Europarecht

Rechtsanwaltskosten, Berufung, Darlehensvertrag, Fahrzeug, Annahmeverzug, Kaufpreis, Bank, Feststellungsklage, Feststellung, Feststellungsinteresse, Pflichtverletzung, Nutzung, Freistellung, Verfahren, Zug um Zug, Anspruch auf Feststellung, kein Anspruch

Aktenzeichen  21 U 98/20

Datum:
10.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 55564
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

72 O 551/19 2019-12-05 LGINGOLSTADT LG Ingolstadt

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 05.12.2019, Az. 72 O 551/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 67.700,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Audi 3.0 TDI, mit 240 kW. Käuferin des Fahrzeugs war zu einem Kaufpreis von 78.700 € zunächst die D. T. GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger war. Mit Kaufvertrag vom 20.01.2017 erwarb er das Fahrzeug persönlich für 59.661,35 € (Anlage K 8). Das Fahrzeug ist finanziert und sicherungsübereignet (Anlagen K 3, 4). Die Laufzeit der Finanzierung beträgt 54 Monate.
Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs und des Motors. Das Fahrzeug ist mit einem 3.0 Liter 6-Zylinder Dieselmotor der Schadstoffklasse Euro 6plus ausgestattet. Die Abgasreinigung erfolgt über die Abgasrückführung und einen SCR-Katalysator, der AdBlue verbraucht. Der Motor war von einer verpflichtenden Rückrufaktion des Kraftfahrtbundesamts (im Folgenden KBA) im Hinblick auf den Warmlaufmodus betroffen (vgl. Anschreiben der Beklagten vom 14.01.2019, Anlage K 7). Der Kläger hat das vom KBA freigegebene Update im 29.04.2019 aufspielen lassen. Im Rahmen einer freiwilligen Serviceaktion wird bei den Fahrzeugen des Typs der aktuelle NOx-Sensor durch einen moderneren ersetzt.
Der Kläger hat zunächst einen Feststellungsantrag gestellt und begründet diesen damit, dass die einzelnen Schadenspositionen noch nicht feststünden. In der Sache trägt er im Wesentlichen vor, das Fahrzeug sei mit manipulierter Software ausgestattet. Das Fahrzeug verfüge über eine Aufheizstrategie, die den SCR-Katalysator schnell auf Betriebstemperatur bringe, was im Straßenverkehr abgeschaltet werde. Die Software erkenne dies durch den Lenkwinkeleinschlag. Zudem sei in dem Fahrzeug ein Thermofenster (volle Funktion zwischen 17 und 30° C) verbaut, das ebenfalls eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle. Die AdBlue-Dosierung sei zu gering und werde lediglich auf dem Rollenprüfstand erhöht. Das Fahrzeug verfüge über eine Lenkwinkelerkennung. Ohne Lenkwinkeleinschlag seien die Schaltpunkte des Getriebes höher als nach einem Lenkradeinschlag. Dies führe zu einem niedrigeren Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Zudem gebe das OBD-System keine Hinweise darauf, dass die Abgasreinigung nicht korrekt funktioniere. Die Beklagte, der eine sekundäre Darlegungslast obliege, habe vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt.
Der Klagepartei sei hierdurch ein Schaden entstanden. Der Klagepartei stünden mithin deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche zu. Weiter mach sie Ausführungen zur Nutzungsentschädigung und zu deliktischen Zinsen.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten. Sie bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers. Der Rückruf des KBA betreffe die Konditionierung des Warmlaufmodus. Es werde lediglich eine vorhandene Funktion ausgeweitet und keine neue geschaffen. Negative Folgen habe das Software-Update nicht. Es könne zu einem geringfügigen Mehrverbrauch an AdBlue kommen. Unzutreffend sei allerdings der Vortrag des Klägers, es komme während des Durchfahrens des NEFZ zu einer höheren AdBlue-Einspritzung. Ein Thermofenster stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Das Automatikgetriebe schalte auf dem Prüfstand in den Warmlaufmodus, während im Straßenbetrieb, der durch den Lenkwinkeleinschlag erkannt werde, das Dynamische Schaltprogramm (DSP) aktiv sei. Dies sei aber nicht emissionsrelevant. Im Übrigen bestreitet sie eine Täuschung, eine etwaige Kausalität und einen Schaden des Klägers.
