierzu nichts vor. Vor dem Hintergrund der Unschuldsvermutung könne die Bezugnahme auf die Anklageschrift zu keinem anderen Ergebnis führen.
Entsprechendes gelte für das vermeintliche Telefongespräch zwischen … und … welches der Kläger unter Verweis auf einen Presseartikel … ins Feld führe. Aus den zitierten Passagen sei nicht ersichtlich, um welche Fahrzeuge es sich handele, wann die Aussagen getätigt worden seien und auf welche Umstände sich die Aussagen bezögen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze der Beklagten zu 1) vom 30.03.2020 (Bl. 248/299 d.A.), 15.05.2020 (Bl. 313/321 d.A.) und 12.10.2020 (Bl. 385/417 d.A.), die Schriftsätze des Klägers vom 30.03.2020 (Bl. 300/307 d.A.) und 29.09.2020 (Bl. 328/384 d.A.) mit den jeweils zugehörigen Anlagen sowie das Protokoll vom 20.10.2020 (Bl. 418420 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten zu 1) ist zulässig und begründet, während die zulässige Berufung des Klägers in der Sache keinen Erfolg hat.
1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) bereits dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB im Zusammenhang mit dem Erwerb des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs zu.
Die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass die Beklagte zu 1) den Kläger über die Gesetzeskonformität des von ihm erworbenen Fahrzeugs getäuscht habe, bzw. die zugrunde liegende Annahme, dass die Verantwortlichen der Beklagten zu 1) von der Manipulation des in das Fahrzeug verbauten Dieselmotors Kenntnis gehabt hätten, beruht nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Der Kläger hat in erster Instanz nicht ausreichend dargelegt, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 1) im Sinne von § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat (lit. a). Einer etwaigen sekundären Darlegungslast in Bezug auf ihren eigenen Kenntnisstand wäre die Beklagte zu 1) bereits in erster Instanz nachgekommen (lit. b). Mit seinem neuen tatsächlichen Vorbringen im Schriftsatz vom 29.09.2020 (Bl. 328/384 d.A.) ist der Kläger gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO präkludiert (lit. c).
a) Nach allgemeinen Grundsätzen trägt derjenige, der einen Anspruch aus § 826 BGB geltend macht, die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, also sowohl für die Umstände, welche die Schädigung und deren Sittenwidrigkeit in objektiver Hinsicht begründen, als auch für den zumindest bedingten Vorsatz des Schädigers hinsichtlich des Vorliegens dieser Umstände. Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person hat der Anspruchsteller deshalb auch darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßiger Vertreter im Sinne von § 31 BGB die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, Rn. 35, NJW 2020, 1962).
aa) Diesen Anforderungen genügt das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers nicht:
In der Klageschrift vom 27.12.2017 hatte der Kläger die Haftung der Beklagten zu 1) zunächst primär darauf gestützt, dass er vor Abschluss des Kaufvertrages über den ihm bekannten Mitarbeiter der Beklagten zu 2), … bei der Beklagten zu 1) nachgefragt habe, ob das streitgegenständliche Fahrzeug vom Diesel-Skandal betroffen sei; dies habe die Beklagte zu 1) gegenüber … verneint (a.a.O., S. 3 = Bl. 3 d.A.). Die Beklagte zu 2) hatte die Darstellung des Klägers bestritten und ihren Mitarbeiter … zum Beweis dafür angeboten, dass der Kläger derartige Nachfragen erst geraume Zeit nach Vertragsschluss und Übergabe des Fahrzeugs gestellt habe (Klageerwiderung vom 03.04.2018, S. 4 = Bl. 40 d.A.).
Der Zeuge … hat bei seiner Vernehmung im Termin vom 11.12.2019 die Darstellung des Klägers, dass er sich vor Vertragsschluss ausdrücklich im Auftrag des Klägers bei der Beklagten zu 1) danach erkundigt habe, ob das streitgegenständliche Fahrzeug vom Diesel-Skandal betroffen sei, nicht bestätigt. Er gab an, er habe lediglich im „Porsche-Network“ nachgeschaut; dort sei aber zum damaligen Zeitpunkt nichts vermerkt gewesen (Protokoll, S. 3 = Bl. 203 d.A.).
