Europarecht

Keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung bei Einbau eines sog. Thermofensters

Aktenzeichen  5 U 3483/19

Datum:
27.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 29935
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 31, § 826, § 823 Abs. 2
StGB § 263
EG-FGV § 6, § 27
Fahrzeugemissionen-VO Art. 5 Abs. 2 lit. a, Art. 3 Nr. 10
Typgenehmigungsverfahrens-RL Art. 18 Abs. 1, Art. 3 Nr. 36

 

Leitsatz

1. Ein Kraftfahrzeug, in dem eine nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 Fahrzeugemissionen-VO unzulässige Abschalteinrichtung iSv Art. 3 Nr. 10 Fahrzeugemissionen-VO installiert ist, ist mangelhaft im Sinne des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die Zulassungsbehörde besteht und damit dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung fehlt; dies gilt auch dann, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt Maßnahmen gegenüber dem Hersteller noch nicht gefordert hat (ebenso BGH BeckRS 2019, 2206). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten als Herstellerin des Fahrzeuges, das Vorhandensein einer unerlaubten Abschalteinrichtung in dem vorbeschriebenen Sinn unterstellt, scheidet unter dem Gesichtspunkt eines Betruges (§ 263 StGB iVm § 823 Abs. 2 BGB) im Streitfall aus, weil der Kläger das Fahrzeug als Gebrauchtwagen bei einem selbstständigen Händler erworben hat und deshalb das Erfordernis der Stoffgleichheit nicht erfüllt ist (ebenso BGH BeckRS 2020, 19146). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Selbst wenn unterstellt wird, dass die temperaturabhängige Gestaltung der Abgasrückführung eine nicht zulässige Abschalteinrichtung darstellt, folgt daraus noch nicht, dass die Beklagte mit der Verwendung dieser Einrichtung in dem streitgegenständlichen Fahrzeug objektiv sittenwidrig gehandelt hat. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Vorsatz der Beklagten hinsichtlich der etwaigen Unzulässigkeit der Steuerung der Abgasrückführung kann nicht angenommen werden, wenn zumindest die Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführung im Genehmigungsverfahren offengelegt worden und daraufhin die Typgenehmigung erteilt worden ist (ebenso OLG Koblenz, Az. 12 U 1263/20). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
5. Hat die zuständige Behörde in einem – wie hier – bestandskräftigen Verwaltungsakt dem Hersteller bescheinigt, dass das betreffende Fahrzeugmodell den einschlägigen Anforderungen entspricht, so sind die Zivilgerichte aufgrund der Tatbestandswirkung dieses Verwaltungsaktes gehindert, etwas anderes anzunehmen (ebenso BGH BeckRS 2015, 16319). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

10 O 358/19 2019-08-01 Endurteil LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 01.08.2019, Az. 10 O 358/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil sowie das vorbezeichnete Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum 18.04.2021 auf 66.400,00 €, danach auf 55.165 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 23.06.2017 bei einem selbstständigen Kraftfahrzeughändler in einen Pkw Mercedes-Benz V-Klasse 250 CDI, FIN, als Gebrauchtfahrzeug zum Preis von 66.400 € mit einem Kilometerstand von 32.630 km. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Euro 6) ausgestattet. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin des Fahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch. Erstinstanzlich hat er die Erstattung des gesamten Kaufpreises abzüglich einer näher zu beziffernden Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges gefordert. Daneben hat er die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten hinsichtlich der Rücknahme des Fahrzeugs sowie die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht.
Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, sein Fahrzeug sei mit einer illegalen Abschalteinrichtung im Sinne der Artikel 5 Abs. 2, 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehen, weil die Motorsteuerungssoftware die Abgasreinigung bezogen auf bestimmte Temperaturen nur im Testbetrieb optimal einstelle und eine gegenüber dem normalen Fahrbetrieb andere Funktionsweise vorliege (sog. “Thermofenster“). Hierdurch würden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte erzielt. Die Wirksamkeit der Abgasrückführung werde durch das „Thermofenster“ in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur verringert, wobei die Abgasreinigung bei den Temperaturen optimiert sei, bei denen die Abgaswerte geprüft würden. Auf diese Weise habe die Beklagte die Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erschlichen, die entsprechende Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware sei im Typgenehmigungsverfahren nicht offengelegt worden. Das Fahrzeug sei von einer Rückrufaktion des KBA gemäß Bescheiden vom 03.08.2018 und 23.05.2018 betroffen. Die Beklagte habe deshalb den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und das Fahrzeug sei mangelbehaftet. Der Schadensersatzanspruch des Klägers resultiere aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB i.V.m. § 31 BGB), Betrug (§ 263 StGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB) und aus einem Verstoß gegen §§ 6, 27 EG-FGV (i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klage sei unschlüssig, die Vorwürfe unsubstantiiert. Eine Manipulationssoftware liege nicht vor. Das Fahrzeug des Klägers sei nicht so gestaltet, dass sich das Emissionskontrollsystem auf der Straße unter normalen Betriebsbedingungen anders verhalte als auf dem Prüfstand. Der Rückruf des KBA enthalte nachträgliche Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung, wobei die Beklagte den nicht bestandskräftigen Bescheid aus mehreren Gründen für rechtswidrig halte und hiergegen Widerspruch erhoben habe. Das in der Folge entwickelte Softwareupdate für die Motorsteuerungssoftware sei vom KBA vollumfänglich freigegeben worden. Die erteilte Typgenehmigung sei weiterhin uneingeschränkt wirksam und von den Zivilgerichten zu beachten. Das streitgegenständliche Fahrzeug halte die Emissionswerte der maßgeblichen Abgasnorm Euro 6 ein. Welches Emissionsverhalten das Fahrzeug außerhalb der vorgeschriebenen Prüfbedingungen zeige, sei rechtlich nicht relevant, zumal es für die Unterschiede der Emissionswerte auf dem Prüfstand und im Straßenverkehr eine Vielzahl von Gründen gebe, weshalb auch keine irgendwie geartete Täuschung oder ein sonstiges deliktisches Verhalten der Beklagten vorliege. Die zur Verminderung der Stickoxidemissionen eingesetzte Technik der Abgasrückführung (AGR) müsse zum Schutz des Motors temperaturabhängig gesteuert werden. Von einem objektiv sittenwidrigen Verhalten der Beklagten oder einer Täuschung könne keine Rede sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten und der vor dem Landgericht zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils vom 01.08.2019 (Bl. 73 ff. d.A.) verwiesen.
Mit diesem Endurteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers folge weder aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV. Im Ergebnis könne offen gelassen werden, ob die von Seiten der Beklagten eingeräumte Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführung einen kaufrechtlichen Mangel darstelle, weil die Beklagte unstreitig nicht Verkäuferin des Fahrzeuges gewesen sei. Auch hat das Landgericht offengelassen, ob hinreichend substantiiert hinsichtlich einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorgetragen wurde. Jedenfalls scheitere der Anspruch daran, dass nicht von einer sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte ausgegangen werden könne. Eine zumindest vertretbare Auslegung des Gesetzes könne nicht als besonders verwerfliches Verhalten gewertet werden. Die Einordnung der temperaturabhängigen Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung allein sei nicht ausreichend. Erforderlich sei vielmehr, dass dies derart offenkundig sei, dass eine andere Auffassung kaum vertretbar erscheine und deshalb Beweggrund und Zweck des Einbaus einer solchen Funktion eine besonders verwerfliche Gesinnung offenbarten. Hiervon könne nicht ausgegangen werden, weil aufgrund von Schwierigkeiten bei der Auslegung der einschlägigen Normen es nicht unvertretbar sei, die temperaturabhängige Abgasrückführungsmechanik jedenfalls als ausnahmsweise zulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 anzusehen. Anders als beim Motor EA189 der VW AG würden vorliegend nicht Mittel gezielt eingesetzt, um den NEFZ-Zyklus zu erkennen, vielmehr erfolge eine Anpassung der Abgasrückführungsrate anhand der Außentemperatur mit dem Ziel des Motorschutzes. Im Übrigen handele es sich bei den angeführten Normen der EG-FGV nicht um Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, weil jene gerade nicht dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Endurteils verwiesen.
