Aktenzeichen 13 O 463/19
Leitsatz
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei Schadenersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs VW CC (Fahrzeugindikationsnummer: …) durch die Beklagtenpartei resultieren.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1171,67 € freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 28.800,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage hat im wesentlichen Erfolg.
A.
Die Klage ist zulässig.
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bamberg folgt aus § 32 ZPO.
Die Klägerin begehrt Schadensersatz gestützt auf deliktische Normen, wobei zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO auch der Ort gehört, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden Tatbestandsmerkmal der Anspruchsnorm ist. Dies ist jedenfalls bei § 826 BGB – auf den sich die Klägerin berufen hat – der Fall.
Der schädigende Erfolg ist dabei hier am Wohnsitz der Klägerin eingetreten – mithin im Bezirk des Landgerichts Bamberg.
2. Insbesondere ist im vorliegenden Fall für die erhobene Feststellungsklage auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.
Es wird im vorliegenden Verfahren u.a. Schadensersatz nach Delikt (§ 823, § 826 BGB) geltend gemacht. Im Rahmen dieses Schadensersatzanspruches und unter Berücksichtigung von § 249 BGB kann der Geschädigte grundsätzlich den Ersatz des negativen Interesses verlangen, d.h. es ist ein wirtschaftlicher Zustand herzustellen, der ohne das schädigende Ereignis (hier Abschluss des Kaufvertrages) bestünde. Dies kann zwar grundsätzlich durch die Erstattung des geleisteten Kaufpreises abzüglich der gezogenen Nutzungen gegen Herausgabe des Fahrzeuges herbeigeführt werden. Der Geschädigte ist jedoch nicht gezwungen genau diesen Weg der Schadensregulierung zu wählen. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann er vielmehr auch den Vertrag bestehen lassen und Ersatz, der durch die unerlaubte Handlung entstandenen Nachteile verlangen (vgl. Palandt/Grüneberg/Sprau, 77. Auflage 2018, § 826 Rn 15, vor § 823 Rn. 24, vor § 249 Rn.). Der Geschädigte kann demnach auch das betroffene Fahrzeug behalten und Ausgleich der entstandenen Nachteile durch Zahlung eines entsprechenden Schadensbetrages begehren. Wenn aber, wie bei hiesiger Sachlage die technische Auswirkung der Nachrüstung und die Folgen für die Werthaltigkeit der betroffenen Fahrzeuge auch unter Fachleuten unterschiedliche Auffassung besteht und die Beklagte jegliche Schadensersatzverpflichtung ablehnt, hat die Klagepartei bereits allein zur Vermeidung des Verjährungseintritts ein berechtigtes – schützenswertes Interesse daran, die Ersatzpflicht der Beklagten feststellen zu lassen (vgl. zum Ganzen eingehend LG Offenburg, Az.: 6 O 119/16; LG Bayreuth, Urteil vom 23.10.2017, Az.: 23 O 227/17).
Ein Vorrang der Leistungsklage besteht bei dieser Sachlage nicht.
2. Auch die bei einer Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht von Vermögensschäden erforderliche hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit liegt vor. Ein Schaden der Klagepartei kann daher bereits jetzt sicher festgestellt werden (vgl. dazu unten).
Insoweit besteht derzeit folglich ein schützenswertes Interesse der Klagepartei, vor dem Hintergrund der unklaren Sachlage hinsichtlich der Auswirkung der von der Beklagten angebotenen Nachrüstung und der Anforderung der Werthaltigkeit der betroffenen Fahrzeuge.
3. Das Gericht erachtet auch den gestellten Antrag als hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Dem Antrag ist in Verbindung mit der Klagebegründung klar zu entnehmen, was die Klagepartei begehrt. Ab Seite 9 der Klageschrift wird die Manipulation der Stickoxidwerte (NOx) durch die unzulässige Abschalteinrichtung – Softwaremanipulation – eindeutig aufgeführt und beschrieben. Einer näheren Präzisierung bedurfte es daher aus Sicht des Gerichts weder im Antrag noch im Tenor.
B.
Die Klage ist überwiegend begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz und Freistellung von (anteiligen) Rechtsanwaltskosten nach § 826 BGB zu.
