Europarecht

Untersagung einer gewerblichen Alttextiliensammlung

Aktenzeichen  M 17 K 16.4301

Datum:
10.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG KrWG § 17, § 18

 

Leitsatz

1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Untersagungsanordnung nach § 18 Abs. 5 S. 2 KrWG ist angesichts von deren Charakter als Dauerverwaltungsakt der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (Anschluss an OVG Münster BeckRS 2015, 54785). (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Drei-Monats-Frist des § 18 Abs. 1 KrWG beginnt erst mit einer vollständigen Anzeige zu laufen. Es handelt sich nicht um eine Ausschlussfrist für eine etwaige Untersagungsanordnung durch die Behörde (Anschluss an OVG Münster BeckRS 2015, 54784). (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Untersagung einer Sammlung ist nach § 18 Abs. 5 S. 2 Alt. 2 iVm § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KrWG zulässig und verhältnismäßig, wenn die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Abfälle nicht dargelegt worden ist. Ein milderes Mittel ist nicht erkennbar. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 10. November 2016 entschieden werden, obwohl die Klägerin nicht erschienen war. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Kostenrechnung vom 8. September 2016 richtet (s.u. I.), im Übrigen unbegründet (s.u. II.).
I.
Die Anfechtungsklage ist nicht statthaft, soweit die Aufhebung der Kostenrechnung vom 8. September 2016 begehrt wird. Denn mit dieser Rechnung werden lediglich die mit Bescheid vom gleichen Tag festgesetzten Kosten erhoben, so dass es sich mangels Regelungswirkung nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) handelt.
II.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet, weil der streitgegenständliche Bescheid sowohl formell als auch materiell rechtmäßig ist und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Da die streitgegenständliche Untersagungsanordnung ein Dauerverwaltungsakt ist, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. OVG NRW, U. v. 21.9.2015 – 20 A 2219/14 – juris Rn. 42). Bei der Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) handelt es sich zudem um eine gebundene Entscheidung, so dass das Gericht von Amts wegen umfassend zu prüfen hat, ob das materielle Recht die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Dabei hat es alle entscheidungserheblichen Gründe zu berücksichtigen, die ihm bekannt sind, gleichgültig, woher es die Kenntnis hat (OVG NRW, B. v. 5.8.2015 – 20 A 1188/14 – juris Rn. 20; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 22).
2. Die Untersagung, die sich – wie die Auslegung des Bescheids vom 8. September 2016 ergibt – auf die angezeigte Alttextiliensammlung der Klägerin bezieht, kann hier entgegen der Auffassung der Klägerin auf § 18 KrWG gestützt werden.
2.1 Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Der hier allein maßgebliche § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG regelt, dass die Pflicht, Abfälle aus privaten Haushaltungen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen, nicht für Abfälle besteht, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Wann öffentliche Interessen entgegenstehen, ist wiederum in § 17 Abs. 3 KrWG geregelt.
2.2 Der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG steht insbesondere nicht entgegen, dass seit der Sammlungsanzeige durch die Klägerin mehr als drei Monate vergangen sind.
Zwar ergibt sich aus § 18 Abs. 1 KrWG, wonach gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde anzuzeigen sind, dass der Gewerbetreibende nach Ablauf dieser drei Monate mit der Sammlung beginnen darf, wenn die Behörde bis dahin keine Untersagungsanordnung erlassen hat.
Zum einen beginnt diese Drei-Monats-Frist jedoch erst ab vollständiger Anzeige, die hier nicht vorliegt, da zumindest die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung entgegen § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG bis heute nicht dargelegt wurde (s.u. 2.3). Zum anderen handelt es sich bei der Frist des § 18 Abs. 1 KrWG auch nicht um eine Ausschlussfrist für eine etwaige Untersagungsanordnung durch die Behörde, so dass diese auch noch nach Ablauf der Drei-Monats-Frist ergehen kann (vgl. OVG NRW, U. v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 46f.; VGH BW, B. v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 17; von Lersner/Wendenburg/Kropp/Rüdiger, Recht der Abfallbeseitigung, Stand September 2016, § 18 Rn. 72).
2.3 Auch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sind hier erfüllt.
Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Untersagungsverfügung im Bescheid vom 8. September 2016 auch auf Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin (§ 18 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 KrWG) gestützt werden kann, weil diese trotz entsprechender Aufforderung seitens des Landratsamts mit Schreiben vom 26. April 2016 weitere Angaben zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung verweigert hat (vgl. OVG NRW, U. v. 7.5.2015 – 20 A 2670/13 – juris Rn. 13; VGH BW, B. v. 10.10.2013 – 10 S 1202/13 – juris Rn. 22 f., 26; BayVGH, B. v. 8.4.2013 – 20 CS 13.377 – juris Rn. 10; VG Bremen, B. v. 25.6.2013 – 5 V 2122/12 – juris Rn. 22 ff.; VG Neustadt, B. v. 6.5.2013 – 4 L 318/13.NW – juris Rn. 8 ff.). Denn jedenfalls ist die streitgegenständliche Anordnung deswegen gerechtfertigt, weil die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nicht dargelegt wurde:
2.3.1 Die Untersagung einer Sammlung ist nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zulässig, weil die Klägerin die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Abfälle nicht dargelegt hat.