2. Dieses Endurteil ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12.08.2019 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 09.09.2019, beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen am selben Tag, hat der Kläger Berufung eingelegt, die er mit weiterem Schriftsatz vom 14.10.2019, eingegangen am selben Tag, begründet hat.
Der Kläger verfolgt seine erstinstanzlich abgewiesenen Anträge in vollem Umfang weiter, wobei ein Teil der Zinsansprüche nunmehr beziffert wird.
Zu Unrecht habe das Landgericht einen Anspruch aus § 826 BGB verneint. Insbesondere sei – unter sonstiger Aufrechterhaltung der bereits erstinstanzlich erhobenen Vorwürfe – die Bedeutung des angeordneten Rückrufes und des daraufhin entwickelten Softwareupdates falsch bewertet worden. Die schädigende Handlung der Beklagten liege im Verwenden einer gesetzeswidrigen Manipulationssoftware, wobei sie durch Verschweigen der Abschalteinrichtung gegenüber dem KBA scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich so die Typgenehmigung erschlichen habe.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren zunächst die Stellung folgende Anträge angekündigt:
Das am 01.08.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth – 10 O 358/19 wird geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 66.400 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.12.2018 Zug um Zug gegen Übergabe und Rückübereignung des Fahrzeuges Mercedes-Benz V 250 CDI, zu zahlen;
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 6219,47 € sowie weitere Zinsen aus einem Betrag in Höhe von 66.400 € in Höhe von 4 Prozentpunkten seit dem 15.10.2019 bis zur Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Für den Fall, dass der Antrag zu 1 Erfolg hat, beantragen wir festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. genannten Pkw in Annahmeverzug befindet;
4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3196,34 € freizustellen;
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger diese Anträge mit der Maßgabe gestellt, dass eine Nutzungsentschädigung sich nunmehr auf 11.234,74 € belaufe mit der Folge, dass die geltend gemachte Hauptsachesumme auf 55.165,26 € beziffert werde.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Berufung sei mangels einer vom Erstgericht begangenen Rechtsverletzung und zutreffend zugrunde gelegter Tatsachenbasis unbegründet. Eine Prüfstandserkennung wie in den VW-Verfahren existiere im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht. Die Verwendung eines sogenannten Thermofensters sei kein besonders verwerfliches Verhalten. Der im vorliegenden Fall erfolgte Rückruf durch das KBA sei gerade nicht ergangen, weil das KBA die temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems als unzulässig angesehen habe. Vielmehr habe das KBA lediglich eine optimierte Aussteuerung einer Funktionsweise des Emissionskontrollsystems gefordert. Eine prüfstandsbezogene Manipulation sei gerade nicht beanstandet worden. Der Rückruf habe mit dem von der Klägerseite gerügten „Thermofenster“ nichts zu tun, sondern beziehe sich lediglich auf die in bestimmten Betriebssituationen einzuführenden AdBlue-Mengen für den SCR-Katalysator. Auch habe die Beklagte die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung im Typgenehmigungsverfahren dem KBA gegenüber offengelegt, obwohl dies nach den zum damaligen Zeitpunkt geltenden Regelungen gar nicht habe offengelegt werden müssen. Die von verschiedensten Faktoren abhängige Steuerung der Abgasrückführung sei zum damaligen Zeitpunkt ein allseits anerkannter Industriestandard gewesen, der im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens für den Fahrzeugtyp des Klägers dem KBA gegenüber auch hinsichtlich der Arbeitsweise und der Temperaturabhängigkeit der Rückführungsrate benannt worden sei. Im Typgenehmigungsverfahren sei im Beschreibungsbogen auf ein konkretes Dokument Bezug genommen worden, in dem die Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführungssteuerung angegeben gewesen sei. Eine Beanstandung etwaig fehlender Informationen durch das KBA sei nicht erfolgt. Die vom Kläger monierten Abweichungen der Abgaswerte im realen Fahrbetrieb von denen auf dem Prüfstand seien systemimmanent und geradezu zwangsläufige Folge der vom Gesetzgeber – nicht von der Beklagten – normierten besonderen Prüfungsbedingungen. Sämtliche von der Klageseite vorgebrachten Anspruchsgrundlagen seien vom Landgericht zutreffend verneint worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Senat hat keinen Beweis erhoben.
II.
Die Berufung des Klägers gegen das seine Klage insgesamt abweisende Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 01.08.2019 ist zulässig, insbesondere genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen nach § 520 Abs. 3 ZPO. Mit der Rüge, das Landgericht habe die unter Beweis gestellten Behauptungen zu Unrecht als unerheblich unberücksichtigt gelassen sowie rechtliche Gesichtspunkte verkannt, hat der Kläger das Ersturteil in hinreichender Weise angegriffen.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts trifft auch unter Berücksichtigung des im zweiten Rechtszug erfolgten Vorbringens des Klägers zur angeblich unzulässigen Abschalteinrichtung in seinem Fahrzeug zu. Ein Kraftfahrzeug, in dem eine nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 der genannten VO installiert ist, ist mangelhaft im Sinne des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die Zulassungsbehörde besteht und damit dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung fehlt; dies gilt auch dann, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt Maßnahmen gegenüber dem Hersteller noch nicht gefordert hat (vgl. BGH NJW 2019, 1133). Ein hierauf gestützter Anspruch wird vom Kläger nicht geltend gemacht und kommt auch nicht in Betracht, weil er das Fahrzeug nicht von der Beklagten, sondern von einem rechtlich selbstständigen Händler erworben hatte.
2. Eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten als Herstellerin des Fahrzeuges, das Vorhandensein einer unerlaubten Abschalteinrichtung in dem vorbeschriebenen Sinn unterstellt, scheidet unter dem Gesichtspunkt eines Betruges (§ 263 StGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB) im Streitfall aus, weil der Kläger das Fahrzeug als Gebrauchtwagen bei einem selbstständigen Händler erworben hat und deshalb das Erfordernis der Stoffgleichheit nicht erfüllt ist (vgl. BGH NJW 2020, 2798, 2800 ff.).
3. Welche Auswirkungen der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf die Gültigkeit der von der Beklagten ausgestellten Übereinstimmungsbestätigung (Art. 18 Abs. 1, Art. 3 Nr. 36 der RL 2007/46/EG) hätte, kann dahinstehen. Die §§ 6, 27 EG-FGV sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB (BGH NJW 2020, 2798, 2799 f.).
4. Dem Kläger steht auch kein Anspruch aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu.
a) Spiegelt ein Automobilhersteller dem Kraftfahrt-Bundesamt zwecks Erlangung der Typgenehmigung mittels einer eigens zu diesem Zweck entwickelten Motorsteuerungssoftware wahrheitswidrig vor, dass die von ihm hergestellten Dieselfahrzeuge den maßgeblichen Stickoxid-Grenzwert einhalten, während die Motorsteuerungssoftware entsprechend ihrer Programmierung im normalen Fahrbetrieb ein anderes, hinsichtlich der Stickoxidreduktion weniger effizientes Verhalten des Emissionskontrollsystems bewirkt, so dass auch unter vergleichbaren Bedingungen die gesetzlichen Abgasgrenzwerte im normalen Fahrbetrieb überschritten werden, so haftet er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Fahrzeugkäufer gegenüber aus § 826 BGB, weil sein Verhalten als sittenwidrig zu qualifizieren ist (BGH NJW 2020, 1962). In solchen Fällen zielt er auf eine arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde im eigenen Kosten- und Gewinninteresse ab. Die das Sittenwidrigkeitsurteil rechtfertigende arglistige Vorgehensweise des Herstellers besteht bei einer solchen Fallgestaltung darin, dass er der Genehmigungsbehörde ein Verhalten des Emissionskontrollsystems vortäuscht, das im tatsächlichen Betrieb des Fahrzeuges nicht stattfindet, so dass die Ergebnisse der gesetzlichen Emissionsprüfung für die im wirklichen Fahrzeugbetrieb zu erwartenden Abgasemissionen keinerlei Aussagekraft haben, weil sich das Fahrzeug auch unter den Bedingungen, wie sie für den Prüfzyklus vorgeschrieben sind – wobei ein wesentliches Kriterium die Umgebungstemperatur darstellt -, im Betrieb auf der Straße anders verhält als in der Prüfungssituation, und zwar mit einer geringeren Wirksamkeit der zur Abgasvermeidung oder -reduzierung verwendeten Technik.
b) Dies vorausgesetzt hat das Landgericht vorliegend zu Recht einen Schadensersatzanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der temperaturabhängig gesteuerten Abgasrückführung (des sog. Thermofensters) verneint.
Zwar ist nicht streitig, dass die in dem streitgegenständlichen Fahrzeug zur Reduktion der NOx-Emissionen verwendete Technik der Abgasrückführung (AGR) nicht unter allen Betriebsumständen mit gleicher Intensität arbeitet und insbesondere eine Abhängigkeit von der Temperatur der Außenluft besteht. Nicht zweifelhaft ist auch, dass eine derartige Technik, die zur Verringerung der Fahrzeugemissionen bereits die Entstehung solcher Emissionen innermotorisch verringert, ebenso wie eine Einrichtung zu Abgasnachbehandlung unter den Begriff „Emissionskontrollsystem“ i.S.d. Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 715/2007 zu subsumieren ist (so ausdrücklich Urteil des EuGH vom 17.12.2020, Az: C-693/18). Die Ausführungen des EuGH in der genannten Entscheidung legen zudem nahe, dass dieses Gericht eine temperaturabhängige Steuerung der AGR als Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 715/2007 betrachtet, auch wenn dies nicht unmittelbar Gegenstand der Vorlagefragen und damit auch nicht Inhalt der Beantwortung dieser Vorlagefragen war. Angesichts der sehr engen Auslegung der Ausnahmetatbestände des Art. 5 Abs. 2 der genannten VO durch den EuGH mag die Abschalteinrichtung in Gestalt der temperaturabhängigen Steuerung der AGR auch als nicht zulässig zu bewerten sein.
Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Selbst wenn unterstellt wird, dass die temperaturabhängige Gestaltung der AGR eine nicht zulässige Abschalteinrichtung darstellt, folgt daraus noch nicht, dass die Beklagte mit der Verwendung dieser Einrichtung in dem streitgegenständlichen Fahrzeug objektiv sittenwidrig gehandelt hat. Dieser Auffassung, die bereits der Entscheidung des Senats vom 19.7.2019 (5 U 1670/18) zugrunde lag und die inzwischen von zahlreichen Oberlandesgerichten geteilt wird, hat sich nun auch der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 19.1.2021 (VI ZR 433/19, NJW 2021, 921) angeschlossen. Dabei hat der Bundesgerichtshof entscheidend darauf abgestellt, dass ein sogenanntes Thermofenster nicht zu einem unterschiedlichen Verhalten des Emissionskontrollsystems führt je nachdem, ob das Fahrzeug im Straßenverkehr bewegt wird oder ob es sich zur Emissionsmessung auf einem Rollenprüfstand befindet.
Bei der temperaturabhängigen Steuerung der AGR handelt es sich nicht um eine Einrichtung, die zu einem unterschiedlichen Verhalten des Emissionskontrollsystems je nachdem führt, ob das Fahrzeug sich auf einem Rollenprüfstand zur Emissionsprüfung befindet oder – unter sonst vergleichbaren Bedingungen – im wirklichen Straßenverkehr bewegt wird. Die Klägerin hat hierzu im Wesentlichen vorgetragen, die Wirksamkeit der Abgasrückführung werde durch das „Thermofenster“ in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur verringert, wobei die Abgasreinigung bei den Temperaturen optimiert sei, bei denen die Abgaswerte geprüft würden. Dies zugrunde gelegt, behauptet die Klägerin nicht, dass sich bei Umgebungstemperaturen, wie sie für die gesetzliche Emissionsprüfung vorgeschrieben sind, im Straßenbetrieb des Fahrzeuges ein anderes Verhalten des Emissionskontrollsystems einstelle als bei der Prüfung. Denn das Fahrzeug „erkennt“ die – vermeintliche – Prüfungssituation bei einer entsprechenden Außentemperatur auch im Straßenverkehr und verhält sich dann wie auf dem Prüfstand. Verhält sich das Fahrzeug aber in dieser Weise grundsätzlich bei gleichen Bedingungen im Fahrtbetrieb ebenso wie auf dem Prüfstand, mangelt es an einem objektiv sittenwidrigen Verhalten (BGH NJW 2021, 921, 923).
c) Damit wäre nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten nur gerechtfertigt, wenn zu dem Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt dabei zumindest voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, wobei insoweit der Kläger als Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast trägt, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt.
Ein solcher Vorsatz ist nicht feststellbar, weil unstreitig ist, dass die Beklagte im Genehmigungsverfahren die Abhängigkeit der Abgasrückführung von der Lufttemperatur gegenüber dem KBA durch Bezugnahme im Beschreibungsbogen sowie durch das beigefügte Funktionsschema des Emissionkontrollsystems offengelegt hat. Soweit die Klägerseite entsprechenden Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2021 als verspätet gerügt hat, kommt eine Zurückweisung nicht in Betracht, weil der Vortrag unbestritten und damit zugrunde zu legen ist und das Verfahren bei Berücksichtigung nicht verzögert. Entsprechender Vortrag findet sich bereits in der Berufungserwiderung vom 13.12.2019. Danach hatte die Beklagte konkret behauptet, die Abhängigkeit der Steuerung der Abgasrückführung von der Außentemperatur offengelegt zu haben. Demgegenüber hat der Kläger mit Schriftsatz vom 25.11.2020 lediglich auf eine Nichtmitteilung der Divergenz des Stickoxidausstoßes auf dem Prüfstand und im normalen Straßenverkehr abgestellt sowie darauf, dass „diese Verwendung“ habe offengelegt werden müssen. Auf den weiter konkretisierten Vortrag der Beklagten zur Offenlegung der Abhängigkeit der Abgasrückführung von der Lufttemperatur in der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2021 bezogen auf den Beschreibungsbogen und das den Typgenehmigungunterlagen beigefügte Funktionsschema des Emmisionskontrollsystems hat die Klägerseite demgegenüber nichts vorgetragen, sodass der Umstand gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 15.3.2021 (Az: 5 U 88/20) ausgeführt hat, kann ein Vorsatz der Beklagten hinsichtlich der etwaigen Unzulässigkeit der Steuerung der AGR nicht angenommen werden, wenn zumindest die Temperaturabhängigkeit der AGR im Genehmigungsverfahren offengelegt worden und daraufhin die Typgenehmigung erteilt worden ist (ebenso OLG Koblenz, Urteil vom 22.3.2021, 12 U 1263/20). Auch wenn die Einzelheiten der Steuerung der AGR hinsichtlich des Maßes der Absenkung der AGR-Rate in Abhängigkeit von der jeweiligen Temperatur und die Auswirkungen dieser Absenkung auf die Emissionen nicht im Detail im Genehmigungsverfahren offen gelegt worden sind, kann doch für das Kraftfahrt-Bundesamt nicht zweifelhaft gewesen sein, dass eine Variation der AGR-Rate auf Grund ihrer Temperaturabhängigkeit nicht ohne Auswirkung auf die Stickoxidemissionen bleiben konnte, dient doch die Einrichtung gerade der Verringerung dieser Emissionen. Hat sich das Kraftfahrt-Bundesamt gleichwohl nicht zu einer Nachfrage veranlasst gesehen, kann dies nur bedeuten, dass sich die Behörde durch die – nicht weiter detaillierte – Mitteilung der Temperaturabhängigkeit der AGR-Rate hinreichend unterrichtet gefühlt hat, so dass von einer Verschleierung oder gar Verheimlichung der Funktion des sogenannten Thermofensters nicht gesprochen werden kann (siehe dazu auch BGH, Beschluss vom 19.1.2021, a.a.O.).
Selbst wenn man den Umstand der Offenlegung zwischen den Parteien wegen eines zuvor erfolgten abweichenden Vortrages des Klägers nicht als zugestanden ansehen würde, hätte die Beklagte zuvor ihrer sekundären Darlegungslast zu den offengelegten Umständen gegenüber dem KBA genügt, sodass der Umstand der behaupteten Täuschung streitig und damit letztlich von der insoweit beweisbelasteten Klägerseite nachzuweisen wäre. Entsprechende Beweisangebote fehlen aber.
Im Übrigen ist erneut – wie schon im Urteil des Senats vom 15.3.2021, 5 U 88/20, ausgeführt – daraufhin hinzuweisen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Typgenehmigungserteilung für das streitgegenständliche Fahrzeugmodell die temperaturabhängige AGR von zahlreichen Fahrzeugherstellern eingesetzt wurde und dem Grundsatz nach von den Genehmigungsbehörden auch für zulässig gehalten wurde, zum anderen das Kraftfahrt-Bundesamt eine solche Einrichtung auch heute noch nicht für grundsätzlich unzulässig hält, sondern sogenannte Software-Updates, die eine AGR-Ratenabsenkung bei kälteren Umgebungstemperaturen beinhalten, genehmigt, wenn dabei die gesetzlichen Vorschriften erfüllt werden, also in den Typprüfungen der maßgebliche Grenzwert eingehalten wird (so ausdrücklich Kraftfahrt-Bundesamt, Wirksamkeit von Software-Updates zur Reduzierung von Stickoxiden bei Dieselmotoren, Stand 10.1.2020, Seite 14, abrufbar unter www.kba.de). Ob das Kraftfahrt-Bundesamt die aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Anlass nehmen wird, seine Genehmigungspraxis zu ändern, ist offen, für den Streitfall aber nicht von Bedeutung, da ein mehrere Jahre zurückliegendes Verhalten der Beklagten als Fahrzeugherstellerin zu beurteilen ist.
d) Der unstreitig vorliegende Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes bezüglich des klägerischen Fahrzeuges ändert an dieser Sichtweise nichts. Denn – ebenfalls unstreitig – erfolgte der Rückruf hier gerade nicht wegen einer vermeintlichen Unzulässigkeit des Emissionskontrollsystems bezogen auf die gerügte Funktion der Temperaturabhängigkeit der Emissionskontrolle („Thermofenster“). Vielmehr lag eine Forderung nach optimaler Aussteuerung der Funktionsweise bezogen auf die AdBlue-Zuführung des SCR-Katalysators zugrunde, welcher in seiner unmittelbaren Funktion – mit Ausnahme der temperaturabhängigen Steuerung – nicht Gegenstand der Klage ist. Nach dem insoweit konkretisierten und durch die Vorlage der Bescheide (Anlagen BB7 und BB8) auch belegten Vortrag der Beklagten genügte ein pauschales Bestreiten im letzten Schriftsatz der – insoweit auch primär darlegungs- und beweisbelasteten – Klägerseite nicht (§ 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO). Soweit der das streitgegenständliche Fahrzeug betreffende Rückruf des KBA bezogen auf den Betrieb des SCR-Katalysators von einer unzulässigen Emissionsstrategie ausgeht, genügt dies nach dem Gesagten allein noch nicht für die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB durch die Beklagte. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit wäre nur gerechtfertigt, wenn zu dem Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließe. Entsprechender Vortrag fehlt hinsichtlich der unmittelbaren Funktionsweise des SCR-Katalysators, insbesondere ist nicht vorgetragen, dass insoweit Informationen gegenüber der Genehmigungsbehörde pflichtwidrig zurückgehalten oder selbige aktiv getäuscht wurden. Soweit die Temperaturabhängigkeit der Emissionskontrolle insgesamt und damit auch der Abgasnachbehandlung mittels Katalysator Gegenstand des Klagevorwurfs ist, ist eine objektive Sittenwidrigkeit vorliegend aufgrund der prinzipiell im Realbetrieb unter vergleichbaren Bedingungen ebenso gegebenen Funktionsweise und der Offenlegung der Temperaturabhängigkeit des Emissionskontrollsystems im Genehmigungsverfahren nicht gegeben (s.o.).
Da im Streitfall das Fahrzeug nicht von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes wegen Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung bezogen auf das gerügte „Thermofenster“ betroffen ist, muss der Senat insoweit zudem die von der Beklagten angeführte Tatbestandswirkung der Typgenehmigung beachten. Die EG-Typgenehmigung stellt einen Verwaltungsakt gegenüber dem Fahrzeughersteller dar, mit dem diesem bestätigt wird, dass der zur Prüfung vorgestellte Typ eines Fahrzeuges die einschlägigen Vorschriften und technischen Anforderungen erfüllt (§ 2 Nr. 4 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung). Da zu diesen Vorschriften auch Art. 5 der VO (EG) Nr. 715/2007 gerechnet werden muss, umfasst die Bestätigung der Vorschriftsmäßigkeit auch die Feststellung der Vorschriftsmäßigkeit im Hinblick auf die Emissionen. Hat aber die zuständige Behörde in einem – wie hier – bestandskräftigen Verwaltungsakt dem Hersteller bescheinigt, dass das betreffende Fahrzeugmodell den Anforderungen entspricht, so sind die Zivilgerichte aufgrund der Tatbestandswirkung dieses Verwaltungsaktes gehindert, etwas anderes anzunehmen (BGHZ 73, 114; BGH NJW 1998, 3055; BGHZ 158, 19; BGH NVwZ-RR 2008, 154 und NVwZ-RR 2010, 272; BGHZ 205, 195). Mit der Tatbestandswirkung der hinsichtlich der hier gerügten AGR-Steuerung auch nicht nachträglich – durch Nebenbestimmungen – eingeschränkten Typgenehmigung wäre nicht zu vereinbarem, wenn der Senat annähme, die Beklagte habe dem Kläger gegenüber mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeuges, das einem genehmigten Typ entspricht, gegen die guten Sitten verstoßen, weil das Fahrzeug mit einer nicht zulässigen Abschalteinrichtung versehen sei, die der Erteilung der Genehmigung entgegengestanden hätte (so auch OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 7.8.2019, 7 U 626/19; OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 27.12.2020, 5 U 295/19; KG, Urteil vom 18.2.2020, 14 U 74/19; s.a. Urteil des Senats vom 15.3.2021, 5 U 88/20). Deshalb verbietet sich auch eine Beweiserhebung, die zum Ziel hätte, festzustellen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist.
Mangels einschlägiger Anspruchsgrundlage für den Hauptanspruch hat das Landgericht zutreffend auch die Folgeansprüche auf Zinsen, Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und auf Feststellung des Annahmeverzuges verneint.
III.
Da die Berufung des Klägers somit insgesamt unbegründet ist, weist der Senat selbige mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurück.
Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs inzwischen geklärt. Im Übrigen weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung anderer Obergerichte ab.


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