Die Voraussetzungen dieser Norm – wonach derjenige, der durch ein als sittenwidrig zu qualifizierendes, vorsätzliches Verhalten eines anderen einen Schaden erlitten hat, Anspruch auf Ersatz dieses Schadens hat – liegen vor (so im Ergebnis – mit in Einzelheiten divergierenden Begründungen – auch eine Vielzahl anderer aktueller landgerichtlicher Entscheidungen, etwa: LG Heilbronn, Urteil vom 22.05.2018 – 6 O 35/18; LG Kiel, Urteil vom 18.05.2018 – 12 O 371/17; LG Hamburg, Urteil vom 18.05.2018 – 308 O 308/17; LG Bonn, Urteil vom 07.03.2018 – 19 O 327/17; LG Krefeld, Urteil vom 28.02.2018 – 7 O 10/17; LG Köln, Urteil vom 26.02.2018 – 19 O 109/17; LG Duisburg, Urteil vom 19.02.2018 – 1 O 178/17; LG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2018 – 7 O 212/16; LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 – 19 O 68/17; LG Wuppertal, Urteil vom 16.01.2018 – 4 O 295/17; LG Arnsberg, Urteil vom 12.01.2018 – 2 O 134/17; LG Bochum, Urteil vom 29.12.2017 – 6 O 96/17; LG Essen, Urteil vom 19.10.2017 – 9 O 33/17; LG Bielefeld, Urteil vom 16.10.2017 – 6 O 149/16; LG Mainz, Urteil vom 27.07.2017 – 4 O 196/16; LG Mönchengladbach, Urteil vom 11.07.2017 – 1 O 320/16; LG Lüneburg, Urteil vom 29.06.2017 – 3 O 204/16; Landgericht Bamberg, Urteil vom 16.7.2018, 10 O 573/17 die in der Folge vielfach in Bezug genommen und zum Teil wörtlich zitiert werden).
I.
Der Klägerin ist durch den Erwerb des streitgegenständlichen Pkws VW ein Schaden im Sinne von § 826 BGB entstanden.
1. Ein Schaden im Sinne von § 826 BGB ist nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vemögenslage, in dem Sinne, dass sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt.
Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist vielmehr subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen oder nachteilige Einwirkungen auf die Vermögenslage umfasst sind, wie – bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit – die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 19.07.2004 – II ZR 402/02 = zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 – VI ZR 306/03 = BGHZ 161, 361 BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 – VI ZR 15/14 = zitiert nach juris; Münchener Kommentar zum BGB / Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 – XI ZR 51/10 = BGHZ 192, 90).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze – denen das Gericht folgt – stellt bereits die Tatsache, dass der Klägerin aufgrund des Verschweigens der Beklagten über den Einsatz der Umschaltlogik bzw. der Motorsteuerungssoftware einen für ihn ungewollten wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat, einen derartigen Schaden dar, da sein Vermögen bereits dadurch – unabhängig von einem messbaren Vermögensnachteil durch einen entstehenden Wertverlust – mit einer ungewollten Verbindlichkeit negativ belastet ist.
a) Die wirtschaftliche Nachteiligkeit des Vertrages für die Klägerin ergibt sich dabei schon daraus, dass die Klägerin nicht das erhalten hat, was ihr nach dem Kaufvertrag zustand, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug.
Stattdessen hat die Klägerin einen Vertrag über einen Pkw geschlossen, der zwar formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte, in den aber gleichzeitig eine unzulässige Abschaltvorrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 eingebaut war, die einer Zulassung objektiv entgegenstand.
(1) Die objektiven Zulassungsvoraussetzungen in Bezug auf Abschaltvorrichtungen ergeben sich aus folgenden Normen:
Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht.
Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellendem Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
(2) Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte nach Auffassung des Gerichts über eine unzulässige Abschalteinrichtung im derartigen Sinne, so dass die Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung nicht vorliegen.