Mit Verfügung vom 30.07.2019 (Bl. 99 d.A.) wies das Gericht darauf hin, dass es der Feststellungsklage am Feststellungsinteresse fehlen könnte und beraumte Termin für den 23.10.2019 an.
Am 22.10.2019 ging um 23:56 Uhr ein Schriftsatz der Klagepartei bei Gericht ein, in dem diese weitere Anträge ankündigt, jedoch ohne inhaltliche Ausführungen hierzu.
In der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2019 (vgl Protokoll der mündlichen Verhandlung Bl. 136 ff d.A.) wurde der Kläger angehört. Das Gericht wies darauf hin, dass die hilfsweise gestellten Anträge des Klägers nicht nachvollziehbar seien, insbesondere nicht ersichtlich sei, woraus sich die Forderung von 22.280,96 € ergebe.
Beide Parteien beantragten Schriftsatzfrist, eine Schriftsatzfrist wurde jedoch nur dem Beklagtenvertreter gewährt. Mit Schriftsatz vom 28.11.2019 hat der Kläger die im Hilfsantrag genannte Summe (22.280,96 €) erklärt.
Mit Urteil vom 05.12.2019 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Hauptantrag zu 1. sei schon unzulässig. Der Hilfsantrag zu 1. sei unschlüssig, weil auf Grund des bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gebrachten Tatsachenvortrags nicht nachvollziehbar sei, woraus sich der beantragte Betrag ergibt. Der Schriftsatz der Klagepartei vom 28.11.2019 sei gemäß § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen und gebe auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Außerdem wäre entsprechendes Vorbringen nach § 296 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Die Verspätung sei infolge grober Nachlässigkeit eingetreten. Mangels Hauptanspruchs bestehe auch kein Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs und auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Hinsichtlich der Urteilsgründe im Einzelnen wird auf das Urteil verwiesen. Auch hinsichtlich der festgestellten Tatsachen wird auf das Urteil Bezug genommen, § 540 ZPO.
Der Kläger hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Er wendet sich gegen die Zurückweisung des Feststellungsantrags als unzulässig und zitiert hierzu ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18.07.2019, Az. 17 U 160/18. Aus dem als Anlage K9 vorgelegten Bescheid des KBA ergäben sich die gerügten unzulässigen Abschalteinrichtungen Zur Abweisung der Hilfsanträge sei lediglich ein Hinweis im Termin erfolgt. Trotz Antrags sei dem Kläger fehlerhaft ein Schriftsatznachlass verwehrt worden. Der Antrag habe sich im Übrigen schon aus der Klage ergeben. Dort sei die Anzahl der Darlehenszahlungen aufgeführt. Das Landgericht habe auch keine Sachentscheidung über die weiteren Hilfsanträge getroffen. Angesichts der unstreitig gegebenen unzulässigen Abschalteinrichtung hätte das Gericht ein zusprechendes Urteil fällen müssen.
Zudem habe das Landgericht alle Beweisangebote des Klägers übergangen und die Anforderungen an die Substantiierungspflicht überspannt.
Der Kläger beantragt
Auf die Berufung wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt, Az. 72 O 551/19 wie folgt abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die aus dem Kauf des Fahrzeugs Audi A7 Competition mit der Fahrgestellnummer … aufgrund des unzulässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung entstanden sind und entstehen werden.
Für den Fall der Unbestimmtheit wird beantragt,
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu leisten, die aus der Installation derjenigen Software der Motorsteuerung des in dem hier in Streit stehenden Fahrzeug verbauten Motor EA 897 resultieren, bei denen es sich nach Ansicht des Kraftfahrtbundesamtes gemäß Bescheid vom 01.12.2017 (Anlage K9) um unzulässige Abschalteinrichtungen handelt.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.196,34 € freizustellen.