Hinsichtlich der behaupteten Kenntnis der Beklagten zu 1) von den Abgas-Manipulationen beschränkte sich der Kläger in der Klageschrift auf die pauschale, durch keinerlei konkreten Sachvortrag untermauerte Behauptung, dass eine solche Kenntnis „ebenso wie bei der … AG“ spätestens seit Beginn der Ermittlungen in den Vereinigten Staaten im Jahre 2014 „in Bezug auf den von … entwickelten 3-Liter-Motor“ vorgelegen habe (a.a.O., S. 5 = Bl. 5 d.A.). In seiner Replik vom 16.05.2018 behauptete der Kläger, dass der 3-Liter-Motor im Zeitraum „um den 16.10.2015“ bereits Gegenstand nicht näher erläuterter Untersuchungen gewesen sei. Für diese Behauptung berief sich der Klägervertreter auf die Mitteilung eines – nicht namentlich genannten – „Mitentwicklers“ des Motors, der ihm im Rahmen eines persönlichen Gesprächs bestätigt habe, dass der Motor „amerikanischen Untersuchungen“ unterliege.
Diesem unsubstantiierten Sachvortrag lässt sich nicht entnehmen, dass verfassungsmäßig berufene Vertreter der Beklagten zu 1) im Sinne von § 31 BGB im fraglichen Zeitraum Kenntnis von der später vom Kraftfahrtbundesamt festgestellten Abschalteinrichtung gehabt haben. Unstreitig wurde der in das streitgegenständliche Fahrzeug eingebaute Dieselmotor des Typs EU V6 (TDI) gerade nicht von der Beklagten zu 1), sondern von der … AG entwickelt. Bereits aus diesem Grunde bleibt völlig unklar, wie die Kenntnisse des ungenannten „Mitentwicklers“ des Motors der Beklagten zu 1) zugerechnet werden könnten. Zum anderen gelten in den Vereinigten Staaten gerichtsbekannt andere Grenzwerte für Emissionen als in der Europäischen Union, weshalb Ergebnisse amerikanischer Untersuchungen – deren Vorliegen im genannten Zeitraum nicht einmal behauptet wird – nicht ohne Weiteres auf die europäischen Verhältnisse übertragen werden können.
bb) Entgegen der Ansicht des Landgerichts muss sich die Beklagte zu 1) nicht als Unternehmen des … Konzerns gemäß §§ 242, 166 BGB die Kenntnis der ebenfalls dem Konzern angehörenden … AG von der unzulässigen Bedatung der Motorsteuerungssoftware zurechnen lassen.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung können die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr mit juristischen Personen entwickelten Grundsätze der Wissenszurechnung und Wissenszusammenrechnung nicht ohne Weiteres auf die anders geartete deliktische Haftung übertragen werden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, Rn. 32 m.w.N., NJW 2017, 250). Unabhängig davon könnte über eine Wissenzurechnung jedenfalls nicht das für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Rahmen des § 826 BGB erforderliche moralische Unwerturteil begründet werden (BGH a.a.O.).
b) Das – unsubstantiierte – tatsächliche Vorbringen des Klägers zum Vorliegen der erforderlichen Kenntnis auf Seiten der Beklagten zu 1) ist auch nicht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen, weil die Beklagte zu 1) insoweit einer ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen wäre.
aa) In bestimmten Fällen ist es Sache des Prozessgegners, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Dabei hängen die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden zunächst davon ab, wie substantiiert die primär darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit der nicht darlegungsbelastete Gegner seinen Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (BGH, Urteil vom 20.05.2020 – VI ZR 252/19, Rn. 36 m.w.N., NJW 2020, 1962).
Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Gegner der primär darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast obliegt es dem Bestreitenden, Nachforschungen zu unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist. Die sekundäre Darlegungslast führt jedoch weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen benötigten Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BGH a.a.O., Rn. 37).
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast unter anderem bei Schadensersatzansprüchen zur Geltung, die aus der Veruntreuung anvertrauter Gelder hergeleitet werden, bei einem auf konkrete Tatsachen gestützten Verdacht der Bösgläubigkeit eines Zessionars bei dem Erwerb einer Grundschuld oder des kollusiven Zusammenwirkens mehrerer Personen im Zwangsversteigerungsverfahren, bei hinreichenden Anhaltspunkten für eine Schmiergeldabrede, oder im Hinblick auf die Organisation des Betriebs eines Lagerunternehmens (BGH a.a.O., Rn. 38).
bb) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs erscheint bereits zweifelhaft, ob das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers geeignet war, eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu 1) in Bezug auf die Kenntnis ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne von § 31 BGB von der Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware des von der … AG bezogenen Motors auszulösen.
(1) Der Kläger hat in erster Instanz an keiner Stelle konkret behauptet, dass ein Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1) oder eine Person, die als sonstiger verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 1) zu qualifizieren wäre, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis von der später vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässig eingestuften Softwarefunktion hatte. Eine entsprechende Behauptung des Klägers könnte deshalb auch nicht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden angesehen werden, wenn die Beklagte zu 1) einer ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen wäre.
(2) Vor allem jedoch weisen die Fallgruppen, in denen die höchstrichterliche Rechtsprechung entsprechend den obigen Darlegungen eine sekundäre Darlegungslast bejaht, die Gemeinsamkeit auf, dass die primär darlegungspflichtige Partei entweder konkrete Tatsachen oder zumindest hinreichende Anhaltspunkte für ihre Behauptungen vorgetragen hat oder dass sich derartige Anhaltspunkte zumindest aus der Rechtsstellung des Gegners – etwa des Lagerhalters – ergeben. Solche Anhaltspunkte hat der Kläger nicht vorgetragen.
Nimmt der Käufer eines vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Pkws den Hersteller des manipulierten Motors aus § 826 BGB in Anspruch, bejaht der Senat in ständiger Rechtsprechung eine sekundäre Darlegungslast des Motorherstellers in Bezug auf den Kenntnisstand seiner verfassungsmäßig berufenen Vertreter. Denn es bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Entwicklung und Herstellung des manipulierten Motors auf einer unternehmerischen Entscheidung des Vorstands oder anderer Repräsentanten im Sinne von § 31 BGB beruht. Dies gilt auch dann, wenn der Motor bestimmungsgemäß in ein Fahrzeug eines anderen Fabrikats eingebaut worden ist.
Die Beklagte zu 1) hat den in das streitgegenständliche Fahrzeug verbauten Dieselmotor vom Typ EU V6 (TDI) aber unstreitig nicht selbst entwickelt, sondern von der … AG bezogen. Ob dieser Umstand für sich genommen ausreicht, um die Vermutung einer entsprechenden Kenntnis ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter zu begründen, erscheint zweifelhaft. Eine Haftung der Beklagten zu 1) aus § 826 BGB könnte jedenfalls nicht auf die klägerseits behauptete Pflicht zu einer eigenen Untersuchung des von der … AG gelieferten Motors gestützt werden. Zutreffend verweist die Beklagte zu 1) darauf, dass sie sich grundsätzlich darauf verlassen darf, dass ihr Zulieferer die von ihm gelieferten Bauteile nach den vertraglich vereinbarten Qualitätsanforderungen herstellt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.04.2009 – 19 U 23/08, BeckRS 2010, 5734). Die Verletzung einer etwaigen Überprüfungspflicht würde im Übrigen keine Haftung aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung begründen.
cc) Letztlich kann die Frage, ob der Beklagten zu 1) trotz unzureichendem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers eine sekundäre Darlegungslast zu ihrer Kenntnis von der Manipulation der Motorsteuerungssoftware oblag, aber dahinstehen. Denn mit den diesbezüglichen Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 26.08.2019 (Bl. 172/185 d.A.) wäre die Beklagte zu 1) einer etwaigen sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen.
In diesem Schriftsatz hat die Beklagte zu 1) ausgeführt, dass ihr die … AG seit dem Aufkommen der sogenannten „Dieselthematik“ auf entsprechende Nachfrage wiederholt bestätigt habe, dass der streitgegenständliche „EU-Motor“ – gemeint ist der für den europäischen Markt konfigurierte Motor des Typs EU V6 (TDI) – nicht über unzulässige Abschalteinrichtungen verfüge. Beispielhaft wurde eine Bestätigung vom … (Anlage Annex 1a) vorgelegt. Hinsichtlich weiterer Mitteilung der … AG nahm die Beklagte zu 1) in diesem Schriftsatz ausdrücklich auf die als Anlage Annex 1 vorgelegte Sachverhaltsdarstellung Bezug, deren Inhalt sich ihre Prozessbevollmächtigten ausweislich ihres Logos zu eigen gemacht haben. Danach versicherte die … AG der Beklagten zu 1) bis einschließlich … dass „der Porsche Cayenne Diesel V6 EU6“ (gemeint ist: der darin verbaute Dieselmotor) frei von unzulässigen Abschalteinrichtungen sei.
Dieser detaillierten Darstellung der Beklagten zu 1) ist der Kläger in erster Instanz nicht mehr entgegengetreten.
c) Mit seinem neuen Tatsachenvortrag im Schriftsatz vom 29.09.2020 zur Kenntnis von namentlich genannten Vorstandsmitgliedern der Beklagten zu 1) vom Vorhandensein der der unzulässigen Abschalteinrichtung und den zugehörigen Beweisangeboten ist der Kläger gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO präkludiert.
aa) Die Beklagte zu 1) ist mit Schriftsatz vom 12.10.2020 dem diesbezüglichen neuen Vorbringen des Klägers entgegengetreten. Insbesondere hat sie bestritten, dass ihre früheren Vorstandsmitglieder … bis in den Monat Juni 2017 Kenntnis von der konkreten, vom Kraftfahrtbundesamt später als unzulässig eingestuften Bedatung der Motorsteuerungssoftware gehabt hätten. Ihr früheres Vorstandsmitglied … habe ihr gegenüber vielmehr ausdrücklich bekundet, dass er von einer gesetzeskonformen Bedatung ausgegangen sei.
bb) Die unterbliebene Geltendmachung des neuen tatsächlichen Vorbringens in erster Instanz beruhte auf der Nachlässigkeit des Klägers.
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, warum der Kläger seinen neuen Sachvortrag nicht bereits in erster Instanz in den Rechtsstreit hätte einführen können. Sämtliche neu eingeführten Tatsachen waren bereits vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz am 11.12.2019 bekannt. …
Spätestens nachdem die Beklagte zu 1) mit Schriftsatz vom 26.08.2019 eine Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung für den Zeitraum bis Anfang Juni 2017 substantiiert bestritten hatte, war der Kläger gehalten, sein diesbezügliches Vorbringen durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern.
Das Landgericht hatte zwar im Termin vom 04.09.2019 darauf hingewiesen, dass es derzeit nicht als ausreichend ansehe, was die Beklagte zu 1) zu ihrer fehlenden Kenntnis vorgetragen habe (Protokoll vom 04.09.2019, S. 2 = Bl. 187 d.A.). Der in diesem Hinweis zum Ausdruck kommenden Verkennung der Darlegungslast war die Beklagte zu 1) jedoch mit ihrem – der Klagepartei direkt zugestellten – Schriftsatz vom 02.12.2019 (Bl. 193/198 d.A.) entgegengetreten. In diesem Schriftsatz führt die Beklagte zu 1) unter anderem aus, dass nicht sie, sondern der Kläger in vollem Umfang für seine Behauptung darlegungs- und beweisbelastet sei, dass die Beklagte zu 1) in Bezug auf die behauptete Täuschung und Schädigung des Klägers vorsätzlich gehandelt habe. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass der Kläger sich bislang auf pauschale Behauptungen zur Kenntnis der „… AG“ beschränkt habe, ohne konkret zur Kenntnis bestimmter Vorstandsmitglieder vorzutragen (a.a.O., S. 2 = Bl. 194 d.A.). Dennoch hat der Kläger sein unzureichendes Vorbringen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 11.12.2019 nicht ergänzt.
2. Der Umstand, dass der Kläger nicht dargelegt hat, dass verfassungsmäßig berufene Vertreter (§ 31 BGB) der Beklagten zu 1) vor Auslieferung des streitgegenständlichen Fahrzeugs an ihn Kenntnis von der später vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässig eingestuften Bedatung der Motorsteuerungssoftware des von der … AG bezogenen Dieselmotors hatten, steht auch den vom Kläger geltend gemachten deliktischen Schadensersatzansprüchen aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder § 263 StGB entgegen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 831 BGB scheitert bereits daran, dass die … AG als Lieferantin des in das streitgegenständliche Fahrzeug verbauten Motors nicht als Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 1) anzusehen ist.
3. Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die Berufung des Klägers auch dann unbegründet wäre, wenn ihm die Beklagte zu 1) im Zusammenhang mit dem Erwerb des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs aus § 826 BGB dem Grunde nach auf Schadensersatz haften würde.
In seiner grundlegenden Entscheidung zu den sogenannten Diesel-Fällen hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass die Grundsätze der Vorteilsausgleichung auch für einen Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB gelten (Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, Rn. 66). Der auch vom Kläger vertretenen Ansicht, dass § 6 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 EG-FGV als Schutzgesetze anzusehen seien, welche einer Vorteilsausgleichung entgegenstünden, hat er eine Absage erteilt (BGH a.a.O., 73 ff.). Aus diesem Grunde hat er auch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht als veranlasst angesehen (a.a.O., Rn. 77). Die Bemessung der Höhe der Nutzungsentschädigung und damit der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters (BGH a.a.O., Rn. 79).
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11 ZPO, die Anordnung der Abwendungsbefugnis in § 711 ZPO.
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung beruht vielmehr auf den Umständen des Einzelfalls.


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