Europarecht

Zollwert für die eingeführten Waren

Aktenzeichen  14 K 2028/18

Datum:
15.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34501
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

II.
Die Klage ist unbegründet.
Das HZA hat nach der Vorabentscheidungsentscheidung des EuGH zu Recht mit Bescheid vom 4. Juni 2014 eine Erstattung des Zolls abgelehnt und hat dabei zutreffend den Zollwert anhand der unterjährig angemeldeten Rechnungspreise festgesetzt.
Der Senat hat in seinem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH eingehend dargelegt, warum er es für gerechtfertigt hält, einen vereinbarten Verrechnungspreis, der sich aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, unter Anwendung eines Aufteilungsschlüssels als Zollwert zu Grunde zu legen (vgl. Vorlagebeschluss vom 15. September 2016 14 K 1974/15, Betriebsberater 2017, 995). Der Senat hält die in seinem Vorabentscheidungsersuchen dargelegten Gründe, warum der im Streitfall unterjährig angemeldete Preis nicht als Zollwert anzuerkennen ist, weiterhin für gewichtig, zumal der EuGH hierzu im Detail nicht Stellung genommen hat. Gleichwohl sieht sich das Gericht durch die Vorabentscheidung (vgl. EuGH-Urteil vom 20. Dezember 2017 Rs. C-529/16, ECLI:ECLI:EU:C:2017:984) an einem zumindest zum Teil stattgebenden Urteil gehindert, weil der EuGH im Ergebnis der dargelegten Auffassung des Senats ausdrücklich nicht gefolgt ist.
Anders als das HZA meint, bezieht sich das Urteil des EuGH auch nicht ausschließlich auf den Transaktionswert und enthält auch keine Aussage dazu, dass pauschale Berichtigungen des Transaktionswertes sowohl bei Gutschriften als auch bei Nachbelastungen zu berücksichtigen seien, wenn der anzupassende Preis anhand einer Formel vorab festgelegt worden und eine produktbezogene Aufteilung möglich sei.
Aus dem Urteil des EuGH kann man auch nicht entnehmen, dass nur in den Fällen, in denen bei pauschalen Nachbelastungen keine Formel vorliegt und Preisbeeinflussung infolge der Verbundenheit besteht, die Anwendung der Transaktionsmethode ausgeschlossen und eine subsidiäre Methode heranzuziehen sei. Abgesehen davon, dass völlig ungeklärt ist, ob eine Preisbeeinflussung zwischen verbundenen Unternehmen nur bei Nachbelastungen oder auch bei Gutschriften vorliegen kann, hat sich der EuGH auch hierzu in seinem Urteil noch nicht einmal ansatzweise geäußert.
Nach Wiedergabe seiner ständigen Rechtsprechung zum Zollwert (Rn. 24-33) stellt er in seinem Urteil ausschließlich apodiktisch fest, dass die Art. 28 bis 31 ZK dahin auszulegen sind, dass sie es nicht zulassen, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird (Rn. 34).
Danach bildet der von der Klägerin unterjährig angemeldete Verrechnungspreis den Zollwert und nachträgliche Anpassungen in Form von Gutschriften des unterjährig angemeldeten Verrechnungspreises bleiben unberücksichtigt.
Dieses Ergebnis steht zwar im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des EuGH, es sei zu verhindern, dass bei der Zollwertermittlung ein willkürlicher oder fiktiver Wert zu Grunde gelegt wird (vgl. (Urteil vom 12. Dezember 2013, Christodoulou u. a., C-116/12, ECLI: ECLI:EU:C:2013:825, Rn. 39; Urteil vom 16. Juni 2016, Euro 2004 Hungary, C-291/15, ECLI:ECLI:EU:C:2016:455), weil der Zollwert den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer eingeführten Ware widerspiegeln und alle Elemente dieser Ware, die einen wirtschaftlichen Wert haben, berücksichtigen müsse (EuGH-Urteil vom 15. Juli 2010, Gaston Schul, C-354/09, ECLI: ECLI:EU:C:2010:439, Rn. 29). Diesen Grundsatz hat der EuGH in seinem Urteil (Rn. 27) auch nochmals bekräftigt, gleichwohl hat er ihn offensichtlich nicht für entscheidungserheblich gehalten.
Der Senat folgt auch nicht der in der Literatur vertretenen Meinung (vgl. Roth/Rinnert, Deutsches Steuerrecht 2018, 2090), der EuGH sei dahin zu verstehen, dass die Transaktionswertmethode im Falle später zu korrigierender Verrechnungspreise nicht angewandt werden dürfe und auf die subsidiären Verrechnungspreise zurückzugreifen sei. Der EuGH hat sich vielmehr den Ausführungen des Senats in diesem Punkt nicht angeschlossen, obwohl ihm vertiefend dargestellt worden ist, dass es vorliegend an einem Transaktionswert mangelt und zur Bestimmung des Zollwerts nur die Schlussmethode des Art. 31 ZK übrig bleibt, bei der der endgültige Verrechnungspreis eine maßgebende Rolle spielen sollte. Dies hat der EuGH jedoch nicht aufgegriffen und unmissverständlich eine Korrektur des unterjährig angemeldeten Verrechnungspreises abgelehnt.
Das HZA hat daher zu Recht auf der Grundlage des unterjährig angemeldeten Verrechnungspreises nach Art. 29 ZK den Zollwert ermittelt und eine anteilige Erstattung des Zolls abgelehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil die Frage, ob unterjährig angemeldete Verrechnungspreise den Zollwert nach Art. 29 ZK bilden können, höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.


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