Europarecht

Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteter Abgasmanipulation

Aktenzeichen  033 O 1896/20

Datum:
3.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 52563
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 434, § 823 Abs. 2, § 826, § 831
StGB § 263

 

Leitsatz

Über Art, Weise und Umfang einer AdBlue-Dosierung mag – auch im Verwaltungsverfahren über die Rechtmäßigkeit des Rückrufs – Streit bestehen. Unabhängig dieser rechtlichen Einordnung gehen damit aber nicht zugleich sittenwidrigkeitsbegründenden Umstände einher. So bedingt eine etwaige verwaltungsrechtliche Unzulässigkeit der Einstellung eines Emissionskontrollsystems – jenseits von Fällen des Einbaus einer Prüfzykluserkennung abgesehen – keine deliktische Haftung. Denn parametergesteuerte Emissionskontrollsysteme dienen nicht der Umgehung der NEFZ-Emissionsprüfung. sondern versuchen einen bestehenden Zielkonflikt zwischen motorischen Leistungs- und Qualitätsanforderungen und Umweltschutz zu lösen. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.  
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 23.900,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage erwies sich als unbegründet.
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Augsburg ergibt sich aus § 32 ZPO, da die Klagepartei ihre Ansprüche unter anderem auf deliktische Anspruchsgrundlagen stützt. Für Klagen aus unerlaubter Handlung ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Anknüpfungspunkt hierfür sind sowohl Handlungs- als auch Erfüllungsort der deliktischen Handlung. Erfolgsort ist hierbei der Ort, an dem die Schädigung des Rechtsguts eingetreten ist. Der Erfolgsort der vorgeworfenen Handlung lag am Wohnsitz der Klagepartei als Belegenheitsort ihres Vermögens (vgl. BGH, Urteil v. 28.02.1996, Az. XII ZR 181/94, NJW 1996, 1411).
II. Feststellungsinteresse
Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für die Feststellung des Annahmeverzugs ergibt sich aus den Erleichterungen im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß §§ 756, 765 ZPO.
B. Begründetheit
Die Klage erwies sich als unbegründet. Die Beklagte haftet nicht aus Delikt.
Ob die Klagepartei aktivlegitimiert ist, kann vorliegend dahinstehen.
Ebenso kann dahinstehen, ob die Beklagte passivlegitimiert ist.
Letztlich ist dies vorliegend nicht relevant, da der Klagepartei aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts keine Schadensersatzansprüche zustehen.
I. Kein Anspruch aus § 826 BGB
Die Voraussetzungen des § 826 BGB konnten nicht dargelegt werden.
1. NOx-Emissionsgrenzwerte
Die nach den für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp maßgeblichen Anforderungen gemäß dem Rollprüfstandtest „Neuer Europäischer Fahrzyklus“ NEFZ sind eingehalten. Soweit realen Verbrauchswerte davon abweichen, ist dies nach der damaligen Prüfmethode ohne nähere Bedeutung. Die realen Fahzeugemissionswerte („Real Driving Emissons“, RDE) sind auf den vorliegenden „Altfall“ nicht anzuwendender Maßstab.
2. Prüfstandserkennung und Regelung
Der Vortrag der Klagepartei, das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge über eine Motorsteuerungssoftware, die den Ausstoß von Stickoxid unter den Bedingungen des Prüfstandbetriebs (NEFZ) derart .,optimiert“, dass nur unter den Bedingungen des Prüfstands die Abgasreinigung vollständig aktiviert sei, stellt eine reine Behauptung ins Blaue hinein dar.
Denn zunächst ist festzustellen, dass der Rückruf des Kraftfahrzeugbundesamtes und die darauf basierende Anordnung des Landratsamtes (Anlage K8) nicht aufgrund einer unzulässigen Prüfstandserkennung erfolgt ist. So trägt auch die Beklagte selbst vor, dass der Rückruf angeordnet worden sei, weil einzelne Aspekte der ursprünglichen Paramentierung des Emissionskontrollsystems einer Abänderung bedurften.
Vorliegend behauptet die Klagepartei aber auch das Vorliegen einer Steuerungssoftware, welche eine Prüfstandmessung erkenne und die Abgasreinigung optimiere. Eine solche diesbezügliche Behauptung ist aber eine Behauptung ins Blaue.
Denn eine Behauptung ins Blaue liegt vor, wenn eine Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen aufs Geratewohl oder ins Blaue hinein aufstellt (BGH NJW-RR 2015, 829).
Dabei verkennt das Gericht die Entscheidung des VIII. Senat des BGH vom 28.01.2020 nicht. Aber auf den Beschluss des BGH vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19, WM 2020, 476) kann sich der Kläger nicht stützen: Dort steht nämlich eine kaufvertragliche Verbindung der Parteien inmitten, sodass es nach der Symptomtheorie genügt, wenn der Kläger ein „Verhalten“ der Kaufsache vorträgt, das auf einen Mangel im Sinne des § 434 BGB schließen lässt. Hier jedoch geht es um eine Schädigung des Klägers durch unerlaubte Handlung mit vom Kläger zu beweisendem Vertreten müssen, sodass in diesem konkreten Einzelfall allein der Vortrag eines (denkbaren) Mangels nicht ausreicht, um eine hinreichende Substantilerung ohne Annahme einer Behauptung ins Blaue hinein anzunehmen (so auch OLG München 17 U 7360 / 19 vom 31.03.2020). So führt auch das OLG Schleswig (Urteil vom 01.04.2020, 12 U 75/19) an, dass es in vorliegenden Streitfällen nicht um die Darstellung der genauen Funktionsweise des Abgasrückführungssystems zur Begründung von Mängelgewährleistungsansprüchen, sondern um Tatsachenbehauptungen, die Rückschlüsse auf das Vorhandensein des Vorsatzes bei einer deliktischen Haftung zulassen sollen. In dem hier vorliegenden Fall fehlt es – ebenso wie in dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des OLG Schleswig zugrunde lag – sowohl am konkreten Vortrag zum Vorsatz als auch an entsprechenden Beweisangeboten.
Dass sich die Rechtsprechung insoweit – auch nicht beim BGH – nicht einheitlich darstellt (vertragliche oder deliktische Haftung), ergibt sich auch aus der Entscheidung des VI. Zivilsenats des BGH, welcher für das Deliktsrecht zuständig ist, und in einem vergleichbaren Fall die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat (vgl. BGH VI ZR 514/19 vom 10.03.2020).
Vor diesem Hintergrund kam eine Beweiserhebung nicht in Betracht. Diese darf gerade nicht der bloßen Ausforschung dienen.
3. Rückruf
Das streitgegenständliche Fahrzeug ist von einem (angegriffenen und nicht bestandskräftigen) Rückruf des Kraftfahrzeugbundesamtes aufgrund einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen.
Das Landratsamt hat bis zur Durchführung eines Software-Updates am 30.09.2020 (Anlage K8) eine Stilllegung angeordnet und als Beanstandung die Verbesserung der Selektiven Katalytischen Reduktion (SCR-)-Nachbehandlung angeführt.
Insoweit trägt die Beklagte vor, dass es sich bei der angebotenen Software-Update eine freiwillige Service-Aktion zur Aktualisierung des Emissionskontrollsystems aufgrund technischer Fortentwicklung handele.
Jedenfalls betrifft diese Anordnung die SCR-Nachbehandlung und damit die Verwendung einer AdBlue-Dosierung.
Über Art, Weise und Umfang einer AdBlue-Dosierung mag – auch im Verwaltungsverfahren über die Rechtmäßigkeit des Rückrufs – Streit bestehen. Unabhängig dieser rechtlichen Einordnung gehen damit aber nicht zugleich sittenwidrigkeitsbegründenden Umstände einher. So bedingt eine etwaige verwaltungsrechtliche Unzulässigkeit der Einstellung eines Emissionskontrollsystems – jenseits von Fällen des Einbaus einer Prüfzykluserkennung abgesehen – keine deliktische Haftung. Denn parametergesteuerte Emissionskontrollsysteme dienen nicht der Umgehung der NEFZ-Emissionsprüfung. sondern versuchen einen bestehenden Zielkonflikt zwischen motorischen Leistungs- und Qualitätsanforderungen und Umweltschutz zu lösen.
Denn allein der Streit über die objektiven Voraussetzungen einer unzulässigen Abschalteinrichtung genügt allenfalls zum substantiierten Vortrag eines Mangels, nicht jedoch zu einem substantiierten Vortrag hinsichtlich einer deliktischen Haftung. Denn es wurde von der Klagepartei nur bedingt tatsächliche Anhaltspunkte zur Begründung einer deliktischen Haftung vorgetragen und dies zudem nicht mit einem ausreichenden Beweisangebot versehen. Aus dem unbewiesenen Vortrag lässt sich gerade nicht auf die konkret behauptete deliktische Manipulation schließen. Insoweit handelt es sich erneut um eine Behauptung ins Blaue hinein (s.o.).
4. Thermofenster
Ein Anspruch folgt auch nicht aus den Ausführungen zu dem verbauten Thermofenster.
Das Vorhandensein einer temperatur- und betriebszustandsabhängigen Steuerung des Ausmaßes der Abgasrückführung („Thermofenster“) erfüllt vorliegend nicht den Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung. Es fehlt bereits am notwendigen Schädigungsvorsatz sowie am für die Sittenwidrigkeit erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit.
Die Beklagte bestreitet zwar, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt, sie gesteht jedoch ein. dass die Abgasrückführung technisch bedingt unter Berücksichtigung von Rahmenbedingungen (gemeint ist hier u.a. die Außentemperatur) gesteuert wird.
Gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 2007/715/EG ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissions-Kontrollsystemen verringern grundsätzlich unzulässig. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 2 gilt dies jedoch nicht, soweit die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigungen zu schützen.
Die Parteien haben sich eingehend mit der Frage beschäftigt, ob dieser Thermofenster-Mechanismus mit den Vorgaben des einschlägigen Unionsrechts in Einklang steht. Diese Frage wurde in Rechtsprechung, Literatur und Rechtspolitik lange nicht einheitlich beantwortet. Umstritten war nicht nur, ob es sich bei diesem Mechanismus um eine Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der einschlägigen Verordnung (EG) 715/2007 handelt. Unklar war außerdem, ob der Mechanismus dem Regelverbot des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung unterfällt oder nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst, a) der Verordnung ausnahmsweise als zulässig anzusehen ist, weil er notwendig ist, um den Motor vor Beschädigungen zu schützen. Insoweit hat der EuGH mit Urteil vom 17. 12. 2020 – C-693/18 jüngst entschieden, dass der grundsätzlich unzulässige Einbau einer Abschalteinrichtung, die die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert, nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn hierdurch der Motor vor plötzlichen und außergewöhnlichen Schäden geschützt wird, die zu einer konkreten Gefahr während des Betriebs des Fahrzeugs führen. Dagegen kann die Tatsache, dass eine solche Abschalteinrichtung dazu beiträgt, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verhindern, nach der oben zitierten Entscheidung des EuGH ihr Vorhandensein nicht rechtfertigen.
Dies kann letztlich aber auch dahinstehen, denn damit ist der Nachweis eines im Sinne des § 826 BGB verwerflichen Handelns der Beklagten nicht geführt.
Objektiv sittenwidrig ist nach der Rechtsprechung ein Verhalten, das nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Dass das Verhalten gegen vertragliche Pflichten oder das Gesetz verstößt, unbillig erscheint oder einen Schaden hervorruft, genügt nicht. Insbesondere die Verfolgung eigener Interessen bei der Ausübung von Rechten ist im Grundsatz auch dann legitim, wenn damit eine Schädigung Dritter verbunden ist. Hinzutreten muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann.
Der Umstand, dass das Kraftfahrt-Bundesamt bis dato aufgrund des Thermofensters herstellerübergreifend keine Maßnahmen einleitet, zeigt, dass dieses offenbar bislang nicht von der Unzulässigkeit überzeugt ist. Wenn aber die zuständige Behörde sich auch in Kenntnis der aufkommenden Diskussion und nach Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu Maßnahmen veranlasst sieht, kann den Verantwortlichen der Beklagten kein vorsätzlicher Gesetzesverstoß unterstellt werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 16.03.2020 – 3 U 7524).
