Europarecht

Übereinstimmende Erledigungserklärungen in wasserrechtlicher Streitigkeit

Aktenzeichen  Au 9 K 18.866

Datum:
25.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 17471
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 162
WHG § 13, § 14 Abs. 2
BayWG Art. 16 Abs. 1 Nr. 1
BayVwVfG Art. 36

 

Leitsatz

Tenor

I. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
II. Nr. 8 des Bescheids des Landratsamts * vom 25. April 2018 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über die Befristung der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Soweit das Verfahren in Ziffer I. eingestellt wird, werden die Kosten gegeneinander aufgehoben. Im Übrigen trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 14. Mai 2020 bzw. 11. Mai 2020 auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet hatten und mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden waren.
1. Der Rechtsstreit ist in Bezug auf die ursprünglich von der Klägerin angegriffenen Nebenbestimmungen/Inhaltsbestimmungen in den Nrn. 6.1.8.4 bis 6.1.8.8, 6.1.8.13, 6.1.9.4, 6.1.9.6, 6.1.9.8, 6.2.2 bis 6.2.9, 6.2.10, 6.2.12, 6.2.15, 6.3.2, 6.5.1 und Nr. 9 sowie den Hinweisen in Nrn. 13, 20, 21 und 22 aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten in den Schriftsätzen vom 4. Mai 2020 bzw. 11. Mai 2020 in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Nach Abgabe der entsprechenden Erledigungserklärungen ist lediglich gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des Verfahrens insoweit nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. Nr. 3 des Urteils).
2. Soweit die Klage nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2019 und den wechselseitigen Erklärungen der Beteiligten vom 4. Mai bzw. 11. Mai 2020 noch aufrechterhalten wurde – dies betrifft die Nebenstimmungen/ Inhaltsbestimmungen in Nrn. 6.6 (Heimfallregelung), Nr. 7 (Auflagenvorbehalt) und Nr. 8 (Befristung der Bewilligung) des streitgegenständlichen Bescheids vom 25. April 2018 -, ist die Klage zulässig, hat aber nur teilweise Erfolg. In Bezug auf die im streitgegenständlichen Bescheid vom 25. April 2018 unter Nr. 8 getroffenen Befristung der Bewilligung bis zum 31. Dezember 2048 steht der Klägerin ein Anspruch auf erneute Entscheidung über die Befristung durch die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Soweit sich die Klägerin gegen die Nebenstimmungen/Inhaltsbestimmungen in Nr. 6.6 (Heimfallregelung) bzw. den Auflagenvorbehalt in Nr. 7 des streitgegenständlichen Bescheids wendet, bleibt die Klage jedoch ohne Erfolg. Nrn. 6 und 7 des Bescheids des Landratsamts * vom 25. April 2018 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bzw. steht der Klägerin kein Anspruch auf die von ihr beantragte Bewilligung ohne die entsprechenden Nebenbestimmungen/Inhaltsbestimmungen zu.
a) Soweit sich die Klägerin mit ihrer Klage gegen die in Nr. 8 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Befristung der erteilten Bewilligung bis zum 31. Dezember 2048 wendet, hat die Klage jedenfalls mit dem im klägerischen Schriftsatz vom 10. August 2018 (Gerichtsakte Bl. 53 bis 71) gestellten Hilfsantrag in Nr. 4. Erfolg. Nach Auffassung der Kammer ist die im Bescheid des Landratsamts * vom 25. April 2018 auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 WHG getroffene Befristung auf die Dauer von 30 Jahren vorliegend nicht angemessen und somit rechtswidrig. Der Klägerin steht andererseits aber kein gesetzlich gebundener Anspruch auf eine bestimmte Befristungsdauer zu, so dass die Beklagte unter Aufhebung der Nr. 8 lediglich dazu zu verpflichten war, erneut über die Befristung der ausgesprochenen wasserrechtlichen Bewilligung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
aa) Gemäß § 14 Abs. 2 WHG wird die Bewilligung für eine bestimmte angemessene Frist erteilt, die in besonderen Fällen 30 Jahre überschreiten darf. Die wasserrechtliche Bewilligung einer Gewässerbenutzung ist von Amts wegen stets zu befristen, wobei die Befristung gemeinsam mit der Erteilung der Bewilligung zu treffen ist. Fehlt eine Befristungsentscheidung kann sie auch nachträglich erfolgen (vgl. Knopp in Sieder-Zeitler-Dahme-Knopp, Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz – im Folgenden: SZDK, Bd. 1, Stand: August 2019, § 14 WHG Rn. 63; Czychowski/Reinhardt, 12. Auflage 2019, § 14 Rn. 29). Als untrennbarer Teil der wasserrechtlichen Bewilligung kann die Befristungsentscheidung nur zusammen mit der Bewilligung angefochten werden (Knopp in SZDK, a.a.O., § 14 WHG Rn. 68). Da es sich um eine gesetzesnotwendige Inhaltsbestimmung der wasserrechtlichen Bewilligung selbst handelt, ist statthafte Klageart insoweit die Verpflichtungsklage, gerichtet auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung unter abweichender Fristbestimmung in Nr. 8 des streitgegenständlichen Bescheids.
