Europarecht

Zivilrechtliche Haftung wegen Betrugs im VW-Abgasskandal

Aktenzeichen  11 O 125/18

Datum:
16.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 43928
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Weiden
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 249 Abs. 1, § 823 Abs. 2
StGB § 25 Abs. 1, § 263 Abs. 1
FZV § 3 Abs. 1 S. 2, § 5 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Der Hersteller eines Fahrzeugs, welches mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist (“Diesel-Skandal”) haftet gegenüber dem Käufer als mittelbarer Täter eines durch den unwissenden Händler als Verkäufer begangenen Betrugs. (redaktioneller Leitsatz)
2 Das – spätere – Aufspielen eines Softwareupdates kann ungeachtet der Frage seiner Wirksamkeit zur Mangelbeseitigung an dem bereits vollendeten Anspruch wegen Betruges nichts mehr ändern. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1 Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.729,72 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus diesem Betrag seit dem 15. Mai 2015 bis zum 22.05.2018 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke VW, Typ Passat B7 2.0 TDI Variant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … nebst 2 Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1.) genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers in diesem Verfahren entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.184,05 € freizustellen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 7 % und die Beklagte 93 % zu tragen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger kann von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des streitgegenständlichen Kaufvertrags verlangen.
1. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB.
Die Beklagte haftet gegenüber dem Kläger als mittelbare Täterin (§ 25 Abs. 1 Fall 2 StGB) eines durch die unwissende Händlerin begangenen Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) dem Kläger auf Ersatz des ihm aus dem streitgegenständlichen Kauf entstandenen Schadens.
a) In das streitgegenständliche Fahrzeug ist unstreitig der von der Beklagten hergestellte Motor EA 189 eingebaut worden, der zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Kaufvertrags eine gesetzlich unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) 715/2007 vom 20. Juni 2007 aufwies. Dafür spricht bereits der Bescheid des Kraftfahrbundesamtes vom 14.10.2015, an den die Beklagte gebunden ist. Der von der Beklagten verwendete Mechanismus zur aktiven Unterdrückung der tatsächlichen Schadstoffemissionen im für die Betriebsgenehmigung des Fahrzeugs relevanten Prüfmodus stellt auch nach Auffassung der Kammer eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) 715/2007 vom 20. Juni 2007 dar. Nach der betreffenden Norm ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig, wobei die Regelung getragen wird von dem im Unionsrecht für die Auslegung maßgeblichen Sinn und Zweck, eine bessere Luftqualität durch eine tatsächliche Reduktion der Abgasemissionen von Kraftfahrzeugen zu erreichen (vgl. die Erwägungsgründe 6 ff. der EU-Verordnung 715/2007 vom 20. Juni 2007). Zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte hielt es die Kommission insbesondere für erforderlich, eine erhebliche Minderung der Stickoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen zu erreichen (vgl. Erwägungsgrund 6 der EU-Verordnung 715/2007). Für die Kammer ist es selbstverständlich, dass der europäische Gesetzgeber im Rahmen der Festsetzung der Emissionsgrenzwerte nach Euro 5 und Euro 6 davon ausging, dass diese Grenzwerte auch im normalen Fahrbetrieb und gerade nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Dies wird auch untermauert dadurch, dass in den Erwägungsgründen aufgeführt wird, dass weitere Anstrengungen unternommen werden sollen, um sicherzustellen, dass sich die Grenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen und dass Überprüfungen erforderlich sein können, um zu gewährleisten, dass die bei der Typengenehmigungsprüfung gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen (vgl. Erwägungsgründe 12 und 15 der EU-Verordnung 715/2007).
Demzufolge wären diese Erwägungen überflüssig, ginge der Gesetzgeber davon aus, dass sein Emissions-Regelwerk lediglich im Prüfstandmodus im Rahmen der Typengenehmigung eingehalten werden müsse. Ausnahmen von dem strikten Handlungsverbot in Gestalt des Verbots der Verwendung von Abschalteinrichtungen können sich demnach allein aus der Norm selbst ergeben (vgl. Landgericht Krefeld, Urteil vom 12.07.2017, Az.: 7 O 159/16, RdNr. 50, zitiert nach juris).
Die von der Beklagten verwendete Abschalteinrichtung fällt nach Auffassung der Kammer nicht unter den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 der EU-Verordnung 715/2007.