Wie oben ausgeführt kann/konnte der Bauteilschutz für die Rechtfertigung des “Thermofensters” ernsthaft in Betracht gezogen werden. Umstände, die das fehlende Bewusstsein der Beklagten in Frage stellen würden, wurden vom Kläger weder vorgetragen, noch sind diese sonst ersichtlich. Selbst wenn also nunmehr durch den Europäischen Gerichtshof festgestellt wurde, dass Thermofenster grundsätzlich als unzulässige Abschalteinrichtungen zu qualifizieren und an die Ausnahmetatbestände strenge Maßstäbe zu stellen sind, können daraus nur Erkenntnisse für die zukünftige Beurteilung der Rechtslage gewonnen werden. Die Beantwortung der Frage, inwieweit vor der Entscheidung subjektiv von einem Gesetzverstoß ausgegangen werden musste, lässt sich daraus nicht ableiten (vgl. insoweit zu den vorangegangenen Schlussanträgen der Generalanwältin: OLG München, Beschluss vom 16.03.2020 – 3 U 7524/19). Denn die Gesetzeslage war – jedenfalls im Zeitpunkt der Produktion, worauf sinnvoller Weise abgestellt werden muss (vgl. OLG München, Beschluss vom 16. März 2020 – 3 U 7524) – diesbezüglich nicht unzweifelhaft und eindeutig. Die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 sind nicht so klar formuliert, dass sich die Verwendung einer temperaturabhängigen oder sonst variablen Abgasrückführung eindeutig als unzulässig darstellen müsste (vgl. auch Ergebnis des 5. Untersuchungsausschusses gemäß Art. 44 des GG des Deutschen Bundestages (Drucksache 18/12900, S. 536 ff). Dies ergibt sich auch aus der kontrovers geführten Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) der Verordnung 2007/715/EG, sowie aus der unterschiedlichen Beurteilung in der bisherigen Rechtsprechung. Eine Auslegung, wonach ein “Thermofenster” eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, war aus Sicht der Beklagten daher jedenfalls nicht unvertretbar (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2019, Az. 10 U 134/19; OLG München, Hinweisbeschluss vom 20.07.2020, 27 U 7565/09; OLG München, Hinweisbeschluss vom 11. 08.2020, 2 U 7448 /19, je m.w.N.).
Ein Handeln unter einer Auslegung des Gesetzes, die nicht von vornherein als unvertretbar angesehen werden musste, kann jedoch nicht – mit Rückwirkung auf das Baujahr des Fahrzeuges – als besonders verwerfliches Verhalten bewertet werden.
Dies entspricht auch der neuesten Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 19.01.2021, VI ZR 433 / 19), wonach die Entwicklung und der Einsatz der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) für sich genommen nicht ausreichen, um einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) zu begründen. Das Verhalten der für den beklagten Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einem solchen Thermofenster ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gilt auch dann, wenn das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren sein sollte und die Beklagte mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebte. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist vielmehr nur dann gegeben, wenn weitere Umstände – welche vorliegend nicht zu erkennen waren – hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen.
II. Kein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB
Auch ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB iVm 263 StGB kommt vorliegend nicht in Betracht. Hierfür wäre eine zurechenbare vorsätzliche Täuschung im Sinne eines Betruges erforderlich. Eine solche kann nach den obigen Ausführungen aber gerade nicht festgestellt werden.
III. Kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV
Der Klagepartei steht auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu.
Denn bei § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV handelt es sich um kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (dazu OLG München, Beschluss vom 29.08.2019, Az. 8 U 1449/19). Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind Normen, die zumindest auch dazu dienen sollen, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, § 823, Rn. 58). Nach Absatz 3 der Erwägungsgründe zu RL 2007/46/EG sollen die in diesem Zusammenhang zu erlassenden Rechtsakte aber vor allem auf eine hohe Verkehrssicherheit, hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung abzielen, also gerade keine Schutzwirkung zugunsten des Einzelnen entfalten. Insbesondere sind gerade auch keine Sanktionen mit einem individuellen Schutzcharakter für ein Individuum vorgesehen.
IV. Kein Anspruch aus § 831 BGB
Aus vorgenannten Gründen scheitert auch ein Anspruch aus § 831 BGB.
V. Nebenforderungen
Mangels Anspruchs in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten.
C. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
D. Streitwert
Die Entscheidung zum Streitwert beruht auf § 3 ZPO. Der Feststellungsantrag wirkt nicht streitwerterhöhend.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben