Europarecht

Keine Verlängerung der Überstellungsfrist durch Gang ins offene Kirchenasyl

Aktenzeichen  AN 17 S 19.50639

Datum:
26.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 18511
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 7
VO (EU) Nr. 604/2013 Art. 29 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Für das Merkmal der Flucht kommt es auf drei Punkte an: Zum einen kann Flucht nur angekommen werden, wenn das Entziehen auf einer Ortsveränderung der Person beruht (in Abgrenzung etwa zum Entziehen aufgrund Versteckens, Täuschens oder Gewaltanwendung). Die Ortsveränderung muss zudem in Entziehungsabsicht erfolgen. Zum dritten kann nach der Überzeugung des Gerichts eine Verlängerung der Frist aber nur angenommen werden, wenn das Scheitern der Überstellung maßgeblich auf der Ortsveränderung mit Entziehungsabsicht beruht, dies also (überwiegend) kausal ist für den fehlenden Vollzug der Entscheidung. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Beim Institut des Kirchenasyls handelt es sich auch nicht um ein rechtlich vorgesehenes oder sonst anerkennenswert zulässiges Verfahren (VG Ansbach BeckRS 2016, 45664), das eine Abschiebung rechtlich verhindern würde. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3 Verzichtet der Staat auf die zwangsweise Durchsetzung von ihm vorzunehmender Exekutivbefugnisse – wozu er aufgrund des Wortlautes des § 82 Abs. 4 S. 2 AufenthG und der landesrechtlichen Bestimmungen zum Verwaltungszwang durchaus befugt ist – muss er auch die hiermit verbundenen Konsequenzen in Gänze tragen und nicht auf einem Umweg dem Asylantragsteller die Folge zuweisen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 31. Mai 2017 gegen Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamtes vom 19. Mai 2017 wird in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. Dezember 2018 angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der 1999 geborene Antragsteller ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste am 2. April 2017 mit einem vom französischen Konsulat in Teheran ausgestellten Visum (gültig vom 17.3. bis 16.4.2017) über Frankreich in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 6. April 2017 in Deutschland einen Asylantrag.
Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 13. April 2017 teilte Frankreich am 15. April 2017 mit, dass die Zuständigkeit Frankreichs aufgrund von Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) anerkannt werde.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2017, dem Antragsteller zugestellt am 24. Mai 2017, lehnte das Bundesamt den Asylantrag darauf hin als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Frankreich an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf neun Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
Mit Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten erhob der Antragsteller mit beim Verwaltungsgericht Ansbach am 31. Mai 2017 eingegangenem Schriftsatz Klage (AN 17 K 17.50899 und stellte mit weiterem Schriftsatz vom gleichen Tag einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (AN 14 S 17.50898), den das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 17. Dezember 2018 ablehnte.
Mit Schreiben vom 26. Januar 2019 teilte die evangelische Kirchengemeinde St. … in … dem Bundesamt mit, dass der Antragsteller an diesem Tag ins Kirchenasyl aufgenommen worden sei. Das Bundesamt teilte darauf hin Frankreich am 11. März 2019 die Verlängerung der Überstellungsfrist bis 17. Juni 2020 mit, weil der Antragssteller flüchtig sei.
Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2019 beantragte der Antragsteller über seine Prozessbevollmächtigte gem. § 80 Abs. 7 VwGO, den Beschluss des Verwaltungsgericht Ansbach vom 17. Dezember 2019 abzuändern.
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Überstellungsfrist mit Ablauf des 17. Juni 2019 abgelaufen sei. Der Antragsteller sei nicht flüchtig im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO.
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 4. Juli 2019,
den Antrag abzulehnen.
Ein Flüchtigsein liege auch im Falle des Kirchenasyls vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
1. Der nicht fristgebundene Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO ist zulässig. Da die Hauptsache-Anfechtungsklage noch nicht entschieden, sondern weiter anhängig ist, ist der gerichtliche Eilrechtschutz im Wege des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 bzw. 7 VwGO statthaft und dem Antrag nach § 123 VwGO vorrangig, § 123 Abs. 5 VwGO. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (vgl. B.v. 30.3.2015, 21 ZB 15.50025 – juris, ebenso VG Potsdam, U.v. 25.2.2015, 6 K 1554/14.A – juris, a.A. aber VG Dresden, B.v. 16.5.2019, 1 K 2225/18.A – juris) bei einem Ablauf der Überstellungsfrist von einer Erledigung des Bescheides auszugehen, so dass der Klage und dem Eilantrag das Rechtschutzbedürfnis fehlen würde. Da der Ablauf der Überstellungsfrist hier aber gerade im Streit steht und die Antragsgegnerin gerade nicht von einer Erledigung ihres Bescheides ausgeht, sondern die Abschiebung des Antragstellers aus dem Bescheid vom 31. Mai 2017 betreiben will, geht vom Bescheid jedenfalls faktisch die beabsichtigte Rechtswirkung noch aus, so dass Anfechtungsklage und Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO weiter als zulässig zu erachten sind und geeignet sind, den Rechtschein zu beseitigen.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Die insoweit vorzunehmende Interessensabwägung des Gerichts ergibt ein Überwiegen des Aussetzungsinteresses des Antragstellers gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine maßgebliche Rolle. Der Klage, für deren Beurteilung es auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt, § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG, wird aller Voraussicht stattzugeben sein, da die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO zwischenzeitlich abgelaufen ist, der Bescheid des Bundesamtes vom 31. Mai 2017 damit rechtswidrig geworden ist und aufzuheben sein wird.
Die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ist abgelaufen und von der Antragsgegnerin nicht nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO wirksam verlängert worden. Der Kläger war und ist nach Auffassung des Gerichts nicht flüchtig im Sinne dieser Vorschrift.
Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO wird der um Wiederaufnahme ersuchende Mitgliedsstaat der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens selbst zuständig nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten. Diese Frist beginnt nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Dublin III-VO grundsätzlich mit der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch den ersuchten Staat. Das war hier der 15. April 2017. Der Anlauf der Überstellungsfrist richtet sich hier jedoch nach Art. 29 Abs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO. Die Frist wurde durch das betriebene Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unterbrochen und lief mit dessen Abschluss am 17. Dezember 2018 erneut an. Nach § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG bestand während des Laufs des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO nämlich ein gesetzesunmittelbares Abschiebungsverbot, das der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 29 Abs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO gleichkommt (vgl. BVerwG zur Rechtslage nach der Dublin II-VO, U.v. 26.5.2016, 1 C 15/15 – juris Rn. 11 und BayVGH zur Dublin III-VO, U.v. 29.3.2017, 15 B 16.50080 – juris) bzw. ein vorübergehendes Bleiberecht im Sinne von Art. 27 Abs. 3 Buchst. a) oder Art. 27 Abs. 3 Buchst. c) Dublin III-VO bewirkt. Auch die überdurchschnittlich lange Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens ändert am Eintritt der Unterbrechungswirkung nichts. Hierfür bietet der Wortlaut der Art. 27 und Art. 29 der Dublin III-VO keine Ansatzpunkte.
Zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist kam es nicht. Sie ergibt sich nicht aus Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO. Danach kann diese auf bis zu 18 Monate verlängert werden, wenn der Asylantragsteller flüchtig ist und der ersuchende Mitgliedstaat dem zuständigen Mitgliedsstaat die Verlängerung unter Angabe der Verlängerungsgründe vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist mitgeteilt hat (Art. 9 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Durchführungsbestimmungen in der Fassung der Durchführungsverordnungen zur Dublin III-VO Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014).
Die Dublin III-Verordnung definiert selbst nicht, was unter dem Tatbestandsmerkmal „flüchtig sein“ im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 zu verstehen ist. Art. 2 Buchs. n) der Dublin-III-Verordnung definiert lediglich die „Fluchtgefahr“ als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller (…), gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
Die deutsche Rechtsprechung zum Vorliegen von Flüchtigkeit beim Gang eines Asylantragstellers ins (offene) Kirchenasyl ist uneinheitlich. Einige Verwaltungsgerichte stellen auf die Bedeutung des Wortes nach den verschiedenen amtlichen Sprachversionen ab und kommen zu dem Schluss, dass die Wortbedeutung auch aktive Handlungen des Asylantragstellenden, die über die bloße Ortsveränderung ohne Kenntnis der nationalen Behörden hinausgehen, erfassen kann (bspw. VG Berlin, B.v. 25.1. 2018 – 31 L 586.17 A – BeckRS 2018, 789; VGH Baden-Württemberg, B.v. 15.03.2017 – A 11 S 2151/16 – NVwZ-RR 2017, 890). Teilweise wird das Merkmal bereits dann als erfüllt angesehen, wenn der Asylantragstellende das Überstellungsverfahren absichtlich behindere oder durch ihn zuzurechnende Pflichtverletzungen erheblich erschwere, worunter auch der Gang in ein Kirchenasyl subsumiert werden könne (bspw. VG Schwerin, B.v. 24.8.2016 – 3 B 2176/16 As SN – juris; VG Gießen, B.v. 17.9.2018 – 4 L 9383/17.GI.A – BeckRS 2018, 26446). Dem gegenüber hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem jüngeren Einstellungsbeschluss nach § 92 Abs. 3 VwGO – allerdings ohne tiefergehende Auseinandersetzung mit der Wortbedeutung – die Auffassung vertreten, dass der Umstand, dass sich der Asylantragsteller im sog. offenen Kirchenasyl befindet, nicht dafür spreche, das Merkmal „flüchtig“ als erfüllt anzusehen (BayVGH, B.v. 16.9.2018 – 20 ZB 18.50011 – juris).
Zwischenzeitlich hat der Europäische Gerichtshof auf eine Vorlage des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zum Flüchtigsein über eine andere Konstellation entschieden und ein Flüchtigsein angenommen, wenn ein Asylbewerber seine Unterkunft verlässt, ohne seinen Aufenthaltsort den zuständigen Behörden mitzuteilen und dadurch die Rücküberführung in den zuständigen Mitgliedstaat scheitert (EuGH, U.v. 19.3.2019, C-163/17 – juris). Hierzu hat der EuGH ausgeführt, dass die meisten Sprachfassungen beim Wort „Flucht“ den Wille der betreffenden Person voraussetzt, jemandem zu entkommen oder sich etwas zu entziehen, also eine gezielte Absicht erfordert und sich diese Auslegung auch unter Heranziehung des Begriffs der Fluchtgefahr in Art. 2 Buchst. n) der Dublin III-VO ergibt. Die Erwägungsgründe 4 und 5 der Dublin III-VO erforderten eine klare und praktikable Formel der Feststellung der Zuständigkeit, um eine rasche Klärung zu ermöglichen. Die Verlängerungsmöglichkeit der Überstellungsfrist in Art. 29 Abs. 2 Satz Dublin III-VO trage der praktischen Komplexität und den organisatorischen Schwierigkeiten jedoch in den dort genannten Fällen Rechnung. Um das effektive Funktionieren des Dublin-Systems und die Verwirklichung seiner Ziele zu gewährleisten, sei daher davon auszugehen, dass in dem Fall, in dem die Überstellung der betreffenden Person nicht durchgeführt werden kann, weil sie die ihr zugewiesene Wohnung verlassen hat, ohne die zuständigen nationalen Behörden über ihre Abwesenheit zu informieren, diese Behörden (…) annehmen dürfen, dass die Person beabsichtigt hat, sich ihnen zu entziehen, um ihre Überstellung zu vereiteln (EuGH, a.a.O Rn. 62). Dem Asylantragsteller verbleibe aber die Möglichkeit des Nachweises, dass er mit dem Verlassen seiner Wohnung nicht beabsichtigt habe, sich den Behörden zu entziehen (EuGH, a.a.O Rn. 64).