Nach dieser Vorschrift sind Abschalteinrichtungen ausnahmsweise zulässig, wenn die Abschalteinrichtung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigungen oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Diese grundsätzlich eng auszulegenden Ausnahmen sind vorliegend jedoch nicht einschlägig. Die auf den Schutz des Motors abzielende Privilegierung kann keine Grundlage dafür sein, eine Abschalteinrichtung regelmäßig auch bei solchen Betriebsbedingungen, die beim normalen, bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Personenkraftwagens typischerweise eintreten, anzuwenden (vgl. Landgericht Krefeld, Urteil vom 12.07.2017, Az.: 7 O 159/16, RdNr. 52 mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris).
b) Den Umstand, aass in dem von ihr verwendeten Motor eine Abschalteinrichtung verbaut war, weiche im Normalbetrieb des Fahrzeugs die auf dem Prüfstand erhöhte Verbrennung von Stickoxiden abschaltete, hat die Beklagte bis zu dem Zeitpunkt 23.09.2015, zu dem ihr damaliger Vorstandsvorsitzender öffentlich Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren eingestand, ständig verschwiegen oder unterdrückt. Als Herstellerin des Motors war die Beklagte jedoch verpflichtet, über dessen technische Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben sowohl das Kraftfahrbundesamt als auch den jeweiligen Käufer eines derartigen Fahrzeugs zu unterrichten (§ 13 StGB). Mit der unzulässigen Abschalteinrichtung hätte das Fahrzeug eine EU Typengenehmigung nicht erhalten.
c) Durch dieses Verschweigen hat die Beklagte beim Kläger einen Irrtum dahingehend erregt, dass dieser der Meinung war, er hätte ein Fahrzeug erworben, dessen Motor in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Voraussetzungen für eine EU-Typengenehmigung erfüllt. Dies war jedoch gerade nicht der Fall. Die EU-Typengenehmigung war von der Beklagten durch die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung erschlichen worden.
d) Der Kläger hat eine, ihm ungünstige Vermögensverfügung getroffen und dabei einen Schaden erlitten.
Er hat den vereinbarten Preis von 20.999,00 € brutto beglichen und dafür das streitgegenständliche Fahrzeug erhalten.
Maßgeblich für die Frage, ob der Kläger einen Vermögensschaden erlitten hat, ist der Kaufzeitpunkt. Bereits beim Kauf am 09.05.2015 war die Situation gegeben, dass die Softwaresteuerung des Motors des Fahrzeugs eine Überarbeitung benötigt hätte, um damit die unzulässige Abschalteinrichtung zu beseitigen. Deshalb drohte zu diesem Zeitpunkt die Untersagung der Nutzung des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen (§ 5 Abs. 1 FZV) Zwar war es zu diesem Zeitpunkt aufgrund der erteilten Typengenehmigung zugelassen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 FZV). Es war jedoch nicht der Fortbestand der erteilten Typengenehmigung und damit die weitere Zulassung des Fahrzeugs gewährleistet. Dies ergibt sich zum einen aus dem Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes vom 14.10.2015 und zum anderen aus den mittlerweile seitens des Kraftfahrtbundesamtes in einer Vielzahl von Fällen hinausgegebenen Mitteilungen an die Käufer der betroffenen Fahrzeuge, dass, falls sie die Überarbeitung ihres Fahrzeugs nicht vornehmen ließen, ihre Halter- und Fahrzeugdaten an die für sie zuständige örtliche Zulassungsbehörde übermittelt würden und diese daraufhin die Einleitung von Maßnahmen, insbesondere die Untersagung des weiteren Betriebs des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen gem. § 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) in eigener Zuständigkeit veranlassen könnten.
Demzufolge hätte ein Käufer, dem diese Problematik des streitgegenständlichen Fahrzeugs zum Kaufzeitpunkt am 09.05.2015 in vollem Umfang bekannt gewesen wäre, das Fahrzeug nicht gekauft, da er bei konsequentem Handeln der zuständigen Behörden mit dessen unmittelbarer oder zumindest in absehbarer Zeit erfolgender Stilllegung aufgrund der darin verbauten Abschalteinrichtung hätte rechnen müssen. Der Kläger hat damit ein Fahrzeug, welches objektiv bei Kenntnis der wahren Sachlage nahezu unverkäuflich gewesen wäre, für fast 21.000,00 € gekauft, während sich der tatsächliche Wert des Fahrzeugs zum Kaufzeitpunkt bei konsequenter Anwendung der gesetzlichen Vorschriften allenfalls am Wert der Materialteile des Fahrzeugs orientiert hätte.
Keine andere Beurteilung legt der Umstand nahe, dass das Fahrzeug trotz des im normalen Betrieb auf öffentlichen Straßen unzulässigerweise erhöhten Ausstoßes an Stickoxiden aufgrund der erteilten Typengenehmigung grundsätzlich nach dem Kauf noch zum Straßenverkehr zugelassen und damit – zumindest vorübergehend – noch benutzbar war. Maßgeblich für die Beurteilung ist vielmehr, ob die Nutzbarkeit des Fahrzeugs im unveränderten Zustand auf Dauer zum bestimmungsgemäßen Zweck gegeben war. Dies ist, wie bereits dargestellt, jedoch zu verneinen.
Bei der Beurteilung des beim Kläger eingetretenen Schadens spielen auch die von der Beklagten vorgenommenen nachträglichen Bemühungen zur Scnadensbenebung Keine entscheidende Rolle. Diese lassen den Tatbestand eines bereits verwirklichten Betruges nicht rückwirkend entfallen.
Im Übrigen ist nach wie vor streitig, ob das von der Beklagten kostenlos angebotene Update zur Software geeignet ist, auf Dauer weitere Schäden am Motor zu verhindern. Dies ist vom Kraftfahrtbundesamt nach dem Inhalt seiner Bestätigung vom 03.06.2016 weder geprüft noch verneint worden. Die Annahme, dass das nunmehr in relativ kurzer Zeit aufgrund des Bescheides Kraftfahrtbundesamtes vom 14.10.2015 von der Beklagten entwickelte Software-Update keine umfassende und folgenlose Lösung der von der Beklagten geschaffenen Problematik darstellen werde, da der streitgegenständliche, von der Beklagten millionenfach eingebaute Motor grundsätzlich mit der umfassenden Abschaltautomatik konzipiert wurde, erscheint nicht völlig fernliegend.
e) Die Täuschung durch die Beklagte sowie der hierauf beruhende Irrtum des Klägers sind für dessen Verfügung und Schaden auch ursächlich gewesen. Nach allgemeiner Erfahrung wird ein Fahrzeug in Kenntnis einer gegen gesetzliche Vorschriften verstoßenden Einrichtung, die die auf dem Prüfstand erzielte Verbrennung von Stickoxiden bei normalem Betrieb auf öffentlichen Straßen abschaltet und die eine Untersagung der Nutzung des Fahrzeugs befürchten lässt, von einem Kaufinteressenten nicht oder nur zu einem weit unter dem Normalpreis liegenden Kaufpreis, der sich dem bloßen Materialwert annähert, erworben. Diese auf dem üblichen Verhalten eines objektiven Käufers beruhende Annahme gilt vorliegend auch für den Kläger. Schon die Erhebung der Klage zeigt, dass er das Fahrzeug bei Kenntnis der ihm von der Beklagten verschwiegenen Umstände nicht gekauft hätte.
f) Stoffgleichheit ist gegeben. Im Umfang des beim Kläger eingetretenen Schadens ist unmittelbar und stoffgleich vorliegend die Fa. AAP Autohandel Anja Prölß fremdnützig als Dritte durch das Handeln der Beklagten bereichert worden. Sie hat für das nicht der EU-Typengenehmigung entsprechende Fahrzeug den Marktwert für ein technisch und rechtlich einwandfreies Fahrzeug erhalten.
g) Die Beklagte hat auch vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht gehandelt. Anders als vorsätzlich ist eine entsprechende Manipulation an der Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeuges nicht denkbar. Zu beachten ist, dass es sich bei der Manipulation nicht um einen Einzelfall handelt, sondern um eine millionenfach von der Beklagten verbaute Software. Aus dem Verschweigen einer solchen, gegen die Typengenehmigung verstoßenden Einrichtung gegenüber jedem Käufer folgt, dass dessen Täuschung, Irrtum, Schaden und Entreicherung gewollt und der Beklagten auch bewusst gewesen ist.
Die pauschale Behauptung der Beklagten, Vorstandsmitglieder hätten von der millionfachen Manipulation nichts gewusst, genügt nicht als substantiiertes Bestreiten der Kenntnis der Organe der Beklagten von der Manipulation bereits ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung der Programmierung im Jahr 2007. Nach Auffassung der Kammer obliegt der Beklagten vorliegend eine sekundäre Darlegungslast. Angesichts der in einem Konzern wie dem der Beklagten notwendigen Organisationsstrukturen und angesichts der grundsätzlich weitreichenden Entscheidung, obund wenn ja, in welchem Umfang eine Abschalteinrichtung in Millionen von Fahrzeugen eingebaut wird, ist die pauschale Behauptung der Beklagten, Vorstandsmitglieder hätten von der Manipulation nichts gewusst, für ein wirksames Bestreiten der subjektiven Betrugsmerkmale nicht ausreichend. Die Beklagte beruft sich seit nunmehr fast drei Jahren allein darauf, dass innerbetrieblich eine Aufklärung der Verantwortlichkeit stattfinde, ohne konkret darzulegen, wer wann und in welchem Umfang von den Manipulationen gewusst hat und wer nicht. Allein die Beklagte kennt ihre inneren Strukturen und Abläufe. Daher ist anzunehmen, dass sie die nicht zu ihrer Vertretung berufenen Personen benennen kann, die für die Entwicklung und Einbau der Abschalteinrichtung verantwortlich gewesen sein sollen. Ebenso kann nur die Beklagte die Umstände erklären, aufgrund derer gerade den im Vorstand der Beklagten für die Entwicklung verantwortlichen Personen diese Programmierung unbekannt geblieben sein soll.
Weiter ist dabei auch zu berücksichtigen und zu werten, dass die Beklagte – jedenfalls nach ihrem Sachvortrag – weiter der Auffassung zu sein scheint, das grundsätzliche Abschalten bzw. Zurückfahren der auf dem Prüfstand erhöhten Verbrennung von Stickoxiden während des normalen Betriebs der Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen verstoße gegen keine gesetzlichen Vorschriften. Diesem von der Beklagten behaupteten ehrlichen Verhalten widerspricht aber, dass sie nach wie vor von sich aus keine Auskünfte zu den Personen erteilt, die über die Verwendung der Programmierung entschieden haben. Nach Auffassung der Kammer gilt deshalb – mangels substantiiertem Bestreitens – die Kenntnis der Vorstandsmitglieder der Beklagten von den streitgegenständlichen Manipulationen als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).
h) Die Beklagte haftet deshalb dem Kläger für den Ersatz seiner Schäden dergestalt, als ob der aufgrund der vorsätzlichen Täuschung erfolgte Kauf des Fahrzeugs und die Begleichung des Kaufpreises sowie die Übergabe unterblieben wären (§ 249 Abs. 1 BGB).
Der von der Beklagten zu leistende Schadenersatz berechnet sich sodann wie folgt: Vom Kaufpreis in Höhe von 20.999,00 € ist eine Nutzungsentschädigung für die vom Kläger gefahrenen Kilometer in Abzug zu bringen. Dies hat der Kläger in seinem Klageantrag Ziffer 1. dem Grundsatz nach bereits berücksichtigt.
Die Kammer geht bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug von einer regelmäßig zu erzielenden Laufleistung von 300.000 km aus. Das streitgegenständliche Fahrzeug hatte ausweislich des Kaufvertrages zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger eine Laufleistung von ca. 26.300 km. Auf einen vom Kläger gefahrenen Kilometer entfällt somit ein Teil des Kaufpreises von 8 Cent. Multpliziert mit der vom Kläger in der Hauptverhandlung genannten und von beklagter Seite nicht bestrittenen Fahrleistung des Klägers seit Erwerb des Fahrzeuges im Umfang von 65.866 Kilometern ergibt dies eine vom Kaufpreis in Abzug zu bringende Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.269,28 €, sodass dem Kläger ein Zahlungsbetrag von 15.729,72 € zuzusprechen war.
Dieser Betrag ist gemäß § 849 BGB für den Zeitraum vom 15.05.2015 bis 22.05.2018 mit 4 % und ab 23.05.2018 gemäß den §§ 286, 288 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Vorschrift des § 849 BGB ist vorliegend anzuwenden. Sache i.S. von § 849 BGB ist auch Geld (vgl. BGH NJW 2008, 1084 m.w.N.). Der Zweck des § 849 BGB, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen, erfasst jegliche Form von Geld, Von den Nutzungen eines hingegebenen Geldbetrages ist der Geschädigte nicht nur ausgeschlossen, wenn er mit Bargeld bezahlt hat, sondern auch, wenn er eine Zahlung auf andere Art und Weise geleistet hat (vgl. BGH a.a.O.)
2. Nachdem die Klageseite unwidersprochen vorgetragen hat, die Beklagtenseite unter Fristsetzung binnen zwei Wochen ab Zugang mit Schreiben vom 13.02.2018 zur Zahlung, Zug um Zug gegen Rücknahme des Fahrzeuges aufgefordert zu haben, die Beklagtenseite dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen ist, war antragsgemäß auch festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte ist aus den Gründen des § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB auch verpflichtet, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmachtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen. Die Kammer geht von dem berechtigten Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr aus, da die Schwierigkeit der Materie vorliegend beträchtlich ist. Bei einer berechtigten Forderung in Höhe von 15.729,72 € ergibt sich eine anzusetzende 1,5 Gebühr in Höhe von 975,00 €. Dazu kommt die Pauschale Nr. 87002 der Anlage 1 zum RVG in Höhe von 20,00 € und die Umsatzsteuer in Höhe von 189,05 €, was einen Freistellungsbetrag in Höhe von 1.184,05 € ergibt.
Zinsen sind hinsichtlich des Freistellungsbetrages nicht geschuldet.
4. Soweit der Kläger eine weitergehende Forderung, weitergehende Zinsen und einen höheren Freistellungsbetrag hinsichtlich der außergerichtlichen Anwaltskosten begehrte, war die Klage dagegen abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus den Vorschriften der §§ 91, 92 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt für den Kläger aus der Vorschrift des § 709 ZPO, für die Beklagten aus den Vorschriften der §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben