Europarecht

Rücknahme der Waffenbesitzkarte für Waffensammler

Aktenzeichen  AN 16 K 16.01790

Datum:
20.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 48168
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 8, § 13, § 14, § 18
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Pflicht zur Rücknahme einer waffenrechtlichen Erlaubnis (§ 45 Abs. 1 WaffG) besteht auch bei einem Irrtum über den entscheidungserheblichen Sachverhalt, einem Rechtsirrtum und sogar bei einer bewussten früheren Fehlentscheidung. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit der eigenständigen Vorschrift des § 18 WaffG für Waffen- und Munitionssachverständige hat der Gesetzgeber die Abgrenzung zu Waffensammlern verdeutlicht; hiernach haben nur waffenrechtlich oder waffentechnisch besonders qualifizierte Personen ein Bedürfnis in diesem Sinn (BayVGH  BeckRS 2009, 31345).  (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klage ist abzuweisen, weil sie zwar zulässig, aber unbegründet ist.
Gegenstand der Klage ist eine nur teilweise Aufhebung der waffenrechtlichen Erlaubnisse, die die Beklagte unter den Nummern … und … für das Sammeln von Waffen jeglicher Art einschließlich Schalldämpfer erteilt hat, denn die Beklagte will nur dem weiteren Erwerb einer unbegrenzten Vielzahl solcher Waffen und Schalldämpfer entgegenwirken, die bereits beim Kläger vorhandenen Waffen und Gegenstände aber diesem belassen.
Die Klage ist unbegründet, denn die so verstandenen waffenrechtlichen Verfügungen im angefochtene Bescheid sind rechtmäßig und verletzen schon deshalb nicht die Rechte des Klägers (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Die Beklagte stützt die Rücknahme der waffenrechtlichen Erwerbserlaubnisse auf § 45 Abs. 1 WaffG. Nach dieser Bestimmung ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen.
Die dem Kläger erteilte Erlaubnis zum unbegrenzten Sammeln von Schusswaffen jeglicher Art hätte bereits in der ursprünglichen Fassung der Erlaubniserteilung nicht erteilt werden dürfen. Abzustellen ist mithin auf das seinerzeit geltende Recht (BayVGH vom 2.7.2013 Az. 21 ZB 12.2489 unter Hinweis auf BVerwG vom 13.12.1994 Az. 1 C 31/92 BVerwGE 97, 245).
Die Beklagte führt zur Begründung der (teilweisen) Rücknahmeentscheidung im Ergebnis zutreffend aus, dass bereits im Zeitpunkt der ersten Erteilung der waffenrechtlichen Sammelerlaubnis am 26. Januar 1999 die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Die Kammer nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Begründung im Bescheid der Beklagten vom 10. August 2016, der sie folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist hierzu anzumerken, dass es im Falle des § 45 Abs. 1 WaffG nicht auf die nachträgliche Kenntnis von „Tatsachen“ ankommt. Vielmehr kann sich die (nacherworbene) Kenntnis auch auf andere Umstände, insbesondere auch auf Rechtskenntnisse beziehen, sodass auch Irrtümer über den entscheidungserheblichen Sachverhalt oder ein Rechtsirrtum, zum Beispiel das fehlerhafte Verständnis des Begriffes der Waffensammlung oder sogar eine bewusste frühere Fehlentscheidung die Behörde zur Rücknahme verpflichtet (dazu ausführlich Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, 76. AL Stand: Januar 2018, § 45 RdNr. 13 mit Hinweis auf BVerwG vom 30.4.1985 Az. 1 C 33.83 BVerwGE 71, 248). Diese Überlegung ergibt sich folgerichtig daraus, dass im Interesse der inneren Sicherheit der Notwendigkeit effektiver Gefahrenabwehr und dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Vorrang vor dem Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeräumt werden kann.
Dieselbe Sach- und Rechtslage gilt für die Erweiterungen der waffenrechtlichen Sammelerlaubnisse, die die Beklagte – wiederum ohne hinreichenden rechtlichen Grund – in der Zeit bis zur Rücknahmeentscheidung gewährt hat.
Letztlich stellt die Kammer fest, dass auch im Zeitpunkt der (teilweisen) Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnisse die Voraussetzungen für eine Erteilung nicht vorliegen, weil § 18 WaffG für die vom Kläger geltende gemachte Verwendung der Waffen nicht greift. Der Gesetzgeber hat mit dieser eigenständigen Vorschrift für Waffen- und Munitionssachverständige die Abgrenzung zu den Waffensammlern verdeutlicht, wonach nur waffenrechtlich oder waffentechnisch besonders qualifizierte Personen ein Bedürfnis im Sinne des § 18 WaffG haben können (so ausdrücklich BayVGH vom 23.6.2008 Az. 21 BV 07.585 BayVBl. 2009, 372). Insoweit nimmt die Kammer wiederum zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Begründung im Bescheid der Beklagten vom 10. August 2016, der sie folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ein Interesse im Sinne des § 17 WaffG hat der Kläger auch für Schalldämpfer von Anfang an schon nicht geltend gemacht (siehe beispielsweise OVG Berlin-Brandenburg vom 30.7.2014 Az. OVG 11 N 97.11; BVerwG vom 18.1.2007 Az. 6 B 100/06 – jeweils zu § 17 WaffG F. 2000). Aber auch die vom Klägervertreter geltend gemachte Erteilung nach § 8 WaffG kommt nicht in Frage, denn diese Vorschrift stellt keinen gesonderten Erlaubnistatbestand dar. Gelten, wie hier, spezielle Vorschriften für die Bedürfnisprüfung (§§ 17 und 18 WaffG), so bedarf es einer gesonderten Abwägung nach § 8 WaffG nicht mehr (siehe dazu Brunner in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, 76. AL Stand: Januar 2018, § 8 RdNr. 19).
Die beiden in der mündlichen Verhandlung vom Klägerbevollmächtigten übergebenen Schriftsätze rechtfertigen keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Die rein persönliche Stellungnahme des Dr. … betrifft die Eignung des Klägers als Sachverständiger. Das ist hier bereits deshalb unerheblich, weil die Beklagte eine waffenrechtliche Erlaubnis für Waffensammler mit Wirkung allein für die Zukunft zurücknimmt. Die Stellungnahme des früheren Sachbearbeiters bei der Beklagten wertet die Kammer als Gefälligkeitserklärung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers. Sie enthält allenfalls Andeutungen, jedenfalls keine substantiierten Angaben zu einem angeblichen früheren Bedürfnis zu Sammeln von Waffen jeglicher Art.
Die Pflicht zur Vorlage der Erlaubnisse bei der Beklagten ergibt sich aus § 46 Abs. 1 WaffG. Auch das bedarf keiner weiteren Vertiefung.
Nach alledem hat die Beklagte die Rücknahme der in jeder Hinsicht unbeschränkten Erwerbserlaubnisse auch nicht verwirkt und auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.


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