Gemäß § 18 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 KrWG sind vom Sammler die innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten darzulegen sowie, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird. Nach § 7 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, und schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
Das BVerwG hat zu dieser Darlegungspflicht im Einzelnen Folgendes ausgeführt (U. v. 30.6.2016 – 7 C 5/15 – juris Rn. 27 f.):
„Folglich ist […] bei der Bestimmung des Umfangs der Darlegungspflicht nicht generalisierend, sondern im Hinblick auf die konkreten Entsorgungsstrukturen differenzierend vorzugehen. So kann von Bedeutung sein, ob für eine Abfallfraktion etablierte Verwertungswege bestehen. Der aktuelle Marktpreis kann ein bestehendes ökonomisches Interesse an der Verwertung indizieren. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, ob der gewerbliche Sammler die Verwertung selbst durchführt oder die gesammelten Abfälle – im Rahmen einer langjährigen (funktionierenden) Geschäftsbeziehung – an ein oder mehrere (bekannte und bewährte) Entsorgungsunternehmen weiterveräußert und ob diese Unternehmen ihren Sitz im In- oder Ausland haben.
Hiernach sind die Mindestanforderungen aus § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG dann erfüllt, wenn aufgezeigt wird, dass der gesamte Abfall – hinsichtlich Sammelmenge und -zeitraum – von einem oder mehreren Entsorgungsunternehmen abgenommen wird. Durchläuft die Verwertung mehrere Stufen, muss bei der Festlegung weiterer Darlegungsanforderungen insbesondere die Situation der Kleinsammler Berücksichtigung finden. Dies gilt gerade bei einer Abfallfraktion wie dem Altmetall, für das nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin eine hohe Recyclingquote zu verzeichnen ist, so dass alles dafür spricht, dass in diesem Marktsegment eine effektive Ressourcennutzung verwirklicht wird und die Verwertungswege funktionieren. In einem solchen Bereich wird der Sammler seine Anzeigepflicht regelmäßig dadurch erfüllen, dass er nachvollziehbar einen pauschalen Verwertungsweg schildert, das oder die Entsorgungsunternehmen, an die er die gesammelten Abfälle zu liefern beabsichtigt, namentlich benennt und geeignet belegt, dass diese willens und in der Lage sind, die Abfälle der Sammlung anzunehmen. Hierfür genügt – in Anlehnung an die Regelungen der Nachweisverordnung – eine schriftliche Erklärung des abnehmenden Unternehmens, aus der sich ergibt, dass die Annahme der Abfälle sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch des Zeitraums der Sammlung gewährleistet ist. Eine detaillierte Beschreibung des weiteren Entsorgungswegs der gesammelten Abfälle bis zum finalen Bestimmungsort der Verwertung unter namentlicher Benennung aller beteiligten Unternehmen ist von einem Kleinsammler nicht zu verlangen, so dass es ausreicht, in dieser Situation zu § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG nur pauschal unter Hinweis auf die allgemeinen Verhältnisse im betreffenden Marktsegment vorzutragen. Denn Ausführungen zu den konkreten Umständen der endgültigen Verwertung sind dem am Anfang der Entsorgungskette stehenden Kleinsammler – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt möglich, weil er zum einen auf Angaben der Unternehmen in der Verwertungskette angewiesen ist und diese sich in ihrer Zusammensetzung zum anderen durch Marktentwicklungen ändern kann. Des Weiteren stellt sich das Problem, dass sich der Weg der Abfälle des jeweiligen Kleinsammlers jedenfalls nach Vermischung mit den Abfällen anderer Sammler auf den weiteren Verwertungsstufen nicht mehr nachvollziehen lässt. In dieser Situation erscheint es angezeigt, die gegebenenfalls gebotenen Überwachungsmaßnahmen auf den verschiedenen Stufen der Entsorgungskette vorzunehmen, so dass der Zweck der Darlegung nur beschränkte Angaben vom Sammler rechtfertigt.“
2.3.2 Es ist bereits fraglich, ob diese Entscheidung auf den vorliegenden Fall überhaupt übertragbar ist, da die Klägerin weder Kleinsammlerin ist noch mit Altmetall handelt. Aber letztendlich ist die Klägerin hier auch der Darlegungspflicht, wie sie vom BVerwG umschrieben wird, nicht nachgekommen. So gab sie lediglich an, dass die Verwertung über die UAB … in Litauen und die Müllheizkraftwerk … erfolge. Neben einem Zertifikat für das Sammeln, Befördern, Handeln und Makeln von Abfällen der … mbH vom … Juni 2012 hat die Klägerin dem Beklagten nur eine Bestätigung der JSC … vom … Juni 2012 vorgelegt, wonach zwischen dieser Firma und der … eine Geschäftsbeziehung besteht und Letztere pro Jahr geschätzte 900 t Alttextilien aus Deutschland anliefert. Abgesehen davon, dass dieses Schreiben in englischer Sprache verfasst ist, obwohl Amtssprache Deutsch ist (vgl. Art. 23 Abs. 1 BayVwVfG), ist es auch über vier Jahre alt und damit nicht geeignet, die gegenwärtige Verwertung der Abfälle zu bestätigen. Vor allem aber ergibt sich aus diesem Schreiben nicht – wie das BVerwG verlangt -, dass die Annahme der Abfälle sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch des Zeitraums der Sammlung gewährleistet ist, d. h. belegt ist, dass das Entsorgungsunternehmen willens und in der Lage ist, die – gesamten – Abfälle der Sammlung anzunehmen. Denn bestätigt wird darin nur, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin 900 t pro Jahr aus ganz Deutschland anliefert, nicht jedoch, dass die Firma … die Abnahme dieser Menge garantiert. Dabei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Firma …, die angeblich die Abfälle der Klägerin annimmt, ihren Sitz im Ausland hat (vgl. BVerwG, U. v. 30.6.2016 – 7 C 5/15 – juris Rn. 27).
Ebenso wenig ist aus diesem Schreiben bzw. dem sonstigen Vortrag der Klägerin erkennbar, dass die 900 t pro Jahr, d. h. 75 t pro Monat, die die Firma … unter Umständen abnimmt, auch ausreichen, um die gesamten bei der Klägerin anfallenden Alttextilien abzudecken. So ist dem Gericht aus einem Parallelverfahren (M 17 K 16.3755) z. B. bekannt, dass das Deutsche Textilwerk bei seiner Sammlungsanzeige angegeben hat, im Landkreis … bis zu 200 t Alttextilien pro Monat zu sammeln und diese – abgesehen von offensichtlichem Müll – an die Rechtsvorgängerin der Klägerin zur Verwertung zu verkaufen. Da die Klägerin zudem bekanntlich nicht nur im Landkreis …, sondern im gesamten Bundesgebiet Alttextilien sammelt, ist offensichtlich, dass die 75 t pro Monat, die in dem Schreiben der Firma … angegeben sind, nicht ausreichen, um die Abnahme der gesamten Abfälle der Klägerin zu belegen. Was mit den restlichen Alttextilien geschieht, ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Hinzu kommt, dass auch das BVerwG zumindest die nachvollziehbare Schilderung eines pauschalen Verwertungswegs für erforderlich erachtet. Weder dem Vortrag der Klägerin noch den vorgelegten Unterlagen ist jedoch die Art der Verwertung und damit auch kein „Verwertungsweg“ zu entnehmen.
Die Klägerin hat damit nicht dargelegt, dass die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung gewährleistet ist, wie es der eindeutige Wortlaut des § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG verlangt, um der Behörde eine umfassende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Sammlung zu ermöglichen (vgl. BT-Drs. 216/11 S. 209).
2.4 Eine Untersagung ist gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zwar nur möglich, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Diese Regelung stellt eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar; die Untersagung ist insoweit als ultima ratio anzusehen (OVG NRW, B. v. 11.12.2013 – 20 B 643/13 – juris; VG Würzburg, U. v. 14.5.2013 – W 4 K 12.1139 – juris Rn. 35; B. v. 15.4.2013 – W 4 S 13.145 – juris Rn. 42f.). Ein milderes Mittel, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sicherzustellen, wie etwa Auflagen oder Bedingungen, ist vorliegend aber nicht ersichtlich, insbesondere, weil – wie bereits ausgeführt – die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nicht nachgewiesen ist (OVG NRW, B. v. 11.12.2013 – 20 B 643/13; VG Würzburg, B. v. 15.4.2013 – W 4 S 13.145 – juris Rn. 43). Es ist nicht erkennbar, wie Bedingungen und Auflagen oder auch eine Befristung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung sicherstellen könnten (vgl. BayVGH, B. v. 18.12.2013 – 20 CS 13.2446 – juris Rn. 18). Dabei ist unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch zu berücksichtigen, dass der Klägerin nicht ihre gesamte Sammlungstätigkeit, sondern nur die Durchführung der angezeigten Sammlung für das Gebiet des Landkreises … untersagt wurde (vgl. BayVGH, B. v. 18.12.2013 – 20 CS 13.2446 – juris Rn. 19).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in Fällen der unvollständigen Anzeige nach § 18 Abs. 1 KrWG grundsätzlich die Durchsetzung der Anzeigepflicht, etwa im Wege eines entsprechenden Aufforderungs- oder Bußgeldbescheids, Vorrang gegenüber der Untersagung der Sammlung hat (vgl. OVG LSA, U. v. 17.3.2016 – 2 L 45/14 – juris Rn. 109; VGH BW, B. v. 16.1.2014 – 10 S 2273/13 – juris Rn.15; VG Ansbach, U. v. 19.8.2015 – AN 11 K 14.01348 – juris Rn. 44). Denn insbesondere hat sich die Klägerin bisher stets geweigert, zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung weitere Angaben zu machen, so dass z. B. ein Nachforderungsbescheid nicht zielführend wäre (vgl. OVG LSA, U. v. 17.3.2016 – 2 L 45/14 – juris Rn. 109; VGH BW, B. v. 16.1.2014 – 10 S 2273/13 – juris Rn.15). Verwiese man die zuständige Abfallbehörde auf die Möglichkeit, die Angaben zur Verwertung mit Mitteln des Verwaltungszwangs und mittelbar durch die Verfolgung nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht durchzusetzen, wäre zudem bis zur Durchsetzung dieser die Klägerin treffenden Verpflichtung auch die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der in der Zwischenzeit eingesammelten Abfälle offen und damit nicht gewährleistet. Das ist von der in § 18 Abs. 1 KrWG geregelten Anzeigepflicht aber ersichtlich nicht gewollt (vgl. BayVGH, B. v. 18.12.2012 – 20 CS 13.2446 – juris Rn. 15 f.).
2.5 Ebenso wenig sind hier Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 18 Abs. 7 KrWG zu berücksichtigen (vgl. zur Anwendbarkeit auf Untersagungen VG Würzburg, B. v. 28.1.2013 – W 4 S 12.1130 – juris Rn. 52; VG Düsseldorf B. v. 26.4.2013 – 17 L 580/13 Rn. 28 ff.). Nach § 18 Abs. 7 KrWG ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten, soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 1. Juni 2012 bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat.
Weder hat die Klägerin konkret vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass sie ihre gewerbliche Sammlung bereits vor dem 1. Juni 2012 durchführte. Selbst wenn es sich hier aber um eine Bestandssammlung handeln sollte, könnte sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn die Durchführung von gewerblichen Sammlungen steht stets unter dem Vorbehalt der Zuverlässigkeit und der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung. Schutzwürdig in Bezug auf die weitere Durchführung kann nur das Interesse eines zuverlässigen gewerblichen Sammlers sein, der eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung gewährleistet (VG Düsseldorf, U. v. 7.10.2014 – 17 K 2897/13 – juris Rn. 132 ff.). Hier wurde aber die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nicht dargelegt (s.o. 2.3). Es ist davon auszugehen, dass auch in der Vergangenheit keine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der Abfälle erfolgte, da entsprechende Angaben auch für die Zeit vor dem 1. Juni 2012 nicht gemacht wurden (vgl. von Lersner/Wendenburg/Kropp/Rüdiger, Recht der Abfallbeseitigung, Stand September 2016, § 18 Rn. 94).
Die Klägerin kann auch nicht aufgrund der jahrelangen Untätigkeit der Behörde Vertrauensschutz geltend machen (vgl. von Lersner/Wendenburg/Kropp/Rüdiger, Recht der Abfallbeseitigung, Stand September 2016, § 18 KrWG Rn. 72). Selbst wenn die Klägerin, wie sie behauptet, das Schreiben des Beklagten vom 17. Oktober 2012 tatsächlich nicht erhalten haben sollte, musste ihr doch allein aufgrund des Wortlauts der §§ 17, 18 KrWG klar sein, dass sie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung darzulegen hat. Aus zahlreichen Parallelverfahren – auch vor diesem Gericht – musste sie wiederum wissen, dass ihre bisherigen Angaben dieser Darlegungspflicht nicht genügten.
3. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. III. des streitgegenständlichen Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig, nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 10. November 2016 den Satz 2 dieser Nummer aufgehoben hat. Denn damit liegt keine unzulässige Vorratsandrohung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ (vgl. BVerwG, GB. v. 26.6.1997 – 1 A 10/95 – NVwZ 1998, 393 f.; BayVGH, B. v. 13.10.1986 – 22 CS 86.01950 – NVwZ 1987, 512) mehr vor
4. Schließlich wurden gegen die Kostenentscheidung in Nr. IV des Bescheids vom 8. September 2016 von Klägerseite keine eigenständigen Bedenken geltend gemacht und solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf Euro 20.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i. V. m. Nr. 2.4.2 Streitwertkatalog 2013).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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