Hilfsweise wird beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs Audi A7 mit der Fahrgestellnummer … und Zahlung einer von der Beklagten noch darzulegenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer … einen Betrag in Höhe von 22.280,96 € zu zahlen und von einem Betrag in Höhe von 45.419,76 € gegenüber der D. Bank freizustellen nebst Zinsen aus dem Gesamtbetrag von 67.700,72 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
2. Es wird festgestellt dass sich die Beklagte spätestens seit dem 24.01.2019 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die aus dem Kauf des Fahrzeugs Audi A7 mit der Fahrgestellnummer … aufgrund der falschen Abgaswerte sowie einer installierten Manipulationssoftware entstanden sind und entstehen werden.
4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.196,34 € freizustellen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von allen Ansprüchen der A. Bank aus dem Darlehensvertrag vom 13.01.2017 mit der Vertragsnummer … freizustellen.
Vorsorglich und hilfsweise wird beantragt,
Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt wird aufgehoben, der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Ingolstadt zurückverwiesen.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Sie hält die Entscheidung des Landgerichts für zutreffend. Die Berufung sei schon nicht zulässig. Der Feststellungsantrag sei unzulässig und bereits nicht ausreichend bestimmt. Mit der tragenden Erwägung des Landgerichts zur Bestimmtheit setze sich die Berufungsbegründung nicht hinreichend auseinander. Auch fehle es am Feststellungsinteresse. Eine Haftung der Beklagten bestehe nicht, Verfahrensfehler habe das Landgericht nicht begangen. Für eine Beweisaufnahme sei der Vortrag des Klägers nicht hinreichend substantiiert. Es fehle auch am Vortrag der subjektiven Haftungsvoraussetzungen. Der Einsatz eines Thermofensters sei nicht sittenwidrig.
Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 31.03.2021 (Bl. 238 d.A.) und vom 06.04.2021 (Bl. 240 d.A.) der Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Der Senat hat mit Beschluss vom 08.04.2021 das schriftliche Verfahren angeordnet und bestimmt, dass Schriftsätze bis zum 30.04.2021 eingereicht werden können.
Die Klagepartei hat innerhalb verlängerter Frist bis 05.05.2021 keine Stellungnahme einreicht. Eine weitere Fristverlängerung wurde nicht gewährt.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.04.2021 (Bl. 246/276 d.A.) Stellung genommen. Sie ist der Auffassung, der Feststellungsantrag sei unzulässig. Das Fahrzeug sei zwar von einem Rückruf betroffen, eine sittenwidrige Schädigung des Klägers liege jedoch nicht vor. Sie führt dies im Einzelnen aus. Auf den Schriftsatz wird verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat den Feststellungsantrag zutreffend als unzulässig abgewiesen. Dabei hat es die Unbestimmtheit des Klageantrags gerügt und das Feststellungsinteresse verneint.
a. Der Antrag Ziffer 1 ist zu unbestimmt, weil sich aus ihm nicht ergibt, welche unzulässige Abschalteinrichtung er rügt. So hat er selbst mit der Klage, dort S. 5 vorgetragen, dass das Fahrzeug mit „zumindest einer der folgenden illegalen Abschalteinrichtung ausgestattet“ ist. Der Antrag lässt die konkrete Abschalteinrichtung offen. Es muss nach dem Antragswortlaut nicht einmal zwingend eine bei Kauf vorhandene Abschalteinrichtung gemeint sein, denn vielfach wird auch vorgetragen, dass die Fahrzeuge durch das Update mit einer neuen Abschalteinrichtung versehen wurden. Es kommen mithin nicht nur bei Inverkehrbringen vorhandene Abschalteinrichtungen, sondern auch später installierte in Betracht, so dass nicht einmal der Zeitpunkt des Installierens der (welcher?) Abschalteinrichtung bekannt ist. Insgesamt ist der Antrag zu unbestimmt.
b. Das Landgericht hat auch zutreffend das Feststellungsinteresse verneint. Mangels Vollstreckbarkeit des Feststellungsurteils in der Hauptsache fehlt das Feststellungsinteresse in der Regel, falls der Kläger sein Leistungsziel genau benennen und deshalb auf Leistung oder Unterlassung klagen kann. In Schadensfällen kommt es entscheidend darauf an, ob der Kläger die Schadenshöhe bereits insgesamt endgültig beziffern kann, was ihm nicht nur bei sich noch entwickelnden Schäden, sondern auch dann unmöglich sein kann, wenn die Schädigung bereits abgeschlossen ist (MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, § 256 Rn. 54). Das Landgericht hat hier, was der Kläger rügt, eine Leistungsklage für vorrangig gehalten. Dabei hat es zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger bereits jetzt ohne weiteres die Höhe des reinen „Rückabwicklungsschadens“ bestimmen kann, nämlich Kaufpreis zuz. Finanzierungskosten abz. Nutzungsentschädigung. Damit ist ein etwaiger bereits eingetretener Schaden durch den ungewollten Vertragsschluss sehr wohl bezifferbar und die Feststellungsklage subsidiär. Insbesondere bestand auch bei Klageerhebung keine Ungewissheit hinsichtlich der Nutzungsentschädigung. Der Kläger kann hierzu ohne weiteres mitteilen, ob und in welcher Höhe er einen Abzug für gezogene Nutzungen akzeptiert. Die gängigen Formeln zur Berechnung des Wertes der gezogenen Nutzungen sind bekannt, die Gesamtlaufleistung kann der Kläger ebenso wie das Gericht schätzen. Soweit während des Verfahrens weitere Nutzungen erfolgen, besteht die Möglichkeit, eine partielle Erledigungserklärung abzugeben.
Die Zulässigkeit ergibt sich auch nicht im Hinblick auf möglicherweise drohende weitere Schäden. Bei reinen Vermögensschäden, wie sie vorliegend in Rede stehen, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Pflichtverletzung zurückgehenden Schadenseintritts ab; hieran fehlt es, wenn der Eintritt irgendeines (weiteren oder künftigen) Schadens ungewiss ist (s. BGH, NJW 2019, 1332; NJW-RR 2015, 626, 627 Rn. 11; NJW-RR 2016, 1187 Randnummer 43, jew. m.w.N.). Dies ist bezüglich der behaupteten weiteren Schäden der Fall:
Soweit der Kläger auf drohende steuerliche Schäden abhebt, hat er nicht schlüssig dargelegt, welche Steuernachforderungen in seinem Fall drohen. (wie hier OLG Karlsruhe, 13 U 670/19; im Ergebnis anders, wobei der dortige Vortrag hier nicht bekannt ist: OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.01.2020 – I-15 U 18/19; OLG Oldenburg Urteil vom 21. Oktober 2019, Az. 13 U 73/19 -, juris Rn. 27). Grundlage der Steuerbemessung ist § 8 Nr. 1 lit b KraftStG. Hubraum und Kohlenmonoxidemission bestimmen sich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG nach den Feststellungen der Zulassungsbehörde und damit nach der Typengenehmigung. Es geht hier nicht um die Kohlenmonoxidemissionen. Bislang wurde bei zurückgerufenen Fahrzeugen auch nichts über Nachforderungen von Kfz-Steuern gegenüber betroffenen Käufern bekannt.
Aufwendungen auf das Fahrzeug, die im Hinblick auf die Nutzung entstehen sind keine drohenden Schäden, weil sie keine vergeblichen Aufwendungen sind. Mit Urteil vom 30.07.2020, Az. VI ZR 354/19, Rn. 24, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Aufwendungen auf das Fahrzeug im Rahmen der vorgesehenen Nutzung nicht erstattungsfähig sind.
Nach Durchführung des Updates sind auch keine Stilllegungskosten zu befürchten.
Die Ausführungen zum fehlenden Feststellungsinteresse gelten auch für den Hilfsantrag zu 3.
2. Auch die Abweisung des Leistungsantrags durch das Landgericht war nicht verfahrensfehlerhaft. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird verwiesen. Der Kläger hat in der Nacht vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung einen Schriftsatz mit neuen Hilfsanträgen bei Gericht eingereicht, ohne diese zu begründen. Der Antrag war ohne Begründung nicht nachvollziehbar (a.). Das Landgericht musste dem Kläger keine Schriftsatzfrist zur Begründung einräumen (b.) und war auch nicht veranlasst, anlässlich der nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Begründung die Verhandlung wieder zu eröffnen (c.)