Unter Zugrundlegung dieser Rechtsprechung und in Fortführung der eigenen Rechtsprechung der Kammer (VG Ansbach, U.v. 6.12.2018, AN 17 K 18.50438 – juris) geht das Gericht davon aus, dass es für das Merkmal der Flucht auf drei Punkte ankommt. Zum einen kann Flucht nur angekommen werden, wenn das Entziehen auf einer Ortsveränderung der Person beruht (in Abgrenzung etwa zum Entziehen aufgrund Versteckens, Täuschens oder Gewaltanwendung). Die Ortsveränderung muss zudem in Entziehungsabsicht erfolgen. Zum dritten kann nach der Überzeugung des Gerichts eine Verlängerung der Frist aber nur angenommen werden, wenn das Scheitern der Überstellung maßgeblich auf der Ortsveränderung mit Entziehungsabsicht beruht, dies also (überwiegend) kausal ist für den fehlenden Vollzug der Entscheidung. Zwar kann das Kausalitätserfordernis der Formulierung des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO unmittelbar nur der ersten Variante („aufgrund der Inhaftierung“) entnommen werden, während die zweite Alternative („oder … flüchtig ist“) mangels verwendeter eindeutiger Kausalformulierung sprachlich nicht eindeutig ist. Dass der Europäische Gesetzgeber insofern aber einen Unterschied machen wollte, kann nicht angenommen werden.
Die Annahme des zusätzlichen Erfordernisses der Kausalität entspricht auch der allgemeinen Systematik deutscher Rechtswissenschaft und berücksichtigt nach Auffassung des Gerichts die Intention der Dublin III-VO und die Ausführungen des EuGH im Urteil vom 19. März 2019 am besten. Diese Auslegung ist in der Lage, dem Einzelfall gerecht zu werden und die objektiven und subjektiven Kriterien (die von der bisherigen Rechtsprechung uneinheitlich betrachtet bzw. als maßgeblich erachtet worden sind und auch zwischen dem EuGH und der zu diesem Fall ergangenen Stellungnahme des Generalanwalt bei EuGH unterschiedlich gesehen bzw. gewichtet worden sind) in Einklang zu bringen.
Diese Anforderungen zugrunde gelegt, stellt der Gang ins offene Kirchenasyl, d.h. die Aufnahme des Asylantragstellers ins Kirchenasyl unter Benennung seines Aufenthaltsortes mangels Kausalität keine Flucht dar. Da die Adresse des Asylantragstellers im Kirchenasyl – wie auch hier – den Behörden bekannt ist, wäre tatsächlich ein Zugriff auf den Antragsteller möglich gewesen.
Beim Institut des Kirchenasyls handelt es sich auch nicht um ein rechtlich vorgesehenes oder sonst anerkennenswert zulässiges Verfahren (VG Ansbach, U.v. 14.4.2016 – AN 6 K 15.31132 – BeckRS 2016, 45664), das eine Abschiebung rechtlich verhindern würde. Asylantragsteller begeben sich in erster Linie deshalb in sog. Kirchenasyl, weil sie darauf vertrauen, dass nach der jahrelangen und gefestigten Praxis der bayerischen Ausländerbehörden diese sich durchgängig in den Kirchenasyl-Fällen scheuen, auch gegen vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer vorzugehen. Der Staat begibt sich dabei freiwillig seiner rechtlichen Handlungsinstrumente, indem er auf die grundsätzlich mögliche zwangsweise Durchsetzung einer Rücküberstellung verzichtet. Diese Praxis geschieht in Respekt vor der gewachsenen Institution Kirche, aber nicht, weil ein Zugriff auf den Asylantragsteller nicht möglich wäre. Verzichtet der Staat auf die zwangsweise Durchsetzung von ihm vorzunehmender Exekutivbefugnisse – wozu er aufgrund des Wortlautes des § 82 Abs. 4 Satz 2 AufenthG und der landesrechtlichen Bestimmungen zum Verwaltungszwang durchaus befugt ist – muss er auch die hiermit verbundenen Konsequenzen in Gänze tragen und nicht auf einem Umweg dem Asylantragsteller die Folge zuweisen.
Nachdem die Überstellungsfrist mangels wirksamer Verlängerung abgelaufen ist, kann die Abschiebung nicht mehr, wie im Bescheid vom 19. Mai 2017 angeordnet, vollzogen werden. Da hiervon noch insoweit Rechtswirkungen ausgehen, als die Antragsgegnerin nicht von einer Erledigung des Bescheids ausgeht und die Abschiebung hieraus betreiben möchte, wird er voraussichtlich in der Hauptsache aufzuheben sein. Die aufschiebende Wirkung der Klage ist damit anzuordnen und der Beschluss vom 17. Dezember 2018 abzuändern.
Diese Entscheidung ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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