Die von der Beklagten geschilderte Umschaltlogik – d.h. der Betrieb in zwei verschiedenen Betriebsmodi, bei Rückführung von Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise wieder in den Verbrennungsprozess hinein – ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden ersichtlich kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Modus 0 (regulärer Straßenbetrieb) die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
Soweit die Beklagte dies durch eine Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ in Zweifel zieht, „lässt sich eine derartige Unterscheidung der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.“ (so zutreffend LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 – 19 O 68/17 = zitiert nach juris; inhaltlich ebenso beispielhaft: LG Krefeld, Urteil vom 19.07.2071 – 7 O 147/16 = zitiert nach juris, LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 193/16 = zitiert nach juris; LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 199/16 =zitiert nach juris; LG Düsseldorf – Urteil vom 09.02.2018 – 7 O 212/16 = zitiert nach juris).
b) Die durch den wirtschaftlich nachteiligen Vertrag begründete Verbindlichkeit war für die Klägerin ersichtlich auch ungewollt:
aa) Dies folgt schon daraus, dass bei verständiger Würdigung und unter lebensnaher Betrachtung kein durchschnittlich informierter und wirtschaftlich vernünftig denkender Kunde ein Fahrzeug mit dieser Motorsteuerungssoftware erwerben würde, wenn die Beklagte (oder der Verkäufer) ihn vor dem Kauf darauf hinweisen würde, dass die Software nicht gesetzeskonform ist und er deshalb jedenfalls für den Fall der Entdeckung der Manipulation durch das KBA (wenn auch erst in einigen Jahren) mit Problemen bis hin zum Entzug der Zulassung rechnen muss.
Ein Durchschnittskäufer kann und muss nicht davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandslauf erkannt wird und über eine entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird.
Insoweit kann auch zwanglos davon ausgegangen werden, dass die Gesetzmäßigkeit des Fahrzeugs schon allein wegen des Einflusses der Manipulation auf die Schadstoffklasseneingruppierung – mit den damit verbundenen steuerlichen und sonstigen Folgen – und die Zulassung des Fahrzeugs für die Kaufentscheidung immer von Bedeutung ist, ohne dass es auf konkrete Äußerungen im Verkaufsgespräch ankäme (so auch LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017 – 1 O 227/16 = zitiert nach juris; LG Kleve, Urteil vom 31.03.2017 – 3 O 252/16 = zitiert nach juris).
Bei gehöriger Aufklärung hätte er vielmehr erkannt, dass sich aus der geschilderten Problematik die Gefahr der Stilllegung des Fahrzeugs sowie die Gefahr eines massiven Wertverlustes der Kaufsache ergeben und vom Kauf abgesehen (wofür nach Auffassung des LG Duisburg, Urteil vom 19.02.2018 – 1 O 178/17= zitiert nach juris bereits ein Anscheinsbeweis spricht), zumal zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses nicht absehbar gewesen wäre, dass die Beklagte kurzfristig in der Lage ist, ein Software-Update zu entwickeln, dass tatsächlich die Zulassungsfähigkeit herstellt ohne negative Auswirkungen für das Fahrzeug mit sich zu bringen. Selbst das jetzt vorliegende Update berücksichtigt nach dem Vortrag der Beklagten die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre, die damals noch gar nicht vorlagen.
Der Käufer eines Fahrzeuges erwartet regelmäßig, dass er sein Fahrzeug dauerhaft und uneingeschränkt nutzen kann und er sich nicht zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft damit konfrontiert sieht, dass ein Entzug der Zulassung und bei Weiterveräußerung des Fahrzeugs ein massiver Wertverlust droht.
bb) Das Gericht konnte sich aufgrund der persönlichen Anhörung der Klagepartei nicht den Eindruck verschaffen, dass diese bei Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs Kenntnis von der Umschaltlogik hatte oder haben musste.
Die Klagepartei hat ausgesagt, dass es sich bei dem Fahrzeugkauf um einen Spontankauf gehandelt habe. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten zuvor noch nie einen Diesel gefahren und es sich deshalb nicht mit der Diesel-Problematik im Hinblick auf das streitgegenständliche Fahrzeug befasst. Eine Aufklärung durch den Händler habe nicht stattgefunden (Blatt 262 der Akte).
Aus der aktienrechtlichen gebotenen Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 kann eine Kenntnis der Klagepartei nicht abgeleitet werden. Ein Anschreiben der Halter im Februar 2016 konnte die Klagepartei nicht erreichen, da dieser Zeitpunkt noch vor Kauf lag. Eine Information der Klagepartei über das Vertriebsnetzwerk der Beklagten ist nicht nachgewiesen. Durch die Anlage der Information des Vertriebsnetzwerks hat die Beklagte offenbar die Notwendigkeit zur Information der Käufer über die Diesel-Problematik erkannt. Die Beklagte sah sogar die Notwendigkeit die Weitergabe dieser Information sich vom Kunden durch Unterschrift bestätigen zu lassen. Vorliegend wurde eine solche auch von der Klagepartei unterschriebene Anlage nicht vorgelegt. Daher ist nicht nachgewiesen, dass die Klagepartei über das Vertriebsnetzwerk der Beklagten informiert wurde.
Die Klagepartei musste im konkreten Einzelfall auch keine Kenntnis von der Berichterstattung und der Presseinformation der Beklagten in Hinblick auf die Diesel-Problematik in Bezug auf das konkrete Fahrzeug haben. Die Klägerin hat glaubwürdig angegeben, dass es sich um einen Spontankauf gehandelt habe. Daher ist es aus Sicht des Gerichts auch nicht erforderlich, dass es sich eine solche Käufergruppe vorab Informationen über eine mögliche Manipulation des Fahrzeugs verschaffen muss. Vielmehr wäre es Pflicht der Beklagten und ihres Vertriebsnetzwerks gewesen (Spontan-) Käufer über die Manipulation aufzuklären.
c) Soweit von Beklagtenseite und teilweise auch in der Rechtsprechung (vgl. LG Köln, Urteil vom 07.10.2016 – 7 O 138/16 LG Ellwangen, Urteil vom 10.06.2016 – 5 O 385/15 LG Braunschweig, Urteil vom 19. Mai 2017 – 11 O 4153/16 – jeweils zitiert nach juris) die Auffassung vertreten wird, eine Haftung nach § 826 BGB scheide schon deshalb aus, weil die Verordnung (EG) Nr.715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, gegen die Beklagte durch den Einsatz der Software und die Manipulation des Prüfungsverfahrens verstoßen hat, nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen diene, und deshalb Vermögensschäden im Zusammenhang mit dem Verstoß der Beklagten nicht unter den Schutzbereich des § 826 BGB fielen, folgt das Gericht dieser Auffassung nicht.
„Die Haftung aus § 826 BGB hängt nicht davon ab, auf welchem Weg und unter Verstoß gegen welche gesetzlichen Vorschriften der Schädiger gehandelt hat (vgl. LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16; LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017 – 13 O 174/16 – jeweils zitiert nach juris). Es steht auch nicht zu befürchten, dass es andernfalls zu einer Ausuferung der Haftung kommen würde: Der Schädiger haftet allein für die durch seine sittenwidrige Schädigung verursachten Vermögensschäden, der Kreis der Ersatzberechtigten wird dadurch eingegrenzt, dass der Schädiger hinsichtlich der Schädigung mit Vorsatz handeln muss (s.u.) und dadurch diejenigen Personen, deren Vermögensschäden zu ersetzen sind, von vornherein ausreichend genau bestimmt werden; erfasst werden im vorliegenden Fall nämlich nur die Erwerber der von der Manipulation betroffenen Fahrzeuge. Im Übrigen übersieht die vorzitierte Rechtsauffassung, dass der Beklagten nicht allein ein Verstoß gegen das Genehmigungsverfahren anzulasten ist, sondern insbesondere, dass sie der Allgemeinheit und den betroffenen Fahrzeugkäufern durch ihre öffentlichen Angaben und die – von ihr zu verantwortenden Übereinstimmungsbescheinigungen – suggeriert, dass die Fahrzeuge bestimmte technische Eigenarten aufweisen, die tatsächlich nicht gegeben sind. Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB hängt schließlich auch nicht davon ab, ob der Käufer seinen Vermögensschaden von einer anderen Person ersetzt verlangen kann. Das Bestehen von kaufrechtlichen Ansprüchen gegen den Verkäufer schließt deliktische Ansprüche gegen einen Dritten nämlich keinesfalls aus.“ (so zutreffend LG Duisburg, Urteil vom 19.02.208 – 1 O 178/17 = zitiert nach juris; sowie inhaltlich ebenso LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16 LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017 – 13 O 174/16 – jeweils zitiert nach juris).
II.
Der Schaden der Klägerin beruht auch auf einem Verhalten der Beklagten.
Diese hat das streitgegenständliche Fahrzeug, insbesondere den Motor mit Abschalteinrichtung produziert, sich durch das Vorspiegeln scheinbar zulässiger Emissionswerte gegenüber dem KBA die EG-Typgenehmigung erschlichen und das Fahrzeug schließlich – im konkreten Fall mittels selbständigem Verkäufer – so vertreiben lassen, dass es in den Verkehr gelangt.
Dieses Verhalten war für den Schadenseintritt (Eingehung des wirtschaftlich nachteiligen und ungewollten Vertrages) auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm adäquat kausal, wobei hier dahinstehen kann, wie dies im Fall eines Gebrauchtwagenkaufs zu bewerten ist (zu letzterem insb. LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 – 19 O 68/17 = zitiert nach juris).
III.
Das Verhalten der Beklagten ist als sittenwidrig zu qualifizieren.
1. Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob die Handlung nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (vgl. BGH, Urteil vom 06.05.1999 – VII ZR 132/97, BGHZ 141, 357, 361 Urteil vom 19.07.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157; Urteil vom 03.12.2013 – XI ZR 295/12, WM 2014, 71, Rn. 23 m. w. N.). Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380, Rn. 8 m. w. N.). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2010 – VI ZR 124/09, WM 2010, 2256, Rn. 12 Urteil vom 20.11.2012 – VI ZR 268/11, WM 2012, 2377, Rn. 25 jeweils m. w. N.). Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze – denen das Gericht folgt – ist das Verhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren:
Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und er sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, weil das Handeln von einer großen Tragweite sowohl für die Mobilität als auch das Vermögen der einzelnen (zigtausend bis Millionen) Kunden, als auch für die Umwelt (bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen hohen Auswirkungen auf die Umweltbelastung und damit wiederum für die Gesundheit der Allgemeinheit) ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. „Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit – wie die Beklagte selbst vorträgt – keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma Bosch, vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen dieser Warnung verstärkt das Unwerturteil.
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EGTypgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.“(so zutreffend LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 – 19 O 68/17 = zitiert nach juris).
„Die daraus zu entnehmende Gesinnung, aus Gewinnstreben massenhaft die Käufer der so produzierten Autos bei ihrer Kaufentscheidung zu täuschen, die Wettbewerber zu benachteiligen und die Umwelt so zu schädigen, dass Gesundheitsgefahren [für die Allgemeinheit] drohen, weil die Schadstoffwerte (NOx) erhöht werden, lässt das Verhalten insgesamt als sittenwidrig erscheinen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Anschaffung eines Fahrzeugs für einen Verbraucher in der Regel um eine wirtschaftliche Entscheidung von erheblichem Gewicht handelt und ein Verbraucher als technischer Laie die Manipulation nicht erkennen kann. Die Beklagte hat die Ahnungslosigkeit des Verbrauchers bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt, was eine besonders verwerfliche Vorgehensweise darstellt. Mit der Motorsteuerungssoftware wurde mit erheblichem Aufwand ein System zur planmäßigen Verschleierung gegenüber Behörden und Verbrauchern geschaffen, um den Umsatz und Gewinn durch die bewusste Täuschung zu steigern.“ (so zutreffend LG Krefeld, Urteil vom 28.02.2018- 7 O 10/17 = zitiert nach juris m. w. Nachweisen).
Die subjektive Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände war bei den handelnden Personen unzweifelhaft gegeben.
IV.
Die Beklagte hat dabei auch vorsätzlich gehandelt, wobei sie sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen muss.
1. Die schädigende Handlung ist der Beklagten nach § 31 BGB (analog) zuzurechnen.
a) Die Haftung einer juristischen Person setzt voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht (BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/16 = zitiert nach juris).
Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich des § 31 BGB bei Organisationsmängeln erweitert (Palandt – Ellenberger, BGB – Kommentar, 78. Aufl. 2019, § 31 Rn. 7), denn juristische Personen sind verpflichtet, den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete ein verfassungsmäßiger Vertreter zuständig ist, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. Entspricht die Organisation diesen Anforderungen nicht, muss sich die juristische Person so behandeln lassen, als wäre der tatsächlich eingesetzte Verrichtungsgehilfe ein verfassungsmäßiger Vertreter (vgl. BGH, Urteil vom 08.07.1980 – VI ZR 158/78 = NJW 1980, 2810).
b) Hier hat die Beklagte jedenfalls entgegen der sie treffenden sekundären Darlegungslast nicht dargelegt, dass sie den Organisationsanforderungen gerecht geworden ist.
Bei dem Einbau einer manipulierten Motorsteuerungssoftware – die zudem noch von einem Drittunternehmen entwickelt wird – handelt es sich offensichtlich nicht um das Augenblicksversagen eines einzelnen Mitarbeiters, sondern um eine wesentliche strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Bedeutung – wie insbesondere die finanziellen Folgen des Abgasskandals zeigen – und Risiken, bei der millionenfach in den Motor (das „Herzstück“ des Fahrzeuges) eingegriffen wird.
Selbst wenn – wie die Beklagte vorträgt (zur Frage einer direkten Zurechnung unter einer sekundären Darlegungslast der Beklagten insoweit etwa LG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2018 – 7 O 212/16 = zitiert nach juris; LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 = zitiert nach juris; LG Bonn, Urteil vom 07.03.2018 – 19 O 327/17 = zitiert nach juris) – kein Vorstandsmitglied Kenntnis von dieser Entscheidung hatte, sondern diese weitreichende Entscheidung tatsächlich von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneter Arbeitsebene getroffen worden sein sollte, läge insoweit offenbar ein massives Organisationsdefizit vor, so dass sich die Beklagte so behandeln lassen muss, als wären die handelnden Mitarbeiter ihre verfassungsmäßigen Vertreter (so auch LG Essen, Urteil vom 28.08.2017 – 4 O 114/17 = zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2018 – 7 O 212/16 = zitiert nach juris).
2. Die der Beklagten zuzurechnende Handlung war auch vorsätzlich, da die handelnden Personen jedenfalls Art und Richtung des Schadens (massenhafter Abschluss von Kaufverträgen über Fahrzeuge, deren EG-Typgenehmigung erschlichen war) und die Schadensfolgen (Begehr auf Rückgängigmachung des Kaufvertrages) vorausgesehen und zumindest billigend in Kauf genommen haben.
V.
Als Rechtsfolge kann die Klagepartei Schadensersatz nach § 249 Abs. 1 BGB verlangen – sie hat mithin Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.
Daher ist der zulässige Feststellungsantrag in Ziff. 1 auch begründet.
Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass nach Auffassung des Gerichts bei einer Rückabwicklung von der Klagepartei Nutzungsersatz für gefahrene Kilometer zu leisten wäre.
C.
Der Klägerin steht weiter ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§ 826, 249 Abs. 1 BGB).
Die erforderlichen Rechtsanwaltskosten ergeben sich der Höhe nach aus einer 1,3 Geschäftsgebühr und einem berechtigten Gegenstandswert von 19.200 Euro. Grundsätzlich bestimmt sich der berechtigte Gegenstandswert aus dem Kaufpreis abzüglich Nutzungsersatzes zum Zeitpunkt der Klageeinreichung. Mangels näherer Angaben war vorliegend der Wert der Feststellungsklage (Kaufpreis abzüglich 1/3 wegen Feststellungsklage) heranzuziehen.
Zuzüglich der Auslagenpauschale und der MWSt. ergibt sich nachfolgende Berechnung:
1,3 Geschäftsgebühr 964,60 €
Auslagenpauschale 20,00 €
MWSt. 19%
GESAMT: 1171,67 €
Eine über eine 1,3 Geschäftsgebühr hinausgehende Gebühr darf die Klägerin nicht für erforderlich halten. Es handelt sich vorliegend sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch hinsichtlich des rechtlichen Schwierigkeitsgrades nicht um einen überdurchschnittlichen Fall. Die diskutierten Rechtsfragen sind Gegenstand unzähliger Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsentscheidungen, die Beteiligten verwenden standardisierte Schreiben und Textbausteine formularmäßig in einer Vielzahl von Fällen.
D.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
E.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
F.
Die Streitwertbestimmung erfolgte ausgehend vom Kaufpreis des Fahrzeugs mit 28.800 €.
Hiervon war aufgrund des Vorliegens einer Feststellungsklage 1/3 abzuziehen.