a. Der Leistungsantrag benennt einen Betrag von 22.280,96 €, der sich als solches nicht erschließt. Die Höhe ergibt sich auch nicht aus der Klage. Diese beziffert lediglich den Kaufpreis von 59.661,35 €, den der Kläger privat über die A. Bank finanziert habe (S. 4 der Klage), Zahlungsbedingungen sind nicht erwähnt. Es ist nicht Sache des Gerichts, Anlagen zu durchsuchen, aus denen sich eventuell passende Zahlen ergeben könnten. Zudem ist die geltend gemachte Forderung nicht bestimmt, denn das Gericht kann nicht wissen, welche Ratenzahlungen für welchen Zeitraum mit dem Antrag geltend gemacht werden.
b. Das Landgericht musste dem Kläger auch keine Schriftsatzfrist zur Begründung einräumen. Eine Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO war nicht zu gewähren, da es hier nicht ein Vorbringen des Gegners, also der Beklagten ist, auf das die Klägervertreterin sich nicht erklären konnte, sondern ihr eigenes. Auch aus § 139 ZPO ergibt sich keine Notwendigkeit für eine Schriftsatzfrist. Zwar gilt, dass auf einen Hinweis des Gerichts, der erst in der mündlichen Verhandlung gegeben wird, eine Schriftsatzfrist zu gewähren ist (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 139 Rn. 14 a,b), dies jedoch nur dann, wenn eine sofortige Äußerung nicht ohne Weiteres erwartet werden kann, etwa weil das Gericht erst in der mündlichen Verhandlung einen Hinweis erteilt, mit dem die Partei nicht gerechnet hat (z.B. BGH NJW-RR 2013, 1358). Hier ist die Sachlage aber eine völlig andere: Das Landgericht hatte den Kläger bereits mit Verfügung vom 30.07.2019 darauf hingewiesen, dass Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Feststellungsantrags bestehen. Bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.10.2019 bestand also hinreichend Gelegenheit hierauf zu reagieren. Nachdem die Antragstellung als solche kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel ist, waren die neu gestellten Hilfsanträge nicht nach § 296 ZPO zurückzuweisen. Der Kläger musste aber damit rechnen, dass die Begründung spätestens in der mündlichen Verhandlung zu erfolgen hat. Das Gericht hat ihm in der Verhandlung Gelegenheit gegeben, sich hierzu zu äußern, wozu die Klägervertreterin aber ausweislich des Protokolls nicht in der Lage war (Bl. 138 d.A.). Nachdem sie damit aber auf jeden Fall rechnen musste und die Situation durch die äußerst kurzfristige Antragstellung auch selbst geschaffen hat, hätte sie sich vorbereiten und im Termin dazu äußern müssen. Mit der Gewährung einer Schriftsatzfrist konnte sie unter diesen Umständen nicht rechnen.
c. Den Vortrag mit Schriftsatz vom 28.11.2019 hat das Landgericht zutreffend nach § 296a ZPO zurückgewiesen. Die mündliche Verhandlung musste es nicht wiedereröffnen. Wie bereits dargelegt, liegt weder ein Verfahrensfehler des Gerichts noch eine Verletzung rechtlichen Gehörs vor. Es wurden auch nicht nachträglich Tatsachen vorgetragen, die einen Wiederaufnahmegrund bilden.
3. Die weiteren Anträge hat das Landgericht zutreffend zurückgewiesen. Annahmeverzug liegt nicht vor.
Zu dem Antrag auf Freistellung von den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag hat das Landgericht keine eigenen Ausführungen gemacht. Hierzu kann jedoch auf die Ausführungen zu 2. verwiesen werden, da auch hinsichtlich des Freistellungsantrags, der nicht so weit reicht wie der Zahlungsantrag (BGH, Urteil vom 28.11.2001,Az. VIII ZR 75/00) unmittelbar vor dem Termin eine Antragstellung ohne Begründung und Vortrag zum Inhalt des Darlehensvertrags etc. erfolgte. Beim Freistellungsantrag sind aber Angaben zu Grund und Höhe der Forderung erfordelrich (BGH, NJW 2013, 155 Rn. 47).
Die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts für einen nicht erfolgreich geltend gemachten Anspruch sind nicht zu erstatten.
Nach alledem ist die Berufung daher zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung handelt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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