bb) Die Klägerin hat einen Anspruch auf erneute Entscheidung bezüglich des Bewilligungszeitraums, weil die vom Beklagten vorgenommene Befristung aus den Umständen des Einzelfalles vorliegend nicht als angemessen anzusehen ist.
Ausgehend vom Wortlaut des § 14 Abs. 2 WHG muss die Befristung „angemessen“ sein, was als unbestimmter Rechtsbegriff vollständiger gerichtlicher Prüfung unterfällt (vgl. Drost in Das neue Wasserrecht in Bayern, Band I a, Stand: Oktober 2019, § 14 WHG Rn. 21). Die Bestimmung der Frist liegt nicht im Ermessen der Behörde, vielmehr muss die angemessene Laufzeit der Bewilligung nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt werden. Das Gericht verkennt nicht, dass die in § 14 Abs. 2 WHG genannte Frist von 30 Jahren dem Grundsatz nach als obere Grenze der Frist zu verstehen ist (vgl. Eiselt, NuR 2007, 814 ff. zu § 8 Abs. 5 WHG; Knopp in SZDK, a.a.O., § 14 WHG Rn. 69 m.w.N.). Bei der Festsetzung ist jedoch eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der die Belange des Gemeinwohls im Sinne des § 12 WHG und die Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der §§ 14 Abs. 3 bis 6 und 16 WHG gegeneinander abzuwägen sind.
Vorliegend hat der Beklagte seine Befristungsentscheidung in Nr. 8 des streitgegenständlichen Bescheids lediglich mit dem Hinweis auf die Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 2 WHG (S. 25 des Bescheids) begründet. Für das Gericht ist deshalb bereits nicht erkennbar, dass die vom Gesetz in § 14 Abs. 2 WHG geforderte Interessenabwägung überhaupt stattgefunden hat. Ausführungen zur Angemessenheit dieser Frist finden sich im angefochtenen Bescheid nicht. Zwar stellt die in § 14 Abs. 2 WHG genannte Frist von 30 Jahren eine grundsätzliche Höchstgrenze dar (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 14 Rn. 32), das schließt jedoch nicht aus, dass besondere Gründe im Einzelfall eine längere Laufzeit rechtfertigen können. Solche können insbesondere in Fällen der öffentlichen Wasserversorgung oder bei gemeinnützigen Kraftwerken vorliegen, weil hier wegen des Wohls der Allgemeinheit eine Wasserbenutzung über eine längere Zeitspanne sichergestellt werden muss (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 14 Rn. 32; Guckelberger in BeckOK – Giesberts/Reinhardt – Umweltrecht, Stand: April 2020, § 14 WHG Rn. 9). Vor dem Hintergrund, dass § 14 WHG insbesondere auch dem Investitionsschutz dient, ist ein besonderer Fall im Sinn des § 14 Abs. 2 WHG dann anzunehmen, wenn nicht nur die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 WHG vorliegen, sondern die erforderlichen Investitionen nicht innerhalb von 30 Jahren erwirtschaftet werden können.
Seitens des Beklagten fehlt jedoch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der jedenfalls im gerichtlichen Verfahren von der Klägerin vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung vom 6. September 2018 (Gerichtsakte Bl. 78 bis 90), die nach plausibler Darlegung bekundet, warum betriebswirtschaftlich eine Genehmigungsdauer von mindestens 50 Jahren erforderlich ist. Hinzu kommt, dass es sich bei der Klägerin um einen kommunalen Energieversorger handelt, der als Stadtwerk mehrere größere und kleinere Gemeinden mit Elektrizität beliefert und somit gemeinnützige Aufgaben wahrnimmt. Mit diesem Umstand, die Klägerin als öffentlicher Grundversorger, setzt sich der mit der Klage angegriffene Bescheid nicht auseinander.
Da Überlegungen zur Angemessenheit der Befristung im angefochtenen Bescheid gänzlich fehlen und sich dessen Begründung in diesem Punkt lediglich auf die Nennung der Vorschrift des § 14 Abs. 2 WHG beschränkt, war Nr. 8 des Bescheids von 25. April 2018 aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, erneut über die Angemessenheit einer die Frist von 30 Jahren überschreitenden Befristung zu entscheiden. Unter Berücksichtigung der im Verfahren von der Klägerin vorgelegten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Ingenieurbüros * vom 6. September 2018 und der Stellung der Klägerin als öffentlichem Wasserversorger erachtet das Gericht vorliegend eine Befristung über einen längeren Zeitraum als 30 Jahre für sachlich geboten. Da, wie oben dargestellt, keine Ermessensentscheidung im Rahmen des § 14 Abs. 2 WHG inmitten steht, es aber offensichtlich an der behördlichen Prüfung einer Angemessenheit der Befristung unter Berücksichtigung der vorgenannten Kriterien fehlt, war der Beklagte lediglich zu verpflichten, über die Befristung mit einer 30 Jahre übersteigenden Dauer erneut nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Der Klage war insoweit im Hilfsantrag aus Nr. 4 des Schriftsatzes vom 10. August 2018 (Gerichtsakte Bl. 53 ff.) stattzugeben. Ein gebundener Anspruch auf eine bestimmte Befristungsdauer steht der Klägerin aus den dargestellten Erwägungen hingegen nicht zur Seite.
b) Soweit sich die Klage der Klägerin gegen den in Nr. 7 des Bescheids vom 25. April 2018 geregelten Auflagenvorbehalt wendet, ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet.
aa) Die von der Klägerin insoweit erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist zunächst zulässig und insbesondere statthaft. Der den wasserrechtlichen Grundentscheidungen im Bescheid vom 25. April 2018 (wasserrechtliche Bewilligung, Plangenehmigung, Anlagengenehmigung) in Nr. 7 beigefügte Auflagenvorbehalt kann als Nebenbestimmung mit der Anfechtungsklage angegriffen werden, da die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Hauptregelungen auch ohne den Auflagenvorbehalt noch Sinn ergeben. Bei der angegriffenen Nr. 7 handelt es sich um eine belastende Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt, nämlich in Gestalt eines Auflagenvorbehalts im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 5 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).
Bei belastenden Nebenbestimmungen als Verwaltungsakt ist die Anfechtungsklage statthaft, sofern eine isolierte Aufhebbarkeit nicht offenkundig von vornherein ausscheidet und der Verwaltungsakt auch ohne die angefochtenen Nebenbestimmungen Sinn ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.2000 – 11 C 2.00 – BVerwGE 112, 221 ff.). Handelt es sich hingegen um eine Inhaltsbestimmung des Verwaltungsakts in Gestalt einer sog. modifizierenden Auflage, so wäre hingegen die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO die statthafte Klageart.
bb) Der in Nr. 7 der streitgegenständlichen wasserrechtlichen Grundentscheidungen im Bescheid vom 25. April 2018 beigefügte Auflagenvorbehalt ist rechtmäßig, insbesondere genügt er auch hinsichtlich seiner Bestimmtheit den an derartige Auflagenvorbehalte zu stellenden rechtlichen Anforderungen.
Fraglich ist bereits, ob der in Nr. 7 aufgenommene Auflagenvorbehalt für die Klägerin eine eigene Beschwer enthält. Denn nach § 13 Abs. 1 WHG können Inhalts- und Nebenbestimmungen jederzeit, auch nachträglich festgesetzt werden. Dieser Vorbehalt gilt kraft Gesetzes und braucht dem Grunde nach nicht gesondert durch einen dem Verwaltungsakt beigefügten Auflagenvorbehalt verankert werden (vgl. Drost in Das neue Wasserrecht in Bayern, a.a.O., § 13 WHG Rn. 29). Da der nachträgliche Auflagenvorbehalt bereits auch ohne entsprechende Regelung in einem Bescheid sachlich gerechtfertigt ist, erweist sich die hier vorgenommene Aufnahme in Nr. 7 als unschädlich (so auch Drost in Das neue Wasserrecht, a.a.O., § 13 WHG Rn. 29). Im Übrigen ist auch auf Art. 36 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG zu verweisen, wonach der Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage als Nebenbestimmung für grundsätzlich zulässig erklärt wird. Ob eine nachträglich angeordnete Auflage von dem – gesetzlichen oder ausdrücklich verfügten – Vorbehalt gedeckt ist, wäre dann im konkreten Einzelfall zu prüfen.
Letztlich bedarf dies jedoch keiner vertiefenden Betrachtung, denn Auflagenvorbehalte sind zulässig, wenn vom Standpunkt des Gemeinwohls (§ 12 Abs. 1 WHG) die Folgen einer Gewässerbenutzung noch nicht eindeutig zu beurteilen sind. Der Vorbehalt von Nebenbestimmungen muss auf überschaubare Zusammenhänge abstellen, also insbesondere darauf abzielen, dass beim Eintritt bestimmter Ereignisse bestimmte Maßnahmen zu treffen sind, oder aber Vorkehrungen für den Eintritt bestimmter Ereignisse verlangen (Knopp in SZDK, a.a.O., § 13 WHG Rn. 29). Im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung muss für einen solchen Vorbehalt von Nebenbestimmungen ein konkreter Anhaltspunkt dafür vorliegen, dass das Wohl der Allgemeinheit innerhalb der Gestattungsfrist beeinträchtigt werden könnte (Knopp in SZDK, a.a.O., § 13 WHG Rn. 40). Vorliegend hat der Beklagte den in Nr. 7 verfügten Auflagenvorbehalt inhaltlich dahingehend beschränkt, dass Auflagen lediglich im wasserwirtschaftlichen, öffentlich-fischereirechtlichen oder naturschutzfachlichen Interesse erfolgen und nannte insbesondere Auflagen, bezüglich des Geschiebemanagements, des Fischschutzes und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstrukturen im Sinne eines guten ökologischen Potenzials. Gerade im Hinblick auf die Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung und den mit der genehmigten intensiven Kraftwerksnutzung verbundenen Auswirkungen auf das Gewässer selbst ist der in Nr. 7 vorgenommene Auflagenvorbehalt bezüglich der mit der Gewässernutzung verbundenen wasserwirtschaftlichen, fischereirechtlichen und naturschutzfachlichen Belange gerechtfertigt.
Selbst wenn der Auflagenvorbehalt dem Bewältigungsgebot nicht gerecht würde, weil er – wie die Klägerin meint – zu weitreichend, zu allgemein gehalten und lediglich vorbeugend für einen Eventualfall getroffen worden wäre (vgl. hierzu Knopp in SZDK, a.a.O., § 13 WHG Rn. 39), wäre die Klägerin hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin wird nämlich nicht spürbar in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz – GG) beeinträchtigt. Ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit durch einen Rechtsakt, wie er hier inmitten steht, setzt eine generelle oder individuelle Regelung voraus, die das geschützte Verhalten regelt, sei es durch positive oder negative Pflichten, sei es durch einen Genehmigungsvorbehalt oder Ähnliches (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 15. Auflage 2018, Art. 2 Rn. 9). Der im streitgegenständlichen Bescheid getroffene allgemeine Vorbehalt geht über eine Information der tatsächlichen Rechtslage für die Klägerin nicht hinaus. Er trifft keine konkreten belastenden Regelungen und kündigt solche auch nicht bereits konkret an. Daher scheidet eine Rechtsverletzung der Klägerin jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt aus. Gegen nachträglich angeordnete Nebenbestimmungen kann die Klägerin gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.
c) Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Klage in Bezug auf die angegriffene Nebenbestimmung/Inhaltsbestimmung in Nr. 6.6 des streitgegenständlichen Bescheids. Die dort getroffene Heimfallregelung ist rechtmäßig und ebenfalls nicht geeignet, die Klägerin in ihren Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In Bezug auf die in Nr. 6.6 getroffene Regelung zum Heimfall der Anlagen bzw. Grundstücke bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob es sich insoweit um eine mit der Anfechtungsklage angreifbare isolierte Nebenbestimmung (Auflage) handelt oder ob aufgrund der Tragweite der getroffenen Regelung eine Inhaltsbestimmung (modifizierende Auflage) vorliegt, die eine Verpflichtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO bedingen würde. Die Klägerin besitzt weder einen Anspruch auf isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung, noch besitzt sie einen Anspruch auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung ohne die entsprechende Nebenbestimmung.
aa) Die in Nr. 6.6 getroffene Heimfallregelung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 16 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Bayerisches Wassergesetz (BayWG). Gemäß Art. 16 Abs. 1 Nr. 1a BayWG können in Fällen, in denen eine Erlaubnis oder Bewilligung ganz oder teilweise erloschen ist, die Inhaber der bisherigen Zulassung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit verpflichtet werden, die Anlagen für die Benutzung des Gewässers ganz oder teilweise bestehen zu lassen. Die Heimfallregelung korrespondiert mit den Duldungspflichten des Gewässereigentümers – hier des Freistaats Bayern. Die Pflicht zur Duldung der Gewässerbenutzung endet nach Art. 4 Satz 1 BayWG mit dem Erlöschen der Erlaubnis oder der Bewilligung. Infolgedessen kann als Auflage im Bewilligungsbescheid verlangt werden, dass der Unternehmer (Gewässerbenutzer) mit der rechtlichen Beendigung der Gewässerbenutzung nicht nur die Gewässerbenutzung einstellt, sondern auch die der Gewässerbenutzung dienenden Anlagen – soweit sie auf dem bislang der Duldungspflicht unterliegenden Gewässergrundstück errichtet worden sind – bestehen bleiben. Daher kann durch Auflage geregelt werden, dass nach dem Erlöschen der wasserrechtlichen Zulassung der Benutzer oder sein Rechtsnachfolger auf Verlangen des Freistaats Bayern verpflichtet ist, Eigentum, Besitz und sonstige Rechte an den Anlagen für die Benutzung des Gewässers und an allen sonstigen zum Betrieb der Anlage erforderlichen Betriebsteilen auf den Freistaat Bayern oder einen von diesem zu bestimmenden Dritten zu übertragen (vgl. Schwendner in Sieder/Zeitler, Bayerisches Wassergesetz, Band I, Stand: Februar 2019, Art. 4 BayWG Rn. 21; Drost in Das neue Wasserrecht in Bayern, Band II, Stand: Oktober 2019, Art. 4 BayWG Rn. 19; Lorenz, BayVBl 1989, 321 ff.). Die Heimfallverpflichtung kann insbesondere auf die wasserbautechnischen Anlagen, Wasserkraftmaschinen mit Zubehör und die dem Betrieb der gesamten Anlage dienenden Grundstücke und dinglichen Rechte erstreckt werden. Weiter kann – wie in Nr. 6.6 des angegriffenen Bescheids – festgelegt werden, dass die gesamten Anlagen in gutem baulichen und betriebsfähigem Zustand zu übertragen sind (Drost in Das neue Wasserrecht in Bayern, a.a.O., Art. 4 BayWG Rn. 19). Die Kosten der Übertragung hat dabei regelmäßig der Begünstigte (Freistaat Bayern) zu tragen. Auch dies wurde in der mit der Klage angegriffenen Heimfallregel in Nr. 6.6.1 beachtet.
bb) Auch die in Nr. 6.6.2 getroffene Regelung zur Unentgeltlichkeit bzw. zur Gewährung einer Entschädigung genügt den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen. Unentgeltliche Heimfallklauseln sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur eingeschränkt zulässig (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.1970 – IV C 165/65 – BayVBl 1971, 151). Die vorliegend getroffene Unentgeltlichkeit des Heimfalls hinsichtlich der wasserbautechnischen Anlagen und der dazu gehörigen Grundstücke begegnen keinen Bedenken. Im Gegensatz zu den elektrotechnischen Anlagen und zu den Wasserkraftmaschinen, für die nach der Rechtsprechung eine Entschädigung zu gewähren ist, ist die Heimfallauflage betreffend wasserbautechnischen Anlagen und Grundstücke von wasserwirtschaftlichen Erwägungen getragen. Es liegt hier die Überlegung zugrunde, dass der Ausbau des Gewässers für Zwecke der Wasserkraftnutzung den Gewässerzustand über Jahre einschneidend und regelmäßig irreparabel verändert und daher die Stauanlagen auch nach Beendigung der Stromerzeugung in der Regel weiter aufrechterhalten und betrieben werden müssen. Die damit für den künftigen Unterhaltsträger (Freistaat Bayern) verbundene umfangreichere und aufwändigere Unterhaltslast, wie sie auch der gesetzlichen Bestimmung in Art. 16 Abs. 2 Satz 1 BayWG zugrunde liegt, lässt die vorgenommene Differenzierung nicht als sachwidrig erscheinen. Vor diesem Hintergrund ist auch die in Nr. 6.6.2 des angegriffenen Bescheids getroffene differenzierte Regelung sachgerecht. Dies gilt auch in Bezug auf die Berücksichtigung eines an die Klägerin geleisteten Baukostenzuschusses bei Gewährung einer entsprechenden Entschädigung. Auch die in Nr. 6.6.3 geregelte und nur auf Verlangen des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz geforderte dingliche Sicherung in Bezug auf die jeweiligen Grundstücke der Klägerin begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des mit der Regelung verbundenen geringen Eingriffs in Rechte der Klägerin und dem zugrunde gelegten Eventualvorbehalt.
cc) Schließlich ist die Heimfallregelung in Nr. 6.6 des Bescheids, deren Aufnahme im Ermessen der zuständigen Wasserrechtsbehörde liegt, auch nicht ermessensfehlerhaft im Sinne des § 114 VwGO. Nach Nr. 1.5.3.2 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts (VVWAS) sind für Wasserkraftnutzungen über 500 kW mittlere Leistung, wie im Fall der Klägerin, Heimfallbedingungen zwingend aufzunehmen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass anstelle der Heimfallregelung gemäß Art. 16 Abs. 1 Nr. 1b BayWG auch die Beseitigung der Anlagen zur Wasserkraftnutzung verlangt werden kann. Insoweit ist die im streitgegenständlichen Bescheid getroffene Heimfallregelung unter der nach der Rechtsprechung gebotenen Differenzierung zwischen den einzelnen Anlagenkomponenten zur Wasserkraftnutzung nicht ermessensfehlerhaft. Die Klage war daher insoweit ebenfalls abzuweisen.
3. Hinsichtlich des aufgrund der übereinstimmend abgegebenen Erledigungserklärungen eingestellten Verfahrensteils war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen. Da in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2019 bzw. im Nachgang zu dieser die zunächst angegriffenen Nebenbestimmungen durch den Beklagten teilweise modifiziert bzw. aufgehoben wurden und die Klägerin ihre Klage in Bezug auf mehrere Nebenbestimmungen zurückgenommen bzw. die ursprüngliche Fassung der Nebenbestimmungen akzeptiert hat, erachtet das erkennende Gericht eine Kostenaufhebung bezüglich der erledigten Verfahrensteile für sachlich gerechtfertigt. Im Übrigen ergeht die Kostenentscheidung auf der Grundlage des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die getroffene Kostenregelung trägt dabei dem unterschiedlichen Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten Rechnung.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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