Europarecht

Nutzung einer Quelle zur Trinkwasserversorgung

Aktenzeichen  RN 8 K 16.798

Datum:
6.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 144936
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 3 Nr. 10, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 12, § 100 Abs. 1 S. 2
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1, § 114 S. 1
BayWG Art. 58 Abs. 1 S. 2
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

1 Der Begriff der schädlichen Gewässerveränderung iSd § 3 Nr. 10 WHG eröffnet einen behördlichen Beurteilungsspielraum. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Beeinträchtigung ist dann iSd § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG zu erwarten, wenn sie nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln wahrscheinlich ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3 Um eine Quelle zur Trinkwasserversorgung zu nutzen, ist es nicht erforderlich, dass diese zu 100% den Wasserbedarf abdeckt. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Soweit sich die Klage ursprünglich auch auf die Aufhebung der Ziffer 4 des Bescheids des Landratsamts P. vom 2. Mai 2016 bezogen hat, wird das Verfahren eingestellt.
II. Der Bescheid des Landratsamts P. vom 2. Mai 2016 wird in den Ziffern 1 bis 3 aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet über den Antrag auf wasserrechtliche Gestattung vom 20. April 2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
III. Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10 zu tragen.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der ursprünglich auch begehrten Aufhebung der Ziffer 4 des Bescheids des Landratsamts P. vom 2. Mai 2016 zurückgenommen wurde, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Die Einstellung des Verfahrens ist unanfechtbar.
II.
Soweit die Klage im Übrigen aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig und begründet.
1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) bezüglich des Antrags auf Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis vom 20. April 2015, weil ein zwingender Versagungsgrund nicht besteht (vgl. unten a)) und eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten nicht vorliegt (vgl. unten b)).
Vorliegend soll Grundwasser aus der Quelle G. entnommen und zum Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt werden. Das Entnehmen, Zutagefördern und Ableiten von Grundwasser stellt eine Benutzung im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG dar, für die gemäß § 8 Abs. 1 WHG eine Erlaubnis erforderlich ist. Nach § 12 Abs. 1 WHG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn 1. schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare, und nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder 2. andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden. Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis gemäß § 12 Abs. 2 WHG im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde.
a) Zwingende Versagungsgründe, insbesondere schädliche Gewässerveränderungen gemäß § 3 Nr. 10 WHG, sind vorliegend nicht zu erwarten.
Bei dem Begriff der schädlichen Gewässerveränderung handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff; ein Beurteilungsspielraum besteht insbesondere wegen der entscheidenden Bedeutung des dem Begriff innewohnenden „Wohles der Allgemeinheit“ nicht (vgl. Czychowsky/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, Rn. 18 zu § 12 WHG). Die Beeinträchtigung muss „zu erwarten“ sein, eine bloß entfernte Möglichkeit einer Gefährdung genügt nicht, andererseits ist aber eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit nicht erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 31.3.2001 – 15 B 96.1537 – juris Rn. 45, 55). Zu erwarten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG ist die Beeinträchtigung dann, wenn sie nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln wahrscheinlich ist.
Vorliegend ergibt die danach vorzunehmende Prognose über die zu erwartenden Auswirkungen der Nutzung der Quelle G. zum Zwecke der Trinkwasserversorgung keinen Versagungsgrund. Selbst wenn die Nutzung des Grundwassers aus der Quelle G. als Trinkwasser mit gesundheitlichen Gefahren verbunden wäre, wie es die Beklagtenseite vorgetragen hat, so würden diese Gefahren durch nutzungsunabhängige Verunreinigungen des genutzten Grundwassers entstehen. Die Benutzung des Grundwassers an sich würde hingegen nicht zu einer schädlichen Grundwasserveränderung führen. Das Vorliegen eines zwingenden Versagungsgrundes wurde von den Beteiligten auch nicht vorgetragen. Insoweit kann auch auf die von den Verfahrensbeteiligten übereinstimmend abgegebene Einschätzung, dass Versagungsgründe im Sinne des § 12 Abs. 1 WHG für die streitgegenständlichen Maßnahmen nicht vorliegen, verwiesen werden.
b) Die demnach im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen, § 12 Abs. 2 WHG) des Beklagten stehende Entscheidung wurde auch nicht ermessensfehlerfrei getroffen, § 114 Satz 1 VwGO, und eine Heilung nach § 114 Satz 2 VwGO – soweit eine solche vorliegend überhaupt in Betracht käme – hat nicht stattgefunden.
Die getroffene Ermessensentscheidung des LRA ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Die Kontrolle des Gerichts hat sich nach § 114 Satz 1 VwGO darauf zu beschränken, ob vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist und die rechtlichen Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind. Das Gericht prüft dabei, ob die entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend ermittelt und die rechtlichen Bindungen des Ermessens gewahrt worden sind. Nicht zu prüfen ist, ob eine andere Lösung zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2014 – 10 B 13.715 – juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 22.1.2013 – 10 B 12.2008 – juris Rn. 43).
Vorliegend war die Ermessensentscheidung des LRA fehlerhaft, da das LRA von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist.
aa) Unabhängig von der Frage, ob vorliegend ein Wasserschutzgebiet hätte ausgewiesen werden können, ist das LRA fälschlicherweise davon ausgegangen, dass eine wasserrechtliche Gestattung nicht erteilt werden kann, wenn ein entsprechendes Wasserschutzgebiet nicht ausgewiesen werden kann. Diese Annahme trifft jedoch nicht zu. Wenn eine andere Möglichkeit des Schutzes des Grundwassers besteht, kann auch von der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets abgesehen werden (BVerwG B.v. 30.9.1996 – 4 NB 31/96, 4 NB 32/96 – juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 6.10.2015 – 8N 13.1281 u.a. – juris Rn. 21). Das LRA vermengt insoweit die Voraussetzungen für die Festsetzungen eines Wasserschutzgebietes mit den Voraussetzungen für die Erteilung einer wasserrechtlichen Gestattung. Darüber hinaus stützt das LRA seine Ermessensentscheidung auch auf die Stellungnahme des WWA vom 4. Dezember 2015, in welcher das WWA ebenfalls die rechtsfehlerhafte Auffassung vertritt, dass die beantragte Gestattung nur erteilt werden kann, wenn das ebenfalls vorgeschlagene Wasserschutzgebiet ausgewiesen werden kann.
bb) Des Weiteren stützt das LRA die Ablehnung der beantragten wasserrechtlichen Gestattung in rechtsfehlerhafter Weise auf das Fehlen eines zweiten Standbeins für die Trinkwasserversorgung der Klägerin. Um eine Quelle zur Trinkwasserversorgung zu nutzen, ist es nicht erforderlich, dass diese zu 100% den Wasserbedarf abdeckt (vgl. BayVGH U. v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749, im vom BayVGH entschiedenen Fall sichert die Quelle nur 50% ab). Zudem ist zu berücksichtigen, dass das LRA selbst nur ein zweites Standbein fordert. Durch ein zweites Standbein soll eine leistungsfähige Ersatzversorgung geschaffen werden, für den Fall, dass es zu Störungen der bereits bestehenden Wassergewinnungsanlage kommt (s. u.a. S. 28 des Bescheids vom 2. Mai 2016). Das bereits bestehende erste Standbein kann nach dieser Forderung des LRA damit grundsätzlich weitergenutzt werden. Insoweit verhält sich das LRA widersprüchlich, wenn es einerseits nur ein zweites Standbein neben dem bereits bestehenden ersten Standbein fordert, andererseits aber die Weiternutzung des ersten Standbein durch die Versagung einer entsprechenden wasserrechtlichen Gestattung mit dem Verweis auf ein fehlendes zweites Standbein, verhindert. Will das LRA an seiner Forderung eines zweiten Standbeins nicht mehr festhalten, sondern die Schaffung einer gänzlich alternativen Trinkwasserversorgung anordnen, hat das LRA dies gegenüber der Klägerin klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen.
cc) Die Entscheidung des LRA ist auch insoweit in sich widersprüchlich, als es die wasserrechtliche Gestattung u.a. aufgrund eines angeblich bestehenden Gefährdungspotentials der Nutzung der Quelle G. zur Trinkwasserversorgung für die Einwohner der Klägerin ablehnt, zugleich aber eine Allgemeinverfügung erlässt, durch die der Schutz des Wassers nach Ansicht des LRA, zumindest vorübergehend, gewährleistet wird und eine Nutzung als Trinkwasser bedenkenlos möglich ist. Kommt das LRA zu dem Ergebnis, dass eine Nutzung der Quelle zur Trinkwasserversorgung, z.B. aufgrund einer erlassenen Allgemeinverfügung, zumindest vorübergehend möglich ist, kann eine beantragte wasserrechtliche Gestattung nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass eine (vorübergehende) Trinkwassernutzung aufgrund eines bestehenden Gefährdungspotentials nicht möglich sei. Wie der Schutz des Trinkwassers erreicht wird, ob durch eine Allgemeinverfügung, die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets oder durch Anordnungen gegenüber demjenigen, von dem die Gefährdung für das Grundwasser ausgeht, ist insoweit unerheblich (vgl. auch bereits oben unter aa)).
dd) Das LRA handelt außerdem ermessensfehlerhaft, indem es die beantragte wasserrechtliche Gestattung ablehnt und eine weitere Nutzung ohne wasserrechtliche Gestattung erlaubt (vgl. Ziffer 3 des Bescheids vom 2.5.2016). Das LRA ermöglicht so eine formell illegale Gewässernutzung. Eine wasserrechtliche Erlaubnis kann auch nur für einen vorübergehenden Zeitraum erteilt werden, so wie sie das LRA auch im Rahmen des Markierungsversuches für die Quellen S. I und II mit Bescheid vom 3. März 2017 erteilt hat. Es stellt ein rechtswidriges Verhalten seitens des LRA dar, eine beantragte Gestattung zwar förmlich abzulehnen und eine Nutzungsuntersagung auszusprechen, dann aber genau das zunächst beantragte Verhalten ohne wasserrechtliche Gestattung zu ermöglichen bzw. sogar anzuordnen.
ee) Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt und ohne dass eine Aussage dazu getroffen werden kann, ob im vorliegenden Fall das durch die Klägerin vorgeschlagene Wasserschutzgebiet grundsätzlich festgesetzt werden kann, hat das LRA auch diesbezüglich, das ihm zustehende Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Das LRA geht bei der Frage, ob ein Wasserschutzgebiet festgesetzt werden kann wiederum von falschen rechtlichen Vorgaben aus bzw. stützt seine Entscheidung, dass die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets nicht möglich ist, auf rechtsfehlerhafte Aussagen des WWA.
Die Schutzfähigkeit eines Wasservorkommens ist mit Blick auf das geplante Wasserschutzgebiet zu prüfen (vgl. BayVGH U.v. 1.8.2011 – 22 N 09.2729 – juris Rn. 35 (strittiges Wasserschutzgebiet)), d.h. die Wasserschutzgebietsverordnung muss so gestaltet werden, dass eine ausreichende Schutzwirkung besteht. Wenn aus Sicht des WWA die Hofstelle im Einzugsgebiet liegt und Einwirkungen auf das zu schützende Gebiet gegeben sind, dann muss bzw. darf die Hofstelle ins Wasserschutzgebiet einbezogen werden (vgl. BayVGH U.v. 1.8.2011 – 22 N 09.2729 – juris Rn. 39), insoweit sind die Planunterlagen der Klägerseite lediglich als Vorschlag an das LRA zu werten. Das LRA kann entsprechende Anpassungen vornehmen, falls dies erforderlich ist. Das WWA und das LRA legen der Prüfung der Schutzfähigkeit zugrunde, dass sich der Betreiber der Hofstelle nicht an die Vorgaben einer entsprechenden Schutzgebietsverordnung halten wird und deswegen ein entsprechendes Schutzgebiet nicht ausgewiesen werden kann. Dafür, dass sich der Betreiber der Hofstelle nicht an die Vorgaben einer künftigen Wasserschutzgebietsverordnung halten wird, gibt es jedoch keine konkreten Anhaltspunkte. Zudem würde ein solches mögliches künftiges Verhalten nicht die grundsätzliche Schutzfähigkeit der Quelle ausschließen, denn wie bereits oben dargelegt, ist die Schutzfähigkeit mit Blick auf das geplante Wasserschutzgebiet zu prüfen. Dies bedeutet auch, dass der Prüfung grundsätzlich ein rechtmäßiges Verhalten der von der Verordnung Betroffenen zugrunde zu legen ist. Falls ein von der Verordnung Betroffener nach Festsetzung eines entsprechenden Wasserschutzgebiets tatsächlich die Vorgaben der Wasserschutzgebietsverordnung nicht befolgt, hat das LRA die Möglichkeit ihm gegenüber entsprechende Anordnungen zu treffen, wie es das LRA u.a. mit Bescheid vom 10. Oktober 2017 gegenüber dem Betreiber der Hofstelle getan hat.
Auch in Bezug auf die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets und seinen Zonen geht das LRA von falschen rechtlichen Voraussetzungen aus. Anders als vom LRA vorgetragen, kann sich die Wasserrechtsbehörde bei einer näheren Abgrenzung des Schutzgebiets und seiner Zonen mit wissenschaftlich fundierten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügen, wenn eine genaue Abgrenzung nicht mit zumutbarem Aufwand festgelegt werden kann (st. Rspr. BayVGH, vgl. nur BayVGH U.v. 1.8.2011 – 22 N 09.2729 – juris Rn. 39; BayVGH U.v. 26.6.2002- 22 N 01.2625 – juris Rn. 27; BayVGH U.v. 25.1.2008 – 22 N 04.3471 – juris Rn. 28; BayVGH, U.v. 6.10.2015 – 8N 13.1281 u.a. – juris Rn. 21; BayVGH U.v. 20.5.2009 – 22 N 07.1775 – juris Rn. 14).
Zudem gilt es zu beachten, dass auch wenn eine Quelle derzeit durch ein Wasserschutzgebiet nicht in jeder Hinsicht in vollem Umfang schutzfähig ist bzw. wenn Trinkwasservorkommen nicht in jeder Hinsicht in vollem Umfang vor abstrakter Gefährdung wirksam auf Dauer geschützt werden können, dies nicht ausschließt, dass das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung dieses Wasserschutzgebiets gleichwohl erfordert (vgl, BayVGH, U.v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625 – Rn. 17; BayVGH U.v. 25.1.2008 – 22 N 04.3471 – juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749 – Rn. 25; BayVGH U.v. 29.12.11 -22 N 08.190 – juris Rn. 46). Das LRA hat dann zu prüfen, ob gleichermaßen geeignete, für Grundstückseigentümer weniger belastende Alternativlösungen bestehen, die auch der Klägerin zumutbar wären, insbesondere ohne erheblichen Aufwand verwirklicht werden könnten (BayVGH U.v. 26.6.2002- 22 N 01.2625 – juris Rn 20; BayVGH U.v. 25.1.2008 – 22 N 04.3471 – juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 30.7.2010 – 22 N 08.2749 – Rn. 33). Vorliegend führte das LRA, wie auch das WWA, mehrfach aus, dass momentan keine Alternativen zur Trinkwasserversorgung des Gemeindegebiets der Klägerin bestehen. Die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes wäre demnach grundsätzlich auch möglich, wenn die Quelle nicht in vollem Umfang durch das festzusetzende Wasserschutzgebiet geschützt werden kann.
2. Auch hinsichtlich der Ziffern 2 und 3 des Bescheids des LRA vom 2. Mai 2016 ist die Klage erfolgreich.
Der Bescheid des LRA vom 2. Mai 2016 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Rechtsgrundlage für beide Anordnungen ist § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG. Danach ordnet das LRA nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen sicherzustellen, die nach oder aufgrund von Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Sowohl in Bezug auf Ziffer 2 als auch in Bezug auf Ziffer 3 des Bescheids vom 2. Mai 2016 handelte das LRA ermessensfehlerhaft, da es wiederum von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist.
b) Die Untersagung der Weiternutzung der Quelle G. zum Zwecke der Trinkwassernutzung in Ziffer 2 mit Wirkung vom 31. Dezember 2018 des Bescheids vom 2. Mai 2016 ist dabei unmittelbar mit der Versagung der beantragten wasserrechtlichen Gestattung verbunden, da die Untersagung der Weiternutzung auf die fehlende wasserrechtliche Gestattung gestützt wird. Insoweit liegen die gleichen Ermessensfehler des LRA vor, wie in Bezug auf Ziffer 1 des Bescheids vom 2. Mai 2016 (vgl. oben unter 1.).
c) In Bezug auf Ziffer 3 des Bescheids vom 2. Mai 2016 handelte das LRA ebenfalls ermessensfehlerhaft, indem es die weitere Nutzung der Quelle G. zu Trinkwasserzwecken ohne wasserrechtliche Gestattung erlaubt (vgl. Ziffer 3 des Bescheids vom 2.5.2016). Das LRA ermöglicht so eine formell illegale Gewässernutzung. Eine wasserrechtliche Erlaubnis kann auch nur für einen vorübergehenden Zeitraum erteilt werden, so wie sie das LRA auch im Rahmen des Markierungsversuches für die Quellen S. I und II mit Bescheid vom 3. März 2017 erteilt hat. Es stellt ein rechtswidriges Verhalten seitens des LRA dar, eine beantragte Gestattung zwar förmlich abzulehnen und eine Nutzungsuntersagung auszusprechen, dann aber genau das zunächst beantragte Verhalten ohne wasserrechtliche Gestattung zu ermöglichen bzw. sogar anzuordnen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Ziffer 13.3.3 der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) bei einer Entnahme von 5.000 m³ bis weniger als 100.000 m³ Grundwasser eine standortbezogene Umweltverträglichkeitsvorprüfung durchzuführen ist, wenn durch die Gewässerbenutzung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf grundwasserabhängige Ökosysteme zu erwarten sind.
Nach allem war der Klage daher stattzugeben, soweit sie aufrechterhalten wurde.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung im Kostenpunkt war gemäß § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708ff ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.


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